Witch Way Out [Winterhauch&Hemera]

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    • Witch Way Out [Winterhauch&Hemera]



      Witch Way Out

      @Winterhauch

      ╔═.. .══════════════╗

      „Moon dust in your lungs,
      stars in your eyes
      You are a child of the cosmos,
      a ruler of the skies“


      ╚══════════════. ..═╝


      Gemma Sullivan

      Die kleine Klingel über der hölzernen Tür läutete für heute ein abschließendes Mal auf. Gerade hatte die letzte Kundin von Gemma ihren Laden Witch Way Out verlassen. Die Sonne hatte schon den Abend mit ihren rotorangenen Strahlen eingeleitet, als die junge Hexe über das knarzende Holz auf die Eingangstür ihres Geschäfts zulief. Mit einem erleichterten Seufzen drehte sie das „Geöffnet“-Schild um und drehte den rostigen Schlüssel im alten Schloss um. Die breiten Absätze ihrer ledernen Stiefelletten hallten durch den kleinen Raum, während die Rothaarige zu beiden Fenstern ging und die dünnen Vorhänge mit gerüschtem Saum zuzog. Es war an der Zeit, dass sie sich endlich traute das zu erledigen, was ihr den ganzen Tag schon durch den Kopf spukte. Ehrlicherweise drehten sich ihre Gedanken schon seit vergangener Woche nur noch um dieses Thema und sie hatte jede freie Minute damit verbracht, sich in verschiedene Memoiren, verbotene Schriften und Schattenbücher längst verstorbener Hexen einzulesen. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals - war sie wirklich bereit dafür? Wenn sie es jetzt nicht tun würde, dann wohl nie. Gemma nahm sich all ihren Mut zusammen. Sie würde sich und all den anderen Hexen ihres Zirkels beweisen, dass sie mehr als nur eine einfache Hellseherin war. Nie wieder wollte sie hören wie ihre Fähigkeit nur auf Intuition beruhte und nicht auf tatsächlicher Magie. Unwillkürlich ballte sie die Fäuste, denn manchmal verletzte die junge Frau es wirklich. Niemand traute ihr irgendwas zu, außer natürlich ihr großer Bruder. Aber er war nicht Teil dieser Welt, in der Gemma wandelte. Er wusste nicht wie streng sie mit einem waren.

      Willenssicher schritt die zierliche Rothaarige eine kleine Wendeltreppe hinter ihrer Verkaufstheke hinunter. Sowohl die Treppe, als auch die Wände waren hier aus alten Steinen gemauert. Von ihnen ging eine feuchte Kühle aus, wie nach einem regnerischen Tag, wenn der Wind einem kalt ins Gesicht wehte. Es war Gemmas Lieblingsplatz in diesem alten Häuschen. Hier unten im Keller hatte sie sich ihr Reich eingerichtet. Überall brannten Kerzen, welche den kleinen Raum erhellten und ein kleines bisschen Wärme spendeten. An jeder Wand standen Regale, manche auch mit schiefen Ablageflächen eingebaut. Entweder aufgrund von Gemmas nicht vorhandenem Talent Möbel zusammenzuschustern oder aber weil die Inhalte der vollgefüllten Regale deutlich zu schwer für das Holz darunter waren. Aber ein wenig Chaos störte die junge Frau nicht. Sie entfernte auch nicht das runter tropfende Kerzenwachs, sondern ersetze lediglich Kerzen, die bereits durchgebrannt waren. An der Wand gegenüber der Treppe befand sich ein kleiner Schreibtisch, voll mit Büchern und Schriftrollen. Einige davon sahen aus, als würden sie zerfallen, wenn man sie nur schief ansah. Genau solch eines nahm die Hexe in ihre schmalen Hände und blätterte vorsichtig über die Seiten hinweg, bis sie bei einer ganz bestimmten stoppte. Sie war sich sicher, wenn sie schon einen Dämonen beschwor, sollte es dieser sein. Die alte Tinte war schon so ausgebleicht, dass man nicht mal den Namen des magischen Wesens erkannte. Auch manche Hinweise, was es zu beachten galt, waren mittlerweile unleserlich. Aber Gemma vertraute stets auf ihre Intuition und das würde sie auch hier tun. Schließlich war sie eine Schwester des Astral Veil, sie wurde von den Sternen und dem Kosmos selbst geführt. Egal was sie hier tat, es würde sie auf ihrem Weg voran bringen, davon war sie überzeugt.

      Genau diese Überzeugung trieb sie an das Beschwörungsritual vorzubereiten. Immer wieder mrumelte sie die Worte der Formel vor sich her, während sie mit Kreide ein Pentagram und verschiedene Symbole drum herum auf den steinernen Boden zeichnete. „Wie klischeehaft“, kam es ihr über die roten Lippen und sie musste kurz selbst über diese Ironie lachen. Sie war eine Hexe, die gerade einen Dämon beschwören wollte. Klischeehafter ging es doch garnicht. Vielleicht war es auch die aufsteigende Nervosität, die sie in diesem Moment zum Lachen brachte. Aber ließ sie sich nicht von dem Plan abbringen. Sie holte mehrere schwarze Kerzen aus einem Regal, wobei manche davon unbeachtet auf den Boden fielen und vor sich hinrollten. Nachdem sie die Kerzen in ihren Händen im Raum verteilt und angezündet hatte, löschte sie alle Kerzen, die nicht schwarz waren. Plötzlich wirkte das kleine Hexenzimmer viel dunkler und erdrückender. So kannte sie ihr Reich garnicht. Aber sie lud eine fremde Macht hierher ein, da war es wohl nur passend wenn sich ihr Reich nicht mehr ganz nach ihrem anfühlte. Bei dem Gedanken breitete sich immer mehr das Gefühl von Aufregung und gleichzeitig Panik in ihr aus. „Du schaffst das Gemma“, versuchte sie sich selbst zu überzeugen und zog einen kleinen Ritualsdolch hervor. Ein Geschenk des Zirkels, das sie bisher nie gebraucht hatte. Er war mit Sternen und zwei Monden am Griff versehen, die in unterschiedliche Richtungen zeigten. Ihre Finger fuhren vorsichtig über die scharfe Kante der Klinge, bevor sie sich damit vor das gezeichnete Pentagram auf den Boden kniete. Sie atmete hörbar tief ein und aus. „Was machen wir, wenn wir nervös sind? Genau: Kerzen ausblasen“, redete die Rothaarige mit sich selbst. Es war ein Ritual, das ihr großer Bruder ihr beigebracht hatte. Drei Mal atmete sie tief ein und blies die ganze Luft durch gespitzte Lippen wieder aus. Sie wand ihre Aufmerksamkeit dem Buch neben ihr zu. Zum tausendsten Mal überflog sie die Seiten. Pentagram auf dem Boden, schwarze Kerzen, Formel aufsagen.. Es war Zeit.


      „Oh demon, from the abyss below,
      Where infernos rage and tempests blow,
      I call upon thee, heed my call,
      Descend upon me, ruler of all.

      With candles dim and sigils traced,
      In whispered tones, my plea embraced,
      Oh demon, grant me thy dark grace,
      Come forth to me in this sacred space.

      Through swirling darkness, hear my plea,
      By night‘s embrace, set my spirit free,
      Oh demon, guide me through the night,
      With thy infernal, unholy might.

      Oh demon, from the abyss below,
      Where infernos rage and tempests blow,
      I call upon thee, heed my call,
      Descend upon me, ruler of all.“


      Fast schon melodisch sprach Gemma die Beschwörungsformel laut in den dunklen Raum hinein, bevor sie sich mit dem Ritualdolch in die Handfläche schnitt. Sie zuckte erschrocken zusammen, als ihr der Schmerz den ganzen Arm hochzog. Dennoch hob sie die verletzte Hand über das gezeichnete Pentagram und ließ ihr eigenes Blut, dunkelrot und dickflüssig, auf die Steine tropfen. Sie musste sich zwingen die Hand zu einer Faust zu ballen, um paar mehr Tropfen Blut rauszubekommen, und presste dabei die Zähne fest aufeinander. Sie schloss ihre leuchtend grünen Augen und zog beide ihre Hände in ihren Schoß. „Bitte funktioniere..“, flüsterte sie in die Dunkelheit.
      ☀︎ Live by the sun
      Love by the moon ☽︎
    • Es geschah innerhalb eines Blinzeln. Das Unheil, das die Melancholie seiner Ewigkeit erschüttern sollte.
      Kadir verspürte den altvertrauten Zug bis in die Tiefen seiner Knochen. Der Zauber der Beschwörungsformel legte sich bleischwer über seinen Körper. Unsichtbare Ketten froren ihn mitten in der Bewegung ein und das Glas, in dem eine bernsteinfarbene Flüssigkeit entspannt von recht nach links schwappte, entglitt seinen steifen Fingern. Mit einem hellen, gläsernen Klirren zersplitterte das Kristallglas auf den blankpolierten Marmorfließen des Salons. Die Pupillen, umgeben von der blutroten Iris, flackerten hektisch als seien sie einem unerwarteten Blitzlichtgewitter ausgesetzt. Er blinzelte und die Welt um ihn herum verlor an Schärfe. Er blinzelte erneut und langsam verschluckte eine befremdliche Dunkelheit die Details des Salons. Zuerst verschwanden die schweren Möbelstücke aus dunklem Mahagoni mit den edlen, dunkelroten Samtbezügen. Am Rande seines Sichtfeldes zog sich der dunkle, schattengleiche Kreis stetig enger. Selbst das künstliche Licht, eine Errungenschaft für die sich die Menschen noch heute beweihräucherten, hatte dieser Dunkelheit nichts entgegenzusetzen. Langsam machte sich Verärgerung auf Kadirs Gesicht breit. Sein Blick ruhte auf den unzähligen, kostspieligen Flaschen, die sich in einem beleuchteten Regal an der Wand auftürmten. Auf ein paar der Falschen ruhte die Staubschicht von Jahrzehnten und vor wenigen Sekunden hatte er einen solch unbezahlbaren Tropfen an den Fußboden verschwendet. Der hochgewachsene Mann bleckte die Zähne. Welcher armselige Narr auch gerade die Beschwörung stotterte, hatte in wenigen Augenblicken einen nicht amüsierten, sehr wütenden Dämon in seinem Heim. Kadir blinzelte ein weiteres Mal, dann verschluckte der Schatten auch ihn.

      Eigentlich konnten Kadir nur wenige Dinge noch wirklich überraschen. In einem geradezu winzigen Keller aus dem Nichts aufzutauchen, gehörte eindeutig dazu. Er hatte eine Horde fanatischer und maskierter Teufelsanbeter in klischeehaften Roben erwartet, irgendeine dieser neumodischen Verbindungen, Sekten oder 'Glaubensgemeinschaften'. Stattdessen kniete eine einzige Person vor ihm am Boden. Im Schein der flackernden, schwarzen Kerzen leuchtete der rote Haarschopf wie flüssiges Feuer. Die scharfen Augen des Dämons machten die Umrisse einer jungen Frau aus, die leise vor sich hin murmelte. Statt eines pompösen Gewölbes samt irrwitzigem Opferaltar und einer Dekoration mit ausgestopften Ziegenköpfen, laienhaft geschmierten Pentagrammen und kehligem Beschwörungsgesang - die Menschen schauten eindeutig zu viele schlechte Filme - erwartete ihn ein...Vorratskeller? Die Decke war sah so niedrig, dass er für einen flüchtigen Moment glaubte, sich den Kopf an der Decke anzustoßen, sobald er sich zu seiner vollen Größe aufrichten würde. Die Regale an den Wände quollen über mit Gläsern, Schriftrollen, Büchern, Kerzen und anderem Krimskrams. Das war eindeutig nicht der geheime Treffpunkt einer satanischen Sekte oder noch schlimmer, die keinen blassen Schimmer von echter Magie hatte.

      „Bitte funktioniere..."
      Die Fremde murmelte die Worte wie ein Mantra und war darin so verloren, dass sie nicht merkte, wie sich die Atmosphäre im Raum veränderte. Kadir war nicht in einer heißen, lodernden Stichflamme aus Höllenfeuer in ihrem Beschwörungskreis erschienen. Da war kein bedrohliches Zischen, kein Knistern, kein schwelender Geruch von Schwefel. Er hatte sich einfach aus dem nichts manifestiert. Die plötzliche Verdrängung der Luft durch sein Erscheinen hatte lediglich die Kerzen etwas zum flackern gebracht. Es war nie, wie in den Filmen. Eindringlich ruhte sein Blick auf der Frau am Boden, wenn er in den Raum hineinfühlte, nahm er eine unverkennbare Aura war. Eine Hexe. Keine besonders mächtige, eher ein kleines Licht am Firmament, aber offensichtlich ehrgeizig genug um eine Dämonenbeschwörung durchzuführen. Die Sekunden tickten dahin und Kadir sah sich gezwungen, die Hexe aus ihren Gedanken zu reißen. Ungeduldig räusperte er sich und als sie endlich aufblickte, mit großen und erschrockenen Augen, öffnete er den Mund.

      "Ich hoffe, du hast einen guten Grund für diesen Unsinn." Seine Stimme war dunkel, rauchig und weich wie Samt. Vor der Frau stand kein furchterregendes Biest aus dem Höllenschlund mit Hörnern, geifernden Kiefern und gekrümmten Rücken. Nein, der Mann in ihrem Beschwörungszirkel trug einen maßgeschneiderten, dreiteiligen, schwarzen Anzug. Das Hemd darunter war rot, tief am Kragen aufgeknöpft und in derselben Farbe wie die blutroten Augen, die auf sie hinabstarrten. Silberne Manschettenknöpfe blitzten an seinen Handgelenken. Silberschmuck glänzte an seinen Ohren und um seinen Hals. Die Halskette lag tief unter der Mulde zwischen seinen Schlüsselbeinen. Die Hexe sah ihm nun ins Gesicht. Die Flammen der Kerzen spiegelten sich in seinen Augen und warfen glühende Schatten über seine blassen, beinahe androgynen Gesichtszüge. Er sah jung aus, trotz der silberweißen Haare, die sein Gesicht umrahmten. Nur die Augen, das wusste Kadir, zeugten von einem biblischen Alter.

      "Zuhause wartet ein herrlicher Tropfen auf mich, von dem ich nebenbei bemerkt, ein ganzes Glas durch deinen kleinen Schabernack verschwendet habe. Also, welche kleingeistige Frage kann ich dir..." Kadir stockte, als er das Blut bemerkte, das von ihrer Hand tropfte. Langsam aber stetig wanderte seine Augenbrauen in die Höhe. Sie hatte doch nicht...? Ruckartig zuckte seine Kopf nach unten und er beäugte die Symbolik, die auf den Boden geschmiert worden war. Sie hatte doch nicht wirklich...? Kadir machte einen Schritt nach vorn, doch die unscheinbaren Kreidelinien ließen ihn nicht. Die Sohlen der teuren Oxfords schienen mit dem Boden verschmolzen zu sein.

      "Was in Luzifers Namen und bei den neun Kreisen der Hölle hast du getan?"
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Gemma Sullivan

      Es war still. Kein Knall, kein erdbebengleiches Poltern.. nichts. Erst als Gemma eine dunkle Stimme wahrnahm, öffnete die rothaarige Hexe langsam ein Auge. Ängstlich vor dem, was sie erblicken würde, sah sie vorsichtig auf. In all den Büchern und Schriften zu Dämonen gab es unzählige Beschreibungen und Zeichnungen, die das Aussehen der höllischen Kreaturen darstellten. Mit Hörnern, spitzen Zähnen, langen Krallen, einem unförmigen Körper - aber das war nicht was die junge Frau erspähte. Vor ihr inmitten des Beschwörungskreises stand ein weißhaariger, junger Mann. Mit blasser Haut, die fast durchsichtig wirkte, und roten Augen, welche wie Rubine ihr entgegen starrten. Die hellen Haare umrahmten das schmale Gesicht und fielen ihm über die breiten Schultern, wie fließendes Silber. In einem maßgeschneiderten Anzug stand er ihr gegenüber. Und trotz seiner durchdringenden Stimme konnte er die Hexe nicht aus ihrer Starre holen. Hatte Gemma irgendetwas falsch gemacht? Sie verstand nicht wovon er redete und wer ER überhaupt war? Sie hatte doch einen Dämon beschworen und jetzt stand ihr gegenüber plötzlich ein attraktiver Mann. Sie hatte ihr anderes Lid geöffnet und musterte den Fremden eindringlich mit ihren leuchtend grünen Augen. Ihr blieben die Worte trocken in der Kehle stecken. Erst als er Anstalt machte einen Schritt auf die junge Hexe zu zumachen, schüttelte sie die erschrockene Starre von sich und sprang vom Boden auf. Erst einen Atemzug später bemerkte sie, dass er sich garnicht auf sie zu bewegen konnte. Der Beschwörungskreis hielt ihn fest an Ort und Stelle, wie unsichtbare Ketten, die um ihn gelegt waren. Das war auch der Moment, in dem die Rothaarige endlich realisierte, dass sich vor ihr tatsächlich ein Dämon befand. Anscheinend wurde in dem Moment auch ihrem gegenüber klar, was dieser unscheinbaren Hexe gerade erfolgreich gelungen war.

      „Danke danke danke Kosmos“, äußerte sie mit einem erleichterten Seufzen und ein breites Lächeln zeichnete sich im Kerzenschein auf ihren rötlichen Lippen. Aufgeregt tippelte sie von einem auf den anderen Fuß, wobei die Absätze ihrer Stiefeletten auf dem steinernen Boden wiederhallten. „Ich hatte ja fast schon gedacht, ich hätte irgendwas anderes wie einen Incubus beschworen“, erklärte sie säuselnd vor Freude und geriet dabei beinahe in ein freudiges Quietschen. Sie zog entzückt die Schultern in ihrem weißen, mit Spitze besetzten Oberteil bis hoch zu den Ohren. In Ekstase, das die Beschwörung überhaupt geklappt hatte, vergas Gemma ganz, dass sie eben nicht einfach einem anderen Menschen gegenüber stand. Vor allem ihre schmerzende und blutende Hand erinnerte sie daran, welche sie in den Stoff ihres langen, mossgrünen Rockes drückte. „Ah oh Jupiter, da war ja was“, rief sie erschrocken aus, als ihre Freude von der Realität eingeholt wurde. Große grüne Augen starrten dem Weißhaarigen entgegen, bevor sie unsicher ausrief: „Ich habe dich beschworen Dämon! Von nun an bist du an mich gebunden, musst mir gehorchen und meine Wünsche erfüllen!“ War das so richtig? Die junge Hexe hatte nur gelesen, dass man dem infernalen Wesen deutlich machen musste, dass man aneinander gebunden war und es gehorchen musste.
      ☀︎ Live by the sun
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    • Kadir glaubte nicht, was er da gerade hörte. Die impertinente Anmaßung, dass sie, eine mittelmäßige Hexe, ihm Befehle erteilen wollte, ließ die blutroten Augen empört aufleuchten. Seit Jahrhunderten hatte es kein Sterblicher mehr gewagt, ihn mit einer Beschwörung zu rufen und ausgerechnet eine Hexe mit einer kaum nennenswerten Aura, wagte es ein Bindungsritual auszusprechen. Es hätte ihr gar nicht gelingen dürfen. Jegliche Furcht verschwand mit einem Schlag aus dem hübschen Gesicht, als sie aufgeregt und in heller Begeisterung über ihr Werk von einem Fuß auf den anderen Fuß hüpfte. Und hübsch anzusehen war die junge Hexe, immerhin besaß Kadir zwei hervorragende Augen. Unter anderen Umständen, hätte ihn diese kuriose Situation vermutlich amüsiert, aber nicht an diesem Abend. Ein dumpfes, ganz und gar unmenschliches Grollen bahnte sich den Weg durch seine Kehle, doch bevor er seinem Unmut Luft machen konnte, straffte die Frau ihre Schultern und zeigte triumphierend mit dem Finger auf ihn. Wie unhöflich.

      „Ich habe Dich beschworen Dämon! Von nun an bist Du an mich gebunden, musst mir gehorchen und meine Wünsche erfüllen!“, erklang es inbrünstig und voller Überzeugung. Eine bedeutungsvolle Stille legte sich über die Atmosphäre in dem beengten und chaotischen Hexenkeller. Für einen flüchtigen Augenblick erweckte Kadir den Eindruck, als wollte er ihre unverschämte Forderung nicht mit einer Antwort würdigen. Dann stieß der Dämon plötzlich ein Schnauben aus, das auf halben Weg über seine Lippen ins Stocken geriet und eher an eine eigentümliche Mischung aus ersticktem Lachen und einem wenig vornehmen Grunzen erinnerte. Kadir schüttelte den Kopf, wobei die Rubine an den silbrigen Ohrringen das flackernde Licht der Kerzen reflektierten. Durch einen Kranz aus unverschämt langen, geschwungenen Wimpern sah er die Hexe an.

      „Wünsche? Sehe ich für Dich aus wie ein Flaschengeist?“, raunte Kadir trocken. „Weißt du überhaupt, was es bedeutet einen Dämon zu beschwören? Ein Dämon ist kein Dschinni, Mädchen. Wir warten nicht in einer angestaubten Öllampe brav darauf, einem neuen Meister zu dienen. Wir erwarten eine Bezahlung für unsere Dienste. Einen Preis, den der Dämon festlegt.“

      Er bluffte, aber er tat dies äußerst glaubwürdig. Zumindest war Kadir davon sehr überzeugt und beobachtete nun doch mit einem dezenten, amüsierten Funkeln wie sich die Zahnräder hinter ihrer Stirn in Bewegung setzten. Die Hexe schien nicht die leiseste Ahnung davon zu haben, wen sie da beschwört hatte, noch wie ihr kleines, zugegeben sehr wirksames Bindungsritual überhaupt funktionierte. Kadir hatte nicht vor, dieses Missverständnis all zu schnell aus dem Weg zu räumen. Stattdessen näherte er sich der Rothaarigen so weit, wie es der mit Kreide gemalte Zirkel zuließ. Die Frau verströmte mit jeder Pore die Unsicherheit, die sie so sehr zu überspielen versuchte. Also entspannte Kadir die Muskeln ins seinem Gesicht. Die Zornesfalten zwischen seinen Augen verschwanden und seine Mundwinkel zuckten in die Höhe. Das Lächeln entblößte keine versteckten Reißzähne, sondern zwei Reihen vollkommen gewöhnlicher, weißer Zähne. Es war die Art von charmantem Lächeln, bei dem es selbst den Succubi im ‚Eden‘ die Schamesröte ins Gesicht trieb.

      „Ein Dämon erfüllt keine Wünsche“, betonte Kadir nachdrücklich. „Das würde bedeuten, dass wir nichts dafür bekommen und das ist mehr als…unbefriedigend.“ Eindringlich ruhte sein glühender Blick auf ihr während das letzte Wort geradezu anzüglich über seine Zunge rollte und damit jedes anständige Fräulein der letzten paar Jahrhunderten in die Flucht geschlagen hätte.
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    • Gemma Sullivan

      Die rothaarige Hexe zuckte kurz zusammen, als der Dämon ihr gegenüber lediglich ein Schnauben als Antwort ausstieß, das sich langsam zu einem Lachen wandelte. Sie verstand nicht ganz. Gemma hatte so viele Bücher über die Beschwörung von Dämonen gelesen, sich so viel dazu informiert. Hatte sie irgendwie eine wesentliche Information überlesen? „Wir erwarten eine Bezahlung für unsere Dienste. Einen Preis, den der Dämon festlegt“, hallten die Worte in seiner rauchigen Stimme in ihrem Kopf nach. Verzweifelt versuchte sich die junge Hexe zu erinnern, ob sie irgendwas dergleichen gelesen hatte - denn einfach wegzaubern konnte sie den Dämon nun auch nicht. Sie wusste ja nichtmal wieso die Beschwörung so reibungslos funktioniert hatte. Offensichtlich amüsierte Gemmas Ahnungslosigkeit ihren Gegenüber, es zeichnete sich in dem Funkeln seiner Augen und in dem wie seine Mundwinkel belustigt zuckten.

      Unerwartet schnell kam er der jungen Frau so nah, wie es der Beschwörungskreis zuließ. Gemma nahm den Geruch von Whiskey war, während er ihr die Hitze in den Wangen aufsteigen ließ. Fast so rot wie ihre Haare, färbte sich die Haut um ihre Nase bis hoch zu den Ohren. Die blutroten Augen ruhten auf der schambehafteten Hexe, die vorsichtig zwei Schritte nach hinten stolperte und dabei gegen ein Buch auf dem Boden stieß. „Ich..“, fing die junge Frau an zu stottern, doch wusste sie nicht so recht was sie dem ein Kopf größeren Dämon entgegenzusetzen hatte. Ihre grünen Augen sahen sich hilflos in dem kleinen Keller um, bis das Buch zu ihren Füßen in ihren Blick geriet. Sie hob es schnell mit beiden Händen hoch und blätterte demonstrativ darin, bis sie die Seite fand, die sie auch schon zuvor aufgeschlagen hatte. „Hier.. stand nichts davon das ich irgendeinen Preis zahlen muss!“, bemängelte sie, noch immer mit hochroten Wangen und die rötlichen Lippen zu einem schmalen Schmollmund gezogen. Sie hielt ihm die vergilbten, unleserlichen Seiten entgegen, darauf bedacht einen gewissen Abstand zu dem hochgewachsenen Mann und dem Beschwörungskreis zu halten, der ihn offensichtlich in Schach zu halten schien.
      Demonstrativ hielt sie neben das Buch ihre blutige Hand hin und schnaubte. „Ich hab schließlich auch für das Ritual mein Blut hergeben müssen“, protestierte die Rothaarige, überzeugt davon im Recht zu sein, „Irgendwo hätte das ja stehen können, wenn ich noch etwas von mir hergeben müsste.“ Dabei war sie darauf erpicht es nicht so anzüglich wie der Dämon ihr gegenüber zu formulieren und ihm damit wieder direkt in die Hände zu spielen.
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    • Den Dämon kostete es wenig Mühe die vergnügten Gedanken beim Anblick ihrer erröteten Wangen hinter einer perfektionierten Maske zu verstecken. Wie erwartet, wich die Hexe zurück und brachte einen gewissen Sicherheitsabstand zwischen sich und den fremden Mann, dessen Verhalten ihr ganz und gar nicht geheuer war. Kadir unterdrückte ein amüsiertes Grinsen, als sie dabei fast über die am Boden verstreuten Bücher stolperte. Er sah genau, in welchem Moment es in ihren Gedanken ‚Klick‘ machte. Kluges Mädchen, dachte Kadir. Langsam richtete er sich wieder auf, als sie eilig das Buch mit den Beschwörungsformeln vom Boden klaubte und hektisch durch die Seiten blätterte. Der Einband sah alt und abgegriffen auf. Es würde Kadir nicht wundern, wenn kaum ein Absatz darin noch vollständig lesbar war und darin lag vermutlich auch der verhängnisvolle Fehler.

      „Es gibt immer einen Preis, kleine Hexe“, widersprach Kadir wissend. Seine Mundwinkel zuckten beim Anblick ihres niedlichen Schmollmundes, doch er zwang seine Aufmerksamkeit auf die vergilbten Buchseiten, die sie ihm unter die Nase hielt. Flüchtig überflog er die verblassten Zeilen, die kaum zu entziffern waren. Bruchstückhaft ließ sich mit gutem Willen noch eine Beschreibung der Beschwörung erahnen. Entweder war sie trotz des ersten Eindruckes sehr begabt oder hatte in diesem Fall unverschämtes Glück gehabt. Ein falsches Symbol, eine Linie nicht korrekt gesetzt und die Hexe hätte sich selbst in den nächstbesten Höllenkreis geschickt. Als sie ihre Hand neben das aufgeklappte Buch hielt, erfüllte der metallische und schwere Geruch von Blut seine Nase. Sie hatte nicht sonderlich tief geschnitten, aber es blutete trotzdem höllisch.

      „Das war die Voraussetzung, nicht der Preis“, korrigierte er. Kadir hob die Hand und deutete mit einem langen Finger zu einer verschmierten Passage im unteren Teil der linken Seite. „Der Hinweis stand vermutlich irgendwo…“ Er machte eine kleine Show daraus und ließ suchend den Finger kreisen. „…hier.“

      Kadir konnte in den winzigen Regungen in ihrem Gesicht sehen, dass die junge Hexe ihm auf der Stelle wiedersprechen wollte. Bevor das geschah streckte er seine Hand innerhalb des unsichtbaren Gefängnisses aus. Dabei richtete er die Handfläche einladend nach oben, als wollte er sie zum Tanz auffordern. Er reizte die Nähe zur Barriere aus bis die Kreidelinien am Boden leicht glühten und flimmerten.

      „Gib mir deine Hand“, forderte er und neigte den Kopf ein winziges Stück zur Seite, als sie ihn mit größter Skepsis ansah. „Kein Grund zu Sorge, nicht wahr? Immerhin kann ich Deinen Bannkreis nicht verlassen.“
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    • Gemma Sullivan

      Ungeduldig sah Gemma zu, wie seine roten Iriden über die altertümlichen Buchseiten wanderten. Offensichtlich tat er sich genauso schwer damit, die unleserlichen Buchstaben zu verständlichen Worten und Sätzen zusammen zu basteln. Dennoch zeichnete sich eine unverkennbare Selbstsicherheit in dem Gesicht des Dämons wieder als er die junge Frau in ihrer Annahme korrigierte. Überrascht dreht sie das abgenutzte Buch sich selbst zu, um die von ihm markierte Stelle zu studieren. Man konnte kaum noch die Schrift erkennen, geschweige denn, was der Inhalt dieser Zeilen war.

      Aufgebracht blickte die sture Rothaarige zu dem Dämon auf und wollte ihren Einwand darlegen. Aber ihr Gegenüber schien keinerlei Interesse an ihrem Einspruch zu haben. Stattdessen hielt er ihr in einer aufrichtigen und einladenden Geste seine große, feingliedrige Hand entgegen. Mit einer hochgezogenen Augenbraue, sah sie zwischen ihm direkt in die Augen. „Gib mir deine Hand“, forderte seine rauchige Stimme die Hexe auf, ihm Vertrauen zu schenken, wo noch keins vorhanden war.

      Zwischen ihnen flackerte der Beschwörungskreis warnend auf. Er konnte wirklich nicht weiter, als die Linien auf dem Boden es zuließen. Unsicher biss sie sich auf die Innenseite der Wange und zog die Augenbrauen in Falten. Sie musterte den Mann vor sich, wie er den Kopf leicht schief legte und ihm dabei die langen silbernen Strähnen über die Schulter fielen. Unsicher ging sie einen Schritt auf ihn zu, mit der Spitze ihrer Stiefeletten war sie nun direkt an der glühenden Grenze zu dem aus Kreide gezogenen Kreis. Ihre verletzte Hand war nicht weiter als zehn Zentimeter von seiner entfernt. Die andere umklammerte fest das Buch, welches sie offensichtlich nicht ausreichend darüber informiert hatte, was man tat wenn der Dämon erfolgreich beschworen war.

      „Keine blöden Tricks“, entgegnete die junge Hexe ihm streng und legte zögerlich die blutende Hand in seine. Ihre hellgrünen Augen konnten sich dabei kaum entscheiden ob sie ihn ansehen, oder doch lieber wegschauen sollten, aus Angst was als nächstes passieren würde. Schenkte sie wirklich einem Dämon ihr Vertrauen?
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    • "Versprochen", raunte Kadir.
      Ein unangenehmes Zwicken in seinem Hinterkopf machte sich bemerkbar. Um seinen Hals spürte Kadir ein schwaches Brennen, wie das Echo eines leicht erhitzten Drahtes, der sie langsam um seine Kehle zuzog. Er wusste, das ihre Worte dieses Phänomen auslösten. Trotz der Strenge in ihren Worten, war es mehr eine Ermahnung als ein unmissverständlicher Befehl gewesen und da lag das kleine, aber ausreichende Schlupfloch. Das Glück war auf seiner Seite, dank eines alten Buches, zu dem die Zeit nicht gnädig gewesen war und einer offensichtlich ahnungslosen Hexe. Der Dämon zauberte ein vertrauenswürdiges Lächeln auf seine Lippen, damit sie auch die letzten Zentimeter endlich überwand. Die Hand der Hexe sah klein und zart in seiner viel größeren aus, als er seine langen, feingliedrigen Finger darum schloss. Es war so still, dass Kadir das leise Knistern der Kerzen vernahm, deren Docht langsam aber stetig hinab brannte.

      Mit einem plötzlichen Ruck zog er die zierliche, junge Frau nach vorn in den Beschwörungskreis. Es war spielend leicht das Momentum der unerwarteten Bewegung auszunutzen und innerhalb eines Wimpernschlages hatte er die Hexe um die eigene Achse gewirbelt, bis ihre Rücken gegen seine Brust prallte. Geschickt griff er nach ihrem freien Handgelenk und drückte ihren Arm fest gegen ihren Oberkörper, damit sie nicht versuchen konnte aus Reflex nach ihm zu schlagen. Die blutige Hand hielt er ausgestreckt nach vorn, bis der Schnitt über den Kreidelinien schwebte. Kadir lauschte ihrer beschleunigten Atmung. Er spürte, wie sich ihre Rücken beim Einatmen gegen seine Brust drückte. Sie war warm und so, so zerbrechlich in seinem Halt.

      "Die Beschwörung eines Dämon ist ein Vertrag", erklang die rauchige Stimme in ihrem Rücken. Kadir neigte den Kopf, bis sein Kinn wenige Millimeter über ihrer Schulter verharrte. Er klang amüsiert. "Leider begehen viele den Fehler, das Kleingedruckte nicht zu lesen. Ich kann deinen kleinen Bannkreis nicht verlassen, aber du kannst eintreten."

      Kadir beäugte den Blutstropfen, der für ein paar Sekunden der Schwerkraft trotzte bis er zu Boden tropfte. Weiteres Blut folgte und benetzte die weißen Kreidelinien, die ihn einsperrten. Erstaunlich, wie es etwas so Simples einen Dämon wie ihn halten konnte. Allmählich löste die blutrote Flüssigkeit die weiße Kreide auf und bis die Linien langsam verschwammen. Die Magie über dem Bannkreis schwand.

      "Ich bitte um Verzeihung. Gewöhnlich stehe ich zu meinem Wort als Gentleman", murmelte er nah an ihrem Ohr.
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      Unerwartet zog der Dämon die rothaarige Hexe an ihrer Hand zu sich in den Beschwörungskreis. Schmerzgeplagt kniff sie ihre hellgrünen Augen zu und zog die Augenbrauen in Falten. Unsanft prallte sie gegen die breite Brust des weißhaarigen Mannes und wurde von ihm in dieser Position fixiert. Sie versuchte ihren Arm aus seinem Griff zu befreien, mit den Füßen strampelnd nach ihm zu treten, doch die zierliche Frau hatte keinerlei Chance gegen ihn. Stattdessen war sie gezwungen schwer atmend seine amüsierte Stimme in ihrem Ohr widerhallen zu hören.
      Sie spürte wie er ihre verletzte Hand in der Luft positionierte, weswegen sie vorsichtig ein Auge langsam öffnete. Wie in Zeitlupe tropfte das Blut von ihrer Handfläche und verfärbte die Kreidelinien auf dem steinernen Boden in ein dunkles rot. Der eiserne Geruch ihres Blutes lag in der Luft, während es sich in die Ritzen des Untergrunds zog und das magische Flimmern ihres Bannkreises erlosch. Und damit auch ihre naive Fröhlichkeit, die sie bis jetzt an den Tag gelegt hatte.

      Seine rauchige Stimme nah an ihrem Ohr, die geflüsterten Worte selbst und das bedrängende Gefühl nicht mehr richtig atmen zu können, reizten das letzte bisschen in Gemma. Noch einmal versuchte sie sich aus dem festen Griff des Dämons zu lösen. Zuerst schaffte sie es ihre blutverschmierte Hand seiner zu entziehen, bevor sie versuchte seinen Griff um ihr anderes Handgelenk zu lösen. „Ich verzeih dir garnichts!“, schrie sie wütend in die Dunkelheit des kleinen Hexenkellers. Bei ihren ruckartigen und verzweifelten Bewegungen fingen die Kerzen um sie herum an mit zu flimmern. „Jetzt lass mich los, du tust mir weh!“, befahl sie aufgebracht und zog noch einmal an seiner Hand, die ihren Arm fest umklammerte. Ein beißender Schmerz durchfuhr den Körper der zierlichen Hexe, jedes Mal, wenn sie versuchte mit ihrer verletzten Hand zu greifen oder Druck auszuüben.
      Aus dem restriktiven Griff endlich erlöst, fuhr Gemma auf ihrem Absatz um die eigene Achse und drehte sich damit aufgebracht zu dem Dämon. Die schwungvolle Bewegung sorgte dafür, dass vereinzelt die runtergebrannten Kerzen ausgingen, wodurch der Raum noch viel düsterer wirkte. „Sollte ein Dämon nicht der Person gehorchen müssen, die ihn beschworen hat?!“, kamen ihr die Worte über die roten Lippen gestolpert, während ihre Wangen rot vor Zorn wurden. In dem schmalen Kerzenschein wirkten seine roten Augen noch viel bedrohlicher, als zuvor. Sie leuchteten ihr fast schon gefährlich entgegen. Das Licht von unten hob seine hohen Wangenknochen und seinen markanten Kiefer hervor. So hatte sich Gemma das ganze nicht vorgestellt. Sie dachte sie beschwört einen Dämon, der würde ihr brav zuhören und alles würde schon gut gehen. Aber das hier war eine Katastrophe. Schmerzgeplagt drückte sie ihre Hand in den Stoff ihres langen Rockes. Was sollte sie denn jetzt machen?
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    • Endlich, die erdrückende Magie und das Gefühl der unsichtbaren Ketten um seinen Leib erlosch. Mit der Erkenntnis begann auch die Hexe in seinen Armen sich heftig zu wehren. Nachsichtig lockerte Kadir den festen Halt, denn er empfand keine Freude darin ihr unnötige Schmerzen zu bereiten. Das Einzige, das der Dämon sich wünschte, war diesen beengten Keller schnellstmöglich zu verlassen. Der wütende Schrei klingelte in seinen empfindlichen Ohren, während sie unentwegt mit den Beinen strampelte. Kadir spürte die Fingernägel, die über seinen Arm kratzten um sich endgültig zu befreien, durch die Ärmel seines Sakkos. Die kleine Hexe entpuppte sich als echte Wildkatze.

      „Jetzt lass mich los, du tust mir weh!“
      Kadir unterdrückte ein widerwilliges Zischen, als das unangenehme Zwicken zu einem pochenden Kopfschmerz anwuchs. Die unsichtbare Schlinge um seinen Hals, unnachgiebig wie glühendes Eisen, zog sich zu. Sie schnürte ihm die Luft ab. Unbeabsichtigt hatte die Hexe die Worte mit der richtigen Intention gesprochen. Kadir gab die erboste Frau frei. Es spielte keine Rolle, denn er hätte sie sowieso bald losgelassen. Im dämmrigen Licht der Kerzen huschte ein flüchtiger Hauch von Verärgerung und Fassungslosigkeit über sein Gesicht. Kadir benötigte lediglich den Bruchteil einer Sekunde, um seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle zu bekommen und widerstand dem Drang, sich an den Hals zu fassen. Das Brennen ließ nach, als sie zu ihm herum wirbelte. Kadir trat aus dem Beschwörungskreis heraus und näherte sich vielleicht zur Verwunderung der Hexe nicht ihr, sondern einem der voll gestopften Bücherregale. Aus dem Augenwinkel warf er ihr einen wissenden Blick zu.

      „Sollte ein Dämon nicht der Person gehorchen müssen, die ihn beschworen hat?!“, hörte er fassungslos aus ihrem Mund.
      "Sollte er, wenn der Beschwörende weiß wie", antwortete Kadir. "Du weißt nicht einmal, welchen Dämon du beschworen hast, nicht wahr? Dein Blick hat Dich verraten. Ich bin nicht das, was du erwartet hast."

      Kadir drehte sich halb zu ihr um und deutete anschließend auf den zerstörten Bannkreis. "Weißt du überhaupt, was für eine Beschwörung das ist, kleine Hexe? Ich habe nicht gelogen, als ich sagte, dass es einen Preis gibt und der ist höher, als du vielleicht ahnst. Du hast uns da ganz schön was eingebrockt, Liebes."
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Gemma Sullivan

      Zornig betrachtete sie den Dämon, wie er sich in ihrem Keller umsah, als hätte sie ihn einfach nur hierher eingeladen. Die feurige Hexe verschränkte die Arme vor der Brust und zog die Augenbrauen zu einem bösen Blick. „Du weißt nicht einmal, welchen Dämon du beschworen hast, nicht wahr?“, hallte seine Stimme erbarmungslos von den vollgestellten Wänden wieder. Mit jedem weiteren Wort zeigte er Gemma wie wenig sie eigentlich wusste, über das was sie hier gerade vollbracht hatte. Damit hatte er vollkommen recht. Aber hatte sie nicht gezeigt, dass sie selbst ohne dieses Wissen es erfolgreich geschafft hatte?

      „Spielt es überhaupt eine Rolle wer oder was du bist?“, fragte sie gereizt und ihre Stimme klang dabei so unerträglich wie Nägel auf einer Tafel. Sie hatte keine Lust mehr zu spielen, über einen ominösen Preis zu diskutieren oder sich noch länger anzuhören, wie wenig sie doch eigentlich wusste. „Wenn selbst ich es hinbekommen konnte, dich zu beschwören, kannst du ja nicht besonders sein“, meinte sie abschätzig und ging langsam auf die Treppe des Kellers zu. Die Luft in der kleinen Hexenkammer war stickig und voll mit aufgeladener Energie. Jedes Mal, wenn die Rothaarige emotional wurde, dann war sie nur ein Bündel bestehend aus magischem Potenzial. Sie würde noch ungewollt etwas kaputt machen, wenn sie hier weiter mit ihm verweilen würde. Sie brauchte Luft und Platz.
      Ihr Fuß ruhte auf der ersten Stufe, etwas Stoff vom Saum ihres Rockes hatte sie um die Hand gewickelt. Die zierliche Hexe blickte düster über die Schulter zu dem Dämon. „Erzähl mir was der Preis ist“, befahl sie streng, unwissend ob es wirklich darauf ankam, wie sie ihre Befehle formulierte, „Sonst bleibst du für immer hier unten.“ Sie hatte Schmerzen und war zornig. Beides sprach in einem giftigen Unterton aus ihr, den sie normalerweise nicht von sich selbst kannte. Aber ihr war es egal was dieser Dämon von ihr denken würde, nachdem er sie so in die Falle gelockt hatte und über sie sprach, als wäre sie ein unwissendes Kind.
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    • "Autsch." Mit gespielter Empörung fasste Kadir sich an dir Brust und schenkte der Hexe dabei einen ebenso gestellten, entrüsteten Blick. Dabei fühlte sich der Dämon durch die gereizte Aussage nicht wirklich gekränkt. Er erwartete von eine Menschen kein anderes Benehmen und er hatte in den letzten Jahrhunderten aus gutem Grund dafür gesorgt, dass sein Name nicht in allen finsteren Ecken von Dublin geflüstert wurde. Er war nicht immer hier gewesen, an diesem Ort, aber das war eine andere Geschichte.

      Kadir wandte sich wieder den Büchern zu, die ihn scheinbar mehr interessierten als die wütende Hexe. Sie entfernte sich. Der Zug war eine dezente Empfindung, die sich auf diese lächerlich kurze Distanz noch leicht ignorieren ließ. Allerdings weckte nun etwas gänzlich anderes seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Obwohl der Dämon ihr wieder den Rücken zukehrte, spürte eine Veränderung in der kleinen Hexenkammer. Die Luft hatte sich mit Energie aufgeladen, was eindeutig nicht an der gereizte Stimmung lag. Die Spannung war greifbar und prickelte auf seiner Haut. Die Quelle war für Kadir schnell gefunden, denn eine Aura schwer zu kontrollierender und unerwartet starker Magie umgab die Frau, die gerade die Treppe hinauf stapfte. Eine seiner Augenbrauen schoss ungesehen und fragend in die Höhe.

      Bewusst zögerte er die gewünschte, nein, die geforderte Antwort hinaus. Bedächtig näherte sich Kadir dem Fuß der schmalen Treppe in der Hoffnung, die glühende Schlinge um seinen Hals zu lockern. Kadir legte den Kopf etwas in den Nacken, um zum Ende der Treppe zu spähen. Warmes Licht drang durch den geöffneten Türspalt in den Keller. Ein sanfter Luftzug trug den Duft von Räucherstäbchen, Kerzen und noch mehr Büchern hinein. Seine Nasenflügel zuckten, als er tief einatmete. Sandelholz. Er wählte die Worte mit Bedacht und in einer Form, die ihre Aufforderung zuließ, noch immer mehr Forderung als Befehl doch mit mehr Überzeugung.

      "Du bist an mich gebunden, wie ich an dich", antwortete Kadir wage in dem Bewusstsein, dass sie sich damit nicht zufrieden geben würde. Er leckte sich über die Lippen, jonglierte die Worte in seiner Vorstellung, fügte Teile hinzu, ordnete neu und verwarf. Die geraunten Silben erschienen das erste Mal ein wenig mühselig. "Diese Verbindung verläuft in zwei Richtungen. Das war keine gewöhnliche Beschwörungsformel für einen simplen Pakt und das hat... unerfreuliche Konsequenzen."

      Sie hatte ihm nicht befohlen im Keller zu warten, also nahm auch Kadir die knarzenden Stufen nach oben. Er musste den Kopf einziehen, um beim Aufstieg nicht mit dem Kopf an die niedrige Decke zu stoßen. Zwei Stufen unter der Hexe hielt er inne und sah sie mit glühenden Augen an, die das Licht aus den oberen Räumen reflektierten. In seinem schicken, dreiteiligen Anzug wirkte Kadir in dem schmalen Treppenaufgang zum Hexenkeller vollkommen deplatziert.

      "Wird die Hexe, die mich von meinem verdienten Drink und sehr, sehr ansprechender Gesellschaft abhält, mir noch ihren Namen verraten?"
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      Gemma Sullivan

      Sie lauschte aufmerksam, aber ungeduldig, seinen Worten. Sie wirkten gedehnt und schwerfällig, als ob er sehr lange nachdachte, wie er seine Antwort formulieren sollte. Das reizte die Rothaarige umso mehr. Es war offensichtlich, dass er nicht mit der Wahrheit rausrücken wollte. Aber konnte sie auch irgendwas anderes von einem Dämon erwarten?
      „Wird die Hexe, die mich von meinem verdienten Drink und sehr, sehr ansprechender Gesellschaft abhält, mir noch ihren Namen verraten?“ Ihre Absätze kamen stampfend auf der letzten Treppenstufe zum Halt und sie drehte sich zu ihm um. Der silberhaarige Mann, der mit seinen leuchtend roten Augen zu ihr empor sah, wirkte völlig fehl am Platz zwischen den steinernen Wänden und Spinnenweben. Mit seinem teuren Anzug, dem funkelndem Schmuck und allein seiner Körpergröße. Er hielt sich mit dem Kopf geduckt, um nicht an der Decke des Treppenaufstiegs anzustoßen, während Gemma ohne Probleme gerade stehen konnte. Alles an ihm rief, dass er nicht hier her gehörte. Vielleicht war das auch gut so, dann würde er ihr deutlich schneller verraten wie sie ihn wieder los werden konnte - sobald sie das erreichte was ihr wichtig war.

      „Gemma“, antwortete sie knapp und ihr Gesicht war gezeichnet von der Wut, die sie auf diesen Dämon empfand. „Erfahr ich auch deinen Namen oder willst du den für dich behalten, wie alle anderen Infos über diesen Pakt?“, fragte sie giftig nach und erinnerte dabei fast schon an einen Chihuahua mit ihrer zierlichen Statur. Grantig drehte sie sich zur hölzernen Tür und zog diese auf, bevor sie in ihren Laden eintrat. Im Gegensatz zu ihrem kleinen Hexenkeller, war hier der Boden aus warmen, altem Holz. Die Decke zierten breite Balken aus Eiche, die von der Zeit gezeichnet waren. Aber ganz ähnlich zu dem Keller wirkte hier auch alles, als ob es keinerlei Regel unterlag, wo was zu sein hatte. Die Verkaufsregale waren vollgestellt mit allem möglichen an Krimskrams. Auf dem Boden standen Körbe verteilt mit Kräutern, Steinen und anderen Zutaten, die man zum Zaubern gebrauchen könnte. Von der Decke hingen drei kleinere Lampen, die aus Metall geformte Sterne darstellen sollten. Diese waren auch die einzige Lichtquelle im Raum, denn die Sonne war schon lange untergegangen und statt den warmen Sonnenstrahlen, schien nur noch seichter Mondschein durch die zugezogenen Vorhänge. Die rothaarige Hexe lehnte sich mit einem frustrierten Seufzen gegen die Verkaufstheke ihres Ladens. Über ihrem Kopf baumelte ein kleines Schild mit den eingebrannten Worten Witch Way Out.

      „Wenn wir zwei irgendwie zusammen auskommen sollen, musst du mir mehr zu dem Pakt erzählen“, kam es Gemma genervt über die Lippen und sie verschränkte dabei die Arme vor der Brust, „vor allem welche Konsequenzen es hat.“ In der Hoffnung ihn so dazu bewegen zu können, etwas mehr Wissen zu dieser Situation preiszugeben, sah sie ihn abwartend an. Die roten Wellen hingen ihr zerzaust über die Schultern nach vorne und in dem blutverschmierten Rock konnte man die zierliche Frau fast schon als bedrohlich wahrnehmen. Aber eben auch nur fast.
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      "Gemma", bekam er die schnippische Antwort.
      Die Frage ignoriert der Dämon ein zweites Mal, denn er war für einen Moment zu sehr damit beschäftigt, seine Gesichtszüge so neutral wie möglich zu halten. Es kostete Kadir einiges an Selbstbeherrschung beim Anblick der zierlichen aber sehr verärgerten Frau ein Grinsen zu unterdrücken. Dabei war die Lage, in der sie sich nun Dank ihrer Beschwörung befanden, keineswegs zum Lachen. Andererseits bereitete es ihm zu seiner eigenen Verwunderung ein unheimlichen Vergnügen die Hexe, Gemma, ein wenig zu piesacken. Kadir war weder freiwillig hier noch bereit dazu, den braven Schoßhund zu spielen. Bedauerlicherweise hatte sie in einem Punkt Recht: Sie würden für eine unbestimmte Zeit miteinander auskommen müssen, bis er einen Weg gefunden hatte, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Er hatte sicherlich nicht vor für die weltlichen Belange einer Hexe bei Fuß zu stehen.

      Die Räumlichkeiten im Erdgeschoss entpuppten sich als ein kleines Juwel für allerlei Nützliches, dass Hexen und magisch begabte Wesen benötigten. Die Regale des Ladens, wie Kadir vermutete, quollen über mit Räucherstäbchen, Kerzen, Pülverchen, Talismanen, Kräutern und natürlich...Büchern. Trotz des allgegenwärtigen Chaos strahlte der Raum im Gegensatz zum Hexenkeller eine einladende Gemütlichkeit aus. Auch Menschliche ohne die Gabe des Dritten Auges oder jeglichen Wissens über die verborgene Welt, die sich direkt vor ihrer Nase befand, würden hier auf ihre Kosten kommen. Neugierde und Faszination würde sie über die Türschwelle locken und in eine fremde Welt entführen um ein außergewöhnliches Souvenir zu erwerben. Schweigend schlenderte Kadir durch die den Verkaufsraum und fuhr mit der Spitze seines Zeigefingers über die Buchrücken. Keines davon war nach Autor, Alphabet, Größe oder gar Thema sortiert. Er hatte das untrügliche Gefühl, dass Gemma haargenau wusste, wo sich welcher Artikel in ihrem Laden befand ohne groß darüber nachdenken zu müssen. Kadir verharrte vor einer kleinen Skulptur, die zwischen die Bücher gequetscht worden war und irgendwann mal, als Buchstütze gedient hatte. Die Bücher standen so eng, dass sie ihre verstaubte Stütze nicht vermissen würden. Vorsichtig zog er das Gebilde hervor und pustete beinahe sanft den Staub von der glatten Oberfläche. Die Skulptur war schwer, aus Bronze und schimmerte dezent im Licht der Sternenlampen über seinem Kopf.

      Mit dem Fundstück trat Kadir zurück zu Gemma. Auf seiner ausgestreckten Handfläche befand sich auf den ersten Blick die detaillierte Nachbildung einer Schlange. Wer genauer hinsah, erkannte die stilisierten Wellen am Sockel, die an eine aufgewühlte See erinnerten. Der Kopf war nicht glatt der einer simplen Schlange, denn es ragten in sich gedrehte Hörner aus dem Schädel hervor. Das Geschöpf hatte das Maul weit aufgerissen und entblößte einen Kiefer voller spitzer Zähne. Zacken überzogen den gesamten Rücken, die Wirbelsäule entlang bis zur Schweifspitze. Die Heckflosse war gespalten und am vorderen Teil des Leibes war ein weiteres Flossenpaar zu sehen, ähnlich den Brustflossen eines Hai. Eine einfache Darstellung, wie Kadir befand und seinem sagenumwobenen Vorbild nicht gerecht wurde.

      "Du weißt es wirklich nicht", stellte Kadir fest. "In der Sprache der Menschen lautet mein Name Kadir." Er wartete geduldig ab, ob sich ihrer Miene ein Funken von Erkenntnis zeigte, fuhr aber fort um ihre Frage endlich zu beantworte. "Deine Beschwörung war ein Bindungsritual kein simpler Pakt, Gemma, ein sehr Gefährliches noch dazu. Es verleiht dir die Fähigkeit über meine Kräfte zu verfügen. Nur ist die Macht eines Dämons wie mir nicht für Menschen gemacht. Auch nicht für Hexen. Sie ist zu stark um von einem sterblichen Körper lange gehalten zu werden. Über kurz oder lange wird dich diese Macht dein Lebensenergie aufzehren. Das ist der Preis, aber nicht der einzige Haken. Du hast uns sinnbildlich aneinander gekettet. Wird einem von uns Schaden zugefügt, spürt das sein Gegenstück."

      Er musterte noch einmal die kleine Skulptur ehe er sie auf dem Verkaufstresen abstellte. Die Augen der Seeschlange schienen ihn höhnisch anzufunkeln. "Das unfaire an einem Bindungsritual ist, dass für mich nichts dabei heraus springt. Da habe ich ein wenig geflunkert. Du verstehst also, warum ich nicht vor Freude in die Luft springe." Er zwinkerte ihr mit einem spitzbübischen Grinsen zu, das zwar zu seinem jungen Gesicht aber nicht zu so alt erscheinenden Augen passte. Ihn tröstete nur ein Gedanke: Am Ende war die Zeit auf seiner Seite.
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      Ungeduldig fixierte die Rothaarige den Dämon, der gerade seelenruhig durch ihr Heim und Reich schlenderte. Es sah zum Lachen komisch aus, wie der zwei Köpfe größerer Mann über die Verkaufsflächen und Regale ragte, schließlich war hier alles auf die Ladeninhaberin Gemma ausgelegt. Mit seinem teuren Anzug zwischen den ganzen Zauberzutaten und anderen hilfreichen Mitteln, wirkte der Weißhaarige völlig deplatziert - wie auch schon in ihrem spärlichen Hexenkeller. Seine gemächlichen Schritte brachten immer wieder die ein oder andere lose Holzplanke auf dem Boden zum Quietschen, was das einzige Geräusch war, welches die Stille zwischen den beiden unterbrach.

      Sie hatte sich an die Verkaufstheke gelehnt und war etwas in sich eingesunken, während die roten Augen des Dämons ihren Laden durchstreift hatten. Dies korrigierte sie nun wieder als er auf sie zukam, in dem sie sich etwas aufrichtete und die Schultern straff nach hinten zog. Angespannt beobachteten ihre hellgrünen Augen, wie seine großen Handflächen ihr die Bronzeskulptur präsentierten. Die Hexe zog verwirrt eine Augenbraue hoch und musterte die Figur, welche eine gehörnte Schlange darstellte. Kurz überlegte sie, woher sie diese Skulptur überhaupt herhatte. Einige solcher Dinge fand sie auf einfachen Märkten, wo Menschen nicht wussten was sie da überhaupt verkauften. Gemma hatte ein kleines Talent dafür magische Dinge aufzuspüren und wurde einfach von solchen Sachen angezogen. So hatte es auch mit dieser Bronzestatue gewesen sein müssen. Bis jetzt hatte sie dieser altertümlichen Figur nicht allzu viel Bedeutung zugemessen, doch entpuppte es sich nun als das Abbild genau des Dämons, der sich gerade ihr gegenüber befand.

      „In der Sprache der Menschen lautet mein Name Kadir“, antwortete seine rauchige Stimme endlich auf die Frage der rothaarigen Hexe. Er sah sie prüfend an, als würde er auf eine Reaktion der jungen Frau warten. Der Moment in dem sie wusste mit wem sie es hier eigentlich zu tun hatte. Sie gab auch ihr bestes, den Namen irgendwo einsortieren zu können, doch da war nichts. Kadir. Noch nie hatte sie von einem Dämon mit diesem Namen gehört. Diese Information musste die zierliche Frau nicht aussprechen, es stand ihr ins Gesicht geschrieben.
      Der hochgewachsene Mann erklärte ihr die verlangten Details zu der Beschwörung, die sie vollbracht hatte. Kurz zuckte ein Schimmer von Angst durch ihr Gesicht, bevor ihre Augenbrauen sich nachdenklich zusammen zogen und sanfte Falten sich über ihre Stirn zogen. Vielleicht hätte sie lieber nicht Fragen sollen, denn sie wurde bei seiner Antwort umso neugieriger. Was für Kräfte hatte er? Wie würde sie merken, dass er ihre Lebensenergie raubte? Und wie sollte das funktionieren aneinander gekettet zu sein? In kürzester Zeit durchlebte Gemma alles mögliche an Emotionen. Von Freude zu Furcht, Wut, bis hin zu Wissbegierde.

      Ein lautes Seufzen entfuhr der Rothaarigen und sie stemmte beide Hände in die Hüften. Hinter ihren Augen konnte man zusehen, wie sie nachdachte und sich die Zahnräder in ihrem Kopf nicht ihrem Willen beugten. „Dabei wollte ich das doch nicht mal“, murmelte sie mit zusammengekniffenen Augenbrauen. Ihre hellgrünen Augen blickten von der bronzenen Statue, die das warme Licht der Lampen reflektierte, hin zu Kadir. Sein Grinsen blickte ihr entgegen, doch kam es nicht bei seinen Augen an. Anscheinend hatten sie beide nicht bekommen, was sie wollten.
      „Und einfach loswerden kann ich dich auch nicht?“, dachte sie laut nach und doch fragend an ihn gewandt. Du hast uns sinnbildlich aneinander gekettet hallte seine dunkle Stimme in ihrem Kopf nach. Eine Mischung aus Begeisterung und Entsetzen brodelte in ihr, während sie versuchte zu verstehen, was sie eigentlich getan hatte. Vor allem musste die junge Hexe begreifen, dass ihr unweigerlicher Tod und der Grund dafür genau vor ihr stand.
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      "Nein", antwortete Kadir. Seine Mundwinkel zuckten leicht. "Du wolltest einen gut dressierten, niederen Dämon für..."
      Der hochgewachsene Dämon stutzt mitten im Satz und verschränkte die Arme vor der Brust. Musternd glitt sein Blick über Gemma, deren Gesichtsausdruck beeindruckend schnell wechselte. Angst wechselte sich mit Freude ab, ein Funken übriger Zorn verwandelte sich in Neugier. Kadir erkannte, das es tatsächlich bei der Erwähnung seines Namens nicht klickte. Auch in den blutroten Augen des Mannes zeichnete sich nun eine unverhohlene Neugierde ab, als er sich grübelnd mit dem Zeigefinger gegen das vorgeschobene Kinn tippte.

      "Wofür benötigt eigentlich eine Hexe wie du, die Dienste eines Dämons? Lebt ihr neumodischen Hexen nicht in diesen beschaulichen, eingeschworenen Zirkeln?", fragte er und beugte sich ein wenig vor, weiter hinab bis er fast auf Augenhöhe mit Gemma war, augenscheinlich mit dem Vorhaben sie noch eingehender zu mustern. Von Kopf bis Fuß wanderte sein Blick über das zierliche Persönchen. Gemma sah nicht aus wie ein Mensch, der nach den klischeebehaften Zielen eines Filmbösewichtes strebte. Sie hatte bei der Beschwörung sicherlich nicht die Unsterblichkeit, unendlichen Reichtum oder die Weltherrschaft im Sinn gehabt. Bei ihrer letzten Frage zog Kadir die Augenbrauen zusammen und ein sehr, sehr ernster Ausdruck erschien auf seinen blassen Gesichtszügen. Beinahe unheilvoll leuchteten die roten Irden seiner Augen auf. Bei näherer Betrachtung wurde ersichtlich, dass seine Augen nicht einfach nur Rot waren. Winzige Partikel schienen das Licht im Laden zu reflektieren und stellten sich als goldene Tupfen in der Iris heraus. Der Dämon antwortete nicht sofort, er ließ sich Zeit um die Erkenntnis zu beobachten, die sich allmählich in die Augen der Hexe schlich. Eigentlich, ahnte Kadir, benötigte sie seine Antwort gar nicht mehr. Sie hatte die Puzzleteile bereits ganz allein zusammengefügt.

      "Dieses Beschwörungsritual zählt aus gutem Grund zu den verbotenen Riten", sprach Kadir und richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf. "Die einzigen, brauchbaren Zeitberichte über eine erfolgreiche Durchführung enden nach einiger Zeit sehr zuverlässig im Tod des Beschwörers...oder der Beschwörerin. Soweit ich weiß, hat noch keiner versucht, diesen Zauber vorzeitig aufzulösen."

      Kadir sah sie grimmig an. "Macht korrumpiert, Gemma. Wer sie einmal besitzt, gibt sie nicht wieder her."
      Unweigerlich fiel sein Blick auf die blutverschmierte Hand, gegen die Gemma noch immer nicht unternommen hatte. In der Aufregung musste der Schmerz über den Schnitt in den Hintergrund geratensein. Er sah sich noch einmal in dem Sammelsorium ihres kleinen Ladens.

      "Du solltest dich um deine Hand kümmern. Hast du irgendwo...Nadel und Faden? Ehrlich gesagt, habe ich nicht die geringste Ahnung wie Menschen heutzutage Verletzungen versorgen..." Kadir streckte ihr ein zweites Mal auffordernd die Hand entgegen. Beim Anblick der Skepsis, die ihn misstrauisch anfunkelte, gluckste der Dämon rau, dunkel und sehr vergnügt. "Dieses Mal wirklich keine Tricks, versprochen."
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      Gemma Sullivan

      Wofür sie einen Dämon brauchte? Das würde der Mann vor ihr wohl kaum nachvollziehen können. Es war weder Macht, noch Reichtum oder der Weltfrieden - mit letzterem würde sie bei Kadir wohl sowieso nicht auf einen Nenner kommen - sondern wollte Gemma einfach nur Anerkennung in ihrem Zirkel. Sie mochte ihre Fähigkeit des Hellsehens und lebte gerne ihr einfaches Hexenleben. Doch immer wieder von ihren Zirkelschwestern belächelt und klein geredet zu werden brachte Gemma um ihr eigenes Glück. Noch bevor sie den Mund aufgemacht hatte, um ihm das irgendwie in verständliche Worte zu fassen, kam ihr der Dämon wieder gefährlich nah. Die junge Frau wollte nach hinten ausweichen, aber sie stieß lediglich leicht mit ihrem unteren Rücken gegen die Verkaufstheke. Seine roten Augen musterten sie eindringlich und wanderten ihren Körper entlang. Als ob er so ergründen könnte, was die rothaarige Hexe zu diesem Beschwörungsritual getrieben hatte. Die zierliche Frau hielt unbemerkt die Luft an, während er sich auf ihrer Augenhöhe aufhielt. Dies war auch eine Gelegenheit für sie, den Dämon, der von nun an mit ihr verbunden war, zu betrachten.
      Sie musterte den silbernen Schmuck, der durch die langen weißen Haarsträhnen durchschien und unter seinem Hemd hervor schaute. In seinen leuchtenden Augen konnte die Hexe ihre eigene Reflexion erkennen, ahnungslos und unwissend was die Zukunft nun für sie bereithielt. Um seine Pupille herum verteilten sich kleine goldene Fragmente, die genauso schimmerten, wie die Lichter an der Decke. Einen kurzen Moment hatte sie sich in den Iriden ihres Gegenübers verloren, der sich plötzlich wieder aufrichtete.

      Kadir redete mir der Hexe, als ob sie absichtlich genau dieses Beschwörungsritual ausgesucht hatte. Dabei hatte Gemma einfach nach einem Zauber gesucht, der eindrucksvoll klang und bei dem die wichtigsten Schritte noch überhaupt lesbar waren. Sie verstand auch nicht, warum ihr Zirkel sich mit der Aufgabe beschäftigte archaisches Wissen zu sammeln, es aber nicht aufzuarbeiten oder zu restaurieren. So würde man zumindest solche Fehler vermeiden.
      „Macht korrumpiert, Gemma. Wer sie einmal besitzt, gibt sie nicht wieder her.“, behauptete der Dämon streng. Die junge Frau kopierte seinen grimmigen Blick. „Ich will doch garkeine Macht!“, erklärte sie ihm widerspenstig. Sofort ließ sie ihre trotzige Miene fallen, als er ihre Hand ansprach. Ihre grünen Augen folgten ihm zu der aufklaffenden Wunde, die zumindest nicht mehr blutete. Stattdessen klebte geronnenes Blut an den Wundrändern. Still und leise pochte es in ihrer Handfläche, während ihr Kopf sich bei ganz anderen Themen befand. Misstrauen leuchtete in Gemmas Gesicht auf, als der Dämon wie schon zuvor ihr seine feingliedrige Hand hinhielt. Widerwillig zog sie eine Schublade neben sich an der Verkaufstheke auf. Inmitten von losen, beschriebenen Zetteln, verschieden großen Stücken Sandelholz und vertrockneten Stiften befanden sich auch mehrere Nadeln mit goldenem Garn. Der Faden hatte vor langer Zeit im Licht des Vollmonds gebadet, um mit Energie aufgeladen als Hilfsmittel in ihre Kleidung gestickt zu dienen. Jetzt würde ihre Hand genauso bestickt aussehen wie ihre Robe vom Zirkel. Widerwillig drückte sie Kadir eine feine Nadel mit dem Faden in die Hand, denn anders hätte sie die Wunde auch nicht versorgt. Nur war es ihre rechte Handfläche, die verarztet werden musste, und das würde sie ohne seine Hilfe nicht allein schaffen.

      Gemma, die dem Dämon ihre offene, verletzte Hand entgegen hielt und gezwungen war ihm erneut zu vertrauen, versuchte sich mit einem Gespräch vor den anstehenden Schmerzen des Zusammennähens ihrer Wunde abzulenken. „Ich bin wirklich nicht auf Macht aus“, äußerte sie beharrlich und sah Kadir in die Augen. Wenn sie zusah wie die Nadel in ihre Haut eintauchen würde, würde sie die Schmerzen garnicht erst ertragen. „Ich will nur, dass die anderen im Zirkel sehen wie fähig ich als Hexe bin“, antwortete sie verspätet auf seine Frage, was ihre Beweggründe für die Notwendigkeit seiner Dienste waren. Wo sie diese Worte aussprach, merkte sie erst wie lachhaft das ganze eigentlich war. Sie hatte nun ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um anderen zu zeigen wozu sie in der Lage war. Damit würde sie Ansehen bekommen, aber für wie lange, bis sie schließlich in den Gedächtnissen der anderen Hexen verschwinden würde?
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      Ein Kopfschütteln stellte die einzige Reaktion auf ihren energischen Protest dar. Warum dabei ein schmales Lächeln auf seinem Gesicht ruhte, blieb zunächst sein Geheimnis. Stattdessen beobachtete er Gemma, die widerwillig etwas aus einer der unzähligen Schubladen zog und ihm ohne Umschweife in die Hand drückte. Augenblicklich schoss seine rechte Augenbraue fragend in die Höhe. Er hatte gesagt, das Gemma sich um ihre Verletzung kümmern sollte. Wollte sie etwa das...?

      Kadir beäugte die Garnrolle, die winzig zwischen seinen langen, feingliedrigen Fingern wirkte. Der Faden darauf schimmerte in einem warmen Gold. Mit dem Daumen strich der Dämon über den eigentlich unscheinbaren Gegenstand, der zweifellos magischer Herkunft war, während sich die restlichen Finger um die Garnrolle schlossen. Er konnte es spüren. Unter den Schichten weltlicher Materie pulsierte eine alte Magie. Da er sich nie sonderlich für die Hexenkunst interessiert hatte, konnte er das genaue Alter bedauerlicherweise nicht bestimmen. Dafür fehlte ihm das benötigte Fingerspitzengefühl.

      "Bist Du sicher?", hakte Kadir skeptisch nach. "Nadel und Faden sind nicht mein...Metier. Als Dämon ergeben sich nicht viele Gelegenheiten eine offene Wunde zu vernähen." Dass Gemma ihm mit grimmiger Miene im Anschluss auch die Nadel in die Hand drückte, musste ihm als Antwort wohl genügen. Ungewöhnlich behutsam umschloss er ihre verletzte Hand und führte sie leicht über den Ladentisch, wo er seinen Arm auf dem Ellbogen abstützte damit er nicht wackelte. Obwohl er ausgezeichnete Augen besaß, zog er die altmodische Tischlampe an ihrem schweren Sockel mit einem Knirschen über den Threse um Gemmas Hand darunter zu positionieren. Er tat es mehr der nervösen Hexe zuliebe, die angespannt und unruhig auf ihre Hände starrte. Wenigstens konnte sie so sehen, was er dort tat, als er seine hochgewachsene Gestalt krümmte und sich über den niedrigen Verkaufsthresen und ihre Hand beugte um die Wunde zu vernehen. Sein Werk würde sicherlich kein Monet werden, aber seinen Zweck erfüllen.

      "Zurück zum eigentlichen Thema...", raunte Kadir und sein Atem streifte dabei die geöffnete Handfläche und die dünne Haut der Innenseite ihres Handgelenkes. "Kein Wunsch nach Macht? Soso,...Viele begreifen erst, was Macht ist, wenn sie diese das erste Mal in den Händen halten. Sie kommen irgendwann auf den Geschmack. Aber vielleicht irre ich mich auch und du bist eine Zierde deines Völkchens." Beiläufig zuckte Kadir mit den Schultern und schob etwas unwirsch ein paar der silberweißen Strähnen über die Schulter zurück, die ihm die Sicht versperrten.

      Als er endlich den wahren Beweggrund erfuhr, wusste er nicht ob er darüber lachen oder Mitleid mit Gemma haben sollte.
      "Einen Dämon zu beschwören und auch noch zu binden, ist eine wirklich sehr drastische Methode um Aufmerksamkeit zu bekommen, Gemma...Ist das nicht auch eine Art, Macht zu demonstrieren?"
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”