Fire and Feather [Pumi & Eari]

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    • Fire and Feather [Pumi & Eari]

      Kyle ist ein ganz normaler Typ, mit einem ganz normalen, fast schon lachhaft klischeehaftem Leben. Sein BWL Studium lässt er in letzter Zeit ein bisschen schleifen, aber so machen es seine Freunde ja auch und im Café in dem seine Exfreundin ihm damals einen Job besorgt hatte, verdient er genug um sich eine eigene kleine Wohnung zu leisten. Dort ist er glücklich und sitzt ab und an an seiner Abschlussarbeit, wenn er nicht gerade mit seinen Freunden unterwegs ist, oder mal wieder ein neues, mehr oder minder aufwendiges Hobby entdeckt, dass er nach ein paar Wochen wieder fallen lässt. Es gibt eigentlich kaum etwas Interessantes über Kyle zu erzählen, außer vielleicht, dass er in letzter Zeit immer mal wieder in etwas untypische Situationen gerät. Erst letztens ist ihm ein Geldschein vor die Füße geflogen und auf dem Weg zur Arbeit baten ihn immer mehr Leute doch noch schnell die Tür aufzuhalten. Naja, bestimmt hatte jeder einmal solche Phasen. Jemand wie Kyle, ein stinknormaler Typ, würde sich bestimmt nicht inmitten eines Kampfes zwischen Gut und Böse, Himmel und Hölle wiederfinden. Nein, doch nicht Kyle...

      Vorstellung: Fire and Feather [Pumi & Eari] - Vorstellung - ღAnime-Rpg-Cityღ
      @Insane Pumpkin
    • Die goldenen Kuppeln der Tempel glitzerten im weichen Licht des Tages. Die Gebäude aus weißem Marmor und schimmernden Kristallen wirkten wie aus einem Traum. Zwischen den kunstvoll verzierten Säulen und Brücken, die die einzelnen Stadtteile verbanden, konnte man hier und da die bunten Flügel von Engeln ausmachen.
      Es war still, nur das leise Rauschen ebenjener Flügel durchbrach diese sanfte Stille. Auf den Straßen, die wie schmale, schimmernde Bahnen wirkten, gingen einige andere Engel gemächlich ihren morgendlichen Pflichten nach, doch ihre Schritte waren kaum zu hören, als ob selbst der Boden dieses Ortes zu flüstern schien. Die Brunnen in den Innenhöfen plätscherten friedlich vor sich hin, das Wasser funkelte in der Luft, als ob es das ewigwährende Licht des Tages festhalten wollte.
      Die meisten der Engel saßen noch auf den Balkonen der hohen Türme, um den Anbruch des neuen Tages zu beobachten, während sie ihre Federn glätteten und ihre Flügel ausbreiteten, um die morgendliche Frische zu genießen. Von Zeit zu Zeit hallte ein sanftes Lachen über die Dächer, doch es verklang schnell, wie eine ferne Erinnerung, die mit dem Wind davongetragen wurde.
      Über allem lag eine tiefe Ruhe, als läge dieser Ort jenseits der Zeit, wo selbst der Morgen nicht eilig war. Die Engel lebten in Harmonie mit der Stille, als wären sie ein Teil von ihr, und die Stadt aus Licht und Stein schwebte ruhig weiter, hoch über der Welt, in der Unendlichkeit des Himmels.
      Das war alles sehr romantisch und die Menschen hatten abertausende Geschichten über diesen Ort geschrieben. Es war ja auch schön hier, keine Frage, und für den sterblichen Verstand musste es geradezu unmöglich erscheinen, aber für Aarin - seines Zeichens Engel der ersten Hierarchie, Mitglied des zweiten Chors - war es bloß ein normaler Dienstag. War es überhaupt Dienstag? Wie lange waren Tage auf der Erde noch einmal? Und wie viele Tage bildeten eine Woche?
      Mit einem frustrierten Seufzen ließ sich Aarin wieder in die unendlich weichen, weißen Laken seines großen Bettes fallen. Von dort aus starrte er an die schimmernde Kuppeldecke, die von den Ranken einer Kletterpflanze und ihren reifen Früchten dominiert wurde. Das war seine Welt: die Pflanzen, die es auf Erden gar nicht mehr gab oder die noch gar nicht entstanden waren. Aarin sehnte sich nach dem Garten. Doch stattdessen hing er hier herum, in der Stadt, und versuchte verzweifelt zu lernen, wie Menschen ihr Leben fristeten.
      Warum war diese Aufgabe ausgerechnet ihm zugefallen? Er war ein Wächter des Gartens, vielleicht - irgendwann, wenn er sich diese Ehre verdiente - einmal Thronträger, kein Schutzengel. Jeder andere Chor wäre besser geeignet dafür, sich um eine menschliche Seele zu kümmern. Aarin wusste ja nicht einmal, wie lang Tage auf der Erde waren!
      Das kräftige Schlagen zweier Flügel kündigte die Landung eines anderen Engels an. Aarin konnte sich denken, wer da auf seinem Balkon gelandet war.
      "Du bist ja noch gar nicht angezogen," beschwerte sich Gabriel.
      "Bin ich wohl," erwiderte Aarin.
      "Nein, bist du nicht. Du kannst nicht einfach in deinen Roben auf der Erde auftauchen. Das hätte im antiken Griechenland oder Rom vielleicht funktioniert, aber nicht im 21. Jahrhundert."
      Aarin hatte keine Ahnung, wovon der Erzengel da sprach. Er wusste nicht, was ein Griechenland war, oder ein Rom. Er wusste, dass 'das 21. Jahrhundert' der Name war, den Menschen für ihre Zeitrechnung benutzten.
      "In deinem Fall ist es sogar noch schlimmer. Das," Aarin war sich sicher, dass Gabriel eine ausschweifende Bewegung in Richtung seiner Kleidung machte, "geht höchstens als Handtuch um die Hüften durch."
      Mit einem weiteren Seufzen setzte sich Aarin in seinem Bett auf. Gabriel stand vor ihm, die Arme vor der schlanken Brust verschränkt. Als Erzengel und Bote Gottes hatte Gabriel viel mehr mit Menschen zu tun als die meisten anderen. Er trug seltsame, blaue Hosen aus einem stabilen Material, das er als 'Jeans' bezeichnete, ein dunkelgrünes T-Shirt, und darüber eine Jacke aus künstlichem Leder. Er hatte eine Tasche dabei - er hatte immer eine Tasche dabei - die er über eine Schulter geschlungen trug. Seine beiden Flügel, für Geschwindigkeit geformt, schimmerten in den Farben, die lange nach seiner Geburt auch an den Vogel Pfau weitergegeben worden war. Aarin mochte die Flügel des Erzengels. Er mochte die prächtigen Darbietungen von Pfauen, wenn sie für die Weibchen tanzten.
      "Ich weiß nicht einmal, was ein Handtuch ist. Wie soll ich da wissen, was Menschen als akzeptable Kleidung bezeichnen?" beschwerte sich Aarin.
      Gabriel seufzte und schüttelte den Kopf. Er entspannte sich ein bisschen - er hatte Mitleid mit Aarin. Gabriel würde es nie laut sagen, aber er war genauso sehr der Meinung, dass Aarin nicht der Richtige für diesen Job war. Das hielt ihn nicht davon ab, Aarin zu helfen, bevor er ihn ins kalte Wasser warf.
      "Genau deswegen habe ich dir was mitgebracht. Komm her."
      Gabriel zog einige Kleidungsstücke aus seiner Umhängetasche und warf sie auf das Bett, nachdem Aarin aufgestanden war. Er gab sich Mühe, das Konzept um das Bilden von Outfits so zu erklären, dass Aarin mitkam. Es dauerte eine Weile - die nicht näher bestimmt werden konnte, weil Zeit in dieser Sphäre einfach anders funktionierte - aber irgendwann begriff Aarin, wie es funktionierte. Gabriel testete ihn, indem er ihn selbst ein Outfit zusammenstellen ließ. Die Klamotten passten zusammen, laut Gabriels Aussage, also machte sich Aarin daran, die Klamotten auch anzuziehen. Was ihn gleich vor das nächste Problem stellte.
      "Was äh... was mache ich mit meinen Flügeln?" fragte er, als er das Shirt in seinen Händen anstarrte. Gabriel hatte es irgendwie hinbekommen, aber das Wie entzog sich Aarin.
      Gabriel lächelte sanft.
      "Du steckst sie weg," antwortete er.
      "Was?"
      "Du steckst sie weg. Menschen haben keine Flügel. Sie wissen, dass Engel welche haben, aber du kennst ja die Regeln: Wir dürfen-"
      "-uns ihnen nicht offenbaren, ohne die strikte Anweisung dazu zu haben. Ja, ich weiß. Ich darf also nicht fliegen?"
      "Grauzone. Du darfst, aber du musst sicherstellen, dass dich niemand dabei sieht. Plus: er macht dir das Oberteil kaputt, wenn du deine Flügel einfach auspackst, also solltest du immer ein Ersatzshirt dabei haben, wenn du planst, zu fliegen."
      Aarin seufzte erneut. Er wandte sich dem großen Spiegel an der Wand zu und faltete seine Flügel in den spektralen Teil seiner Existenz. Er fühlte sich nackt ohne sie.
      "Den Rest deiner Federn auch," kommentierte Gabriel aus dem Hintergrund.
      Aarin verzog das Gesicht, folgte dem Befehl aber und ließ auch die goldenen Federn an seinen Hüften, seinen Schienbeinen, seinen Unterarmen und seinem Schlüsselbein verschwinden. Zuletzt legte er die kleinen Flügel an seinen Schläfen an und ließ auch diese im Inneren verschwinden. Jetzt sah er wirklich aus, wie ein Mensch. Er konnte nicht von sich behaupten, dass er sich damit wohlfühlte. Er zog sich das hellgraue T-Shirt über den Kopf, was es nur bedingt besser machte.
      Gabriel schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter und grinste sein Spiegelbild an.
      "Na geht doch! Du gewöhnst dich dran, versprochen. Du brauchst nur ein bisschen Zeit."
      Zeit... Aarin gab es auf, sich mit diesem Konzept anzufreunden. Klamotten waren schwer genug, beschloss er.

      Nicht lange nachdem er lernte, wie man sich als Mensch anzuziehen hatte, nahm Gabriel ihn mit zur Erde, wo Aarins Aufgabe bereits auf ihn wartete. Er wusste immer noch nicht, ob es eine Belohnung oder eine Bestrafung war.



      Zwei Wochen später...

      Es war überraschend einfach zu lernen, wie Zeit funktionierte, sobald sich ihrer Macht unterwerfen musste. Es half, dass sich die Menschen daran klammerten als beschützten die vielen Nummern sie vor ihrem eigenen Untergang. Aarin hatte schnell gelernt, wie man eine Uhr zu lesen hatte und wo man das Datum finden konnte, wenn man es denn mal vergaß. Gabriel hatte ihm ein Smartphone in die Hand gedrückt, bevor er gegangen war - das zeigte gleich beides an! Was genau Aarin sonst damit machen sollte, war ihm nicht ganz klar, aber es half ihm auf jeden Fall, Zeit zu verstehen.
      Die erste Woche seiner irdischen Existenz verbrachte Aarin damit, die Menschen zu beobachten. Er lernte ihre Verhaltensweisen, die ungeschriebenen Regeln ihres sozialen Lebens. Sie waren wirklich weit gekommen seit ihren ersten Tagen im Garten. Sehr weit. Als aller erstes lernte Aarin, dass Menschen alles unnötig kompliziert machten - und das scheinbar sehr gern. Zeitgleich war die Einfachheit hinter ihrem Leben leicht zu finden. Ein faszinierendes Paradoxon, das er Stück für Stück auseinanderpflückte, bis er es zumindest im Ansatz begriff.
      In der zweiten Woche begann Aarin dann, am Leben der Menschen teilzuhaben. Und dabei näherte er sich der Seele an, um die er sich kümmern sollte. Sein Name war Kyle, er war Student und Barista, er hatte ein gesundes Sozialleben. Aarin verbrachte viel Zeit in dem Coffeeshop, in dem Kyle arbeitete - ein doppelter Treffer, da er hier auch weiterhin Menschen und ihr Verhalten beobachten konnte (die Liebe für Kaffee konnte er allerdings nicht entschlüsseln, also blieb er bei Tee). Kyle war, so stellte Aarin nach einiger Zeit fest, ein einfacher Mensch. Er folgte einer guten Routine, erlebte oder plante aber hier und da außergewöhnliche Ereignisse, um die Dinge nicht zu monoton zu machen. Alles in allem war sich Aarin sicher: er könnte seine Aufgabe erfüllen! So schwer war es ja gar nicht! Aber auf Kyle aufzupassen war nur ein Teil dieser Aufgabe. Der andere Teil war ein bisschen schwieriger, aber nachdem Aarin sich zwei Wochen lang mit der menschlichen Existenz beschäftigt hatte, war er sich sicher, den zweiten Teil auch auf die Reihe zu bekommen. Also begann er ganz langsam, Kyle hier und da zu guten Taten zu bewegen. Er musste klein anfangen - einerseits weil er selbst noch nicht ganz wusste, zu was er Kyle bewegen sollte, andererseits weil er Kyle langsam daran gewöhnen wusste, diese guten Taten zu begehen.
      "Mach's langsam," hatte Gabriel ihm geraten, "Je weniger er von deinem Einfluss bemerkt, desto besser. Die meisten Menschen brauchen nur die Möglichkeit, was Gutes zu tun, dann machen sie's schon von ganz allein."
      Daran hielt sich Aaren: er schuf Situationen, in denen Kyle die Möglichkeit hatte, etwas Gutes zu tun. Das Problem war, dass es so viele Menschen gab. Und sie alle schienen nach dem gleichen Konzept zu funktionieren. Aber mehr Menschen, die mehr Gutes taten, war auch gut, oder? Hin und wieder landete er ja auch einen Treffer bei Kyle! Hauptsächlich sorgte Aarin dafür, dass Kyle anderen die Tür aufhielt... Kleine Schritte!

      Aarin saß auch heute in dem Coffeeshop, eine Tageszeitung auf seinem Stammtisch, eine frische Tasse Tee vor sich stehend. Immer wieder hob er den Blick und sah sich um. Er wartete auf eine Gelegenheit, Kyle eine weitere gute Tat zu entlocken, aber er kellnerte heute nicht, sondern steckte hinter dem Tresen fest, was die Sache immer ein bisschen schwieriger gestaltete. Vielleicht später, wenn er Mittagspause machte. Mit dem richtigen Timing könnte er Kyle dazu bringen, wieder jemandem die Tür aufzuhalten!
    • Tu dies nicht und jenes nicht, pass auf was du tust, bla bla bla. Als Levi zugestimmt hatte diese Aufgabe zu übernehmen, wusste er nicht, dass er sich das Gelaber eines Dämons mit Stock im Arsch anhören musste, der sich für wesentlich wichtiger hielt als er war. Regeln, Regeln Regeln und das von jemandem, der die Hölle niemals verließ. Manche dieser Dämonen liebten ihre Ränge und Titel so sehr, dabei war es doch Lucifers Idee mit diesen unsinnigen Hierarchien aufzuräumen und jedem seine Freiheit zu schenken.
      "Hörst du mir überhaupt zu?", fragte sein Gegenüber unwirsch und sein Schnauben klang wie das eines Pferdes.
      "Jaja, ich soll mich bei Ash melden, der besorgt mir eine Bleibe und so weiter."
      "Und...?"
      "Und keine Spielereien mit anderen Menschen die nichts mit der Sache zu tun haben, hab's verstanden. Ich bin bereit dafür, ich brauche nicht noch ein Briefing von irgendeinem Idioten der selbst keine Ahnung vom 21. Jahrhundert hat."
      "Und vergiss nicht..."
      "... dich ab und an zu melden. Kann ich jetzt endlich gehen?"
      "... ja."

      Und das tat Levi auch, kurz darauf meldete er sich bei Ash, einem niederen Dämonen, der es sich auf Erden gemütlich gemacht hatte. In der Hölle bekam er kaum Respekt ab, ähnlich wie Levi, aber in der Welt der Menschen war er ganz schön beeindruckend. Er war nicht übermäßig reich und auch nicht Berühmt, aber er führte ein erfolgreiches Unternehmen und das schon seit über einem Jahrhundert. Damit hatte er genug Geld und Kontakte um es anderen Dämonen auf Erden ebenfalls einfacher zu machen, oder auch um ein paar Unruhestifter schnell ausfindig machen zu können. Für Levi hatte er ein kleines, aber feines Apartment gemietet, dazu gab es dann noch ein bisschen Taschengeld für Klamotten und andere Ausgaben und ein schickes, neues Smartphone. Levi mochte Ash, er machte mit seinem Leben was er wollte und war auch noch ziemlich erfolgreich dabei. Levi selbst wäre es wohl zu langweilig geworden immer am selben Fleck zu bleiben, er respektierte seinen Kollegen aber trotzdem.

      Kurz nachdem Levi sich also in seiner neuen Bleibe eingerichtet hatte, die hauptsächlich als Fassade diente, sollte er einmal den normalen Typen spielen müssen, machte er sich auf diesen Kyle zu treffen. Er war Student, also begann Levi an der Universität - Ash half mit dem Papierkram auch ein bisschen - wo er ihm zufälligerweise in einigen Kursen begegnete. Und wie verdarb man eine menschliche Seele am Besten? Man ließ sie selbst auf blöde Ideen kommen. Kyle war leider ein bisschen feige, aber als er letztens eine Geldtasche gefunden hatte, die bis auf ein paar Scheinchen leer war, hatte er sich diese einfach eingesteckt. Juhu? Nun standen aber ein paar Vorlesungsfreie Wochen an und das hieß Levi verlor seinen Zugang zu Kyle, naja, wenn er Kyle nicht auf die Idee gebracht hätte, ihn doch mal zu seinem Job auf einen Kaffee einzuladen. Immerhin hingen da viele aus seinem Jahrgang ab. Und so kam es, dass Levi sich dorthin auf den Weg machte. Als er den Laden betrat und die kleine Glocke über der Tür seine Ankunft ankündigte, drang der Geruch von... Weihrauch... an seine Nase? Selbst der starke Kaffeegeruch der hier in der Luft hing, konnte den Geruch nicht überdecken, aber zunächst dachte sich Levi gar nicht viel dabei. Er stolzierte einfach zum Tresen um Kyle zu begrüßen.
      "Ganz schön was los hier.", schmunzelte er.
      "Levi! Schön, dass du es geschafft hast und ja, in den Ferien ist immer einiges los. Magst du was bestellen?"
      "Klar, hmm... gib mir doch einfach was du denkst, ich vertraue deinem Urteil. Ich kenn mich mit Kaffee nicht so aus."
      "Ha... okay. Sally bringts dir dann. Setz dich einfach irgendwo hin.", lachte Kyle.
      "Ne schon okay, ich warte einfach."
      Während Kyle sich daran machte die komplizierte Maschine zu bedienen, machte Levi etwas Platz für den nächsten Kunden und drehte sich um, um seinen Blick über die übrigen Gäste schweifen zu lassen. Dieser eine Kerl... wieso starrte er Levi so an? Hatte er etwas im Gesicht? Es sah fast so aus, als würde er Levis Hörner anstarren, aber für Menschen waren die eigentlich nicht sichtbar. Levi konnte diese nicht loswerden, aber er hatte den großen Vorteil, dass er sein Aussehen leicht für die Augen der Menschen anpassen konnte. Ein bisschen Magie die er von seinem dämonischen Vater geerbt hatte reichte aus, um die Menschen über die Hörner und den dünnen Schwanz hinwegsehen zu lassen. Das einzig Nervige war, dass Levi Letzteres irgendwie in seiner Hose unterbringen musste, wenn er nicht so aussehen wollte, als hätte er ein Loch an seinem Hintern. Vielleicht war es auch sein bunter Kleidungsstil, der diesem Gast missfiel? Aber an Vielfalt mangelte es diesem Laden definitiv nicht.
    • Aarin hatte Gefallen daran gefunden, sich die Nachrichten des Tages durchzulesen. Auf der einen Seite gab ihm das mehr Informationen über menschliches Verhalten, auf der anderen Seite gab es ihm etwas zu tun, wenn er in dem Café saß. Aber es hatte auch eine traurige Seite: die Menschen hatten viel gelernt, seit sie den Garten verlassen hatten; darunter auch wie man sich am effektivsten und brutalsten gegenseitig verletzte und umbrachte. Es war traurig. Und mit Sicherheit waren einige dieser Taten von Dämonen inspiriert worden.
      Aarin hatte nicht viel von der Rebellion mitbekommen. Genauso wie er an anderer Stelle im Garten eingesetzt worden, als die Sache mit dem Apfel passiert war. Irgendwie verpasste er die ganze Action immer ganz knapp. Er wusste nicht, warum Lucifer getan hatte, was er getan hatte - weder beim ersten, noch beim zweiten Mal - aber er wusste, welches Chaos daraus erwachsen war. Und jetzt wärmte sich einer der ältesten Engel der Kreation den Hintern in der Hölle und sorgte für mehr und mehr Chaos.
      Aarin blätterte um, verbarg die Artikel über globale Konflikte unter einem einfachen Comic, der sogar recht amüsant war. Tiere waren immer lustig. Tiere konnte Aarin verstehen, mit denen hatte er sich im Garten ja schon seit Urzeiten beschäftigt. Die Glocke über der Tür bimmelte sanft und ließ ihn den Blick heben, als ein neuer Gast das Café betrat. Aarin stockte der Atem.
      Nicht in hundert Jahren hätte er erwartet, einen Dämon hier zu sehen. Nicht nur das, der Dämon stolzierte auch noch durch diesen Laden als gehöre er ihm. Er hatte keine Scham! Er präsentierte seine Hörner und seinen Schwanz - er hatte einen Schwanz, das konnte er genau sehen, da am Hosenbund! - einfach so in der Öffentlichkeit! Kannte er denn die Regeln nicht?!
      Aarin starrte einfach nur, während der Dämon zum Tresen ging und mit Kyle sprach, der sich freundlicher gab als sonst. Aarin kannte mittlerweile das Konzept von Kundengesicht und Kundenstimme, aber Kyle benutzte gerade weder das eine, noch das andere. Er kannte diesen Dämon?! Privat?!?! Nein, nein, nein, nein, nein, das war nicht gut. Gar nicht gut.
      Kyle machte sich daran, die Bestellung des Dämons zu machen. Dämonen tranken also Kaffee... wahrscheinlich hatten sie dieses Gesöff überhaupt erst erfunden und die Menschheit davon abhängig gemacht, um irgendwelche teuflischen Pläne damit umzusetzen.
      Der Dämon erwiderte seinen Blick. Oh oh!
      Aarin senkte den Blick schnell wieder auf seine Zeitung, versuchte aber den Dämon aus dem Augenwinkel weiterhin zu beobachten. Er stand einfach nur da. Was sollte Aarin nur tun? Er wusste, was die Gewalten (zweite Hierarchie, dritter Chor) machen würden, und theoretisch hatte er auch die Macht dazu, aber durfte er das überhaupt. Irgendwas - etwas mit der Stimme von Gabriel - sagte ihm, dass es eine sehr dumme Idee war, einfach ein paar himmlische Schwerter auszupacken und einen Dämon mitten in einem Café am helllichten Tag anzugreifen.
      Tief durchatmen, Aarin, dachte er. Du bist verkörperst die Weisheit Gottes, dir wird schon was einfallen.
      Theoretisch war das die Wahrheit. Praktisch hatte er sich immer mehr um den Garten gekümmert, als die Weisheiten Gottes zu überdenken und zu verinnerlichen. Ups.
      Er könnte den Dämon einfach ignorieren und hoffen, dass er von allein wegging. Gabriel hatte ihm gesagt, dass viele Dämonen einfach unter den Menschen lebten, dass das geradezu normal sei. Vielleicht wusste dieser Dämon ja gar nicht, wie wichtig Kyle war? Auf der anderen Seite... die beiden waren wirklich freundschaftlich miteinander umgegangen. Und sie taten es wieder, als Kyle dem Dämon seinen Kaffee über den Tresen reichte. Aarin brauchte eine Idee und das schnell.
      "Hi!" grüßte Sally. "Kann ich dir noch irgendwas bringen?"
      Sie war freundlich und kellnerte hier, wenn Kyle hinterm Tresen stand. Wenn er kellnerte, dann stand sie meistens hinterm Tresen. Die beiden schienen sich ihre Schichten zu teilen. Da sich Aarin hier in den letzten zwei Wochen beinahe jeden Tag hatte blicken lassen, wusste sie bereits, dass er ein Stammkunde war und behandelte ihn entsprechend.
      "Oh, äh... nein, eigentlich nicht, danke. Aber du, sag mal: wie geht es deiner Großmutter?"
      Aarin war ehrlich besorgt. Irgendwie hatte er Sally dazu bekommen, ihm ihre Sorgen zu beichten. Gabriel hatte ihn ja vorgewarnt, dass seine Ausstrahlung als Engel eine beruhigende Wirkung auf Menschen hatte und sie dazu brachte, sich in seiner Nähe sicher zu fühlen. Und er interessierte sich wirklich. Wenn Menschen litten, dann schien ihr Umfeld den Schmerz mitzutragen. Er wollte diesen Schmerz wenigstens ein bisschen lindern - und er hatte gelesen, dass es Menschen half, über ihre Probleme zu sprechen.
      Sally seufzte und sah sich kurz um. Es gab keine weiteren Gäste, die für den Moment bedient werden mussten, also ließ sie sich auf den Stuhl ihm gegenüber nieder.
      "Nicht gut," sagte sie. "Sie haben irgendeinen Test gemacht und ja, sie hat eine Lungenentzündung."
      "Das tut mir leid."
      Aarin hatte keine Ahnung, was eine Lungenentzündung war, aber es klang höchst ungesund.
      "Sie kriegt jetzt Antibiotika und alle hoffen, dass das reicht, aber mit all den anderen Sachen, die sie auch noch hat..."
      Sally hielt inne und sammelte sich. Aarin folgte einem Impuls und legte seine Hand auf ihre, suchte ihren Blick.
      "Kannst du dir nicht vielleicht ein paar Tage frei nehmen und zu ihr fahren? Ich bin mir sicher, sie würde sich darüber freuen, ihre Enkelin zu sehen."
      Sally lächelte traurig.
      "Jemand müsste meine Schichten übernehmen, damit das klappt," erklärte sie.
      Aha!
      "Was ist denn mit Kyle? Hat der nicht gerade frei von der Uni? Er ist doch ein ziemlich freundlicher Kerl. Ich bin mir sicher, er hilft gern, wenn du ihn fragst."
      Aarin war sich sicher, dass er bloß die offensichtlichen Lösungen aufzeigte, aber wie immer schien er damit genau ins Schwarze zu treffen. Sallys Gesicht hellte auf, sie straffte den Rücken ein wenig.
      "Ich glaube, du hast Recht," meinte sie. "Ich werd' ihn fragen. Danke, Aarin! Du hast mir mal wieder die Gedanken entwirrt."
      Aarin lächelte jetzt auch.
      "Immer wieder gern," antwortete er.
      Sally stand auf und hüpfte zurück hinter den Tresen, um mit Kyle zu sprechen. Und Aarin hoffte, dass der junge Mann die Möglichkeit beim Schopf ergriff und wirklich etwas Gutes tat - und sich nicht weiter mit dem Dämon beschäftigte.
    • Der seltsame Typ widmete sich schnell wieder seiner Zeitung als er merkte, dass Levi seinen Blick erwiderte. Naja, wohl nicht so wichtig, manche Menschen waren einfach ziemlich intolerante Idioten. Der Dämon drehte sich um als er seinen Namen hörte, um seine Bestellung entgegenzunehmen. Da hatte sich Kyle ganz schön viel Mühe gegeben, auch wenn Levi nicht genau wusste was er da bekommen hatte, der ganze Schlag machte es aber zumindest schonmal ansehnlich.
      "Geht aufs Haus.", schmunzelte er. Levi blickte ihn an. Wie war das noch mit den guten und schlechten Taten? Levi war ja kein armer Schlucker, der Almosen nötig hatte und wenn Kyle den Kaffee am Ende des Tages nicht von seinem Geld bezahlen würde...? Ach was machte sich Levi da vor, wenn er es nicht tat, dann nur weil er vergesslich war. Nachdem er nicht wusste, ob diese Tat überhaupt in eine Richtung tendierte, nahm er dankend an. Im nächsten Moment kam auch schon eine junge Frau um den Tresen. Bevor sie überhaupt etwas sagen konnte, stellte Kyle Levi vor.
      "Gutes Timing. Sally, das ist Levi, Levi, Sally. Wir studieren zusammen."
      "Nett dich kennenzulernen.", lächelte der Dämon freundlich während er schon ein wenig an dem Schlag löffelte.
      "Ja freut mich auch. Kannst ruhig öfter hier vorbeischauen, hier sind sowieso hauptsächlich Studenten unterwegs... hm, wie ein BWL Student siehst du mir gar nicht aus."
      Levi grinste. "Meine Eltern bezahlen mir meine Bude nur 'wenn ich etwas Praktisches lerne', ich sitze auch in einigen Kunst Kursen, das will ich eigentlich machen."
      "Oh, das passt schon eher.", kicherte Sally, aber sie hörte schon bald damit auf. "Du sorry, ich müsste mal kurz mit Kyle reden. Hast du kurz Zeit?"
      "Kein Problem.", nickte Levi und auch Kyle hatte gerade Zeit.
      "Klar, was ist denn?", fragte er Sally ein wenig zu unbeschwert, selbst Levi konnte erkennen, dass ihr etwas auf dem Herzen lag und er kannte sie noch nicht einmal. Vielleicht lagen ihm menschliche Gefühle aber auch nur... nein, Kyle war einfach ein bisschen dämlich.
      "Naja, du weißt ja, dass es meiner Großmutter nicht so gut geht... ich würde sie gerne besuchen. Meinst du... jetzt in den Ferien, könntest du da vielleicht ein paar meiner Schichten übernehmen, damit ich rüber fahren kann?"
      "Äh also... klar welche denn...?"
      "Naja ich brauche vermutlich ein bis zwei Tage um jemanden zu finden, der meine Katze füttert und so weiter, aber wäre toll, wenn ich vielleicht Donnerstag oder Freitag los könnte? Geht das?"
      Levi hörte immer noch zu, so wenig auffällig wie möglich, während er einen Löffel in seinem Kaffee kreisen lies und auch auf diesen starrte. Kyle stockte.
      "Naja ich wollte eigentlich endlich mal an meiner Arbeit schreiben, aber... das kriegen wir schon irgendwie hin." Oh-oh, das war gar nicht gut. Das klang ja schon fast aufopfernd von Kyle.
      "Hattest du Samstag nicht auch das Date mit dieser Kleinen?", mischte Levi sich ein. Irgendwie würde er das doch noch herumdrehen können, ohne dabei selbst wie der größte Arsch auszusehen.
      "Ja stimmt..."
      "Sorry, ich wollte nicht lauschen, aber hört Mal, du musst unbedingt deine Oma besuchen, ich hatte meine Oma auch total lieb und du brauchst endlich mal wieder einen netten Abend zu Zweit. Ich hingegen hab absolut nichts Besseres zu tun und obwohl mir meine Eltern meine Bude bezahlen, könnte ich ein wenig Taschengeld ganz gut gebrauchen - Cocktails sind nicht billig. Vielleicht kann ich ja übernehmen. Ich hab Referenzen und bin eine billige Arbeitskraft über die Ferien."
      "Ich glaube nicht, dass das so einfach ist.", erwiderte Kyle.
      "Und das musst du auch gar nicht für mich tun, wir kennen uns doch gar nicht." Diese Höflichkeit die Menschen immer an den Tag legten... einem geschenktem Gaul, schaut man nicht ins Maul, oder? Eine Redewendung die wohl so einigen Dämonen schon geholfen hatte.
      "Na hört mal, ich will mir einfach nur ein wenig was dazu verdienen.", grinste Levi. "Wie klingt das; Kyle kann ja deine Schichten mal übernehmen und wenn ich euren Boss nicht rumkriege mich kurzfristig einzustellen, dann musst du dein Date eben verschieben und wenn doch, dann haben wir alle was davon!"
      "Ich meine... das klingt nicht schlecht. Danke euch beiden jedenfalls.", lächelte Sally.
      "Ich schreib dem Boss mal... wenn wir Schichten tauschen, dann müssen wir sowieso auch mit ihm reden." Kyle fischte sein Smartphone aus seiner Schürze und tippte darauf herum.
      "Okay ich muss mal wieder! Sag mir wenn er antwortet Kyle."
      "Mach ich."
      Sally verzog sich vorerst wieder zu den Gästen, sie hatte einen Tisch abzuräumen. Levi musste zugeben, dass er vielleicht ein wenig zu direkt gewesen war, aber er hatte einfach den Mund aufgemacht, bevor er darüber nachgedachte hatte, was dabei heraus kam.
      "Sorry falls ich ein wenig zu forsch war. Aber ich meins ernst und wenn's nur die eine Schicht am Samstag ist. Muss dein Boss ja nicht wissen, dass ich für dich einspringe, wenn's anders nicht klappt." Levi zwinkerte Kyle zu, der nur darüber lachte. Na und wenn es nur war, dass er einen Abend die Arbeit schwänzte, dann war das immer noch ein kleiner Sieg, oder?
    • Das war doch jetzt wohl nicht sein Ernst, oder?! Aarin war so kurz davor gewesen, gleich zwei gute Dinge für zwei verschiedene Menschen zu arrangieren und dieser schmierige Dämon mischte sich einfach so ein und machte seine Arbeit mir nichts, dir nichts zu nichte?! In seiner Wut zerknüllte Aarin doch glatt die kleine Serviette, die mit seiner Teetasse und dem kleinen Keks gekommen war.
      Aber okay. Sally würde ihre Großmutter besuchen gehen können, das war der wichtigste Punkt in dieser ganzen Sache, wenn er so darüber nachdachte. Nur dass der gute Wille Kyles vielleicht gar nicht zählte. Zählte die Intention, etwas Gutes zu tun? Wieso hatte ihm denn niemand die Spielregeln erklärt?!
      Sally ging wieder ihrem Job als Kellnerin nach, während sich Kyle einer Textnachricht widmete. Der Dämon stand noch immer beim Tresen herum, ignorierte alle sozialen Konventionen indem er sich einfach nicht hinsetzte. Da steckte Aarin so viel Arbeit in sein eigenes Verhalten, um nicht aufzufallen und dann kommt da einfach so ein Dämon daher und macht, was er will... Kein Wunder, dass die Gewalten sie ausschalteten, sobald sie einen Dämon sahen. Sie verdienten es! Ganz eindeutig!
      Aarin trank seinen Tee aus. Er faltete seine Zeitung zusammen und bezahlte bei Sally, wünschte ihr viel Glück und gute Genesung für ihre Großmutter, dann verließ er das Café. Er ging nicht besonders weit. Stattdessen drückte er sich in der Nähe des Cafés herum und wartete darauf, dass dieser Dämon auch ging. Er würde ihn abfangen und mal ein Wörtchen mit ihm reden müssen. Wobei...
      "Mist," fluchte Aarin.
      Was, wenn dieser Dämon gar keine Ahnung davon hatte, wie wichtig Kyle war? Der würde gar nicht mehr locker lassen, wenn das rauskäme. Er musste sich etwas anderes überlegen, um den Dämon loszuwerden, ohne dabei preiszugeben, warum er so interessiert an ihm war. Nur was? Oh! Was, wenn sich Aarin als Fürst (dritte Hierarchie, erster Chor) ausgab? Die beschützten Territorien! Der Dämon würde gar nicht wissen, dass er wegen Kyle hier war! Ha! Ja, das würde Aarin machen!
      Vor lauter Ränkeschmieden verpasste Aarin beinahe den Moment, als der Dämon aus dem Café kam. Er folgte ihm für eine kleine Weile, bis sich ein guter Moment ergab, in dem sie mehr oder weniger allein auf einer wenig genutzten Straße waren. Aarin beschleunigte seine Schritte, bis er den Dämon einholte, dann packte er den Dämon am Arm und schubste ihn gegen die nächstbeste Hauswand.
      "Tag auch, Dämon," zischte er und versuchte dabei so wütend zu klingen wie Michael es immer zu sein schien. "Würdest du mir bitte verraten, was du in meinem Territorium machst?"
      War das zu freundlich? Ach, egal. Im Gegensatz zu Dämonen wirkte alles freundlich.
    • Gute Tat abgewandt... vielleicht. Naja, für jetzt konnte Levi nichts mehr tun, also setzte er sich nach einem weiteren kurzen Gespräch an einen freien Tisch, um seinen Kaffee auszutrinken. Während er das tat, war er mit seinem Smartphone beschäftigt. Es fiel ihm nicht schwer sich unter die Menschen zu mischen, er mochte dieses kleine Ding und hatte jede Menge Leute mit denen er chatten konnte, oder er schaute ein paar kurze Videoclips. Er konnte sich hier sicher gut niederlassen, in diesem Café voller Studenten. Er konnte sich einfach einen Block Papier und ein paar Stifte mitnehmen und etwas malen. Ein Zeitvertreib der ihm in der Hölle ab und an vorgeworfen wurde, wenn auch nur aufgrund seiner durchaus langweiligen Materialauswahl. Er war gar nicht Mal schlecht, es reichte jedenfalls, um den Anschein zu erwecken, dass er irgendwann einmal Künstler werden wollte. Während andere Studenten in ihre kleinen Notizbücher schrieben, in ihre Laptops tippten, oder einfach nur ein Buch lasen, konnte er etwas malen wenn er seinen Kaffee trank und es würde niemandem auffallen. Als er ausgetrunken hatte, sagte er Kyle noch, dass er ihn auf dem Laufenden halten sollte, seine Nummer hatte er ja. Anschließend verabschiedete er sich, er wollte immerhin nicht zu aufdringlich sein, heute hatte er sich ja bereits aus dem Fenster gelehnt.
      Levi ging für heute nach Hause, auf dem Weg würde er sich noch ein paar Snacks holen. Er musste nichts essen, nicht wirklich, aber er konnte und Popcorn passten gut zu einem Film. Auf dem Weg fiel ihm auf, dass der Geruch von Weihrauch irgendwie immer noch an ihm klebte. Er hasste den Geruch nicht, aber es war doch seltsam. Die Schritte hinter sich hörte er auch und dann wurde er auch schon unsanft gegen eine Hauswand geschubst.
      Levi war kein Dämon der auf Gewalt aus war und dementsprechend fuhr er auch nicht gleich seine metaphorischen Krallen aus, sondern blickte vielmehr verwirrt und gleichermaßen interessiert in das Gesicht des Aggressors.
      "Ach du.", erwiderte er in das Gesicht des seltsamen Mannes vom Cafe blickend. Dämon, huh? Ein Engel? Wie süß der doch war. Kein himmlisches Donnern, das seine Stimme begleitete? Neben Dämonen wie Beelzebub wirkte dieser Engel ja fast schon niedlich. Waren alle Engel so? Von den Erzengeln erzählten sich Dämonen Schauergeschichten, aber das hier war keiner.
      "Hey, ich will keinen Ärger. Eigentlich sind eure Territorien auch ganz gut abgesteckt. Komisch, ich wusste nicht, dass dieser Bereich unter eurem Schutz steht." Tat er auch nicht, Ash wüsste das und hätte Levi davon berichtet. Levi kniff seine Augen zusammen und musterte den Engel. Ob er auch wegen Kyle hier war?
    • Das... lief nicht so, wie sich Aarin das vorgestellt hatte. Sollte Dämonen nicht eigentlich Angst vor Engeln haben? Oder sich sofort gegen sie wehren? Soweit Aarin wusste, waren die meisten Interaktionen zwischen Dämonen und Engeln doch eher kriegerischer Natur. Natürlich hatte er selbst noch nie einen Dämon getroffen. Die kamen eben nicht wirklich oft in den Garten Eden.
      "Komisch, ich wusste nicht, dass dieser Bereich unter eurem Schutz steht."
      Okay, okay, das war noch zu retten.
      "Als ob wir uns euch mitteilen würden, wenn wir neue Grenzen ziehen. Du hast meine Frage nicht beantwortet, Dämon," Aarin überlegte kurz. "Sprich, oder du wirst es bereuen."
      Aarin hatte noch nie jemanden bedroht, aber er war sich ziemlich sicher, dass man das so machte.
      Jetzt, wo er die Gelegenheit hatte, sich einen Dämon mal aus der Nähe anzusehen, tat er das auch. Der hier wirkte eigentlich ziemlich menschlich, wenn man mal von den Hörnern und dem Schwaz absah. Am Ende war das hier einer von diesen Halbdämonen, von denen Aarin vor Ewigkeiten mal gehört hatte. Kurz nach der Rebellion hatte es richtig Stress gegeben wegen den Nephilim - halb Engel, halb Mensch, scheinbar richtig hässlich und sehr ungesund für die Erde. Michael war regelmäßig die Hutschnurr geplatzt, weil er sich ständig mit diesen Riesen hatte herumschlagen müssen, bis Gott selbst eingeschritten war und sie alle mit einer großen Flutwelle weggefegt hatte. Aarin erinnerte sich an das Chaos im Garten damals. Anders, als es sich die Menschen erzählten, hatte nämlich nicht nur Noah die Tierwelt gerettet. Die meisten Tiere waren vorher von der Erde in den Garten evakuiert worden und das war eine ziemliche Mammutaufgabe gewesen (auch wenn es zu dem Zeitpunkt nur noch im Garten Mammuts gegeben hatte, aber das ist eine andere Geschichte).
      Dieser Dämon hier wirkte nicht wie der Spross von einem Gefallenen. Und er wirkte nicht wie eines der Höllenmonster, von denen er gehört hatte. Also konnte er nicht so mächtig sein, oder? Hm. Sollten Dämonen nicht auch nach Salpeter oder sowas riechen? Abstoßend? Der hier roch eigentlich... ganz gut. Nach Blumen. Nach...
      Aarin stoppte sich, konzentrierte sich wieder auf den Dämon und nicht auf die verschiedenen Pflanzenarten in seiner persönlichen Duftnote. Er musste den Dämon loswerden und das schnell, bevor er sich weiter an Kyle ranmachen und die Welt vernichten konnte.
      "Ich werde mich nicht wiederholen, Dämon," setzte er nach und hoffte, dass er dabei genug Autorität ausstrahlte.
    • Fiel die Fassade dieses Engels für einen kurzen Moment in sich zusammen? Ja ganz sicher! Levi war nicht sonderlich mächtig, also wollte er sich mit überhaupt keinem Engel anlegen, aber dieser hier schien neu hier zu sein.
      "Ach das müsst ihr gar nicht, ihr seid normalerweise ziemlich auffällig.", erwiderte Levi und legte den Kopf schief. Wenn er kein Fürst war, was war der Engel dann? Wieso war es ihm überhaupt so wichtig herauszufinden was Levi hier trieb? Das war doch äußerst verdächtig. Hier war nicht viel los, wenn der Engel gewollt hätte, hätte er Levi vielleicht in tausend Teilchen zerlegen können, ohne dass es groß auffallen würde.
      "Nachdem du kein Fürst, oder wie auch immer ihr das nennt, bist, ist das hier auch nicht dein Territorium. Damit erübrigt sich deine Frage irgendwie. Wie ein Schutzengel siehst du mir aber auch nicht aus.", antwortete Levi dem großen, bösen Engel. "Sag mal, gefall ich dir? Du hörst ja gar nicht mehr auf mich anzustarren." Levi kicherte. Hoffentlich trieb er es hier nicht zu weit und selbst nach Informationen zu fischen schien bei so einem stoischen Engel doch schwierig. Wenn er aber tatsächlich kein Fürst und kein Schutzengel war, dann konnte es ja nicht so viele andere Optionen geben? Wenn die Dämonen von Kyle wussten, dann bestimmt auch die Engel, auch wenn sich Levi die Wichtigkeit dieses Einfaltspinsels nicht wirklich offenbart hatte, seit er hier war.
    • "Woher weißt du-"
      Aarin stoppte sich, bevor er zu viel verriet. Aber das hatte er schon, oder? Himmel noch mal, warum machte er hier bloß so viele Anfängerfehler?! Er war einfach nicht für diese Sphäre gemacht! Er war ein Wächter des Gartens, kein Wächter des Kyles und schon gar kein Verhörer der Dämonen! Wo war Michael, wenn man ihn mal brauchte?!
      "Nein, du gefällst mir nicht! Du gefällst keinem einzigen Engel!"
      Aarin ließ von dem Dämon ab und ging ein paar Schritte auf und ab, fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Dann blieb er vor dem Dämon stehen und stemmte die Hände in die Hüften. Das hier konnte doch nicht so schwer sein, dachte er sich. Der Typ war ein Dämon, und er war ein Engel. Sie waren von Natur aus Feinde und von Natur aus gewann seine Seite. So war es schon immer gewesen und so würde es auch immer bleiben.
      "Dein Hörner," sagte er schließlich. "Sie sind... irritierend."
      Dass er noch nie welche auf einem menschlich wirkenden Kopf gesehen hatte, ließ er jetzt mal geschickt aus; das musste der Dämon nicht wissen. Genauso wenig wie er wissen musste, dass er Aarins erster Dämon überhaupt war. Anstatt das zuzugeben, besann er sich auf sein ursprüngliches Wissen. Vom Moment seiner Geburt an hatte er gewusst, was er war und was seine Aufgabe war. Simpler ging es gar nicht. Er musste es nur auf eine neue Situation anwenden.
      "Ich bin kein Fürst. Ich bin auch kein Schutzengel. Das hast du schonmal richtig benannt. Zu deinem Unglück bin ich mehr als das."
      Die Straße war noch immer leer, also erlaubte sich Aarin, eines seiner Schwerter zu beschwören. Seine Schwerter gehörten ihm und ihm allein, niemand hatte die gleichen. Sie waren mit ihm und für ihn geschaffen worden. Seine schimmerten Gold, reflektierten das himmlische Licht selbst, egal zu welcher Tages und Nachtzeit (ja, er hatte es in seiner ersten Nacht auf Erden aus Neugierde ausprobiert). Sie bestanden aus drei überlagerten Klingen und er wusste, welch massiven Schaden sie einem Körper antun konnten. Ein Dämon konnte diese Schwerter nicht einmal halten, ohne Schmerzen zu erleiden.
      Aarin hielt sein Schwert einfach nur in einem Rückhandgriff, die stumpfe Seite der Klinge an seinen Unterarm gelegt. Seine Schwerter waren nicht besonders lang, die Klinge endete also schon auf halber Strecke zu seiner Schulter. Sein Griff war locker, nicht aggressiv, aber die Drohung war wohl klar. Das hoffte Aarin zumindest, das war ja erst das zweite Mal, dass er jemandem drohte.
      "Jetzt beantworte meine Frage. Was tust du hier?"
    • Aha! Levi hatte mit seiner Einschätzung also recht und der Engel biss sich gerade selbst in den Hintern. Mit Menschen zu spielen war einfach und lustig, mit einem Engel hatte es Levi noch nie ausprobiert. Normalerweise ging er ihnen aus dem Weg, sonst wäre er wohl kaum noch am Leben. Als ihm vorgeworfen wurde, dass er keinem Engel gefallen würde, setzte er ein gespielt verletztes Gesicht auf. Wie gemein. Levi bildete sich etwas auf sein Gesicht ein, deswegen benutzte er auch sein eigenes.
      Der Engel hatte dieses Verhören noch nicht so ganz verstanden und watschelte ein paar Schritte hin und her. Levi war davon größtenteils verwirrt und sah ihm dabei zu.
      "Deine Hörner. Sie sind irritierend." Levi rollte die Augen nach oben, als könne er besagte Hörner so sehen. Das störte den Engel also? Bevor er den Engel damit necken konnte, dass er sonst aber ganz gut aussah, machte dieser jedoch endlich ernst. Das Schwert das in seiner Hand auftauchte leuchtete unangenehm grell und es lag ein Pfeifen in der Luft, das für Menschen bestimmt nicht hörbar war. Es lag irgendwo zwischen nervend und schmerzhaft. Alles in Levis Körper sagte ihm, dass er diese Klinge definitiv nicht berühren wollte, dafür musste sie gar nicht scharf sein. Levi behielt seine dummen Kommentare für sich und seine lockere Haltung von zuvor wich ebenfalls. Der Dämon war hier definitiv im Nachteil und das machte seine ganze Haltung klar, als er zu dem Engel aufsah.
      "Okay, okay.", erwiderte er schnell und seufzte. "Ich bin mir einigermaßen sicher, dass wir aus demselben Grund hier sind," Wenn Blicke reden konnten, dann sagte der des Engels wohl so etwas wie 'und der da wäre?', "Kyle..., aber bevor du mich jetzt in kleine Stückchen zerhackst, hör mir zu!" Levi hob abwehrend eine seiner Hände. "Wenn du mich jetzt deswegen umbringst, dann müssen meine Chefs jemand stärkeren schicken der dich umbringt und dann müssen deine Engelfreunde jemanden schicken, der diesen Dämon umbringt und am Ende zanken sich Michael und Lucifer hier auf der Erde um eine menschliche Seele und das ist noch nie für irgendjemanden gut ausgegangen." Der Dämon versuchte im Gesicht des Engels zu ergründen, ob das als Grund ausreichte ihn nicht zu zerstückeln.
    • "Ich bin mir einigermaßen sicher, dass wir aus demselben Grund hier sind: Kyle."
      Der Dämon wusste also doch Bescheid. Okay. War das jetzt gut oder schlecht? All diese Fragen verdrehten Aarin so langsam den Kopf. Warum gab es dein kein Regelwerk für sowas?!
      "Wenn du mich jetzt deswegen umbringst, dann müssen meine Chefs jemand stärkeren schicken der dich umbringt und dann müssen deine Engelfreunde jemanden schicken, der diesen Dämon umbringt und am Ende zanken sich Michael und Lucifer hier auf der Erde um eine menschliche Seele und das ist noch nie für irgendjemanden gut ausgegangen."
      "Was?"
      Brilliant, Aarin, ein verbales Meisterwerk!
      Er räusperte sich, versuchte sich an einem neutralen Gesichtsausdruck. Der Dämon wollte ihn bestimmt nur verunsichern. Dann sollte er sich mal eine nette Geschichte überlegen.
      "Warum sollten sich denn bitten der mächtige Erzengel Michael und der Erste Gefallene um eine menschliche Seele zanken? Und noch dazu um eine so unscheinbare?"
      Als ob das jemals passieren würde. Sicher, irgendetwas an Kyle musste ja besonders sein, wenn er und nicht einer der vielen Schutzengel auf ihn aufpassen sollte. Aber das kam schon mal vor, wenn eine Seele großes Potenzial hatte. Nach zwei Wochen würde Aarin sowas zwar nicht unbedingt über Kyle behaupten, aber wer war er, den Plan Gottes in Frage zu stellen? Sein Auftrag war es, auf Kyle aufzupassen und ihn dazu zu bewegen, gute Taten zu vollbringen, die mit den Sieben Tugenden übereinstimmten. Es war ein bisschen irritierend, dass ein Dämon - dieser Dämon - ebenfalls auf Kyle angesetzt worden war, aber das konnte ja auch einfach Zufall sein. Der redete sich wahrscheinlich gerade sowieso nur raus. Das machten Dämonen doch, oder? Sich um Kopf und Kragen lügen, um aus etwaigen Problemen herauszukommen.
    • Okay dieser Engel hatte keine Ahnung und noch dazu glaubte er Levi nicht. Das war nicht gut.
      "Weiß ich doch nicht, aber ein paar der Prinzen wollten auch mitmischen. Frag doch deine Engelfreunde, wenn du so wichtig bist. Ich laufe ja nicht weg, du kannst mich auch morgen noch pulverisieren und wenn ich doch weglaufe, dann hast du Kyle für dich alleine." Das klang einigermaßen plausibel und Levi meinte es auch ernst. Er hatte kein Problem damit diese Informationen preiszugeben, am Ende änderte es nichts an seiner Aufgabe, oder an der Tatsache, dass sie nach Levi auch noch andere schicken würden.
      "Ich versteh's ja, Kyle ist ein ziemlicher Waschlappen und sieht auch nicht besonders wichtig aus, am Anfang dachte ich, die verarschen mich und vielleicht tun sie das ja auch, aber du als super lieber Engel, würdest doch nicht die Gefahr eingehen, dass das hier Ausmaße annimmt die die Menschen übersteigen, ohne zumindest eine Nacht darüber zu schlafen, oder?" Kyle sah definitiv nicht nach jemandem aus, der ein heiliger werden konnte. Wenn es nicht super umständlich für ihn war, dann half er Leuten, aber wenn jemand anderes übernehmen konnte, dann trat er gerne beiseite. Gleichzeitig würde dieser Typ auch nie jemanden ausrauben oder jemanden töten. Die einzige Sünde die man ihm vielleicht unterjubeln konnte war Trägheit und das war ja wohl die langweiligste. Levi war ja selbst nicht so erpicht auf solche Extreme zu setzen, er besuchte die Menschen weil er einfach ein bisschen Spaß haben wollte und manchmal war es eben lustiger, wenn man ein paar Regeln brach, egal ob Mensch oder Dämon.
    • Er hatte den Dämon unterschätzt. Diese Lüge war wirklich plausibel vorgetragen. Gut, vielleicht lag es auch daran, dass Aarin kaum Erfahrung mit Lügen hatte und sie deswegen vielleicht nicht so leicht entdecken konnte wie andere. Aber dass es eine Lüge sein musste, das war klar. Eine einzelne Seele würde niemals einen Krieg zwischen den Gewalten des Himmels und den Horden der Hölle auslösen. Das war doch Schwachsinn. Aber in einem musste er dem Dämon Recht geben.
      Mit einem Seufzen trat Aarin einen Schritt zurück und ließ sein Schwert los. Anstatt sich der Schwerkraft zu ergeben, verschwand es einfach, als habe es nie existiert.
      "Hat dich von ihm fern," orderte er. "Ich werde nicht zulassen, dass eine Seele mit Potenzial von einem einfachen Halbdämon besudelt wird."
      Aarin gab sich viel Mühe, so viel Autorität wie möglich in seine Stimme zu legen. Er hatte Metatron oft genug dabei zugesehen, wenn er die Bewohner des Himmels im Namen Gottes angesprochen hatte. Bei ihm sah das immer so leicht aus...
      "Du darfst gehen. Für den Moment."
      Aarin würde ein noch genaueres Auge auf Kyle haben müssen, jetzt wo er wusste, dass er mit diesem Dämon befreundet war. Das war nicht gut, ganz und gar nicht gut. Vielleicht sollte er versuchen, Gabriel zu erreichen und um Rat fragen?
    • Na zumindest schaffte es Levi den Engel vorerst von seinen Mordgedanken abzubringen. Er atmete erleichtert auf und seine Haltung entspannte sich wieder ein bisschen. Das Schwert und damit dieser nervige Ton, verschwanden und alles war wieder ganz normal. Levi zog ob der Beleidigung des Engels seine Augenbrauen zusammen.
      "Na die Beleidigung hab ich ja noch nie gehört. Du müsstest mich ja eigentlich sogar besser leiden können, nachdem ich halb menschlich bin?", gab er zurück. Das war wirklich weitab der Wahrheit, zumindest wenn es nach Levi ging. Eine menschliche Frau hatte ihn ausgetragen und für eine Weile zusammen mit seinem menschlichen Vater aufgezogen, aber das war auch schon alles und diese Jahre als Kind waren... seltsam und dummerweise konnte Levi sich auch noch daran erinnern. Trotzdem alterte er nicht seit er die Besten Jahre seines Lebens erreicht hatte, er konnte die Hölle betreten und verlassen wie es ihm beliebte und er konnte auch mit ein wenig Magie glänzen. Er hatte zwar keine Hufe, rote Haut, schwarze Augen, oder Flügel, aber das hieß auch nur, dass er sich unter den Menschen kaum zu verstecken brauchte. Solange sie die Hörner und den Schwanz nicht sahen, sah er völlig normal aus, wenn auch ein wenig exzentrisch. Früher, da hatte er mehr Zeit in eine Persona investieren müssen, heutzutage konnte Levi sich stylen und kleiden wie er wollte. Die Menschen machten da wirklich große Fortschritte, die von Freiheit nur so strotzten. Levi liebte diese Entwicklung!
      Aber zurück zu dem Engel. Er durfte also gehen, huh? Gut, das war einigermaßen akkurat und doch stieß es Levi sauer auf. Er würde sich nicht von Kyle fernhalten und wenn er sich an irgendwelche Menschen kleben musste, damit dieser Engel ihn nicht allein erwischte, aber er hatte auch noch eine andere Idee in der Hinterhand.
      "Na schön, ich dachte zwar nicht, dass ein Engel deines Kalibers es nötig hat, einem niederen Dämon wie mir zu drohen, aber wenn du denkst, dass du anders gegen mich keine Chance hast, dann nehme ich das als Kompliment." Levi seufzte beinahe theatralisch und wandte sich zum Gehen, jetzt da er es durfte.
    • "Beleidigung? Wenn ich dich beleidigen wollen würde, dann wüsstest du das. Ich spreche hier lediglich von Fakten. Du magst zur Hälfte Mensch sein, aber das gibt dir noch lange keine heilige Seele - dieser Funke fehlt dir, denn du wurdest als Verdammter geboren. Das ist eine Tatsache."
      Aarin zuckte unschuldig mit den Schultern. Menschen waren ihm eigentlich sogar ziemlich egal. Er hatte einfach nie genug mit ihnen zu tun gehabt, um sich eine wirkliche Meinung bilden zu können. Alles, was er wusste, war, dass Menschen mit einer unbelasteten Seele gesegnet worden waren und mit der Fähigkeit, selbst über ihr Schicksal zu bestimmen. Das war ein Geschenk Gottes und diese mussten geehrt werden. Dämonen auf der anderen Seite waren verdorbene Kreaturen, durch und durch, von dem Moment an, an dem sie geboren wurden bis zu dem Tag ihrer Vernichtung. Fakten. Tatsachen.
      "Na schön, ich dachte zwar nicht, dass ein Engel deines Kalibers es nötig hat, einem niederen Dämon wie mir zu drohen, aber wenn du denkst, dass du anders gegen mich keine Chance hast, dann nehme ich das als Kompliment."
      Aarin lachte laut auf, bevor er sich eines besseren besinnen konnte. Er schlug sich die Hand über den Mund, um sich zurückzuhalten, dann nahm er schnell wieder Haltung an.
      "Drohen? Du glaubst, das war eine Drohung?" Er schüttelte den Kopf. "Ich erlaube dir, dich weiterhin auf der Erde herumzudrücken und du glaubst ich drohe dir. Wow. Du fällst schlicht nicht in mein Aufgabengebiet und ich gebe dir hier eine Fluchtmöglichkeit. Solltest du dich Kyle noch einmal nähern, dann werde ich dich vernichten - noch eine Tatsache. Er ist meine Aufgabe, nicht deine Vernichtung. Und jetzt verschwinde. Bevor ich jemanden rufe, dessen Aufgabe es ist, deinesgleichen zu beseitigen."
      Er verschränkte die Arme vor der Brust und wartete, bis der Dämon seinen kleinen, theatralischen Abgang hingelegt hatte. Sobald der Kerl und seine Hörner außer Sichtweite waren, sackte Aarin ein bisschen in sich zusammen. Diese ganze Sache mit der Autorität war ganz schön anstrengend.
      Jetzt hatte er doch tatsächlich einen Dämon an der Backe... man, was sollte er denn jetzt machen?! Kyle finden... Mist!
      Aarin machte auf den Hacken kehrt und eilte zurück zum Café um weiterhin ein Auge auf seinen Schützling haben zu können. Er würde Kyle gar nicht mehr allein lassen können, wenn der auch von einem Dämon heimgesucht wurde!
    • Na schön, Levi verschwand für den Moment und er wollte heute sowieso nicht mehr an Kyle kleben, zumindest nicht physisch. Dieser Engel, so wie auch die meisten Dämonen, hatten keine Ahnung von der Welt der Menschen, überhaupt keine. Als Levi also irgendwann später Abends sein Smartphone herauskramte und Kyle ihm schrieb, dass er jetzt Feierabend hatte und noch Neuigkeiten von seinem Boss hatte, war dieser Engel nicht zur Stelle, um Levi zu pulverisieren. Das war nicht überraschend. Früher oder später würde er ihm wohl oder übel wieder über den Weg laufen, aber für den Moment beschränkte sich seine Kommunikation auf die Wunder des Internets.
      Levi überlegte ob er jemandem von dem Engel berichten sollte, kam aber zu dem Schluss, dass er selbst mit ihm fertig wurde. So wie er sich umgesehen hatte, wollte er keine Szene veranstalten, also würde er ihn im Café oder auf der Uni auch nicht angreifen. An der Uni hatte er ihn ohnehin nicht gesehen. Am Ende tauchte er noch als Dozent für Theologie auf... oder Artenlehre? Das wäre lustig.

      Am nächsten Tag blieb Levi nichts anderes übrig, als zum Café zu gehen. Immerhin hatte er seine Dienste angeboten und der Herr Engel würde ja sicher auch nicht wollen, dass Kyle sein Date verpasste. Heute hatte er extra eine stylische Mütze über die Hörner und spitzen Ohren gezogen, damit sein neuer Freund sich nicht so sehr aufregte. Wie schon am Tag zuvor stolzierte er einfach in den Laden, wurde aber schnell von Kyle in den hinteren Mitarbeiterbereich gelassen. Seinen Boss um den Finger zu wickeln war für Levi nicht schwer und Ash hatte über Nacht ein paar Arbeitszeugnisse rüberwachsen lassen, die Levi auch noch vorzeigen konnte. Der Charm den er auf Menschen - und auch Dämonen - einwirken ließ, war oft nicht von langer Dauer, weswegen das für Kyle keine wirkliche Option war, aber wenn sein Boss sich in ein paar Wochen dachte, dass er doch verrückt gewesen war Levi so kurzfristig einzustellen, dann war daran auch nichts verkehrt, selbst wenn er Levi gegenüber etwas misstrauisch sein würde.

      Und so kam es wie es kommen musste, Levi hatte den Job über die Ferien und konnte sofort anfangen. Heute waren Kyle und Sally beide noch hier und sollten Levi eine Einführung geben. Da stand er also nun, mit einer neuen Schürze bewaffnet und hörte Kyle dabei zu, wie er ihm die komplizierte Kaffeemaschine erklärte. Als sich alles ein wenig beruhigt hatte, machte er sich dann daran einen beruhigenden Grüntee zuzubereiten, den er ungefragt an den Tisch des Engels brachte. Hing der jeden Tag den ganzen Tag hier ab? Jedenfalls schob er ihm das heiße Getränk über den Tisch zu. Ein Friedensangebot vielleicht? Bestechung?
    • Aarin saß in dieser Nacht auf dem Dach des Apartmentgebäudes, in dem Gabriel ihn untergebracht hatte. Er hatte sich sagen lassen, dass es nichts besonderes war, aber wie immer fehlten ihm die Bezugspunkte, um sich darüber eine wirkliche Meinung zu bilden. Aber er hatte keinen Balkon und das störte ihn definitiv. Noch dazu war ads Haus nicht besonders hoch. Dennoch zog es Aarin hinauf auf das Dach, Nacht für Nacht. Von hier aus betrachtete er die Stadt, die unter seinen nackten Füßen ruhte. Das Konzept von Höhenangst war ihm noch fremder als Menschen und all ihre sozialen Regeln.
      Aarin rollte seine verspannten Schultern. Er sah sich kurz um, dann zog er sich das T-Shirt über den Kopf und streckte seine vier Flügel hinter sich aus. Er fühlte sich sofort besser. Nicht in hundert Jahren hätte er erwartet, dass es so anstrengend sein würde, als Mensch zu erscheinen - nicht nur im sozialen Sinne. Und jetzt musste er sich auch noch mit einem Dämon herumschlagen, der sich schon in das Leben seines Schützlings gefressen hatte.
      Er hob den Blick gen Himmel, wo die Sterne funkelten. Von hier aus konnte man die Silver City gar nicht sehen, nicht einmal wenn man wusste, wonach man suchen musste.
      "Warum ich?" murmelte Aarin.
      Er stellte damit nicht die Entscheidung Gottes in Frage, keineswegs. Er fragte sich bloß, naja, warum er? Was qualifizierte ausgerechnet ihn für diese Arbeit? Er war kein Schutzengel, er war keine Gewalt. Weder das Beschützen von Menschen, noch das Bekämpfen von Dämonen war seine Aufgabe. Dafür war er im wahrsten Sinne des Wortes nicht gemacht worden. Und doch hatte ihn Gott - sein Erschaffer - hier her geschickt und ihm diese Aufgabe gegeben. War es eine Belohnung? Eine Bestrafung? Eine Prüfung? Aarin sehnte sich nach Klarheit. Aber niemand antwortete auf seine Gebete. Nicht einmal Gabriel.

      Bewaffnet mit der neuen Tagesszeitung und einem Buch über Hunderassen und ihre Geschichte - Aarin kannte sich zwar mit den Hunderassen aus, aber er wusste nicht, warum die Menschen sie gezüchtet hatten und wollte mehr erfahren - betrat Aarin am nächsten Tag das Café und ließ sich an seinem Stammtisch nieder. Mittlerweile musste er schon gar nicht mehr bestellen, er bekam seinen Tee einfach so hingestellt. Also machte er es sich einfach bequem, bevor er seinen Blick durch den Raum schweifen ließ - und sich beinahe an Luft verschluckte. Dieser Verdammte Dämon stand doch tatsächlich mit Kyle hinter dem Tresen und ließ sich die Kaffeemaschine erklären! Wie konnte er es wagen?! Er hatte ihn doch gestern erst dazu aufgefordert, sich von Kyle fernzuhalten!
      Aarins Blick bohrte sich in den Hinterkopf des Dämons, während er den Barista spielte. Hätte er damit töten können, wäre der Dämon auf der Stelle in Flammen aufgegangen. Aber diese Macht hatte er nicht, also musste er sich damit zufrieden geben, den Dämon einfach nur anzustarren.
      Und dann hatte dieser Dämon auch noch die Nerven, ihm seinen Tee zu bringen! Diese bodenlose Respektlosigkeit!
      Aarin überschlug die Beine, versuchte sich an einem ordentlichen Pokerface. Kein Grund dem Dämon zu zeigen, wie wütend er war. Er hatte hier die Kontrolle, nicht der Dämon. Ganz ruhig, Aarin.
      "Ich gehe davon aus, dass deine Anwesenheit heute ein Fehler ist, den du nicht noch einmal begehen wirst?" fragte er und versuchte dabei Uriel zu imitieren und ihre natürliche Autorität. Ob es auch funktionierte stand auf einem anderen Blatt.
      Jetzt, wo der Dämon seine Hörner unter einer Mütze versteckte, wirkte er tatsächlich wie ein einfacher Mensch in Kyles Alter. Geradezu harmlos. Aarin musste sich aktiv daran erinnern, dass er hier mit einem Verdammten sprach.
    • Der Engel war ganz offensichtlich ganz und gar nicht erfreut über Levis Anwesenheit, der Dämon allerdings fühlte sich in diesem Café ausgesprochen sicher. Hier waren zu viele Menschen, inklusive Kyle, als dass irgendein Engel irgendetwas unternehmen konnte und solange Levi sich unter den Menschen aufhielt, konnte ihm eigentlich nichts passieren. Noch dazu gab der Engel ihm heute sogar noch eine Chance, statt ihm zu sagen, dass er den Bogen überspannt hatte. Wie ausgesprochen nett von ihm, da setzte Levi sich ihm doch gleich gegenüber hin. Mit dem Ellbogen auf dem Tisch und den Kopf in seiner Hand, schielte Levi hinüber zu dem Engel, der gar keine Lust auf seinen Tee zu haben schien.
      "Na hör mal! Ich habe den Beiden gestern ein Versprechen gegeben. Du erwartest ja wohl nicht von mir, dass ich mich jetzt aus dem Staub mache? Was würde aus Sallys armer Oma werden und Kyles Date? Kyle hat mich gebeten heute hier zu sein und siehe da, ich hab den Job, wäre doch gemein von mir, jetzt Reißaus zu nehmen.", schnurrte der Dämon gespielt bestürzt. Er beäugte den Tee noch einmal und hob seinen Blick danach wieder.
      "Ich hab mir extra Mühe gegeben und reingespuckt hab ich auch nicht, falls du das denkst. Der Tee ist nicht vergiftet, Ehrenwort."
    • Geradezu entsetzt riss Aarin die Augen auf, als sich der Dämon schlicht auf den ihm gegenüberstehenden Stuhl sinken ließ. Dabei bewegte er sich so elegant wie eine Raubkatze, aber auf diese entspannte Art, nicht wie beim Jagen, wenn sie all ihre starken Muskeln anspannten. Wie das wohl bei diesem Dämon aussehen- Nein! Daran durfte Aarin nicht denken! Das vor ihm war der Feind! Und nur, weil er seine Hörner heute cleverer verbarg und beinahe wie ein Mensch aussah - beinahe! - hieß das noch nicht, dass Aarin ihn auch wie einen Menschen behandeln durfte. Er mochte diesen Dämon nicht und dabei blieb es auch!
      "Doch. Doch, ich erwarte genau das von einem Verdammten wie dir. Ihr handelt immerhin mit Lügen und Verschleierungen. Ich wette, du bleibst nur hier, bis sie sich in Sicherheit wiegen und dann verwüstest du den Laden."
      Das war ganz sicher der Plan dieses Dämons. Warum sonst sollte er sich hierher trauen? Er wollte bestimmt, dass Kyle seinen Job verlor und zu sündigeren Methoden griff, um sich über Wasser zu halten. Ja! Das war es! Was für ein teuflischer Dämon!
      "Der Tee ist nicht vergiftet, Ehrenwort."
      "Als ob du überhaupt wüsstest, wie man das Wort 'Ehre' buchstabiert."
      Aus Protest hob Aarin die Teetasse trotzdem an seine Lippen und nahm einen großen Schluck. Er verbrannte sich dabei die Zunge, weswegen er schnell schluckte. Während die sengende Hitze durch seinen Rachen hinunter kroch gab er sich alle Mühe, sich nicht anmerken zu lassen, wie unangenehm das eigentlich war.
      "Du kannst von Glück reden," krächzte Aarin, dann räusperte er sich kurz. "Du kannst von Glück reden, dass wir hier nicht allein sind, Dämon. Sonst würde ich dich dorthin zurückschicken, wo du hergekommen bist."