Crownless [Tristale x ElliJoanna]

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    • Crownless [Tristale x ElliJoanna]

      <<<Vorstellung>>>

      Lucius - @ElliJoanna
      Astellia - @Tristale


      Lucius / Luke

      Der Geruch von altem Heu war inzwischen vertrauter als der von Weihrauch und poliertem Marmor.
      Lucius wachte auf, wie er es in den letzten zwanzig Tagen getan hatte: Mit einem Sonnenstrahl im Gesicht, der durch das Loch im Dach fiel, direkt auf sein Lager aus zusammengeknoteten Decken und trockenem Gras. Ein Hahn krähte irgendwo in der Nähe – schief, krächzend, viel zu früh. Er rieb sich den Schlaf aus den Augen und streckte sich, spürte dabei jeden Knochen, der sich an das harte Leben außerhalb des Palasts erinnerte.
      Die Stallung war alt, halb verfallen und offiziell leerstehend. Seine Mutter hatte dafür gesorgt, dass niemand Fragen stellte – nicht der Besitzer, nicht die Nachbarn.
      Ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen. Er hatte gelernt, wie man sich ungesehen durchs Leben schlich. Wie man sich wusch, ohne entdeckt zu werden, wie man Essensreste auf Märkten ertauschte und wie man dabei seine Würde nicht verlor.
      Sein Blick glitt zur kleinen Kiste in der Ecke, in der er die wenigen Dinge aufbewahrte, die ihn noch an sein altes Leben erinnerten. Eine kleine goldene Statue einer Katze und ein Brief seiner Mutter, geschrieben ohne Unterschrift und auf einem alten verwaschenen Papier. Die Worte kannte er auswendig. „Bleib verborgen, mein Sohn, bis du mehr siehst, als dir aus Fenstern möglich war.“
      Und er sah. Jeden Tag. Er sah, wie Händler ihre Waren anpriesen, mit funkelnden Stimmen und flinken Händen. Wie Kinder barfuß durch die Straßen rannten, lachend, manchmal schreiend, manchmal kämpfend. Wie Magie auf Märkten gehandelt wurde wie Brot – in Fläschchen, in gewebten Tüchern, in Versen, die man sich zuraunte.
      Das Sonnenfest stand bevor.
      Er konnte es spüren – wie eine elektrische Spannung, die durch die Gassen kroch. Schon jetzt begannen die Menschen, ihre Häuser zu schmücken, jedes Viertel mit seinen eigenen Farben. Musiker probten in Hinterhöfen, der Duft von süßem Gebäck lag in der Luft, und überall hörte man das Wort „Orden“. Jeder träumte davon, bei einem der sieben Türme angenommen zu werden. Lucius träumte nicht davon. Er war inmitten dieser Magie geboren und sollte eines Tages seine Fähigkeiten für das Volk nutzen.
      Doch er sehnte sich nach etwas anderem: dem Moment, in dem er unter all den Fremden nicht mehr nur der Prinz war. Sondern einfach frei.
      Und doch fragte er sich – wie jedes Mal, wenn die Sonne aufging – ob heute der Tag sein würde, an dem jemand hinter die Maske blickte. Dieser Gedanke machte ihn immer sehr vorsichtig, wenn er sich unter das Volk mischte.
      Er nahm seine Tasche und trat hinaus in das schimmernde Morgenlicht von Eldros.
      Der Tag des Sonnenfests kam näher. Die ersten Fremden betraten die Stadt der sieben Sonnen.
      Und mit dem Sonnenfest – so fühlte er es – würde sich etwas verändern. Er wusste noch nicht, was es genau war.
      Zwischen bunten Bannern und dem Duft gebrannter Mandeln schob sich Lucius durch die Menge. Musik lag in der Luft, Kinder lachten, Magie knisterte an den Fingerspitzen der Gaukler. Und dann sah er sie.
      Weißes Haar wie gefrorenes Licht, in einem Zopf geflochten, der über ihren Rücken fiel. Ihre Bewegungen waren würdevoll – und doch wirkte sie, als suche sie etwas. Oder jemanden.
      Für einen Moment vergaß er zu atmen. Nicht wegen ihrer Schönheit allein, sondern wegen der Zeitmagie, die leise um sie flackerte – kaum sichtbar, aber für ihn spürbar. Sie war anders. Nicht wegen ihrer spitzen Ohren, sondern wegen ihrer Wirkung auf Lucius.
      Wer war sie?
      Erfolg beginnt mit der Entscheidung es zu versuchen ~
    • Es war noch früh am Morgen, als Astellia bereits wach dalag – nicht etwa, weil sie zu den Menschen gehörte, die mit der Sonne aufstanden, sondern aus einem ganz anderen Grund. Heute stand erneut eine Unterrichtsstunde über die Theorie der Magie auf dem Plan. Trockene, staubige Schriften, die sich zäh wie Honig durch ihre Gedanken zogen und deren Inhalt ihr Herz kein bisschen berührte. Nicht heute. Nicht an einem Morgen, der so weich und verheißungsvoll durch das Fenster strich.
      Die ersten Sonnenstrahlen hatten kaum ihre Wange berührt, als sie sich bereits aus den Decken schälte. Ihre Bewegungen waren leise, fast flüchtig, als wollte sie nicht einmal sich selbst verraten. Zielstrebig trat sie an ihren Schrank, griff nach einem ihrer schlichten Kleider – ein beigefarbenes Gewand aus weichem, etwas dickeren Stoff, das sich eng an ihrem schmalen Oberkörper schmiegte und von dort locker an ihren Hüften hinabfiel. Es war so schlicht wie unauffällig, frei von Stickereien oder auffälligen Nähten, genau richtig für jemanden, der in der Menge verschwinden wollte. Das Kleid hatte etwas Tröstliches, Vertrautes, wie ein Stück Natur selbst – kaum zu unterscheiden von der Farbe des frühen Lichts, das durch das Fenster sickerte.
      Ihr Haar war zerzaust vom Schlaf, doch mit ein paar schnellen Bürstenstrichen glättete sie es, flocht es dann zu einem langen, lockeren Zopf, der ihr über die Schulter fiel. Kaum war sie fertig, schlich sie sich aus dem Haus, ihre Schritte gedämpft auf dem alten Holz. Nur Laniya, ihre Schwester, wusste, dass sie oft in diesen stillen Morgenstunden verschwand – fort aus dem Alltag, hinein in das Leben da draußen, das so viel echter wirkte.
      Die Stadt war bereits erwacht. Stände wurden aufgebaut, Stoffe gespannt, Körbe voller duftender Waren ausgepackt. Astellia ließ sich treiben, zwischen den Gassen hindurch, von den Farben, Geräuschen und Düften eingehüllt. Es roch nach frisch gebackenem Brot, nach warmem Honig und einem Hauch Lavendel, der von einem Stand weiter wehte. Ihre Gedanken wurden leichter, wie von einem unsichtbaren Wind getragen.
      Ein kleines Mädchen trat schüchtern vor sie, hielt ihr eine zartrosafarbene Lilie entgegen. Ihre Hände waren leicht schmutzig von der Erde, die Fingernägel kurz gekaut, doch in ihren Augen lag eine stille Freude. Zwei braune Zöpfe wippten bei jeder Bewegung, ihre runde Stupsnase rötlich von der Kälte des Morgens. Astellia lächelte.
      "Zu gütig", sagte sie warm, nahm die Blume mit einer fast feierlichen Geste entgegen.
      Ihr Blick glitt zur Frau hinter dem Blumenstand – die Mutter des Mädchens. Ihre Schultern waren müde, die Schürze voller Blütenstaub, doch ihr Gesicht erhellte sich bei Astellias Anblick.
      "Wie groß Lia geworden ist", sagte Astellia, fast nachdenklich. Die Jahre vergingen zu schnell.
      "Das ist sie tatsächlich", erwiderte die Frau und legte eine Hand auf ihren runden Bauch. Die Bewegung war zärtlich, beinahe unbewusst. "Und der kleine Finn ist auch schon auf dem Weg.". Astellia lächelte.
      Sie beugte sich ein wenig hinunter, sodass sie auf Augenhöhe mit dem Mädchen war. Ihre Stimme war leise, fast verschwörerisch. "Du bist bestimmt schon ganz aufgeregt, bald eine große Schwester zu sein, hab ich recht?".
      Lia nickte zögernd. Ihre Augen huschten kurz zur Mutter, dann wieder zur Elbe. In ihrer Scheu lag ein unausgesprochener Stolz.
      "Das dachte ich mir", flüsterte Astellia und zwinkerte.
      Sie richtete sich wieder auf und hob leicht die Hände. Eine sanfte Bewegung – fast wie ein Tanzschritt – genügte, und vor ihren Fingern begann ein blasser, weißblauer Schimmer zu flirren. Die Magie war leise, unaufdringlich, aber wunderschön. Aus dem Licht formte sich ein kleiner Schneehase – verspielt, lebendig, wie aus Eis und Sternenlicht gewebt. Er hüpfte in der Luft um das Mädchen herum, ließ sich mal fallen, sprang wieder auf, drehte Pirouetten und verströmte ein feines, klingelndes Geräusch wie gläserne Windspiele. Astellia erinnerte sich noch genau an den Schneehasen. Sie hatte ihn einmal als junges Kind auf einem beschneiten Feld gesehen, der schnell in Richtung Wald geflitzt war.
      Lias Augen wurden groß, ihr Mund stand einen Moment lang offen vor Staunen. Astellia sah ihr dabei zu – sah das Wunder in einem einfachen Moment.
      "Leider muss ich weiter", sagte sie schließlich sanft. Sie roch noch kurz an der Lilie, ließ den Duft auf sich wirken, dann wandte sie sich mit einem letzten Lächeln ab. "Ich wünsche euch einen wunderschönen Tag – und dass ihr viele eurer herrlichen Blumen verkaufen mögt."
      Ihre Schritte waren ruhig, während sie sich wieder unter die Marktbesucher mischte. Zwischen all den Stimmen, den Rufen der Händler, dem Geklapper von Hufen und Rädern bemerkte sie nicht den Mann, der bewegungslos in der Nähe stand. Seine Augen ruhten auf ihr – wach, aufmerksam, als hätte er gerade etwas gesehen, das lange verborgen gewesen war.

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    • Er blieb stehen, obwohl die Menge ihn weiterzuschieben versuchte. Ein Händler fluchte, ein Kind stieß gegen sein Bein, doch Lucius achtete nicht darauf. Sein Blick klebte an ihr – der weißhaarigen Elfe mit der Aura von Gutmütigkeit inmitten des Trubels.
      Sie ging mit einer Sanftheit, die sich nicht aufdrängte, aber alles in ihrer Nähe langsamer wirken ließ. Die Zeit schien sich um sie zu legen wie ein Schleier. Vielleicht war es Einbildung. Vielleicht auch nicht. Lucius wusste, wie Zeitmagie schmeckte – kühl, metallisch, wie ein Hauch Winter im Hochsommer. Und genau das hatte er gespürt, als sie an ihm vorbeiging.
      Aber sie hatte ihn nicht gesehen. Er war nur ein weiterer Schatten unter vielen. Ein junger Mann in zu weiten Kleidern, mit staubigen Füßen. Ein Bettler eben, der es nicht würdig war, einer so schönen Frau in den Weg zu treten.
      Ein seltsames Gefühl, das sich anfühlte wie ein vergessenes Lied, das man plötzlich wieder hört, überkam ihm. Er fühlte sich bei ihr … warm.
      Er setzte sich langsam in Bewegung, hielt Abstand, beobachtete. Nicht wie ein Jäger – mehr wie jemand, der hofft, dass das Schicksal ihm einen zweiten Blick gönnt.
      Die Elfe blieb vor einem Stand stehen, betrachtete die Blumen. Sprach mit der schwangeren Händlerin und ihrer Tochter mit einer seltsamen Vertrautheit. Lebte sie doch ein einfaches Leben? Wer war sie? Wie konnte jemand so Fremdes ihm so vertraut wirken? Das konnte nicht sein. Lucius musste sich irren.
      Er trat näher, nur ein paar Schritte – gerade weit genug, um ihr Profil zu sehen. Sanfte Züge, ein leichter, sanftmütiger Ausdruck. Und Augen, die an Ferne erinnerten.
      Er wollte etwas sagen. Irgendetwas. Doch seine Kehle war trocken, die Worte flüchteten. Dann ging sie weiter. Und Lucius stand da, stumm wie der Kristall über dem Palast, und wusste nur eines: Er musste sie wiedersehen. Nicht als Lucius. Nicht als Prinz. Sondern als er selbst.
      Er stand noch immer da, als der Wind auffrischte und ihm eine Handvoll Blütenblätter ins Gesicht wehte. Rosa, goldgelb, vom Wind gejagt – das Fest bereitete sich vor, die Straßen wurden immer bunter, lauter. Was war das gewesen? Ein flüchtiger Moment, ein flirrendes Gefühl zwischen Magie und Erinnerung? Oder nur die Sehnsucht eines Jungen, der nie frei gewesen war?
      Er atmete tief durch, zwang sich, die Schultern zu entspannen. Seine Finger hatten sich unbewusst zur Faust geballt. Langsam öffnete er sie, betrachtete die feinen Linien in seiner Handfläche – Linien, in die nie Arbeit eingeschnitten hatte, sondern nur Bestimmung.
      „Reiß dich zusammen“, murmelte er. Seine Stimme war kaum lauter als der Wind.
      Er war nicht hier, um Träumen nachzujagen.
      Er war hier, um zu sehen. Um zu verstehen. Nicht, um sich in einer Fremden zu verlieren. Und doch…
      „Verschwinde endlich“, fluchte der Händler noch immer hinter ihm. Keiner schien Bettler hier wirklich zu beachten oder ihnen helfen zu wollen.
      Lucius setzte sich wieder in Bewegung, langsam, Schritt für Schritt. Seine Gedanken blieben bei ihr, bei den weißen Haaren, bei der Ruhe in ihrem Blick. Bei ihrer Magie mit dem kleinen Schneehasen, der einst hier beheimatet war, bevor Eldros erbaut wurde.
      Aber seine Füße führten ihn weiter, tiefer in die Stadt, in das wachsende Chaos des Festes, in das Versprechen eines Tages, der noch nicht wusste, was aus ihm werden würde.
      Erfolg beginnt mit der Entscheidung es zu versuchen ~
    • Sie war bereit. Endlich.
      Bereit für das Leben jenseits der goldenen Gitter, bereit für die Farben, die Gerüche, das chaotische Lachen der Welt – für all das, was man ihr so lange vorenthalten hatte. Jeder Tag unter den strengen Augen ihrer Eltern hatte ihr gezeigt, was ihr fehlte: die Freiheit, selbst zu wählen. Das kurze, herzliche Gespräch mit Lia und ihrer Mutter war so ein Moment gewesen. Echt. Warm. Ohne Fassade. Wie konnte sie sich jemals wünschen, von einem Ort wie diesem fortgerissen zu werden?
      Und doch stand genau das im Raum.
      Die Worte ihrer Eltern hallten noch in ihr nach – leise, aber unausweichlich.
      Verhandlungen, Standeserwartungen, Verbindungen, von denen sie nur den Namen wusste, nicht das Gesicht. Ein wildfremder Mann sollte ihr Schicksal werden. Als wäre ihr Herz etwas, das man verhandeln konnte wie ein Stück Land oder ein Bündnisvertrag.
      Ein Knoten zog sich in ihrer Brust zusammen. Schönheit reichte ihr nicht. Reichtum war ihr gleich. Sie wollte Vertrauen, Nähe – jemanden, bei dem sie sich nicht verstellen musste. Wer wusste schon, wie der Mann war, der sie aussuchen würde. Wenn er ein Fremder blieb, mit kaltem Blick und einem Herz aus Stein?
      Sie schüttelte die Gedanken ab, zwang sich, den Blick wieder auf den Markt zu richten, auf die Menschen, das bunte Treiben. Ein Duft von gebratenen Äpfeln wehte herüber, vermischt mit dem frischen Aroma von Kräutern und Blumen. Kinder lachten, Frauen feilschten, und überall hingen Girlanden aus Stoff und Blüten – das Fest sollte bald beginnen.
      Dann hörte sie es.
      Eine Stimme, schneidend, ungeduldig.
      "Verschwinde endlich!"
      Sie drehte sich um, suchte mit den Augen. Am Rande des Marktstandes stand ein Händler, sein Gesicht rot vor Ärger, die Hand gestikulierend in der Luft. Davor – ein junger Mann, das Gesicht vom Schatten halb verdeckt. Er sagte nichts, wich nur einen Schritt zurück, ganz ruhig. Seine Kleidung hing lose an ihm herab, zu groß, als hätte sie jemand anderem gehört. Der Stoff war staubig, an den Nähten aufgerieben. Und doch war da etwas in seinem Gang – etwas Beherrschtes, fast Stolzes.
      Er wollte keinen Ärger. Er wollte einfach nur da sein.
      Astellia spürte, wie sich ihr Herz erneut zusammenzog. Noch ehe sie nachdenken konnte, tastete sie in die geheime Tasche ihres Kleides, dort, wo sie stets ein paar Münzen verwahrte. Mit einer Bewegung, die so selbstverständlich war wie ihr Atem, drückte sie einem verdutzten Händler das Geld in die Hand und deutete auf das frisch gebackene Brot auf dem Tisch.
      Es war noch warm, die Kruste goldbraun, der Duft erinnerte sie an die Küche ihrer Kindheit.
      Ein Stück Geborgenheit, eingebacken in Mehl und Zeit, nun in ihren Händen und auf dem Weg zu seinem neuen Besitzer - die Lilie zuvor schnell in ihren schmalen Gürtel gesteckt. "Einen Moment, bitte! Verzeiht!" rief sie, während sie den Saum ihres Kleides anhob und dem jungen Mann hinterherlief. Ihre Schritte waren leicht, aber bestimmt. Er ging langsam und stumm, als wäre er es gewohnt, nicht gesehen zu werden. "Entschuldigt", sagte sie, als sie ihn erreichte. Ihre Stimme war weich, doch klar. „Ich wollte mich nicht aufdrängen.“ Sie hielt ihm das Laib Brot entgegen, in beiden Händen, fast wie ein Geschenk. "Wolltet Ihr das vielleicht?" Astellia lächelte leicht, doch in ihrem Blick lag Ernst. Nicht Mitleid. Nicht Wohltätigkeit. Einfach nur Menschlichkeit. "Ich dachte nur… niemand sollte hungrig durch so einen schönen Tag gehen." Wind spielte mit einer losen Strähne ihres Haares, trug den Duft von Blumen und Rauch mit sich. Ein flüchtiger Moment zwischen zwei Menschen, die sich nicht kennen – und doch etwas in einander erkennen.

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    • Lucius ging stur seinen Weg. Er bemerkte nicht, dass nach ihm gerufen wurde, noch bemerkte er, wie die Schritte ihm folgten. Plötzlich stand sie wieder bei ihm – Die Schönheit in Person.
      In ihren Händen hielt sie ein einfaches, frisch gebackenes Brot, die Kruste goldbraun und noch warm. Der Duft von Hefe und Kräutern stieg in die Luft und mischte sich mit der Geräuschkulisse des Marktes. Sie schien zu ihm durchzudringen, als ob das Brot selbst eine Botschaft übermittelte – eine Einladung oder vielleicht eine Geste der Freundlichkeit.
      „Wolltet Ihr das vielleicht?“
      Ihre Augen trafen die seinen, und Lucius spürte ein seltsames Ziehen in seiner Brust, als wäre ihre Anwesenheit die Antwort auf eine Frage, die er nie gestellt hatte.
      „Ich…“, stammelte er, überrascht und verwirrt. Die Menschen um ihn herum schienen für einen Moment zu verschwinden, als sich die Welt nur auf ihn und sie konzentrierte. Ihr Lächeln verzauberte ihn, dabei wandte sie doch keine Magie an.
      „Ich dachte nur… niemand sollte hungrig durch so einen schönen Tag gehen.“, sagte sie dann und der Wind umspielte ihr Haar und der sanfte Duft nach Blüten und Rauch stieg Lucius in die Nase.
      „Vielen Dank“, brachte Lucius dann heraus und verweilte mit seinem Blick im Gesicht der Elfe. Ein kurzer Augenblick, der sich dehnte, als die Elfe das Brot in seine Hände legte.
      Ihre Finger berührten seine, und für einen Moment brannte die Stelle, wo sie sich berührten, wie ein leiser Blitz. Sie wusste nicht, dass er versorgt war, dass er sogar noch Geld hatte und sich wahrscheinlich selbst das Brot hätte kaufen können.
      „Warum… warum tust du das?“ fragte er schließlich, seine Stimme kaum mehr als ein Hauch. So einen Effekt hatte noch niemand auf ihn gehabt, warum gerade sie? War sie die Antwort, nach der er so lange suchte?
      Erfolg beginnt mit der Entscheidung es zu versuchen ~
    • Ohne einen Moment des Zögerns drückte Astellia dem Fremden das Laib Brot in die Hände. Seine Finger schlossen sich um das Brot, und für einen flüchtigen Moment berührten sich ihre Hände. Die Berührung war kurz, doch sie war eindringlich – die Finger des Fremden gegen ihre eigenen, zarten Hände. Ein seltsames Gefühl durchzog sie, nicht unangenehm, aber irgendwie unerwartet. Astellia hob ihren Blick, und ihre Augen trafen die seinen.
      Sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie auf solche Augen treffen würde – goldgelb, fast wie flüssiges Sonnenlicht. Sie war überrascht, wie ausdrucksvoll und tief sie waren, und fand sie auf seltsame Weise schön. Es war, als würden diese Augen eine Geschichte erzählen, eine Geschichte von Leid, Entbehrung, aber auch stiller Hoffnung. Der Moment schien sich zu dehnen, und für einen Augenblick war sie sprachlos.
      Der Fremde, dessen Verwirrung weiterhin deutlich war, sah sie an. Dieses flüchtige Aufblitzen von Ungläubigkeit in seinen Augen ließ Astellias Herz schwer werden. Es war ein Ausdruck, als hätte ihm lange niemand mehr etwas gegeben – etwas Einfaches, etwas Gutes.
      Ein bittersüßes Lächeln umspielte ihre Lippen, doch in ihrem Inneren regte sich ein beklemmendes Gefühl. Wie oft hatte sie, trotz ihres Widerwillens, die Rolle der gehorsamen Tochter gespielt? Wie oft hatte sie sich für die Fassade der gut erzogenen jungen Dame entschieden, um den Erwartungen der Gesellschaft gerecht zu werden? Aber eines war sicher: Um Nahrung, saubere Kleidung, ein warmes Bad oder gar sauberes Bett hatte sie sich nie sorgen müssen. Der Gedanke, dass dieser Mann solche einfachen Dinge nicht für selbstverständlich halten könnte, machte sie traurig.
      Seine Stimme, leise wie ein Hauch, unterbrach ihre Gedanken. "Warum?" fragte er, seine Worte unsicher und zögerlich, als wollte er die Antwort nicht erzwingen. Astellia hielt inne, von der Schlichtheit und Ehrlichkeit seiner Frage getroffen. Dann lächelte sie sanft, fast entschuldigend, und sagte mit ruhiger Stimme: "Warum nicht? Es tut nicht weh, zu helfen. Und ich tue es gern." Der Fremde blickte sie einen Moment lang an, als würde er nach etwas suchen – einer Lüge vielleicht, einem Hintergedanken.
    • Er konnte ihren Blick kaum ertragen.
      Lucius spürte, wie sich in ihm etwas regte – ein leiser Schmerz, der nichts mit Hunger oder Kälte zu tun hatte. Es war das Gewicht ihrer Worte, so einfach gesprochen, und doch trafen sie ihn mit der Wucht eines Pfeils. „Warum nicht?“ Als wäre Güte etwas Selbstverständliches. Als würde man einfach helfen, ohne dafür einen Grund zu brauchen. Ohne etwas zu wollen.
      Er hatte solche Augen noch nie gesehen. Nicht bei Hofe, nicht bei seinen Lehrern, nicht bei den Gesandten fremder Länder, die ihn anlächelten und dabei die Messer hinter dem Rücken hielten. Ihre Augen hatten nichts von alledem. Keine Berechnung. Kein Mitleid. Nur… Wärme. Wie das Licht, das durch ein Fenster fällt, wenn man lange im Dunkeln war.
      Und gerade deshalb traute er ihr nicht ganz.
      Er suchte in ihrem Gesicht nach einer Maske – nach dem feinen Zucken eines Mundwinkels, nach der Spur von Hochmut, die unweigerlich folgte, wenn Reiche sich den Armen zuwandten. Doch er fand nichts. Nichts außer dieser Sanftheit, die ihn fast mehr erschreckte als jede Kälte es hätte tun können.
      „Ich…“, begann er, aber die Worte zerfielen auf seiner Zunge. Was sollte er sagen? Ich bin nicht, wer du denkst? Ich habe nie um Hilfe gebeten? Ich habe alles verloren, obwohl ich alles hatte? Nein. Das konnte er nicht. Nicht jetzt. Nicht hier.
      Stattdessen wich sein Blick aus, fiel auf das Brot in seinen Händen. Es war warm. Echtes Brot, nicht der trockene Brei, den er in den Hinterhöfen der Stadt zu essen gelernt hatte. Die Rinde war rau unter seinen Fingern, aber er hielt es, als wäre es zerbrechlich, fast heilig.
      „Du bist nicht von hier“, sagte er schließlich, seine Stimme noch immer rau von der Unsicherheit. Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Er wollte etwas sagen. Etwas Bedeutungsvolles. Doch alles, was in seinem Kopf aufstieg, klang falsch, hohl, zu viel oder zu wenig. Stattdessen hob er den Blick erneut, zwang sich, ihre Augen zu treffen. Und in diesem Moment, inmitten der fremden Stadt, der lärmenden Menge, des beginnenden Festes und der Farben des Frühlings, verspürte Lucius ein merkwürdiges Gefühl der Nähe. Als hätte ihn jemand gesehen – nicht den Prinzen, nicht den Bettler. Sondern ihn.
      „Danke“, sagte er schließlich. Und diesmal meinte er es.
      Nicht nur für das Brot. Nicht nur für das Lächeln. Sondern dafür, dass sie da war. Ohne Grund. Ohne Zwang. Einfach so. Und das war mehr, als er je erwartet hatte.
      Erfolg beginnt mit der Entscheidung es zu versuchen ~
    • Mit einer Selbstverständlichkeit, die nicht gespielt war, reichte Astellia dem fremden Mann das Stück Brot. Ihre Hand zitterte nicht, ihre Augen ruhten ruhig auf seinem Gesicht, während er zögernd danach griff – als könne er nicht glauben, dass es wirklich für ihn bestimmt war. Für sie war es eine Kleinigkeit, ein Brot, das sie entbehren konnte. Für ihn schien es mehr als nur Nahrung – es war vielleicht der erste Akt von Güte seit langer Zeit.
      Astellia war sich all dessen bewusst. Sie lebte in einem sicheren Haus mit warmen Decken, trug Kleider, die sauber waren, und beklagte sich über Dinge, die im Grunde belanglos waren. Die Kordel an ihrem Mieder, die drückte. Der Tee, der zu bitter war. Die Stickerei, die sich nicht so wollte, wie sie es sich vorgestellt hatte. Alles Kleinigkeiten.
      Der Mann vor ihr aber – er war ein Kind der Straße, schmutzig, vermutlich allein, hungrig, mit einem Blick, in dem sich Scham spiegelte. Und dennoch schien da auch etwas anderes zu sein – eine stille Würde, eine Freiheit vielleicht, die sie nie gekannt hatte. Er gehörte niemandem, war an keinen Eid, keinen Namen, kein Haus gebunden. Und doch – was half ihm diese Freiheit, wenn er sie frierend, hungrig und allein bezahlen musste?
      Sie hingegen lebte in Sicherheit – auch wenn diese einen Preis hatte. In ihrem Herzen nagte der Gedanke, dass sie sich nicht selbst gehört. Sie hatte nie wählen dürfen. Nicht, wohin sie ging, nicht, was sie tat – und schon gar nicht, wen sie liebte. Der Mann, den sie eines Tages heiraten würde, war nicht ihr eigener Wunsch, sondern der ihrer Familie. Er war derjenige, der am meisten zu bieten hatte. Und sie – sie war ein Handel, ein Bündnis, ein Preis.
      Innerlich schüttelte Astellia den Kopf, als wolle sie die Gedanken abschütteln wie lästige Regentropfen auf einer seidenen Schärpe. Daran wollte sie nicht denken. Nicht jetzt.
      Stattdessen sah sie wieder zu dem Fremden. Er hatte das Brot nun in den Händen, hielt es vorsichtig wie etwas Zerbrechliches. Er sprach nicht gleich. Seine Lippen bewegten sich, formten Worte, doch seine Stimme blieb aus. Er schien mit sich zu ringen – ob aus Schüchternheit, aus Dankbarkeit oder vielleicht, weil er so lange nicht mehr sprechen musste.
      Seine Augen – sie waren faszinierend. Nicht nur, weil sie aus einer ungewöhnlichen Farbe bestanden, einem warmen, beinahe flüssigen Gold, das im Dämmerlicht glänzte wie Bernstein – sondern weil sie tief waren, voller Geschichten, die er nicht erzählte. Astellia konnte sich diesem Blick nicht entziehen. Er war wie ein Rätsel, das sie lösen wollte. Und gleichzeitig eine Erinnerung daran, dass es außerhalb ihrer Welt noch andere Leben gab. Wilde, freie, traurige, ungezähmte Leben.
      Seine Stimme war leise, heiser – wie der Wind, der durch leere Gassen streicht, als er feststellte, das sie nicht von hier war.

      "Nein", antwortete sie sanft. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauch, doch sie trug etwas in sich – eine Melodie von Fernweh, von Sehnsucht, von dem Wunsch, jemand anderes zu sein. "Das bin ich nicht."
      Ein kurzes Schweigen folgte. Es war kein unangenehmes Schweigen, eher ein Einverständnis, das zwischen ihnen aufkeimte, zart wie ein junges Blatt im Frühling.
      Wer wusste schon, wie lange sie noch hier war? Dieser Ort war nur eine Station, ein Übergang – wie so vieles in ihrem Leben. Sie war stets auf dem Weg zu etwas, das nie ganz greifbar war. Vielleicht war es Glück, vielleicht nur ein Ort, an dem sie endlich sie selbst sein durfte.
      Er senkte den Blick, als wollte er sich bedanken, ohne es laut sagen zu müssen. Doch dann hob er den Kopf, sah sie an und sprach – diesmal ohne zu zögern.
      'Danke'. Nur dieses eine Wort. Und doch klang es, als meinte er viel mehr. Danke für das Brot, für den Blick, für das Mitgefühl. Für das kurze Gefühl, kein Schatten unter vielen zu sein.
      Astellia nickte nur, lächelte leicht. Es war nicht die Geste einer Adligen, nicht hochmütig oder gönnerhaft. Es war einfach – ehrlich.
      "Pass auf dich auf", sagte sie, ehe sie sich abwenden wollte.