The Hero and the Thief [Nao & Stiftchen]

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    • Ezra

      Offensichtlich war das auf und ab der Gefühle noch nicht vorbei. Ezra dachte gerade wieder auf dem Weg der Besserung zu sein, während sie über den Antrag scherzten, als Andrew auch schon erzählte, dass er offenbar mit Niamh unterwegs gewesen war und seine Laune damit wieder nach unten zog. Diesmal aus purer Sorge. Wahrscheinlich hätte er Caleb einfach nicht antexten sollen, aber er war sich irgendwie zu überfürsorglich vorgekommen, wenn er Andrew direkt angerufen hätte. Was ein so dermaßen blöder Gedankengang war. Er sollte sich wirklich abgewöhnen, so paranoid zu sein. Aber es war schwer, alte Gewohnheiten fallen zu lassen, auch wenn er das Andrew eigentlich nicht antun wollte.
      "Oh", meinte er flach, während er eine Wut gegenüber seinen Geschwistern in sich aufsteigen fühlte, die er seit Jahren nicht mehr gefühlt hatte. Was erlaubten sie sich eigentlich, einfach seinen Freund in irgendwelche illegalen Geschichten zu verwickeln? "Es tut mir leid. Die beiden sind...'furchtbar' ist noch untertrieben. Ich werde gleich mit ihnen reden. Ich hoffe, es war nichts zu schlimmes." Er sah zu Andrew, als wolle er sicherstellen, dass an ihm noch alles dran war. Er schätzte Niamh nicht so ein, als dass sie ihn ernsthaft in Gefahr bringen würde, allerdings hätte er auch nie damit gerechnet, mal für seine Schwester in den Louvre einzusteigen, also konnte man wohl nie wissen, was in ihrem Kopf vor sich ging. Eigentlich war Ezra schon kurz davor, auszusteigen und seinen Geschwistern direkt zu erklären, dass sie sich ab hier ein Taxi holen konnten, als Andrew ihre Wohnsituation ansprach und ihn damit kurt zum innehalten brachte.
      "Ich, ähm, hatte eigentlich sowieso nicht vor, dir meinen Zweitschlüssel wieder abzunehmen", gab er etwas kleinlaut zu. Er hatte dabei nicht wirklich an einen Einzug gedacht, mehr an ein unverbindliches 'komm vorbei, wann immer du willst und geh am besten nie wieder weg', aber wenn Andrew es schon selbst ansprach schien er mit den Gedanken ja nicht ganz alleine gewesen zu sein.
      "Ich war mir nie sicher, wie ich das Wohnungsthema ansprechen sollte, weil ich Angst hatte, dass dir das zu schnell gehen könnte. Ich wusste nicht, ob...ob du bei mir einziehen willst, oder ob wir uns zusammen irgendwo eine Wohnung suchen sollen, oder so." Es hatte alles sein Pro und Contra. Dass Andrew einfach zu ihm zog wäre wohl die günstigste Lösung. Allerdings müsste er dann damit klarkommen, mit Ada in einem Haus zu wohnen, ganz davon abgesehen, dass es sich wahrscheinlich komisch anfühlen musste, plötzlich in einer volleingerichteten, fremden Wohnung zu wohnen. Vor allem, wenn Andrew direkt noch ganz neue Probleme ansprach, mit denen er nicht gerechnet hatte. Da konnte auch der schönste Kuss des Tages nichts dran ändern.
      "Mein Einrichtungsstil ist vollkommen okay", beschwerte sich Ezra immer noch leicht verschnupft. "Er ist praktisch." Und übersichtlich und pflegeleicht. "Du kannst die Küche einrichten, wenn du dafür die Sache mit dem Kochen übernimmst."
    • Andrew

      Andrew schmunzelte. „Ja, ich weiß. Ich werde meine Möbel wohl verkaufen“ Es war vermutlich aussichtslos, darüber zu diskutieren, wenn Ezra weitaus mehr an seinem Stil hing, als Andrew es tat. Außerdem war in seiner Wohnung alles mehr zweckmäßig als eine tatsächliche Stil-Entscheidung. „Ich… werd mich bemühen“, hing er dann bezüglich des Kochens an. „Aber dann wirst du die nächsten Wochen mit einigen Fehlschlägen rechnen müssen“ Vielleicht hatte seine Cousine ja den ein oder anderen Tipp für Anfänger, die sich bisher von Lieferservice, Nudeln und Reis ernährt hatten.
      „Ich dachte übrigens nicht, dass du offen dafür wärst, dir eine andere Wohnung zu suchen“, meinte Andrew dann etwas überrascht. „Das Haus gehört dir immerhin. Ich dachte, du willst dort bleiben. Das stört mich auch nicht. Wir können es uns ja irgendwann überlegen“ Er lächelte. Er mochte Ezras Wohnung, auch wenn sie sich das Haus mit Ada teilen würden, aber wichtiger war ihm einfach, dass sie zusammen waren, wo auch immer. Ob sie später doch umziehen und vielleicht mehr Platz haben wollten, konnten sie sich ja irgendwann ausmachen. Außerdem war das Büro recht gut erreichbar von Ezras Haus aus. Aber in erster Linie wollte Andrew sein Gehalt einfach nicht mehr aus dem Fenster schmeißen. Er brauchte keine ‚Ersatz-Wohnung‘ oder so einen Schwachsinn, falls er mal Ruhe von Ezra wollte. Er wollte keine Ruhe von ihm und wenn doch, dann würden sie das hoffentlich so hartnäckig ausdiskutieren, bis es nicht mehr der Fall war. Andrew hatte sich immer eher für jemanden mit Bindungsängsten gehalten, aber das hatte wohl tatsächlich nur an der Person gelegen. Er hatte nicht in Aussicht, jemals wieder freiwillig ohne Ezra zu sein.
      „Oh, äh, aber denkst du, es ist eine gute Idee, Niamh und Caleb jetzt auf gestern Abend anzusprechen? Dann komm ich wie ne richtige Petze rüber“, murmelte er halb im Spaß, halb ernst, und warf Ezra einen kurzen Blick zu, während er das Auto wieder startete, den Geschwistern entgegen rollte und ihnen mit der Lichthupe signalisierte, wieder einzusteigen. Aus mehreren Gründen wäre es ihm lieber, wenn Ezra seine offensichtliche Wut noch etwas zügeln konnte, zumindest bis Andrew einen Ausweg aus der Situation hatte, der nicht war, sich aus dem fahrenden Auto abzurollen. Aber selbst das würde er in Erwägung ziehen.
      „Es ist ja nichts passiert. Ich dachte erst auch nicht, dass sie das hinter deinem Rücken tun würden, aber ich war wohl naiv. Jedenfalls… kannst du sie gern zurechtweisen, dir hören sie bestimmt eher zu als mir, aber es wird auch so nicht mehr passieren. Ich hätte nicht einmal mitgehen sollen. Ich dachte nur… vielleicht sollte ich irgendwie versuchen, mich mit deiner Familie anzufreunden. Niamh hat mir heute eine Flasche Whiskey geschenkt, also hat es wohl irgendwie funktioniert“ Auf eine seltsame Art und Weise, die sich nicht wiederholen würde, aber sie schienen ihn nun ein wenig lieber zu mögen, als vorher. Hoffentlich hielt das an. Er wollte ungern nicht auf der Seite dieser Familie stehen, bevor er noch wie Robert Adams endete.
    • Ezra

      Ezra stieß ein kurzes Seufzen aus, während er durch die Frontscheibe zu seinen Geschwistern sah, die jeweils mit einem Coffee-To-Go in der Hand vor dem kleinen Tankstellenladen standen und sich offensichtlich ziemlich energisch miteinander unterhielten. Er hoffte, dass es nicht um sein Liebesleben ging, was ein ziemlich unrealistischer Wunsch war. Sie unterbrachen ihre kleine Diskussion, als Andrew ihnen ein Signal gab, um wieder einzusteigen und setzten sich wieder auf die Rückbank.
      “Alles wieder okay?”, fragte Niamh, während sie zwei weitere Pappbecher zwischen den Sitzen nach vorne reichte. “Links ist Tee, rechts Kaffee.” Zwischen den Getränken klemmten zwei kleine Tafeln Schokolade. Offensichtlich hatte seine Schwester ein kleines bisschen zu viel Mitleid mit ihnen gehabt, obwohl Ezra sich nicht darüber beschweren wollte, während er den Tee und eine Schokolade nahm. “Danke”, murmelte er und nickte anschließend. “Es war ein, äh, Missverständnis.” Eigentlich wollte er seinen Geschwistern immer noch möglichst schnell möglichst effektiv erklären, dass sie Andrew in Ruhe lassen sollten, aber der Tee stimmte ihn fast ein bisschen fröhlicher. Das und die Tatsache, dass Andrew nicht nur bei ihm einziehen wollte, sondern irgendwie eine Zukunft mit ihm sah. Sicher, sie hatten nur locker über eine Hochzeit gescherzt, aber sowas tat man für gewöhnlich nicht, wenn man es nicht irgendwie halbwegs ernst meinte, oder? Mit jemandem zu scherzen, mit dem man keine Zukunft sah, würde sich zumindest nicht so unbeschwert anfühlen. Jetzt musste er es nur noch schaffen, sich dieses Gefühl irgendwie im Hinterkopf zu behalten, wenn die Selbstzweifel wieder einsetzen würden. Vielleicht würde es helfen, mal eine Nacht ordentlich durchzuschlafen.
      Niamh seufzte seltsam erleichtert, während sie sich wieder auf ihren Sitz zurücklehnte und einen Schluck von ihrem eigenen Kaffee nahm. “Wir hatten schon Sorge. Die Vorweihnachtszeit ist statistisch betrachtet die Zeit, in der sich die meisten Paare trennen.”
      “Sind eure Autofahrten immer so interessant?”, fragte Caleb leicht amüsiert. “Mein Lieblingspodcast macht momentan eine Pause, ich würde dann einfach öfter mit euch beiden durch die Gegend fahren.”
      “Ich wünsche mir, dass du auch irgendwann eine Beziehung hast, damit du das alles zurück bekommst”, antwortete Ezra. Das schlimme war, dass er die Frage nicht mal verneinen konnte - sie hatten wirklich ein seltsames Talent dafür, alle wichtigen Lebensfragen irgendwie im Auto zu klären. Vielleicht sollten sie wirklich an ihrer Kommunikation arbeiten.
      “Hah, viel Spaß beim Warten. Ich hab noch niemanden getroffen, den ich so sehr gehasst habe, dass ich ihn Mom und Dad vorstellen würde und ich denke, dabei bleibt es auch.” Caleb stützte sich mit einem Arm gegen das Fenster, während er mit seinem Becher spielte.
      “Ich hab einfach nicht genug Vermögen auf dem Konto, um jemanden zu finden, der so tun würde, als ob er Caleb mögen könnte”, seufzte Niamh gespielt niedergeschlagen. “Ich hatte schon Glück, dass Andrew sich unter Wert verkauft hat”, fügte sie ähnlich theatralisch hinzu und brachte Ezra damit zum Auflachen.
      “Und dabei ist er schon unbezahlbar”, merkte Ezra amüsiert an, während er Andrew entgegen lächelte.
    • Andrew

      "For the Record möchte ich hier nochmal kurz festhalten, dass Niamh meinte, sie würde mir Umzugshelfer bezahlen. Zu einem gewissen Maß bin ich tatsächlich käuflich, aber ich merke mir das auch bis zu meinem Lebensende. " Er sah zu Niamh in den Rückspiegel. "Aber solange wird es nicht mehr dauern, also behalt es schonmal im Kopf" Er lächelte. Zumindest hatte seine kleine Angeberei gestern Abend, dass Ezra und er vorhatten, zusammenzuziehen, nun auch einen Wahrheitsgehalt. Mehr als das, es schien nun ziemlich fix zu sein, also hielt Niamh besser schonmal ihre Kreditkarte bereit.
      Die zweite Hälfte Heimfahrt war ein bisschen weniger qualvoll als die erste, aber Andrew freute sich dennoch auf einen kleinen Nap, denn dieses Gespräch hatte so ziemlich jeden Funken Energie in seinem Körper aufgebraucht und er hatte beinahe schon vergessen, dass er mittags zur Arbeit musste. Was gerade wirklich suboptimal klang, nachdem Ezra immer noch die Sorge zu haben schien, nach dem Job zu kommen. Das war vielleicht mal so gewesen, aber Andrew hatte längst einen Sinneswandel durchlebt. Er hatte immer gedacht, dass er seine Arbeit mehr brauchte, als andere Menschen, weil er nicht realisiert hatte, dass seine Arbeit zu 90 Prozent aus anderen Menschen bestand, ohne die es nicht dasselbe wäre. Ezra war immer ein Teil seines Jobs gewesen und mittlerweile würde er wohl jede Job aufgeben, um bei ihm zu sein, weil ihm das weniger weh tun würde, als Ezra zu verlieren. Daran gemessen stand er definitiv über dem Job. Was nicht hieß, dass Andrew in seiner dritten Arbeitswoche schon auf krank machen sollte, um mit seinem Freund im Bett zu liegen… Aber nachdem Überstunden nichts obligatorisches waren, würde er heute Abend wohl überpünktlich nachhause kommen, um dann mit seinem Freund im Bett zu liegen. Und ihm tausend Mal zu erklären, dass er nirgendwo hinging und immer da sein würde, bis es in Ezras Kopf endlich ankam. Andrew war sich zwar nie so sicher bei irgendetwas gewesen, dass er je ein Versprechen gegeben hätte, weil er seine eigene Impulsivität zu gut kannte. Aber wenn eine impulsive Entscheidung in der Zukunft jemals sein würde, Ezra zu verlassen, dann würde er sich selbst an die Heizung ketten, bis er wieder bei Verstand war.
      Sie verabschiedeten sich vor dem Haus von den Geschwistern, die in ihr eigenes Auto umstiegen und sobald sie weg waren, fiel Andrew ein Stein vom Herzen, auch wenn er es ungern zugeben wollte. Aber er war deutlich ruhiger mit weniger Kriminellen um sich herum. Als er dieses Mal durch den Gang und die Treppen hinauflief, hatte er ein leicht anderes Gefühl als sonst. Er würde bald hier wohnen. Wenn man es genau nahm, tat er das ja schon irgendwie, aber bald war es offiziell. Dann musste er seine Post nicht extra mit dem Auto abholen.
      Ein wenig setzte auch der Trauerprozess ein, wieviel er zurückließ. Einen riesigen Lebensschnitt. Aber der war bereits bei seiner Kündigung vorbei gewesen. Nein, eigentlich bei ihrer Entscheidung, nach Polen zu fliegen. Aber ein Umzug würde es noch viel realer machen. Es war wohl normal, so etwas nachzutrauern. Aber er hatte seinen Trost gerade genau neben sich stehen und der machte es ihm um Längen leichter.
      Andrew schloss die Tür mit seinem eigenen Hausschüssel auf. Dann kickte er die Tür hinter sich wieder zu, als sie in der Wohnung waren, und zog Ezra in einen Kuss. Er wollte jetzt an garnichts mehr denken, auch wenn sie bestimmt noch alles zehn Mal durchkauen könnten, worüber sie eben im Auto gesprochen hatten. Es gab auch noch vieles, über dass Andrew sprechen wollte, aber dafür musste er seine Prioritätenliste abarbeiten und ganz oben stand, Ezra zu küssen, nachdem er ihn endlich wieder für sich alleine hatte, nach der Schrecksekunde, ihn nie wieder für sich allein zu haben.
    • Ezra

      Oh. Okay. Offensichtlich war die Sache mit dem Zusammenziehen keine von Andrews impulsiven Entscheidungen gewesen. Wie lange hatte er schon darüber nachgedacht, wenn er es bereits geschafft hatte, Niamh mit reinzuziehen? Irgendwie war das unheimlich süß. Wie hatte Ezra auch nur eine Sekunde annehmen können, dass Andrew irgendwann aus Langeweile Schluss machen würde?
      Die restliche Fahrt war deutlich gelöster, als der Anfang. Getrieben von der Euphorie des Zusammenziehens kam es Ezra seltsamerweise auch direkt viel weniger schlimm vor, mit seinen Geschwistern zusammen zu sein. Es war immer noch ein wenig komisch, sein Bild von den beiden als Teenagern und als Erwachsene irgendwie in Einklang zu bringen - ein Teil von ihm hatte immer noch nicht verstanden, dass Niamh mittlerweile verheiratet war und Kinder hatte - aber es wurde langsam besser. Sie waren so sehr, wie früher und doch hatte sich die komplette Grundstimmung geändert. Der Kritik und den Hänseleien fehlte es an der Schärfe, die sie als Kinder gehabt hatten.
      Trotzdem war er froh, als er wieder mit Andrew alleine war. Er verabschiedete sich von Niamh und Caleb, der ihm nochmal versicherte, dass sie gegenüber ihren Eltern den Mund halten würden, bevor er Andrew den Vortritt in seine - ihre - Wohnung ließ. Alleine der Gedanke, zukünftig nicht mehr irgendeinen fadenscheinigen Grund finden zu müssen, Andrew zum Bleiben zu bringen, weil er sowieso hier wohnen würde, ließ Ezras Herz schneller schlagen. Am liebsten würde er direkt damit anfangen zu planen, was sie aus Andrews Wohnung übernehmen würden. Er wäre absolut bereit, ein paar seiner eigenen Sachen aufzugeben, falls Andrew an seinen eigenen Möbeln hing. Aber das würden sie wohl nicht mehr heute klären.
      Ezra lächelte in den Kuss hinein und ließ Andrew anschließend nicht los. Er brauchte diese Nähe gerade einfach viel zu sehr.
      "Der, naja, 'Streit' von eben tut mir leid", erklärte er, während er seinen Kopf gegen Andrews Schulter lehnte. Der Geruch seines Aftershaves fühlte sich mittlerweile wohlig vertraut an. Ezra schloss die Augen. "Ich hätte wissen müssen, dass Richard gelogen hat. Oder dich wenigstens direkt fragen sollen. Richard hatte einfach ein wundervolles Gespür dafür, was er sagen musste, um mich komplett durcheinander zu bringen. Ich...ich schlafe in letzter Zeit nicht sonderlich gut und ich schätze, das ist mir alles etwas zu Kopf gestiegen." Er seufzte. "Ich hoffe, dass sowas nicht nochmal vorkommt, aber falls doch, werd ich es zukünftig früher ansprechen." Er hob seinen Kopf wieder und küsste Andrew erneut, bevor er ein Gähnen unterdrücken musste. "Sorry. Ich bin wirklich fertig. Ich sollte ins Bett, bevor ich im Stehen einschlafe. Sollen wir nochmal zusammen über das Fußballspiel für deine Rest-Familie drüber schauen, wenn du heute Abend wieder da bist? Die Idee ist wirklich gut."
    • Andrew

      Andrew schwankte leicht hin und her, während er Ezra in den Armen hielt. Was ihn irgendwie auch nicht wacher machte, aber zumindest dämpfte es seine Wut gegenüber Richard. "Mhm, er war immer schon verdammt manipulativ", murmelte er zustimmend. Früher hatte er Andrew damit doch tatsächlich dazu gebracht, in seine Wettstreite einzusteigen. Und offensichtlich konnte er ihn immer noch so auf die Palme bringen, dass er sich am liebsten wie ein Kind am Boden rollend mit ihm prügeln wollte. Es wunderte ihn garnicht so sehr, dass er irgendwie genau herausgefunden hatte, auf welchem Nerv er bei Ezra herumtrampeln konnte, aber dass dieser Nerv so empfindlich war, war trotzdem irgendwie Andrews Schuld gewesen. Es war so verdammt froh, dass das alles nur ein Missverständnis gewesen war. Trotzdem fühlte er sich, als wäre er haarscharf an einem Abgrund vorbei gerast.
      Und jetzt war er so unglaublich kurz davor, Ezra von der Feier zu erzählen. Er war es wirklich. Er sollte es wissen, vor allem, wenn sie wieder dazu kamen, Zeit alleine zu verbringen. Es war schlimm genug, dass er Ezra nicht vor der Reise gewarnt hatte, aber anscheinend hatte Richard bei ihm ja eine andere Taktik, um ihn zu belästigen.
      Aber dann erinnerte er Andrew, wie müde er war. Dass er eigentlich schon seit gestern Abend müde zu schein schien und es wirklich verdient hatte, mal ein paar Stunden wegzudösen. Und Andrew brauchte ebenfalls eine kleine Pause, bevor er wieder losmusste, also ließ er seine Arme langsam fallen.
      "Klar. Du willst also auch hingehen?", fragte Andrew und schmunzelte. Dann sah er kurz auf den Boden und nuschelte eher: "Ich hatte mir auch überlegt, dass wir beide mit den Kindern gehen, und Amy und George dafür einen Nachmittag alleine haben, auch wenn er dann wahrscheinlich ein bisschen neidisch sein wird" Er sah Ezra fragend in die Augen. Vielleicht blickte er sein Experiment ja durch, ohne dass Andrew es direkt aussprechen musste. Aber es war vielleicht nicht schlecht, zu sehen, wie sie sich mit vier beinahe-fremden Kindern jeden Alters herumschlugen. "Aber wir können das Ganze auch immer noch umdrehen und uns einen Nachmittag im Jacuzzi sichern", meinte er amüsiert und zuckte mit den Schultern. Die Entscheidung lag jedenfalls ganz bei Ezra, denn gegen Plan B hatte er absolut nichts einzusetzen.
    • Ezra

      "Ich mag die Idee mit dem Fußballspiel. Ich denke, dass deine Cousine ganz froh sein wird, wenn sie mal Zeit für sich und ihren Mann hat, oder?" Obwohl Ezra gerade zu müde war, um wirklich darüber nachzudenken. Vielleicht sollten sie auch erst mal klären, ob Ada und Liz mitkommen würden, oder nicht. Und er musste sich selbst davon überzeugen, dass das gerade Priorität über den Umzug hatte, der sich in seinem Kopf immer noch in den Vordergrund drängte. Und vor allem musste er dringend ins Bett.

      Die Problematik mit Ada und Liz klärte sich zum Glück relativ einfach - beide würden wohl mitkommen, hatten aber absolut kein Interesse an Fußball und würden sich eine Alternative suchen. Ada schien zwar immer noch nicht sonderlich begeistert darüber aus, Weihnachten bei jemand anderem zu feiern, aber sie stand am Morgen des Abflugs mit einem Koffer bereit, Liz an ihrer Seite, die einen kleinen Rucksack aufhatte, der wie ein Marienkäfer aussah. Ezra hatte vor ansteigender Nervosität dermaßen unkonzentriert eingepackt, dass er nur hoffen konnte, dass er nichts vergessen hatte. Das einzige, was er mehrfach kontrolliert hatte war, dass er alle Geschenke eingepackt hatte.
      Liz war von ihnen allen wahrscheinlich diejenige, die sich am meisten über den Ausflug freute. Sie verbrachte die komplette Autofahrt zum Flughafen damit zu erzählen, dass sie Liverpool gegoogelt hatte und was man dort alles machen konnte. Am Ende vergaß Ezra fast seine eigene Aufregung darüber, Andrews Familie kennen zu lernen. Das, was er von seiner Cousine mitbekommen hatte, wirkte nett, aber was, wenn sie trotzdem irgendwie anecken würden?
      Leider half Liz' konstante Begeisterung nicht über die Flugangst hinweg. Während das kleine Mädchen in der Reihe vor ihnen praktisch am Fenster klebte, um den Start zu sehen, griff Ezra nach Andrews Hand und atmete tief durch. Irgendwann musste das mit dem Fliegen doch besser werden. Vielleicht mussten sie einfach öfter fliegen. Oder einfach immer nur Autofahren.
      Der Flug war komplett ausgebucht. Logisch, an Weihnachten wollten wahrscheinlich alle nur noch nach Hause zu ihrer Familie, feiern, Geschenke austauschen, einfach zusammensitzen. Ezra war gespannt, wie Weihnachten bei Andrew gefeiert wurde. Das letzte einigermaßen traditionelle Weihnachten, das er gefeiert hatte, war mit Henry gewesen, als er noch bei ihm gewohnt hatte und es war...relativ seltsam gewesen. Obwohl er sich Weihnachten bei Andrew auch nicht entspannter vorstellen konnte.
      "Hast du schon überlegt, welche Möbel du beim Umzug mitnehmen willst?", schnitt Ezra sein momentanes Lieblingsthema an, während das Flugzeug langsam anrollte. Wenn das Gepäck nicht so nervig wäre, hätte er auf eine Zugfahrt bestanden.
    • Andrew

      Es war unglaublich, dass Ada zugestimmt hatte, mitzufliegen. Andrew hatte es erst so richtig realisiert, als sie tatsächlich in seinem Auto gesessen hatte, bis dahin hätte Ezra das noch als sehr verspäteten Aprilstreich abtun können. Mit fünf Kindern Weihnachten zu feiern kam ihm außerdem immer noch wie ein Fiebertraum vor, aber er dachte lieber nicht zu viel darüber nach. Tief im Inneren schrie zwar irgendetwas nach Verzweiflung, aber er musste offen bleiben. Das würde eine tolle Gelegenheit sein, um zu sehen, wie es war… sich Ezra mit Kindern zu teilen. Urgh.
      Andrew hielt Ezras Hand im Flugzeug fest und strich mit dem Daumen über seinen Handrücken. Zumindest jetzt hatte er ihn für sich allein. So halb. Jedenfalls saßen sie in einem Flugzeug mit Zweier-Reihen. Er lehnte sich zu dem Blonden und gab ihm einen Kuss auf die Wange. "Mhh… ich hänge an dieser einen Kommode, die im Flur steht. Die ist anscheinend von meiner Oma, die ich nie kennengelernt hab. Vielleicht hat meine Mutter auch gelogen und nur einen Grund gesucht, das Teil behalten zu dürfen. Aber ich führe die Tradition fort; sie hat meiner Oma gehört" Er grinste. Eigentlich war sie auch ganz schön, vermutlich Mahagoni und ziemlich stabil, obwohl sie auf vier kleinen Füßen stand. Irgendwann hatte sie wohl alle Griffe verloren und sie waren mit unterschiedlich farbigen ersetzt worden, aber das hatte etwas. Auch wenn es wohl der einzige Farbfleck in Ezras Wohnung wäre. "Dein Bett ist gemütlich, ich brauch kein eigenes, wenn ich ehrlich bin", setzte er dann belustigt fort. "Und für den Rest bekomme ich sicher ein bisschen Geld zusammen. Das Zeug hat bei dir eh keinen Platz, wir müssen nicht alles voll räumen"
      Dass seine Pflanzen und Bilder mitkamen stand ja nicht infrage, dann bekam die Wohnung auch einen kleinen Andrew-Touch. Aber er hing nicht allzu sehr an seinen restlichen Möbel, denn großteils waren sie sowieso von Flohmärkten und er hatte aus seinem Elternhaus damals nicht vieles mitgenommen, außer eben der Kommode und einem Spiegel, der an der Wand hing. Und kistenweise Kleidung und Deko, die wohl auch bei Ezra nur weiterhin unter dem Bett oder oben auf einem Schrank verstauben würde, aber er konnte sich nicht davon trennen, selbst wenn er es nicht brauchen konnte.
      "Und, bist du nervös?", fragte er dann leise und wechselte das Thema. Eigentlich hatte er damit ihr Weihnachtsfest bei Amy gemeint, aber dann merkte er, dass die Frage auch weiter gefächert bleiben konnte. Der Einzug konnte ihn genauso nervös machen. Und der Flug. Also beschloss Andrew, seine Frage noch nicht weiter zu spezifizieren.

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      Ezra

      “So generell?”, fragte Ezra mit einem kleinen, etwas verzweifelten Seitenblick, während er Andrews Hand etwas fester griff. “Schon. Fliegen ist immer noch nicht mein Hobby und ich finde es irgendwie aufregend, deine Familie kennen zu lernen. Aber ich denke, es ist größtenteils positive Nervosität, wenn das Sinn macht.” Zumindest schwebte unter der Nervosität eine gute Portion Vorfreude, die Ezra nur aufgrund seiner eigenen Paranoia unterdrückte. Nicht zu sicher sein, alle schlechten Möglichkeiten abwägen und sich nichts anmerken lassen, um Andrew nicht zu verunsichern. Was wohl wieder ein Schritt zurück war. Er wollte doch bei diesem Thema offener sein.
      “Ich bin zugegebenermaßen etwas nervös, dass deine Cousine mich vielleicht nicht mag, oder so, aber ich glaube, ich rede mir da einfach wieder was ein und mache mich unnötig selbst verrückt.” Vor allem, weil er wusste, dass Andrew keine sonderlich enge Beziehung zu seiner Cousine hatte - auch, wenn er ihm ein bisschen mehr familiären Rückhalt wünschte. Andrew konnte damit leben, dass Ada nicht sein größter Fan war, also würde ihre Beziehung es wohl auch überstehen, falls Amy Ezra nicht leiden könnte.
      Er seufzte kurz, bevor er Andrew zulächelte und seinen Kopf an seine Schulter lehnte. Vielleicht hatte sein kleiner Ausflug mit Richard doch ganz gut getan. Wenigstens konnte er jetzt bewusst drauf achten, offener zu sein und zukünftige Unsicherheiten vermeiden. Nach etwas Schlaf kam ihm das ganze sowieso unnötig albern vor. Aber es war ein kleiner Beziehungsboost gewesen. Ob Richard es mitbekommen würde, wenn Andrew seine Adresse änderte? Oder hatten sie das Privileg, ihm das selbst irgendwann unter die Nase reiben zu können? “Also konzentriere ich mich auf die schönen Dinge, wie deinen Einzug.” Natürlich war es keine große Umstellung, weil Andrew ja eh 24/7 bei ihm war, aber so offiziell fühlte es sich einfach anders an. Außerdem würde das kleine bisschen Angst wegfallen, dass Andrew entscheiden könnte, eine Nacht nicht bei ihm zu schlafen. Ein weiterer vollkommen abwegiger Gedanke.
      “Ich würde auch ein paar von meinen Möbeln opfern, falls du welche von deinen behalten willst. Ich mache nur keinen Kompromiss beim Bett. Es wäre doch absolut verrückt, wenn du schon bei mir wohnst und dann nicht jeden Abend bei mir im Bett landest. Auf die ein, oder andere Art.” Er zwinkerte Andrew zu, dann lehnte er sich zu ihm herüber und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
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      Andrew

      „Sie wird dich mögen“, erwiderte Andrew lächelnd. Da hatte er keine Zweifel. Zum einen, weil Amy alles und jeden mochte, solange man sich bemuttern ließ, und zum anderen, weil niemand Ezra nicht mögen konnte, der Augen im Kopf und ein Gehirn besaß. Und Andrews Meinung nach war dieser Gedanke absolut nicht von seinen persönlichen Emotionen getrübt.
      „Und wenn sie dich nicht mag, ist es auch egal, dann ersparen wir uns zukünftig die Flugtickets“ Er hatte in seinem Leben vermutlich das tausendfache an Zeit mit Ezra verbracht, als mit seiner Cousine und es war relativ klar, an wem von beiden er mehr hing. Auch wenn es natürlich nett wäre, vorwiegend für Ezras Seelenfrieden, wenn sie miteinander auskamen. Immerhin machte der sich auch öfters Sorgen, dass Andrew nichts und niemanden hatte. Was nicht wahr war, und selbst wenn, wäre es ihm auch egal, aber seinem Freund offenbar nicht.
      Ein Grinsen schlich sich in sein Gesicht, als Ezra das Thema wechselte. So gefiel er ihm besser, flirtiv und unbekümmert. „Ich freu mich schon darauf, die ein oder andere Art zum Standard zu machen“, murmelte er zurück und stahl sich noch einen Kuss, bevor Ezra sich wieder abwenden konnte.
      Man konnte sogar als chronischer Single innerhalb von wenigen Wochen eine Hundertachtzig Grad Wendung zum Beziehungsmenschen machen, zusammenziehen, über Hochzeiten und Kinder reden und trotzdem das Gefühl haben, dass man bloß eine sehr lange Affäre hatte, die einem Tag und Nacht den Blutdruck in die Höhe schoss. Und ehrlich gesagt machte Andrew sich nicht einmal Sorgen, dass dieses Gefühl weichen könnte, denn wenn es das tat, konnte er Ezra vielleicht wieder wie einen normalen Menschen behandeln und nicht wie seine persönliche Sauerstoffflasche. Seine wirklich attraktive, äußerst süße Sauerstoffflasche.

      Andrew gab sein Bestes, am Flug nicht hundert Mal einzunicken, um Ezra nicht mit seiner Panik im Stich zu lassen. Das Ergebnis war, dass er völlig übermüdet war, als sie endlich ankamen, obwohl der Flug wirklich nicht lange gedauert hatte und es immernoch Mittag war. Aber wer sagte schon, dass man mit 30 nicht endlich mal anfangen konnte, regelmäßige Mittagsschläfchen in den Tagesablauf einzubauen. Amy und George würden noch genug zu tun haben, da konnte er sich bestimmt mal für eine Stunde ins Bett schmeißen…
      Das und die Zweifel, ob er Ezra das richtige Geschenk besorgt hatte, waren die einzigen beiden Gedanken in seinem Kopf, bis sie tatsächlich aus dem Taxi ausstiegen und ihre Gepäck durch den Schnee zum Eingang des gigantischen Hauses seiner Cousine schleppten. Eigentlich war es ein Wunder, dass kein Bediensteter antanzte, der ihnen die Sachen abnahm und auf die Zimmer transportierte. Stattdessen riss Amy die Tür nur wenige Sekunden nach dem Klingeln auf und nach einem überglücklichen „Andrew!“ schmiss sie sich erst ihm um den Hals, dann bekamen auch Ezra und Ada eine kleine Umarmung aufgezwungen und im nächsten Moment kniete die Frau am Boden vor Liz. „Du hast aber einen süßen Rucksack! Magst du Marienkäfer?“
      Andrew blinzelte Ezra kurz an. Falls er vorher noch nicht verstanden hatte, was Andrew gemeint hatte, war ihm spätestens jetzt klar, dass Amy und er sich in ihrer Natur leicht unterschieden. Im Türrahmen stand George, der einem nach dem anderen mit einem zurückhaltenden Lächeln die Hand gab. Und als sie es dann endlich ins Innere des Hauses geschafft hatten, hörte man von der anderen Seite im Erdgeschoss, aus Richtung der Veranda, bereits Fußtrampeln und aufgeregte Stimmen. Amy schien Alarm zu schlagen.
      „Nein! Nein! Habt ihr die Schuhe ausgezogen?! Sam, Kian!“ Und schon erübrigte sich die Frage, als die vier Jungs ihre Schritte verlangsamten, drei von ihnen mit leicht schuldbewusstem Grinsen im roten Gesicht, alle eingepackt in nassen Skianzügen.
      Amy stieß ein frustriertes Geräusch aus, bevor sie einen nach dem anderen zwang die nassen Schuhe an Ort und Stelle auszuziehen und ihr zu geben, damit sie sie zum Trocknen auf eine Matte neben der Tür stellen konnte. „Ich hab es euch schon hundert Mal gesagt. Schuhe aus, oder draußen bleiben!“ Andrew quetschte sich an dem Szenario vorbei, während George anfing, dem kleinsten die Jacke auszuziehen, der bereits total abgelenkt von Liz Anblick war und ein leicht verlegenes, aber begeistertes Grinsen im Gesicht trug.
      Sobald Amy die Jungs in einer Reihe untergebracht hatte, stellte sie die vier Ezra und Ada vor. „So, tut mir leid. Das sind Sam, Alex, Kian und Josh, von groß nach klein“ Sie lächelte Liz an. „Ich hab gehört, du bist sieben. Josh ist nur ein Jahr jünger als du“ Dann wandte sie sich kurz an Ada, weil sie offenbar ihren Enthusiasmus nicht mehr zurück halten konnte. „Sie ist so süß, mein Gott. Ich wollte auch immer ein Mädchen! Aber irgendwann sollte man aufhören, es zu versuchen“ Sie lachte leise.

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      Ezra

      Ezra hatte ein kleines - sehr kleines - schlechtes Gewissen, dass er Andrew den Flug über wach gehalten hatte. Er konnte seinem Freund die Müdigkeit ansehen, während er ihn trotzdem permanent zutextete, einfach, um sich selbst davon abzulenken, dass sie in einem Flugzeug saßen, dass nach allen Regeln der Wissenschaft viel zu schwer zum Fliegen sein sollte und jeden Moment einfach abstürzen musste, egal, was die Statistiken sagten.
      Das Taxi war ihm da um einiges vertrauter. Es war seltsam, dass er vorher nie einen Abstecher nach Liverpool gemacht hatte, es lag immerhin direkt neben Manchester, wo seine Eltern ein kleines Anwesen hatten. Aber irgendwie schien es ihnen nie in den Sinn gekommen zu sein, einfach mal die Umgebung abzufahren. Was nicht weiter verwunderlich war, richtige Familienausflüge hatte es eh nur selten gegeben. Dafür war seine Familie allerdings wohl nicht die einzige, die mit einem beachtlichen Haus aufwarten konnte.
      Ada stieß einen kleinen anerkennenden Pfiff aus, als sie vor dem Haus von Andrews Cousine standen und zupfte Liz' Jacke gerade, während Andrew klingelte. Ezra konnte sich gerade noch davon abhalten zusammenzuzucken, als die Tür sich praktisch öffnete, bevor Andrew den Finger von der Klingel genommen hatte. Offensichtlich war er wirklich dringlich erwartet worden. Was irgendwie süß war und seine Nervosität fast ein bisschen minderte. Außerdem wirkte seine Cousine wirklich nett. Etwas aufgedreht, aber das musste ja nichts schlechtes sein - dafür schien ihr Mann etwas zurückhaltender. Ezra ließ sich etwas überrascht umarmen, gab George die Hand und musste ein bisschen lächeln, als ihre Jungs ins Haus gerannt kamen, ganz so, wie Kinder es taten, die zu begeistert waren, Gäste zu sehen, um auch nur ansatzweise darüber nachzudenken, die Schuhe auszuziehen. Offensichtlich hatten die vier einen Vormittag im Schnee hinter sich.
      Sein eigener Blick huschte kurz zu Liz, die in Anbetracht der fremden Kinder zum Glück immer noch vollkommen gelassen und selbstbewusst bei ihrer Mutter stand. Verständlich, immerhin durfte sie gerade einen kleinen Vortrag darüber halten, wie cool ihr Rucksack war. Jetzt winkte sie den Jungs mit einem fröhlichen "Hey!" zu, während Ada zu Amy sah.
      "Oh, es ist anders, als man es sich vorstellt. Ich habe mit Kleidchen und Rüschen gerechnet. Aktuell steht sie auf Aliens und ihre Barbies leben in einer blutigen Diktatur." Ada lachte kurz, während sie ihrer Tochter liebevoll durchs Haar strich - etwas, das auf Liz' Seite durch ein genervtes Seufzen quittiert wurde. "Momentan ist es ihr Ziel, eiskunstlaufende Prinzessin zu werden, damit sie andere Leute für sich durch die Gegend schicken kann. Wer auch immer ihr diesen Floh ins Ohr gesetzt hat." Sie warf einen kurzen Seitenblick in Ezra und Andrews Richtung.
      "Ich hab keine Ahnung, was du meinst", verteidigte sich Ezra mit einem Grinsen, bevor er seinerseits zu Amy sah. "Vielen Dank für die Gastfreundschaft. Ich hoffe, wir machen nicht zu viel Arbeit."
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      Amelia

      Amy musste mitlachen. „Ach, wir haben auch schon hundert brutale Phasen hinter uns, ich weiß wirklich nicht, was diese Kinder treibt. Aber zum Glück sind zwei mittlerweile bei Fußball hängen geblieben, damit kann man leben“ Sie zwinkerte George kurz zu, bevor er ihre Worte noch ernst nahm. In seiner Gegenwart sprach man lieber kein schlechtes Wort über Fußball.
      Trotzdem konnte sie den Blick von der Kleinen kaum abwenden. Man konnte das natürlich nicht pauschalisieren, Ada hatte schon recht, aber im Kindergarten lief dann doch immer ein Großteil der Mädchen in pinken Kleidern, kleinen Feenkostümen und niedlichen Haarspangen herum und Amy konnte ihrem Neid garkeinen Ausdruck mehr verleihen. Sie hatte bei jedem ihrer Jungs mal hin und wieder versucht ein Interesse für Barbiefilme, Hello Kitty und Puppen zu wecken, aber man konnte Kindern sowieso nichts aufdrängen und ihren schon garnicht. Aber die Sturheit hatten sie wohl von ihr, also konnte sie es ihnen kaum übel nehmen.
      Amy legte Ezra eine Hand lächelnd auf die Schulter, als dieser sich bedankte. „Ich freu mich so sehr über euren Besuch, mach dir keine Gedanken. Da nehm ich jede Arbeit in Kauf“ Und offenbar hatte Andrew einen super Geschmack, wenn sein Freund so höflich war. Und gutaussehend. Und dann brachte er auch noch das süßeste kleine Mädchen mit, das man sich vorstellen konnte. Doch was sie am meisten freute war, dass Andrew in so guter Gesellschaft lebte und nicht mehr alleine war. Sie hatte keine Ahnung davon gehabt, dass er auf Männer stand, ehrlich gesagt hatte sie immer nur den Verdacht gehabt, dass er absolut kein Interesse an irgendjemandem hatte. Das war nun also doch recht beruhigend, denn auch wenn er vielleicht alleine zurechtkam, sollte er es nicht müssen. Er hatte schon genug Zeit allein verbracht, in der wenigstens seine Eltern da sein hätten müssen. Er konnte ja von sich behaupten, was er wollte, aber so gestrahlt hatte er die letzten Jahre nie, auch wenn er immernoch absolut überfordert von der Gegenwart der Jungs schien. Zugegeben hatten sie ihn vielleicht ein bisschen traumatisiert, Amy wusste ja, dass ihre Kinder gerne randalierten, aber man suchte sich nicht aus, was man auf die Welt brachte. Die einen bekamen eine Eiskunstlaufprinzessin, die anderen einen Haufen Oger. Nichts gegen sie. Aber als Babys waren sie süßer gewesen.
      Ezra dagegen schien offener zu sein. Ob sie schonmal über Kinder gesprochen hatten? Seit wann waren die zwei überhaupt ein Paar? Wie ernst es wohl war? Irgendwann musste Amy Andrew einen Moment allein erwischen und ihn ausfragen.
      „Josh, willst du Liz nicht mit nach oben nehmen und mal dein Zimmer herzeigen? Ich glaube, Liz wird von deinen Spielsachen richtig begeistert sein“ Sie lächelte der Rothaarigen zu. Wie groß der Schritt von Aliens zu Superhelden wohl war?
      Der Junge ließ sich das nicht zwei Mal sagen, hüpfte an die Seite der leicht größeren und nuschelte leicht verlegen: „Komm mit, ich zeig dir alles“
      Keiner wusste, was es damit auf sich hatte, aber Josh sah immer aus, als hätten sie ihn adoptiert, wenn er so direkt neben seinen Brüdern stand, und Amy würde nie ganz darüber hinwegkommen.
      Sie wandte sich wieder an Ada. „Wenn du willst, zeige ich dir mal, wo du schlafen kannst“, meinte sie und folgte den beiden Kindern in den zweiten Stock, und dann in den dritten, in denen ihre drei Gästezimmer waren, von denen eins bedarfsmäßig als Büro genutzt wurde. Wenn Liz ihr eigenes Bett haben wollte, dann gab es also auch dafür genug Platz. Dieses Haus war zwar die reinste Qual zum Reinigen und Sauber halten aber ihre Jungs hatten zumindest eine unvergessliche Kindheit. Aber auch, wenn sie so viele Zimmer hatten, bestand Amy darauf, dass die vier sich jeweils zu zweit ein Zimmer teilten, weil sie irgendwie das Gefühl hatte, dass sie sich dadurch gegenseitig ein wenig unter Kontrolle hielten. Alex schaffte es hin und wieder, Sam runterzubringen und mit ihm in Ruhe Lego zu spielen, während Josh Kian manchmal ablenkte und von seiner Obsession mit Sam abbrachte. Es gab kaum etwas, wofür Amy zurzeit dankbarer war.

      Andrew

      Und schon ließ Amy sie allein. Naja, nicht ganz, Sam, Alex und Kian starrten sie an, als wollten sie irgendetwas und schienen noch nicht ihre eigenen Wege gehen zu wollen, und George wusste wohl auch nicht so richtig, was er mit der Situation anfangen sollte.
      „Wir gehen wieder in den Garten“, kam es dann spontan von Sam, der zu merken schien, dass die Lage schnell in unangenehmes Schweigen kippen könnte und er da nicht dabei sein wollte. Er zog Kian am Arm hinter sich her und drückte ihm seine Schuhe in die Hand, bevor die beiden wieder in Richtung Garten verschwanden, aber nicht ohne Ezra und Andrew im Vorbeigehen anzustarren, als hätten sie etwas im Gesicht kleben. Okay. Manchmal wüsste er schon gerne, was in ihren Köpfen vorging. Am schwersten war das bei Alex zu beurteilen. Er schien nicht recht zu wissen, was er mit sich selbst anfangen sollte. Langsam begann ee an seiner Jacke herumzuupfen, offensichtlich debattierend, ob er sie wieder ausziehen sollte. Garten? Mama? Zimmer? Zu viel Auswahl. Und der Zehnjährige war um Längen Andrews Lieblingskind, auch wenn er das natürlich keinem sagen konnte.
      „Ähm, schön, euch hier zu haben. Fühlt euch ganz zuhause. Ich guck lieber, dass die beiden sich draußen nicht gegenseitig umbringen“, kam es dann mal von George, der sich lächelnd entschuldigte und geschmeidig aus der Verantwortung befreite, Konversation zu führen. Andrew nickte. „Klar, danke“ Er lächelte, dann war George weg. Allerdings konnte das auch sehr gut keine Ausrede gewesen sein, wenn es um Sam und Kian ging. Die würde Andrew auch, oder vor allem, als Teenager keine zwei Minuten unbeaufsichtigt lassen.
      Alex schien nun noch überforderter, nachdem er seine Jacke aufgehängt hatte, und Andrew verspürte das Verlangen, ihn zu erlösen. „Wie läuft‘s in der Schule, Alex?“, fragte er.
      „Ganz okay“, kam es zurück. Er schwankte ein wenig hin und her und auf einmal sprach er wohl doch aus, was er dachte. „Seid ihr ein Paar, Onkel Andrew? Mama hat gesagt, du bringst deinen Freund mit und dann hat Papa gefragt ‚welchen Freund‘ und Mama meinte ‚seinen festen Freund‘“ Alex presste die Lippen aufeinander, als würde er ein Grinsen unterdrücken, das Andrew hinterfragen ließ, ab welchem Alter Kinder Beziehungen eigentlich nicht mehr peinlich fanden. Onkel Andrew war auch immer wieder äußerst gewöhnungsbedürftig, aber die Gewohnheit setzte bei einmal jährlich einfach nicht ein. Vor allem, weil er bloß Onkel zweiten Grades war. Naja, Details.
      „Äh, ja, sind wir“, erwiderte er lächelnd und versuchte, nicht verwirrt über die Frage auszusehen. Allerdings hatte dieses Kind noch nie einen Filter gehabt. Er sagte vielleicht wenig, aber das lag dann eher daran, dass er wenig nachdachte, denn er sprach definitiv jeden Gedanken aus.
      Alex Grinsen wurde etwas breiter und enthüllte eine Zahnlücke, dann trat er einen Schritt an sie heran und winkte beide zu sich herab. Andrew warf Ezra einen Blick zu, dann beugte er sich zu dem Zehnjährigen herunter.
      „Ich hab auch einen Freund“, flüsterte er so laut, dass Andrew seinen Atem im Gesicht spürte.
      Er riss die Augen leicht auf in etwas übertriebener Begeisterung. „Wow! Und, wo steht ihr gerade? Wie sieht‘s mit der Hochzeit aus?“, flüsterte er zurück.
      Alex lachte. „Also, eigentlich haben wir das schon geplant, aber dann meinte Mama, dass ich 18 sein muss, um legal zu heiraten. Und ehrlich gesagt, ich weiß nicht, ob die Beziehung so lange hält. Er mag Batman nicht“ Alex ernster Gesichtsausdruck war unbeschreiblich.
      „Das… ist ein valider Punkt. Aber vielleicht musst du ihm einfach erklären, was so cool an Batman ist. Wahrscheinlich hat er sich nur noch nicht richtig damit auseinandergesetzt“, erwiderte Andrew ebenso ernst.
      Alex überlegte kurz, dann nickte er. „Okay, ich überleg es mir“, flüsterte er wieder zurück.
      Andrew richtete sich auf. „Oh, lad uns bitte ein, wenn es so weit ist. Du kannst ja schonmal deine Wunschliste schreiben, damit wir genug Zeit haben fürs Einkaufen“
      Alex runzelte die Stirn. „Eine Wunschliste? Wieso? Hat man… bei Hochzeiten eine Wunschliste?“ Im Sprechen wurden seine Augen immer größer. Andrew grinste. „Na klar. Du kannst dir alles wünschen, was du willst, und je mehr Gäste du einlädst, desto mehr Geschenke bekommst du“
      Alex riss den Mund auf. „Was?! Okay, Jake muss Batman entweder schnell anfangen zu mögen oder ich such mir wen anderen, aber in 8 Jahren heirate ich. Onkel Andrew, ich wünsch mir… Lego Batman auf DVD“ Er zeigte mit Fingerguns auf Ezra und Andrew, schwenkte seinen eindringlichen Blick zwischen ihnen und drehte dann um, um davonzulaufen, seine Skihose so laut, das man ihn kaum verstand, als er im Rennen rief: „Ich schreib jetzt die Liste!“ Damit ließ er sie alleine bei der Eingangstüre im Wohnzimmer stehen.
      Andrew nickte einmal, drehte sich zu Ezra herum und zog die Augenbrauen hoch. „Immer wieder interessant, ein jährliches Update zu kriegen“, meinte er.
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      Adeline

      Ada war sich immer noch nicht ganz sicher, ob es die richtige Entscheidung gewesen war, mit zu kommen. Vielleicht hätte sie doch mit Liz zuhause bleiben sollen, wo sie ihr unkonventionelles Weihnachten haben würde, mit irgendeinem leichten Gericht und einem guten Film. Es hätte auch ohne Ezra funktioniert. Leider hatte sie Ezra nicht alleine reisen lassen wollen und Liz war zu begeistert von der Idee gewesen, mit anderen Kindern zu feiern, um nein zu sagen. Also raus aus der Komfortzone. Wie sehr sie es hasste, wenn sich Dinge änderten. Obwohl sie nicht von der Hand weisen konnte, dass sie Ezra lange nicht so unbekümmert erlebt hatte, wie in den letzten Wochen, auch, wenn sie immer noch nicht so recht wusste, was sie von Andrew halten sollte.
      Sie gingen sich die meiste Zeit aus dem Weg. Er wirkte okay, aber es wäre nicht das erste mal, dass Ada sich bei jemandem verschätzte. Sie wollte nur nicht, dass Ezra am Ende der Leittragende wäre. Das würde ihr das Herz brechen.
      Wenigstens schien Amy nett zu sein. Das Strahlen auf Liz' Gesicht, als man ihr von den Spielsachen erzählte, war so breit, dass Ada kurz Bedenken bekam. Liz war das beste Kind, das sie sich hätte wünschen können, aber sie kannte sie zu gut, um den kleinen Alarm in ihrem Hinterkopf zu überhören. "Liz. Nichts kaputt machen und keine Diktaturen einführen", mahnte sie, was einen kleinen Schmollmund seitens ihrer Tochter nach sich zog, die kurz nickte und dann Josh nach oben folgte. Ja. Doch. Sie war ganz froh über ihr Mädchen. Obwohl vier Jungs schon eine Nummer für sich waren. Ada konnte sich noch gut an ihre Nachmittage bei Ezra und seinen Geschwistern erinnern. Das Chaos, die Lautstärke, alles, was es bei ihrer Familie nie gegeben hat. Als Kind war das genau der Grund gewesen, wieso sie so gerne bei ihnen gewesen war. Als Erwachsene kam ihr das wie der pure Horror vor. Kein Wunder, dass Ezras Wohnung jetzt so leer aussah. Wahrscheinlich würden Amys Kinder in eine ähnliche Richtung steuern. Obwohl das Haus wirklich hervorragend aussah. Ada wusste nicht so richtig, wohin sie zuerst schauen sollte.
      "Oh, gerne", stimmte sie zu, als Amy ihr ihr Zimmer zeigen wollte, das sich wohl im dritten Stock befand. Sie konnte nur hoffen, dass sie sich schnell genug an das Haus gewöhnte, um nicht ständig irgendwo falsch abzubiegen.



      Ezra

      Soweit, so gut, nicht? Problematisch wurde es erst, als Amy und Ada verschwanden und eine unangenehme Stille einsetzte. Stille war sowieso nie sein Fall gewesen, aber sie war auf jeden Fall noch schlimmer, wenn man nicht wusste, wie man sie füllen sollte. Ezra wusste so gut wie nichts über George, welcher selbst allerdings auch nicht so aussah, als ob er sonderlich viel Lust auf Smalltalk hatte, weshalb es irgendwie schwer war, das Eis zu brechen. Die Jungs waren süß, schienen sich aber gedanklich an irgendwas aufgehängt zu haben. Zumindest hatten sie den selben, leicht faszinierten, leicht hilflosen Blick in den Augen, den Liz immer aufsetzte, wenn sie ihre Mathehausaufgaben machen musste.
      Ezra war fast ein wenig erleichtert, als sich die Runde langsam auflöste, bis nur noch das älteste Kind stehen blieb, das sie sogleich in eine Konversation verwickelte, die Ezra ungewollt zum Lachen brachte. Wenigstens schien Alex - es war Alex, oder? - zu wissen, was er wollte. Zumindest bei Geschenken, beziehungstechnisch schien er noch etwas Luft nach oben zu wittern. Ezra hoffte wirklich, dass der arme Jake noch eine Vorliebe für Batman entwickeln würde, bevor sich das ganze zu einem Schulhofdrama entwickeln würde. Obwohl Kinder in der Hinsicht wundervoll einfach waren.
      Er sah Alex kurz hinterher, als selbiger enthusiastisch von Dannen lief und drehte sich dann wieder zu Andrew. "Nettes Update. Ich hoffe, dass die beiden sich trotz der unterschiedlichen Interessen noch zusammenreißen können. Ich war übrigens auch nie DC-Fan, falls das ein Familien-Kriterium sein sollte." Er konnte nicht anders, als kurz zu lachen. Wenn Andrew und sein einziges Problem gewesen wäre, dass sie auf unterschiedliche Superhelden standen, wäre die Beziehung zumindest weitaus schneller zustande gekommen. "Oh, es ist mir übrigens vollkommen egal, wann und wen er heiratet - wir werden ihm auf jeden Fall diese DVD schenken, oder? Hoffentlich freut er sich in acht Jahren noch genau so darüber, wie jetzt." Was ein seltsamer Gedanke war. Es fühlte sich immer noch vollkommen unwirklich an, so weit in die Zukunft zu denken. Man konnte über das Zusammenziehen und Heiraten so viel reden, wie man wollte, irgendwie bekam Ezra diese unglaubliche Zeitspanne trotzdem nicht in seinen Kopf.
      "Also", setzte er wieder an, "Sollen wir mal schauen, welches Gästezimmer wir bekommen? Ich glaube ich hab dich im Flugzeug viel zu lange wach gehalten. Du siehst müde aus. Heiß, aber müde." Er lächelte, während er eine Hand hob und Andrew leicht über die Wange strich. "Vielleicht sollte ich auf dem Rückflug mit Ada tauschen. Dann könnt ihr euch anschweigen, während Liz und ich uns gegenseitig totreden." Er lachte auf, bevor er Andrew für einen kleinen Kuss zu sich zog.
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      Andrew

      „Ich hab keinen einzigen Batman Film gesehen. Täuschen und tarnen, sonst dürfen wir doch nicht zur Hochzeit kommen. Aber den Film bekommt er auf jeden Fall“ Andrew grinste. Der Gedanke war wirklich süß. Irgendwie… brachte Ezra ihn dazu, sich wirklich mehr auf diese Kids einzulassen. Und er fand es beinahe schade, dass er nicht mehr von ihnen wusste.
      „Ich lass mich gerne von dir totreden“, murmelte er und erwiderte den Kuss. „Du kannst mich auch gleich in den Schlaf reden“ Er war tatsächlich immer noch unfassbar müde. Wenn er sich nicht zumindest eine halbe Stunde schlafen legte, würde der ganze Abend eine Qual werden. Apropos.
      Er zog Ezra an der Hüfte etwas zu sich, sodass sie beide ins Wohnzimmer hinein sahen. Da stand ein gigantischer Weihnachtsbaum, in rot und gold geschmückt, nur die Kerzen und Lichterketten darauf brannten noch nicht. Das Haus war wunderschön modern und gleichzeitig edel eingerichtet, mit teilweise hübschen, alten Möbeln, die vermutlich Georges Großeltern gehört hatten, und Neueren, die unverschämt teuer aussahen, wie die Kücheninsel auf der anderen Seite, die Andrew immer sofort ins Auge fiel, wenn er hier ankam. Gegenüber von ihnen bestand eine Wohnzimmerwand beinahe komplett aus Fenstern, die zur Hecke gerichtet war, welche das Nachbarsgrundstück abtrennte. Von da aus durchflutete Licht das Wohnzimmer, der Schnee draußen ließ den Anblick wie ein Winter Wonderland im Buche beschrieben wirken. Das und der Kamin vor dem gigantischen Sofa, das immerhin regelmäßig Platz für 5 Leute haben musste, lud richtig ein, sich einen, oder zwei, oder 365 entspannte Tage zu machen und nie wieder rauszugehen. So… hätte er auch sein eigenes Haus irgendwann gerne. Aber das war absolut utopisch. Nicht jeder hatte so ein riesen Glück.
      „Der Baum ist schön“, murmelte Andrew. „Nächstes Jahr dekorieren wir die Wohnung auch. Das Weihnachtsfeeling war dieses Jahr ja eher spärlich“ Er schmunzelte. Selbst hatte er sich noch kein einziges Mal einen Baum oder Schmuck angeschafft, wozu auch? Aber wenn er das hier so sah… Es wäre traumhaft, in einer weihnachtlich geschmückten Wohnung mit Schnee vor den Fenstern ein Glas Wein am Abend zu trinken. So konnten sich die Prioritäten ändern.
      „Okay, gehen wir mal nach oben. Ich brauch ne Pause“, sagte er dann und gähnte bereits demonstrativ. Er nahm sein Gepäck wieder in die Hand und ging mit Ezra die Stiegen hoch. Das Haus war wirklich sehr groß. Aber es wirkte nicht leer. Amy und George hatten eine tolle Leistung erbracht, wenn es ums Dekorieren ging. Allerdings konnte Andrew sich vorstellen — nein, er hatte es oft genug miterlebt — dass die Kinder irgendwas kaputt machten. Mal lief einer zu schnell an der Kommode vorbei und zog gleich den Kerzenständen samt Bilderrahmen mit sich und zwei Sekunden später war alles voller Scherben und, wenn es Josh gewesen war, dann lag ein wundervoll grelles Geschrei in der Luft.
      Im dritten Stock hörte Andrew bereits Ada und Amy in einem Zimmer, also schloss er daraus, dass sie das andere Gästezimmer zugeteilt bekommen hatten. Und offenbar hatte er richtig erschlossen. In der Mitte des Zimmers stand ein Doppelbett, das kannte Andrew, das stand da schon immer. Allerdings war es selten dunkelrot überzogen und bedeckt von Throw Pillows gewesen; auf den beiden großen Kopfpölstern jeweils eine kleine Tafel Schokolade. Der Raum war geschmückt, und am Fensterbrett hinter dem Bett standen unangezündete Kerzen. Es sah aus, als hätten sie in einem Hotel die Flitterflochen Suite gebucht. Andrew stockte kurz, bevor er hinein ging und seinen Koffer abstellte.
      „Ich muss wissen, ob es in Ada‘s Zimmer auch so aussieht, oder ob Amy hier irgendwelche Verkupplungswichtel am Werk hat“, sagte er ungläubig und setzte sich aufs Bett, bevor er eine der Schokoladen in die Hand nahm.

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      Ezra

      Das Haus war unglaublich. Wenn Ezra so ins Wohnzimmer spinkste, fragte er sich beinahe, warum Andrew nicht immer schon mehr Zeit mit seiner Cousine verbracht hatte. Das Haus war der Wahnsinn. Es gab nicht mal hässliche Kerzenständer. Wenn Andrew sich an die Kinder gewöhnt hätte, wäre das hier bestimmt ein unglaublich guter Ort, um seine Ferien zu verbringen. Was...wahrscheinlich der springende Punkt war. Wenn Andrew etwas anstrengender fand, als seine Neffen, dann wohl die Aussicht auf Urlaub, wenn er stattdessen im Büro sitzen könnte. Damit hatte sich die Frage wohl selbst beantwortet.
      Ezra stieß ein kleines, neutrales "Hm" aus, als Andrew erwähnte, dass die Vorweihnachtszeit sich nicht wirklich weihnachtlich angefühlt hatte. Er konnte das nicht so richtig beurteilen - für ihn war Weihnachten nie besonders 'weihnachtlich' gewesen. Das schönste waren die unglaublich schlechten, absolut kitschigen Weihnachtsfilme und da Lächeln auf Liz' Gesicht, wenn sie eine neue Barbie bekam, die sie für ihren Kult opfern konnte. Natürlich waren die letzten Wochen deutlich anstrengender gewesen, als sonst, aber das hatte seine Einstellung zu Weihnachten nicht großartig beeinflusst. Trotzdem war es schön, den geschmückten Baum zu sehen. Ob die Jungs schon mithelfen durften, oder übernahmen die Eltern das Schmücken?
      Das restliche Haus schien ähnlich beeindruckend wie das Wohnzimmer zu sein. Ezra ließ seinen Blick nach links und rechts schweifen, während er Andrew die Treppe nach oben hinauf folgte. Amy und George schienen ihre Kinder zumindest gut genug im Griff zu haben, dass sie das Haus nicht direkt auseinander nahmen, was beeindruckend war. Die Gästezimmer lagen im dritten Stock. Er konnte Ada und Amy hören, während er Andrew folgte. Offensichtlich schienen sich die beiden Mütter bestens zu verstehen, was ihn unglaublich erleichterte, nachdem er das Gefühl hatte, dass Ada nur seinetwegen hier war.
      Das änderte allerdings nichts an der kurzen Überraschung, als sie ihr Zimmer betraten, das weniger wie ein Gästezimmer und mehr wie ein Hotelzimmer aussah. Bei der Einrichtung des restlichen Hauses hatte Ezra nicht mit einem leeren Zimmer gerechnet, aber auch nicht mit...dem hier. Er stieß ein kleines, etwas hilfloses Lachen aus. Naja, besser so, als wenn er und Andrew in getrennten Zimmern hätten schlafen müssen. "Wenn unser Zimmer so aussieht, ist in ihres wahrscheinlich ein halber Spa-Bereich. Das würde auch erklären, wieso Amy so lange mit ihr redet." Ezra lächelte, während er seine Schokolade nahm und sie Andrew hinhielt. "Rette mich. So süß, wie du bist, bekomme ich wahrscheinlich direkt Diabetes, wenn ich jetzt noch Schokolade esse." Er zwinkerte ihm zu.
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      Andrew

      „Die Chancen stehen gut“, erwiderte Andrew und grinste. Das war wohl Amys Art sich für ihr Kommen zu bedanken und vielleicht der gleichzeitige, verzweifelte Versuch, sie zu einer Wiederholung zu animieren. Außerdem schien sie Ada richtig zu mögen. Irgendwie war es bizarr mitanzusehen, wenn Ada mit jemandem gut klar kam, denn in seiner Gegenwart war sie immer unheimlich skeptisch und unentspannt. Andrew wusste nicht wirklich, was er tun sollte, um ihre Zuneigung zu gewinnen, schließlich kam er nun sogar schon besser mit Niamh zurecht, also wurde es langsam etwas peinlich. Vielleicht sollte Ezra ihr mal von ihren hypothetischen Heiratsplänen erzählen. Oder lieber nicht? Vielleicht machte sie das nur noch unglücklicher, wenn Andrew sich tatsächlich offiziell in die Familie einband. Vielleicht… musste er auch nur mal ein bisschen mehr Zeit mit ihr verbringen. Dafür war ja jetzt die perfekte Gelegenheit.
      Aber zuerst musste er kurz genießen, Zeit mit Ezra verbringen zu können. Abseits von Arbeit, Missionen oder Umzugsplänen.
      Andrew steckte sich sein Stück Schokolade zwischen die Zähne, stand auf und schloss die Tür. Dann drehte er sich herum und schob sich die Schokolade in den Mund, bevor er seine Arme um Ezras Hüfte legte und ihn eine Weile nur ansah und kaute. „Das musst mir nicht zwei Mal sagen“, meinte er endlich und nahm Ezra sein Stück ab. „Aber mich wirst du nicht los, also wird es wohl so oder so Diabetes“ Er gab ihm einen Kuss, ließ ihn los und legte sich ins Bett, auch wenn es sich mit der Kleidung, die er am Flughafen getragen hatte, wie ein Verbrechen anfühlte. Er sah zu Ezra auf. „Leg dich zu mir. 20 Minuten. Vielleicht auch 45. Ich kann nichts versprechen“ Er lächelte. Eigentlich war Schlafen doch sowieso Ezras liebstes Hobby, also könnte er wohl noch mit höheren Zahlen um sich werfen. Zumindest schienen sie derzeit nicht gebraucht oder vermisst zu werden und Ada wollte bestimmt auch noch eine Pause nach dem Flug einlegen, jetzt wo Liz mal eine Weile beschäftigt war. Was gab es da besseres, als in Jeans und Hemd auf einem frisch überzogenen Bett zu kuscheln? Naja, nichts, solange man genug Anstand hatte, nicht untertags in einem fremden Haus zu duschen und einen Jogginganzug anzuziehen.
      Außerdem würde er sich später sowieso noch einmal umziehen müssen, bevor es Essen gab. Bei Amy wurde das höchst traditionell in schicker Kleidung bei Kerzenschein abgezogen. Und natürlich gab es einen Weihnachtsbraten und tausende Beilagen. Vermutlich hatte Amy dafür schon gestern zu kochen begonnen. Aber hey, noch eine tolle Gelegenheit, um sich ein paar Informationen übers Kochen einzuholen.
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      Ezra

      "Das bist du mir wert", antwortete Ezra mit einem kleinen Lachen. Er würde alles in Kauf nehmen, um einfach mehr Zeit mit Andrew verbringen zu können und langsam hatte er das Gefühl, dass es albern war so zu tun, als ob er fähig wäre, ohne ihn zu existieren. Seiner Bitte, sich zu ihm zu legen kam er ohne zu zögern nach. Mit Andrew im Bett zu liegen war sowieso sein größtes Hobby - es war gemütlich und sie hatten einfach etwas Zeit für sich.
      Er zog sein aktuelles Buch aus seiner Tasche, kletterte neben Andrew in das überraschend weiche Bett und kuschelte sich an ihn. Nach der ganzen Aufregung mit Richard kam es ihm immer noch wie ein Segen vor, sich nun vollkommen sicher sein zu können, dass sie beide vollkommen zufrieden mit ihrer Beziehung waren. Was war schon ein besserer Indikator für eine gute Beziehung als der Fakt, dass man zusammen irgendwie nichts tun konnte und es doch genoss? Nachdem Amy auf Anhieb furchtbar nett wirkte und ihre Familie etwas chaotisch, war Ezra auch nicht mehr so nervös wie noch im Flugzeug, also stand einem entspannten Weihnachten nichts mehr im Weg. Was ein seltsamer Gedanke war.
      "Kommt es dir auch so abwegig vor, dass wir zusammen feiern? Letztes Jahr um die Zeit hast du mich noch durch einen Schneesturm gejagt und jetzt liegen wir hier", meinte Ezra, während er sein Buch aufschlug. "Versteh mich nicht falsch, ich finde es unglaublich schön, mit dir Weihnachten feiern zu können, aber manchmal fühlt es sich einfach so...überwältigend an." Vor einem Jahr hatte er nicht mal im Traum daran gedacht, Andrew überhaupt irgendwie näher zu kommen. Eine Beziehung mit ihm war ein alberner Tagtraum gewesen, der nie wahr werden würde. Wenn er sich richtig erinnerte, war Weihnachten letztes Jahr eine der Phasen gewesen, wo er es fast geschafft hatte, sich aus seiner eigenen Schwärmerei raus zu reißen. Jetzt schien ihm das vollkommen unmöglich.
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      Andrew

      Andrew kuschelte sich an Ezra und stieß ein langes, zufriedenes Seufzen aus. Jetzt noch daran zu denken, wie knapp sie wohl an einer Trennung vorbei gerast waren, war fast unmöglich. Ezra müsste sich außerdem erstmal aus seiner Umklammerung befreien, bevor er ihn loswerden konnte. Genau deshalb lösten seine Worte ein wirklich seltsames Gefühl aus. "Ich bin froh, gerade in keinem Schneesturm gefangen zu sein", murmelte er mit geschlossenen Augen. Er war deutlich zu müde, um sich viele Gedanken zu machen. "Wenn es dich zu sehr überwältigt, können wir die nächsten drei Tage immer noch in diesem Zimmer verbringen" Oder, naja, Ezra konnte das tun und Andrew würde, realistisch betrachtet, die Stadt durchforsten, weil er sonst einen Lagerkoller bekommen würde.
      Aber jetzt gerade war er völlig zufrieden damit, hier zu liegen und eine Runde zu schlafen. Die letztendlich deutlich länger ausfiel, als er es sich vorgenommen hatte, aber zumindest wachte er äußerst entspannt und ausgeruht auf und fühlte sich dem wuseligen Abendessen mit fünf Kindern deutlich gewachsener.

      Am Abend war das ganze Haus mit warmen Lampen und Kerzenlicht außer Reichweite der Kinder ausgeleuchtet. Andrew war nach all den Jahren immernoch nicht daran gewöhnt, dass manche Leute solche riesigen, ordentlichen Häuser und die Dekoration-Skills von einem Arbeiter an einem Hollywood Set hatten. Er war zwar in einem Haus aufgewachsen, aber das war deutlich kleiner, unordentlicher und umkreativer gewesen. Zumindest fühlte er sich hier mit Anzugshose und Hemd absolut nicht fehl am Platz; sogar die Kinder trugen ordentliche Kleidung und Amy hatte ein hübsches dunkelrotes Kleid an. Als Ezra und er wieder nach unten kamen, saßen die Kinder noch auf Couch und Boden und beschäftigten sich gegenseitig, während Amy George in die Küche scheuchte, um ihr zu helfen, die Vorspeisen anzurichten. Der, nun ausgezogene und gigantische, Tisch war mit Tischtuch, Kerzen und dekorativen Weihnachtskugeln gedeckt; die Erwachsenen hatten jeweils Wasser- und Weingläser an ihren Plätzen stehen.
      Diese Restaurant-Stimmung durfte man jedenfalls nicht zu ernst nehmen. Wenn Andrew ihr Weihnachten als traditionell bezeichnete, dann weil es Christmas Cracker und Weihnachtsspiele nach dem Essen gab, denen man nicht entkommen konnte. Deshalb gab es auch keinen Kindertisch, oder so etwas, denn Amy wollte immer eine unterhaltsame Familienfeier aus ihrem Abend machen.
      Andrew suchte sich an der Seite des Tisches einen Platz neben Ezra, nachdem Amy ihm sowieso jede Hilfe ausgeschlagen hätte. Sie spielte furchtbar gern Gastgeberin und George durfte dann darunter leiden indem er sich als einziger Anweisungen geben ließ.
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      Ezra

      Wenigstens wäre es dieses Jahr nicht so schlecht, mit Andrew in einem Schneesturm festzustecken. Immer noch unangenehm, aber nur wegen dem Wetter und nicht wegen ihm. Ezra musste kurz lächeln, als Andrew wieder rücksichtsvoller war, als es ihm gut tat. Er schüttelte den Kopf und sah auf sein Buch. "Ich melde mich, wenn es zu viel wird." Er lehnte sich doch noch einmal zur Seite, um ihm einen Kuss zu geben, bevor er ihn schlafen ließ und sich seinem Buch widmete.

      Das Abendessen ließ Ezras Nervosität wieder ein bisschen aufflammen. Es sah ein bisschen aus, als hätte man das Setting direkt aus einem der kitschigen Filme, die er so gerne sah, gezaubert. Er zupfte ein wenig an seinem Hemd, während er sich neben Andrew an den Tisch setzte. Ada spielte auf seiner anderen Seite bereits mit ihrem Weinglas, offensichtlich angefressen darüber, dass sie nicht helfen durfte. Ezra konnte das absolut nachvollziehen. Jedes mal, wenn Amy oder George an ihnen vorbei kamen, hatte er wieder den Reflex, seine Hilfe anzubieten, auch, wenn sie ausgeschlagen werden würde.
      Stattdessen wandte er sich also an Ada. "War dein Zimmer auch irgendwie interessant hergerichtet?"
      Ada zog eine Augenbraue in die Höhe, während sie ihr Weinglas abstellte. "Kann ich nicht behaupten, denke ich? Wieso?"
      "Oh. Nur so." Also schien Amy es sich offensichtlich tatsächlich in den Kopf gesetzt, Andrews Leben ein wenig in Schwung zu bringen. Irgendwie war das überraschend süß. Er schien ihr wirklich wichtig zu sein, auch, wenn Andrew selbst ihr gegenüber ja immer eher zurückhaltend gewesen war, wenn er von ihr erzählt hatte.
      "Mein Zimmer ist eigentlich ziemlich...normal. Bett und Schrank halt. Ein kleiner Schreibtisch. Fast wie ein Hotel, nur deutlich hübscher. Liz hat schon gefragt, ob sie einfach eine Übernachtungsparty mit den Jungs haben könnte. Wenn sie hiernach von Aliens auf Superhelden umspringt, heule ich. Ich pack die ganzen Interessenumschwünge nicht mehr." Ada seufzte theatralisch, auch, wenn man ein Lächeln auf ihren Lippen sehen konnte, als sie zu ihrer Tochter sah, die mit Josh zusammen spielte. Liz trug ein dunkelgrünes Kleidchen und die ersten roten Locken hatten sich schon aus ihrem kleinen Dutt gelöst.
      "Habt ihr Weihnachten immer so gefeiert?", fragte sie schließlich an Ezra vorbei in Andrews Richtung. "Ich hab gedacht, sowas gäbe es nur im Fernsehen. Es sieht aus, als hätte man einen Setdesigner auf das Haus losgelassen, um es absolut perfekt herzurichten."
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      Andrew

      Nach Adas Antwort war Andrew sich sicher, dass Amy ein bisschen zu involviert in sein Liebesleben war, oder eher versuchte, sich zu involvieren. Irgendwie ahnte er langsam, dass er sich demnächst einem Fragensturm widmen durfte und er wollte Ezra unauffällig warnen, aber dafür war es jetzt wohl zu spät. Amy kam bereits mit zwei Tellern in den Händen zurück, George mit zwei weiteren und dann gingen die Runden weiter, bis jeder seinen Vorspeisenteller hatte. Was dank der Kinder eine Weile dauern konnte, sie waren schließlich zehn Leute.
      "Ich frage mich jedes Jahr dasselbe, aber… ja, so sieht es immer aus", antwortete er Ada. Bis dann irgendetwas kaputt ging. Andrew sah schon vor seinem geistigen Augen, wie entweder der Baum im Flammen aufging, Wein über das Sofa geleert oder mindestens ein Glas fallen gelassen wurde. Er würde seinen eigenen Kindern jedenfalls nie im Leben das schöne Geschirr anvertrauen, zumindest nicht, wenn sie jünger als Sam oder… persönlichkeitsmäßig so wie Sam waren, aber offensichtlich gab Amy nie die Hoffnung auf, dass ihr kleiner perfekter Traum funktionieren würde. Woher nahm sie bloß diese Motivation? Sie arbeitete schließlich Vollzeit als Aufsicht haufenweiser kleiner Energie-Vampire!
      "Ich weiß auch nicht, woher sie hat das hat. Meine Mutter ist nicht so aufgewachsen und ihr Vater kam mir nie wie einer vor, der besonders viel Wert auf… schöne Dinge legt, um es nett zu sagen. Apropos" Er hielt Amy kurz an, als sie wieder zurück zum Tisch kam. "Was ist mit Robert? Kommt er nicht?"
      Amy zögerte einen Moment und presste ihre Lippen aufeinander während sie nach Worten suchte. "Er meinte, es… wäre ihm zu voll hier, wenn du… noch jemanden mitbringst" Ihr Blick war nicht normal. Sie blinzelte seltsam. Warum war ihr Blick nicht normal?
      "Okay?" Andrew lachte etwas verwirrt und zog die Augenbrauen zusammen. "Das… hättest du uns doch sagen können, ich wollte deinen Vater nicht vom Weihnachtsessen verscheuchen" Nicht, dass er es je sehr zu genießen geschienen hatte. Der Mann war absolut verbittert, seit Andrew denken konnte. Selbst wenn das daran lag, dass seine Frau ihr vor etlichen Jahren wortlos verlassen hatte, verlor man da irgendwann die Sympathien.
      "Ach, bitte. Er sitzt doch sowieso lieber vor dem Fernseher", erwiderte Amy lächelnd. Andrew war noch immer etwas irritiert. Es schien sie recht wenig zu stören, dass sie Weihnachten nicht mit ihrem Vater feierte, wie sie es schon immer und unter jeden Umständen getan hatte. "Ich helfe dir in der Küche, da fehlen ja noch einige Teller", erwiderte Andrew kurzerhand und stand auf. "Zu dritt geht es schneller" Er legte Amy, die bereits ansetzte widerspenstig zu werden, eine Hand auf die Schulter und schob sie aus dem Wohnzimmer.
      In der Küche begann sie sich wieder zu wehren, nachdem George gerade mit zwei weiteren Tellern hinaus ging. "Andrew, setz dich bitte wieder. Das ist doch komisch, ihr seid Gäste-"
      "Ja, Gäste, die deinen Vater verscheuchen?", unterbrach er sie und zog eine Augenbraue hoch. Amy seufzte frustriert.
      "Naja, wir sehen ihn ja zu Silvester"
      "Wenn wir wieder weg sind"
      Amy ließ ihre Hand auf die Küchentheke fallen und sah leicht beleidigt und gleichzeitig sehr nachdenklich aus. Sie überlegte, ob und was sie sagen sollte. Andrew erwiderte ihren Blick erwartungsvoll. Es konnte doch nicht sein, dass es sie überhaupt nicht störte, wenn ihr verbliebenes Elternteil nicht an Weihnachten auftauchte, nachdem ihr Feiertage und Familie offensichtlich so am Herzen lagen, dass sie es jedem andauernd mitteilen musste.
      "Er war ihm… nicht zu voll hier, bis ich ihm die Frage beantwortet habe, wen genau du mitbringst", rückte sie dann heraus und ließ Andrew kurz sprachlos verarbeiten. Aber es dauerte keine Sekunde, bis er verstand. Jetzt war es ihm irgendwie unangenehm, gefragt zu haben. Und gleichzeitig vermisste er Robert kein Stück, falls er es vorher für eine Millisekunde getan hatte.
      "Okay. Und hat es irgendeinen Sinn, mit ihm zu reden? Stört es dich überhaupt nicht, dass er nicht hier ist?", fragte er. Aber dann kochte doch noch ein kleines bisschen Wut in ihm auf. "Und ich würde Alex vielleicht sagen, dass er Jake besser nicht vor seinem Opa erwähnt", fügte er scharf hinzu.
      Amy setzte wieder ihren leicht beleidigten Blick auf. "Er ist alt. Ich weiß nicht, was ich ihm sagen soll. Aber ich habe auch nicht versucht, ihn zu überreden, weil ich weiß, wie er sein kann. Am Ende hätte es hier noch eine Diskussion gegeben-"
      "Die ich liebend gerne mit ihm geführt hätte, am besten vor den Kindern, damit sie nicht in zehn Jahren herausfinden müssen, dass seine Liebe abhängig von ihrer Partnerwahl ist" Zugegeben trug Amy keine Schuld an dieser Sache. Es war nicht ganz fair, auf sie loszugehen. Andrew drehte sich zur Seite und lehnte sich gegen die Kücheninsel. "Vielleicht bringt es ja etwas, mit ihm zu reden. Es ist zwar genug Beweis für seine Sturheit, dass er heute alleine zuhause sitzt, aber ich glaube nicht, dass ihm das lieber ist, als bei seiner Familie zu sein. Es ist kein Geheimnis, dass ich ihn nicht unbedingt vermisse, aber ich finde es ziemlich… fragwürdig, dass er seinen komischen Glauben über dich stellt"
      Amy lächelte leicht. "Ja, ich weiß. Ich wollte nur nicht, dass es kompliziert wird. Aber wenn er denkt, irgendetwas über meine Kinder sagen zu können, dann schicke ich ihn nicht nur nachhause, sondern persönlich in Therapie. Nicht, dass ich das nicht schon versucht hätte"
      Andrew schmunzelte. "Ich kann auch sehr überzeugend sein, falls du Hilfe brauchst. Was denkst du, wie ich mir Ezra geangelt hab?", fragte er und zwinkerte.
      Amy lachte leise. "Das ist… Wo hast du ihn bitte gefunden? In einem Katalog?"
      "Würde man meinen" Er lachte und nahm nun endlich die zwei übrigen Teller. Interessant zu wissen, dass Amy seinen Geschmack teilte. Ehrlich gesagt hatte sie es mit George ja auch nicht schlecht erwischt, er war nur ein bisschen… alt. "Nein, ich… kenne ihn von der Arbeit. Irgendwie. Es wäre toll, wenn du dazu keine Fragen stellst, es gibt nämlich keine Antworten" Außer er entschied sich spontan dazu, ihr doch noch von den Morden, dem Kidnapping und der Diebstahl-Angelegenheit zu erzählen. Vielleicht eher morgen.
      "Das kann ich nicht so ganz versprechen", kam es hinter ihm leise zur Antwort und Andrew schüttelte belustigt den Kopf, als sie zurück ins Wohnzimmer gingen.