Die heiligen drei Tugenden, die einen Menschen ausmachen, sind Umsicht, Tapferkeit und Fürsorge. Umsicht, weil man die Konsequenzen der Zukunft abschätzt und entsprechend handelt. Tapferkeit, weil man in Momenten, in denen es gefordert ist, gegen seinen Instinkt handelt. Fürsorge, weil man anderen hilft, obwohl man vielleicht selbst Hilfe benötigt. Ein Mensch, der alle Tugenden in sich vereint, ist ein Mensch, der der Vollkommenheit einen Schritt näher gekommen ist und sich damit über andere Menschen stellen kann, wenn es die Situation erfordert. Ein König hat durch sein Sein alle Tugenden in sich vereint.
Renera ging den Lehrspruch in Gedanken durch, während sie durch die Marktstraße stapfte und den Leuten, die ihre Körbe mit sich herumtrugen, und ihr damit in den Weg kamen, finstere Blicke zuwarf. O ja, sie war fürsorglich, und wie sie das war. Sogar so fürsorglich, dass sie ihren freien Nachmittag für Botengänge opferte. Dabei hätte Varus locker gehen können, er war alt genug um den Markt allein zu besuchen. Aber nein, Varus hatte seinen blöden Kleinkinderunterricht. Er konnte ja noch nicht einmal ein Schwert halten, was sollte es ihm dann bringen sich Bewegungen einzuprägen? So ein Mist.
Sie überquerte die Straße, wich dabei einem Karren Holzplanken aus, der sich seinen Weg durch die Menge erkämpfen musste, und näherte sich dem Schmied. Das rhythmische Klirren von Eisen, das man tagsüber hören könnte, mischte sich stets zu dem Lärm des Marktes und verstärkte sich mit jedem Schritt, mit dem sie sich näherte. Schon bald war es so nah, dass es ihr mit jedem Schlag durch Mark und Bein ging und in ihren Ohren schmerzte. Sie hasste diesen Lärm. Man konnte noch nicht einmal die Vögel zwitschern hören. Es schien ignorant gegenüber den natürlichen Naturgeräuschen.
Mit zwei großen Schritten beförderte sie sich nach innen und knallte die Tür hinter sich zu.
Der Innenraum war eine Ausstellung von Meisterwerken, wie sie fand. Schwerter, Bögen, Speere, Äxte, Hämmer und Zangen schmückten die Wände über den Tischen, auf denen Rüstungen und Ketten lagen. Schilde, die fast so groß waren wie sie selbst, waren so platziert, dass das Sonnenlicht der Fenster sie zum leuchten brachte. Zu allem Überfluss konnte man das Hämmern von draußen noch immer hören.
Sie schlurfte durch den Raum auf den braunhaarigen Jungen zu, der irgendwas hinter der Theke veranstaltete. Sie stellte sich vor, wie er sich heimlich Ohrenschützer bastelte, denn ihm schien der Lärm weitaus weniger etwas auszumachen, obwohl er den ganzen Tag hier verbrachte. Sie sollte ihn mal fragen, ob er mittlerweile schon taub war.
“Hey, Ara.”
Sie lehnte sich auf die Theke und versuchte, halb neugierig, halb gelangweilt, einen Blick dahinter zu erhaschen. Die Theke ging ihr fast bis zur Brust, sie war klein für ihr Alter.
“Ich brauch’ eine Kette. So eine für Zuhause, nicht diese schweren dahinten.”
Sie zeigte in Richtung der Rüstungen.
“Meine Mama hat gesagt, dass es ruhig mehr kosten kann.”
Sie hoffte darauf, dass Aradan ein bisschen brauchen würde um eine Kette zu finden, oder ihr sagen würde, dass sie keine mehr hatten, aber leider schien er von seinem Vater zu gut im Umgang mit Kunden geschult zu sein. Kaum eine Minute später hielt sie eine Kette in den Händen.
“Danke. Außerdem…”
Sie drückte sich ein wenig herum, trat von einem Fuß auf den anderen, suchte nach einem Ausweg aus dieser peinlichen Situation und seufzte schließlich gequält, bevor sie die Arme vor der Brust verschränkte und die Augen verdrehte.
“Außerdem soll ich dich von Ella fragen, ob du mit ihr schießen kommen willst. Sie will dir unbedingt ihre selbst geschnitzten Pfeile zeigen.”
Ellaya hatte in der Sekunde angefangen sich für Bogenschießen zu interessieren, als sie herausbekommen hatte, dass Aradan ganz vernarrt darin war. Dabei war sie eher ein Tiermensch und wollte ihr ganzes Leben schon auf einem Pferd reiten. Bogenschießen und reiten? Das passte einfach nicht zusammen. Sie hätte sich lieber einen Bauersjungen aussuchen sollen.
“Sie meint, dass es nicht mehr viel Gelegenheiten dafür gibt, weil ja nächste Woche die Prüfung ist und wir danach noch weniger Freizeit haben als jetzt.”
Von wegen Freizeit! Botenzeit hätte sie es eher genannt. So eine Verschwendung in diesem stickigen Raum zu palavern.
“Kommst du mit? Oder nicht?”
@TobiMcCloud
Renera ging den Lehrspruch in Gedanken durch, während sie durch die Marktstraße stapfte und den Leuten, die ihre Körbe mit sich herumtrugen, und ihr damit in den Weg kamen, finstere Blicke zuwarf. O ja, sie war fürsorglich, und wie sie das war. Sogar so fürsorglich, dass sie ihren freien Nachmittag für Botengänge opferte. Dabei hätte Varus locker gehen können, er war alt genug um den Markt allein zu besuchen. Aber nein, Varus hatte seinen blöden Kleinkinderunterricht. Er konnte ja noch nicht einmal ein Schwert halten, was sollte es ihm dann bringen sich Bewegungen einzuprägen? So ein Mist.
Sie überquerte die Straße, wich dabei einem Karren Holzplanken aus, der sich seinen Weg durch die Menge erkämpfen musste, und näherte sich dem Schmied. Das rhythmische Klirren von Eisen, das man tagsüber hören könnte, mischte sich stets zu dem Lärm des Marktes und verstärkte sich mit jedem Schritt, mit dem sie sich näherte. Schon bald war es so nah, dass es ihr mit jedem Schlag durch Mark und Bein ging und in ihren Ohren schmerzte. Sie hasste diesen Lärm. Man konnte noch nicht einmal die Vögel zwitschern hören. Es schien ignorant gegenüber den natürlichen Naturgeräuschen.
Mit zwei großen Schritten beförderte sie sich nach innen und knallte die Tür hinter sich zu.
Der Innenraum war eine Ausstellung von Meisterwerken, wie sie fand. Schwerter, Bögen, Speere, Äxte, Hämmer und Zangen schmückten die Wände über den Tischen, auf denen Rüstungen und Ketten lagen. Schilde, die fast so groß waren wie sie selbst, waren so platziert, dass das Sonnenlicht der Fenster sie zum leuchten brachte. Zu allem Überfluss konnte man das Hämmern von draußen noch immer hören.
Sie schlurfte durch den Raum auf den braunhaarigen Jungen zu, der irgendwas hinter der Theke veranstaltete. Sie stellte sich vor, wie er sich heimlich Ohrenschützer bastelte, denn ihm schien der Lärm weitaus weniger etwas auszumachen, obwohl er den ganzen Tag hier verbrachte. Sie sollte ihn mal fragen, ob er mittlerweile schon taub war.
“Hey, Ara.”
Sie lehnte sich auf die Theke und versuchte, halb neugierig, halb gelangweilt, einen Blick dahinter zu erhaschen. Die Theke ging ihr fast bis zur Brust, sie war klein für ihr Alter.
“Ich brauch’ eine Kette. So eine für Zuhause, nicht diese schweren dahinten.”
Sie zeigte in Richtung der Rüstungen.
“Meine Mama hat gesagt, dass es ruhig mehr kosten kann.”
Sie hoffte darauf, dass Aradan ein bisschen brauchen würde um eine Kette zu finden, oder ihr sagen würde, dass sie keine mehr hatten, aber leider schien er von seinem Vater zu gut im Umgang mit Kunden geschult zu sein. Kaum eine Minute später hielt sie eine Kette in den Händen.
“Danke. Außerdem…”
Sie drückte sich ein wenig herum, trat von einem Fuß auf den anderen, suchte nach einem Ausweg aus dieser peinlichen Situation und seufzte schließlich gequält, bevor sie die Arme vor der Brust verschränkte und die Augen verdrehte.
“Außerdem soll ich dich von Ella fragen, ob du mit ihr schießen kommen willst. Sie will dir unbedingt ihre selbst geschnitzten Pfeile zeigen.”
Ellaya hatte in der Sekunde angefangen sich für Bogenschießen zu interessieren, als sie herausbekommen hatte, dass Aradan ganz vernarrt darin war. Dabei war sie eher ein Tiermensch und wollte ihr ganzes Leben schon auf einem Pferd reiten. Bogenschießen und reiten? Das passte einfach nicht zusammen. Sie hätte sich lieber einen Bauersjungen aussuchen sollen.
“Sie meint, dass es nicht mehr viel Gelegenheiten dafür gibt, weil ja nächste Woche die Prüfung ist und wir danach noch weniger Freizeit haben als jetzt.”
Von wegen Freizeit! Botenzeit hätte sie es eher genannt. So eine Verschwendung in diesem stickigen Raum zu palavern.
“Kommst du mit? Oder nicht?”
@TobiMcCloud
