The Hero and the Thief [Nao & Stiftchen]

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      Ezra

      Noch nie war Schweigen so schön gewesen. Ezra hoffte fast darauf, dass ihr Flug massive Verspätung hatte, nur, damit er am Gate sitzen bleiben und alleine mit seinen Gedanken sein konnte. Auch, wenn er mehr als einmal mit der Idee spielte, Andrew einfach anzuschreiben und nach seiner Version der Story zu fragen. Aber er wollte Andrew nicht beunruhigen und er käme sich ziemlich dramatisch vor, wenn er ihm schon nach dieser kurzen Zeit das Ohr vollheulen würde. Wenn ihn das schon so aus der Bahn werfen würde, wollte er sich seine berufliche Zukunft gar nicht weiter vorstellen. Obwohl ihm Nadia gerade irgendwie lieber wäre, als Richard. Die hatte zumindest keine romantische Vorgeschichte mit Andrew und war ziemlich offen mit dem Wunsch, ihn umzubringen. Richard war da deutlich komplizierter.
      Außerdem schien Richard es zu lieben zu reden. Ezra kämpfte noch immer ein wenig damit, die Ruhe zu bewahren und sich die kleine Panikwelle, die ihn übermannt hatte, sobald sie das Flugzeug betreten hatten, nicht anmerken zu lassen, während Richard zum nächsten Monolog ansetzte.
      Sekunde.
      War das das, was die anderen immer dachten, wenn Ezra selbst zu viel redete?
      Oh. Plötzlich hatte er ein wenig Mitleid mit allen, die er je vollgetextet hatte. Vielleicht sollte er gleich eine kleine Entschuldigungs-Rundmail schreiben. Man konnte bei dem Redeschwall ja kaum seine eigenen Gedanken hören.
      Wenigstens hatte Richard den Fensterplatz genommen, weshalb Ezra den Start nicht sehen musste. Es reichte ihm zu wissen, dass sie in der Luft waren, um ihn wundervoll nervös zu machen. Richards Anwesenheit half nicht sonderlich. Die Abneigung ihm gegenüber konnte ihn auch nicht von seiner Flugangst ablenken. Das Thema war aber auch eigentlich nichts, worauf er sich konzentrieren wollte.
      "Andrew hat seinen Job für etwas aufs Spiel gesetzt, was weder das Dezernat, noch unsere wundervolle Organisation auf die Reihe bekommen hat", informierte er Richard scharf. "Sein Vater wäre stolz auf ihn gewesen und das weiß er. Das ist, was zählt." Zumindest schien Andrew einigermaßen mit der Kündigung klar gekommen zu sein. Nach dem kleinen Nervenzusammenbruch. Er hatte sich...damit abgefunden. Und sich viel zu enthusiastisch auf den neuen Job gestürzt. Hatte Ezra ihn falsch eingeschätzt? Hatte Andrew je erwähnt, dass er das Dezernat leiten wollte? Es war irgendwie immer logisch gewesen - so sehr, wie Andrew an seinem Job gehangen hatte, war es irgendwie klar gewesen, dass das der nächste Schritt auf seiner Karriereleiter sein würde.
      "Außerdem ist er überraschend offen, wenn man sich ihm gegenüber nicht gerade wie ein Arsch benimmt. Scheint also an dir gelegen zu haben, dass er nicht gerne über seine Gedanken geredet hat." Ezra zwang sich, durchzuatmen, während er mit dem Ring an seinem Finger spielte. Warum konnten sie nicht einfach mit dem Schiff nach Olso? Ezra war noch nie mit einem Schiff gefahren, vielleicht war das viel schöner, als zu fliegen.
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      Richard

      Richard versuchte möglichst unbemerkt mit den Augen zu rollen, aber irgendwie musste er den Frust ja rauslassen, den dieser Kerl in ihm auslöste. Er konnte einfach nicht nett zu ihm sein. Er schaffte es nicht. Ezra trieb ihn auf die Palme. Mit seiner Art, seiner Stimme, seinem Aussehen, seiner Körpergröße und der Tatsache, dass Andrew irgendetwas in ihm sah und es anders wirkte, als bei seinen letzten Erfreuenden. Seine ganze Existenz machte ihn stocksauer.
      "Ah, und was habt ihr damit genau erreicht? Nadia ist längst nicht mehr im Gefängnis. Ihr zwei hattet absolut keine Chance, irgendetwas daran zu ändern, dass sie sich aus allen Ländern die Steine zusammensucht. Frankreich war höchstens eine kleine Zeitverschiebung für sie" Zugegeben hatte die Organisation wirklich viel zu langsam gehandelt. In London und in Paris. Sie waren dieser Frau auf der Spur, aber immerzu einige Schritte hinter ihr und keiner konnte so wirklich vorhersehen, wo sie als nächstes zuschlagen würde. Man kannte nun zwar ihre Identität, aber in der Sekunde, in der man ihre Gefangenschaft nach Moskau zurückverlegt hatte, war klar gewesen, dass sie dort nicht lange bleiben würde. Und auch hier waren sie wieder zu langsam gewesen. Jetzt war sie weiß Gott wo und plante schon ihren nächsten Zug, den wieder keiner vorhersehen konnte. Man hätte ihr ein verdammtes GPS einsetzen müssen, aber da hätte die Psychotante sich vermutlich einfach das Körperteil ausgerissen, in dem er versteckt war.
      Aber Andrew und Ezra hatten gedacht, irgendetwas ausrichten zu können? Wie dämlich musste man denn nur sein? Zwei gegen einen hatte hier absolut keinen Stellenwert mehr. Spätestens als sie den ersten Stein hatte, war es egal geworden, wer ihr gegenüber stand. Und nun wussten sie, dass sie sich auch ohne Steine gut zu helfen wusste.
      Richard musste kurz auflachen, als Ezra meinte, Andrew sei offen. "Ja, okay. Ich bin sicher, jede einzelne Beziehung und Freundschaft in seinem Leben ist gescheitert, weil er so extrem offen und feinfühlig ist. Träum weiter"
      Wie sollte jemand offen sein, der schon einen Anfall bekam, wenn sein Anzug nicht richtig saß? Den Tag an dem Andrew auflockerte würde Richard ja zu gerne sehen. Aber bevor er anfing Alltagskleidung zu tragen, war es unwahrscheinlich, dass er seinen Gefühlen Ausdruck verlieh.
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      Ezra

      Er hatte den Ring um seinen Finger nun so oft gedreht, dass er sich fast sicher war, dass die Stelle morgen wund sein würde. Er vermisste es wirklich, mit Andrew zu fliegen. Der konnte ihn wenigstens ein bisschen beruhigen. Jetzt konnte er sich nicht mal betrinken, weil er theoretisch im Dienst war und praktisch nicht mit Richard in der Nähe betrunken sein wollte.
      "Wie gesagt, bei mir ist- Warte. Nadia ist wieder frei?" Er blinzelte kurz. Für einen Moment war sogar das Fliegen vergessen, als diese Neuigkeiten zu ihm durchdrangen. Natürlich hatte er nicht damit gerechnet, dass dieses Thema abgeschlossen war. Nadia war irgendwie zu wild, um lange im Gefängnis zu stecken und Jelena würde das alles auch nicht einfach so durchgehen lassen, aber er hatte gehofft, dass sie zumindest ein bisschen mehr Zeit hätten. Vielleicht hatte er sich von der Ruhe der letzten Tage zu sehr einlullen lassen. Er konnte nur hoffen, dass sie und Jelena sich erst für eine Weile bedeckt halten und nicht direkt Rache planen würden. Nicht, wenn er nicht in Andrews Nähe war. Eine ganz andere, viel tiefere Panik ersetzte die Flugangst.
      "Sie hat mehrere Steine gestohlen und Anschläge damit begangen. Wie kann es sein, dass es niemand hinbekommt, sie irgendwie festzuhalten?" Es war fast lächerlich. Sie hatten sie schon so weit. Ezra war noch nicht dazu bereit, ein drittes mal fast zu sterben. Das letzte mal war schon zu viel gewesen - er hatte manchmal immer noch das Gefühl, keine Luft zu bekommen, wenn neben ihm jemand rauchte. Auch, wenn er das nie jemandem gesagt hatte. In dem Punkt lag Richard auf jeden Fall vollkommen falsch - zwischen ihnen beiden war Andrew nicht derjenige, der verschlossen war.
      "Ist Oslo wenigstens einigermaßen gut ausgestattet, oder dürfen wir Nadia heute Abend noch persönlich zum Ausbruch gratulieren? Wird für sowas ein Blumenstrauß organisiert, oder so? Ich meine, wenn man schon so versagt, sie zu fangen, muss es doch wenigstens irgendwas geben, worin die Polizei und die Organisation gut sind, oder? Flucht-Parties vielleicht?" Wenigstens schaffte die absolut alberne Vorstellung von Richard mit einem Partyhütchen es, Ezras Stimmung kurz zu heben.

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      Richard

      "Mach dir mal nicht ins Hemd" Richard lehnte den Kopf zurück gegen seinen Sitz. Dieser ganze Ärger war ermüdend. Er hielt keinen ganzen Flug damit aus, sich mit Ezra wie kleine Kinder zu zanken. Eigentlich hätte dieser derjenige sein sollen, der den Verstand verlor, aber Ezras unterschwellige Panik darüber, dass Nadia wieder auf freiem Fuß war, nervte Richard immens. Klar, es war nicht ideal. Er hatte auch zumindest kein persönliches Problem mit der Frau. Aber er würde sich jetzt auch nicht von Blondie vollheulen lassen. Er schloss die Augen. "Du scheinst deine Angst gern mit Sarkasmus zu überdecken", murmelte er leise, dann lächelte er leicht. "Ihr habt euch wohl gefunden. Ich bin gespannt, wie gut eine Beziehung funktioniert, bei der sich alle Beteiligten verstellen" Er drehte den Kopf leicht und sah Ezra kurz wieder an. "Aber solange man Spaß im Bett hat, ist es ja auch egal, nicht? Genieß es, solang es läuft"
      Damit wandte er sich wieder geradeaus und schloss die Augen erneut, um hoffentlich noch ein wenig Schlaf zu bekommen und bei ihrer Ankunft weniger gereizt zu sein. Seinen Job musste er so oder so tun, aber die Mitarbeiter in Oslo waren nicht Schuld daran, dass er mit diesem Vollidioten unterwegs war.

      Nach der Ankunft im Hotel hatten sie eine Weile Zeit, um sich umzuziehen und auf das Treffen vorzubereiten. In der Zeit konnten sie theoretisch die Stadt ein wenig besichtigen… und eigentlich sollte Richard Ezra ein wenig über ihre Arbeit aufklären, aber das kam wirklich nicht infrage. Und er war schon dutzende Male in Oslo gewesen, heute war ihm definitiv eher nach einem Spa Day, den er sich auch gönnte.
      Außerdem hoffte Richard inständig, dass Ezra keinen Anzug mitgebracht hatte und ihn das irgendwie näher an seinen Rausschmiss aus der Organisation bringen würde. Je mehr Fehler er machte, desto besser. Viele mehr von diesen Reisen würde er nicht abhaben können, ohne Aggressionprobleme zu entwickeln.
      Sie besuchten am Nachmittag die Bank, Richard checkte den Safe auf alle Standards, die er nach ihren Richtlinien haben sollte und hoffte einfach, dass Ezra absolut nichts davon mitbekam, weil er zu Beschäftigt damit war, seine Beziehung zu hinterfragen. Glücklicherweise war das Geschäftsessen im Restaurant ihres schicken Hotels im Anschluss mit zwei sehr netten Kollegen, die Richards Stimmung deutlich hoben. Wenn er gut in etwas war, dann professionell Konversation betreiben und andere Leute unbemerkt abfüllen, damit es immer weniger professionell und etwas spannender wurde. Am Ende hatte er selbst vier Gläser Wein intus, konnte seinen Alkohol aber gut halten und war bloß amüsiert über die zwei Anzugträger, die sich beinahe gegenseitig in den Armen lagen, während sie einander alte Geschichten erzählten und zwischen Norwegisch und Englisch wechselten. Ezra aus den Gesprächen auszuschließen, war leicht, nachdem er neu dabei war. Und ihre Gegenüber waren mittlerweile zu beschäftigt mit sich selbst.
      Irgendwann entschuldigte Richard sich und schloss Ezra da gleich mit ein.
      "Wir fliegen morgen sehr früh und haben noch einiges zu besprechen. Es war ein sehr netter Abend, ich freue mich schon auf ein nächstes Treffen, meine Herren" Er nickte, lächelte, Hände wurden gereicht und dann winkte er Blondie zu sich, damit sie das Restaurant verlassen konnten. Dieser Ausflug schien vielleicht etwas unnötig, aber es war wichtig, in Kontakt mit allen Ländern zu bleiben. Keiner sollte denken, dass man sie vergessen hatte und sie aufeinmal mit dem Stein tun konnten, was sie wollten.
      "Wie wär's mit einem Getränk an der Bar?", fragte Richard, als sie zurück in die Lobby gingen. "Ich lade dich ein" Er lächelte schmierig.
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      Ezra

      Das Thema sollte ihn nicht so lange beschäftigen. Er sollte eigentlich keine einzige Sekunde damit verschwenden, darüber nachzudenken, ob seine Beziehung mit Andrew wirklich halten würde. Es hatte keinerlei Anzeichen gegeben, dass ihre Beziehung irgendwie nicht ausreichte, oder dass einer von ihnen unzufrieden war. Alles was er hatte, war sein eigenes wankelmütiges Selbstbewusstsein und Richards nervtötende Stimme im Ohr. Sobald sie gelandet waren, tippte er eine kurze Nachricht an Caleb, für die er sich absolut selbst hasste und auf die er eine viel zu schnelle, nichtssagende Antwort bekam. Aber wenigstens kam er sich dabei nicht so pathetisch vor, wie wenn er Andrew direkt geschrieben hätte.
      Der restliche Tag zog irgendwie passiv an ihm vorbei. Er hatte sich von Anfang an nicht sonderlich für den Job interessiert und seine Aufmerksamkeit litt unter dem Fakt, dass er seine Beziehung mit Andrew minutiös durchging und versuchte, jedes Wort und jede kleine Bewegung zu analysieren. Am Ende war er Richard fast dankbar dafür, dass er ihn aus einem Großteil der Konversation ausschloss. Wahrscheinlich hätte er sowieso keine zusammenhängenden Antworten formulieren können, egal, wie extrovertiert er normalerweise auch war. Schlimmer wurde das ganze nur durch den Dresscode. Ezra hatte Anzüge noch nie gemocht. Es war eine Tragödie, dass ein Teil seines Gehalts für einen Anzug draufgegangen war und es war noch schlimmer, ihn den ganzen Abend tragen zu müssen. Aber hey - jetzt verstand er zumindest, wieso diese Organisation so langsam arbeitete. Wenn man sich schon spezifisch so kleidete, dass man sich kaum bewegen konnte, musste man sich nicht wundern, wenn niemand in der Lage war, schnell auf einen Diebstahl zu reagieren.
      Er war so froh, zurück zu seinem Zimmer zu kommen, dass er sogar den Fakt ignorierte, dass Richard nach ihm winkte, als ob er ein Hund wäre, oder ein Kleinkind, das er irgendwie mitnehmen musste. Er verabschiedete sich von seinen neuen - und ziemlich angetrunkenen - Kollegen und folgte Richard zurück. Er selbst hatte den Abend über kaum getrunken. Ein Glas Wein hatte reichen müssen. Weshalb er ein kleines bisschen überrascht war, als Richard ihn noch an die Bar einlud. Aber irgendwie...war jetzt auch alles egal, oder? Er bekam diese Ex-Beziehung eh nicht mehr aus dem Kopf. "Sicher", antwortete er mit einem genervten Seufzen. "Ich kann es gar nicht erwarten, deine nächsten psychoanalytischen Theorien zu meiner Beziehung zu hören." Im Notfall würde er wohl auf alkoholfreie Getränke zurückgreifen. Das wäre wahrscheinlich eh besser, als morgen mit einem Kater zu fliegen. "Warum interessiert dich das alles überhaupt so? Hast du keine anderen Themen auf Lager?"
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      Richard

      "Worüber willst du denn reden? Hobbys? Du kannst mir ja von deinen Einbrüchen erzählen, wenn du willst. Es ist zu schade, dass die Organisation dich schützt, solange du hier arbeitest. Aber wenn du gefeuert wirst, hab ich dann wenigstens ein paar Geschichten auf Lager, um dich einzubuchten. Das hätte längst passieren sollen. Ist es in Ordnung, wenn ich die Konversation aufzeichne?" Er lächelte breit und zückte bereits sein Handy aus der Tasche, setzte sich dann aber doch nur auf einen Stuhl an der Bar und ließ für sie zwei Getränke kommen. Selbst trank er auch nur einen alkoholfreien Cocktail. Er hatte nicht vor, sich anzusaufen. Er wollte lediglich nochmal ein paar Ängste in Ezras Gehirn einpflanzen, bevor sie ins Bett gingen.
      "Ich denke, dich interessiert viel mehr, ob du für Andrew nur eine Nummer bist", murmelte er dann und grinste leicht. Er nahm einen Schluck von seinem Getränk, stellte es wieder ab und drehte sich etwas zu Ezra. "Das Problem ist ja, dass du es nicht weißt, bis du es weißt. Rein erfahrungsgemäß… hast du dir aber den Falschen gesucht, wenn du eine stabile Beziehung willst. Ich kenne keine einzige Person, die launenhafter ist, als Andrew. Die meisten seiner Exfreunde hab ich auf den ein oder anderen Weg kennengelernt und sie dachten alle, es würde halten. Und dann kamen die Überstunden. Andrew ist immer quasi mit seinem Job verheiratet gewesen. Und glaub mir, ich weiß wovon ich rede, ich bin es auch. Aber auch bei uns hat es nicht gehalten, weil er tief drinnen einfach nur… furchtbar selbstsüchtig ist. Er kann sich einfach nicht um andere kümmern, auch wenn er es eine Zeit lang versucht. Irgendwann siehst du das auch. Du bist definitiv zu… emotional für das alles, ich seh's dir an. Er wird dir nur das Herz brechen, auch wenn er es nicht absichtlich tut, so ist er eben. Dein Sarkasmus wird dir dann auch nicht helfen"
      Eigentlich war alles, dass Richard Ezra ansehen konnte, dass er Andrew für seine eigenen Zwecke ausnutzte. Es widerte ihn an, ihm etwas anderes ins Gesicht zu sagen. Aber irgendwie musste er zu ihm durchdringen und irgendwie dachte ja jeder von sich selbst, dass er das Opfer in jeder Situation war. Zu emotional, zu verliebt, zu leichtsinnig. Es war immer die Schuld des anderen Partners, der einen ausnutzte, weil man eben… zu gut war.
      "Ihr kennt euch ja wohl auch schon ewig. Aber du warst nicht dabei, kurz nachdem er seine Eltern verloren hat. Das war der Punkt, an dem er sich einfach nur noch für eins interessiert hat: Den verdammten Job bekommen. Alles andere zählt bei ihm nicht. Ich meine… wir haben alle unsere Bedürfnisse. Auch ein Workaholic will mal was anderes tun, als am Schreibtisch sitzen. Oder in Andrews und meinem Fall… den Verbrechern nachjagen" Richard grinste leicht. "Eigentlich spricht der Job doch schon recht für sich… Nur ein Adrenalinjunkie kann sowas so sehr genießen, dass er seine Arbeit über sein Leben stellt. Und ein Adrenalinjunkie sucht keine Happy Family"
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      Ezra

      Er hätte ablehnen sollen. Ezra hatte damit gerechnet, dass sich das Gespräch wieder nur um Andrew drehen würde, aber er hatte nicht gedacht, dass Richard es schaffte, ein paar wunde Punkte zu treffen. Zugegeben, er hatte sich nicht sonderlich viel Mühe gegeben, seine Tells zu verstecken - Sarkasmus, um Irritation zu überspielen, Humor bei Angst, ständiges spielen mit allem, was ihn zwischen die Finger kam bei Nervosität. So war es immer schon gewesen. Niamh hatte ihm mal einen netten Vortrag zu diesem Thema gehalten, als er versucht hatte ihr vorzulügen, dass Molly für eine zerbrochene Fensterscheibe verantwortlich war. Aber seit dem hatte ihm das niemand mehr so direkt vorgehalten, wie Richard, der ihn anschließend scheinbar mühelos zurück zu seiner Diskussion mit Andrew über Kinder warf.
      Die Diskussion, die er seit dem immer vor sich herschob. Die Diskussion, von der er immer noch nicht richtig wusste, ob sie irgendwann zum Dealbreaker werden würde, aus beinahe den selben Gründen, wie Richard sie gerade genannt hatte. Was wäre einfacher? Ohne Kinder zu leben, oder ohne Andrew?
      "Können wir nochmal zu der Sache mit dem Knast zurück? Einzelhaft klingt gerade irgendwie charmanter, als dieses Gespräch hier." Vielleicht hätte er sich doch etwas alkoholisches bestellen sollen. Ezra trank einen Schluck, während er darüber nachdachte, wie schwer es werden würde, Richards Handy zu klauen, die SIM Karte in der nächsten Toilette runter zu spülen und es ihm wieder zuzustecken, bevor er es bemerkte. Das einzige Problem an dem Plan war, dass er keine Lust hatte, dass Richard mitten in der Nacht an seine Türe hämmern würde, falls ihm auffiel, dass sein Handy nur noch ein glorifizierter Internetbrowser war.
      "Wer sagt denn, dass mir das alles wichtig ist? Vielleicht suche ich ja auch nicht nach einer großen, glücklichen Familie und habe kein Problem mit seinen Überstunden." Ein Teil dieser Aussage war sogar nicht gelogen - Ezra war sich fast sicher, dass er kein Problem damit haben würde, wenn Andrew sich in seinen Job reinsteigerte. Zumindest versuchte er, sich das irgendwie einzureden. Es war seltsam, ihn nicht ständig um sich herum zu haben, aber irgendwie würde er schon zufrieden sein, wenn Andrew am Ende des Tages irgendwann wieder neben ihn im Bett lag. Man musste ja nicht immer 24/7 zusammen sein, oder?
      "Du stellst zumindest ziemlich viele Vermutungen über mich auf, dafür, dass wir uns praktisch nicht kennen. Oder ist das der Part, in dem du mir gestehst, dass du mich stalkest?" Er warf Richard einen gespielt besorgten Blick zu. "Selbst wenn die Beziehung nicht ewig halten sollte, bin ich bis dahin treu. Sorry, Honey."
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      Richard

      Oh, okay. Das ging ja nun doch leichter, als er dachte. Ezra wollte jetzt schon aus dem Gespräch fliehen. Hatte ihm jemals jemand gesagt, dass er ein offenes Buch war? Und verdammt leicht zu manipulieren.
      „Süß, wie du versuchst, dich selbst zu überzeugen“ Richard grinste. Er wollte also tatsächlich eine Familie. Mit Andrew? Der Typ hatte noch nicht einmal je ein Haustier gehabt. Richard hatte den Gedanken immer nett gefunden — ein Leben nur zu zweit. Aber der Idiot suchte sich natürlich jemanden, der sein komplettes Gegenteil war.
      „Kriminelle sind nicht mein Typ“, sagte er anschließend ernst und sein Ausdruck wurde wieder kalt. Damit brauchte er garnicht anfangen. Es war schon genug Überwindung, hier mit Ezra an der Bar zu sitzen. Zumindest schien er langsam einzusehen, dass diese Beziehung tatsächlich nicht ewig halten konnte. Hatte er sich etwa gewünscht, zu heiraten, Kinder zu haben und als große Familie glücklich zu werden? In einem Universum vielleicht, in dem Andrews Lebensunterhalt nicht von einer Geheimorganisation finanziert wurde, die für ihre Ziele sein Leben aufs Spiel setzte. Andrew und Kinder, Gott, der Gedanke war beinahe zum Lachen. Noch ungeeigneter konnte wohl kaum jemand als Vater sein.
      „Wie stellst du dir das eigentlich vor? Andrew, der Gesetzeshüter schlechthin, der seine Kinder, die ihn vermutlich mehr nerven als sonst etwas, von einem Dieb aufziehen lässt? Im Ernst? Hey, man kann ja träumen. Mein Traum wäre es allerdings, eine gute Zeit zu haben, zusammen zu reisen, Wein zu trinken… einander genießen“ Er lächelte leicht. „Ich kann dir garantieren, dass das auch Andrews Traum ist. Leider… wohl mit dir. Aber spätestens am Reisen wird es scheitern, hm? Mich wundert es, dass du dir im Flugzeug nicht gleich die Finger abgerissen hast“
      Ob Andrew gerne verreiste? Vermutlich war es ihm bisher schnurzpiepegal. Soweit Richard wusste, war der Held immer ein Stubenhocker gewesen, in dem Sinne, dass London seine Stube war. Aber so jemand musste nur einmal die Freiheit schnuppern, die die Welt zu bieten hatte, um süchtig nach Auslandsreisen zu werden. Paris musste das bestimmt schon angestimmt haben. Andrew war vielleicht nicht gut darin, mit Veränderung umzugehen, aber nichts konnte einem einen solchen Kick geben, wie Verbrecher ans andere Ende der Welt zu jagen. Er musste es bloß für sich entdecken. Und Ezra zurücklassen. Aber Richard würde ihm dann bereitwillig Gesellschaft leisten. Vielleicht verstand er dann, dass ‚Gegensätze ziehen sich an‘ kein sinnvoller Grundsatz für eine Beziehung war.
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      Ezra

      Das Schlimmste an der Unterhaltung war, dass Richard sich langsam seltsam realistisch anhörte. Irgendwie waren seine eigenen Bedenken noch erschreckender, wenn sie jemand anderes aussprach. Es war vollkommen irre, davon auszugehen, dass Andrew sich noch irgendwie mit Kindern anfreunden könnte. Er hatte nicht sonderlich begeistert geklungen, als sie über dieses Thema diskutiert hatten und über die Kinder seiner Cousine konnte er offensichtlich auch nicht viel Gutes sagen. Eigentlich hatten sie keine Diskussion mehr - sondern nur noch zwei furchtbar gegensätzliche Standpunkte. Einer musste nachgeben und würde am Ende furchtbar unglücklich sein.
      Und als wäre die Zukunft nicht schon genug, stand die Vergangenheit auch noch zwischen ihnen. Andrew hatte ihm versichert, dass er kein Problem mit Ezras krimineller Vergangenheit hatte, aber...würde das so bleiben, wenn er wieder in einen Job hinein fand, der seiner Aufgabe als Held so ähnlich war? Ezra hatte sich immer erhofft, dass es irgendwie helfen würde, wenn sie zusammen arbeiteten, aber was, wenn ihr unterschiedliches Mindset sie am Ende einfach nur auseinanderbringen würde. Polen, Frankreich und Russland war auch furchtbar chaotisch gewesen und jetzt stand ihnen irgendwie all das inklusive ein paar nervigen Regeln, die sie zwingend einhalten mussten, bevor.
      Ezra presste seine Lippen aufeinander und fixierte seinen Drink, während er überlegte, wie genau er antworten sollte. Obwohl die Antwort jetzt wahrscheinlich sowieso egal war - er war viel zu lange still gewesen, um irgendwie schlagfertig zu sein. So betrachtet wirkte es wirklich fast, als ob Richard ziemlich perfekt für Andrew gewesen wäre. Was müsste Ezra also tun um sicher zu stellen, dass sie zusammen blieben, wenn er schon an der ersten Zukunftsfrage scheiterte?
      "Flugangst ist mir lieber, als ein mieser Charakter. Du scheinst dich für letzteres entschieden zu haben." Ezra spielte kurz mit seinem Glas, bevor er zu Richard rüber sah. "Vielen Dank für deine tatkräftige Unterstützung, aber ich bin alt genug, um mir selbst Vorwürfe zu machen. Du kannst jetzt gerne endlich irgendein anderes Thema anschneiden." Vielleicht erzählte er ihm als nächstes noch, wie wunderbar perfekt seine Kindheit gewesen war und wie eng er immer noch mit seinen Eltern verbunden war.