The Art of Failing at Murder [Dark & Nao]

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    • The Art of Failing at Murder [Dark & Nao]

      Vorstellung
      @Dark.wing


      Alin

      Durch die Stille der Nacht riss seit geraumer Zeit das ungesunde Geräusch eines Motors, der sich weigerte anzuspringen. Alin hatte es fast geschafft, oder eher, sein Auto hatte es fast geschafft, den Hügel hinter sich zu bringen, der ihn zu der gigantischen, und auch einzigen, Villa dieser unscheinbaren, düsteren Hafenstadt führen sollte. Die Straße, die dem ersten Eindruck nach seit Jahren nicht befahren worden war, wurde mit dem Anstieg aber immer matschiger und das Fahrzeug fuhr nicht mehr, sondern quälte sich eher bergauf. Es war fast so, als würde sogar das Universum Alin zwingen wollen, wieder umzukehren, nur hatte er keine andere Wahl. Es gab keinen Ort, zu dem er "zurückkehren" konnte, weil er ganz genau wusste, wie ernst sein Vater den Rausschmiss gemeint hatte. Wenn er diesen Auftrag nicht erfüllte, hieß das für Alin wohl, auf sich alleine gestellt zu sein. Was zugegebenermaßen kein Weltuntergang war in seinem Alter, aber er hatte weder einen richtigen Job, noch sonstige Mittel, und er wusste nicht einmal, wo er ansetzen sollte. Sich eine Wohnung in dieser hässlichen keinen Stadt hier nehmen? Naja, es sah gerade so aus, als würde er so schnell sowieso nicht mehr hier wegkommen. Sein Auto bewegte sich kein Stück mehr.
      Gerade, als er die Hoffnung aufgab, und abwog, das Unwetter einfach irgendwie in diesem Fahrzeug zu überstehen, bis er mit ihm gemeinsam im Schlamm ertrank oder ihn eine Mure in den Tod riss, sprang sein Motor wieder an. Er konnte ein erleichtertes Seufzen nicht unterdrücken, und murmelte dann zu sich selbst "Verdammt, endlich", bevor er sich mit weiteren besorgniserregenden, mechanischen Geräuschen den Berg hinauf zwang. Er war ja doch noch nicht bereit zu sterben. Was eigentlich der beste Grund wäre, um sich die Sache mit der eigenen Wohnung nochmal durch den Kopf gehen zu lassen.
      In der Theorie hatte er nicht nur alle Instrumente und Hilfsmittel, sondern auch das Wissen und seine Ahnen auf seiner Seite, um einen Vampir zu töten. Praktisch bekam er schon einen Herzinfarkt, wenn man ihm zum Spaß hinter einer Ecke auflauerte, und nach etlichen gescheiterten Konfrontationen mit Vampiren hatte er vielleicht auch schon eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt. Jedenfalls gaben Holzpflöcke ihm Albträume und er bezweifelte, dass er seine Eltern je wiedersehen würde, nicht, dass das seine Sorge war.
      Als er durch die verschwommene Frontscheibe und das hektische Wedeln des Scheibenwischers endlich die berüchtigte Villa erblicken konnte, lief Alin ein kleiner Schauer über den Rücken. Einerseits, weil sie aussah, als käme sie direkt aus einem Horrorfilm, und andererseits, weil er sich nicht vorstellen konnte, das dort jemand lebte. Und wenn, dann musste es wohl irgendein 5000 Jahre alter Vampir sein, dem alles egal war. Die Vampire, die Alin bisher angetroffen hatte, lebten meistens eher ziemlich verschwenderisch und nutzten ihre Fähigkeiten sinnvoll, um sich zu bereichern. Keine Chance, dass in dieser Bruchbude einer von der Sorte leben könnte. Irgendwie erleichterte Alin das ein wenig. Vielleicht reichte es ja, mal ein bisschen mit Knoblauch herumzuwedeln, den Vampir zu vertreiben und seinen Eltern zu erzählen, dass er den Job erledigt hatte. Und dann würde er sich erstmal einen richtigen Job suchen.
      Er stellte sein Auto mitten auf der verwachsenen Wiese vor der Zufahrt ab. Es war zwar kein Haus, aber interessanterweise mussten Vampire auch in Fahrzeuge eingeladen werden, bevor sie es betreten konnten. Vielleicht, weil es die früher nicht gegeben hatte und Vampire sich einfach nicht weiterentwickelt hatten. Was auch immer der Grund war, Alin hatte keine Angst. Er fuhr den Beifahrersitz so weit wie möglich nach vorne und kletterte dann umständlich auf den Rücksitz, wo eine Decke lag. Generell hatte er in dem kleinen Auto deutlich mehr Zeug verstaut, als man für möglich halten würde. Er zog sein Handy vom Kabel ab, das vorne unter dem Radio angesteckt war, und legte sich mit angezogenen Beinen hin. Er war nicht sonderlich groß oder breit, was ihm endlich mal zu helfen schien. Morgen Früh, wenn es hoffentlich etwas sonniger war und er davon ausgehen konnte, dass der Vampir, oder die Vampire, zuhause waren, würde er sich schon irgendwie überwinden, den Vampirjäger raushängen zu lassen, aber bis dahin würde er so tun, als wäre er auf einem ganz normalen... Vater-Sohn-Campingtrip, oder so etwas. Er zog einen Müsliriegel aus seiner Jackentasche und schob ihn sich in Liegeposition in den Mund, die einzige Lichtquelle die YouTube Videos, die er abspielte, um sich weniger alleine zu fühlen. Warum musste er eigentlich andauernd diesen Kram machen, während andere in seinem Alter auf Parties gingen?
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    • Dorian

      Es war nicht so, dass Dorian gerne einsam war, aber er war gerne alleine, gerne für sich. Er empfand die Stille in dem alten Anwesen nicht als Einsamkeit sondern als wohltuend Auszeit für sich und seinen Geist, aber vor allem fühlte er sich in Gesellschaft die meiste Zeit unwohl und das nicht nur weil seine ganze Familie ihn für eine Enttäuschung hielt. Es war nicht so, dass sie nicht alles Recht dazu hatten - hatten sie, aber das brauchten sie ihm ja nicht jedesmal, wenn er sich zu einer der tausend Familiengesellschaften quälte, so brutal ins Gesicht sagen, wie sie es nun mal jedes verdammte Mal taten.

      Schon vor einigen Jahrzehnten hatte der junge Vampir seine Liebe in Büchern gefunden, er verschlang alles was ihm in die Finger kam, vor allem alte Manuskripte von bekannten Autoren die irgendwo wieder auftauchten und dann wieder verschwanden. Das besagte Manuskripte dann ein Teil seiner - nicht gerade kleinen - Buchsammlung wurden wusste niemand. Wer sollte ihn denn schon verdächtigen? Die meisten Menschen wussten nicht mal das es Wesen wie ihn gab. Übernatürliche Wesen mit Fähigkeiten von denen die meisten Menschen nur träumen konnten. Zwischen ihnen würde er sicher gefeiert werden, zwischen seinen Artgenossen war er jedoch nur der inkompetente Vampir, wie ein Schandfleck auf einem sonst rein-weißem Hemd.

      Dorian hatte es sich an diesem Abend, wie an vielen Abenden davor schon, in seinem Lieblingssessel bequem gemacht, neben ihm stand eine Tasse dampfender Tee und in seinem Schoß seine neuste Errungenschaft. Ein Buch welches er bei seinen letzten Rundgängen in der städtischen Bibliothek gefunden - oder eher mitgehen gelassen - hatte. Er wusste nicht um was es ging, aber das Cover hatte ihn angesprochen und es stand zwischen den ‚Bestsellern‘, also musste es wohl gut sein. Primär hatte ihn das Bild des dunkelroten Kronleuchters angesprochen und da er mittlerweile generell Probleme hatte Bücher zu finden die er in den letzten hundert Jahren noch nicht gelesen hatte, nahm er einfach alles mit was ihm noch unbekannt war. Die Kerzen um ihn herum beleuchteten sein Lesezimmer mit einem angenehmen, warmen Schein und so verbrachte er den Abend damit sich in den Worten zu verlieren auch wenn er den Inhalt an einigen Stellen nicht so ganz verstand, ein guter Zeitvertreib war das Buch trotzdem.
      Als sich de ersten Sonnenstrahlen durch die verdeckten Fenster schlichen, klappte er das Buch mit einem Gähnen zu und verließ sein Lesezimmer Richtung Schlafzimmer.
    • Alin

      Eine Nacht im Auto zu verbringen war kein Versprechen für einen guten Schlaf. Alin spürte einen ziehenden Schmerz im Nacken als er sich aufsetzte, und musste erstmal die Beine zwischen den vorderen Sitzen gerade ausstrecken, um zu sehen, ob seine Knie noch funktionierten. Dann ließ er sich tief in die Rückbank sinken und seufzte. Er hatte Hunger. Und absolut keine Lust, jemanden abzustechen.
      Er öffnete die Tür und stieg aus dem Auto, dann öffnete er den Kofferraum und enthüllte sein Reisegepäck und haufenweise Dosen- und Trockenfutter, das er in der weisen Voraussicht eingepackt hatte, dass er für diese Mission nicht nur einen Tag brauchen würde. Er kannte sich selbst. Egal, wie sehr er sich überwinden wollte, er konnte niemanden umbringen. Weder ein Tier, noch ein Wesen, das aussah, wie ein Mensch. Er konnte es einfach nicht. Aber, naja, diesmal hatte er kaum eine andere Wahl. Egal, wie lange es dauern würde, er musste das hier über die Bühne bringen.
      Aber zuerst aß er das Sandwich, das er gestern in einem Supermarkt gekauft hatte. Er musste ja nicht an Tag Eins schon auf Eintöpfe zurückgreifen. Alin setzte seine Kopfhörer auf, lehnte sich an das nasse Auto und betrachtete die Villa, die ihm Sonnenlicht garnicht mehr so unheimlich aussah. Nur sehr renovierungsbedürftig.
      Er ließ sich Zeit damit, sein Sandwich zu essen. Obwohl er sich das alles hier selbst zumutete, versuchte er dennoch Zeit zu schinden. Selbst wenn jetzt ein Vampir aus dem Haus geschossen kam, um ihn zu vertreiben, hätte er eine ziemliche Zeitbegrenzung. Auch durch einen schwarzen Ganzkörperanzug hindurch würde man die Sonne an einem Tag wie diesem wohl spüren. Und... Alin sah ehrlicherweise vermutlich nicht wie eine Bedrohung aus. Eher wie verlorener Teenager.
      Das änderte sich aber gleich ein wenig, als er mit seinem Frühstück fertig war und sich über seinen Pullover eine dicke Lederjacke anzog, dazu passende Lederhandschuhe und hohe Stiefel, und er sich zuguterletzt einen Schal um den Hals wickelte. Jetzt sah er einfach nur bescheuert aus. Er schnallte sich einen Gürtel um, der Taschen für einige Messer und kleine Flaschen hatte, die mit Knoblauch-Konzentrat gefüllt waren. Das meiste seiner Ausrüstung hatte er sich über die Jahre selbst ausgedacht und zusammengebastelt. Leider hatte er für den kratzigen Schal noch keine Alternative, die ihn nicht wahnsinnig machte. Von seiner Familie hatte er ebenfalls einen Koffer im Auto, in dem andere Waffen verstaut waren, aber es war irgendwie unhandlich, mit einem Koffer in den Kampf zu gehen. Was er aber mitnahm, war ein kleiner zugespitzter Holzpfahl und einen Hammer (weil es nicht ganz so leicht war, jemandem ein Stück Holz durch die Rippen zu rammen). Beides verstaute er in seinem Gürtel, dann griff er nach dem Baseball Schläger, der im Kofferraum lag.
      Er fühlte sich absolut lächerlich, wie jedesmal. Aber jetzt musste er erstmal hoffen, dass der Vampir seine Eingangstüre nicht verschlossen hatte. Schlösser knacken konnte Alin nämlich nicht sehr gut. Das Haus sah zwar nicht aus, als hätte es ein modernes Schloss, aber man wusste ja nie. Und selbst, wenn da eine verdammte Kette hing, hatte Alin keine Lust, den Bolzenschneider auszupacken. Vielleicht... ließ man ihn ja auch einfach rein. Auch wenn seine Aufmachung diese Chance dezent verringerte.
      Er ging also in großen Schritten auf das Eingangstor zu, das schon gestern Nacht halb offen gestanden hatte, und sprach sich selbst Mut zu. Nachdem alles so verlassen aussah, bestand wahrscheinlich garkeine Notwendigkeit für Sicherheitsvorrichtungen.
      Und er hatte recht. Die gigantischen Holztüren ließen sich einfach aufdrücken und gewährten den Blick in einen finsteren Gang. Bei den verdreckten Fenstern wunderte es Alin auch nicht, wenn höchstens mal durch eine zerbrochene Scheibe Licht einfiel. Mit einem lauten Knarren drückte er die Tür auf und ließ sie hinter sich mit einem dumpfen Knall zufallen, der ihn selbst ein wenig erschreckte. Die Decke schien so hoch, dass er sich ziemlich klein vorkam und die Nervosität sein eingeredetes Selbstbewusstsein wieder übertrumpfte. Er musste jetzt... alleine im Finstern dieses ganze Anwesen nach einem Vampir durchsuchen, wenn dieser nicht zufällig zu ihm kommen wollte. Auch wenn ihm ein ängstlicher Vampir lieber war, als ein aggressiver.
      Na dann.
      Alin musste seinen Körper zu jedem einzelnen Schritt zwingen, aber er kam doch langsam voran. Links und rechts waren massive, dunkle Holztüren, einige davon waren sperrangelweit offen und ließen einen Blick in die Räumlichkeiten zu. Es war nicht nur dunkel, sondern auch furchtbar kalt, und die Spinnweben an jeder Ecke lösten bei Alin eine Gänsehaut nach der anderen aus. Langsam hinterfragte er, ob seine Eltern sich geirrt hatten, als sie ihm von dem Vampir erzählt hatten, der regelmäßig Läden in der Hafenstadt ausraubte. Hier konnte unmöglich jemand leben.
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    • Dorian

      Dorian war gerade erst wirklich eingeschlafen, als er auch schon wieder wach wurde. Nicht weil er nicht schlafen konnte - das war meistens nie das Problem - sondern weil er aufgeweckt wurde. Das Geräusch, welches einmal durch das komplette Anwesen hallte, versetzte das alte Gemäuer nahe zu unter Vibration. Seine Inkompetenz als Vampir war nicht das einzige über das sich seine Familie regelmäßig lustig machte, seine Schreckhaftigkeit gehörte ebenfalls dazu. Es war schon fast ein wenig lächerlich wie schreckhaft er war, obwohl er zu einer der gefährlichen Spezies in der übernatürlichen Welt gehört (also nicht er direkt, Dorian an sich war alles andere als gefährlich). Das Problem bei ihm war jedoch nicht nur, dass er sich wegen fast jedem und allem erschreckte sonder wie er sich erschreckte. Es war ja nicht schon schlimm genug bei den kleinsten Geräuschen zusammen zu Zucken und schrill aufzuschreien (was ihm glücklicherweise nicht mehr ganz so oft passierte), er musste sich natürlich noch dazu jedesmal in seine Fledermausform flüchten und wie eine aufgeschreckte Motto durch den Raum flattern. Und genau das passierte als er die massive Eingangstür zuknallen hörte. Durch das laute Geräusch geweckt, wusste er gar nicht was wirklich passiert war und fand sich dann schon an der Decke seines Schlafzimmers wieder. Er brauchte einige Minuten um sich zu beruhigen, was jedoch wenig half, da er bei seiner panischen Aktion ein Spinnennetz mit nahm und dadurch nur noch panischer wurde, was ihn dazu veranlasste sein Schlafzimmer mit schnellen Flügelschlägen hinter sich zu lassen und sich plötzlich in der Haupthalle wiederfand. Das gerade jemand allen Anschein nach bei ihm eingebrochen war, machte seinen Panikanflug nicht weniger brutal und das dieser jemanden aussah wie die Vampirjäger über die sich seine Eltern am Esstisch regelmäßig lustig gemacht hatten, machte die Gesamtsituation nicht gerade besser. Er wollte doch ursprünglich nur schlafen und jetzt saß er in einem Szenario fest, welches genau so gut aus einem Horrorbuch stammen könnte. Er war auf sowas nicht vorbereitet! Er konnte nicht Mals die Spinnen töten die ihre Netze friedlich lebend in seinem Haus verteilten, wie sollte er bloß einen Vampirjäger töten? Und außerdem würde dabei sicher super viel Blut fließen, alleine bei dem Gedanken wurde ihm schon schwindeln - er war wirklich eine Schande für alle Vampire, aber er konnte nichts dafür, er wäre auch viel lieber ein normaler Mensch, als ein Vampir. Die ganzen Pflichten - die er sowieso alle nicht erfüllen konnte - machten ihn fertig.

      So langsam hatte er sich ein wenig beruhigt - was bei Dorian hieß, dass er nicht mehr wie ein tollwütiger Schmetterling durch die Halle flatterte. Mit ein wenig Geduld hatte der junge Vampir seine Flügel auch endlich von den klebrigen Spinnennetzen befreit und konnte - immer noch ganz schön angespannt - ein wenig durchatmen. Wenn er einfach keinen Murks machte, würde der Mensch sicherlich einfach gehen, wenn er keinen Vampir fand, gab es schließlich auch keinen Grund für ihn in dem Anwesen zu bleiben…richtig? Dorian war sich da nicht ganz so sicher, aber er konnte sich das ja trotzdem einbilden.
    • Alin

      Alins Blick schoss hoch gen Decke, als er sich vor einer großen Treppe wiederfand und ihm eine Fledermaus entgegenkam, die sich aus Panik aber gleich wieder zu verziehen schien. Er stand einen Augenblick lang wie eingefroren da, als er sich fragte, ob das wirklich eine Fledermaus gewesen war. Als es dann jedoch lange Zeit still war, Alin kein Flügelflattern hören oder einen Schatten sehen konnte, beschloss er kurzum, dass er sich geirrt hatte. Das war bloß eine Fledermaus. Und das dachte er keinesfalls nur, weil er sich selbst davon überzeugen wollte, in Sicherheit zu sein. Was war noch besser als ein ängstlicher Vampir? Garkein Vampir. Eine leerstehende, verstaubte Villa, die nichts weiter als ein Schandfleck auf einem Hügel war, und Alins Grund war, sofort nachhause zu fahren.
      Er schüttelte seinen Schock ab und seufzte. „Alles okay. Nur eine… Fledermaus in einem Haus, das wahrscheinlich noch zig andere Tiere beherbergt. Juhu. Was als nächstes? Waschbären?“, murmelte Alin zu sich selbst, während er die Treppe in Angriff nahm, um sich im ersten Stock umzusehen. Er hatte die Angewohnheit, in seiner Nervosität manchmal Selbstgespräche zu führen. Oft. Sehr oft. Oft genug, dass es seinen Ruf als Freak in seiner gesamten Schulzeit deutlich verstärkt hatte.
      Vorhin am Auto hatte Alin die Fenster gezählt. Er rechnete mit etwa drei Stockwerken, vielleicht vier, wenn er die Türme mitzählte, aber auf jeden Fall gab es einen Keller und sicher mehrere Treppenaufgänge, die zu unterschiedlichen Teilen der Villa führten. Meistens gab es drei Teile, einen links, mittig und rechts. Nachdem er gerade in einer gigantischen Halle gestanden hatte, war er bestimmt im Hauptteil der Villa. Aber… wenn er hier keinen Vampir fand, würde er später auch in den Keller gehen müssen. Das wollte er eigentlich vermeiden, da wimmelte es sicher noch mehr von Insekten und Kleintieren, als hier oben.
      Im ersten Stock fand er ein paar Räume, die nicht ganz so vernachlässigt wirkten, wie die unteren. Das war… naja, ein gutes Zeichen oder ein schlechtes, je nachdem aus welcher Perspektive man es betrachtete. Aus Interesse trat Alin ins erste Badezimmer, das er entdeckte, und drehte am Wasserhahn über dem Waschbecken. Fließendes Wasser. Das war für ihn zumindest ein netter, positiver Aspekt, weil er nicht unendlich viel Trinkwasser dabei hatte. Alin würde die Chance später nutzen und seine Wasserflasche aus dem Auto holen.
      Er lief weiter durch den Gang, warf Blicke in jedes Zimmer und wischte sich regelmäßig die Hände an seiner Jacke ab oder fuchtelte wild mit den Armen, um ein Spinnennetz loszuwerden. Er fand wirklich alles, nur keinen Vampir. Im zweiten Stock sah es nicht anders aus, nur war er langsam erschöpft. Nicht vom Treppensteigen, so viel Energie hatte er zum Glück, eher von der ständigen Panik, was hinter der nächsten Tür lauern könnte. Ins nächste Zimmer zu seiner linken ging er also hinein und setzte sich auf ein unglaublich staubiges Bett. Es war hübsch eingerichtet, wie die anderen Zimmer auch, wenn man diesen Geschmack hatte. Die alten verschnörkelten Holzmöbel hatten einen tollen Flair, der einfach nur durch die Dunkelheit und den stickigen, modrigen Geruch zerstört wurde. Und die teils zentimeterdicke Staubschicht, die sich vor allem auf der Bettdecke finden ließ und jetzt auch an Alin haftete. Ugh. Er hatte das Gefühl, mit dem Dreck hier drin zu verschmelzen.
      Ohne zweimal darüber nachzudenken stand er auf, lief zum nächsten Fenster und zog ein löchriges Stofftuch herunter, das wohl mal ein Vorhang gewesen war, um etwas Licht hereinzulassen. Durch die verschmutzten Scheiben stahl sich aber bloß ein Schleier aus verwaschenem Sonnenschein, der kaum etwas an der Stimmung im Raum änderte. Alin zog eine angewiderte Grimasse. So ein gigantisches Haus brauchte definitiv eine ganze Putzkolonne, die sich darum kümmerte, damit es nicht so endete. Wenn der Vampir erstmal vertrieben war, konnte bestimmt nur ein Millionär einziehen, der sich die ganzen Renovierungsarbeiten leisten konnte. Wie sollte ein normaler Mensch das auch stemmen? Die Frage war nur, ob die Leute in der Stadt lieber einen kleptomanischen Vampir oder einen machtsüchtigen Reichen hier hatten.
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    • Dorian

      Nachdem der erste Schock bei dem jungen Vampir verflogen war folgte er dem vermeintlichen Einbrecher so unauffällig wie möglich. Unauffällig hieß bei ihm jedoch, dass er primär versuchte nicht unbending etwas bei seinem Flug umzustoßen, ausnahmsweise schien ihm das tatsächlich sogar zu gelingen, was ihm jedoch nicht gelang war den Spinnennetzen auszuweichen, die sich überall in dem Haus befanden, die nahm er nämlich fast alle systematisch mit. Vielleicht hätte er ab und zu mal ein wenig aufräumen sollen, im Normalfall räumte er vorzugsweise nämlich nur sein Lesezimmer und sein Schlafzimmer auf und selbst diese beiden Räume wirkten dreckiger als wohl jede minimal bewohnte Wohnung eines normallebenden Menschens.


      Es hatte was interessantes dem Vampirjäger zu folgen, als wäre er selbst der Erzähler einer seiner Romane. Nachdem er Alin ein wenig beobachtete hatte, hatte er auch fast keine Angst mehr, ‚fast‘ beschränkte sich aber auch nur auf die Tatsache, dass er einen ordentlichen Sicherheitsabstand zwischen ihnen hatte und jederzeit flüchten konnte. Was er jedoch nicht so interessant fand, war die Tatsache, dass sein ungewollter Gast wohl der Meinung war eins der Schlafzimmer inspizieren zu müssen. Das inspizieren war in dem Sinne nicht mal so ganz sein Problem, eher dass der Mensch der Meinung war die Vorhänge von den Fenstern zu ziehen um Sonnenlicht in das Zimmer zu bringen. Er wollte schon Sonnenlicht in einem Schlafzimmer haben?! Dorian definitiv nicht, aber er wollte generell kein Sonnenlicht irgendwo haben, schon allein weil dieses unfassbar unangenehm auf der Haut schmerzte. Er würde sich fürs erste in der dunkeln Ecke des Zimmers aufhalten, im schlimmsten Falle konnte er Alin immer noch angreifen - was er nicht tun würde, wenn er das könnte, wäre er schließlich nicht die Enttäuschung seiner Familie. Er hoffte immer noch dass dem Vampirjäger zu langweilig wurde und er das Haus einfach in Frieden ließ, diese Hoffnung verschwand jedoch von Minute zu Minute immer mehr.
    • Alin

      Alin öffnete das Fenster, nachdem durch die Scheibe kaum Licht einfallen konnte. Sofort wurde es etwas heller und die Sonne konnte durch die schmale Öffnung einen Strahl in den Raum werfen. Alin lehnte sich ein wenig aus Fenster und atmete tief die frische Luft ein. Die Räume waren so hoch, dass es sich im zweiten Stock schon so anfühlte, als wäre man im vierten. Bei der Realisation ging er einen Schritt zurück. Solange es hier drinnen etwas sonniger war als im Rest des Hauses, war er auch etwas sicherer, aber er sollte wohl nicht riskieren, dass irgendein Psychpath an ihn heranschlich und aus dem Fenster schubste. Durch das er zwar von der Breite her eh kaum durchpassen würde, aber er war lieber vorsichtig. Die Fenster waren allesamt sehr hoch und von Außen waren die Rahmen hübsch verziert gewesen, und es gab wirklich unzählige davon in diesem Haus. Sie unterschieden sich auch sehr in der Form, abgesehen davon, dass sie eben sehr hoch waren. Die zu putzen würde ohne eine Leiter kaum funktionieren.
      Alin seufzte, als er sich umdrehte und wieder den Blick auf das Bett warf. Wirklich schade, man könnte sicher was aus der Villa machen.
      Er nahm seinen Baseball Schläger wieder in die Hand und führte seine Suche nach dem Vampir im Rest der Villa fort. Er brauchte bestimmt eine Stunde, nur um in jedes einzelne Zimmer hineinzugehen, und der Keller blieb ihm letztlich ebenfalls nicht erspart, auch wenn er schon mehr an Katakomben erinnerte.
      Am Ende war Alin so erschöpft von seiner Suche, dass er sich wieder in dem ursprünglichen Zimmer wiederfand, in der sich die Sonne durch eines der geöffneten Fenster stahl. Es widerte ihn an, sich wieder aufs Bett zu setzen, also zog er die Decke herunter. Allein diese Bewegung hinterließ eine Staubwolke in der Luft, und Alin musste die Luft anhalten, als er sie aus dem Fenster quetschte und ausschüttelte. Dann hing er sie über die Zimmertür und betrachtete die Matratze. Das Leintuch sah sauber aus, nachdem es geschützt gewesen war, und sogar Motten schienen sich hier eher in Grenzen zu halten. Alin zog sich den Schal vom Hals, der ihn langsam aber sicher klaustrophobisch machte, und ließ sich wieder aufs Bett sinken. Gut, und was jetzt? Entweder war hier kein Vampir, oder er hatte genauso viel Angst vor Alin, wie Alin vor ihm. Was bedeutete, dass er eigentlich mehr ein Versteckspiel als Mission hatte, statt einem Mordauftrag. Und das widerrum war irgendwie erleichternd. Er konnte sich also jede Zeit lassen, die er brauchte, und davon brauchte er viel. Auch, wenn er nicht sonderlich heiß darauf war, in dieser Villa zu bleiben. Es war nur irgendwie die bessere Option als in seinem Auto zu sitzen und Zeit totzuschlagen. Und, naja, falls hier kein Vampir lebte, eignete die Villa sich vielleicht irgendwie als Übergangswohnung, bis er etwas eigenes gefunden hatte. Er hatte kein starkes Verlangen danach, wieder mit seinem Vater unter einem Dach zu leben, und hier musste er derweil wenigstens keine Miete zahlen. Interessant wäre bloß, ob Strom floss und irgendwo Steckdosen vorhanden waren, aber das war wahrscheinlich ein naiver Gedanke. Mit der Hoffnung auf warmes Wasser hatte er jedenfalls schon abgeschlossen.
      Alins erster Schritt war nun also, seinen Koffer, seinen Rucksack und einige andere Dinge aus seinem Auto in die Villa zu schleppen. Schon beim ersten Gang fiel ihm auf, dass er lieber im ersten Stock in einem Schlafzimmer blieb, statt im zweiten, also sucht er sich das aus, das neben dem einigermaßen sauberen Badezimmer war. Er hielt sich extra von dem Schlafzimmer fern, das ihm vorhin etwas… weniger staubig vorgekommen war.
      Er zog sich Jacke und Handschuhe aus und dann ging er an die Arbeit. Er schüttelte wieder die Bettwäsche aus, wischte mit nasser Küchenrolle über jede Oberfläche, um den Staub loszuwerden, und wurde dabei unzählige Male von seinem eigenen Niesen durchgeschüttelt. Dann zog er die Tücher von den Fenstern und gab sein bestes, mit nichts als Wasser und etwas Seife die Schmutzschicht auf den Fenstern wegzuwischen, zumindest dort, wo er hinkam. Er schloss daraufhin das letzte Fenster, drehte sich einmal im Raum herum und lächelte stolz. Okay, das war wirklich nicht der Moment für Freude, aber es war einfach immer so ein gutes Gefühl, wenn man aufgeräumt hatte.
      Alin hob seinen Rucksack auf das Bett und kramte darin nach einer Sprühflasche mit Desinfektionsmittel für den letzten Schliff, als er plötzlich an etwas spitzem ankam. Er sog scharf Luft ein und zog seine Hand ruckartig heraus. Er hatte sich bestimmt einen halben Zentimeter tief den Handballen aufgeschlitzt. Verdammt, was war das? Alin wollte nach dem Objekt suchen, das ihn verletzt hatte, damit es nicht wieder passierte, aber da begann bereits das Blut aufs Bettlacken zu tropfen. Gott, das war ungefähr so, als würde er sich blutig in ein Haifischbecken setzen.
      Alin zog schnell ein T-Shirt aus seinem offenen Koffer, um es sich um die Hand zu wickeln. Wo hatte er nochmal den Erste-Hilfe-Kasten verräumt? War der noch im Auto?
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    • Dorian

      Es hatte etwas entspanntes Alin beim aufräumen zu zusehen, obwohl es sich hier um Dorians Haus - oder eher das Haus seiner Eltern - handelte, hatte er seltsam wenig Probleme damit dem Menschen dabei zu beobachten wie er das Schlafzimmer etwas wohnlicher machte. Es war nicht sein eigenes Schlafzimmer, obwohl sein Schlafzimmer auch ganz dringend ein wenig Ordnung vertragen würde, aber daran lag es sicher nicht. Vielleicht lag es einfach und allein an der Tatsache, dass hier endlich mal jemand war der sich um das Chaos in und an diesem Haus kümmerte. Der Vampir hatte das ein einziges mal versucht, sich bei dem Versuch geschnitten und war sofort in Ohnmacht gefallen - er konnte einfach kein Blut sehen (noch ein Grund warum er zur Schande seiner Familie gehörte) - und damit war der Versuch das Haus ordentlicher zu gestalten auch schon gescheitert, seitdem wohnte er einfach in dem Chaos aus Staub, Spinnennetzen und muffigen Gerüchen - man gewöhnte sich dran und außerdem hielten diese Tatsachen jeden (oder fast jeden) Einbrecher ganz weit entfernt.

      Der Vampir hielt sich, immer noch in seiner Fledermausform nah an der Decke auf, welche erstaunlich hoch für ein Schlafzimmer war, aber zu der Zeit aus der die Villa stammte perfekt passte. Sie verkörperte den viktorianischem Stil den Dorian so sehr liebte und in dem er ein wenig hängen geblieben war, immerhin verließ er nur sehr selten das Haus und hatte von der modernen Welt bis dato recht wenig mitbekommen.

      Seine Faszination für Alin erstarb jedoch recht schnell als dieser sich anscheinend an irgendwas schnitt. Nicht das Dorian sich von sowas wie Tollpatschigkeit seine Faszination für etwas klauen ließ, er fand schon immer die seltsamsten Dinge interessant. Er liebte es sich Wissen an zu eigenen, ein Grund warum er so viel und so gerne laß und er liebt es neue Dinge heraus zu finden auch wenn er sich meistens nicht traue diese Dinge in natura zu sehen. Was ihm jedoch absolut nicht faszinierte war Blut und das einzig und allein aus dem Grund, dass ihm allein bei dem Geruch schon schwindelig wurde. Er brauchte die rote Flüssigkeit nicht Mals sehen um ein mulmiges Gefühl im Bauch zu haben, der Anblick machte alles jedoch nur noch schlimmer. Es gab bis dato keine Situation in der er nicht das Bewusstsein verlor sobald Blut im Spiel war und so auch jetzt. Allein der Geruch des frischen Blutes erweckte ein mulmiges Gefühl in Dorian, eigentlich wollte er nicht auf das dreckige Bettlaken schauen, dafür war es jedoch schon zu spät. Urplötzlich hatte er das Gefühl kleine Sterne vor seinem inneren Augen tanzen zu sehen und ehe er sich versah klappte er auch schon zusammen. Irgendwo zwischen der hohen Decke und dem Fußboden löste sich seine Fledermausgestalt auf und mit einem dumpfen Ton landete er - glücklicherweise relativ sanft - …mitten auf dem jungen Vampirjäger . Zum Glück kam er nach seinen Ohnmachtsanfällen immer recht schnell zur Besinnung, was in dieser Situation wohl eher zu seinem Nachteil war, denn nun beobachtete er den vermeintliche Vampirjäger nicht mehr aus sicherere Distanz sondern lag wie auf dem Silbertablett präsentiert vor ihm.

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    • Alin

      Was noch deutlich überraschender kam, als der Schnitt an seiner Hand, war die Person, die plötzlich vom Himmel fiel. Alin, der eben noch über das Bett gebeugt gestanden hatte, wurde von der Wucht, die ihn von oben traf, sofort niedergerungen. Die Schwere drückte ihm die Luft aus den Lungen, und, sobald er sich von dem Sturz erholt hatte und seine Umgebung wieder wahrnehmen konnte, sah er die Gliedmaßen und ließ einen schockierten Schrei aus. Er kämpfte sich zusammen mit der Person aus der ungünstigen Lage heraus und saß ihr dann, völlig entgeistert, gegenüber. Alin wusste erst nicht, wie er reagieren sollte. Wer war das? Was war das? Und wieso war es an der Decke?
      Alins Blick wanderte nach oben, unsicher, wie sich da ein Mensch hätte befinden könnten, nur um sofort zu realisieren, dass er es ganz sicher mit keinem Menschen zu tun hatte. Die Kleidung und Hautfarbe hätten ihm das wahrscheinlich gleich verraten müssen. Er stand schnell auf, umklammerte das blutgetränkte, weiße T-Shirt an seiner Hand und ging rückwärts, bis er an der Zimmerwand anstieß.
      "K-komm nicht näher, ich hab…", fing er an und tastete seinen Gürtel ab, ohne den Blick von dem Vampir abzuwenden, bis er die Flasche mit dem Knoblauchkonzentrat fand und ihm drohend entgegen hielt. "Knoblauch", sagte er und nickte auf seine Flasche. Vielleicht hätte er als erstes ein Messer ziehen soll, oder so.
      Was stimmte mit diesem Vampir eigentlich nicht? Je länger Alin einen Blick auf ihn bekam, desto irritierter war er. Er wirkte verängstigend, als wäre er Alins Spiegelbild, nur in deutlich blasser und deutlich... altmodischer. Es war fast lächerlich, wie sie sich beide verhielten. Wenn der Vampir solche Angst vor einem Jäger hatte, was absolut ironisch war, dann hätte er sich ja in irgendeinem der unzähligen anderen Räume hier verstecken können! Oder hatte er geplant, ihn anzugreifen? Was war das denn bitte für ein schäbiger Versuch, indem er sich einfach planlos von der Decke stürzte?!
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    • Dorian

      Dorian wusste nicht wer von ihnen beiden erschrockener reagiert hatte als er plötzlich von der Decke fiel, aber er war sich sicher, er war definitiv panischer. Wie vom Blitz getroffen zog er sich sofort in die entgegengesetzte Ecke zurück und machte sich - ganz untypisch für seine Spezies - so klein wie möglich. Jetzt hatte definitiv sein letztes Stündchen geschlagen. So war das also wenn man kurz vor dem Tod stand. Wo waren die ganzen Bilder? In allen Büchern in denen es um den Tod ging, hieß es doch, vor dem inneren Auge spielte sich noch einmal das Leben von der Person ab, wo waren diese Bilder? Aber Dorian musste zugegen, dass er auch auch nicht ganz sicher war, ob er sein Leben nochmal Revue passieren lassen wollte, kurz bevor er starb.

      Und dann passierte eine ganze Zeit lag…gar nichts…?
      Als sich der erste Schock ein wenig beruhig hatte schaute Dorian vorsichtig auf. Der junge Mann vor ihm sah ungefähr genau so ängstlich aus wie er sich gerade fühlte. Hatte er sich vielleicht doch geirrt? Vielleicht war der Typ doch kein Vampirjäger, jedenfalls kam er wohl kaum an das Bild ran, das sich der junge Vampir von den Jägern gemacht hatte. Vielleicht war er ja noch in…Ausbildung…gab es sowas wie eine Vampirjägerausbildung? Und sollte bei sowas nicht auch ein erfahrener Jäger dabei sein, für Fälle wie diese? Plötzlich wusste Dorian nicht mehr was er denken sollte. Und dann zog der Typ aus noch Knoblauch aus seiner Tasche. Wäre der Weißhaarige nicht so verängstigt würde er sicherlich lachen, gerade war ihm jedoch alles andere als zum lachen zu mute.

      „Knoblauch?“ wiederholte er verwirrt. Warum hatte der Typ Knoblauch dabei? Das hatte er aber schon öfters in den älteren Vampirromanen gelesen, damals hatte er sich auch schon gefragt woher dieses Ding kam, anscheinend waren die Menschen der festen Überzeugung das Vampire sich mit Knoblauch vertreiben ließen. Es war nicht so, dass Dorian den Geruch mochte, aber man würde ihn wohl kaum damit töten können. Seine Eltern hätten Alin sicher lauthals ausgelacht. Immer noch in panischer Alarmbereitschaft richtete sich Dorian vorsichtig und langsam auf, hielt sich jedoch immer noch schützend und mich genügend Sicherheitsabstand an der Wand auf. Was machte er denn jetzt? Laut seinen Eltern sollte er den jungen Mann vor sich definitiv töten, aber er wollte nichts weniger als das. Rein von der Praktisch würde er das sowieso nicht schaffen, spätestens bei dem ersten Tropfen Blut würde er sowieso wieder wegtreten, so wie vorhin auch schon…vielleicht sollte er einfach hier bleiben und warten was schlussendlich passiert. Am Ende könnte er immer noch kämpfen…oder fliehen, obwohl sowohl das eine als auch das andere aufgrund des Sonnenlichtes, welches durch das Fenster fiel schwer werden würde. Gerade befand er sich noch in einer recht lichtarmen Ecke, aber sobald er sich zu viel bewegen würde, würde sich das ändern…und außerdem spürte er so langsam wie sich selbst das indirekte Sonnenlicht durch seine Kleidung fraß, er sollte sich schleunigst was überlegen, sonst würde er nicht durch die Hand eines Vampirjägers sterben, sondern sehr erbärmlich durch das Sonnenlicht.
    • Alin

      Alin runzelte die Stirn, als der Vampir das Wort Knoblauch wiederholte und so irritiert klang, als würde er überhaupt nicht verstehen, wovon Alin gerade redete. "K-konzentrat", hing er an, als würde das irgendetwas ändern. Dann standen sie sich eine sehr lange Zeit schweigend gegenüber, oder, naja, Alin stand. Der Vampir kauerte in einer Ecke wie eine verängstigte Maus. Als könnte er sich so klein machen, dass Alin ihn irgendwann mit dem bloßen Auge nicht mehr sah.
      Okay. Das war doch armselig. Alin steckte die Flasche langsam wieder zurück in seinen Gürtel. Was sollte er jetzt machen? Er konnte nicht einmal einen Vampir töten, der ihn angriff. Wie sollte er es vor sich selbst rechtfertigen, diesen Typen da abzustechen, der ihn ansah, als würde er ihm gleich von seinen Folterplänen erzählen? Alins Angst verschwand langsam aber sicher. Er wusste, dass Vampire verrückte Kräfte hatten und er jederzeit überwältigt werden konnte, wenn er nicht achtsam war, aber... er hatte eigentlich auch ganz gute Menschenkenntnisse. Vampire waren keine Menschen, aber ihre Augen ließen sich genauso leicht lesen. Sein Gegenüber sah nicht aus, als würde er sich demnächst auf sein Blut stürzen.
      "Okay, wenn du mir nichts tust, tu ich dir auch nichts, klar?", sagte Alin streng. "Ich soll hier einen Vampir vertreiben, der Vampir bist du, also... wie wär's, wenn du dir einfach irgendwo anders ein neues Haus suchst? Die Villa ist sowieso total verfallen" Nur, wenn Alin den Vampir so ansah... konnte er irgendwie langsam die Zusammenhänge erkennen. Was war das? Kleidung aus dem 18. Jahrhundert? Ungefähr so lange hatte hier wohl auch keiner mehr geputzt.
      Theoretisch wusste Alin, dass Vampire sich von Blut ernährten und die Menschen, die sie aussaugten, töten mussten, um sie nicht zu verwandeln. Das war schließlich der Grund, weshalb man sie als Monster abstempelte. Was er auch wusste, war, dass Vampire kein menschliches Blut trinken mussten, um zu überleben. Auch, wenn es ihnen wohl nicht denselben Kick gab. Aber das war es, was Alin den Vampiren, die ihn bisher umbringen wollten, zu erklären versucht hatte.
      "Und übrigens, du kommst auch super damit klar, wenn du einfach ein paar Wildtiere umbringst, versprochen. Und du solltest mit dem Stehlen aufhören. Wenn du nicht stiehlst oder tötest, kann keiner was gegen dich haben, verstehst du? Also such dir ein neues Zuhause und… keine Ahnung, geh in den Wald oder züchte Schafe. Sowas eben" Das war Alins übliche Rede. Nicht, dass sie jemals auf offene Ohren getroffen hatte. Aber man konnte es ja versuchen. In seinen Augen war das außerdem ein tolles Angebot. Sie könnten beide einfach friedlich weiterleben und Alin hätte seinen Auftrag erfüllt und könnte wieder nachhause.
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    • „Ich…ich kann doch nirgendwo anders hin…“ murmelte er leise. Es war nicht so, dass er es nicht mal versucht hatte - hatte er, aber das ging mächtig in die Hose. Irgendwann hatte er sich dann in dem alten Anwesen zurück gezogen und war einfach hier geblieben. Seiner Familie war das Haus egal, sie hatten genug davon in verschiedensten Ländern verteilt und wer interessiert sich schon für ein altes, verrottetes Haus in irgendeiner kleinen Hafenstadt? Genau deswegen war er hier geblieben, es war einfach jedem egal das er hier lebte…jedem außer den Menschen hier. Überall anders würde er jedoch wohl nicht sonderlich lange überleben, er hatte ja kaum Chancen hier zu bleiben ohne, dass ein Vampirjäger ihn fand.

      So langsam wurde er entspannter, nicht das er keine Angst mehr hatte, seine Muskulatur war immer noch deutlich sichtbar verkrampft, aber Alin würde ihn - im Moment hoffentlich - nicht umbringen, aus der Ecke bewegte er sich jedoch trotzdem nicht, schon allein weil er gerade noch einigermaßen geschützt von der Sonne positioniert war und diese Position würde er definitiv nicht so schnell aufgeben.

      „Ich…töte keine Menschen…oder Tiere.“ meinte er noch etwas leiser. Es war ihm peinlich sich so vor dem jungen Mann zu entblößen. Nicht, dass er sich nicht mehr oder weniger freiwillig dazu entschieden hätte - eher weniger freiwillig aber das wollte er jetzt nicht auch noch offenbaren - aber das bedeutete immer noch nicht, dass ihm das nicht peinlich war. Welcher Vampir wurde schon bei dem Blick von Blut ohnmächtig und weigerte sich zu töten? Gar keiner, außer eben er. Die Selbstvorwürfe versuchte er sich eigentlich schon seit Jahren nicht mehr zu machen, er war einfach anders, aber das funktionierte schlecht, wenn er sich diese mehrere Jahrzehnte lang von seiner Familie anhören durfte.
    • Alin

      Alin war sprachlos. Was meinte er damit, er konnte nirgendwo anders hin? Er war ein Vampir, er würde sich schon zurechtfinden! Und wenn er Alins Rat nicht annahm und irgendwo anders zu stehlen begann, sollte es eben so sein, Hauptsache es war nicht in seiner Nähe. Alin überlegte, wie er einem Vampir eine Motivationsrede halten sollte, bis dieser seine Gedanken mit einer sehr interessanten… Information unterbrach. Er stockte.
      "Du tust was? Wieso?", fragte er irritiert. Es war, als hätte man ihm gerade zum ersten Mal Elektrizität vorgeführt, so skeptisch war er. "Sorry, aber das… du erwartest nicht echt, dass ich dir das glaube, oder?", fragte er. War das eine Taktik? Harmlos wirken und sich dann in einem Moment des Vertrauens auf den Menschen stürzen? Machte ihm das Spaß? Alin zog unwillkürlich seine verletzte Hand in dem Shirt näher an seinen Körper.
      Es war eigenartig, schließlich war er selbst absolut dagegen, zu töten. Egal ob Mensch oder Tier, es war einfach falsch. Laut seiner Mutter hatte er sich schon als kleines Kind heulend geweigert, Fleisch zu essen, sobald er die Verbindung zwischen Hühnern und Chicken Nuggets gezogen hatte. Das war für Vampirjäger vermutlich schon Schock genug gewesen, aber da hatten sie immernoch die Hoffnung gehabt, dass Alin einfach einen starken Sinn für Gerechtigkeit hatte und deshalb später ein erstklassiger Jäger werden würde, solange er eben Vampire… und nichts anderes ermorden musste. Leider hatten sie sich in dem Punkt geirrt. Natürlich hielt er es für falsch, aber er war auch einfach nicht aus dem Material gefertigt, jemandem das Leben nehmen zu können. Selbst wenn dieses Leben schon tausende Jahre lang ging. Das war weniger als optimal, wenn man trotzdem ständig in diese Situationen gezwungen wurde. Seine Eltern dachten, er würde sich schon noch daran gewöhnen, oder, naja… dass er irgendwann keine Lust mehr hatte, sich verprügeln und irgendwann zwangsweise retten zu lassen. Er hatte bisher keinen einzigen Vampir getötet, seit er mit 16 Aufträge bekommen hatte, dafür hatten ihn aber schon zig Vampire in die Finger bekommen und ihn beinahe umgebracht. Seine Eltern mussten es auch gerne haben, ihn leiden zu sehen, weil er sich von etlichen Knochenbrüchen und Blutarmut wieder erholt hatte, nur um wieder hinaus geschickt zu werden.
      Und nun war er hier. Und er bezweifelte, dass ein Vampir dieselbe Einstellung haben könnte, wie er. Vielleicht, weil er es bisher noch nicht gesehen hatte und jeder Vampir seine Argumente völlig ignoriert hatte, aber… völlig ohne Blut konnten Vampire auch nicht auskommen. Also wie machte er das, ohne zu töten? Gab es einen Schwarzmarkt für Blut oder so etwas verrücktes?
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    • „Wie ‚wieso‘? Ich dachte du wolltest mich gerade genau davon überzeugen?“ kam es verwirrt von Dorian. „Ehrlich gesagt habe ich genau auf das gehofft…es stimmt. Ich habe noch nie jemanden…oder etwas umgebracht, wirklich.“ versuchte er es erneut, dieses mal in einem weit aus flehenderen Ton. Der Anblick wie er dort mit seinen altertümlichen Klamotten auf dem Boden kauerte war schon fast ein wenig lächerlich, wenn man bedachte was er eigentlich war.

      Dorian hatte wirklich Hoffnung das Alin ihm das einfach so glaubte und er weiterhin in Ruhe in dem alten Haus leben konnte, was anderes wollte er doch nicht, auch wenn seine Hoffnung das Alin ihm das abkaufte nicht sonderlich hoch war. „Mir wird bei dem Anblick von Blut schwindelig…also töten wäre sowieso keine Option…und ich kann den Geruch auch nicht sonderlich gut ab und…naja ich bin da auch nicht wirklich gut drin.“ versuchte er sich weiterhin zu erklären. Irgendwas musste es doch geben, was den Vampirjäger von seiner pazifischen Art überzeugen konnte. Eigentlich müsste seine verängstigte Gestalt schon fast ausreichen, oder das Dorian dem jungen Mann bis dato nichts getan hatte, oder plötzlich ohnmächtig wurde sobald er das Blut sah. Er versuchte die ganze Zeit auch schon fast zwanghaft nicht auf Alins Hand zu schauen, allein der Geruch - welcher zum Glück mit der Zeit ein wenig schwächer geworden war - lenkte ihn genug von seinem eigentlichen handeln nicht getönten zu werden ab. „Ich möchte einfach nur hier in Ruhe leben, weist du? Ich störe doch keinen.“ Naja, die einzigen die sich an seiner Existenz störten waren die Menschen denen er gelegentlich ein wenig Obst und Gemüse entwendete- oder wohl eher klaute - aber von irgendetwas musste er schließlich auch leben und einen grünen Daumen besaß er definitiv nicht.
    • Alin

      Alin hörte irritiert, aber doch still und aufmerksam zu. Er würde lügen, wenn er sagen würde, dass ihn dieses Gespräch nicht reizte. Er war sein ganzes Leben lang in die Vampir-Materie hineingezwungen worden, da suchte man sich automatisch irgendwann Spaten heraus, die einen interessieren könnten. Nachdem der einzige Grund, weshalb Alin Vampire töten sollte, war, dass diese Menschen töteten, war es ganz natürlich, dass er immer nach Möglichkeiten gesucht hatte, Vampiren zu erklären, dass sie doch einfach mal auf andere Tierarten zurückgreifen sollten. Er wusste vieles über diese Wesen, zu vieles, und vor allem mit dem Thema kannte er sich aus. Was er aber noch nirgends gelesen oder gehört hatte, war, dass Vampire völlig ohne Blut auskommen könnten. Alleine aus Respekt zur Wissenschaft würde Alin es nicht unmöglich nennen, aber erwiesenermaßen schwächte es Vampire enorm, lange Zeit auf Blut zu verzichten.
      Er hatte also gute Gründe für seine Skepsis. Doch trotzdem wollte er dem Vampir irgendwie glauben, schon alleine weil es bei Alin einen Hoffnungsschimmer auslöste. Nie etwas oder jemanden getötet, hatte er gesagt. Und er wurde beim Anblick von Blut ohnmächtig? Okay, das war ein anderes Problem und fast noch unglaubwürdiger.
      „Also, wenn du kein Blut sehen kannst, was machst du dann?“, fragte Alin skeptisch. Sein Interesse wurde bei jedem Wort aus dem Mund des Vampirs nur stärker. Auch, wenn es irgendwie seltsam war, wie sie in unterschiedlichen Ecken des Raumes klebten und miteinander redeten. Normalerweise wäre Alin zu dem Zeitpunkt schon längst attackiert worden und auf dem Weg ins Krankenhaus. „Ich hab noch nie davon gehört, dass eure Art ohne Blut auskommt. Also, ich glaube dir erst, wenn du mir erklärst, wie das überhaupt möglich ist. Dann… dann können wir über die Wohnsituation vielleicht nochmal reden. Im schlimmsten Fall hab ich genug Waffen, um dich loszuwerden“ Alin setzte seinen besten, drohenden Blick auf, den er vor dem Spiegel geübt hatte. Natürlich war es völlig gespielt, er war nach diesem Gespräch vermutlich noch deutlich weniger in der Lage, den Vampir zu töten.
      „Oh, und… ich geh jetzt kurz zu meinem Rucksack… und suche nach dem Verbandskasten, klar? Beweg dich nicht aus der Ecke!“, wies Alin an und machte vorsichtig ein paar Schritte in Richtung Bett, ohne den Vampir aus den Augen zu lassen. Dann kramte er in seinem Rucksack und holte den kleinen Kasten heraus, den er eben schon versucht hatte zu finden. Damit ging er wieder zurück an die gegenüberliegene Wand und kniete sich auf den Boden. Sein Blick wechselte gestresst zwischen dem Verbandskasten und dem Vampir, während er sein Shirt von seiner Hand wickelte und den tiefen Schnitt desinfizierte. Wenigstens hatte er beinahe aufgehört zu bluten. Wenn der Vampir nicht gelogen hatte, tat er ihnen mit der Wundversorgung gerade beiden einen Gefallen.
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    • „Ich…naja ganz ohne Blut komm ich leider nicht aus…aber ich hab wirklich noch nie jemanden oder etwas getötet.“ beteuerte er abermals. „Ich kenne jemanden, der bringt mir hin und wieder alte Blutreserven, weist du? Aber nur gerade soviel das ich überlebe, ich hasse das Zeug und wenn es eine Alternative gebe, würde ich die auch nutzen aber…naja sonst sterbe ich.“ erklärte er immer leiser werdende. Die Angst dass Alin ihn skrupellos umbringen würde war immer noch präsent. Er wollte nicht sterben, jedenfalls noch nicht. „Meistens schaffe ich es aber kaum das Blut zu trinken und sie legt mir dann einen Zugang.“ nuschelte er unverständlich. Das Geständnis war ihm fast noch peinlicher als die Tatsache, dass er bei dem Anblick von Blut das Bewusstsein verlor. Welcher Vampir ließ sich schon Zugänge legen um Blut nicht trinken zu müssen? Ihm wurde mit jedem Wort bewusster, warum seine Eltern ihn als Schande der Familie betitelten, aber das war ihm auch vorher schon bewusst.

      Wie Alin ihm befohlen hatte, blieb er brav in der Ecke sitzen. Dorian schaute den jungen Jäger interessiert dabei zu wie er erst den Verbandskasten suchte und sich dann die Hand verband, auch wenn ihm bei dem Anblick des getrockneten Blutes schon fast wieder ein wenig schwindelig wurde. Getrocknetes Blut ging aber in den meisten Fällen etwas besser als frisches. Da war dieser beißende Geruch meistens auch schon ein wenig verflogen, einfach fiel es ihm trotzdem nicht. „Du weißt viel über Vampire oder?“ fragte er nach einiger Zeit. „Hast du schon viele…naja du weit schon…“ auch für ihn war es seltsam, das hier war das erste mal, das er einem Vampirjäger begegnete, bis dato hatte er immer gedacht, er wäre bei der ersten Begegnung sofort tot, aber sie redeten schon seit einigen Minuten mehr oder weniger entspannt miteinander, vielleicht hatte er ausnahmsweise mal Glück in seinem Leben.
    • Alin

      Alin klebte vorsichtig seine Wunde ab und wickelte den Verband herum — etwas, das er schon tausende Male gemacht hatte. Dadurch konnte er den Vampir nebenbei gut im Auge behalten und ihm, weil es wirklich nicht anders ging, skeptische Blicke zuzuwerfen. Blutreserven… das war eine interessante Lösung, wenn auch nicht ganz optimal. Die Menschen gingen Blutspenden, um anderen Menschen zu helfen, aber vermutlich könnte man es auch als Hilfe betrachten, wenn ein Vampir dafür keine Menschen tötete. Hm. Das war ähnlich wie die Idee, die Alin vor einer Weile gehabt hatte: Vampire könnten doch Freiwillige suchen, die sie hin und wieder anzapfen könnten ohne sie umzubringen. Nur wäre es sicher eine Herausforderung, für so etwas Freiwillige zu finden, vor allem wenn die Existenz von Monstern in vielen Regionen geleugnet wurde. Damit waren Blutreserven eigentlich die sinnvollere Methode.
      Alin ließ sich das durch den Kopf gehen, bevor er schneller sprach als er dachte: „Und wie oft machst du das, um nicht zu sterben?“ Es interessierte ihn eben. Vielleicht ließ sich ja ausrechnen, wieviele Menschen und Blutspenden es bräuchte, um Vampire mit dem absoluten Minimum zu ernähren. Vielleicht lag doch noch eine friedvolle Welt für sie bereit.
      Die Frage des Vampirs ließ ihn kurz innehalten und sich erinnern, in welcher bizarren Situation er sich befand. „Oh, naja, ich bin Vampirjäger, also natürlich weiß ich viel“, antwortete er sich räuspernd und hielt seinen Blick absichtlich starr auf seinen Verband gerichtet. Er schluckte, dann murmelte er beinahe unverständlich: „Ich hab schon viele Vampire bekämpft“ Er wusste, dass das nicht die Frage gewesen war, aber er log nicht gerne. Um die Wahrheit herumreden war immer etwas einfacher und bekämpft hatte er tatsächlich sehr viele Vampire. Nur war er eben immer derjenige gewesen, der anschließend halbtot im Krankenhaus gelandet war.
      Er klappte den Verbandskasten zu als er fertig war und setzte sich anders hin. Er zog seine Knie an sich und legte seine Arme darauf ab. Langsam wollte er dem Vampir jedes Wort glauben, schon alleine weil es furchtbar erschöpfend war, Panik zu haben.
      „Okay. Du willst also hierbleiben und dich mit Blutreserven versorgen lassen“, wiederholte er, mehr für sich selbst. Das war eigentlich eine gute Neuigkeit, aber Alin hatte immernoch ein Problem: Seine Eltern. Er sollte einen Vampir töten, bevor er nachhause kam. Er hatte, abgesehen von ein wenig Gespartem und Taschengeld von seinen Eltern, gerademal die Finanzen, um in seinem Auto zu wohnen, bis er sich eine Unterkunft suchen konnte. Und, naja, das war nicht unbedingt… gemütlich.
      Er seufzte und lehnte den Kopf an die Wand. Nachdenklich betrachtete er die Zimmerdecke. Wie verrückt wäre es, sich diese riesige Villa mit einem Vampir zu teilen? Ein scheinbar ungefährlicher Vampir, aber nichtsdestotrotz… Seine Eltern würden ihn endgültig enterben. Aber wem machte er etwas vor? Er würde sich wahrscheinlich nie dazu durchringen, jemanden zu töten. Das hieß, er war ab sofort quasi auf sich selbst gestellt.
      Alin betrachtete den Vampir erneut während er mit sich selbst rang. „Du… benutzt hier nicht jedes Zimmer, stimmt‘s?“, presste er hervor. Das war eine furchtbare Idee. Eine grauenvolle Idee. Er stieß frustriert Luft aus. „Ich verspreche, dass ich dir nichts tue, wenn du mich für eine Weile hier bleiben lässt. Ich suche mir in der Stadt einen vorübergehenden Job und eine Wohnung und bis dahin brauche ich ein Zimmer. Im Gegenzug helfe ich dir beim Aufräumen, es sieht hier nämlich grauenvoll aus“ Eigentlich war das Aufräumen eher für seinen eigenen Seelenfrieden.
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    • „Alle paar Monate, es hängt immer ein wenig davon ab wie aktiv ich in der Zeit bin…aber so alle drei bis vier Monate spätestens. Ich merke irgendwann wie es mir körperlich schlechter geht, dann wird es spätestens Zeit…ich versuche wo selten wie möglich zu trinken…versprochen.“ er versuchte Alin immer noch davon zu überzeugen, dass er ihn unter keinen Umständen töten sollte. „das bisschen Blut ist noch nie aufgefallen, wirklich.“ Versicherte er. Wenn Dorian aus dem Haus fliegen musste - was bei dieser Tageszeit allein auf Grund der Sonne kaum möglich war - müsste er wahrscheinlich wieder zu seinen Eltern oder sich sonst irgendwie selbst durchschlagen und beides war keine Option für ihn. Er konnte die junge Hexe, die ihn mit Blut versorgte aus nicht bitten ihm zu helfen, sie waren zwar mittlerweile sowas wie Freunde geworden, aber er wollte ihr unter keinen umständen zur Last fallen. Er hatte ihr einige male etwas aus ihrem kleinen Gewächshaus geklaut und hatte sich dann ein mal blöderweise selbst mit etwas, was sie anbaute vergiftet. Die junge Hexe hatte ihn einige Stunden später in dem kleinen Häuschen gefunden, ihm ein Gegengift verabreicht und dann hatten sie lange und ausschweifend geredet. Es war ein ähnliches Gespräch gewesen wie er mit Alin gerade hatte, nur das sie keine Jägerin war, töten wollte sie ihn - so glaubte er jedenfalls - am Anfang trotzdem. Er wusste auch immer noch nicht, ob sie ihm aus reiner Nettigkeit die Blutreserven zur Verfügung stellte, oder ob sie was von ihm erwartete, wenn das der Fall sein sollte, hatte sie bis jetzt noch nichts erwähnt.

      Bei Alins Frage schüttelte er leicht irritiert den Kopf. „Nein, tue ich nicht…such dir gerne eins aus. Bleib so lange du willst, es ist sowieso furchtbar einsam hier. Ein bisschen Gesellschaft wäre nett…“ nuschelte er zum Ende hin leiser werdend. Ein wenig Gesellschaft wäre wirklich nett, Dorian konnte sich zwar wunderbar selbst beschäftigen, aber hin und wieder klopfte dieses Gefühl der Einsamkeit dann doch an seine Tür und außerdem hatte Alin recht: Hier sah es wirklich grauenvoll aus. „ich bin handwerklich nicht sonderlich begabt…“ das war noch so eine Sache, die ihm ein wenig peinlich war. Eigentlich hatte er allgemein nicht sonderlich viele Talente.