Haunted [Winter & Alea]

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    • Haunted [Winter & Alea]


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      Krimi | Horror | Supernatural | a bit SoL | maybe Romance | and all the other fun stuff

      @Winterhauch & @Alea CroniX

      Vorstellung


      Wir schreiben das Jahr 1920 in der Großstadt Albhain, die Industrialisierung hat gerade ihren Aufschwung, nachdem vor zehn Jahren noch ein Krieg, indem Land Eldrian gewütet hat. Wir befinden uns in einer Welt, wo es ganz normal ist, dass Geister existieren und die Menschen heimsuchen und das mit meist tödlichem Ausgang. Es ist nur Kindern, Jugendlichen und junge Erwachsenen bis zum Alter von 25 Jahren möglich, diese Spukgestalten wahrzunehmen. Manch einer besitzt einen ganz besonders ausgeprägten Sinn, auch Gabe genannt, wie das Hören, Sehen oder Fühlen und eigenen sich so als Geisterjäger, sogenannte Agenten. Ihre Aufgabe ist es, die Bevölkerung vor den Wesenheiten zu beschützen und sie auszutreiben, die durch eine Quelle noch an diese Welt gebunden sind. Diese Quelle muss man unschädlich machen, in dem man sie versiegelt oder gar zerstört. Dazu dienen ihnen Silber, Eisen und andere Hilfsmittel, die alle im Agentenhandbuch zu finden sind, ein Schriftwerk, das jeder Geisterjäger kennt und auswendig können sollte, um sein eigenes Überleben zu sichern.

      Felix und Violet sind beide Agenten und arbeiten zu zweit in einer Zweigstelle, einer der großen Agenturen, ein Unternehmen, das sich auf die Bekämpfung und Vernichtung von Geistern spezialisiert hat. Doch scheinen sie erfolglos auf eine nennenswerte Mission zu warten, wie man vergeblich auf einem Abstellgleis auf einen Zug hofft. Bald sind sie das Herumsitzen satt und gehen auf eigene Faust auf Geisterjagd, um die Wesenheiten zu bannen und endlich den Respekt der Agentur sich zu verdienen.
      Doch zu allem Überfluss müssen sie sich auch gegen die anderen Agenturen und deren Agenten durchsetzen, wobei manchmal eine Zusammenarbeit unvermeidlich ist, da schlussendlich die Geister der gemeinsame Feind bleibt.
      Auch mit der örtlichen Polizei hat man in diesem Beruf viel zu tun, geht es ja auch oft um Morde, aus dem dann ein böser Geist hervorkommt. Somit löst man vielleicht den ein oder anderen Fall und bringt schmutzige Geschichten ans Licht, die lieber hätten verborgen bleiben sollen.
      Zudem gibt es gut betuchte Leute, die vernarrt in das Okkulte sind und somit gerne verfluchte Gegenstände erwerben und sammeln. Diese werden vom berüchtigten Schwarzmarkt verkauft und betreiben damit einen illegalen und gefährlichen, aber auch finanziell lohnenswerten Handel.
      Wie also werden sich Felix und Violet im Alltag und ihrem Job bewähren und welche Gefahren außer Geister und Gespenster lauern noch auf sie?



      Der Degen schaukelte bei jedem energischen Schritt mit, den der Weißhaarige machte, als er durch die Straßen der Weststadt von Albhain lief und klimperte leise in der Schwertscheide vor sich hin. Die Passanten machten augenblicklich Platz und wichen dem jungen Mann aus, erkannte man ihn, dank der Waffe, sofort als einen Agenten. Auf seiner hellgrauen Jacke konnte man auch das Wappen der bekannten Agentur erkenne; ein flammendes Schwert flankiert von zwei Sternen, das Zeichen von Flemming und Wart, einer der erfolgreichsten Agenturen.
      Endlich hatten sie dort sein Potenzial erkannt! Damit würde Felix seinem Bruder bald in nichts mehr nachstehen, so glaubte der ehrgeizige Agent zumindest. Doch etwas anderes konnte er auch nicht glauben, wieso hätte man ihm sonst einer neuen Gruppe zugeordnet? Eine Gruppe, die sich um ein ganzes Viertel kümmern soll! Das ist nun seine Chance zu zeigen, welche Qualitäten in ihm schlummerten. Er würde das Westviertel in Nu von den Geistern befreien und jeden Auftrag mit Bravour erledigen. Das nahm sich der Weißhaarige zumindest fest vor.
      Die Ernüchterung traf ihn schnell, als er vor der alten Doppelhaushälfte ankam, wo schon ein älterer Herr auf ihn wartete. Er gehörte auch zu der Agentur, wo er arbeitete und sah sich suchend um, so als erwartete er noch jemanden.
      "Ich habe nicht so viel Zeit, also erkläre ich dir, Damerau, welche Aufgabe euch bevorsteht.", begrüßte der Mann, der sich als Herr Neymann vorstellte, sehr kurz angebunden und sprach auch direkt weiter. "Ihr werdet hier eine neue Außenstelle betreuen, ist Albhain mittlerweile so groß geworden, dass dies nur logisch ist. Außerdem wird in der Weststadt noch viel gebaut, sodass es bestimmte den einen oder anderen Geisterfund noch geben wird. Dieses Haus hier steht dir und deinem Partner zur Verfügung. Es ist groß genug, dass ihr auch hier wohnen könnt. Ihr könnt es so einrichten, wie es euch beliebt und ein kleines Budget bekommt ihr dafür auch." ratterte der ältere Herr nur so herunter.
      "Das ist ja schön und gut." freute sich Felix sogar, dieses Haus in eine Art Miniagentur zu verwandeln. "Aber wer ist "wir"? Ich weiß von keinem Partner." fragte er irritiert. Na gut, Agenten sollten nie alleine agieren. Man musste mindestens ein Zweierteam sein. Doch Felix ist so sehr von sich überzeugt, dass er auch mit einem eher durchschnittlichen Agenten als Partner gewiss hier Großes leisten konnte.
      "Oh. Hat man dir das nicht gesagt? Hier." Und damit überreichte Neymann dem Weißhaarigen ein offizielles Schreiben, wo die Versetzung mit allem Drumherum beschrieben wurde. Felix überflog den Text und seine Augen weiteten sich kurz, als er den Namen las. "Kempen."
      Das durfte doch nicht wahr sein! Von all den Agenten, soll Kempen seine Partnerin werden?! "Mit so einem Klotz am Bein werde ich Viktor nie übertreffen!" jammerte der Weißhaarige still in sich hinein, doch fing sich bald darauf wieder. Nein, wenn er trotz dieses Pechvogels erfolgreich wird, dann konnte er das als einen Sieg über seinen älteren Bruder verbuchen. Das redete er sich zumindest ein.
      "Also, viel Erfolg!" wünschte Neymann dem jungen Agenten, lupfte seinen Hut und zog auch schon von dannen. Er hatte das Schreiben übermittel, der Rest lag nun in den Händen dieser Nachwuchsgeisterjäger. Wo nur der zweite abblieb?
      "Vergessen ist wie eine Wunde. Es mag zwar verheilen, aber dabei wird es eine Narbe hinterlassen."
      Monkey D. Ruffy


      Quelle
    • Wield your assets like a blade.
      No man has invented a corset for our brains.
      Let them think they rule the world.

      [Stalking Jack the Ripper - Kerri Maniscalco]
      _____________________________________________________

      "Verzeihung. T-Tut mir leid,", stotterte Violet. "Verzeihung."
      Mit einem ständigen Mantra von Entschuldigungen auf den Lippen bahnte sich das zierliche Mädchen ihren Weg. Die Bürgersteige der Weststadt quollen an diesem milden und sonnigen Herbsttag über mit Bürgern und Bürgerinnen, die sich an den letzten Sonnstrahlen und dem leuchtenden Herbstlaub erfreuten. Violet bemerkten sie erst, wenn sie bereits mit den Schultern zusammenstießen. Zuerst verwirrt und dann meist recht missmutig sahen sie das unscheinbare Mädchen an, das ihnen zuvor gar nicht aufgefallen war. Als wäre sie plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht. Wenige nahmen Notiz von dem schweren, klobigen Koffer oder gar dem Degen, der an ihrem Gürtel baumelte.
      Violet war zu spät. Viel zu spät.
      Trotzdem hielt sie kurz an einer Kreuzung und fischte ein zerknittertes Papier aus den Tiefen ihrer Manteltasche. Umständlich glättete sie den zerknüllten Zettel um ein letztes Mal die neue Adresse zu überprüfen. Fahrig wischte sie die braunen Locken aus ihrem Gesicht um die Straßenschilder zu studieren. Es konnte nicht mehr weit bis zum Treffpunkt sein. Anstatt sofort weiterzulaufen, wartete Violet noch einen Augenblick. Das Rennen hatte ihre eine gesunde Röte auf die Wangen gezaubert, ihr Atem ging schnell. Violet grinste verstohlen. Es war perfekt.
      Vor Kurzem war ihr die überraschende Nachricht übermittelt worden, dass sie endlich einem festen Team zugeteilt war. Auf diese Chance wartete Violet schon eine ganze Weile. Endlich kam sie aus dem belebten Hauptquartier heraus und noch dazu würde sie Felix Damerau begleiten. Damerau! Er war der reinste Glückgriff. Mit seinem Ruf und der Zweigstelle in der Weststadt würden sie sich vor Aufträgen kaum retten können. Endlich konnte sie ihrem Onkel beweisen, dass sich die Geduld auszahlte. Violet sah auf ihre Uhr und befand, dass eine Verspätung von ungefähr 15 Minuten für Felix Damerau völlig ausreichte. Sie musste nur noch um die Ecke biegen.
      Wenige Augenblicke später stolperte Violet bereits um die Straßenecke, den Koffer hielt sie nun mit beiden Händen und der Degen schlackerte viel zu lose an ihrem Gürtel. Die verrutschte Brille hing ein wenig schief auf ihrer Nase. Auch ihr Mantel trug das Wappen von Flemming und Wart. Damerau erspähte sie schon von Weitem. Mit seinem weißen Haarschopf fiel der Agent ihr sofort ins Auge. Er überragte sie um ein gutes Stück, als sie atemlos vor ihm zum stehen kam, den Koffer abstellte und die Hände auf die Knie stützte.
      "Oh Gott, t-tut mir leid. Ich bin zu spät", brachte sie hervor.
      Als sie den Kopf hob und ihn mit geröteten Wangen ansah, erkannte sie einen vertrauten Ausdruck in seinem Gesicht. Es war ein Gesichtsausdruck den viele für sie erübrigten: Eine Mischung aus Tadel, Ärger und Frustration über das arme, tollpatschige Ding.
      "Violet Kempen", sagte sie, richtete ihre Brille und hielt Damerau die Hand hin, als rechnete sie damit, dass er sich sowieso nicht an sie erinnerte. "Wir sind dann wohl ab je..."
      In dem Moment, in dem Violet ihren Koffer kurz abstellte, schnappten die Verschlüsse auf und begleitet von einem erschrockenen Quietschen der Agentin verteilte sich der Inhalt über den Bürgersteig.
      "Mist, Mist...", murmelte sie und ging sofort in die Knie um ihre Habseligkeiten vom Gehweg aufzuklauben.

      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”

      Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von Winterhauch ()

    • Felix hörte schon die schnellen Schritte, die deutlich nach einer Person klangen, die geradewegs auf ihn zu rannte. Er verzog abschätzig sein Gesicht, als er die Brünette erkannte uns außer Atem vor ihm zum Stehen kam. "Das sehe ich, dass du zu spät bist." brauchte Violet ihm nicht das offensichtliche zu sagen. Die dargebotene Hand ignorierte er auch eiskalt und dann machte der Pechvogel seinen Namen alle Ehre.
      Der Weißhaarige musste sogar kurz blinzeln, als der Koffer quasi explodierte und es Damenbekleidung regnete. Ist ihm da etwa Unterwäsche entgegengeflogen? Schnell schüttelte er den Gedanken ab und sah dabei zu, wie seine Kollegin, was er zu gerne ändern würde, ihre Klamotten hastig zusammensuchte.
      "Vergiss den hier nicht." sprach er sie von oben herab an und reichte Violet, mit seinem Degen, einen weißen Büstenhalter, den sie wohl übersehen hatte. Sobald sie auch diesen an sich nahm, steckte er seine Waffe wieder ein und wandte sich zum Haus um.
      "Wie es aussieht, willst du das Gebäude heute schon beziehen? Dann sollten wir es aber zunächst gut überprüfen. Was weißt du über das Haus?" fragte er die Brünette und öffnete dabei das quietschende Gartentor. Natürlich hatte sich Felix zuvor über das Gebäude informiert. Er ging immer davon aus, dass andere schlampig arbeiten, und es so besser ist, wenn er alles machte. Bis jetzt hat ihn auch niemand überzeugt, dass andere Agenten auch gute Arbeit machten.
      Zielstrebig lief er auf den Eingang zu und holte den Hausschlüssel hervor, den man ihn zuvor noch überreicht hatte. Es waren genau drei an der Zahl.
      "Also? Ich warte." erwartete er auch von Violet, dass sie ihn enttäuschen würde. "Wenn es sich ergeben sollte, werde ich beantragen, alleine zu arbeiten. Ich spiele hier doch nicht den Babysitter." dachte er schon darüber nach, wie er die junge Frau wieder loswerden konnte. Er ging jetzt schon davon aus, dass sie es nicht schaffte, ihn in irgendeiner Weise zu unterstützen.
      Ihm ist auch klar, dass dieses Haus ein Test ist. Denn vor ein paar Monaten ist hier eine ältere Dame zu Tode gekommen. Leider war es kein natürlicher Tod, denn sonst gäbe es hier wohl keinen Geist. Sie wollte wohl gerade ihre Katze füttern und ging dabei die Treppenstufen hinunter. Das ungeduldige Vieh ist ihr dabei um die Beine geschlichen und so ist die Frau in den Tod gestützt. Dabei kam auch das Haustier ums Leben, begraben unter seinem Frauchen.
      Manch einer wäre davon sehr getroffen, wie gemein und unglücklich das Schicksal sein konnte. Doch Felix ließ das doch recht kalt. Bei solchen Fällen zeigt er kaum bis gar nicht Empathie, ist das seiner Meinung nach auch nicht notwendig für einen Agenten.
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      Monkey D. Ruffy


      Quelle
    • Blitzschnell schnappte sich Violet das delikate Kleidungsstück von seinem Degen und ließ es hastig wieder in ihrem Koffer verschwinden. Besser hätte es gar nicht laufen können. Damerau sollte sie ruhig unterschätzen, umso weniger Beachtung schenkte er ihr später. Die Verlegenheit auf ihrem Gesicht war jedoch nur teilweise gespielt, aber was tat sie nicht alles für ihre Rolle. Eilig stopfte Violet alle Habseligkeiten zurück in ihren Koffer und verschloss das Gepäckstück wieder ordnungsgemäß. Zur Krönung zauberte sie einen verdatterten Ausdruck auf ihr Gesicht und sah ihn durch die großen, runden Brillengläser an.
      "Ja...ich dachte, es wäre besser direkt vor Ort zu sein, damit uns auch keinerlei Veränderungen im Haus entgehen...", antwortete sie mit einer taktisch gut platzierten Note von Unsicherheit in ihrer Stimme. Damerau ließ sie nicht weiter ausreden, sondern feuerte gleich die nächste Frage hinterher. Violet schluckte ihren Stolz herunter und folgte ihm hastig zur Eingangstür. Er besaß nicht einmal den Anstand ihr das Tor offen zuhalten, obwohl sie bereits alle Hände voll hatte. Ein flinker Satz nach vorn bewahrte sie davor, dass sie das quietschende Gartentor beim Zurückschwingen traf.
      "Also, ich warte", sagte er und musterte sie abschätzig.
      Eingebildeter Schnösel, dachte Violet.
      Mit betonter Vorsicht stellte sie dieses Mal ihren Koffer auf der ersten Stufe vor der Haustür ab und suchte hastig etwas in den Innentaschen ihres Mantels. Zum Vorschein kam ein kleines Notizbuch, das sie augenscheinlich etwas wahllos durchblätterte und dabei Unverständliches vor sich hin murmelte.
      "Moment. Ich hab's gleich...Ah. Da", sagte Violet und atmete einmal tief durch, als machte seine kühle Art sie nervös. Sie ratterte ihren Bericht etwas schneller herunter als notwendig. "Das Haus gehörte einer älteren Dame. Auora Wadsworth. Sie war alleinstehend, Witwe, und lebte zusammen mit ihrer Katze in diesem Haus. Im offiziellen Bericht steht, dass sie durch einen Treppensturz ums Leben kam. Sie sei gestolpert und ist an den Folgen einer schweren Kopfverletzung verstorben. Da auch die Katze tot am Unfallort gefunden wurde, geht man davon aus, dass sie in das Unglück verwickelt war, vielleicht sogar die eigentliche Ursache. Ursprünglich sollte das Haus abgerissen und durch ein neues Gebäude ersetzt werden, aber die Geistererscheinung hat die Investoren abgeschreckt. Deshalb wurde es der Agentur zugeteilt."
      Violet klappte das Notizbuch geräuschvoll zu und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Brille, als wollte sie diese noch weiter die Nase heraufschieben obwohl sie bereits korrekt saß. Sie wusste, dass die Meisten darin einen nervösen Tick sahen, eine kleine, unbedeutende Übersprungshandlung. Sie sah Damerau mit einem vorsichtigen aber zufriedenen Lächeln an. Natürlich hatte sie ihre Hausaufgaben gemacht. Violet mochte sich den Ruf eines Pechvogels zugelegt haben, aber sie war ein helles Köpfchen.
      "Passt das so in etwa?", hakte sie nach, obwohl sie ganz genau wusste, dass sie Recht hatte.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Felix hob eine Augenbraue, als er sah, wie sie ein kleines Notizbuch hervorholte und hastig darin blätterte. "Wenigstens etwas." waren seine Gedanken dazu und wartete ab, was die Agentin so zu berichten hatte. Ihr Bericht stimmte Haar genau und das überraschte den Hellhaarigen dann doch. Aber Felix ließ sich das nicht anmerken und schloss die Haustüre auf, die mit einem Knarzen aufschwang. "Willst du jetzt etwa ein Lob von mir? Das Recherchieren ist doch schließlich deine Aufgabe." kam es fast schon ruppig von ihm und trat in das Haus ein.
      Sie standen direkt in der Diele, von der man zur Treppe gelangte, in die Küche auf der rechten Seite und in das Wohnzimmer auf der linken Seite. Der Agent kannte sogar den Grundriss dieses Gebäudes, das noch einen Keller besaß und mehrere Zimmer auf zwei Stockwerken verteilt.
      Ein Blick zu der Treppe reichte aus, dass Felix seine spezielle Brille hervorholen musste. Der Totenschein war noch hell zusehen, da die Person erst vor kurzem verstorben war. Vom Geist gab es noch keine Spur, war es schließlich noch Tag. Erst heute Nacht würde sich dieser zeigen und dann mussten sie die Quelle finden oder den Geist gar ganz vernichten.
      "Du weißt doch bestimmt auch, wie sie den Geist beschrieben haben, nicht wahr?" stellte er Violet weiter auf die Probe. Laut den Unterlagen, soll es sich hierbei um einen Typ 1 Geist handeln, einen Schemen. Der Geist von der alten Miss Wadsworth wandelt durch das Haus und scheint seinen alltäglichen Arbeiten zu Lebzeiten nachzugehen. Außerdem hört man wohl auch immer ein leises Klingeln, wie von einer kleinen Glocke.
      Diese Erscheinung sollte ihnen kein Problem bereiten. Selbst, wenn er alleine dagegen antreten sollte.
      "Welche Gabe besitzt du eigentlich?" fragte er Violet dann noch, denn er wusste es nicht mehr, da es ihn auch nicht interessierte. Doch, wenn er sie schon hier hatte, konnte er ja mal anhören, was sie so wahrnahm.
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      Monkey D. Ruffy


      Quelle
    • Die ruppige Art verlangte Violet alle Selbstbeherrschung ab. Mittlerweile war sie es gewöhnt, dass andere Menschen sie ignorierten. Sie konnte sogar damit leben, dass sich ihre Mitagenten über sie lustig machten. Damerau setzte dem ganzen Schauspiel allerdings noch die Krone auf. Er war unhöflich, herablassend und behandelte sie, als wäre sie vollkommen inkompetent. Er gab sich nicht einmal die geringste Mühe! Der glückliche Zufall spielte Violet in die Hände, als Damerau sich mit kühler Miene abwandte, um als erstes einen Fuß ins Haus zu setzen. Natürlich. Sie war froh, dass er ihr für einen Augenblick den Rücken zudrehte, weil es für Außenstehende kurz so aussehen musste, als wollte Violet den anderen Agenten mit ihren Blicken förmlich erdolchen. Seit dem Zeitpunkt, an dem sie sich auf Wunsch ihres Onkels unter die Agenten gemischt hatte, war ihr wirklich niemand begegnet, der es schaffte innerhalb weniger Minuten sämtliche ihrer Knöpfe zu drücken. Wie gerne hätte Violet ihm die passenden Antworten um die Ohren geschleudert. Stattdessen senkte sie mit betretener Miene den Blick und begann erneut hektisch durch ihr kleines Notizbuch zu blättern.
      'Es ist ein Schemen, du eingebildeter Mistkerl' dachte Violet.
      Mit gerunzelter Stirn und anscheinend hochkonzentriert blätterte Violet durch die Seiten. Sie wusste haargenau, wo sie die richtigen Notizen fand, aber sie durfte nicht alle ihre Karten auf einmal ausspielen.
      "Ähm...Ganz kurz...", murmelte sie und warf Damerau einen vorsichtigen beinahe eingeschüchterten Blick zu. Das bisschen Stolz, das sie vorhin präsentiert hätte, hatte sich vollständig verflüchtigt. Das Blättern wurde noch ein wenig hektischer. "Ich bin mir a-absolut sicher, dass sich daszu etwas notiert habe. Ich hatte mir sofort alle Akten geben lassen, als ich mir die Adresse mit geteilt wurde...Sie müssen doch irgendwo sein...?"
      Noch während Violet sich scheinbar große Mühe gab den entsprechenden Vermerk zu finden, ging sie auf seine zweite Frage ein.
      "Meine Gabe ist das Fühlen", antwortete sie zögerlich. "Ich...Ich habe Visionen, die hin und wieder sehr...intensiv anfühlen und erschreckend real. Hauptsächlich Sinneseindrücke und Gefühle der Verstorbenen zum Zeitpunkt des...Es ist nicht...schön."
      Und das war nicht einmal gelogen.
      "Deine Gabe ist das Sehen, richtig? Entschuldige...ich konnte nicht anders als einen Blick in deine Aktezu werfen. Man wird nicht alle Tage einem Damerau zugeteilt."
      Sie ließ einen Hauch von Ehrfurcht in die Worte fließen, der den meisten anderen Agenten ganz gut gefiel. Ein wenig Bewunderung konnte schließlich niemand wiedersstehen. Violet murmelte noch etwas Unverständliches und sah ihren neuen Kollegen dann mit einem schuldbewusstem Ausdruck durch die großen, runden Brillengläser an. "Tut mir leid...ich...k-ann die Notiz nicht finden..."

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    • Als Felix sah, wie seine Kollegin in ihrem Notizbuch herumblättert, seufzte er erneut auf und rollte dramatisch mit den Augen. "Ich hoffe, du funktionierst auch ohne das Ding da." kam es tadelnd von ihm und verlor langsam Geduld. In einem ernsten Fall wäre sie schon tot. Ein Geist würde nicht darauf warten, dass sie ihre richtigen und wichtigen Notizen finden würde. Er wünschte zwar Kempen nicht den Tod, doch es war strenggenommen auch eine Möglichkeit, wie man seine Kollegen … loswerden konnte.
      Der Weißhaarige tadelte sich dann für seine schäbigen Gedanken. Sein Bruder würde niemanden von einem Geist angreifen lassen, wenn er in der Nähe wäre. Da war sich Felix sicher. Heldenmütig würde sich Viktor dazwischen werfen und seine Kollegen unter dem Einsatz seines Lebens mit dem Degen verteidigen und retten, nur, damit er am Ende wieder gefeiert wird. So musste Felix denken und nicht anders, sonst würde er seinem Bruder nie das Wasser reichen könnten.
      "Ja, ich bin ein Sehender und deine Gabe scheint auch sehr von Nutzen zu sein." versuchte er etwas Nettes zu sagen, was ihm aber wahrscheinlich nicht wirklich gelang.
      "Und es handelt sich hier um einen Schemen der alten Dame. Sie wandelt zu Geisterstunde durch ihr Haus, so als glaubte sie, sie würde noch leben." löste er dann auch seine Frage auf.
      "Gewöhn dir an, solche Dinge dir lieber zu merken, als aufzuschreiben. Was machst du nur, wenn du deinen Notizen verlierst?" warf er ein.
      Auf die Schmeichelei ging Felix nicht ein. Alle hatten sie Ehrfurcht vor dem Namen Damreau, aber eben nicht vor ihm und das ärgerte den Agenten. Dieser Respekt hat er sich nicht selbst erarbeitet und manchmal fragte er sich, ob man ihn jemals für seiner selbst wahrnahm oder doch nur wieder, wegen seines Familiennamens.
      Kurz schüttelte er seinen Kopf, um diese trüben Gedanken zu verjagen und sah dann auf seine Taschenuhr, die er an einer silbernen Kette aus der Innentasche seines Sakkos zog. "Es sind noch einige Stunden bis Mitternacht, also genug Zeit, um sich für den Geist vorzubereiten. Weißt du wenigstens, welche Hilfsmittel man hier am besten einsetzt?" gab er Violet quasi noch eine Chance, mit ihrem Agentenwissen wenigstens ein bisschen zu glänzen.
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      Monkey D. Ruffy


      Quelle
    • Mit ziemlicher Sicherheit würde Damerau augenblicklich von einem Blitz getroffen werden, sollte er für einen winzigen Moment einmal nett sein. Oder gar lächeln. Eine andere Erklärung hatte Violet für das überhebliche Verhalten ihres neuen Partners nicht. Von Nutzen, hm? Das war dann auch wohl das höchste der Gefühle für Felix Damerau.
      „Ich kann mir Dinge einfach besser merken, wenn ich sie aufschreibe...“, nuschelte Violet mit gesenktem Blick und umklammerte das kleine Notizbuch, als wäre es ihr wertvollster Besitz. Damit beantwortete sie auch gleich seine Befürchtung vom Anfang. Nein, es gab Violet nicht ohne das Büchlein. Es war auch nicht irgendein Notizbuch, aber das musste sie gerade Damerau nicht unbedingt auf die Nase binden.
      Die Prüfung, die Damerau offensichtlich für notwendig hielt, war nach diesem Patzer von Violet noch nicht vorbei. Dabei hatte auch ihre Schmeichelei nicht geholfen, die einfach an dem Weihaarigen abprallte. Er ignorierte Violet in diesem Punkt komplett. Stattdessen stellte er ihr die nächste Frage und Violet bekam das Gefühl, dass er irgendeine Liste in seinem Kopf methodisch abarbeitete. Ihre Finger zuckten über den Buchrücken des Notizbuches, doch nachdem Damerau ihr einen vielsagenden Blick zuwarf, gab sich Violet geschlagen und verstaute das Büchlein eilig in ihrem Mantel.
      „Äh…“, begann sie und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen das Kinn. „Ich – für mich - würde Indikatorlichter verwenden und sie an verschiedenen Knotenpunkten im Haus platzieren. Damit könnten wir ihren Weg durch das Haus aufzeichnen, was uns Hinweise auf die Quelle geben könnte. Die Temperatur im Auge zu behalten, könnte auch nicht schaden. Allerdings…bist du ein Sehender und die ganzen Vorkehrungen vielleicht gar nicht notwendig…“
      Violet trat etwas weiter in den Flur des Hauses auf die Treppe zu und verstummte. Hier war es passiert, der tödliche Sturz. Ein eiskalter Schauer lief ihren Rücken herunter und es schüttelte sie am ganzen Leib. Langsam stellte sie den Koffer ab und betrat die erste Treppenstufe. Sie fühlte sich plötzlich unheimlich von dieser Treppe angezogen und berührte das alte Treppengeländer mit den Fingerspitzen. Das Holz war spröde und der weiße Lack blätterte bereits ab. Violet löste sich vom Gelände und berührte zielstrebig eine der höheren Stufen, die sie noch geradeso mit den Fingern erreichen konnte.
      Sie fühlte…Freude aufblitzen.
      Beinahe hätte der Eindruck Violet ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert, doch da verschwamm bereits das Blickfeld vor ihren Augen als das Echo sie eiskalt erwischte. Für Damerau musste es merkwürdig aussehen, wie Violet sich erst verkrampfte, zurückzuckte und dann das Gleichgewicht verlor.
      Fallen war ein merkwürdiges Gefühl, dachte Violet. In dem winzigen, unbedeutenden Moment, in dem die Füße den Boden verloren, fühlte sie sich vollkommen schwerelos. Bis sich ihre Lungen verkrampften und die Panik einsetzte. Violet starrte regelrecht zur obersten Treppenstufe hinauf, als sie mit trüben Augen etwas sah, dass andere nicht sehen konnte. Bilder flackerten in rasanter Abfolge vor ihrem geistigen Auge. Visionen von alten, runzligen Händen, die versuchten das Geländer zugreifen. Etwas Metallisches blitzte in ihrem Augenwinkel und huschte flink vorbei. Sie empfand Bedauern, Angst und dann...Nichts.
      Und Violet fiel.
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    • "Dann schreib’s dir auf die Hand." wäre ein doch typischer Satz von Felix gewesen, wenn er sich nicht gerade zusammenreißen würde. Er wollte wegen solchen dummen und gar kindischen Bemerkungen keinen schlechten Ruf angehängt bekommen.
      Er sah sie ermahnend an, als Violet wieder nach ihrem Büchlein greifen wollte, doch sie schien es sich zu verkneifen und versuchte es so.
      Die bis jetzt klang alles recht vernünftig, doch das war auch das grundlegende Wissen, dass ein Agent zu seiner Ausbildung schon gelernt hatte. "Nur weil ein Sehender dabei ist, bedeutete das nicht, dass man sich die Methoden sparen kann, wie man einen Geist aufspürt." gab der Weißhaarige nüchtern von sich. So funktionierte das nicht, sind Sehende keine Spürhunde, die einfach alles finden, wie es ihnen beliebt. Manchmal können sich die Totenscheine überlagern, wenn es mehrere Opfer gab und auch für ihn, verblassten die Spuren irgendwann, wenn das Geschehen zu weit in der Vergangenheit lag. Und wenn es zu grell war, musste er seine Brille anziehen, um nicht geblendet zu werden, doch dann war es möglich, dass er schwächere Schimmer nicht mehr erkennen konnte.
      Felix sah ihr dann zu, wie sie langsam an das Geländer trat und ihre Hand bedächtig darauf legte. Es war doch immer wieder faszinierend, einem Fühlenden bei seiner Arbeit zuzusehen. Aber wusste auch davon, dass dieses Talent auch seine Nachteile hatte, wie dass man die Gefühle des Toten empfinden konnte, im Augenblick seines Todes. Das waren wahrlich keine schönen Empfindungen.
      Er sah Violet dabei zu, wie sie eine Stufe nach der anderen erklomm und dann musste sie etwas gespürt haben. Etwas Intensives, denn die Agentin wirkte kurz, als würde sie sich verkrampfen und dann fiel sie einfach rücklings die Treppe herunter.
      Felix reagierte schnell, fing sie auf und landete dann eher unelegant auf seinem Hintern, mit ihr auf seinem Schoß. "Aua." kam es recht nüchtern über seine Lippen und stand dann wieder auf, während Violet noch auf dem Boden saß.
      "Was hast du gespürt?"
      Kein "Hast du dir wehgetan?" oder "Alles in Ordnung?" Der Agent war nicht hier, um seine Kollegin zu bemuttern, sondern um einen Geist auszutreiben.
      "Vergessen ist wie eine Wunde. Es mag zwar verheilen, aber dabei wird es eine Narbe hinterlassen."
      Monkey D. Ruffy


      Quelle
    • Angsterfüllt wartete Violet auf den Aufprall am Fuß der Treppe. Es würde ihr genauso ergehen wie der armen, alten Frau. Ein paar Sekunden noch, dann würde alles in Dunkelheit versinken. Die eigene Furcht vermischte sich untrennbar mit der Todesangst der bedauerlichen Mrs. Wadsworth. Violet kniff die Augen zusammen, als ihre Hände ein letztes Mal in Nichts griffen. Eine Sekunde später prallte sie gegen einen Widerstand, aber es war nicht das harte Parkett, sondern Damerau. Der Schwung ihres Falls riss ihren neuen Partner ebenfalls von den Füßen und begleitet von einem dumpfen Poltern landeten beide Agenten am Boden. Violet schnappte erstickte nach Luft und ihre Hände glitten fahrig über die Arme, die sie gepackt hatten. Sie realisierte nicht, dass sie direkte auf Damerau gelandet war. Das wurde ihr erst bewusst, als sich der junge Mann ächzend von ihr löste und unter ihr hervorkroch. Unsanft schob er Violet, die langsam aus dem Dämmerzustand erwachte, von seinem Schoß. Das Mädchen fuhr sich über das Gesicht, stutzte als ihre Fingerspitzen auf das Brillengestell stießen. Violet nahm die Brille daraufhin herunter und rieb sich über die Augen um ihr Sichtfeld zu klären. Der Schreck saß tief genug, dass sie keinerlei Notiz davon nahm, dass Damerau weder ihre körperliche Unversehrtheit noch ihr Geisteszustand interessierte.
      „Es war ein Unfall“, murmelte Violet. „Aber das wussten wir ja schon. Mrs. Wadsworth ist die Treppe heruntergegangen um die Katze zu füttern wie jeden Morgen. Da war ein lautes Geräusch…ich konnte es nicht genau hören. Das Tier hat sich erschrocken und ist ihr zwischen die Füße gelaufen. Dabei war sie…glücklich. Also, Mrs. Wadsworth. Es war…Vorfreude auf das tägliche Ritual die Katze zu füttern.“
      Langsam rappelte sich das Mädchen auf, klopfte sich etwas Staub von den Knien und sah sich dann im Flur um, ohne Damerau eines Blickes zu würdigen. In der Geste lag keine Böswilligkeit. Tatsächlich hatte sich Violet wohl noch nicht vollständig von der Vision gelöst. Wenige Schritten führten in die anliegende Küche. Vor dem Küchenfenster, dass in den Vorgarten gerichtete war, standen unberührte Näpfe und ein einsamer Schaukelstuhl. Violet ging zielstrebig darauf zu und berührte den Schwung der Rückenlehne.
      „Sie hat jeden Morgen hier gesehen und der Katze beim Frühstück zugesehen“, murmelte sie und träge glitt ihr Blick zu Fenster hinaus. „Als sie noch besser zu Fuß war, hat sie draußen im Garten auch die streunenden Katzen gefüttert. Dann hat sie hier gesessen, in diesem Stuhl, und hat sie beobachtet. Die Katzen waren ihre einzige Freude. Sie war so…einsam.“
      Plötzlich schüttelte sie den Kopf, als wollte sie einen lästigen Gedanken einfach abschütteln. Violet ging auf die verwaiste Küchenzeile zu und öffnete die obersten Schränke. Kurz hielt sie inne. Sie schob sich die Brille zurück auf die Nase, als hätte sie die Sehhilfe völlig vergessen, und sah dann zu Damerau.
      „Wir sollten die Küche und die Treppe im Auge behalten“, räusperte Violet sich. „Sie hat jeden Tag stundenlang an diesem Fenster gesessen. Wenn wir es wirklich mit einem Schemen zu tun haben, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass sie diese Routine beibehält.“
      Wenige Augenblicke später zog Violet eine alte Teebüchse aus dem Schrank und begann damit Wasser in einem alten Teekessel zu erhitzen. Mrs. Wadsworth würde schon nicht dagegen haben. Verwendung für den Tee hatte sie schließlich nicht mehr. Violet schnupperte an dem Inhalt der Blechdose. Kamille. Der Duft und die damit verbundenen Erinnerungen beruhigten sie und schafften eine greifbare Verbindung für Violet. Das Gefühl war wie ein Anker, der sie im Hier und Jetzt hielt.
      „Tee?“, fragte sie schließlich, als der Deckel des Kessels zu vibrieren begann, und schenkte dem Weihaarigen ein verhaltenes, halbherziges Lächeln.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Verstehend nickte Felix, als Violet beschrieb, was sie gefühlt hatte. Man konnte nur hoffen, dass die alte Dame einen schnellen Tod hatte, damit ihr letztes Gefühl etwas positives war. Natürlich wäre das für Miss Wadsworth schön, doch auch hier dachte der Agent eher an sich und seine Arbeit. Geister, die einfach nur in ihrem Alltag gefangen waren, konnte man leichter bändigen, vor allem, wenn sie keinen Groll oder dergleichen hegen.
      "Gut, dann behalten wir die Bereiche im Auge." stimmte er der Brünetten zu und ging zum Telefon, das in der Küche an der Wand hing. Mit der Hilfe der Drehscheibe wählte er die Nummer ihrer Agentur, damit man ihnen das benötigte Arbeitsmaterial vorbeibrachte. Seine Anweisungen waren kurz, aber klar, sodass man ihn nicht missverstehen konnte und damit würde wohl in den nächsten 30 Minuten jemand vorbeikommen.
      In dieser kurzen Zeit seines Telefonates hatte Violet Teewasser gekocht und nun fragte sie ihn, ob er auch etwas trinken wollte. "Wieso nicht." zuckte er nur mit den Schultern und öffnete wahllos ein paar Küchenschränke, bis er eine Teekanne fand und diese mit zwei Tassen auf den Küchentisch stellte. Sie würden den Tee heute Nacht am meisten brauchen.
      "Ich frage mich, was das für ein Geräusch war, dass es die Katze so sehr erschreckt hat." sprach er laut aus, was ihn bei dem Fall doch beschäftigte. "Ich vermute auch, dass die alte Dame des Hauses wohl nicht mehr gut gehört hat, sonst hätte sie sich ja auch erschreckt." fügte er seiner Überlegung an. Aber dem war ja nicht so gewesen, jedenfalls hatte Violet es so nicht gespürt. Doch das war nicht der einzige Gedanken, den der Weißhaarige hatte. Er dachte auch darüber nach, was die Quelle sein könnte. Vielleicht hatte es ja mit der Katze zu tun? Doch genaueres konnten sie erst herausfinden, wenn die Geisterstunde anbrach und sie auch all die Hilfsmittel bei sich hatten.
      Ein bisschen nervte es Felix auch, dass er sich hier noch ein mal der Agentur beweisen musste, doch vermutlich ging es vor allem darum, wie sich die beiden als Team schlagen würden.
      "Du bist ja sehr optimistisch, dass du jetzt schon deine Sachen mitgebracht hast." merkte er mit dem Blick auf ihren Koffer an. Felix selber würde erst seine Habseligkeiten holen, wenn er sicher, dass alle Geister aus diesem Anwesen ausgetrieben waren. Es gab nichts Schlimmeres im Schlaf von einem Geist überrascht und gar getötet zu werden. Darauf konnte er wirklich verzichten.
      "Vergessen ist wie eine Wunde. Es mag zwar verheilen, aber dabei wird es eine Narbe hinterlassen."
      Monkey D. Ruffy


      Quelle
    • Stumm nickte Violet. Mit dem heißen Teekessel ging sie zu dem kleinen, runden Tisch herüber und füllte den dampfenden Kamillentee in die bereitgestellte Kanne um. Wenige Augenblicke später saßen Felix und Violet gemeinsam am Tisch und blickten in ihre gefüllten Tassen. Mit einem leicht geistesabwesenden Ausdruck ließ Violet den Blick durch den Raum schweifen. Alles war so liebevoll und persönlich eingerichtet, als würde die alte Wadsworth noch leben und jeden Moment zur Küchentür hinein kommen. Felix sprach, doch Violet schien ihm gar nicht richtig zuzuhören. Allein die Lautstärke in der beinahe behaglichen Stille des Hauses zwang die Agentin aus ihren Tagträumen.
      "Hm?", sie blinzelte Damerau an ehe die Worte langsam zu ihr durchsickerten und sie leise murmelte. "Es könnte alles oder nichts gewesen sein. Vielleicht ein lautes Geräusch von der Straße. In der Umgebung wird viel gebaut und restauriert."
      Violet nippte an dem Kamillentee und umschloss anschließend die Tasse mit beiden Händen, um die Kälte aus ihren Fingern zu vertreiben. Das Viertel war in der Tat nicht im besten Zustand, aber genau deswegen waren sie schließlich hier zugeteilt worden. Es gab viele unruhige Geister und rastlose Präsenzen. Bei Felix' nächstem Satz erschien ein unsicheres Lächeln auf ihren Lippen.
      "Ich muss optimistisch sein. Alles andere kann ich mir nicht leisten. Das ist meine letzte Chance in der Agentur", gestand sie kleinlaut und unter den gesenkten Augenlidern fiel kaum auf, wie sie Damerau mit scharfen Augen beobachtete. Er wirkte gelangweilt, genervt. Die Aufgabe schien unter seiner Würde zu sein, vor allem mit einer Partnerin, die er freiwillig niemals ausgesucht hätte. Violet lehnte sich zurück und stieß ein langgezogenes Seufzen aus.
      "Hör mal", begann sie zögerlich. "Ich weiß, dass ich nicht deine erste Wahl gewesen wäre, vermutlich nicht einmal deine Letzte. Der Pechvogel. Ich bin nicht taub. Die anderen zerreißen sich das Maul über mich. Wenn das hier nicht funktioniert, brauch ich wenigstens nicht zurück kriechen und unter Gelächter meine Koffer packen."
      Sie hob den Blick und sah Felix direkt aber mit einer gewissen Zurückhaltung an
      "Ich verspreche dir mein Bestes zu geben und dir nicht im Weg herumzustehen. Von mir aus übernehme ich auch komplett die trockene Recherchearbeit. Das liegt mir eh mehr. Meine Güte, ich putze und koche, wenn es sein muss, aber gib mir wenigstens eine Chance. Bitte?"
      Ja, dachte Violet, sieh ganz genau hin. Sieh dir den armen Pechvogel an, der dich förmlich um deine Hilfe anbettelt.
      "Meine Eltern...", sie schluckte und sie musste ihm nicht einmal vorspielen, dass die Erwähnung ihr schwer fiel. Aber es musste sein. "Naja, du kennst die Geschichten. Ich kann sonst nirgendwohin. Die Agentur ist das einzige Zuhause, das ich kenne."
      “We all change, when you think about it.
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      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Die Hände des Weißhaarigen legten sich um die heiße Tasse, dass es an seinen innen Handflächen fast schon etwas brannte. Doch den leichten Schmerz ignorierte Felix und sah seine Kollegin durch dringlich an, von der er gerade eine Antwort erwartete. Sie schien nämlich gerade abwesend zu sein. Ihre Vermutung war so gut wie jede andere, was dieses laute Geräusch hätte sein können. Herausfinden werden sie es nie, da keine von ihnen in die Vergangenheit zurückreisen konnte.
      Er verzog keine Miene, als Violet dann meinte, dass diese ihre letzte Chance in der Agentur sei. In seinen Augen wäre es für sie sogar sicherer, wenn sie den Job als Agentin an den Nagel hängen würde. Es ist ein offenes Geheimnis, wie viel Agenten doch im frühen Alter den Tod durch Geister finden.
      Die Augenbrauen von Felix zucken ein wenig, als sie dann von ihrem schweren Los in der Agentur und ihrem Leben erzählte. Klar, in den Ohren irgendwelcher Bürger klang das traurig und mitleiderregend, doch er ist nicht irgendein Bürger, sondern ein Agent, der schon viele solcher Schicksale mitbekommen hatte. Violet ist nicht die einzige, die ein schweres Leben hat und von Mitleid hielt Felix eh nichts. Davon hatte man nichts, es half nicht weiter und zog einen seiner Meinung nach nur noch mehr herunter. Es bestätigte nur das, was man in dem Augenblick selber glaubte, wie arm man doch dran ist. Kein gesunder Gedanke.
      "Ja, das weiß ich. Und jetzt? Soll ich von dir weniger erwarten und mit dir Nachsicht haben, wenn etwas schiefgeht?" fragte er sie gerade heraus, was doch sehr taktlos herüberkommen konnte. "Mit so einer Einstellung werden die anderen Agenten dich nie anerkennen und dich immer als Außenseiter betrachten. Zeig einfach mehr Rückgrat und Ehrgeiz. Ich versichere dir, das wird nicht unbemerkt bleiben. Du musst halt mehr als die anderen machen. Aber wer will auch wie diese durchschnittlichen Agenten sein, sie werden bei den Leuten, die etwas zu sagen haben, nicht in Erinnerung bleiben." meinte er weiter. "Ich ruhe mich ja auch nicht auf meinem Namen aus. Alle haben so eine große Ehrfurcht vor der Familie Damerau, doch mein Verdienst ist das nicht. Und ich will auch nicht diesen geheuchelten Respekt haben, verstanden? Ich werde aus eigener Kraft mir einen eigenen Namen machen." gab der Weißhaarige einen kurzen Einblick in seine Persönlichkeit und Gedanken.
      Felix trank dann seinen Tee im Ganzen aus und stand dann auf. "Beweis mir einfach, dass du eben nicht so bist, wie alle es von dir denken." forderte er Violet quasi heraus und stellte dann seine Tasse in die Spüle. Als hätte er es gewusst, klingelte es dann auch plötzlich an der Haustüre. Der Laufbursche, den er kontaktiert hatte, war mit allen Hilfsmitteln da, die sie für die kommende Nacht brauchten.
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      Quelle
    • Empathielos, arrogant und taktlos. Violet fügte einen weiteren Punkt der Akte Damerau hinzu, die sie eigens für ihn angelegt hatte. Die Notizen über den Zweitgeborenen einer berühmten Agentenfamilie, der sein Dasein im Schatten seines erfolgreichen Bruders führte, dem Erstgeborenen und ganzem Stolz der Familie, und dabei geradezu verzweifelt nach Anerkennung lechzte, fand sich in keinem Notizbüchlein wieder. Diese Beobachtungen blieben ganz allein ihren Gedanken vorbehalten. Ewig in einem Atemzug mit dem großen Namen seines Bruders genannt zu werden, hatte einen verbissenen Ehrgeiz geweckt.
      Damerau hatte sich das Ziel gesetzte aus dem Schatten zu treten. Wem er dabei auf die Füße trat, war ihm egal. Obwohl Violet gezielt - allerdings erfolglos - nach Mitleid fischte, trafen die harschen Worte sie dennoch mehr, als sie vielleicht zugeben würde. Das Gefühl war schnell verflogen, als Damerau ein winziges Bisschen von sich selbst Preis gab. Hinter der professionellen Fassade brodelten Frustration und Verärgerung nah der Oberfläche. Violet dachte kurz daran, dass sie nicht in der Nähe sein wollte, wenn Felix Damerau jemals beschlossen die Kontrolle aufzugeben. Bevor das passierte, würde sie bereits über alle Berge sein. Fürs erste erklärte aber den Ansatz 'Mit Mitleid zum Erfolg' für gescheitert.
      "Nein, natürlich nicht", gab sie schnell zurück und sank anschließend tiefer in den Stuhl, als könnte sie sich so vor seinen Worten verstecken. Leise murmelte sie: "Ich will nicht, dass sich irgendwelche Leute an mich erinnern. Das ist mir egal. Ich möchte nur nicht wieder herumgereicht werden, wie das lästige Haustier, um das sich niemand mehr kümmern will."
      Violet verschränkte die Arme vor der Brust.
      Eine Weile herrschte Stille in der kleinen Küche und Violet sah Felix dabei über den Rand ihrer Brillengläser an. Während es für Felix so wirkte, als ließ sie seine Worte noch auf sich wirken, arbeitete die Agentin bereits an ihrem nächsten Ansatz. Wie erschlich man sich das Vertrauen von jemandem, der es gewöhnt war, im Alleingang zu agieren? Und sein Vertrauen war nötig, sonst würde er sie nie lange genug aus den Augen lassen, damit sie die Aufgaben für ihren Onkel erledigen konnte. Also gut, dachte Violet, dann eben anders.
      Langsam schob die junge Agentin den Stuhl zurück und stand auf. Sie ging auf den Weißhaarigen zu und streckte zurnächst schweigend die Hand entgegen. Da schwebte sie nutzlos über dem kitschigen Blumenmuster der Küchenfliesen, weil Damerau sich erst einmal kein Stück bewegte um ihr entgegen zu kommen. Violet leiß ihn ein unsicheres Seufzen hören, legte den Kopf schief um ihm ein scheues Lächeln zuschenken, als hätte sie vergessen, dass Felix ihre Gedanken nicht einfach aus ihrem Gesicht herauslesen könnte.
      "In Ordnung. Herausforderung angenommen", sagte sie und als Damerau sie immernoch mit zusammengezogenen Augenbrauen und verkniffenen Mundwinkel musterte, fügte leicht stammelnd sie hinzu: "Also, w-was ich meine...Ich werde dir beweisen, dass ich nicht nutzlos bin. Ich übernehme die trockene, zähe Recherche und halte dir den Papierkram vom Hals, dafür gibst du mir Fechtunterricht."
      Den sie eigentlich nicht nötig hatte, aber sie zählte darauf, dass Damerau die Herausforderung nicht ablehnen würde. Was könnte eines seiner größten Talente besser unterstreichen, als aus dem Pechvogel und Tollpatsch der Agentur eine einigermaßen passable Fechterin zu machen?
      Es es klingelte an der Tür, doch Violet behielt den Blickkontakt bei.
      "Abgemacht?"

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    • Felix vernahm die leisen gemurmelten Worte von der Brillenschlange, wie er in seinem Kopf sie nannte, und konnte das nicht wirklich nachvollziehen. Dennoch hatte er eine Lösung für ihren Wunsch. "Wenn du willst, dass man sich nicht an dich erinnert, musst du einfach der gute Durchschnitt sein. An Versager erinnert man sich immer, dienen sie als Negativbeispiel für andere." meinte er nur dazu und zuckte mit den Schultern, nicht verstehend, wieso man das überhaupt will. Aber das mit dem Haustier konnte er irgendwie nachfühlen. Felix fühlte sich in seiner Familie eher wie ein besser behandelter Schoßhund. Natürlich liebten ihn seiner Eltern auch, doch sobald sein Bruder Viktor irgendwie wieder Thema ist, geriet er in den Hintergrund und spielte nicht mal mehr die zweite Geige. Er wurde zwar nicht umhergereicht, so wie sie es beschrieben hat, doch es kam dem vergessenen Haustier doch sehr nahe.
      "Nun, wenn du so von dir denkst, bist du wohl eins." kamen eher harsche Worte von ihm an Violet, auch wenn er damit ausdrücken wollte, dass sie nicht so von sich denken sollte. Aber Felix ist nicht wirklich gut darum seine Mitmenschen zu trösten oder aufzubauen. Diese Unterstützung hat er auch kaum aus seinem eigenen Elternhaus erfahren, gibt es dort nur Erwartungen an ihn, wenn überhaupt. Er soll einfach nicht den Familiennamen beschmutzen, das würde schon reichen, mehr traute man ihm da nicht zu.
      Als Kempen dann auf ihn zukam und ihm ihre Hand entgegenstreckte, sah er diese mit zusammengekniffenen Augenbrauen an. Was sollte das? War das ein Friedensangebot oder so? Einen guten Tag wollte sie ihm damit bestimmt nicht wünschen. Als Violet dann meinte, sie nehme die Herausforderung an, verzog sich sein Mund etwas skeptisch und wieder musterte er die junge Agentin von oben bis unten, so als müsse er sie erneut begutachten, ob er ihr das überhaupt zutrauen würde. Da erklärte sie ihm auch, was sie eigentlich genau damit mit meinte und auch wenn es schon an der Tür geklingelt hatte, blieb er vor ihr stehen und ließ seinen undurchschaubaren Blick auf ihr ruhen. Man konnte ihm nicht ansehen, was Felix durch den Kopf ging, auch nicht, als er die Hand von Violet für den Handschlag packte und doch recht kräftig zudrücken. "Du hast genau eine Chance, so wie bei allem im Leben, also vergolde sie nicht." kam es eher kühl von dem Weißhaarigen. "Und ich bin ein strenger Lehrer." fügte er mit einem fast schon überheblichen Grinsen an und ließ dann erst die Hand wieder los. Er ging dann endlich an die Türe, um diese dem Laufburschen zu öffnen, der sich schon fragte, was denn da so lange dauerte.
      Mit einem Automobil, einer der neusten Erfindungen des Landes, hatte der Mitarbeiter der Agentur ihnen alles hergebracht, wonach Felix verlangt hatte. Darunter waren nicht nur Ketten, Eisenspäne und ähnliches, sondern auch der Grundriss des Hauses und alles an Informationen, die man über die alte Miss Wadsworth in der Schnelligkeit hatte zusammentragen können.
      Da Violet nun die Recherche übernahm, kümmerte sich Felix um die Vorbereitung der Schutzmaßnahmen. Da es sich um einen Schemen handelte, nutzte er nur Eisenspäne, mit der er die Umgebung, in der er den Geistvermutete weiträumig, begrenzte, sodass der Geist nicht fliehen konnte. Im Wohnzimmer legte er zusätzlich auch noch einen Schutzkreis aus Eisenketten aus, nur für den Fall, in den sie sich immer rasch zurückziehen konnten. Seine Devise ist Vorsicht ist besser als Nachsicht und als Geisterjäger, ist die Naschsicht meistens zu spät. Außerdem stellte er ein paar Indikatorlichter auf, und zwar von der Treppe bis in die Küche, so würde ihnen die Anwesenheit des Geistes bestimmt nicht entgehen.
      Mit allem fertig, kehrte er in die Küche zurück und sah auf das Thermostat, dass er hingestellt hatte. 21 °C, zu warm, als dass jetzt hier ein Geist sein könnte. Die Temperatur würde merklich fallen, wenn dies der Fall sein sollte. Er setzt sich dann auf seinen Stuhl und schenkte sich eine neue Tasse Tee ein und schielte dabei kurz zu Violet, die noch über den mitgebrachten Unterlagen wohl brütete.
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    • Violet musste sich arg am Riemen reißen, um diesem arroganten Schnösel nicht ordentlich die Meinung zu geigen. Es kostete sie alle Mühe ihren Gesichtsausdruck unter Kontrolle zu behalten, während er ihr eine fiese Gemeinheit nach der anderen um die Ohren pfefferte. Tatsächlich verstand sie langsam nicht mehr, warum alle von diesem Kerl schwärmen konnte. Wahrscheinlich hatte noch niemand der anderen Nachwuchsagenten auch nur mehr als zwei Worte mit Damerau gewechselt. Am Ende des Gespräches war sie nicht nur als Versagerin sondern auch als unliebsames Haustier betitelt worden. Violets einziger Trost war, dass sich Damerau auf den Deal einließ. Es schadete nie, den Menschen genauer unter die Lupe zu nehmen, den sie auf unbestimmte Zeit täuschen musste. Das Schauspiel würde sie lange genug aufrecht erhalten bis ihr Onkel zufrieden war. Nach wie vor hoffte sie, dass eine Zusammenarbeit mit Felix Damerau ihr prestigeträchtige und große Aufträge einbrachte. Da fiel es gar nicht auf, wenn das ein oder andere von den Spukorten verschwand.
      "I-Ich habe nichts andere erwartet", stotterte sie leicht durch die zusammengepressten Zähne. Leicht verzog Violet das Gesicht, als Damerau ihre Hand unerwartet fest umgriff. Seine Hand war warm und sie spürte die Schwielen der Übungsstunden mit dem Degen. Um seine Worte zu unterstreichen, erhöhte er sogar den unangenehmen Druck um ihre Finger. "Eine Chance. M-Mehr brauche ich nicht. Ich werde dich nicht enttäuschen."
      Als könnte Damerau es kaum erwarten, das lästige Gespräch zu verlassen, wirbelte er herum und verließ mit großen, zielstrebigen Schritten die Küche. Violet Kempen ließ die Maske für einen Augenblick fallen und starrte Böse die Stelle an, an der zuvor Felix gestanden hatte. Sie zwang sich ein paar Mal ruhig einzuatmen, bevor sie mit der gewohnten arglosen Unschuldsmiene hinter ihrem Partner her stolperte. Mit einem wissbegierigen Gesichtsausdruck lugte sie an Felix vorbei, der gerade voller Ungeduld die Tür öffnete. Die Ausrüstung war für jedes Agenten-Team ein wahrgewordener Traum und ließ keine Wünsche aus. Für einen Damerau nur das Beste, dachte Violet verdrießlich.
      Die Aufgaben war schnell verteilt und damit zog sich Violet, ganz wie vereinbar, mit einem einschüchternden Berg aus Papierkram in die Küche zurück. Mit den zusammengetragenen Akten und Aufzeichnungen gab sich die Agentin dennoch nicht zufrieden. Pflichtbewusst und mit ihrem Notizbuch bewaffnet, schlich Violet durch das Haus der alten Dame. Sie nahm die persönlichen Gegenstände der Frau unter die Lupe. Vor allem ein paar der alten Schmuckstücke notierte sie sich gedanklich für später. Gerade Armbänder, Ketten und Anhänger ließen sich auf dem Schwarzmarkt ganz wunderbar anpreisen, wenn sie mit einer wunderschönen Geschichte über ihre Herkunftsgeschichte und den verstorbenen Besitzer ausgeschmückt wurden. Violet blätterte durch abgegriffene Bücher, Alben mit unzähligen bereits vergilbten Fotografien und Karton voller Erinnerungsstücke. Zur ihrer Enttäuschung fand sich weder zwischen den Seiten der Bücher noch in den Kisten irgendetwas von Wert. Wobei die Porzellanvasen im Flur sicherlich in der Vergangenheit nicht ganz billig gewesen waren, aber für die begehrte Sammlung des berühmten Hound keine Option. Violet stand in der Mitte des kleinen Wohnzimmers und versuchte die Enttäuschung über die magere Ausbeute zu verbergen. Ihr Blick glitt über den Kaminsims. Die Staubschicht war mindestens einen Finger breit, doch dass war es nicht, was ihr ins Auge fiel. Mittig auf dem Sims stand eine kleine Urne. Bei näherer Betrachtung glaubte Violet fast den seidigen Schimmer von poliertem Elfenbein auszumachen. Die zarten Blütenverzierungen waren eindeutig mit Blattgold aufgebracht worden. Im Sockel war eine kleine Plakette eingelassen und es war dieses kleine Details, dass Violet auf den ersten Blick verraten hatte, dass es sich um eine Urne handelte. Whiskers war darauf eingraviert. Huh? Die Namen hatte sie doch schon einmal irgendwo gelesen. Violet ging zurück in die Küche, setzte sich und zog drei dicke Fotoalben zu sich heran.
      Als Damerau mit seiner Arbeit fertig war und sich mit einem Tee - natürlich ohne seiner Partnerin eine Tasse anzubieten - zur ihr setzte, hob sie den Kopf. Violet hatte sich so tief über ihre Recherche gebeugte, dass ihre Nase beinahe die Seiten berührt hätte.
      "Sieh dir das bitte mal an und sag mir, was du davon hältst. Ich denke, ich habe ein paar Dinge gefunden, die als Quelle in Frage kommen. Genaueres wissen wir allerdings erst, wenn wir den...Geist lokalisieren können", bat sie in ihrer stillen, zurückhaltenden Art. "Mrs. Wadsworth ist auf diesen Bildern noch ein junges Mädchen. Siehst du die schwarze Katze, die fast auf allen Bildern ist? Das war Whiskers, ihr erstes Haustier. Sie muss das Tier abgöttisch geliebt haben. Auf dem Kaminsims im Wohnzimmer steht eine verdammt teure Urne und ich wette, dass darin die Asche dieses Katers ist. Hier...unter diesem Bild steht der Name."
      Sie tippte sich nachdenklich gegen das Kinn und schob die Brille mit dem Zeigefinger etwas höher.
      "Auf vielen Bildern habe ich auch diese Kette entdeckt", fuhr sie fort und tippte mit dem Zeigefinger auf eine Fotografie von Mrs. Wadsworth, in dem sie lächelnd am Arm eines jungen Mannes hing. Beide strahlten in die Kamera, er in einem schicken Anzug, sie in einem ausladenden, weißen Kleid mit großen Rüschenärmeln. Ein Hochzeitsfoto. "Ich habe dieselbe Kette auch bei älteren Bildern entdeckt. Da trug sie Mrs. Wadsworth verstorbene Mutter. Ein Erbstück, dass ihr sicherlich viel bedeutet hat. Was denkst du?"
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    • "Das will auch hoffen." erwiderte Felix der Brünetten, als sie doch meinte, ihn nicht zu enttäuschen. Das ist doch wohl auch das mindeste!
      Während er also alles dafür vorbereitete, den Geist der verstorbenen Wadsworth zu vertreiben, beschäftigte sich Kempen mit der Recherche. Immer wieder blickte er kurz zu ihr, so als überprüfe er, ob sie wirklich am Lesen war, und natürlich hatte Violet ihre Nase tief in die Dokumente gesteckt. Irgendwann hörte er auch auf das zu kontrollieren und konzentrierte sich lieber auf seine Arbeit, denn auch er sollte sich nicht ablenken lassen und keine Fehler machen. Zu wichtig sind da einfach die Sicherheitsvorkehrungen.
      Wie er sich dann mit seinem Tee zu ihr setzte, bat sie ihn, sich etwas anzuschauen. Felix ließ sich alles erläutern und unterbrach die junge Agentin auch kein einziges Mal dabei. Kempen schien ein gutes Auge zuhaben und das konnte er doch anerkennen. "Gute Arbeit. Du scheinst eine gute Beobachterin zu sein." entlockte sie ihm damit sogar ein Kompliment oder zwei. Natürlich hätte er das auch mit genügen Zeit herausgefunden, doch Felix war zumindest zu sich ehrlich genug, dass er sich eingestehen musste, bestimmt nicht alle Details so schnell finden zu können wie. Doch das sprach er natürlich nicht aus. "Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn." dachte er sich nur und betrachtete noch einmal genau die alten Fotos.
      "Das sind beides potenzielle Quellen. Wir sollten bei der Urne auch ein Indikatorpapier drapieren, dann werden wir es rechtzeitig sehen, wenn der Geist sich dorthin bewegt." überlegte er laut und verschränkte seine Arme vor der Brust. "Was die Kette angeht, haben wir leider keinen Anhaltspunkt, wo sich diese befinden könnte. Aber wenn dieses Schmuckstück ihr so wichtig war, dann kann ich mir auch gut vorstellen, dass sie damit beerdigt wurde." meinte er weiter.
      "Gab es ein Foto von Mrs. Wadsworth Bestattung? Vielleicht können wir darauf erkennen, ob sie die Kette bei sich trug. Ansonsten können wir auch in ihr Schlafzimmer gehen und schauen, ob sie dort zu finden ist." schlug Felix direkt vor. Es scheuten sich einige Agenten davor, in den Habseligkeiten der Verstorbenen herum zu "wühlen", wie manch einer es nannte. Doch damit hatte der Weißhaarige kein Problem, schließlich half es dabei, die Quelle ausfindig zu machen und dies ist meistens Schlüsselelement, um den Geist überhaupt bannen zu können.
      Der Agent warf einen Blick auf seine Taschenuhr, die er aus der Hosentasche zog und runzelte grübelnd die Stirn. "Wir haben noch genug Zeit bis Mitternacht, da es erst acht Uhr abends ist." stellte er nüchtern fest und ließ die silberne Taschenuhr wieder in seiner Hosentasche verschwinden, die an auch an einer silbernen Kette befestigt war.
      Ohne Umschweife ließ er seine halbvolle Tasse stehen und erklomm sogleich die ersten Stufen der Treppe, ehe er zu seiner Kollegin sah.
      "Du kommst hier klar? Oder soll ich lieber deine Hand halten, wenn du die Treppe hochsteigst?" fragte er Violet mit einem doch sehr ernsten Gesichtsausdruck, wobei wenn man genauer hinsah, konnte man das schelmische Funkeln in seinen Augen sehen. Er zog sie doch tatsächlich ein bisschen auf. Etwas, was er bei seinen anderen früheren Kollegen so gut wie nicht gemacht hatte. So ein bisschen fühlte sich Felix bei Kempen, doch ganz wohl, sonst würde er das nicht tun.
      Er streckte sogar seine Hand ihr entgegen, dabei blieb seine Miene steinern, bis auf das amüsierte Glitzern in seinen Augen.
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    • Das Lob zauberte ein schüchternes Lächeln auf ihr Gesicht. Eigentlich legte Violet auf seine Meinung keinerlei Wert. Eigentlich.
      Ein wenig stolz war sie schon, dass sie gerade Damerau diese Anerkennung entlockte. Außer von ihrem Onkel bekam Violet in letzter Zeit nur wenig Zuspruch. Da nahm sie auch in Kauf, dass sich Felix gedanklich seinen Teil dazu dachte und damit das Lob vermutlich wieder hinfällig war, hätte er seine Gedanken laut ausgesprochen. Violet setzte sich etwas gerade hin und zog erneut die Fotoalben und persönlichen Papiere der Verstorbenen zu sich.
      "Mrs. Wadsworth ist auf Wunsch entfernter Familienangehöriger eingeäschert worden. Die Beziehung konnte nicht sehr innig gewesen sein, da laut Aussage des Bestatters niemand zur Einäscherung und Beisetzung der Urne erschien. Da es ein Unfall war, wurde der Zustand des Leichnams nicht weiter dokumentiert", las Violet aus der angeforderten Akte vor und murmelte noch leise: "Die arme Frau..."
      Violet straffte die Schultern als Felix sich erhob und vorschlug noch einmal das Schlafzimmer der alten Dame zu durchsuchen. Sein Gesichtsausdruck war dabei kühl und abgeklärt. Entweder war Damerau einfach vollkommen abgebrüht oder einfach nur äußerst zielstrebig.
      Wie ihr neuer und wohl unfreiwilliger Partner erhob sich auf Violet und ließ den Rest ihres Tees unbeachtet zurück. Sie nickte eifrig, ließ aber dieses Mal ihr heißgeliebtes Notizbuch zurück. Bei der Suche nach der Kette würde sie es nicht benötigen. Vor der Treppe zögerte Violet und sie beschlich ein eiskalter Schauer, der auch von den alten Fenstern stammen konnte. Was ihr Gespür anging, glaubte die junge Agentin nur nicht an Zufälle.
      "Du kommst hier klar? Oder soll ich lieber deine Hand halten, wenn du die Treppe hochsteigst?", riss sie Felix' aus den Gedanken.
      "Ähm..."
      Violet blickte von den Stufen zur seiner ausgestreckten Hand. Die angebotene Hilfe war an sich schon ungewöhnlich genug, dass er sie dabei aber mit einem Anflug von Schalk in den Augen ansah, überraschte sie nun wirklich. Er zog sie auf! Violet musste ihn einen Moment zulange angestarrt hatten, denn sie bemerkte, wie er langsam die Geduld verlor.
      Felix hatte sie mit der Geste überrascht und Violet hatte kaum die Gelegenheit wirklich darüber nachzudenken, da machten ihre Füße von ganz allein einen Schritt nach vorn auf die erste Treppenstufe. Sie würde aufpassen müssen, dass sie sich nicht irgendwann versehentlich gegenüber Felix verriet.
      Zurückhaltend ergriff sie seine Hand. Seine Finger waren kühl, obwohl er wenige Sekunden zuvor noch das warme Porzellan gehalten hatte. Mit seiner Unterstützung schaffte sie es ohne Zwischenfälle die Treppe hinauf. Die geisterhafte Kälte war zwar immer noch da, aber in Begleitung von Damerau fühlte sich Violet irgendwie sicher. Oben angekommen, löste sich der Halt ihrer Hände wieder.
      "Danke", murmelte Violet immer noch etwas überrumpelt. "Das...war sehr nett von dir. Danke."

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    • Leider ereilte Mrs. Wadsworth ein Schicksal, das sie mit einigen anderen alten Mitbürgern von Albhain teilte, die Vereinsamung im Alter. So war sie selbst bei ihrer Beisetzung ganz alleine geblieben, weder Familie noch Freunde kamen, um Abschied von ihr zu nehmen.
      Das tat im Inneren Felix schon etwas leid und hoffte, dass ihm so ein Schicksal erspart blieb. Doch Mitleid brachte der verstorbenen Dame nichts, und ihm auch nicht, also fokussierte er sich wieder auf seine Aufgabe.
      Violet ergriff dann seine Hand, als er diese ihr bei der Treppe anbot und gemeinsam erklommen sie die Stufen in den ersten Stock. Ihre Hand war warm und im Vergleich zu seiner gar zart, besaß Felix dicke Schwielen in seiner Innenhandfläche, von dem vielen Trainieren und Kämpfen mit dem Degen.
      Oben angekommen ließ er auch gleich ihre Hand wieder los, wobei seine immer noch eher kühle Mine wieder nicht erahnen ließ, was ihm durch den Kopf ging. Eigentlich hatte er das mit der Hilfe ja schon irgendwie sarkastisch gemeint, doch im Nachhinein empfand er selber das doch sehr kindisch. "Keine Ursache. Da wir nun Partner sind, sollten wir uns auch gegenseitig unterstützen." erwiderte er fast schon nüchtern und der schelmische Glanz in seinen Augen war gänzlich verschwunden.
      Felix ging dann voraus und öffnete eine Türe nach der anderen auf dem Stockwerk. Die erste führte in das Badezimmer. Dieses war sogar recht groß, doch die Kacheln hatte schreckliche Farbe und so erstrahlte der Raum in einem grellen Zitronengelb vor ihnen.
      Doch dies ist nicht der Raum, nach dem sie suchten, also trat er zur nächsten Türe und öffnete diese. Hier schienen sie richtig zu sein, erblickten sie ein Bett, dass an der Wand stand, einen Kleiderschrank und eine Kommode, gegenüber vom Bett. Dieser besaß einige Schubladen und ohne Umschweife trat Felix ein, aktivierte das Licht und zog dann auch schon die erste Schublade auf. "Socken und Strümpfe." erklang seine Stimme, um Violet hinzuweisen, was er bis jetzt gefunden hatte. Also riss er die nächste Schublade auf, nach der Suche nach einem Schmuckkästchen oder ähnlichem. Hier konnte seine Kollegin deutlich erkennen, wie ihm egal das doch schien, dass sie hier gerade die Habseligkeiten einer Toten durchwühlten. Wirklich egal war es ihm zwar nicht, doch Felix dachte darüber einfach nicht nach, sonst könnte er das alles nicht machen.
      Wenn man als Agent zu viel über alles grübeln würde, stand es fast schon fest, dass man diesen Job an den Nagel hängen wird. Man setzte sein junges Leben aufs Spiel, um andere zu beschützen und agierte moralisch doch sehr oft sehr fraglich. Wie sonst konnte man die letzte Ruhestätte ohne schlechtes Gewissen stören oder gar entweihen oder eben im Haus einer kürzlich Verstorbenen sich aufführen, wie ein Trupp von gewissenloser Entrümpler.
      "Vergessen ist wie eine Wunde. Es mag zwar verheilen, aber dabei wird es eine Narbe hinterlassen."
      Monkey D. Ruffy


      Quelle
    • "Keine Ursache. Da wir nun Partner sind, sollten wir uns auch gegenseitig unterstützen", antwortete Felix trocken und Violet wäre am liebsten auf der Stelle im Erdboden versunken. Es war ein Scherz gewesen, um sie aufzuziehen. Ein gottverdammter Scherz!
      Peinlich berührt und frustriert über die Leichtgläubigkeit, die sie gerade an den Tag gelegt hatte, trottete sie Damerau hinterher. Hitze kroch Violet dabei in die Wangen und sie wandte blitzschnell den Blick ab, damit Felix das nicht auch noch bemerkte. Stattdessen konzentrierte sich die Agentin ganz genau darauf, was die Suche in der oberen Etage noch alles zu Tage förderte.
      Felix dabei zuzusehen, wie er lieblos und gleichgültig im Privateigentum einer Verstorbenen herumwühlte, löste Erstaunen in Violet aus. Mit dieser Einstellung würde er vermutlich einen ganz wunderbaren Reliktjäger abgeben. Violet wusste, dass sie keineswegs unschuldig in diesem Punkt war, aber sie rühmte sich damit, zumindest ein Mindestmaß an Anstand gegenüber den Toten zu besitzen. Es war nun einmal ein Fakt, dass ihnen ihre weltlichen Hinterlassenschaften nichts mehr nützten und wenn noch jemand anderen Verwendung dafür hatte...
      Mit einem unterdrückten Seufzen machte sich Violet an die Arbeit.
      Während Felix sich durch den Kleiderschrank und die Kommoden im Schlafzimmer wühlte, widmete sich seine Partnerin dem Bett von Mrs. Wadsworth. Jemand hatte sich die Mühe gemacht die Decke sorgfältig zu falten und sogar die Kissen aufzuschütteln. Zumindest schienen die Bestatter mehr Respekt zu besitzen, als die Mitglieder der Agenturen. Violet ging in die Hocke öffnete die Schublade des Nachtschränkchens. Darin befand sich ein abgegriffenes Buch, eine zusätzliche Lesebrille, ein Taschentuch...Nichts von Wert. Die Lesebrille wanderte trotzdem ungesehen in die Innenseite ihres Blazers. Mit der richtigen Geschichte ließ sich damit schon was anfangen und immerhin hatte sie einen ansehnlichen Goldrand. Vorsichtig warf sie einen Blick über die Schulter zu Felix, der gerade die Türen des Kleiderschrankes aufriss und wohl plante sich durch Berge von Kleidern, Mänteln und Bettwäsche zu wühlen.
      In der Zwischenzeit ließ sich Violet zu Boden sinken, legte sich auf die Seite und starrte unter das Bett. Außer Staubmäusen und einem einzelnen, vergessen Pantoffel entdeckte sie erst einmal nichts. Wäre da nicht der Schuhkarton am Kopfende gewesen.
      "Hm?", kam es von Violet, die bereit den Kopf unter das Bett steckte. "Felix? Ich glaube, ich habe da war gefunden."
      Bis zur Hüfte verschwand das zierliche Mädchen unter dem Bett und robbte wenige Sekunden etwas umständlich und rückwärts wieder darunter hervor. Staub haftete an ihrem Blazer, an ihrer Wange und in ihren dunkelbraunen Haaren. Violet hielt sich die Hand vor Mund und Nase, als sie lautstark von den Staubpartikeln in ihrer Nase nieste.
      "Schau mal."
      Behutsam öffnete sie den Schuhkarton und darin lag eine Schatulle aus dunklem Holz. Mahagoni, vielleicht. Bei Liebhabern konnte dafür sicherlich ein hübsches Sümmchen verlangt werden. Violet sah kurz zu Felix auf und öffnete dann behutsam den Deckel. Eine zarte Melodie ertönte und auf einer kleinen, von Zahnrädern angetriebenen Plattform im Zentrum des Kästchen drehte eine kunstvoll geschnitzte Ballerina ihre Pirouetten.
      "Eine Spieluhr...", murmelte Violet. "Warte kurz, da ist was locker..."
      Einen Moment später löste sich das Innenfutter des Deckels und das Medaillon von den Fotos fiel ihr in die Hände.
      Violet drehte es in ihren Fingern herum. Es war schwer, aus Gold und in einem tadellosen Zustand. Und wertvoll.
      Aber sie spürte nichts, als sie mit den Fingerspitzen über den Verschluss fuhr.
      Nachdenklich runzelte sie die Stirn.
      "Ich spüre nichts", sagte sie und reichte das Medaillon, wenn auch widerwillig angesichts seines Wertes, an Felix weiter. "Was ist mit dir? Kannst du irgendetwas erkennen?"

      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”