Heaven's Exile [Yuna-Takahashi | Atomic]

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    • Heaven's Exile [Yuna-Takahashi | Atomic]


      Der Regen fiel unbarmherzig vom Himmel, prasselte gegen das Dach des alten Backsteingebäudes und mischte sich mit dem Schmutz auf den Straßen. Die Lichter der Stadt waren gedämpft, ihre pulsierenden Farben spiegelten sich in den Pfützen, die sich überall sammelten. Gabriel aka. ‘Gabe’ stand vor der Absperrung, den Kragen seines Mantels hochgeschlagen, während der vertraute Geruch von Blut und feuchtem Asphalt in die Luft stieg. Er zog an seiner Zigarette, blies den Rauch aus und sah zu, wie der graue Schleier in der regnerischen Nacht verschwand.
      „Detective Mercer?“ Eine junge Polizistin kam auf ihn zu, ihr Gesicht angespannt, ihre Augen nervös. „Das ist... es ist schlimmer als wir gedacht haben.“
      Gabe nickte knapp, warf die Zigarette auf den Boden und zertrat sie, bevor er unter dem gelben Absperrband hindurchging. Die Szenerie vor ihm war... verstörend, sogar für jemanden wie ihn, der mehr als seinen Anteil an Leichen gesehen hatte. Das Opfer lag in der Mitte eines engen, dunklen Raums, der nur schwach von den Straßenlaternen draußen beleuchtet wurde. Kerzenreste waren in einem groben Kreis um den Körper verteilt, die Flammen lange erloschen, aber der schwarze Ruß auf dem Boden war noch deutlich zu erkennen.
      Das Opfer – ein Mann in den frühen Vierzigern, sein Oberkörper nackt, die Haut übersät mit grotesken Symbolen, die in sein Fleisch geritzt waren. Sein Gesicht war schmerzverzerrt, die Augen weit aufgerissen, als hätte er seine letzten Sekunden im Bewusstsein durchlitten. Aber es waren nicht die offenen Wunden oder das Blut, das Gabe aufhorchen ließ. Es waren die Symbole. Sie sahen nicht aus wie einfache Scharlatan-Rituale, die man in billigen ‘Hexenbüchern’ fand. Nein, diese Zeichen schienen mit Bedacht gewählt worden zu sein. Sie waren sauber und sorgfältig in das Fleisch geschnitten. Definitiv das Werk eines Profis und kein blutiger Anfänger.
      Gabe kniete sich hin, ließ seinen Blick über die Szene schweifen, während er den Hauch von Eisen und verfaulter Erde in der Luft wahrnahm. Schwefel? Vermutlich bloß von irgendeine der Kerzen.
      Die Polizistin, die ihm gefolgt war, hielt sich die Hand vor den Mund und trat einen Schritt zurück.
      „Wer hat ihn gefunden?“ fragte Gabe ohne aufzusehen.
      „Ein Passant. Er hat Schreie gehört... aber als er ankam, war der Mann bereits tot.“
      „Zeugen?“
      „Keine. Die Gegend hier ist ziemlich verlassen, besonders bei Regen.“
      Gabe ließ ihre Worte unkommentiert, während er weiter die grotesken, eingeritzten Linien am Körper des Opfers musterte. Ein leichter Schauder lief ihm den Rücken hinunter.
      „Holen Sie mir die Spurensicherung“, sagte er tonlos. „Ich will jedes verdammte Detail.“
      Die Polizistin nickte und verschwand schnell. Der Ermittler stand auf und starrte auf die blutigen Muster, die sich um den toten Mann wanden. Er hatte es geahnt, als er die erste Beschreibung des Tatorts erhalten hatte, aber jetzt war er sicher: Das hier war kein gewöhnlicher Mord. Es war ein Ritual. Wieder irgendein verdammter Irrer, der an übersinnlichen Schwachsinn glaubte und andere dafür leiden ließ. Ein ganz klarer Fall für die Forensische Psychiatrie.
      Er trat näher an eine der Wände heran und bemerkte dort eine Nachricht, in Blut geschrieben. Die Schrift war verzerrt und schien hastig aufgetragen worden zu sein, doch die Worte waren klar: „Die Tore werden geöffnet.“
      „Verdammter Psychopath.“, murmelte er leise. Die Spurensicherung würde das Blut analysieren, vielleicht finden sie Fingerabdrücke oder andere Hinweise. Aber Gabe wusste jetzt schon, dass es keine einfacher Fall werden würde.
      "Großartig. Ich hatte schon Angst ich würde mich Langweilen." Murmelte er sarkastisch zu niemand anderem als sich selbst.
      In the midst of chaos
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    • Die Nacht war für ein Wesen wie Luna es war alles andere als ruhig verlaufen. Während die Menschen gemütlich in ihren Betten daheim warm und sicher schliefen durchwanderte sie die durchnässten Straßen der Stadt in der sie lebte seitdem sie aus dem Himmelsreich verstoßen wurde. Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht die Dämonen unter ihnen aufzuspüren und auszuradieren um ihren Platz oben wieder zu erlangen. Ab und an jedoch quälten sie starke Zweifel ob das Ganze was sie hier immer und immer wieder tat überhaupt etwas brachte. Bisher hatte sie keinerlei Zeichen bekommen ob sie das Richtige tat oder nicht.
      Doch all diese Zweifel wichen sofort beiseite sobald sie die Anwesenheit von Dämonen wahrnahm.
      Und auch in dieser Nacht spürte sie sogleich mehrere dieser Wesen innerhalb eines gewissen Radius.
      Sofort bewegte sie sich in Windeseile zu diesen Ort. Kam allerdings zu spät um dem Menschen helfen zu können der in der Mitte eines Rituals als Opfer diente. Mit dem Wort "Verdammt.." rannte sie auf die Dämonen zu um sie aufzuhalten.
      Einen von den insgesamt drei Dämonen konnte sie mit ihrem Himmelsleuchten blenden und zudem gegen eine der Wände schleudern.
      Jedoch traf sie einer der Anderen und schnitt ihr den Oberarm auf. Daraufhin lachten die Dämonen gemeinsam wie in einen Horrorchor und verschwanden einfach. Sie hatten eh bereits das was sie wollten...
      "Mist! Ich war einfach viel zu langsam und zu unbedacht!", sagte Luna mit Frust in die Luft hinein.
      Sie schaute sich noch etwas um und versuchte ihre Spuren zu beseitigen, bevor sie vom Tatort verschwand. Nicht das sie womöglich noch gesehen wurde.
      Etwas später beobachtete Luna, während sie ihren Arm notdürftig mit einen Stofffetzen verband, von einem nahegelegenen Dach aus wie die Polizei eintraf.
      Dann riegelten sie alles ab und taten ihrer Werke. Heraus stach lediglich eine junge Polizistin die immer wieder zu einem Mann hin lief um ihm wohl etwas zu bringen. Er schien wohl höher gestellt zu sein als sie.
      Sie überlegte kurz ob sie nicht mal eben kurz ihre Fähigkeiten nutzen sollte um zu lauschen.
      Normalerweise empfand Luna das als zu unhöflich. Sie selbst würde auch nicht gerne abgehört werden... aber vielleicht hat er etwas gesehen was ihr unters Radar gerutscht war...
      Luna stieß ihr Gewissen mal gekonnt beiseite und ließ ihren Geist aus ihren Körper entweichen um unbemerkt in den Raum mit der Leiche zu gelangen. Dort hörte sie gerade das Ende vom Gespräch zwischen der Polizistin und dem Herrn.
      "Ich will jedes verdammte Detail."
      Etwas schmunzeln musste sie bei diesen Satz schon. Denn sicherlich würde er nicht das gesehen haben wollen was letzte Nacht hier passiert ist. So schaute Luna dem Herrn über die Schulter bei dem was er tat.
      Und tatsächlich hatte sie den Satz, den er in fünf Sekunden entdeckt hatte kaum das er hier am Tatort eingetroffen war, übersehen.
      Die Tore werden geöffnet... oh.. nein... Das haben diese Dämonen vor! Ich muss mit diesen Mann in Kontakt treten.
      Sogleich verschwand ihr Geist aus dem Raum in ihren Körper zurück und sie überlegte gar nicht lange wie sie auf den höher gestellten Polizisten zu gehen sollte. Und auch nicht wie sie ihm das sagen sollte.
      Das sorgte für ein kleines Durcheinander bei den anderen Beamten die Luna versuchten aufzuhalten. Da sie ja nicht einfach an einen Tatort gehen konnte ohne ihrer Erlaubnis.
      "Ma'am. Bitte, verstehen sie doch. Sie dürfen nicht einfach zum Detective. Wenn Sie Informationen haben können sie diese auch an uns geben. Wir reichen diese dann weiter.", sagte einer der Polizisten vor Ort und hielt Luna mit ausgestreckten Armen auf Abstand.
    • Gabe hörte den Lärm hinter sich, noch bevor er die Szene richtig registrierte. Es war nichts Ungewöhnliches, dass Schaulustige und Neugierige versuchten, einen Blick auf den Tatort zu werfen, besonders in einer Stadt wie dieser, in der das Makabere oft mehr Aufmerksamkeit bekam als das Alltägliche. Doch diesmal war es anders. Die Stimmen klangen aufgeregter, und als er sich umdrehte, sah er, wie die Polizistin, die ihm eben noch Bericht erstattet hatte – Harper, so hieß sie – sich mit ausgestreckten Armen bemühte, jemanden zurückzuhalten.
      Eine Frau, wie es schien, mit wildem Blick und einem festen Ziel vor Augen. Harper war merklich nervös und rang sichtlich damit, die Situation unter Kontrolle zu bringen. Gabe zog eine Augenbraue hoch, die Zigarette zwischen seinen Lippen festgehalten, und ging mit entschlossenen Schritten auf den Tumult zu.
      „Was zum Teufel ist hier los?“ fragte er mit ruhiger, aber bestimmter Stimme, als er näher kam. Sein Blick wechselte zwischen Harper und der Fremden hin und her, die sich offenbar nicht davon abhalten ließ, an den Tatort zu gelangen.
      „Detective Mercer,“ Harper warf ihm einen entschuldigenden Blick zu, während sie mit einer Hand versuchte, die Frau weiterhin auf Distanz zu halten. „Sie sagt, sie hätte wichtige Informationen. Aber... sie gehört nicht zur Polizei und... sie will direkt mit Ihnen sprechen.“
      Gabe ließ seine Augen über die Frau gleiten. Ihre Kleidung war durchnässt vom Regen, aber das war es nicht, was ihn stutzig machte. Es war einerseits die provisorisch verbundene Wunde an ihrem Oberarm, und andererseits die Intensität in ihrem sturmgrauen Blick, als ob sie mehr wusste, als sie zuzugeben bereit war. Oder vielleicht mehr, als sie zugeben sollte.
      Harper, noch immer verunsichert, schob sich leicht zur Seite und sah Gabe hilfesuchend an. „Ich weiß nicht, ob sie gefährlich ist oder nur aufgeregt, Sir, aber sie lässt nicht locker.“
      Gabe schnaubte leise, sein Blick blieb auf die Fremde gerichtet. „Ich entscheide, wer gefährlich ist.“
      Er trat einen Schritt näher an die Fremde heran, den Kragen seines Mantels gegen den Regen nach oben geschlagen, und musterte sie eindringlich. Die Nässe, die Kälte – all das schien sie kaum zu berühren.
      „Sind Sie eine Zeugin?“ fragte Gabe direkt und ohne Umschweife mit einer Ruhe, die seine innere Anspannung verriet. „Oder haben Sie irgendetwas mit dem Opfer zu tun?“
      Er trat direkt vor die Frau, so nah, dass er die Spannung spüren konnte, die von ihr ausging, als ob sie jeden Moment explodieren könnte – nicht vor Gewalt, sondern vor etwas anderem, was er nicht genau benennen konnte. Er war noch nicht sicher, was sie hier wollte, aber sein Bauchgefühl sagte ihm, dass sie kein normaler Störenfried war.
      „Wenn Sie etwas wissen, das mit diesem Fall zu tun hat, dann reden Sie. Jetzt.“ Seine Stimme war rau, der Nachdruck in seinen Worten unmissverständlich. „Aber wenn Sie hier sind, um mir Zeit zu stehlen, verschwinden Sie besser, bevor ich Sie wegen Behinderung der Ermittlungen verhaften lasse.“
      In the midst of chaos
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    • Das Gesagte des Detectives ließ Luna kalt. Sie einzusperren würde eh nicht funktionieren. Sie wäre schneller wieder an der frischen Luft als dieser Mann gucken könnte. Sie schaute ihm direkt in die Augen als sie mit sanfter, aber fester Stimme sprach.
      "Detective Mercer... so heißen Sie also... Es freut mich ihre Bekanntschaft zu machen."
      Daraufhin verengte dieser lediglich seine Augen und der Qualm seiner Zigarette wehte vor seinen Gesicht.
      Die Polizistin schaute zwischen den Beiden hin und her. So als ob sie die Situation nicht einzuschätzen wüsste.
      Mehrere Momente vergingen in denen sie sich nur anschauten. Durch den Regen hinweg. Bis Luna ihre Worte fand.
      "Ein paar Straßen von hier gibt es eine Bar namens Wellnut. Treffen sie mich nach ihrem Feierabend dort, Detective."
      Hier vor Ort könnte sie diesem Mercer sicherlich nicht einfach alles erzählen was ihr durch den Kopf ging.
      Einmal das mit den Dämonen, dann die Unterwelt und zudem noch das Himmelsreich und die Engel.
      Wie erklärt man überhaupt einen stumpfsinnigen Menschen die nur das Glauben was sie sehen und anfassen können so etwas?
      Noch nie zuvor war sie nach all den Jahren auf Erden auf die Idee gekommen ihr Geheimnis preis zu geben. Ihr schien es als zu gefährlich.
      Sie wusste ja nie wie die Menschen auf das reagieren würden und ob man ihnen im nachhinein vertrauen konnte.
      Doch nun musste es sein. Denn alleine kam sie gegen die ganzen Dämonen nicht mehr lange an. Das wusste sie.
      Gemächlich drehte sich Luna zum Gehen bereit um und lächelte dem Detective Abschied nehmend entgegen um durch den Regen in der Nacht zu entschwinden.
    • Der Regen hatte sich mittlerweile in ein gleichmäßiges Trommeln verwandelt, das auf die Stadt niederging, als Gabe die Zigarette von seinen Lippen nahm und die Frau vor ihm betrachtete.
      Für einen Augenblick sagte er nichts, ließ ihre Worte in der Luft hängen, während er sie weiter taxierte.
      Irgendetwas an ihr... sie war nicht einfach nur eine durchgedrehte Spinnerin, die sich wichtig machen wollte. Nein, sie wirkte ruhig, fast... überlegen? Das war ungewöhnlich. „Wellnut, hm?“ Gabe blies den Rauch durch die Nase aus, seine Stimme war leise, fast nachdenklich. Er zog ein weiteres Mal an der Zigarette, die Glut flackerte schwach auf und beleuchtete für den Bruchteil einer Sekunde sein Gesicht. „Sie kommen also einfach hierher, stören meine Ermittlung und erwarten, dass ich mich nach Feierabend in irgendeiner schäbigen Bar mit Ihnen treffe?“ Seine Augen verengten sich leicht.
      Es war ein rhetorisches Fragen, das wusste er selbst. Irgendetwas an dieser Frau ließ ihn nicht los. Vielleicht war es dise eigenartige Ausstrahlung, die sie umgab, vielleicht aber auch die Tatsache, dass sie genau in dem Moment aufgetaucht war, als er glaubte, eine Spur gefunden zu haben. Der Schnitt an ihrem Arm – kein Zufall. Die Wunde sah frisch aus. Sie war in irgendetwas verwickelt. Die Frage war nur: Was?
      Sie wollte seine Aufmerksamkeit? Glückwunsch, die hatte sie.
      Harper stand noch immer unschlüssig daneben, die Hand am Funkgerät, als ob sie auf das Zeichen wartete, Verstärkung zu rufen. Doch Gabe schüttelte unmerklich den Kopf. Keine Verstärkung. Diese Frau war nicht der typische Störenfried. Das hier war etwas anderes.
      Er und die Frau standen sich weiterhin gegenüber, und er konnte fast spüren, wie die Spannung zwischen ihnen wuchs. Sie sagte nichts weiter, drehte sich schließlich um und machte sich bereit, in der Dunkelheit zu verschwinden. Gabe spürte ein seltsames Zögern in sich aufsteigen, das er nicht recht erklären konnte. Normalerweise hätte er jemanden wie sie längst festnehmen lassen oder zumindest weiter befragen. Aber etwas hielt ihn zurück. Etwas in ihren Worten, in ihrer Ausstrahlung, die sich nicht in die üblichen Kategorien fassen ließ.
      „Harper“, sagte er schließlich, ohne den Blick von der Fremden abzuwenden die langsam in der Ferne verschwand. „Ich will, dass sie den Tatort weiter absichern und alles aufzeichnen, was sie finden. Lassen sie die Spurensicherung ihre Arbeit machen.“ Er ließ die Zigarette auf den nassen Boden fallen und zertrat sie mit dem Absatz seines Stiefels.
      Die junge Polizistin nickte, wenn auch etwas zögerlich, und ging zurück zum Tatort, wo die forensischen Teams bereits damit begonnen hatten, die Beweise zu sichern. Gabe hörte ihre Schritte, die im Regen immer leiser wurden, bevor sie ganz in der Ferne verklangen.
      Diese Frau… sie warf ihm einfach Brocken hin, und er sollte ihnen einfach folgen wie ein Hund?
      Aber die Andeutungen, das Ritual, die Symbole... es war ein Puzzle, dessen Teile er noch nicht alle kannte. Aber sie hatte eines dieser Teile. Davon war er überzeugt.
      Er warf einen letzten Blick in die Richtung, in die sie verschwunden war, und seufzte leise. Er mochte es nicht, wenn er das Gefühl hatte, dass jemand anders das Spiel bestimmte.
      „Wellnut“, wiederholte er leise, als er sich schließlich umdrehte und zurück zum Tatort ging. „Nach Feierabend. Na Großartig.“


      Der Regen hatte bis zum Schluss nicht nachgelassen. Er fiel noch immer in dichten, grauen Schleiern und verhüllte die Stadt wie ein schwerer Vorhang aus Wasser. Gabe stand vor dem Eingang zur Bar „Wellnut“ und betrachtete das alte, heruntergekommene Schild, das kaum noch lesbar war. Eine dieser Spelunken, die man leicht übersah, wenn man nicht wusste, dass sie da war. Er zog an seiner Zigarette -er wusste gar nicht, seine wievielte das heute schon war-, das leise Knistern des Tabaks vermischte sich mit dem unaufhörlichen Prasseln des Regens. Es war eine von diesen Nächten, in denen der Regen mehr zu verschlucken schien, als dass er reinwusch – und das war in dieser Stadt keine Seltenheit. Mit einem müden Blick auf seine Uhr überlegte er noch einmal, ob es ihm wirklich wert war, seine wertvolle Zeit nach Feierabend hier zu verschwenden. Ein Teil von ihm hatte gehofft, dass die Fremde es sich anders überlegt hatte. Dass er einfach umsonst gekommen war und die ganze Sache ein schlechter Scherz war. Aber sein Bauchgefühl befahl ihm, weiter hier zu warten.
      Er stieß die Zigarette auf dem nassen Asphalt aus, trat sie aus und strich sich den Mantel glatt, bevor er die Tür zur Bar aufschob. Ein dumpfer, brummender Sound von Gesprächen und Musik schlug ihm entgegen. Drinnen war es stickig und verraucht. Ein paar vereinzelte Gestalten saßen an der Bar oder in den schattigen Ecken des Raums, doch niemand beachtete ihn. Genau das, was er erwartet hatte.
      Der Ermittler ließ den Blick langsam durch den Raum gleiten, nahm die Atmosphäre auf – den miefigen Geruch von abgestandenem Bier, den leichten Geruch nach Moder, der aus den alten Holzdielen aufstieg. Er ging zur Bar und bestellte einen Whiskey, als wäre er nur ein weiterer müder Mann, der nach Feierabend ein Glas brauchte, um den Tag zu vergessen.
      Er hatte nicht vor, viel zu trinken. Er wollte nur eine Tarnung. Das war eine seiner Regeln: immer in der Masse untertauchen, bevor man sich umschaut.
      Mit dem Glas in der Hand ließ er sich an einem Tisch in der hintersten Ecke nieder, wo er sowohl die Tür als auch den Rest des Raums im Blick hatte. Die Fremde war noch nicht da, zumindest nicht sichtbar. Er fragte sich, ob sie sich wirklich hierher trauen würde.
      Jeder Schluck aus dem Glas schien die Zeit in die Länge zu ziehen. Es war eine dieser angespannten Wartezeiten, in denen jede Sekunde zu einem kleinen Rätsel wurde: Kommt sie? Wird sie auftauchen? Und wenn ja, was wird sie ihm sagen?
      In the midst of chaos
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    • Luna ging ihren Weg bis zu ihrer Wohnung gemächlich entlang. Denn durchnässt war sie nun eh schon seit langen.
      Der Wohnungsblock erstreckte sich vor ihr. Er war relativ alt. Nur die Elektronik innerhalb des Blockes wurde auf den neusten Stand gehalten. Worüber jeder der Anwohner sehr froh war.
      Sie wühlte aus ihrer Hosentasche einen Bündel Schlüssel hervor, woran ein kleiner Diamantenanhänger hing.
      Eine Erinnerung an die wunderbare Zeit im Himmelsreich.
      Die Schlüssel gaben ein Klirren von sich bis Luna den Richtigen gefunden hatte und die Eingangstür aufschloss.
      Endlich wieder im trockenen grüßte Luna eine ihrer Nachbarinnen die gerade auf dem Weg in die Waschküche zu sein schien.
      Dann trat sie an den Fahrstuhl des Gebäudes der zum Glück gerade im Erdgeschoss hielt.
      Als sich die Türen öffnen erwartet Luna jemanden entgegen zu kommen. Jedoch trat niemand heraus und niemand befand sich im Fahrstuhl.
      "Unheimlich...", sagte Luna zu sich selbst und betrat den Fahrstuhl mit einem mulmigen Gefühl.
      Dann hörte sie allerdings eine ältere Stimme aus dem X-ten Stockwerk zu ihr runter rufen.
      "Habe ich gern gemacht!"
      Mit einem lauten Lachen und einem "Danke!" reagierte Luna darauf, bevor sie im Fahrstuhl den neunten Stock anklickte.
      Die Fahrstuhltüren schlossen sich mit einem schleichenden Geräusch und dieser setzte sich in Gang.
      Ziemlich schnell zeigte die Anzeige das richtige Stockwerk an und die Türen gingen schon wieder auf.
      Luna tapste zu ihrer Wohnungstür und stolperte dabei beinahe über die Müllsäcke die jemand vor seiner Tür gestellt hatte.
      Sie rollte genervt die Augen und schloss schließlich ihre eigene Wohnungstür auf.
      Ihre Wohnung war sehr einfach gestrickt. So als ob sie gerade erst eingezogen wäre. Es gab keine Vorhänge oder Gardinen.
      Ihr Bett bestand nur aus einem Futon. Ihre Küche, wenn man sie so bezeichnen konnte war nur eine Spüle mit zwei kleinen Herdplatten.
      An sich schien alles so zu sein, dass sie jederzeit ohne Probleme verschwinden hätte können.
      Ihre nasse Kleidung schmiss sie unters Waschbecken im Bad und sie selbst nahm eine Dusche um sich danach wieder trocken einzukleiden.
      Nachdem sie sich einen Tee gemacht hatte, las sie eins ihrer Bücher bis sie sich erneut auf den Weg machte.
      Diesmal mit einem Regenschirm in den Händen. Denn es regnete immer noch.
      Jeder ihrer Schritte gab ein Platschgeräusch von sich bis sie vor der Bar namens "Wellnut" ankam.
      Luna schloss ihren Regenschirm und schwang ihn etwas aus bevor sie eintrat.
      Ein deftiger Qualm von den Rauchern kam ihr entgegen und sie hustete etwas, während sie flüsterte: "Müsst ihr das immer so übertreiben."
      Der Barmann entdeckte sie auf anhieb und kam freudestrahlend auf Luna zugelaufen.
      Mit einer schwungvollen Bewegung riss dieser riesige Mann Luna in die Luft und begrüßte sie ganz herzlich.
      Luna lachte vor Freude bevor ihre Füße wieder den Boden berühren durften.
      "Es ist schön dich zu sehen, Wilfried. Es ist schon etwas her. Ich hatte leider ein bisschen was zu tun.", sagte sie.
      Er winkte einfach nur ab um zu zeigen das er einfach nur froh war sie mal wiederzusehen.
      So setzte sich Luna an die Bar dem Barmeister gegenüber.
      "Was kann ich heute für dich tun, meine Liebe? Tequila? Oder doch eher einen Cocktail zum entspannen?", fragte dieser mit einem Grinsen im Gesicht.
      "Du kennst mich doch, Wilfried.", gab Luna einfach lächelnd zurück und schaute sich dabei in der Bar etwas um.
      Solange bis ihr Blick an einem Mann in der Ecke des Raumes haften blieb. Er war schwierig durch den Rauch hinweg zu erkennen.
      Doch nach ein paar Momenten klappte es.
      Sie war froh das er gekommen war. So konnte sie mit ihm über alles sprechen was ihr durch den Kopf schwirrte.
      So zwinkerte sie ihm zu. Ob er es gesehen hatte oder nicht.
      Dann bedankte sie sich bei Wilfried und nahm ihren Tequila entgegen um zu Detective Mercer zu gehen.
    • Gabe saß noch immer an seinem Tisch in der hintersten Ecke der Bar, den Rücken zur Wand, die Tür im Blick. Der Whiskey vor ihm war inzwischen fast leer, das Eis geschmolzen. Sein Blick wanderte hin und wieder durch den Raum, streifte die Gesichter der Anwesenden, blieb jedoch an niemandem hängen. Die Luft war schwer von Zigarettenrauch und der abgestandenen Mischung aus Bier und Schweiß, die alte Bars wie diese durchdrang. Es war die Art von Ort, in dem Menschen kamen, um zu verschwinden, nicht um gesehen zu werden.
      Dann bemerkte er die Bewegung. Nicht das Öffnen der Tür – er hatte längst aufgehört, auf das Geräusch zu achten –, sondern das plötzliche Lachen und wie die massive Gestalt des Barkeepers sich mit einer unerwarteten Leichtigkeit bewegte, als er eine kleine, schlanke Person aufhob und sie mit einer fast kindlichen Freude umherwirbelte.
      Die mysteriöse Fremde die ihn hierher beordert hatte. Der unbefangene Umgang mit dem Barmann passte nicht zu dem Bild, das er von ihr hatte. Sie wirkte... vertraut, als wäre das hier ihr zweites Zuhause.
      Er beobachtete, wie sie sich an die Bar setzte, scheinbar ohne Eile. Sie hatte Zeit. Die Art, wie sie sich umblickte, schien beiläufig, aber Gabe entging nicht, wie ihre Augen ihn fanden und kurz bei ihm verweilten. Die Bewegung war so flüchtig, dass er sich fast fragte, ob er es sich eingebildet hatte. Doch dann sah er es – das Zwinkern.
      Ein unwillkürliches Zucken ging durch seinen Kiefer, während er die Arme verschränkte. "Also doch", murmelte er fast lautlos zu sich selbst.
      Seine Finger spielten mit dem beinahe leeren Glas, als er sie beobachtete, wie sie ihren Tequila entgegennahm und sich in seine Richtung bewegte. Mit jedem ihrer Schritte spürte er, wie sich die Spannung in seinem Körper aufbaute. Es war ein instinktives Gefühl, eines, das ihn in seiner Karriere oft vor gefährlichen Situationen gewarnt hatte. Sie war keine gewöhnliche Informantin, keine Zeugin, die zufällig in etwas hineingeraten war. Nein, sie wusste, was sie tat, und sie wusste, was sie wollte.
      Gabe lehnte sich zurück, sein Blick kalt und abwartend. Als sie an seinem Tisch ankam, warf er einen kurzen Blick auf das Glas in ihrer Hand, dann wieder in ihr Gesicht. Er sprach nicht sofort, sein Blick wanderte kurz zur Bar, dann zurück zu ihr. "Setzen Sie sich", sagte er schließlich, seine Stimme ruhig, aber mit einem scharfen Unterton. Es war keine Einladung, sondern eine Anweisung. "Also, Sie haben es geschafft", begann er, seine Stimme leise genug, dass nur sie ihn hören konnte, aber mit der Schärfe eines Mannes, der keine Geduld für Spielchen hatte. Er lehnte sich ein wenig vor, die Ellbogen auf den Tisch gestützt, sein Blick durchdringend. "Sie wollten meine Aufmerksamkeit. Jetzt haben Sie sie."
      Er nahm einen letzten Schluck aus seinem Glas, stellte es mit einem dumpfen Klang ab und verschränkte die Hände locker vor sich. "Ich hoffe für Sie, dass das hier gut wird", fügte er hinzu, sein Ton nüchtern. "Denn ich hasse es, meine Zeit zu verschwenden. Besonders nach Feierabend."
      Die Worte waren hart, aber sein Blick verriet etwas anderes – eine Mischung aus Neugier und Vorsicht. Wer war sie wirklich? Und warum hatte sie ihn hierhergelockt? Es gab nur einen Weg, das herauszufinden. Er wartete.
      In the midst of chaos
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    • Luna musste sich ein Grinsen verkneifen. Denn dieser Detective schien ziemlich ruppig zu sein.
      Wie konnte man mit so jemanden zusammen arbeiten?
      Sie folgte ohne einer Antwort seiner "Bitte" und nahm gegenüber von ihm platz.
      Dabei fielen ihre lange Haare in ihr Gesicht die sie ganz leicht wieder hinter ihr Ohr strich.
      "Erstmal freue ich mich sehr darüber das sie meiner Einladung nach gekommen sind.", setzte Luna vorsichtig zum Gespräch an und als sich Gabe vor lehnte brannte sich sein Blick regelrecht in den Ihren.
      Wobei Luna der heftige Schmerz versteckt hinter seinem Blick auffiel.
      Er musste gewaltig viel erlebt haben... So etwas hatte sie nur selten gesehen. Die meisten Menschen meinten einfach sie haben ein schweres Leben, aber in Wirklichkeit war es ihre eigene Schuld das es so schlimm war.
      Doch bei ihm war das eindeutig anders. So erwiderte sie auf seine folgenden harschen Worte: "Das werden sie nicht."
      Sie winkte zu Wilfried hinüber und dieser wusste bescheid.
      Kurz darauf traf ein neues Glas Whiskey ein und sie schob es so zart zu Gabe hinüber als könnte es zerbrechen.
      Nach einem kleinen Schluck aus ihrem Glas überlegte Luna wie sie Detective Mercer am besten alles erklären sollte.
      Es wäre zu viel alles auf einmal zu erzählen. Jedoch wenn sie etwas weglassen würde könnte dies zu Verwirrung führen sowie Missverständnissen. Und konnte sie ihm wirklich einfach so alles anvertrauen ohne das er sie für verrückt halten würde?
      Sie schob ihre Gedanken und Zweifel beiseite und versuchte ihr Glück.
      Sie sprach sehr leise damit dies auch niemand außer ihm mit kriegen konnte.
      "Sie scheinen mir kein Mann der Religion zu sein, Detective Mercer. Doch frage ich einfach mal über den Tisch hinweg. Glauben Sie an Engel und Dämonen?"
      Luna hielt das Glas vor sich so fest das es jeden Moment zerspringen konnte. Sie versuchte jede Regung von ihm zu erhaschen um zu erkennen wie er die Frage aufgenommen hatte. Er war jedoch schwer lesbar bei solchen Dingen das stand fest.
      Und so schaute sie ihm lediglich felsenfest in die Augen...
    • Der Detektiv ließ die Frage in der Luft hängen, wie eine Zigarette, die niemand ausdrückte – ein langsames Vergehen, das Raum für Gedanken und Misstrauen ließ. Sein Blick wanderte unwillkürlich zu ihrem Glas, das sie so fest hielt, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Er hob eine Augenbraue, mehr aus Reflex als aus echter Verwunderung, bevor er seinen Blick wieder hob und sie direkt ansah. Die Worte, die sie gerade gesprochen hatte, schienen keinen Platz in der stickigen, verrauchten Bar zu haben. Engel und Dämonen? Das war nicht die Art von Gespräch, die er hier erwartet hatte, nicht nach diesem Tag, nicht nach diesem Fall.
      Seine Finger trommelten kurz auf die Tischkante, ein unbewusstes Zeichen seiner wachsenden Spannung. Dann griff er nach dem frischen Whiskey, den sie ihm zugeschoben hatte, nahm einen kleinen Schluck und ließ die Flüssigkeit langsam seinen Hals hinabgleiten. Es war kein Genuss – eher eine Methode, den Moment zu überbrücken, während er sich überlegte, wie er reagieren sollte.
      Er stellte das Glas zurück auf den Tisch, drehte es leicht mit den Fingerspitzen und ließ den Blick auf das schummrige Lichtspiel im Whiskey ruhen. Die Flüssigkeit wirkte beruhigend. Aber nicht genug.
      "Engel und Dämonen." Er sprach die Worte schließlich aus, leise und mit einem Hauch von Spott, fast als würde er sie kosten. Gabe lehnte sich zurück und verschränkte die Arme, wobei er die Frau weiterhin fixierte. "Sie wissen schon, dass die meisten Menschen, die mit so einer Geschichte bei mir landen, am Ende entweder auf der Psychiatrie oder im Gefängnis sitzen, richtig?" Sein Tonfall war weder drohend noch abweisend – eher analytisch, wie jemand, der ein Puzzle aus einer neuen Perspektive betrachtet.
      Er ließ die Worte eine Sekunde wirken, beobachtete die kleinste Regung in ihrem Gesicht. Aber da war nichts, kein Zucken, keine Unsicherheit. Das machte ihn nervös. Es war nicht normal, dass Menschen so ruhig blieben, wenn sie solche Themen ansprachen – vor allem, wenn sie wussten, dass derjenige, mit dem sie sprachen, ein Ermittler war. Und Gabe konnte ihre Körpersprache meist lesen, genau wie er eine Tatortszene lesen konnte. Ihre Anspannung war nicht die eines Lügneres. Sie war die einer Person, die sich auf dünnem Eis bewegte, aber glaubte, dass sie auf der anderen Seite festen Boden erreichen würde.
      Er seufzte leise, fast unhörbar. Dann beugte er sich wieder vor, seine Hände flach auf den Tisch gelegt, sein Blick unverändert intensiv.
      "Also gut," begann er, diesmal langsamer, bedächtiger. "Ich bin vielleicht kein Mann der Religion, wie Sie sagen, aber ich habe genug gesehen, um zu wissen, dass die Welt nicht so geordnet ist, wie manche gerne glauben. Menschen verschwinden spurlos, Leichen tauchen mit Zeichen auf, die niemand entschlüsseln kann. Es gibt Dinge, die sich nicht in einem Bericht erklären lassen." Seine Stimme wurde leiser, fast ein Flüstern, das sich kaum über den Lärm der Bar erhob. "Aber das heißt nicht, dass ich blind alles schlucke, was man mir vorsetzt."
      Er lehnte sich wieder zurück und nahm erneut einen Schluck aus dem Glas. Okay, metaphorisch gesprochen.
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