Two Villains Isekai [AbstraktimosX&Royal]

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    • Two Villains Isekai [AbstraktimosX&Royal]

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      Raffalia de Nefarius

      Mit einem großen Schritt verließ die de Nefarius Tochter die überaus luxuriöse Kutsche, die vom Reichtum ihrer Familie erzählte und auch wenn unsere Raffalia keinen besonderen Wert auf solche Dinge gab, so achteten ihre Eltern penibel darauf, dass man den Status ihrer Familie auch bereits von weitem erkennen konnte, der Adel hatte mit erhobenem Haupt durch die Welt zu laufen, oder so etwas in der Art, auch wenn sich Raffalia nicht ganz sicher war, was das mit einer großen Kutsche zu tun hatte.
      Wenigstens war sie bequem, schön gepolstert, mit genug Platz um mehreren Leuten anständig Platz zu bieten, nicht dass Raffalia jemals in einer Kutsche gefahren war, die weniger Qualität aufwies.
      Trotzdem war sie der Meinung, dass Autos doch bequemer waren, und praktischer und vor allem schneller. Aber die Pferde waren niedlich.
      Jedenfalls, um zurück zum hier und jetzt zu kommen: im Moment als Raffalia endlich die Kutsche verließ, nahm sie einen tiefen Atemzug.
      Die Luft roch nach Magie und den Träumen der Jugend, zumindest war sie sich dem ziemlich sicher und sie konnte es selber noch gar nicht so recht glauben, auch wenn sie direkt davor stand und das Gebäude genauso aussah, wie in den CGs im Spiel, nur... nur in echt eben. Sie stand wirklich vor der Royal Academia Magica! Kein Einfallsreicher Name, keine Frage, aber das gehörte zu dieser Art von Spiel fast schon dazu.
      „Komm schon, du kannst doch nicht einfach so raus stürmen, was werden deine Eltern denken, wenn sie dich so sehen?“, ertönte die Stimme einer weiteren jungen Frau aus der Kutsche und ein blauer Schopf mit einem Seufzer auf den Lippen blickte durch die Tür, bevor sie mit deutlich mehr Eleganz als Raffalia aus der Kutsche stieg und ihren Kopf über das Verhalten ihrer Freundin schüttelte, was die Rothaarige nur dazu brachte nur noch breiter zu Lächeln.
      Wobei sie beim Anblick der Blauhaarigen nun doch ein wenig nervös wurde, immerhin war Meg dazu bestimmt sie irgendwann zu verraten und sich stattdessen mit der Heroine, mit Luxuria, anzufreunden und zu einer ihrer besten Freundinnen zu werden.
      Und ganz ehrlich? Die eigentliche Raffalia hatte es verdient. Immerhin hatte sie Meg eher wie einen Lakaien behandelt, nur weil ihre Familie nicht ganz so reich und einflussreich war wie die ihre, als wie eine Freundin und das wurde ihr halt irgendwann zum Verhängnis.
      Und die Rothaarige hoffte wirklich, dass das diese Mal nicht passieren würde. Immerhin hatte sie sich solche Mühe gegeben, sich mit ihr anzufreunden! Ihre erste Freundin in dieser neuen Welt.
      Und sie würde ihr dieses Mal keinen Vorwand geben, um sie zu verraten, jawohl!
      „Wie gut, dass sie mich hier nicht sehen können.“, gab Raffalia nur mit einem verschmitzten Lächeln von sich und erntete dadurch nur ein weiteres Seufzen und ein Kopf schütteln, bevor Meg dann doch tatsächlich lächelte.
      „Aber jeder andere schon. Wenn du irgendeinen komischen Ruf bekommst, werde ich mich nicht mehr mit dir blicken lassen, darauf kannst du dich verlassen.“, kam es scherzhaft von der Blauhaarigen und sie begann dann auch schon ihren Weg fortzusetzen und Raffalia einfach stehen zu lassen.
      „Ah... hey! Das kannst du mir doch nicht antun!“, schmollte Raffalia fast schon, als sie die Beine in die Hand nahm, um Meg einzuholen.
      Das war es nun also. Der Start der Geschichte. Als hätte sie gerade erst auf Play gedrückt und ein Gefühl von Nostalgie erfüllte sie, sie konnte sich kaum an der Gegend satt sehen. Der erste Unterschied, der ihr auffiel, war die Tatsache, dass alle diese Schüler Gesichter hatten.
      Nun, natürlich hatten sie Gesichter, das war ja eigentlich auch normal, aber im Spiel hatte man sich eben nicht die Mühe gemacht jeden einzelnen Schüler so detailliert zu zeichnen und sich die Gesichter gespart.
      Ob Luxuria wohl schon hier war? Oder Alexandria? Oder all diese anderen tollen Charaktere, die früher oder später eine Rollen spielen würden? Die Teil der Gruppe werden könnten, die sie letztendlich töten würde? Wie Luxuria ihre Truppe wohl dieses Mal zusammen stellen würde? Sie fragte sich, ob sie ihr ein paar Tipps geben sollte, immerhin hatte sie haufenweise an Erfahrungen mit diesem Spiel und wusste, wie man sich die beste Truppe zusammen stellte, welche Fähigkeiten man lernen und skillen sollte... wobei sie selber Alexandria nur mit Mühe und Not besiegt hatte, alle drei Mal. Und wie oft sie daran gescheitert war, wollte sie gar nicht erst denken.
      Sie war fest entschlossen einen guten ersten Eindruck bei Luxuria zu hinterlassen, sie sollte keinen Grund haben, sich gegen sie zu stellen oder sich mit Alexandria zu verbünden! Sie würde sie nicht beleidigen, nicht hänseln und ganz sicher nicht mobben!
      Außerdem war sie die Heldin, mit der sie so viele Spielstunden verbracht hatte... ob sie in echt wohl genauso niedlich war, wie in all diesen Bildern?!
      Sie konnte es kaum erwarten, ihr zu begegnen und hielt sogar Ausschau nach ihr und allen anderen Gesichtern, die wichtig werden könnten, während sie mit Meg an ihrer Seite zur Halle schritten, wo die Aufnahmeprüfung stattfinden würde.
      „... suchst du jemanden? Du weißt doch, dass Ignis erst nächste Woche wieder an die Akadmie kommt.“, gab Meg verwundert von sich und legte fragend den Kopf schief.
      „... hm? Ah... klar weiß ich das, ich... schau mich nur ein wenig um.“, gab Raffalia etwas nervös von sich, immerhin konnte sie ihr ja wohl kaum sagen, dass sie sich nach Leuten umsah, denen sie zwar noch nie zuvor begegnet war, die sie aber kannte.
      Und natürlich wusste sie, dass ihr Bruder erst später ankommen würde, die erste Woche gehörte immerhin allen Neulingen und war – neben der Abschlussprüfung – dazu da, sich erst einmal einzuleben.
      Für die meisten war es sicherlich das erste Mal alleine unter einem Dach zu leben, nicht aber so für Raffalia! In ihrem alten Leben hatte sie ihre ganz eigene, kleine Wohnung gehabt und es war eigentlich ganz erfrischend, nicht mehr ununterbrochen von Bediensteten umgeben zu sein, auch wenn sie sich mittlerweile daran gewöhnt hatte.
      „Bist du nervös? Keine Sorge, eine de Nefarius wird ja wohl kaum durchfallen.“, gab Meg mit einem aufmunternden Lächeln von sich, das Refallia nur mit einem schiefen erwidern konnte.
      Nein, natürlich machte sie sich keine Sorgen, die Prüfung nicht zu bestehen. Sie hoffte nur ihre Bemühungen waren genug um Alexandria ein bisschen Angst zu machen.
      Sie sollte sich zwei Mal überlegen, ob sie sich mit ihr anlegen wollte, hah!
      „Klar schaff ich das! Ich mach mir nur ein bisschen Sorgen um dich... was soll ich nur ohne meine Meg machen?“, gab sie mit einem Seufzen von sich und erntete dafür ein betroffenes „Hey!“ was Raffalia nur mit einem Lachen und einer Hand auf der Schulter ihrer Freundin erwiderte.
      Natürlich machte sie sich keine Sorgen. Im Spiel hatte sie es doch auch geschafft.
      Maggie Sinclaire, eine niedere Adelige, die aber ganz gut mit dem Wasserelement umgehen konnte.
      Nicht, dass man groß etwas davon gesehen hatte, sie war eher ein Support Charakter. Leider niemand, den man der spielbaren Gruppe hinzufügen konnte. Ein Jammer.
      Jedenfalls... „Na dann, auf geht’s, bevor uns noch jemand die Show stiehlt!“
      Und dieser jemand war niemand anderes, als Alexandria de Ancarya.

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    • "Wacht auf, Mylady! Wir sind da!" Alexandria hörte diese Worte immer wieder, ehe sie blinzelte und verschlafen in das besorgte Gesicht ihrer Dienerin Isilda schaute. Auch wenn es jetzt bereits 17 Jahre waren, die sie in der Welt des Spiels "Royal Academia Magica: Twist of Fate" verbrachte, so musste sie sich dennoch immer jeden Morgen daran gewöhnen die bekannten Gesichter aus eben jener Welt vor allem nach dem Aufwachen zu sehen. Es ist also immer noch kein Traum. Ich bin wirklich hier.
      "Mann, Isi...", grummelte sie und drehte sich auf die Seite. Ihr Bett fühlte sich seltsam unbequem an. "Lass mich noch 'ne Weile Schlafen. Ich hab eh nichts besonderes heute vor."
      Isilda seufzte schwer, eine gewisse Entnerfung unterdrückend.
      "Mylady Alexandria, wir haben die Royal Academia Magica erreicht!" Der Nachdruck ihrer Worte sorgte dafür, dass Alexandria zum ersten Mal verstand, was sie gerade gesagt hatte.
      "WAS?!" Schlagartig riss sie die Augen auf und blickte sich. Natürlich! Ich bin ja auf der Reise! Es fiel ihr wie Schuppen von den Augen. Und als sie durch das Fenster der Kutsche schaute, erblickte sie sie auch sogleich: Die königliche Akademie der Magier. Hatte sie eben noch der Schleier der Müdigkeit in Zaum gehalten, packte sie jetzt die Faszination und ein geradezu nostalgisches Gefühl an einem Ort angekommen zu sein, den sie seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte. Siebzehn Jahre um genau zu sein. Es war einfach atemberaubend. Die Szenerie war so lebendig und farbenfroh, dass die Artworks des Spiels selbst gar nicht mit dieser vollkommeneren Form mithalten konnten. Es fühlt sich an, als wäre ich erst jetzt zu Hause!
      Ihre Kutsche hatte auf dem vorderen Brunnenplatz gehalten und der Kutscher war bereits vom Bock des Gefährts abgestiegen, um den beiden Insassinnen die Tür zu öffnen. Wie in Trance stieg Alexandria aus und bestaunte das hoch vor ihr aufragende Gebäude. Ihre grünen Augen strahlten vor Freude und ein breites Lächeln legte sich auf ihre Züge. Isilda stand neben ihr und schaute ihre Herrin etwas verwirrt an. Sie hatte vermutlich zum ersten Mal einen Menschen gesehen, der sich beim Anblick einer Bildungseinrichtung so sehr freute, wie Alexandria. Naja, sie kannte ja auch ihre Gründe dafür nicht.
      "Mylady, bitte starrt doch nicht so. Ihr zieht nur die Aufmerksamkeit auf euch." In der Tat waren einige Menschen hier unterwegs. Die meisten davon Neuankömmlinge, die alle zum Haupteingang des Gebäudes drängten. In adelig ordentlicher Manier natürlich. Doch die Aufmerksamkeit hatten Isilda und Alexandria schon längst auf sich gezogen. Nicht nur war die schwarze Kutsche mit den grünlichen Kristallverschmückungen ein wahrer Hingucker, nein sie standen auch wie selbstverständlich mittig auf dem Platz, wo sie jeder beobachten konnte. Und nicht nur freundliche Augen werden auf mich gerichtet sein. Schlagartig erinnerte sie sich wieder an die Situation des Spiels, in der sie sich befand. Bestimmt befand sich ihre Rivalin Raffalia unter der Menge, mit der ihr friedliches Leben hier an der Akademie stehen und fallen konnte. Doch nicht sie war die oberste Priorität, sondern eine ganz gewisse nicht adelige Person. Luxuria Whitewood!
      Isilda wies den Kutscher und die wie nebensächlich wirkenden beiden schwer bewaffneten Wächter an das Gepäck schon einmal in ihre Unterkunft zu bringen. Alexandria war unversehens in ihren Grübelmodus verfallen und hatte ihren kalten, berechnenden Gesichtsausdruck angenommen. Die junge Dienerin erschrak etwas.
      "Mylady, ich bin untr... untröstlich! Habe ich... etwa etwas... falsch ge... gemacht?!"
      "He???" Alexandria wurde schnell wieder in die Realität geholt und sah Isilda verwirrt an. Dann wurde ihr schlagartig klar, dass sie gerade ungemein finster drein geblickt haben musste. "Um Himmelswillen, Nein! Alles ist in bester Ordnung, Isi!" Sie zwang sich ein Lächeln auf die Lippen und klopfte der Dienerin kameradschaftlich auf die Schulter. Das war zwar nicht die feine Art der Adeligen, aber Alexandria betrachtete das etwa gleichaltrige Mädchen als ihre beste Freundin. Vermutlich die einzige, die ich in dieser Welt je wirklich haben werde...
      Doch dabei wollte sie es nicht belassen. Sie musste Luxuria finden und vor den Demütigungen Raffalias bewahren. Und gleichzeitig musste sie dafür sorgen, dass Raffalia nie hinter ihr verborgenes Attribut kam. Leider nur verriet das Spiel nie, wie sie es geschafft hatte, Alexandria ans Messer zu liefern. Vermutlich hatten die Entwickler selbst gar keine plausible Erklärung dafür und hatten es einfach hinter einer Perspektivischen Obskurierung verborgen.
      Jedenfalls war Isilda froh, dass sie alles richtig gemacht hatte, aber ein quäntchen Neugier stand ihr dennoch ins Gesicht geschrieben.
      "Du fragst dich, worüber ich gerade nachgedacht haben?" Naja, den Nagel hätte man auch nicht besser auf den Kopf treffen können.
      "Verzeiht, Mylady Alexandria! Ihr saht so... konzentriert aus!" Gerade noch gerettet, dachte sie und lachte freundlich.
      "Weißt du, ich habe, also bevor wir hierher gekommen sind, einige Gerüchte gehört, die eine bestimmte neue Studentin betreffen sollen. Hast du es auch gehört?"
      "Oh? Mylady meinen sicher die Bürgerliche, die an der Royal Academia Magica aufgenommen wurde? Ich hörte davon. Es... nun ja, unter uns gemeinem Volk macht das grade ziemlich die Runde. Es ist eine große Sache!" Isilda war selbstverständlich wie jede Bürgerliche unheimlich stolz, dass es eine Vertreterin aus der allgemeinen Mitte der Bevölkerung es an die berühmte magische Hochschule geschafft hatte. Man wünschte ihr nur das beste... die meisten jedenfalls.
      "Ich bin sehr zuversichtlich, dass sie es hier an der magischen Akademie gut haben wird. Aber ich habe auch Sorgen. Nicht alle Adeligen sind mit ihrer... Aufnahme einverstanden, fürchte ich."
      "Oh nein! Mylady, ich wollte euch nicht beleidigen, oder..."
      "Schon gut, Isi", sie lächelte erneut und irgendwie schien ihr Lächeln tatsächlich beruhigend auf sie zu wirken, "ich habe nichts gegen sie. Im Gegenteil: Ich befürworte sehr ihre Aufnahme und wünschte, dass wir es auch anderen Gemeinbürgerlichen möglich machen könnten die Akademie zu besuchen. Ich habe vor, mich dieser Bürgerlichen vorzustellen und ihr nach besten Kräften und Wissen hier an der Royal Academia zu helfen."
      Die echte Alexandria hatte das zwar auch gesagt, aber im gegensatz zu ihrem Alter Ego meinte diese Alexandria es wirklich ernst. Sie wollte sie nicht zu ihrem eigenen Vorteil instrumentalisieren, sondern tatsächlich die magischen Lehren für alle veröffentlichen. Nur Adelige wie Raffalia de Nefarius waren ihr da allerdings ein Stein im Weg. Doch vielleicht ließe sich mit ihr ja ganz leicht umgehen? Immerhin besaß sie als Alexandria de Ancarya ungeheuere magische Kräfte und wusste außerdem, dass Raffalia schon immer mehr große Töne spuckte, als Dampf dahinter stand. Nur ist das jetzt eine Realsituation und ich habe nicht die Möglichkeit zu speichern. Es muss mir also auf Anhieb gelingen. Doch das musste warten. Die Eintrittszeremonie und die dazugehörige Aufnahmeprüfung standen kurz bevor und hier würden sich die ersten Weichen für die Zukunft in dieser schönen neuen Welt für sie und alle anderen stellen.
      "Nun denn, dann sehen wir mal, was wir hier haben!", sprach Alexandria entschlossen und setzte an mit ihrer Dienerin gemeinsam die Stufen hinauf zur Akademie zu erklimmen.


      "Nimm dir Zeit und nicht das Leben" ;D

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von AbstraktimosX () aus folgendem Grund: Charakterlink für Isilda eingebaut; Das Spiel heißt eigentlich "Royal Academia Magica: Twist of FATE und nicht of FAITH => korrigiert XD

    • Luxuria Whitewood & Jack Blackwood

      Die Kutsche der Stipendiatin war im Gegensatz zu all dem Adel, der sie umgab, schlicht gestaltet, in den Farben der Akadmie, wodurch sie nur noch mehr in all dem Prunk und Glanz auffiel und doch hatte Luxuria die Fahrt aus vollen Zügen genossen, immerhin war es das erste Mal, dass sie eine solche hatte fahren dürfen.
      Das erste Mal, dass ihre Füße Stein statt Dreck und Erde berührten, das erste Mal dass sie von mehr Menschen umgeben war, als sie auf einen Blick hätte zählen können und ihre Augen wollten gar nicht erst aufhören zu strahlen. So vieles neues. So viele Möglichkeiten. So viele neue, potenzielle Freunde. Das Lächeln von ihren Lippen wollte kaum weichen.
      „Komm schon Lux, willst du, dass man dich für ein Landei hält?“, kam es amüsiert von einem jungen Mann, der gerade dabei war die Koffer der beidem vom Dach der Kutsche zu holen, denn im Gegensatz zu den Adeligen hatten sie keine Bediensteten, die ihre Sachen für sie tragen konnten und so gesellte er sich mit den Koffern in den Händen neben seine Kindheitsfreundin und stieß sie leicht mit der Schulter gegen die ihre, da seine Hände voll waren.
      Aber das war schon okay, die beiden besaßen sowieso nicht gerade viel, die Koffer waren leicht und zum Großteil leer.
      „... eh? Landei? Sah ich... sah ich wirklich so aus?“, gab die Weißhaarige etwas beschämt von sich und legte sich die Hände auf die Wangen, als könnte sie damit ihren Gesichtsausdruck beeinflussen, was Jack nur zum Lachen brachte.
      „Nah, so begierig wie du hier alles anguckst, schon. Als hättest du noch nie zuvor ein Gebäude gesehen.“
      „Doch kein so großes!“, beschwerte sich Luxuria sogleich schmollend, als der Braunhaarige sie weiterhin ärgerte und nur wieder ein amüsiertes Lachen von sich gab. Es war schon fast zu einfach.
      „Ich weiß, ich weiß. Aber guck doch. Wir fallen schon auf.“, flüsterte er ihr den letzten Satz fast schon ins Ohr und ließ seinen Blick über das Gelände schweifen, und tatsächlich lagen zahlreiche Augen auf ihnen, gepaart mit hinter vorgehaltener Hand geflüsterten Worten, manche so laut, dass man es kaum mehr als ein Flüstern bezeichnen konnte.
      Offenbar wollten man, dass man sie hörte.
      Pöbel, Gesindel, dreckig, unansehnlich... wow, man konnte die Abneigung in der Luft ja geradezu spüren. Mehr als nur einmal konnte er hören, wie gesagt wurde, dass sie nicht hierher gehörten.
      Und Jack zögerte keine Sekunde, die Hände auf Luxurias Ohren zu legen, als er merkte, wie nervös sie davon wurde.
      „Hör einfach nicht hin. Gehen wir und zeigen diesen überschätzten Puderdosen, dass wir mehr als nur hierher gehören, okay?“, grinste er zu ihr hinunter, im Versuch Luxuria etwas Mut zu geben, und ein Nicken und ein geflüstertes „Danke...“ machten sich die beiden auch schon auf den Weg.
      Ehrlich gesagt war sich Jack gar nicht so sicher, ob er wirklich dazu geschaffen war eine solch berühmte Schule zu besuchen und seine Fähigkeiten wirklich reichten, um die Prüfung zu bestehen... aber er wusste, dass Luxuria dazu geschaffen war.
      Er hatte noch nicht einmal gewusst, dass Lichtmagie überhaupt existiert! Wenn das nicht besonders war, dann wusste er auch nicht.

      Raffalia de Nefarius

      Auf dem Boden leuchtende und in der Luft schwebende Pfeile waren hilfreiche Gesellen, die neuen Schüler in die große Halle zu lotsen, wo die Aufnahmeprüfung abgehalten wurde, bevor man sich für die Eintrittszeremonie versammeln würde, mit Ausnahme natürlich all jener, die es nicht in die Akademie geschafft hatten.
      Raffalia hatte gehört, dass die Aufnahmeprüfung eine der schwersten im gesamten Reich sein sollte und ein Großteil des niederen Adels es nicht schaffte, etwas, was sie nicht so recht glauben konnte, immerhin stand es für sie vollkommen ausgeschlossen, ja, es war geradezu wie vorhergesehen, festgeschrieben, dass es bestimmte Individuen schaffen würden.
      Selbst wenn sie ihre Zeit nicht damit verbracht hätte, an ihren Fähigkeiten zu arbeiten, hätte sie die Aufnahmeprüfung sicherlich geschafft. Ehrlich gesagt war es sowieso nur das Tutorial.
      „... Raffalia, bitte. Das sind doch nur Illusionen.“, hörte sie das Seufzen ihrer besten Freundin neben sich, die sicherlich bemerkt hatte, wie die Rothaarige die leuchtenden Pfeile anstarrte – hatte etwas von LED – während es für andere eher aussah, als hätte sie gerade schlechte Lauen und würde einfach nur den Boden und die Luft – oder war das Pech hatte zufällig auf der anderen Seite der Illusion zu stehen – grimmig anstarrte.
      Das hatte ihr Gesicht eben an sich. Aber Meg war so lange an ihrer Seite gewesen – ihr gesamtes Leben, um genau zu sein, um den Unterschied zu bemerken.
      „Aber ich habe nie daran gedacht, dass man Magie auch so nutzen könnte...“, murmelte sie, außerdem sah sie diese Pfeile zum ersten Mal. Im Spiel hatte es sie nie gegeben.
      Naja, im Spiel hatte sie auch nie die Treppen hochsteigen müssen, es begann – nach einem kurzen Prolog – direkt bei der Aufnahmeprüfung.
      „Es gibt vieles, was du nicht über Magie weißt. Sonst müssten wir wohl kaum zur Schule gehen.“, kam es fast schon belehrend von der Blauhaarigen und ein bedächtiges Nicken folgte.
      Stimmt. Dabei gehörte Lernen eigentlich so gar nicht zu ihren Prioritäten... wenn sie ehrlich war, hatte sie auch gar nicht daran gedacht, dass sie das tun müssen würde.
      Klar, im Spiel hatte es auch Zwischenprüfungen gegeben... aber die waren eher dazu da, extra Belohnungen zu erhalten,wenn man gut Abschnitt und wirklich etwas gelernt hatte man als Spieler auch nicht. Es hatte gereicht bestimmte Stats zu steigern.

      Die Halle war bereits überfüllt mit zahlreichen Schülern, gekleidet in den kostbarsten Kleidern, die sowieso schon bald gegen eine Schuluniform ausgetauscht werden würde, und in einem dämmrigen, violetten Licht gehalten.
      Während sich die Halle langsam füllte, konnte Raffalia ganz vorne, vor den Schülern stehend, einen älteren Magier mit Lachfalten und einem väterlichen Lächeln auf den Lippen erkennen. Die Hände waren hinter dem Rücken verschränkt, die Kapuze seiner violetten Robe über den Kopf gestülpt.
      Eine weitere Prüferin stand neben ihm, sie war vielleicht in ihren 30gern oder 40zigern und wirkte deutlich strenger mit der Brille auf der Nase und dem streng zusammen gebundenen Haar, während sie auf einem Klemmbrett Häkchen machte, mit jedem Schüler, der die Halle betrat.
      Oh, Moment, nein. Der Stift schrieb ja von ganz alleine!
      Hinter den beiden Prüfern erhob sich eine übergroße Glaskugel, in dem sich Dampf oder Rauch zu bewegen schien, ein Gerät um das magische Potenzial und Kraft zu messen.
      Aber das war auch erst der zweite Teil der Prüfung. Der erste war dabei deutlich wichtiger.
      Die Rothaarige ließ ihren Blick über die Schulter schweifen, und just in diesem Moment erblickte sie einen Schwarzen Schopf, der eindeutig zu ihrer Rivalin gehörte und sie konnte nicht anders, als ihr einen missmutigen Blick zuzuwerfen.
      Sie würde nicht sterben, gab sie voller Entschlossenheit innerlich von sich, wie eine stumme Nachricht an ihre Rivalin, die sie natürlich nicht hören konnte.
      Aber mal ganz ehrlich, wie verdammt unfair war das eigentlich? Schön und gut, dass Alexandrien über das Dunkelattribut verfügte, sehr stark, sehr besonders, sehr edgy. Aber musste sie dann wirklich auch noch gut in allem anderen sein?!
      Und das auch noch, ohne sich groß anzustrengen oder überhaupt irgendetwas zu tun. Wie hieß es nochmal im Spiel? Achja. Man sah sie nie beim Training. Nie aktiv am Unterricht teilnehmend.
      Und das alles nur, um ihre eigentliche Kraft zu verbergen, um allen anderen später in den Rücken zu fallen... aber sie musste zugeben, zur Dämonenkönigin aufzusteigen war schon eine unglaublich coole Idee gewesen.
      Wie überrascht sie war, als diesen Teil des Spiels das erste Mal erreicht hatte... es war aufregend gewesen, wirklich. Nur um in den ersten paar Runden vollkommen zerschmettert zu werden.
      Sie wusste nicht, ob sie Lachen oder Heulen sollte.
      Doch schon bald folgte dem schwarzen Schopf ein weißer und... Raffalia fühlte sich wie ein Fangirl, dass zum ersten Mal ihr Idol in Fleisch und Blut erblickte und sie musste sich wirklich zusammen reißen, nicht einfach rüber zu rennen oder vor Glück zu schreien... oder auf und ab zu hüpfen. Was sich alles nicht für eine Adelige gehörte. Schon gar nicht einer Bürgerlichen gegenüber. Aber wie gerne würde sie da jetzt rüber gehen und Luxuria einmal drücken!! Und sie ganz, ganz, ganz weit weg von Alexandria ziehen.
      Kaum hatten Luxuria und Jack die Halle als Letzte betreten, wurden die großen Doppeltüren hinter den Beiden mit einem lauten Knall zugeschlagen und es wurde nur noch dunkler im großen Raum, bevor der alte Mann auf dem erhöhten Platz vor ihnen einen Zauberstab zückte und zahlreiche bunte Lichter diesen erhellten. Rot, Blau, Grün, Braun... und andere Farben, die einem bestimmten Element oder einer Magieart zugeordnet waren.
      Und doch war keines davon ein weißes Licht. Natürlich nicht. Das konnte ja nur Luxuria.
      Die große Rede des alten Mannes begann, seine Stimme erfüllte den Raum aus allen Ecken heraus – sicherlich noch mehr Magie – und Raffalia konnte die Aufregung spüren. Dies war der Anfang. Der Start. Das Tutorial.
      Und das erste Mal, dass sie alle einem Monster gegenüber stehen würden.
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    • Zu sagen, sie wäre überwältigt von der beeindruckenden Architektur des Inneren der Akademie, wäre vermutlich eine krasse Untertreibung. Alexandria strahlte vor Begeisterung und innerer Aufregung in diesem Moment wirklich an diesem Ort zu sein, durch diese Hallen zu schreiten, die sie so oft schon durchwandert hatte, nur eben in einem anderen Leben, und musste sich aktiv daran hindern, ihrem Erkunderdrang freien Lauf zu lassen. Ihr war vermutlich dabei nicht einmal bewusst, wie seltsam out of Character ihre Mimik war, denn die eigentliche Alexandria, Erbin des Hauses de Ancarya, hatte ihr Pokerface fast nie zur Seite gelegt. Höchstens in der Situation, als sie sich als der Hidden Boss zu erkennen gab und ihr Gesicht eine Fratze manischen Wahnsinns und tiefster Boshaftigkeit verwandelt wurde. Allein bei dem Gedanken schauderte es die jetzige Alexandria zutiefst. Glücklicherweise habe ich keinen so große Dachschaden... ich meine, hoffe ich zumindest!
      Zu ihrer Überraschung wiesen blau leuchtende schwebende Pfeile - mal auf dem Boden, mal an den Wänden - den Weg zur Eingangszeremonie, wo sie die Willkommen gehießen werden sollten. Das ist neu! An diese Dinger kann ich mich nicht erinnern! Fasziniert von der Magie hielt sie auf eine der magischen Illusionen zu und betrachtete es eingehend. Sie spürte, wie die magischen Energien an diesem Ort für eine bestimmte Zeit stabilisiert wurden, etwa wie ein Knoten in einem Faden. Nur das dieser Faden das magische Gewebe selbst war. Sie konnte genau erkennen, dass die Magie nur noch wenige Stunden an diesen Ort gebunden war, ehe sie sich verflüchtigen würde. Ein intuitiver Anreiz veranlasste sie dazu, selbst in das magische Geflecht einzugreifen, um den Zauber nachzuempfinden. Eigentlich ganz einfach: Wie ein Knoten in Form eines Pfeils! Es dauerte nicht lange, da entstand ein zweiter Pfeil über dem, den sie gerade analysiert hatte. Nur... etwas stimmte nicht...
      "Ähm, Mylady Alexandria? Ist das nicht... etwas...?!" Isilda trat einige Schritte zurück und wirkte leicht beunruhigt. Alexandria schaute erst sie, dann ihre Kreation verwundert an. "Äh... du meinst, groß?", fragte sie ihre Dienerin und kratzte sich leicht verwundert und unbeholfen am Hinterkopf. Upsi, ich hätte vielleicht vorher etwas Magie ablassen sollen? Der neu entstandene Pfeil war etwa viermal so groß wie sein kleineres Pendant und er leuchtete so grün, wie Alexandrias Augen. Eigentlich doch ganz schön! Nur band der Pfeil eine so große Menge an Energie, dass er zuweilen die Luft ionisierte und kleine Blitze um sich schießen ließ. Vorbeigehende Schüler und Anwärter betrachteten fasziniert das Werk der Magie.
      "Ähhh, lass uns weiter, Isi! Zur Haupthalle geht es... naja... immer den Pfeilen nach!" Zum Glück hatte sie ihr Konstrukt richtig ausgerichtet. Allerdings konnte sie nicht mit Gewissheit sagen, wie lange der Zauber aufrecht erhalten bleiben würde. Mit etwas Glück verschwindet er ja bis heute Abend von allein.
      Sie erreichten die Pforten, die in die große Halle führten. Isilda war es als Nicht-Magierin leider nicht gestattet der Zeremonie beizuwohnen, weswegen sie sich von ihrer Herrin am Eingang verabschiedete.
      "Ich warte in eurer Unterkunft auf euch, Mylady. Ich wünsche euch viel Glück für die Prüfung. Bestimmt werdet ihr sie hervorragend meistern!" Sie verneigte sich knapp, ehe sie davon lief und in den Menschenmengen untertauchte.
      Die Prüfung! Ja genau, es gab neben einer ordentlichen Rede des Erzmagiers, der hier die Rolle als eine Art Dekan der Akademie erfüllte, zwei Prüfungen zu bestehen. Im ersten Teil ging es um bereits vorhandene Fähigkeiten, vor allem im Umgang mit Kampfsituationen, während die Zweite eine simple Potenzialmessung darstellte. Gedankenversunken betrat sie mit den anderen angehenden Schülerinnen und Schülern die Halle, während sie noch über die Prüfungen sinnierte. Sie musste mit eine der letzten Neuankömmlinge sein, da sie ihr kleines magische "Experiment" etwas aufgehalten hatte. Sie schaute sich um. Viele Gesichter in der Menge kannte sie, wobei es auch einige gab, die ihr absolut nichts sagten. Doch eines erkannte sie sofort auf Anhieb. Die roten Haare kann man ja auch einfach nicht übersehen.
      Raffalia de Nefarius. Die Schurkin, die es auf die arme Heldin abgesehen hatte. Doch... Moment! Sie sieht... mich an?! Wenn Blicke töten könnten (und das konnten sie in diesem Spiel, nur würden sie jetzt noch nicht über diese besondere Fähigkeit verfügen), dann hätte Alexandria jetzt sofort einen Schutzzauber wirken müssen. Die Blicke trafen sich und sie konnte einfach nicht anders, als ihre finster kalkulierende Mine als Erwiderung aufzusetzen. Na das kann ja was werden. Ich wusste nicht, dass sie Alexandria... äh mich gleich von Anfang an auf dem Kieker hatte. Doch im Nachhinein betrachtet erschien es ihr gar nicht mehr so unabwegig. Schließlich waren die Adelshäuser der Nefarius und der Ancarya verfeindet bis aufs Blut. Nach dem Tod König Erogars aus dem Hause Ancarya hatten es die Nefarius sich nicht nehmen lassen beim folgenden Komplott um die Thronfolge die Ancaryas zu entmachten. Das war zwar alles deutlich vor ihrer Zeit gewesen, aber die alte Feindschaft und Rivalität brodelte noch immer. Es war, wie man sagte, eben eine Sache der Ehre. Fürchterlich... und wegen sowas zieht man auch noch in den Krieg.
      Alexandria hätte es gerne vermieden sich mit ihrer Rivalin anzulegen, aber die Zeichen standen wohl so, wie sie eben standen. Und nicht nur das. Wenn sie sich richtig erinnerte, war Raffalia ein ziemlich verwöhntes Biest und hackte gerade von Anfang an auf der Heldin herum, wo sie nur konnte. Das hatte sie schon immer während des Spielens rasend gemacht und es war nur den absolut unterirdischen Start-Stats der Helden zu Schulden, dass sie Raffalia nicht sofort eine Lektion erteilen konnte. Aber was, wenn jemand noch viel Mächtigeres von Anfang an auf ihrer Seite steht? Alexandria rieb sich die Finger. Die eingebildete Ziege wird schon noch sehen!
      Unvermittelt setzte sich jemand neben sie, den sie erst gar nicht beachtete, doch als sie ihren finsteren Blick von ihrer Rivalin abwandte, musste sie zu ihrer Überraschung feststellen, dass sich niemand geringere als Luxuria Whitewood genau neben sie gesetzt hatte. War das im Spiel auch so gewesen? Ist dieser Zufall jetzt nur entstanden, weil ich getrödelt habe??? Natürlich! Die echte Alexandria saß weit vorne etwa in derselben Reihe wie Raffalia auch. Doch diesen Umstand musste sie gleich zu ihrem Vorteil nutzen. Neben der Figur zu sitzen, die sie vielleicht besser kannte, als sich selbst, weckte einen ungeheuren Beschützerinstinkt in ihr.
      Einige der Anderen um sie herum begannen auf einmal zu tuscheln.
      "Das ist dieser Emporkömmling aus dem niederen Volk!"
      "Ja, seht nur, wie geradezu unpassend sie für diese ehrenvolle Gelegenheit gekleidet ist. Hat sie denn gar keine Ehrfurcht?"
      "Genau! Sie weiß bestimmt nicht einmal diese ungeheure Ehre zu würdigen!"
      "Dreckiges Gesindel, ich hoffe, sie scheitert in der Prüfung!"
      "Was soll auch ein Bauernmädchen wie sie großartiges leisten?"
      Allgemeines Gelächter und beißender Spott griffen um sich. Alexandria erinnerte sich, wie Jack, ihr Kindheistfreund, sie immer hatte beschützen wollen, doch deswegen geriet er selbst oft genug ins Kreuzfeuer. Die beiden hatten es am Anfang nicht leicht. Doch hier bin ich. Und ich werde helfen.
      "Lasst euch von diesen Tölpeln nicht verunsichern. Mehr als die Hälfte von denen ist nicht halb so gut, wie ihr es seid." Sie lehnte sich zu Luxuria herüber und zwinkerte ihr aufmunternd zu.
      "Gestatten, dass ich mich vorstelle? Mein Name ist Alexandria. Ihr dürft mich aber auch gerne mit meiner Kurzform Alex ansprechen. Ihr müsst die neue Stipendiatin aus dem allgemeinen Volk sein. Ich meine das absolut nicht abwertend. Ich finde es großartig und sehr mutig, dass ihr euch entschieden habt, dem Ruf der Akademie zu folgen. Und wie ich sehe habt ihr euch auch treue Verstärkung mitgebracht! Jedenfalls, bitte, scheut euch nicht, mich anzusprechen falls ihr Ärger mit diesem ungehobelten Haufen habt. Ich stehe euch gerne bei." Alexandria lächelte warm und sah schwesterlich auf die Heldin dieser Welt herab. Sie hoffte so sehr, dass sie sie als wirkliche Freundin betrachten konnte und nicht gleich misstrauisch werden würde. Und oh mein Gott, wie süß sie einfach ist!!!

      "Meine sehr verehrten Damen, und meine sehr verehrten Herren", hob der Dekan an und seine Stimme erschallte von allen Seiten der Halle. Die großen Pfoten hatte man bereits geschlossen und so würde es nun bald zum spannenden ersten Teil der Aufnahmezeremonie kommen.
      "Ich bedanke mich dafür, dass ihr alle euch dafür entschieden habt, dem Ruf der Royal Akademia Magica zu folgen und euch dem Studium der Magie widmen möchtet. Wieder haben sich großartige Potenzial aus allen Schichten der Bevölkerung des Königreichs gefunden, und es sind sogar, so darf ich stolz verkünden, mehr als jemals zuvor hier zu unserer Aufnahmezeremonie erschienen sind."
      Eine Runde Applaus brandete aus der Menge, in der nicht nur Anwärter, sondern auch einige ältere Studenten saßen, die aus Neugier ihr beiwohnten.
      "Und ich darf vor allem euch allen die große Ehre verkünden, dass niemand geringeres als der Königserbe und zukünftige Thronfolger, Kronprinz Maximilian de Fortunades, mit unter den Anwärtern für dieses beginnende Semester weilt. Wir sind sehr geehrt über eure Anwesenheit, eure Hoheit!"
      Alexandria erinnerte sich. Maximilian gehörte zu den Love-Interests der Heldin und war ein starker Kämpfer, der besonders geschickt im Umgang mit der Eismagie geschult war. Eine Reihe von Ereignissen sorgte dafür, dass sich die beiden ineinander verlieben konnten. Doch er war bei weitem nicht die einzige Wahl für unsere Heldin.


      "Nimm dir Zeit und nicht das Leben" ;D
    • Raffalia... konnte es nicht glauben. Sie musste ein paar Mal blinzeln, ja, sich sogar die Augen reiben, bevor sie sich sicher war, dass sie sich das nicht nur einbildete oder gar träumte – wobei sie schon seit ziemlich langer Zeit wusste, dass das hier alles nicht nur ein Traum war – und sie spürte eine Woge von Eifersucht aufkommen, was ihren Blick nur noch finsterer drein blicken ließ und für Außenstehende mag es gar so erscheinen, als würde dieser nicht Alexandria gelten, sondern Luxuria. Oder beiden.
      Aber... wie furchtbar unfair war das denn?! Wieso durfte dieses Schreckgespenst nicht nur neben der Heldin sitzen, sondern sich auch noch mit dieser unterhalten, als wären sie Freunde?!
      Hatte es eine solche Szene im Spiel gegeben? Nein, ganz sicher nicht. Aber Raffalia konnte sich auch nicht so sehr daran erinnert, wo genau die Schwarzhaarige während der Aufnahmeprüfung gesessen hatte. Es mag vielleicht ihr Lieblingsspiel gewesen sein, mit dem sie Unmengen an Spielstunden verbracht hatte, aber das bedeutete nicht, dass sie sich an jedes einzelne Detail erinnerte. Verdammt.
      Worüber die beiden wohl gerade redeten? Es wirkte... freundlich. Oh. Hey. Nein. Hör auf! Luxuria, du kannst sie doch nicht so anlächeln! Nghh... sie will dich doch nur ausnutzen!
      „... Raf, wo starrst du denn so bösartig hin?“, erkundigte sich Meg verwirrt und folgte den Blick ihrer Freundin... der sich daraufhin ebenfalls leicht verfinsterte.
      „... kaum zu glauben, dass man immer noch das gemeine Volk an dieser Schule teilnehmen lässt, nicht wahr? Meine Mutter hat mir von einem Schüler erzählt, der in ihrem Jahrgang war... er hatte nicht einmal das erste halbe Jahr geschafft.“, gab die Blauhaarige mit einem Seufzer von sich und wandte sich dann wieder ab, als wären Luxuria und Jack es nicht einmal wert, dass sie ihnen eines Blickes würdigte.
      Zuerst blinzelte Raffalia sie verwirrt an. Moment mal. Sollten die beiden nicht eigentlich beste Freunde sein?!
      … achja. Das... kommt erst noch.
      „... sag sowas nicht. Ist es nicht etwas armselig, dass du die beiden verurteilst, noch bevor sie ihr Talent unter Beweis stellen konnten? In meinen Augen bist du sowieso nicht so viel anders als sie, Meg. Als niedrige Adelige kannst du mir genauso wenig das Wasser reichen, wie sie.“, warf sie ihr Haar zurück und wandte sich von dem Anblick der anderen ab, ihren Blick nun auf die Tribüne gerichtet.
      Autsch. Wow, das war ja richtig gemein. Vielleicht steckte ja doch ein bisschen Raffalia in ihr?
      Sie sah es zwar nicht, aber konnte den schockierten Blick ihrer besten Freundin auf sich spüren und... wow, jetzt fühlte sie sich ja doch schlecht.
      „Sorry, so... so wollte ich das eigentlich nicht sagen.“, gab sie mit einem Seufzen von sich und legte die Hand an die Stirn, im Versuch bessere Worte für das zu finden, was sie sagen wollte.
      „Nein. Ich... ich verstehe schon. Du hast ja recht.“, gefiel Raffalia die bedrückte Stimme ihrer Freundin nicht, doch bevor sie noch etwas darauf reagieren konnte, erhob auch schon der Dekan seine Stimme.

      „... eh? Ehm... danke!“, war die Heldin zunächst etwas überfordert über den übermäßigen Zuspruch und wusste gar nicht so recht, wie sie darauf reagieren sollte, ehe sie beschloss die netten Worte einfach mit einem Lächeln zu akzeptieren, vielleicht waren ja doch nicht alle Adeligen so gemein?
      „Dann kannst du uns ja gleich den Rest deiner Sippe vom Hals halten. Dieses Gelaber geht mir langsam auf die Nerven.“, kam es von Jack mit einem missmutigen Gesichtsausdruck – wem würde das auch nicht die Lauen verhageln?
      Der Braunhaarige verschränkte die Arme vor der Brust und ließ seinen Blick zunächst über Alexandria schweifen, kalkulierend, analysierend, als müsste er erst einmal entscheiden, ob er dieser Fremden und seinen Worten überhaupt glauben schenken konnte.
      Immerhin schienen alle anderen Adeligen etwas gegen die Beiden zu haben, warum sollte diese hier anders sein? Vor allem weil sie auffiel, wie ein Stern am Nachthimmel und sich von dem Großteil abzuheben schien.
      Aber wenigstens... schien das Tuscheln tatsächlich aufgehört zu haben. Bildete er sich das nur ein, oder wirkten die Leute um ihnen herum peinlich berührt? Etwa weil sie gehört hatten, was die Schwarzhaarige gesagt hatte? Wow... sie musste hier wohl einiges an Macht besitzen.
      „J-Jack! Sei doch nicht so! Ich bin mir sicher... alle sind eigentlich ganz nett, nur... vielleicht ist es ja wirklich ein bisschen komisch, das wir hier sind.“, versuchte Luxuria mit einem schiefen Lächeln irgendwie die Wogen zu glätten, da sie der Meinung war, dass Jack sich unhöflich benahm.
      Auch konnte sie nicht anders, als das Gute in den Menschen zu sehen und sie war sich sicher, dass sie sie alle akzeptieren würden, sobald sie die Prüfung bestand, nicht wahr?
      Weil dann durfte sie doch hier sein... stimmts? Stimmt! Es würde schon werden!
      Sonst funktionierte das doch auch immer, man musste sie nur kennen lernen!
      „Sag sowas nicht. Wenn es komisch wäre, wären wir gar nicht erst hier.“, gab ihr Kindheitsfreund mit einem Seufzen und einem Kopf schütteln von sich.
      Er war sich ziemlich sicher, dass jeder einzelne Adelige hier zum ersten Mal geprüft wurde, ob sie überhaupt die Qualitäten hatten, diese Schule besuchen zu dürfen. Er und Luxuria dagegen hatten bereits so einige Tests hinter sich gebracht... alleine, dass sie überhaupt an der Prüfung teilnehmen durften, sahen die meisten als Privileg.
      Aber so wie er Luxuria kannte, dachte sie sicherlich, dass jeder einzelne hier das selbe Prozedere durchgegangen ist, wie sie beiden.
      „... hm? Moment mal...“, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und verwirrt blickte er zu Alexandria, „... woher weißt du, wie gut wir sind?“
      Woher kam dieses überschwängliche Vertrauen in die Beiden? Er wüsste nicht, wann sie die beiden in Aktion hätte gesehen haben können.

      Leise bewegten sich die Lippen der Rothaarigen mit jedem einzelnen Wort des Dekan mit. Sie kannte diese Rede in und auswendig, hatte sie schon so unglaublich viele Male gehört und gelesen und war geradezu stolz darauf, jedes Wort mitsprechen zu können.
      Sie lächelte, als der Kronprinz erwähnt wurde. Natürlich. Ein unglaublich zuverlässiger Charakter, sowohl im Spiel als auch charakterlich, und zu gerne hätte sie Luxuria zugeflüstert, dass sie ihn auf jeden Fall der Gruppe hinzufügen sollte. Nur leider saß ja nicht sie neben der Weißhaarigen.
      Und schon wieder verfinsterte sich ihr Gesichtsausdruck ein Stück.
      Der Kronprinz erhob sich kurz und Beifall wurde geklatscht, der zukünftige König wurde herzlichst willkommen geheißen, bevor er sich wieder setzte und der alte Magier ein Räuspern von sich gab, um seine Rede fortzusetzen.
      „In den nächsten Jahren werdet ihr hier unter meiner Führung leben und lernen, Freunde finden, Feinde machen und lernen miteinander und der Magie umzugehen. Jeder einzelne von ihnen hat das Potenzial, etwas aus sich zu machen und ich erwarte großes von ihnen, denn sie, meine lieben Schüler, sind unsere Zukunft!“, eine dramatische Pause folgte und der Dekan ließ seinen Blick durch die Menge schweifen, dabei schien sein Blick bei dem ein oder anderen Gesicht aufzuleuchten, als könnte er mit nur einem Blick erkennen, wer zu Großem bestimmt war und wer nicht, „Und doch... ist nicht jeder von euch aus dem gleichen Holz geschnitzt. Zu meinem Bedauern werden sie nicht alle das Privileg genießen können, Teil der Royal Academia Magica zu sein.“, gab er mit einem Kopfschütteln und wahrem, tiefem Bedauern von sich, als würde er sich selber wünschen, dass es anders wäre.
      Und Raffalia wurde ein weiteres Mal daran erinnert, dass für die meisten hier, nicht alles vorgeschrieben war. Dass sie bangen mussten und nicht wussten, ob sie weiter schaffen würde. Die Rothaarige ließ ebenfalls ihren Blick durch die Menge schweifen. Denn sie wusste es. Naja, zumindest was den Main Cast anging.
      „Doch lassen sie sich nicht entmutigen, weder ihre Abstammung, noch das ihrer Eltern bestimmt darüber, ob sie einen Platz an der Akadmie bekommen oder nicht. Sondern ganz alleine ihre eigenen Leistungen.“, lag ein väterliches Lächeln auf den Lippen des alten Magiers, als er seinen Stab zückte und einen weiteren Zauber wirkte, der zu Folge hatte, dass zahlreiche Lichter sich zusammen fanden und etwas zu formen begannen, etwas, dass zu einem Monster wurde.
      Einige Schüler der ersten Reihe zuckten zusammen oder zogen ihre Füße auf den Stuhl, als das Monster einen Schrei von sich gab und auch wenn es verhältnismäßig klein war – es reichte dem Erzmagier gerade einmal bis zu den Knien – war es doch für die meisten das erste Mal, jemals ein echtes Monster gesehen zu haben. Dabei war es noch nicht mal echt.
      Das Monster wurde in der Monster Enzyklopädie des Spiels als Lapirum bezeichnet, es besaß die Form eines großen, braunen Steins voller Risse, aus dem ein Kopf und jeweils zwei klobige Arme und Beine wuchsen. Diese konnten wie bei einer Schildkröte eingezogen werden und der Panzer dieses Wesens war gegen schwache Zauber gefeit. Das perfekte, kleine Monster um die Mechaniken des Spiels vorzustellen.
      Naja, wahrscheinlich wurde es genau dafür designt.
      „Nun denn...“, erhob sich die Stimme des Dekans wieder, nachdem sich die meisten wieder beruhigt hatten, und mit einem weiteren Schwenk seines Stabs bildeten sich eine Reihe an Waffen – die verschiedenen Waffentypen, die einem zu Anfang zur Verfügung standen – in der Luft über ihm, „... lasst die Prüfung beginnen. Sie alle werden einer nach dem anderen gegen das Lapirum kämpfen und damit ihre Fähigkeiten in einem echten Kampf zur Schau stellen. Nur keine Sorge, sie müssen nicht gewinnen, um angenommen zu werden. Mrs. Vitra und ich werden ihre Performance nach eigenen Kriterien beurteilen.“, wies er mit der Handfläche auf die Schwarzhaarige Frau mit dem Klemmbrett in den Händen, welche daraufhin die Worte des alten Mannes mit einem Nicken bestätigte.
      „Wer möchte anfangen?“
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    • Das Lächeln der Heldin! Es besitzt wirklich die Magie, die es im Spiel immer nachgesagt bekam! Alexandria spürte dies nun am eigenen Leib und ihr Herz machte geradezu einen Freudensprung. Das Wort Kawaii hatte damit wohl den Namen Luxuria Whitewood bekommen. Äußerlich ließ sie sich allerdings natürlich nicht das geringste anmerken, außer einem sanften Lächeln und etwas rosigere Wangen, als vor einem Moment noch. Sie schielte kurz zur Seite, wo sie eben Raffalia erblickt hatte und registrierte mit einer genüsslichen Zufriedenheit, dass diese wohl gerade vor Wut schäumte. Zumindest war ihr Blick noch bohrender und finsterer, als einige Augenblicke zuvor. Tja, dachtest du wohl, dass du dieses Mal einfaches Spiel mit der Bürgerlichen hättest. Ich muss leider sagen, dass sie außerordentlich potente Verstärkung erhalten hat. Alexandria war sich ihrer eigenen Fähigkeiten sehr bewusst und würde diese auch einsetzen, damit Luxuria nichts passierte.
      Jack war da viel skeptischer als seine Kindheistfreundin, was Alexandria ihm auch gar nicht krumm nahm. Er versucht ja schließlich nur sie zu beschützen. Und... naja, er hat ja auch ehrlicherweise sogar etwas mehr als nur brüderliche Gefühle die Heldin übrig. Armer Kerl. Es liegt schließlich alles an Luxuria für wen sie sich am Ende entscheiden wird. Mit zufriedener Miene stellte sie auch fest, dass das Getuschel um sie herum allmählich abebbte. Sie erkannte es an den Blicken der Anderen, dass man sie offenbar kannte. Hm, mein Ruf eilt mir wohl voraus? Das Wort der de Ancaryas hatte im ganzen Reich mindestens genauso viel Gewicht wie das der de Nefarius. Und natürlich kannte der niedere Adel alles und jeden, der in diesen Machtpositionen steckte. Aber zu meiner Verteidigung muss ich gestehen, dass mein Vater schon ein furchteinflößender Mann ist. Die Alexandria des Spiels musste ihre Intriganz von ihm geerbt haben.
      "Ach, ist schon in Ordnung", versuchte sie Luxuria zu beruhigen, dass sie in keinster Weise beleidigt war. Amüsiert trifft es hier besser. "Und mal ganz unter uns, ich finde es gar nicht komisch, dass ihr hier seid. Das mag aber nicht auf alle Anwesenden hier gleichermaßen zutreffen. Aber keine Sorge, ich habe vor, das zu verändern."
      Alexandria nickte zuversichtlich. Sie hatte es sich in der Tat in den Kopf gesetzt die Verhältnisse für Studierende aus der bürgerlichen Mitte deutlich zu verbessern. Ihr war zwar noch nicht ganz klar, wie sie das erreichen konnte, aber in ihrer Rolle als Alexandria sah sie sich in einer gewissen Pflicht auch etwas Wiedergutmachung zu leisten. Wenn man den gesamten Verlauf des Spiels betrachtete, hatten ihre Intrigen mehr als nur einen Schüler das Leben gekostet. Nur dieses Mal wird derartiges ganz bestimmt nicht passieren!
      Auf einmal riss sie jedoch Jack wieder aus ihrer Gedankenwelt mit einer ganz und gar simplen Frage. "Wo- Woher ich weiß, wie gut ihr seid?!?" Das war... in der Tat nicht so leicht zu beantworten. Sie konnte den beiden ja schließlich nicht erzählen, dass sie eigentlich Charaktere in einem Computer-Spiel waren und sie in Wahrheit als eine der Endgegnerinnen wiedergeboren wurde. Aber, wie machte sie ihre unbedachte Aussage jetzt plausibel? Verdammt Alex! Denk nach! Woher weißt du, wie gut die beiden sind? Sie suchte fieberhaft nach einer Lösung, doch schließlich entschied sie sich für den leichtesten Ausweg.
      "Ähm... naja, ich hab das einfach so im Gefühl, denke ich. Seht mal, ihr beide wärt doch wohl kaum hier, wenn ihr nicht auch was taugtet, oder? Das kann man von vielen der Adeligen hier, die sich einfach nur einen Studienplatz gekauft haben, nicht unbedingt behaupten." Ob ihn das jetzt zufrieden stellte, überließ sie einfach dem Schicksal. Doch zum Glück wurde diese Situation recht pünktlich durch die Rede des Erzmagiers unterbrochen.

      Entspannt schloss Alexandria die Augen und lauschte den Worten, die sie schon unzählige Male gelesen hatte. Wie in Trance bewegte sie ihre Lippen in nahezu perfekter Synchronizität mit den Worten des Dekans, unwissend, dass sie da gerade nicht die einzige war. Als Kronprinz Maximilian erwähnt wurde, stupste sie Luxuria kurz in die Seite und flüsterte ihr zu.
      "Mal unter uns: Prinz Maximilian ist noch nicht vergeben. Und man sagt sich, der Prinz spiele heimlich am Klavier. Nur ein kleiner Tipp, falls ihr ihn einmal dabei ertappen solltet, wie er musiziert, dann unterbrecht ihn auf gar keinen Fall. Gebt euch erst zu erkennen, wenn er fertig gespielt hat. Er wird es... zu schätzen wissen." Sie zwinkerte Luxuria zu und kicherte unterdrückt. Diese Mitteilung mochte für sie vielleicht jetzt gerade maximal kryptisch sein, aber wenn sie sich ihre Worte einprägte, hatte sie gute Chancen seine Romance-Route einzuschlagen. Dass Jack sie gerade etwas entnervt anschaute, steckte sie mit einem entschuldigenden Grinsen einfach weg.
      Die weitere Rede des Dekans, die sie ja nun wirklich in- und auswendig kannte, sorgten dafür, dass Alexandria etwas schläfrig wurde. Die Anstrengung der weiten Kutschfahrt - auf der sie zwar auch schon den größten Teil der Zeit geschlafen hatte - steckte ihr trotzdem noch immer in den Knochen. Ein weiches Bett wäre jetzt genau das richtige für sie. Unvermittelt wurde ihr Geist in einen seltsamen Traum gezerrt, in dem sie an einem Labortisch stand, Männer und Frauen in weißen Kitteln um sie herum. Sie redeten alle miteinander, während sie nur Augen für ihr Experiment hatte. Auf einem großen zylinderförmigen Gefäß war ein gelbes Warndreieck mit einem Atomsymbol abgebildet. Der Leiter des Experiments stellte sich daneben und fragte in die Runde: "Wer möchte anfangen?"
      "Ja, ich möchte bitte anfangen, Herr Professor!"
      Stille. Moment! Hatte sie das etwa gerade laut gesagt?! Die gesamte versammelte Mannschaft schaute sie an. Alexandria war wieder hell wach und fühlte den Blick aller Anwesenden auf sich ruhen.
      "Oh, bitte verzeihen sie, ich wollte mich wirklich nicht vordrängeln!", versuchte sie wieder in die Situation zu finden.
      "Nun", der alte Dekan rückte seine Sehhilfe zurecht und sein scharfer Blick traf den Ihren, "junges Fräulein, ihr seid die Einzige, die sich gerade zum Antritt der ersten Prüfung bereit erklärt hat. Da ihr sie sowieso antreten müsst früher oder später, bringen wir es doch einfach hinter uns. Ihr könnt hier als gutes Beispiel voran gehen."
      "Gewiss doch...", kommentierte Alexandria etwas unwohl, aber sie erhob sich und schickte sich an nach vorne zu gehen, wo sie die erste Prüfung erwartete. Zum Glück konnte sie mit einer geradezu angeborenen Konfidenz glänzen. Nicht, dass irgendein Beobachter noch eine Schwäche an ihr bemerkte. Wenn sie eine Show wollen, dann bekommen sie jetzt auch eine. Als sie das kleine kugelige Wesen mit den seltsamen Extremitäten und dem niedlichen runden Kopf, erinnerte sie sich sogleich wieder an die entsprechende Situation im Spiel. Das war ein Lapirum, ein Monster, welches man auch häufig in freier Wildbahn antreffen konnte. Naja, in freier Wildbahn traf es vermutlich nicht ganz. Eher war zu vermuten, dass die Akademie hunderte von den Viechern eingekauft und im Umland des Geländes verteilt hatte. Dieses Exemplar hier war auch nur eine beschworene Variante, was man an seinem leichten Glühen ganz gut erkennen konnte.
      Mrs Vitra, die die erste Prüfung beaufsichtigte trat vor sie mit ihrem magischen Klembrett. Wow! So eins will ich auch! Wie nützlich mir sowas in meinem alten Leben gewesen wäre.
      "Zuerst nenne mir bitte deinen Namen und welche Waffe du im Kampf verwenden willst, junge Lady."
      "Ich heiße Alexandria de Ancarya, hocherfreut!" Sie machte einen Knicks. "Und ich wähle den Magierstab."
      "Eine sehr gute Wahl, Lady Alexandria. So beweist euch denn im Kampf."
      Der Stab kam auf magische Weise direkt in ihre Hand geflogen und mit einem Mal spürte sie, wie ihre magischen Kräfte einen ordentlichen Schub erhielten, als sie sich mit der Magie des Stabes verbunden hatte. Ohje, es wird schwierig sein damit meine Kräfte zu kontrollieren.
      Sie nahm eine Kampfstellung ein und richtete den Stab gegen den Lapirum, der einfach nur herum stand und von einem Bein aufs andere wippte. Ok, versuchen wir es mit etwas Einfachem, was ihn jetzt nicht gleich umbringt.
      "Energie-Blitz!", rief sie und der Kristall an der Spitze des Stabs leuchtete gleißend hell auf. Oh SHIT! Das war zu viel! Fiel es ihr sofort auf, doch da war es auch schon zu spät.
      Mit einem grellen Leuchten löste sich ein vielfach verästelter Blitz aus der Spitze des Stabs und fuhr gefolgt von einem lauten Donnerknall in den ahnungslosen Familiar eines Lapirum ein. Dann wurde es ruhig. Geradezu totenstill. Vor lauter Schreck hatte auch Alexandria die Augen zugekniffen, die sie jetzt langsam wieder einen Spalt breit öffnete. Von dem Lapirum fehlte jede Spur und nur ein großer schwarze Rußfleck auf dem polierten marmornen Boden erinnerte überhaupt noch an seine Existenz.
      "Unglaublich!", gab der Dekan mit leicht zittriger Stimme von sich, "Ich habe einiges über eure Fähigkeiten gehört, junges Fräulein. Ähm... macht euch um den Lapirum keine Sorgen. Er sollte zwar die Prüfung überstehen... eigentlich... aber ich beschwöre für die übrigen Prüflinge einfach einen Neuen. Oh, und ihr habt natürlich bestanden!"
      Zögerlich wurde aus der Menge Beifall geklatscht. Offensichtlich hatte mit einem derartigen Prüfungsergebnis niemand gerechnet. Hhhh, und so viel zu meinem ruhigen Leben an der Royal Academia Magica..., dachte sie, während sie wieder zu Luxuria und Jack an ihren ursprünglichen Platz zurückkehrte.


      "Nimm dir Zeit und nicht das Leben" ;D
    • „... wirklich?“, kam es mit vor Bewunderung leuchtenden Augen von Luxuria, als Alexandria ihr eröffnete, dass sie vor hatte diesen Umstand zu ändern. Sie kannte keine Adeligen, sie wusste nur, dass sie hier nicht gerade willkommen zu sein schien und dass Alexandria als Adelige so anders war und sich auch noch für das gewöhnliche Volk wie sie es war einsetzen wollte... sie konnte nicht anders, als die Schwarzhaarige dafür zu bewundern.
      „Ist doch schön, dass jemand an uns glaubt, Jack.“, unterstützte die Weißhaarige die Worte der Anderen, was ein gemurmeltes „Das macht durchaus Sinn...“ von ihrem Kindheitsfreund zur Folge hatte und Luxurias Lächeln wurde ein Stückchen breiter. Sie hoffte, dass die beiden sich in Zukunft gut verstehen würden. Sie war der Meinung, dass sich jeder gut verstehen sollte. Vor allem aber ihre Freunde.

      „... eh? W-was? Wie meinen?!“, kam es fast schon panisch von der Heldin und ihre Wangen färbten sich rot, als Alexandria ihr davon berichtete, dass der Kronprinz noch nicht vergeben war und sie richtete peinlich berührt den Blick zur Seite, da ihr deutlich bewusst war, was die Schwarzhaarige ihr damit sagen wollte, nur wieso verstand sie nicht so recht.
      Immerhin war sie eine Bürgerliche, noch dazu ein Waisenkind... warum sollte ausgerechnet der Kronprinz überhaupt Interesse an ihr haben, überhaupt mit ihr reden wollen? Obwohl... es wäre sicherlich schön, wenn sie sich auch mit ihm anfreunden könnte...
      „Mhm... okay... ich werde es mir merken...“, kam es schüchtern von der Weißhaarigen und Jacks Blick hörte kaum auf sich in Alexandria zu bohren, selbst als sie ihm dieses schiefe Lächeln entgegen brachte.

      Oh ja, natürlichwollte sie sich nicht vordrängeln, dachte sich Raffalia grimmig und musste zugeben, dass Alexandria wirklich gut darin war, ihre eigentlichen Gedanken zu verbergen, fast häte selbst sie es ihr abgekauft, aber natürlich konnte die Schwarzhaarige wahrscheinlich gar nicht erst erwarten ihre Fähigkeiten zur Schau zu stellen.
      Sie wusste zwar nicht genau, was Alexandria in der Aufnahmeprüfung getan hatte – im Spiel wurde ziemlich schnell zur Aufnahmeprüfung der Heldin und damit zum Tutorial gesprungen, welche als letzte die Prüfung hinter sich gebracht hatte – aber da sie während des Spiels immerzu als talentierte Magierin galt, musste sie zumindest einen Teil ihrer Kräfte gezeigt haben.
      Womit sie jedoch nicht gerechnet hatte, war die Tatsache, dass sie das Lapirium mit nur einem Angriff... nun... pulverisierte. Da konnte ihr das Monster ja fast schon Leid tun.
      Und das dann auch noch mit geschlossenen Augen... was für eine Angeberin. Raffalia konnte nicht anders, als ein genervtes Schnauben von sich zu geben. Na warte. Dir werde ich es zeigen.
      Mit verschränkten Armen weigerte sie sich sogar Beifall zu klatschen, als es der Rest der Schüler taten und blickte Alexandria nach, wie sie wieder zurück zu Jack und Luxuria ging... na warte.
      „Hier. Ich möchte die Prüfung als nächstes machen.“, hob sie ohne zu zögern die Hand und erhob sich von ihrem Platz, strich elegant das teure Kleid zurecht und machte ein paar Schritte nach vorne, ohne überhaupt auf die Antwort des Dekans zu warten.
      Sie musste die Prüfung ja so oder so ablegen, also wieso dann nicht gleich?
      „Oh... nun... natürlich.“, richtete der Erzmagier seine Brille, noch immer etwas überfordert von Alexandrias Schauspiel – solch talentierte und mächtige Schüler sah man nicht oft – bevor er seinen Stab hob und ein weiteres Lapirium heraufbeschwor.
      „Nun denn, ihr Name bitte, junge Lady und welche Waffe sie nutzen möchten.“
      „Ich brauche keine Waffe.“, kam es mit einem schiefen Lächeln, das pures Selbstbewusstsein – und womöglich auch eine Portion an Arroganz – verkörperte und sie hatte bereits einen Bogen aus Feuer geformt, mit dem Pfeil direkt auf das arme Monster gerichtet. Eigenartig, nun tat es ihr doch nicht so Leid.
      „Mein Name ist Raffalia de Nefarius.“, verkündete sie, bevor sie die Sehne aus Feuer los ließ und den Pfeil direkt auf das Monster zufliegen ließ, welches sich zusammen gerollt hatte, in der Hoffnung der Angriff möge an seinem Gesteinspanzer abprallen. Aber nicht mit Raffalia.
      Eine flammende Explosion später blieb von dem zusammengerollten Stein nichts mehr übrig, außer ein Rußfleck, genau neben jenem, den Alexandria zurückgelassen hatte.
      Der Bogen verschwand wieder aus ihren Händen und siegessicher legte sie die Hände an die Hüfte und es dauerte auch nicht lange, bis der Beifall ebenfalls für sie erschallte und sie den ungläubigen Blick des Dekans auch auf sich spürte.
      „Das... unglaublich. Wie es scheint, haben wir zwei überaus erfolgversprechende Schüler diesen Semester.“, gab er mit zittriger Stimme von sich, doch Raffalia beachtete ihn gar nicht erst und richtete ihren Blick stattdessen direkt auf Alexandria, wie eine stumme Herausforderung.
      Siehst du das? Ich bin nicht die selbe Raffalia, mit der du es vorher zu tun gehabt hast!, verkündete sie in Gedanken stolz und hoffte dass sich Alexandria damit zwei Mal überlegte, ob sie sich mit ihr anlegen wollte oder nicht. Und dabei hatte sie noch einige Asse im Ärmel, die sie nicht so einfach preisgeben würde.
      Mit erhobenem Kopf begab sie sich damit wieder zurück an ihren Platz, sie platzte geradezu vor Selbstsicherheit und konnte sich das Lächeln einfach nicht verkneifen, das auf den ein oder anderen eher beängstigend wirkte.

      Damit folgte ein Schüler nach dem anderen, ein Schauspiel das Raffalia eher langweilte und sie konnte beim besten Willen nicht sagen, wer bestehen würde und wer nicht, in ihren Augen konnten sie alle noch an ihren Fähigkeiten feilen... wobei das auch der Sinn dieser Schule war.
      Nur hatte die Rothaarige nicht so lange warten können. Nicht, wenn ihr Gegner bereits von Anfang an unnatürlich stark war.

      Letztendlich war Luxuria Whitewood dran, bereits nach Jacks Prüfung war das missmutige Gemurmel angeschwollen, doch nun schienen nur noch mehr Stimmen lauter zu werden, dass zumindest sie es sicherlich nicht schaffen würde und sie gierten nur danach Luxuria versagen zu sehen, was sie nervös machte.
      Ein Lächeln legte sich auf die Züge der Rothaarigen, als sie das Tutorial live und in Farbe vor sich sah, wie der freundliche Dekan die Weißhaarige Stück für Stück durch den Kampf führte, ihr Zeit gab sich für einen Waffe zu entscheiden – hmhm... ein Magierstab? Ob sie sich auf ihre Lichtmagie verlassen wollte? Raffalia konnte nicht einmal ahnen, dass Luxuria diese Waffe gewählt hatte, weil Alexandria es auch getan hatte – und ihr die Grundlagen des Kampfsystems beibrachte.
      Eine Runde auszusetzen und sich zu verteidigen, dass ein Zauber nicht wirkte, wenn das Lapirium sich eingerollt hatte – zumindest wenn auf dem Lvl war wie Luxuria – und letztendlich setzte sie das Monster außer Gefecht, in dem sie eine Lichtkugel darauf richtete.
      Ein Anblick, der Gemurmel hervorbrachte, da noch nie zuvor jemand von einem solchen Zauber gehört oder gesehen hatte. Konnte es eine Art von Blitzmagie sein und konnte eine gewöhnliche wirklich schon so hohe Magie anwenden, wie Alexandria es getan hatte?
      Sie wussten es nicht. Der Dekan aber schon, wie sein Lächeln verriet. Und schon bald würden sie es alle wissen, in dem Moment, wo Luxuria ihre Hand auf das Messgerät legen und damit offenbaren würde, dass sie das Lichtelement beherrschte.
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    • Ihre Hände vibrierten noch immer leicht von der magischen Macht, die durch ihre Hände geflossen war, als sie sich zu Luxuria und Jack zurück an ihren Platz setzte. Unglaublich... das war... nicht einmal besonders anstrengend! Allmählich begriff sie, welche Kraft in ihr schlummerte. Der Ursprung dieser enormen Menge an Magie wurde zwar immer nur im Spiel angedeutet, aber sie tatsächlich auch zu fühlen, das war eine ganz und gar neue Erfahrung für die jetzige Inkarnation von Alexandria. Sie hatte das magische Gewebe deutlich gespürt, wie es sich verdichtet hatte und in zersetzenden Energiestrahlen in den armen Lapirium eingefahren war, um ihn von innen heraus zu sprengen. Doch war es nicht primär ihre Energie gewesen, die sie nutzte, sondern vielmehr die des Stabs. Scheinbar nutze ich instinktiv zuerst andere Reserven, bevor ich meine eigenen anzapfe. Sie reflektierte noch im Stillen weiter über ihre magischen Kräfte, als sie bereits hörte, wie sich die nächste Freiwillige für die Prüfung meldete. Als sie aufmerkte, erkannte sie zu ihrer eigenen Überraschung Raffalia, die eleganten Schrittes nach vorne ging, um sich genau wie sie dem Lapirium zu stellen.
      Nanu? Nach so einer Darbietung? Alexandria verstand auf einmal die Welt nicht mehr. Im Spiel war Raffalia eigentlich was die Zurschaustellung ihrer Fähigkeiten anging immer sehr ausweichend und zurückhaltend, weil sie sich lieber um Klatsch und Tratsch kümmerte, und darum wie sie es schaffte die Heldin aus der Akademie werfen zu lassen. Im Grunde hauptsächlich ein nerviger Charakter. Alexandria - nun zumindest diese Version von ihr - kannte jedoch auch Teile ihrer Hintergrundgeschichte und konnte einiges Nachvollziehen. Damals hatte sie die hochnäsige Adelige immer genervt, aber auch sie war im Grunde nur ein Mensch. Vielleicht ja ein missverstandener? Doch das???
      Mit Spannung beobachtete sie, was nun vor sich ging. Interessanterweise lehnte sie eine der vorgegebenen Waffe komplett ab und verließ sich ganz auf ihre eigenen Fähigkeiten. Zu Alexandrias großer Überraschung hatte sie bereits einen Bogen aus reinem magischen Feuer in ihre Hand beschworen. Jetzt wurde die Sache auf einmal doch sehr interessant für sie. Wie kann das sein? Eine magisch beschworene noch dazu elementare Waffe ist ein Zauber, den man erst im späteren Verlauf freispielt. Und Raffalia hatte meines Wissens selbst im letzten Duell gegen die Heldin diese Fähigkeit niemals erlernt! Ihre Hände ballten sich zu Fäusten so stark, dass das weiß ihrer Knöchel hervortrat. Im gleichen Moment schoss Raffalia ihren flammenden Pfeil auf das verängstigt sich in seine Schale zurückziehende Lapirium ab. Eine brennende Explosion, dem gleißenden Energieblitz, den Alexandria zuvor erzeugt hatte ebenbürtig, und das unglückselige beschworene Testobjekt war nichts weiter als noch ein Rußfleck auf dem ansonsten makellos polierten Marmor. Die angehenden Schüler und Zuschauer waren beeindruckt und anders als bei ihr, brandete schallender Applaus über die Siegreiche hinweg, sah man sie doch, anders als ihre schwarzhaarige Vorgängerin, als Vertreterin des Adels und ihrer Werte. Und in gewisser Weise hatte sie damit Alexandria auch ihre Rivalität in aller Deutlichkeit erklärt. Aus irgendeinem Grund jedoch war sie selbst so fasziniert von der Darbietung, dass sie nicht anders konnte als ebenfalls Beifall zu klatschen, bedachte sie jedoch mit einem herausforderndem Blick. Sie wusste zwar nicht, wieso Raffalia auf einmal ein offenbar deutlich erhöhtes Maß an Magie besaß, aber für Alexandria stand eines fest. Ein Wettstreit unter Ebenbürtigen. Es wird also doch nicht langweilig hier.
      An Luxuria gewandt, flüsterte sie: "Pass gut auf. Das ist Raffalia de Nefarius. Ich mag es nicht gern eingestehen, aber sie wird uns noch einige Schwierigkeiten bereiten. Nimm dich besser vor ihr in Acht."

      Der Reihe nach traten nun also weitere Schüler gegen das beschworene Wesen des Erzmagiers an. Den wenigsten gelang tatsächlich auch ein Sieg gegen die Schalentiere. Die meisten stellten ganz einfach nur ihre stärksten Offensivfähigkeiten zur Schau. Auch der Kronprinz, der eigentlich nicht hätte in der Prüfung mitmachen müssen, bestand darauf seine Fähigkeiten zur Schau zu stellen. Auch wenn sie im Vergleich zu Alexandria oder Raffalia tatsächlich geringer ausfielen, so schaffte er es tatsächlich auch den Lapirium mit nur einem Angriff zu vernichten. Nur leider schien ihm sein eigenes Abschneiden eher weniger zu gefallen, da ihm die Show von zwei sehr attraktiven Adelsdamen gestohlen wurde.
      Auch Luxuria meisterte ihre Prüfung nach ein paar Anlaufschwierigkeiten. Die vorlauten Stimmen, die noch kurz vor ihrem Antritt Empörung und Beleidigungen gifteten, tuschelten nun vor Verwunderung und Unglaube. Sie hatten die seltsame und einzigartige Magieform gesehen, die die Weißhaarige gewirkt hatte. Viele wussten nicht einmal genau, was das überhaupt war, aber Alexandria lächelte nur wissend. Es tat gut zu sehen, wie hier einige der Adeligen komplett ratlos vor diesem Ereignis standen. Seltsamerweise schien es Raffalia, die sie wie nebenbei immer wieder betrachtete, komplett kalt zu lassen. Zumindest wirkt sie nicht sonderlich überrascht! Wie kann das sein? Bist du wirklich DIE Raffalia, die ich aus diesem Spiel kenne? Der Gedanke kam ihr zum ersten Mal, aber es konnte auch sein, dass ihre eigenen Handlungen in ihrem neuen Leben vielleicht einen Schmetterlingseffekt ausgelöst hatten, der nun zu einer deutlich stärkeren Raffalia geführt hatten. Fast als wollte das Spiel mir einen würdigen Gegner vor die Nase setzen. Wir werden sehen, wohin das führt.

      Tatsächlich mussten nach diesem ersten Teil der Prüfung bereits einige der Anwärter den Saal verlassen. Einige nahmen es hin, waren sogar ganz froh darüber, während andere lautstark protestierten und es teilweise als Frechheit empfanden, dass zwei Bürgerliche wie Luxuria und Jack es durch die Prüfung geschafft hatten. Doch aller Protest stieß beim Erzmagier auf taube Ohren. Er gab ihnen jedoch den gut gemeinten Rat sich einfach nächstes Semester erneut zu bewerben.
      "Sehr gut, liebe Anwärter! Ihr habt den ersten Teil der Prüfung bestanden und dürft euch nun auch mit Recht Schüler der Royal Academia Magica nennen. Es folgt nun noch die zweite Prüfung, die viel weniger eure Fähigkeiten, als euer Potenzial bestimmen soll. Bitte reiht euch hintereinander auf und tretet einer nach dem anderen vor. Legt dann bitte eure Hände auf diese Kristallkugel hier. Sie wird euer aktuelles Potenzial und damit euer Level bestimmen."
      Alexandria wollte sich gerade in die Reihe eingliedern, als der Dekan noch einmal das Wort erhob.
      "Ach ja! Aufgrund der beeindruckenden Leistungen im ersten Test, bitte ich die Damen Raffalia de Nefarius und Alexandria de Ancarya zu mir. Euer Potenzial wird erst nach dem der Anderen bestimmt. Stellt euch bitte beide dort an die Seite und wartet, bis alle Schüler an der Reihe waren. Danke für euer Verständnis." Der Dekan lächelte entschuldigend für die Umstände. Seufzend und mit einem leichten Unwohlsein folgte sie der Aufforderung des Dekans ohne zu zögern. Das verläuft hier gerade alles ganz anders als im original Spiel. Alexandria und Raffalia fallen da beide nicht besonders auf. Irgendetwas stimmt hier gewaltig nicht. Sie warf der Rothaarigen einen kalkulierenden Blick zu. Gerade verstand sie noch nicht so recht, welches Potenzial in ihr eigentlich schlummern mochte. Sie entschied sich jedoch für die höfliche adelige Variante und nickte ihr anerkennend zu. Schließlich war sie noch immer von ihren Fähigkeiten beeindruckt, die sie der ursprünglichen Raffalia nie zugetraut hätte.
      "Beachtliche Leistung! Eurem flammenden Bogen kann ich nur ein anerkennendes Lob aussprechen. Die pyroklastischen Fähigkeiten eurer Familie sind ja weithin bekannt. Ich hätte nur nicht erwartet sie in solch fulminanter Aktion zu erleben. Betrachtet meine Neugier als geweckt."


      "Nimm dir Zeit und nicht das Leben" ;D
    • Die Rothaarige runzelte die Stirn, als sie sah, wie ihre Rivalin und Zukünftige Widersacherin – als welche sie Alexandria auserkoren hatte – tatsächlich über ihre Darbietung klatschte, was ihr ein genervtes Schnauben entlockte, aber zumindest hatte sie sich auch einen herausfordernden Blick verdient. Bedeutete das also, dass die Schwarzhaarige sie als wirkliche Bedrohung für ihre Pläne ansah? Raffalia hoffte es. Dennoch durfte sie sich nicht einfach damit ausruhen, noch lange nicht.
      Jedes Mal, wenn sie an den Kampf gegen Dämonenkönigin Alexandria dachte, lief ihr ein kalter Schauer den Rücken hinunter.
      Aber vielleicht würde es auch gar nicht erst dazu kommen... wenn sie nur herausfand, wie sie die Schwarzhaarige als Nutzerin des Dunkelattributs entlarven konnte.
      Damit setzte sie sich wieder neben ihre beste Freundin und gab ein tiefes Seufzen von sich. Wow. Ihr war gar nicht aufgefallen, wie aufgeregt sie gewesen war. Ihre Finger zitterten noch immer.
      „... alles okay?“, erkundigte sich Meg besorgt und legte ihr die Hand um die Finger, sie mit einem besorgten Blick betrachtend, was die Rothaarige zum Lächeln brachte.
      „Ja. Danke. Und sorry wegen vorhin.“, fügte sie noch hastig hinzu, „Oh, und du bestehst die Prüfung sicher auch mit Links!“
      Natürlich war es keine Überraschung, dass sie alle die erste Prüfung bestanden. Alexandria, Raffalia, der Kronprinz Maximillian, Meg, Jack und letztendlich Luxuria, neben einigen anderen Gesichtern, die sie aus dem Spiel kannte, die aber in diesem Moment keine große Rolle spielten.
      Vielleicht würden sie das irgendwann. Vielleicht auch nicht.
      Ihre Prioritäten lagen dabei eindeutig bei Alexandria... ahhh, wie gerne sie es stattdessen genießen würde, sich mit ihren Lieblingscharakteren anzufreunden, Tag ein Tag aus ein zweites Mal den Schulalltag genießen... wobei. In ihrem alten Leben hatte sie die Schule eigentlich gehasst.
      Sasami Tetsuko war eine dieser Musterschülerinnen gewesen, die immerzu gute Noten hatten, immer ein bisschen zu brav waren und sich vom Rest der Klasse zurückzogen, was nicht nur die ein oder andere Eifersucht zur Folge hatte, sondern sie schlicht und einfach zum Außenseiter gemacht hatte. Aber das war keine Zeit, an die sie sich gerne zurück erinnerte.
      Nun, das tat sie auch kaum. Ihr waren die zahlreichen Spiele, die sie in ihrer Jugend gespielt hatte deutlich besser in Erinnerung geblieben.

      „Raffalia...? Aber wieso? Ich meine... sie kennt mich doch noch gar nicht...?“, lehnte Luxuria den Kopf verwundert zur Seite, noch immer wollte sie nicht so recht glauben, dass man sie schlicht und einfach hassen würde, nur weil sie eine bürgerliche war.
      Spätestens nach dem ersten Gespräch würde sie sich sicherlich mit den anderen anfreunden können, nicht wahr?
      „Ich bin mir sicher, tief in ihrem Inneren ist sie ein netter Mensch, genauso wie du, Alex.“, konnte es sich die Heldin nicht nehmen lassen etwas von ihrer positiven Einstellung und ihrem strahlenden Lächeln zu zeigen und es war offensichtlich, dass sie fest an ihre eigenen Worte glaubte.

      „... beachtliche Leistung? Lob?“, starrte Raffalia die Schwarzhaarige an, als wäre ihr gerade ein zweiter Kopf gewachsen, ehe sie ein genervtes Schnauben von sich gab. Natürlich. Wahrscheinlich versuchte sie nun auf ihre gute Seite zu kommen und sie womöglich genau so ausnutzen, wie sie es mit der Heldin vor hatte. Aber nicht mit ihr!
      „Ihr könnt euch eure leeren Worte sparen, Alexandria. Oder versucht ihr etwa mich zu verspotten? Nur zu. Ihr werdet schon sehen, was ihr am Ende davon hab.“, nahm ihr Blick am Ende einen drohenden Ton an, während sie direkt in ihre grünen Augen starrte, mit einer Entschlossenheit, die von einer so verzogenen Göre wahrscheinlich nicht zu erwarten war.
      Außer natürlich es ging darum Luxuria aus der Akademie zu jagen.
      Aber das war nicht ihr Ziel, ganz und gar nicht und könnte auch nicht weiter davon entfernt sein. Sie würde Luxuria vor dieser Hexe beschützen.
      „Und haltet euch lieber von Luxuria fern. Sonst werdet ihr es noch bereuen.“, fügte sie hinzu und warf ihre Haare zurück mit einer Geste, die man wohl eher von Raffalia erwarten würde.
      Sie verstand nicht so recht, warum sie jetzt gemeinsam mit ihrem Feind an der Seitenlinie stehen musste, aber es war sicherlich nicht verkehrt die Chance zu nutzen und eine – mehr oder weniger – offene Kriegserklärung zu verkünden.
      Oh. Oder hätte sie es vielleicht schlauer anstellen sollen und wenigstens so tun, als könnten sie sich verstehen? Verdammt... genervt knabberte die Rothaarige an ihrem Daumennagel, eine Angewohnheit die sie von ihrem alten Leben mitgenommen hatte und die sicherlich nicht zu einer Adelsdame wie sie es war passte.
      Aber egal. Dieses um den heißen Brei herum reden passte sowieso nicht zu ihr. Das überließ sie gerne der alten Raffalia... oder Alexandria.
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    • Die zweite Prüfung zur Feststellung des magischen Potenzials der neuen Schüler, die die erste und eigentliche Aufnahmeprüfung der Royal Academia Magica bestanden hatten, lief an und der Reihe nach traten die Probanden vor und legten ihre Hände auf die klare scheinbar mit einer Art Nebel gefüllte Kristallkugel. Sie färbte sich daraufhin ein und offenbarte damit das Element, für das sein Nutzer die größte Affinität aufwies. Außerdem tauchte auch noch eine Zahl darin auf, die das jeweilige Level des Schülers einschätzte. Der Dekan wies gerade daraufhin, dass dieses Level mehr eine Art Richtwert darstellte um einschätzen zu können, welche Art des magischen Trainings anzuwenden war. So gingen also Schüler um Schüler zu dem magischen Messgerät und ließen sich klassifizieren und einschätzen. Typischerweise waren viele der Neuen auf genau Level 1. Nur seltene Ausnahmen wiesen höhere Level auf. Sie bewegten sich jedoch alle im einstelligen Bereich. Lediglich der Kronprinz hatte schon Level 10 erreicht.
      Unterdessen beobachtete Alexandria das Geschehen vom Rand her, genau wie Raffalia, die offensichtlich nicht besonders erpicht darüber schien neben ihr stehen zu müssen. Ein Umstand den erstere recht eigenartig fand. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie gleich zu Beginn eine derartige Feindseligkeit an den Tag legte. Was mag der Grund dafür sein? Ihr wollte es nicht in den Sinn kommen, doch sie nahm ihre recht deutliche Kriegserklärung mit der Gelassenheit hin, die ihrem Spielcharakter sicherlich alle Ehre gemacht hätte. Ha! Einer Alexandria würdig.
      "Oh bitte, ich hoffe da spricht nicht der indoktrinierte Zorn eurer Familie aus euch!" Sie lachte gehässig und schmunzelte provokant. Ein Hitzkopf bleibt sie ja dennoch. Es ist ja fast wieder so, als wäre ich wieder Luxuria. "Schade eigentlich", sprach sie weiter, "Ich hatte gehofft, dass politische Intrigen die schützenden Mauern der Akademie nicht durchdringen würden. Ein Jammer, wirklich." Die Entschlossenheit in Raffalias Augen, deren Blick sie zwar stand hielt, erstaunlicherweise aber nicht ohne Mühe, hatte etwas tieferes in sich. Als sehe sie deutlich tiefer in meine Seele, als irgendwer bisher sonst! Sie fühlte sich auf eine seltsame Art entlarvt. Auch wenn es dafür noch gar keinen Grund gab. Was weißt du über mich, was du mir nicht sagst?
      Und dann sagte sie etwas, dass sie aufhorchen ließ. Ich soll meine Hände von Luxuria lassen?
      "Wartet mal, woher kennt ihr Luxuria? Und was werde ich sonst bereuen?", fragte sie mit einer Spur Verunsicherung. Waren sie sich bereits vor der Zeremonie begegnet? Das konnte doch gar nicht sein. Luxuria kam als letzte dazu und Raffalia war da bereits im Raum! Oder hatte sich die Kunde der neuen Bürgerlichen schon so schnell an der Akademie verbreitet? Zu viele offene Fragen. Sie konnte keine davon beantworten, aber sie würde auf jeden Fall nachher einmal die Heldin fragen, ob sie Raffalia schon vorher vorstellig wurde.
      "Wie dem auch sei. Ich ahne worauf das hinausläuft. Ihr haltet wohl nicht viel von den Bürgerlichen. Euer Elitarismus ist sehr beklagenswert. Meiner Meinung nach sollte die Akademie ein Ort für alle Menschen und Wesen sein, die mehr über Zauberei und Magie lernen wollen. Stecktet ihr in ihren Schuhen, würdet ihr anders darüber denken, doch ich erwarte wohl zu viel von einer einfachen Adeligen, die sich noch nie Sorgen darüber machen musste, ob sie morgen überhaupt Essen auf ihrem Teller vorfinden würde." Sie machte aus ihrer Abscheu keinen Hehl. Wenn sie hier einen Krieg wollte, sollte sie zumindest wissen, dass sie, Alexandria de Ancarya, auf der Seite des Guten stand.
      "Seht, Luxuria steht an dieser Akademie und so lange sie lebt unter meinem Schutz. Solltet ihr versuchen sie rauswerfen oder schlimmer noch auch nur ein Haar krümmen wollen, werde ich nicht zögern ihr mit ganzer Kraft beizustehen. Also überlegt euch gut, wen ihr euch hier zum Feind macht, Raffalia."
      Sie hatte es gar nicht beabsichtigt, doch in ihrer Stimme schwang ein für Alexandria selbst überraschendes Maß an Nachdruck, Gewicht und vor allem Gefahr mit. Sie hätte sich am liebsten entschuldigt und gesagt, dass sie es nicht so meinte, doch irgendetwas in ihr hielt sie davon ab. War es stolz? Oder vielleicht einfach nur die Sorge um die süße Luxuria, die in ihrer Unschuld an das Gute in jeder Person glaubte? Als ob es Gutes in Raffalia gibt...
      Ein Detail stach ihr noch ins Auge. Knabberte sie sonst auch an ihrem Daumennagel? Alexandria überlegte, doch ihr viel keine Beschreibung ein, in der das schon einmal erwähnt wurde. Auch keine Szene, in der es mal gezeigt wurde. Vielleicht erinnere ich mich ja nur nicht richtig, aber sie sieht gerade so aus, als... hätte sie vielleicht gerne etwas anderes sagen wollen? Welch tief menschlicher Zug von ihr, aber der passt doch gar nicht zu ihrem Charakter. Was ist hier bloß los? Vielleicht hatte sie hier auch die falschen Worte gewählt. Eigentlich hatte sie gar nicht vor eine offene Feindschaft gleich von Beginn an gegen Raffalia zu führen. Hm, ich muss das wieder richten. Sonst wird vielleicht der Verlauf der Geschichte unvorhersehbar und es bedeutet mein Ende.
      Unvermittelt tauchte der Dekan bei den beiden Frauen auf und lächelte beide mit väterlicher Zuneigung an.
      "Ich hoffe, ihr beide verzeiht dieses sonderbare Vorgehen. Nochmals Gratulation zu eurer fulminanten Aufnahmeprüfung. Ich muss schon sagen, als alter Erzmagier wird man ja selten von neuen Schülern und Studenten überrascht. Aber eure Fähigkeiten scheinen mir weit über dem der Anderen zu liegen. Und um das Gerät nicht zu überlasten oder die Messwerte der anderen Schüler zu beeinflussen, seid ihr erst als letzte dran. Ich bin sehr gespannt auf eure Ergebnisse."


      "Nimm dir Zeit und nicht das Leben" ;D
    • „... Hah?! Ich bin keine-!!“, drehte sich Raffalia mit einem Ruck und aus Wut zusammen geballten Fäusten zu Alexandria um, hatte sie gerade noch demonstrativ den Blick von ihr angewendet.
      Wie konnte sie es wagen ihr Elitarismus entgegen zu werfen?! Zugegeben, in den letzten siebzehn Jahren hatte sie sich noch nie über irgendetwas Sorgen machen müssen, weder über Essen, Kleidung, noch darüber ein Dach über dem Kopf zu haben, aber vor diesem Leben hier sah das schon ganz anders aus!
      Außerdem, wie konnte ausgerechnet jemand wie Alexandria de Ancary, Nachfahrin einer Herrscherfamilie, ihr so etwas an den Kopf werfen?! Es war schwer vorzustellen, dasssie wusste wie es war am Ende des Monats nicht genug Geld für den Wocheneinkauf zu haben. Sicherlich wusste sie nicht einmal, was der Wert von Essen in dieser Welt war. Oder wie viele Menschen man alleine mit dem Wert ihres Kleides ernähren konnte.
      Zugegeben, ihr Kleid war da nicht anders und sie hatte sich auch noch nie zuvor groß Gedanken über ihr privilegiertes Leben in dieser Welt gemacht, sie hatte immerzu nur daran gedacht, wie sie die Akademie überleben konnte und all ihre Zeit und Energie darin gesteckt ihre Fähigkeiten zu stärken, ihr Wissen anzueignen und Beziehungen zu knüpfen, die ihr in Zukunft nützlich sein würden oder zu einem anderen Ausgang führen sollten, wie sie es im Spiel taten.
      Ein bisschen schämte sie sich ja schon dafür. Diese Welt war ein Spiel. Aber gleichzeitig... gleichzeitig war das doch irgendwie echt. Naja, nicht nur irgendwie. Ein verwirrender Gedanke, dem sie nicht unbedingt weiter folgen wollte, aber bevor sie noch einen offenen Streit mit Alexandria anfangen konnte und die Chance hatte sich gegen solch ungehobelten Worte zu verteidigen – sie war nicht hier, um Luxuria auch nur ein einziges Haar zu krümmen, sie wollte sie beschützen! Vor dieser verdammten Schlange, die zum schlimmsten Endgegner von allen werden würde! - wurden sie auch schon vom Dekan angesprochen und der Rothaarigen blieb nichts anderes übrig, als ihrer Wut mit einem genervten Schnaube im Zaum zu halten und die Arme vor der Brust zu verschränken.
      Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie dank Alexandria ein wichtiges Event des Spiels verpasst hatte: wie Luxuria die Hand auf das Messgerät legte und damit allen neuen Schülern verkündete, dass sie ein noch nie zuvor gesehenes Element, das höchstens in alten Schriften und Legenden erwähnt wurde, besaß. Sie konnte noch ein Teile des Gemurmels hören.
      Nah toll. So einfach würde sie das Alexandria sicherlich nicht verzeihen.
      „Wir wissen doch beide, dass das kein echter Schutz ist.“, murmelte sie so leise, dass nur die Schwarzhaarige sie hören konnte, als sie sich vom Acker machte und direkt auf die große Kugel zu stampfte, um es hinter sich zu bringen.
      Schutz? Hatte Alexandria es wirklich gewagt das so zu nennen? Sie wussten doch beide, dass sie die wahre Bedrohung hier war. Dass sie Luxuria nur als Werkzeug sah. Das war kein Schutz. Das war nichts weiter, als purer Eigennutz.

      Raffalia war ihr feuriges Temperament noch immer anzusehen – dabei war man solch offene Darstellung von Wut eher von ihrem Bruder gewohnt, aber Alexandria hatte schlicht und etwas an sich, dass sie sofort zur Weißglut brachte. Es konnte der Umstand sein, dass sie das wahre Böse in dieser Geschichte war, selbst der Dämonenkönig war nichts dagegen! Und dass sie Luxuria eiskalt hinterging. Genau, das musste es sein. Die Protagonistin war ihr schlicht und einfach ans Herz gewachsen. Und dann hatte auch noch Alexandria direkt neben ihr sitzen dürfen... verdammt, sie begann sich da zu sehr hinein zu steigern. Atme, Raffalia, tief ein und aus.
      Letztendlich schaffte sie es sich einigermaßen zu beruhigen und legte die Hand auf die mit Nebel gefüllte Kugel, welche keinen Moment später in einem grellen Rot aufleuchtete, so intensiv dass kein Zweifel daran bestand: ihr Element war das Feuer und es war nicht nur ein kleines Flämmchen, dass sie zu kontrollieren wusste, falls ihr Auftreten in der ersten Prüfung für diese Erkenntnis nicht bereits gereicht hätte.
      Doch wer aufmerksam war, konnte in dem grellen Rot noch die ein oder anderen Lichter erkennen, kleiner, fast schon zögerlich mischten sie sich in das Rot und machten deutlich, dass sie auch in der Lage ist einige andere Elemente zu nutzen. Als Raffalia merkte, dass man dies in der Kugel sehen konnte, verstärkte sie ihren Fokus auf das Feuer, um die anderen Lichter zu überdecken. Sie wollte nicht, dass man ihre Trümpfe sah. Schon gar nicht, dass Alexandria es sah. Sie konnte den Überraschungseffekt auf gar keinen Fall verlieren, wenn sie es gegen eine Übermacht zu tun bekam.
      Und ihr Level? Nun, das...
      „... unglaublich.“, konnte der Dekan es kaum glauben und richtete sich die Brille, als würde diese nicht so recht funktionieren, wie sie sollte. 54. Ihr Level betrug 54, in einem Spiel, dessen höchstes Level 99 betrug und eigentlich fing die eigentliche Story gerade erst an. Und so hoch war Raffalias Level nicht mal im finalen Kampf gewesen.
      Gleichzeitig wusste sie jedoch, dass ein hohes Level alleine gegen Alexandria nichts bringen würde: sie musste auch auf ihre Stats und Fähigkeiten achten... nein, Moment. Stats gab es hier ja nicht, dass hier war ja kein Spiel mehr, also musste sie sich auf ihre Fähigkeiten und ihr Einfallsreichtum verlassen.
      Jedenfalls... konnte sie es kaum erwarten zu sehen, welches Level Alexandria zu diesem Zeitpunkt in der Geschichte hatte.
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    • Ein wenig ergötzte sich Alexandria ja schon daran, wie Raffalia mit Mühe ihre Empörung und Wut im Zaum hielt. Allerdings musste sie sich selbst eingestehen, dass sie selbst auch nie in den Schuhen der einfachen Bürgerlichen gesteckt hatte. In dieser Welt - der Welt von "Royal Academia Magica: Twist of Fate" - war sie von Anfang an in eine der reichsten Adelsfamilien des Reiches geboren worden. Lediglich wage Erinnerungen an Luxurias Leben verhalfen ihr dazu einen Vergleich überhaupt zustande zu bringen. Als Vollwaise muss es ein schweres Leben gewesen sein, auch wenn sie ihre Eltern ja nie zu Gesicht bekommen hatte. Ob es wohl eine Möglichkeit mehr von ihrer Vergangenheit aufzudecken? Das Spiel war an dieser Stelle mit Absicht etwas uneindeutig gestaltet worden, damit der Spieler mehr Gelegenheit bekam sich in ihren Charakter hinein zu versetzen. Hier jedoch war Luxuria ein eigenständiger Mensch und konnte selbst Entscheidungen fällen. Sie war wirklich lebendig. Und das Wort traf den Nagel auf den Kopf, so ihr erster Eindruck der Heldin. Apropos Heldin! Da fiel ihr gerade ein, dass sie doch Luxurias Potenzialmessung unbedingt erleben wollte, doch dank Raffalia hatte auch sie verpasst, wie der Kristall in weißem Licht aufgeleuchtet war, ihr jedoch das unschuldige Level 1 als Fertigkeitsstand aufgedrückt hatte. Einige der anderen Schüler hatten sich um das hellhaarige Mädchen versammelt und fragten sie erstaunt, welche Form von Magie das sei, die sie wirkte. Die Herabwürdigungen schienen einstweilen der Neugier zu weichen. Zumindest eine positive Entwicklung.
      Raffalia indes schien noch wütender als zuvor, als sie zu Luxuria hinüber sah. War das etwa Eifersucht? Weil die Bürgerliche im Mittelpunkt stand, obwohl sie, eine Adelige aus angesehenem Haus, eine fulminante Darbietung ihrer Fähigkeiten zur Schau gestellt hatte? Ich muss schon sagen. Für so verdorben hätte ich dich nicht gehalten, Raffalia. Als sie dann auch noch an sie gewandt leise hinzufügte, dass ihr Schutz für Luxuria nicht "echt" wäre, durchfuhr sie ein kalter Schauer. Etwas an der Art, wie sie es sagte, klang so, als wüsste sie bestens über ihre Absichten bescheid. Und wäre sie wirklich die Alexandria aus dem Spiel, hätte es auch gestimmt. Aber das konnte die Rothaarige unmöglich wissen. Nicht zu diesem Zeitpunkt. Was also hatte sie dann damit gemeint?
      Alexandria grübelte noch über diesen Gedanken nach, während ihre Rivalin mit festem Schritt auf die Messkugel zuging, als der Dekan sie schließlich aufrief. Was? Sie sind alle schon durch? Tatsächlich hatte es nicht sonderlich lange gedauert das Potenzial der neuen Schülerinnen und Schüler zu messen. Es waren auch gerade mal eine Hand voll von ihnen überhaupt weiter gekommen. Sie schätzte ihre Zahl auf gut 50. Alle anderen hatten die Eingangsprüfung gegen den Lapirium nicht bestanden. Seltsam, ob Raffalia und meine Zurschaustellung unserer Kräfte vielleicht die Messlatte höher angesetzt hatten? Möglich wäre es, aber ganz genau erinnerte sie sich jetzt auch nicht an die exakte Zahl an Neuschülern im Spiel. Es ist vielleicht alles normal und ich interpretiere einfach zu viel in die Dinge hinein. Ich muss nur...
      Sie konnte den Gedanken kaum zu Ende bringen, als ein helles rotes Licht die Halle flutete. Ruckartig wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Potenzialkristall zu, vor dem gerade Raffalia stand und bereits ihre Hände darauf abgelegt hatte. Diese... Intensität! Bei keinem anderen war sie bisher so... so hell! Die rote Farbe deutete einwandfrei auf das Element Feuer hin. Das hätte sie nach ihrem kleinen Disput und der Darbietung in der Prüfung sowieso getippt. Aber... Moment, waren da auch andere Farben? Alexandria blinzelte kurz, doch nach einem längeren und genaueren Blick sah sie nur das einheitliche feurige Rot. Die Helligkeit muss meinen Augen einen Streich gespielt haben... ich sehe jetzt sogar noch immer einen hellblau-türkisen Abdruck in meinem Blickfeld... Ugh! Bei ihrem Level jedoch verschlug es der grünäugigen Adeligen ordentlich die Sprache.
      "Level... Vierundfünfzig?!", flüsterte sie ungläubig, doch die Zahl war keine Illusion. Auch der Dekan, Mrs. Vitra und die anderen Schüler sahen ihre Zahl mit ungläubigen Staunen. Das kann nicht sein! Alexandria weigerte sich noch immer das faktisch Gesehene zu glauben. Sie erinnerte sich an die Potenzialmessung im Spiel, in der Raffalia zwar ein höheres Level als die Heldin hatte und ihr das genüsslich unter die Nase rieb, aber es war bestimmt nicht so dermaßen Hoch, dass sie bereits zum Schulstart im Grunde bereit war den Mid- bis Endlevel Content des Spiels mühelos anzugehen. An einer Stelle werden wir in magischen Duellen gegeneinander antreten. Wie soll Luxuria da Raffalia besiegen? Sie hat kaum eine Chance bis zu diesem Zeitpunkt ihr Level anzugleichen, geschweige denn sie zu überleveln. Nicht mal mit härtestem Grind wäre das so einfach möglich. Für Alexandria stand mehr denn je fest, dass sie der Heldin hier würde beistehen müssen.
      Während sie noch so in ihrer Schockstarre dastand, fiel ihr gar nicht auf, dass bereits alle auf sie warteten, da sie die letzte Schülerin war, die noch nicht geprüft wurde. Sie schüttelte ihre Grübeleien ab und trat dem Potenzialmesser gegenüber. Auf der glatt polierten Oberfläche der Kristallkugel konnte sie ihre Reflektion erkennen. Nach gut 17 Jahren in dieser Welt hatte sie sich zwar bereits an ihre neue Erscheinung gewöhnt, doch selbst ihr war der Anblick im Spiegel oft Fremd. Sahen Andere sie auch so... düster? Manchmal hatte sie das Gefühl im Spiegel einer vollkommen anderen Alexandria gegenüber zu stehen. Zögerlich legte sie die Hände auf den kühlen, glatten Kristall. Sofort begann die Kugel dunkler zu werden. Das Innere, welches sich wie ein flüssiger Nebel wand und wälzte, drohte komplett schwarz zu werden. Verdammt! Natürlich ist mein Dunkelattribut mein größtes Potenzial, fiel es ihr siedend heiß ein. Sie hoffte, dass es noch niemandem aufgefallen war, also tat sie das einzige, was sie in diesem Moment noch vermochte. Mit einem stoß an Magie fing sie an das Netz der Magie der Kugel zu beeinflussen. Kurz darauf wurde aus der dunklen Wolke im Inneren des Kristalls ein malachitfarbenes Leuchten. Zuerst war es schwach, doch dann schwoll es an und die Halle wurde in einen grünlichen Farbton getaucht. Sie spürte, dass der Potenzialmesser auf ihre gesamte Macht zugreifen wollte, doch sie verbot dem magischen Gerät Einblick zu erlangen in ihr verborgenes Dunkelattribut. Ihr eigentliches Level mochte nahe dem Maximallevel sein, doch nur begrenzt auf ihr Energie-Attribut, zeigte es ein Level von genau 54.
      Glück gehabt! Sie war erleichtert, dass sie eine ganz normale Potenzialanzeige bekam, wenngleich auch ein Energie-Attribut nicht besonders häufig in der Bevölkerung anzutreffen war. Unter den neuen Schülern gab es noch zwei Weitere, die ebenfalls diese Affinität hatten. Luxuria konnte sich im Verlauf des Spiels mit ihnen anfreunden und sie für spätere Kämpfe gewinnen.
      Ein wenig enttäuscht war Alexandria dann aber doch, denn ihr reines Energie-Affinitäts-Level lag auf gleicher Höhe wie das von Raffalia. Sie ist mir in der Tat ebenbürtig. Verdammt! Eigentlich hatte sie gehofft, dass sie als eine Art Mary Sue Charakter ganz leicht die Geschicke der Welt würde lenken können, doch nun hatte sie eine Herausforderung vor sich. Und eine Widersacherin auch noch obendrein. Die ursprüngliche Alexandria des Spiels hätte dieser Umstand sicher aufgeregt, doch die jetzige Version nahm es als Challenge an. Auf eine perfide Weise freute sie sich auf die Zeit hier an der Royal Academia Magica, denn sie hatte jemanden, mit dem sie konkurrieren und sich messen konnte. Und sie regt sich auch noch so herrlich schnell auf. Nur die Sache mit dem Dunkelattribut war noch nicht gelöst. Doch sicherlich würde ihr dazu auch noch was einfallen.

      "Vielen Dank für eure Teilnahme an dieser Prüfung", sprach der Dekan feierlich und strahlte die neuen Schüler an, "Auch wenn es hier einige Talente mit sehr hohem Potenzial gibt, möchte ich versichern, dass ihr hier alle gleich behandelt werdet. Bitte diskriminiert nicht eure Mitschüler, weil sie nicht euer Level oder Talent erreicht haben. Ihr wart sicher eines Tages einmal auch an ihrer Stelle. Vergesst das bitte nie." Sein Blick ging durch die Runde und blieb schließlich an Raffalia und Alexandria hängen. Auch wenn er nichts weiter dazu sagte, so war die Botschaft dennoch eindeutig.
      "Jetzt habt ihr euch alle jedoch erstmal eine Pause verdient. Die Zeremonie ist beendet und es steht euch nun frei als Schüler der Royal Academia Magica euch an jedem Ort des Geländes aufzuhalten, zu dem euch der Zutritt nicht verwehrt ist. Auf euren Zimmern in den jeweiligen Wohnheimen werdet ihr alles nötige für euer Studium auffinden. Auch die Schuluniformen haben wir euch dort bereitgestellt. Falls wir uns in den Maßen geirrt haben, zögert bitte nicht, dies der Akademie-Leitung mitzuteilen. Oder wendet euch an Mrs. Vitra. Sie ist hier sowas wie die gute Seele unseres Hauses. Ich wünsche euch einen angenehmen Aufenthalt an der Akademie und eine gute Zeit."
      Mit diesen Worten wurden die Schüler entlassen und konnten auf ihre Zimmer gehen. Alexandria warf noch schnell Raffalia einen unauffälligen Blick zu, ehe sie mit der Menge dann auch schnell aus der Empfangshalle verschwand. Ich bin kaputt... den ersten Tag habe ich überstanden und alles was noch kommt, wird sich bei Gelegenheit ergeben. Jetzt brauchte sie aber erstmal ein Bad und ein wenig Zeit für sich.


      "Nimm dir Zeit und nicht das Leben" ;D

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    • „... ich wusste ja, dass du dich auf die Akademie vorbereitet hast, aber das? Meinst du nicht, dass du es etwas übertrieben hast?“, hob Meg ihre Augenbraue, als Raffalia nach ihrer Messung sich zu ihr gesellte und natürlich hatte sie recht. Es war übertrieben, bei weitem übertrieben, vor allem für eine reiche und mächtige Adelsdame, deren Leben mit dem Reichtum ihrer Eltern sowieso schon ausgesorgt war. Sie musste sich nicht anstrengen, keine guten Noten bekommen, um um begehrte Plätze im Palast und dem Schlachtfeld zu konkurrieren, sie konnte nach dem Abschluss einfach nach Hause fahren und ihr Leben genießen... oder sich einen gutaussehenden Ehemann suchen, was auch immer Adelige so taten. Sie musste ja nicht einmal einen Titel oder ähnliches erben, nein, das übernahm bereits ihr großer Bruder und sicherlich würde sie ihn dabei auch unterstützen, wo auch immer er Hilfe brauchte, aber dafür brauchte sie bei weitem kein so hohes Level. Oder einen guten Abschluss an der Akademie. Oder was sonst noch einen Wert in dieser Welt hatte, nein.
      Sie tat dies alles nur, für einen ganz simplen Grund: um zu überleben.
      Um in der Zukunft nicht von Luxuria und Alexandria besiegt und getötet zu werden – wobei sie sich ziemlich sicher war, dass sie Luxuria nie einen Grund geben würde, sich gegen sie zu stellen, bei Alexandria war sie sich da aber nicht so sicher.
      Mag sein, dass sie sich damals nur der Heldin angeschlossen und sie unterstützt hatte... aber wer weiß, vielleicht hatte die Schwarzhaarige ja mehr als einen Grund gehabt, um die Rothaarige los zu werden? Was, wenn sie schon damals von ihrem Dunkelattribut wusste – oder etwas ahnte – und damit aus dem Weg geschafft werden musste?
      Sie konnte es sich vorstellen. Und Vorsicht war bekanntlich besser als Nachsicht, nicht wahr?

      Raffalia nagte wieder an ihrem Daumen, während sie sich auf Alexandria fokussierte, als diese vor der Kugel stand. Nun denn, geheimer Endboss, willst du uns mal verraten, wie stark man laut diesem Gerät mindestens sein muss, um eine Chance gegen dich zu haben?
      Oh, und wenn du schon dabei bist, würdest du der ganzen Welt verkünden, dass du über das Dunkelattribut verfügst?
      Natürlich war letzteres nichts weiter als ein sarkastischer Gedanken ihrerseits, dennoch weiteten sich ihre Augen überrascht, als sie tatsächlich mitbekam, wie das Innere der Kugel... zu verlöschen schien. Dabei war das sicherlich nicht, was passierte. Stattdessen war es die Dunkelheit ihres Attributs, das langsam seine Züge zeigte... und ehrlich gesagt, hatte Raffalia nicht einmal damit gerechnet, auch nur einen flüchtigen Blick darauf werfen zu können, nicht so früh.
      War das ihm Spiel auch schon so passiert?
      Doch dieses Schauspiel hielt nicht besonders lange und dafür färbte sich die Kugel in einem intensiven grünen Licht, dass in der Intensität dem ihren gleich kam... und tatsächlich. Es war die selbe Zahl. Vierundfünfzig. Kurz runzelte sie die Stirn, als sie den überraschten Blick Alexandrias bemerkte. Hatte sie mehr erwartet? Oder... hatte sie gar nicht gewollt so viel zur Schau zur Stellen?
      Letzteres erschien ihr da schon deutlich logischer. Zumindest war ihm Spiel nie die Rede davon, dass die Schwarzhaarige so unglaublich war.
      Zugegeben, sie wurde als Genie bezeichnet. Aber nie als solche Übermacht. Was wenn... was wenn das gar nicht das wahre Ausmaß ihrer Kraft war? Immerhin musste sie ihr Dunkelattribut verstecken... vielleicht sollte sie langsam mal aufhören an ihrem Nagel zu knabbern. Der Arme.
      „... Raffalia? Erde an Raffalia! Meine Götter... was ist nur in dich gefahren?“, holte Meg sie nach einer Weile wieder aus ihren Gedanken und konnte nicht anders, als den Kopf zu schütteln.
      „... sag mir nicht, dass das der wahre Grund für die ganzen Übungsstunden waren. Wolltest du... du wolltest mit der de Ancarya Tochter konkurrieren?“, trag die Blauhaarige so ziemlich den Nagel auf den Kopf, ohne wirklich den wahren Grund hinter dem Warum auch nur zu erahnen, aber wie sollte sie auch? Sie hatte nie vor ihr zu verraten, dass sie eigentlich nur ein Charakter aus dem Spiel war und die Rothaarige mehr über ihre gemeinsame Zukunft wusste, als wahrscheinlich gut war.
      „... schon...“, gab sie zu, immerhin hatte sie damit einen recht guten Grund gefunden.
      „... aber woher hast du gewusst, dass sie so... außergewöhnlich ist?“
      Raffalia konnte nicht anders, als bei diesem Wort zu schnauben. Außergewöhnlich? Wahrscheinlich war sie das, aber gruselig traf es doch wohl eher.
      „Meine Familie hat so ihre Informanten.“, gab sie einfach wie nebenbei von sich, ohne wirklich zu wissen, ob das stimmte, aber sie bezweifelte, dass Meg an ihren Worten zweifeln würde. Wieso auch? Dafür hatte sie doch gar keinen Grund.

      Und damit endete die Zeremonie auch schon und die neuen Schüler der Royal Academia Magica durften sich erst einmal auf ihre Zimmer zurück ziehen.
      „Sag doch gleich, dass auch Bürgerliche hier ihren Platz haben...“, murmelte die Rothaarige mehr zu sich selbst aufgrund der kleinen Rede des Dekans am Ende, denn so wie er es ausdrückte, gab es den Schülern noch immer einen Grund auf Luxuria hinab zu sehen.
      Wer konnte schon sagen, jemals in ihren Schuhen gesteckt zu haben? Nicht einmal Raffalia konnte das, und sie hatte nicht nur ein Leben gelebt, dass nicht von Luxus überfüllt war, sondern auch noch mehr oder weniger in Luxurias Schuhen gesteckt... jedoch erst seit ihrem Eintritt in die Akademie.

      „Achja... tut mir Leid Meg, ich war vorhin etwas abgelenkt... welches Level hast du bekommen?“, erkundigte sie sich bei ihrer besten Freundin , die ein bisschen zu schmollen schien, als sie diesen Umstand erwähnte. Vielleicht sollte sie sich lieber mit ein paar Macarons entschuldigen... Meg konnte nicht genug von diesen bekommen.
      „Ach, nichts besonderes. Nur eine acht.“, gab die Blauhaarige zurück, offensichtlich beleidigt. Moment mal.
      „... was? Acht? Wirklich?“, blinzelte sie etwas verwirrt, das war ja höher als eine eins und Maggie war ja immer nur ein support character gewesen, wie konnte sie schon am Anfang ein höheres Lvl wie dieses haben?
      „Was denn? Ich war doch immer mal wieder bei deinen Übungsstunden dabei, hast du wirklich erwartet, dass nichts hängen bleibt?“, schnaufte sie beleidigt, aber wenigstens sah sie sie wieder an.
      „Was? Nein, natürlich nicht!“, beeilte sie sich mit einer winkenden Geste einzuwerfen, bevor ihr bewusst wurde, dass das vielleicht nicht die beste Wortwahl gewesen war, „Ich meine, natürlich! Das macht Sinn! Ich meine nur... weil die meisten auf der eins waren und du nie wirklich Interesse an meinen Übungsstunden gezeigt hast...“, versuchte sie sich noch irgendwie aus dem Fettnäpfchen zu retten und die Rothaarige fragte sich, ob sie da tatsächlich ihre Finger im Spiel hatte, oder Maggie schon immer mit diesem Level gestartet hatte.
      Nun, sie war kein spielbarer Charakter und es gab nie ein Möglichkeit – oder einen Grund – einen Blick auf ihr Level zu werfen.

      Letztendlich erreichten die beiden das Mädchenwohnheim, während sie sich noch über Gott und die Welt unterhielten und als sie durch die Gänge streiften, auf der Suche nach ihren Zimmern, begegneten sie ausgerechnet einer ganz bestimmten Person: Luxuria. Luxuria Whitewood, wie sie verwirrt und überfordert mit einem Stück Papier in den Händen ihnen entgegen kam.
      Oh, hatte sie Problem damit ihr Zimmer zu finden? Das war perfekt! So konnte sich Raffalia endlich offiziell vorstellen und ein paar Pluspunkte bei der Heldin verdienen!
      Hätte sie doch lieber Abstand gehalten....
      Die Rothaarige blieb direkt vor der Weißhaarigen stehen, welche etwas verwundert zu ihr hinauf blickte und Raffalia räusperte sich kurz, bevor sie endlich den Mund aufmachte.
      „Wie ich sehe, scheinst du dein Zimmer nicht zu finden. Wieso benutzt du nicht etwas Magie? Zu irgendetwas muss dieses Lichtattribut doch nützlich sein, nicht wahr?“, konnte sie das süffisante Lächeln auf ihren Zügen spüren, bevor sie auch nur daran denken konnte, es zu stoppen, und erschrocken schlug sie sich mit der flachen Hand auf den Mund und machte einen halben Schritt zurück. Hatte sie... war das gerade aus ihrem Mund gekommen?!
      Das hatte sie doch überhaupt nicht sagen wollen!! Sie hatte doch nur ihre Hilfe anbieten wollen!
      Selbst Meg starrte sie an, als wäre ihr gerade ein zweiter Kopf gewachsen.
      Komm schon... sie war sicherlich nur nervös, genau! Einmal noch... dann konnte sie das sicherlich wieder richten...
      „Oh, ich vergaß, da wo du herkommst gibt es wahrscheinlich nicht so viele Zimmer, nicht wahr?“, klangen ihre Worte sarkastischer, als sie gewollt hatte und irgendwie war das auch, was sie sagen wollte... nur eben nicht wie! Sie wollte doch nur ihre Empathie aussprechen, dass es einen so viele Türen überfordern konnten!
      Selbst sie hatten die endlosen Korridore und Türen im Anwesen der de Nefarius genervt, als sie noch neu in dieser Welt war.
      Sie verstand es nicht. Was war nur los mit ihr? Warum konnte sie nicht einfach sagen, was sie wollte?! Und... oh nein, bitte nicht. Komm schon, Luxuria, schau sie doch nicht so mit Tränen in den Augen an! Es würde ihr das Herz brechen sie weinen zu sehen, vor allem wenn sie der Grund dafür war.
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    • Ohne großartig mit den anderen Studenten agieren zu wollen, verließ Alexandria rasch die Empfangshalle, wo sie gerade die Aufnahmeprüfung abgeschlossen hatte. Es sah zwar so aus, als hätten einige ihrer neuen Mitschüler versucht mit ihr in Kontakt zu treten, doch danach war ihr einfach gerade nicht zumute. Genau wie in ihrem alten Leben auch, überforderten sie große Ansammlungen an Menschen noch immer, wobei sie es als Alexandria deutlich besser wegstecken konnte. Nichts desto Trotz zollte dies nun ihren Tribut. Sie war erschöpft und hatte Vieles worüber sie nachdenken musste. Dabei kreisten ihre Gedanken vor allem immer wieder um Raffalia. Konstant verglich sie ihren ersten Eindruck, den sie heute von der de Nefarius Tochter gemacht hatte, mit dem Wissen, das sie über sie aus dem Spiel hatte. Vieles ergab für sie keinen Sinn. Es war schlicht und Ergreifen anders gelaufen, als sie es kannte. Gut, zumindest musste sich eingestehen, dass sie ja auch nicht in der Haut der Heldin dieses Mal steckte. Die Heldin... Moment mal! Alexandria riss alarmiert die Augen auf, als ihr bewusst wurde, das ihr vermutlich ein schrecklicher Fehler unterlaufen war. Ich habe Luxuria einfach ganz allein gelassen! Wenn ich nicht aufpasse, dann könnte Raffalia diese Gelegenheit für sich nutzen!
      Sie wollte gerade los eilen, um nach der eigentlichen Heldin dieser Welt zu suchen, als sie prompt gegen eine große Gestalt lief. Der Aufprall kam so überraschend, dass sie fast nach hinten gestolpert wäre, doch etwas packte sie am Handgelenk und verhinderte ihren Fall. Die Welt drehte sich für Alexandria und aus verwirrten Augen erkannte sie nach und nach, in wen sie da hineingelaufen war.
      "Prinz Maximilian!", entfuhr es ihr mit Schrecken und sie versuchte mehr schlecht als recht einen Hofknicks zu vollziehen, bei dem sie fast wieder das Gleichgewicht verloren hätte. Der Kronprinz indes schaute sie belustigt an, als hätte sie gerade vor ihm ein Kunststück aufgeführt.
      "Eure Hoheit, meine ich natürlich! Bitte verzeiht, dass ich so ungestüm in euch hineingerannt bin. Ich hatte euch nicht bemerkt."
      "Euch sei verziehen. Dieses Mal." Seine Art war genauso kühl, wie seine Magie Affinität. Die hellblauen Augen lagen auf ihr, als wollte er sie gleich mit Eislanzen durchbohren.
      "Eine Andere Sache kann ich euch jedoch nicht so einfach vergeben." Seine Augen verengten sich zu Schlitzen und Alexandria musste bei seinem Anblick schlucken.
      "Ihr habt mich vor den Augen aller Anwesenden bloß gestellt. Ich habe hart trainiert, um als Bester des neuen Jahrgangs zu starten, doch neben euch... euch und Lady Raffalia... bedeutet dieses Training gar nichts." Seine Stimme zitterte leicht. Alexandria spürte förmlich, wie er versuchte einen Wutausbruch voller Frust und Enttäuschung zurückzuhalten und sie musste ihm zugute halten, dass es ihm sogar scheinbar gelang.
      "Ich... bitte untertänigst um Vergebung, Mylord", warf sie schnell ein und beugte rasch demütig das Haupt, "Zugegeben war ich selbst davon überrascht, dass mein eigenes Potenzial derart hoch ist. Und das von Lady Raffalia ebenso. Lasst mich euch versichern, dass wir nicht vorhatten, den Prinzen zu demütigen." Wir? Nahm sie gerade etwa ihre Rivalin in Schutz vor Maximilian? Eigenartig...
      "Es braucht mehr als das, um diese Schmach zu vergeben, Lady Alexandria. Das gesamte Königreich blickt auf mich als den Nachfolger unseres Königs, meines Vaters. Und gerade er erwartet Großes von mir. Deshalb fordere ich euch zu einem Duell heraus!"
      In Animes war das immer die Stelle an der übertriebene Effekte einsetzten, um die Dramatik des Moments zu verstärken. Doch hier in der echten Welt passiert ganz einfach... Nichts. Unglücklicherweise zog sich die Situation als geballter Lachanfall in Alexandrias Magengrube zusammen, den mit größter Mühe nur zurückhalten konnte. Und den Kronprinzen konnte sie auch nicht einfach so auslachen. Sie wäre schneller auf dem Scheiterhaufen, Erhängt oder Gevierteilt, als sie gucken könnte.
      "M-Mein Prinz, ich, also, ich möchte euch nicht zu Nah treten, aber seid ihr euch sicher, dass ihr gegen mich antreten wollt?" Die Frage war reine Vorsicht. Er musste ja gesehen haben, dass der Potenzialmesser ein Level von 54 angezeigt hatte. Auch wenn er auf Level 10 oder 11 sein mochte, so war er nicht mal im Ansatz ein Match für sie.
      "Hm, ihr denkt ich würde bluffen?"
      "Nein! Nein nein, keineswegs, mein Prinz! Ich wollte nur Sichergehen... also... ich meine wegen des Levelunterschieds..."
      "Ihr habt recht. Ich benötige Vorbereitungszeit. Das Duell soll am Ende dieses Schuljahres ausgetragen werden. Und kommt ja nicht auf die Idee zu Kneifen. Seinen künftigen König hintergeht man nicht ungestraft. Und sagt es auch eurer Freundin Lady Raffalia." Mit diesen Worten wandte er sich theatralisch eindrucksvoll von ihr ab und stapfte von dannen. Alexandria wartete noch einen kurzen Moment, ehe sie - weit weniger elegant und damenhaft als geplant - irgendwo hinter einer Mauer verschwand und den größten Lachanfall ihres Lebens erlitt. Dieser Eingebildete Knilch! Wie selbstsicher er dastand und dachte, ich hätte Angst vor ihm! Das Lachen ließ erst langsam nach. Einige vorbeigehende Schüler befanden, dass der seltsam lachenden Verrückten besser aus dem Weg gegangen werden sollte. Vor allem hatte Maximilian Raffalia als ihre Freundin bezeichnet. Was war eigentlich los mit manchen Jungs? Als ob man an der Art wie sie sich während der Zeremonie unterhalten hatten als freundlich hatte bezeichnen können. Bestimmt dachte er auch, dass sie heute noch zu Tee und Gebäck mit der Lady und ihrem Konsortium verabredet wäre. Vielleicht hatte die ursprüngliche Alexandria ja Recht und es wäre wirklich das Beste für alle die Herrschaft über das Königreich zu übernehmen. Soweit es aussah, stand ihr dieser Pfad ja immer noch offen. Verlockend, nach der Einlage gerade eben noch viel mehr. Tatsächlich war der Tag ja noch unterhaltsam geworden. Da konnte sie ja jetzt frohen Mutes auf ihr Zimmer gehen und sich gemütlich auf ihr Bett packen.

      Der Sonnenuntergang tauchte die Fassaden und Wände der Royal Academia Magica in ein orange-rötliches Licht, das auf den vielen Fenstern eindrucksvoll zum Glitzern kam. Alexandria begutachtete auf ihrem Weg ins Mädchen-Wohnheim das Gelände und seufzte zufrieden. Es war wirklich ein friedsamer Ort. Reichlich Grünanlagen sorgten für farbliche Abwechslung mit den marmorierten Steinen und Gebäuden. Die ganze Akademie war viel größer, als sie je gedacht hatte. Klar, auf einem Computer-Screen kann man auch die wahre Größe dieses Ortes nicht wirklich ermessen. Das Mädchenwohnheim befand sich jetzt genau vor ihr und es erinnerte sie ein wenig an die Tage in ihrem alten Leben. Bevor sie Alexandria de Ancarya war. Als ich noch Ayaka Aizawa hieß. Das Mädchenwohnheim erinnerte sie an ihre Zeit im Studentenwohnheim der Universität. Es... hatte sogar fast die gleiche Form, also vom Gebäude her. Sie wischte den Hauch von Nostalgie jedoch beiseite. Ihre Unterkunft sollte sich, laut ihrer Benachrichtigung zur Zulassung irgendwo in der ersten Etage des Gebäudes befinden.
      Sie schlenderte gerade so durch die Gänge, als sie eine vertraute Stimme vernahm. Siedend heiß fiel es ihr wieder ein, weswegen sie sich ja beeilen wollte. Verdammt! Ich bin zu spät! Sie hat sie vor mir gefunden! Sie bog um eine Ecke und sah dort Raffalia, ihre Begleiterin Maggie Sinclair und eine in sich zusammengesunkene Luxuria. Zorn kochte in ihr hoch und sie stellte sich sogleich schützend vor die Weißhaarige, die so aussah, als würde sie jeden Moment anfangen zu heulen.
      "Was fällt euch ein so mit ihr zu reden, Lady Raffalia!" Sie funkelte ihr Gegenüber mit ihren giftgrünen Augen böse an, wobei ihr Blick auch Meg traf, die sie in dieser Sache noch nicht zuordnen konnte.
      Das Wort Lady hatte sie absichtlich so betont, um ihr Gegenüber daran zu erinnern, dass sie sich zusammennehmen sollte.
      "Ich wusste ja von Anfang an, dass ihr nicht viel von den Bürgerlichen haltet, aber so ein Benehmen ist selbst eurer Unwürdig. Ich verlange, dass ihr euch bei Lady Luxuria hier entschuldigt. Und zwar auf der Stelle!" Ihr Zorn galt zwar der Rothaarigen, doch sie gab sich auch selbst die Schuld, weil sie in Tagträumerei verfallen war und einfach vergessen hatte, was sie machen wollte. Tatsächlich wusste sie von dieser Begegnung mit Raffalia, die man im Spiel haben konnte. Wenn man lange genug in den Gängen des Mädchenwohnheims umherging, gab es eine gewisse Chance, dass man eine Begegnung mit der Feuerlady hatte. Und die fiel auch schon damals nicht gerade freundlich aus.


      "Nimm dir Zeit und nicht das Leben" ;D
    • Genau, genau, was fiel ihr nur ein so mit ihrer geliebten Luxuria zu reden? Hatte sie nicht schon genug gelitten? Sollte sie nicht nett zu ihr sein? Genau, genau, sie sollte sich auf jeden Fall... Moment mal, wessen Stimme war das überhaupt?!, nickte Raffalia in Gedanken immer wieder zu den Worten der fremden Stimme, bevor sie letztendlich aufsah und... ausgerechnet einen ihr viel zu bekannten schwarzen Schopf erblickte.
      Wieso war ausgerechnet Alexandria hier?! Kaum hatte das Schuljahr begonnen, fühlte sich die Rothaarige schon verfolgt. Und es half nicht, dass sie mit ihren Worten recht hatte und noch weniger, dass ihr die Worte einer aufrichtigen Entschuldigung aus irgendeinem Grund nicht über die Lippen kommen wollten. Stattdessen...
      „... oh, natürlich, verzeiht. Es tut mir wirklich Leid, mit solch einem Wurm die selben Räumlichkeiten teilen zu müssen. Wie leid es mir tut, dass Bürgerlichen überhaupt erlaubt ist das Akademiegelände zu betreten. Dieses System hätte schon längst abgeschafft werden müssen.“, spürte sie das süffisante Grinsen auf ihren Lippen und es fühlte sich schlicht und einfach falschan. Und so steif. Und das war auch alles nicht, was sie sagen wollte! Am liebsten hätte sie einfach geheult!
      Noch bevor irgendjemand etwas erwidern konnte, schnappte sich Raffalia das Handgelenk ihrer Freundin und drehte sich um um zu gehen. Sie floh geradezu, zumindest wollte sie das, doch ihre Beine wollten sich nicht so schnell bewegen, wie sie es wollte. Am liebsten wäre sie gerannt.
      Das war so überhaupt nicht wie sie sich ihr erstes Treffen mit Luxuria vorgestellt hatte!
      Sie wollte doch nett zu ihr sein! Sich wie eine große Schwester um sie kümmern! Ihr beistehen! So... so wie Alexandria es gerade getan hatte!
      Verdammt nochmal! Damit gab es nur einen weiteren Grund auf die Schwarzhaarige eifersüchtig zu sein... wieso konnte sie nett zu ihr sein, während sie nur schreckliches mit ihr vor hatte, während sie nicht einmal in der Lage ist sich zu entschuldigen, obwohl sie Luxuria doch am liebsten vor der ganzen Welt beschützen und unterstützen würde?!
      Wie hätte sie auch ahnen können, dass diese Alexandria tatsächlich ähnliche Pläne hatte?

      Blinzelnd, mit Tränen in den Augen, sah Luxuria der Rothaarigen Lady nach, wie sie nach diesen Sätzen, die direkt in ihr Herz zu stechen schienen, ohne mit der Wimper zu zucken verschwand.
      Wäre Alexandria nicht aufgetaucht, wäre sie wahrscheinlich tatsächlich weinend zusammen gebrochen, so aber griff sie nach der Hand der Schwarzhaarigen, nach Trost suchend, und murmelte ein fast schon beschämtes „Danke...“ vor sich hin.
      War das nicht die, welche Alex als Raffalia bezeichnet hatte? Die, vor der sie sich hätte in Acht nehmen müssen? Erst jetzt verstand die Weißhaarige wieso... jedoch verstand sie auch nicht so recht, wieso. Wieso waren so viele so gemein zu ihr? Was hatte sie den Leuten jemals getan?
      Sollte man sie nicht mögen? Immerhin war sie es gewohnt von anderen schnell ins Herz geschlossen zu werden, sie konnte gar nicht verstehen, wieso das hier, an der Akademie, so anders war.
      „Alex... wieso... wieso hasst man mich hier? Habe ich was falsches gemacht?“, fragte sie letztendlich gerade heraus, mit zitternder Stimme und diesem glänzenden Hundeblick, der das ein oder andere Herz höher schlagen lassen würde.
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    • "Bitte WAS?!", entfuhr es Alexandria, die sich mit einem Mal sehr zurückhalten musste keinen Energieblitz gegen den Rotschopf zu schmeißen. Vermutlich zügelte sie sich gerade noch rechtzeitig, denn Raffalia trat mit einem Mal den Rückzug an und nahm Meg gleich mit. Schlagartig kühlte auch gleich ihr Gemüt ab und verfiel in einen grübelnden und analysierenden Zustand. Sie hat sich genau so verhalten, wie im Spiel auch. Doch etwas stimmte nicht. Sie erinnerte sich, mit welch boshafter Süffisanz sie zu Luxuria gesprochen hatte, doch ihre Augen, blassblau und eiskalt wie sie schienen, formulierten einen Stummen Hilferuf. Das war es vermutlich auch, was sie an ihr so irritierte. Als kämpfe sie gegen irgendetwas an. Was hat das zu bedeuten?
      Ehe sie dazu kam, weiter über diesen seltsamen Zwischenfall nachzudenken, spürte sie plötzlich, wie jemand zaghaft ihre Hand ergriff. Luxuria! In all der Aufregung hatte sie die eigentliche Heroine des Spiels wieder fast vergessen. Seltsam, dass mir das so oft passiert. Meine Gedanken scheinen öfter bei Raffalia und ihrer unmöglichen Art, als bei ihr hier zu sein.
      "Ach, das war doch selbstverständlich!", lachte Alexandria und versuchte ihren rettenden Einsatz runter zu spielen, "Der alten Gewitterhexe muss mal jemand gehörig zeigen, wo der Hammer hängt!" Das Problem nur war, dass anders als die Raffalia im Spiel, diese hier weitaus mächtiger als Luxuria war, sodass sie vermutlich ihr bis ins dritte Jahr hinein ihr nicht das Wasser würde reichen können. Dies wiederum eröffnete ein ganz anderes Problem, das sich bei genauerer Betrachtung ergab: Die übrigen adeligen Schüler, die ebenfalls gleiche Ansichten hatten wie Raffalia, werden sich bestärkt fühlen Luxuria zu verspotten. Möglicherweise werden sie sogar versuchen sie aus der Akademie raus zu mobben. Verdammt, das darf nicht geschehen!
      "Sieh mal", sagte sie sanft zu ihrem kleineren Schützling und lächelte sie warm an, "Das Problem bist nicht du. Du hast auch gar nichts falsch gemacht. Es sind diese verwöhnten Adeligen Gören, die von sich denken, sie wären ja ach so viel besser als die Bürgerlichen und das gemeine Volk." Sie räusperte sich kurz.
      "Nun, streng genommen, bin ich ja auch eine von ihnen, aber ich finde nicht, dass Bürgerliche nur Menschen zweiter Klasse sind. Und hey, du bist sogar etwas ganz besonderes. Du besitzt eine Affinität zur Lichtmagie. Weißt du wie selten das eigentlich ist? Damit bist du nicht nur an der Akademie, sondern im ganzen Reich die einzige, die Zauber dieser Schule wirken kann." Sie nahm Luxurias Hände und drückte sie ermutigend, während sie ihr fest in die Augen schaute. So süß wie sie aussieht! Mein Herz schmilzt innerlich!
      "Also wenn, dann sollten sich alle, die hier an der Akademie studieren geehrt fühlen, dass sie die Chance haben, dich kennenlernen zu dürfen. So sehe ich das." Sie hoffte, dass ihre Worte ihr ein wenig Mut machen konnten. Und was Raffalia anging: Mit ihr würde sie sicher noch ein Hühnchen zu rupfen haben.


      "Nimm dir Zeit und nicht das Leben" ;D
    • „Mhm...“, reagierte die Weißhaarige mit einem Nicken, auch wenn sie es immer noch nicht so ganz verstand. Wieso waren nicht einfach alle nett zu einander? So wie Alex zu ihr war? Vor allem wenn sie tatsächlich nichts falsch gemacht hatte? Sie verstand es nicht und diese Welt der Adeligen verwirrte sie nur.
      „Ja... ich weiß... das hat man mir schon gesagt.“, nickte sie, als die Rede von ihrem Lichtelement war. Doch so sehr es sie auch freute, war es doch der Grund gewesen, wieso man sie mit offenen Armen in der Akademie aufgenommen hatte – zumindest die ganzen Erwachsenen und Lehrer hatten das getan – auf der anderen Seite fühlte es sich jedoch auch wie eine schwere Bürde an und es wurde so viel von ihr erwartet... so viel, dass sie nicht wusste, dass sie dem gerecht werden würde.
      Wie hätte Luxuria zu diesem Zeitpunkt auch ahnen können, dass sie dazu bestimmt war den Dämonenkönig zu besiegen und damit den Krieg gegen die Dämonen ein für alle Mal zu beenden? Würde man ihr das jetzt sagen, wäre sie sicherlich furchtbar erschrocken und könnte sich das nie im Leben vorstellen.
      Als Alex aufmunternd ihre Hände in die Ihren nahm, schlich sich ein sanftes, dankbares Lächeln auf die Züge der Heldin. Sie fühlte sich schon deutlich besser.
      „Danke... ich hoffe es gibt noch andere Adelige, die so denken wie du.“, drückte sie die Hände der Schwarzhaarigen und blickte mit einem strahlenden Lächeln zu ihr hinauf, bevor sie sich an etwas zu erinnern schien und mit einem Mal etwas verlegen wirkte.
      „Ähm... könntest du mir.... helfen mein Zimmer zu suchen...?“, murmelte sie eher, als sie sprach, beschämt dass sie bei einer solchen Kleinigkeit Hilfe brauchte.

      Währenddessen hatte Raffalia es letztendlich geschafft in ihr Zimmer zu fliehen, ja, zufliehen. Sie war vor der Heroine, dem Charakter dem sie unbedingt hatte begegnen wollen,geflohen und sie konnte noch immer nicht glauben, was da gerade abgegangen war. Wieso war das nur so schief gelaufen?!
      „Was war nur los mit dir?! Hast du mich nicht vorhin noch angeschnauzt, weil ich etwas gegen Bürgerliche gesagt habe? Und jetzt das?“, war die Rothaarige wohl nicht die einzige, der aufgefallen war, das etwas nicht stimmte, „Du bist doch sonst nicht so. Was ist los?“
      Hob Meg eine Augenbraue und verschränkte die Arme vor der Brust, eine Antwort verlangend, die Raffalia ihr nicht wirklich geben konnte.
      „Ich... ich weiß es nicht! Ich... eigentlich wollte ich etwas ganz anderes sagen, wirklich! Ich wollte ihr sogar beim Suchen helfen! Aber dann... es war... es war als ob das nicht ichgewesen wäre!“, versuchte sie dennoch das Erlebte irgendwie in Worte zu fassen und starrte die Blauhaarige flehend an, dass sie ihr glauben möge, welche jedoch nur einen verwirrten Gesichtsausdruck übrig hatte.
      „... was meinst du damit? Wie soll das denn möglich sein?“
      „Ich... ich weiß es nicht...“, war es wohl der Tatsache geschuldet, dass Raffalia wirklich aufgelöst wirkte, dass Meg ein tiefes Seufzen von sich gab und sich neben die Rothaarige aufs Bett setzte, um ihr tröstend einen Arm um die Schultern zu legen.
      „... meinst du etwa sowas wie ein Fluch?“
      Raffalias Gesichtsausdruck wurde mit einem Mal hellhörig. Ein Fluch? Das... klang so furchtbar abgedroschen, dass es im Bereich des Möglichen lag. Aber ein Fluch, der sie dazu brachte nur gemein zu Luxuriazu sein? Konnte es so spezifische Flüche geben? Außerdem, wer sollte sie verflucht haben und wann?
      „... vielleicht...“, murmelte sie, auch wenn sie nicht das Gefühl hatte, dass es sich wie ein Fluch angefühlt hatte. Nicht, dass sie wüsste, wie sich so etwas anfühlte... aber sie hätte es sich anders vorgestellt.
      „... sollen wir mal zur Krankenschwester gehen?“, schlug Meg letztendlich etwas zögerlich vor und das war sicherlich keine dumme Idee. Immerhin kümmerte sich die Krankenschwester an dieser Schule nicht nur um kleine Wehwechen, sondern auch um Statuse wie Paralyse, Seal, Schlaf und andere... und vielleicht auch um Flüche.
      „... Ja. Lass uns morgen mal vorbei schauen, okay?“, zumindest ein Versuch wäre es wert.
      Wie schrecklich war das denn, dass sie sich ausgerechnet mit Luxuria nicht frei unterhalten konnte? Sie musste unbedingt eine Lösung dafür finden! Und bis dahin... musste sie sich wohl wohl oder übel von ihr fernhalten... allein der Gedanke schmerzte schon.
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    • Alexandria nickte Luxuria aufmunternd zu. Sie konnte es ihr natürlich nicht verraten, aber im Verlauf des Spiels war sie zumindest dazu bestimmt gewesen, immer mehr Freunde an der Akademie kennenzulernen. Natürlich vor allem unter der männlichen Belegschaft der Studenten. Vielleicht war sogar das auch ein Grund, warum viele gerade der Mädchen, einschließlich Raffalia, einen Groll gegen sie hegten, weil sie instinktiv wussten, dass sie mit ihrer süßen Art die Jungs im Handumdrehen verzaubern konnte. Sie weckte vermutlich gar nicht mal bewusst ihren Beschützerinstinkt und irgendwie hatte das ja auch bei Alexandria funktioniert. Bloß, dass sie selbstverständlich keine romantischen Gefühle die Weißhaarige hegte, sondern sich mehr in der Rolle einer großen Schwester sah. Seltsam, hatte ich diese Rolle nicht auch in meinem alten Leben inne?
      "Ach sei unbesorgt. Aller Anfang ist schwer und wenn du dich erst einmal eingelebt hast, wirst du bestimmt auch noch weitere nette Menschen kennenlernen, die dich so mögen, wie du bist." Um nicht noch einen weiteren Vorfall mit anderen hochnäsigen Adeligen zu riskieren, kam Alexandria ihrer Bitte nach und sie suchten gemeinsam nach ihrem Zimmer. Dieses wiederum fand sich im obersten Dachgeschoss wieder und lag, ironischerweise etwas abseits der restlichen Zimmer, ganz so, als habe man hier eine Art Notunterkunft eingerichtet. Ihr gefiel es nicht, dass man sie quasi in der Abstellkammer untergebracht hatte, aber es war ein Teil des Spiels, nach und nach und mit steigendem Level und Beliebtheitsgrad auch bessere Zimmer freizuschalten. Nur musste man dafür erstmal ziemlich weit unten starten. Sie hoffte dennoch, es würde Luxuria hier gut gehen und dass sie ihre neue Bleibe akzeptierte.
      "Wenn du irgendetwas brauchst, zögere nicht bei meinem Zimmer vorbei zu kommen. Ich bin in der ersten Etage und meine Nummer ist die 123. Kann man sich gut merken, oder?" Sie lächelte ihr Gegenüber an, zückte aber zur Sicherheit dennoch Stift und Papier, um es ihr aufzuschreiben. Am ersten Tag war man ja immer etwas verwirrt und überfordert. So würde sie es bestimmt nicht vergessen.
      "So, das wars. Ich glaube wir sehen uns dann morgen zum Unterricht. Äh... wenn du magst, können wir zusammen gehen. Ich habe so eine ungefähre Ahnung wo wir hin müssen. Was meinst du? Wir treffen uns einfach am Eingang des Mädchenwohnheims. Dann kann ich dafür sorgen, dass gewisse rothaarige Bestien sich nicht an dich ran wagen. Oder irgendwelche anderen Wasweißichwas's."
      Nach ihrer Absprache verabschiedete sie sich von Luxuria und suchte ihr eigenes Zimmer auf. Ein ungutes Gefühl kam in ihr auf. Wenn das Schicksal es schlecht mit mir meint, hat Raffalia ihr Zimmer gleich neben meinem. Sie musste in ihrer Gegenwart sehr vorsichtig sein. Die Andeutungen, die sie an diesem Tage gemacht hatte und zusätzlich noch ihr enormes magisches Potenzial, sorgten dafür, dass Alexandria sie nicht einfach ignorieren konnte.
      Als sie ihr Zimmer fand und die Tür öffnete, war sie überrascht diese unverschlossen vorzufinden. Und kurz darauf bekam sie fast einen Herzinfarkt, als unmittelbar vor ihr Isilda auftauchte, die scheinbar hier auf sie gewartet hatte. Im Dunkeln. Die ganze Zeit.
      "Willkommen in eurem neuen zu Hause, Lady Alexandria", hieß sie ihre Herrin höflich Willkommen und deutete eine Verneigung an.
      "Isi! Mein Gott, du hast mir einen Todesschrecken eingejagt! Was machst du bitte ganz alleine hier im Dunkeln?" Die Frage schien ihre Bedienstete zu verwirren und sie legte den Kopf schief.
      "Na, ich habe auf euch gewartet, so wie man es mir aufgetragen hat", war die schlichte Antwort.
      "Ja, aber mach doch wenigstens ein Licht an. Du siehst hier drin doch genauso wenig wie ich."
      "Keine Sorge, Mylady, meine Augen haben sich perfekt... UGH!!!"
      "So, deine Augen werden es mir danken, wenn du später einmal keine Brille brauchst", unterbrach sie Alexandria indem sie eine leuchtende Magiekugel erschuf. Das Licht war zwar von einem kalten weißblau, aber durch seine Helligkeit konnte sie nun auch den gesamten Raum begutachten.
      "Ah, wie ich sehe hast du dich bereits um alles gekümmert. Vielen Dank, Isi. Was würde ich nur ohne dich tun?"
      "Stets zu Diensten, Mylady", kam es leicht gequält von ihrer Dienerin, die sich noch immer die Augen aufgrund der veränderten Lichtverhältnisse rieb. Ja das hast du nun davon, dass du dich hier wie ein NPC verhältst. Der natürlich eigentlich auch bist, aber irgendwie auch nicht. Vielleicht lag es aber auch einfach daran, dass man genau so ein Verhalten von einer einfachen Bediensteten wie Isilda erwartete?
      "Sag mal, du bist doch eine ganz gewöhnliche Bürgerliche, nicht wahr?", fragte sie sie beiläufig, während sie im Zimmer herumspatzierte und alles in Augenschein nahm. Es war groß und sehr geräumig. Es gab ein Wohnzimmer, ein Ankleidezimmer und neben dem Badezimmer auch ein separates Schlafzimmer.
      "Das bin ich, ja. Ich bin aufgewachsen in den Ländereien, die euerer Familie gehören und Lord de Ancarya nahm mich samt meiner Mutter bei euch als Dienerschaft auf."
      "Mhm, das weiß ich ja. Es geht darum: Ich habe mich heute mit einer gewissen Lady Luxuria Whitewood angefreundet." Der Name sorgte sofort dafür, dass Isilda auf einmal hellhörig wurde.
      "Oh! Mylady sind... äh ihr seid... Freunde?!"
      Ja, im Grunde kann ich es selbst kaum fassen, aber ich denke dass wir das sind.
      "Ich will nicht neugierig wirken, Mylady, aber... nunja..."
      "Keine Sorge, ihr geht es gut, wenngleich sie auch unter der größtenteils adeligen Schülerschaft etwas... naja, Schwierigkeiten hat Anschluss zu finden. Darum habe ich folgende Aufgabe für dich. Da du meine getreue Dienerin bist, möchte ich, dass du, sofern es deine Pflichten erlauben, dich genauso um Luxuria kümmerst, wie du es auch bei mir tun würdest. Ich denke, das würde ihr sehr helfen, hier an der Akademie Fuß zu fassen."
      Sie konnte es im Grunde schon in ihren Augen sehen, aber Isilda konnte sich gut beherrschen und brach nicht gleich in Gejubel aus. Ob die echte Alexandria das auch für Luxuria getan hätte? Sicher nicht. Sie war ein eigennütziges Monster gewesen.
      "Vielen Dank! Ähm... ich meine, natürlich! Sehr wohl, Mylady! Euer Wille ist mir Befehl."
      Alexandria konnte sich ein belustigtes Kichern nicht verkneifen.
      "Das will ich doch wohl meinen. So, und nun bist du auch schon für heute entlassen. Du darfst gehen. Oh, und sorge bitte morgen früh dafür, dass Luxuria nicht verschläft. Weck sie zur Not, indem du mehrfach an ihre Zimmertür klopfst." Sie schrieb ihr auf einen Zettel, wo sich das Zimmer der angehenden Lichtmagierin befand. Danach verabschiedete sie sich und ließ Alexandria allein in ihrer neuen Behausung zurück. Die Lichtenergiekugel hatte sie indes aufgeteilt und an mehreren Stellen im Zimmer verteilt, sodass der Raum auch ohne Kerzen hell erleuchtet war. Auch die Farbe des Lichts hatte sie zu einem wärmeren Ton geändert, sodass sie sich pudelwohl fühlen konnte. Und doch gingen so viele Gedanken in ihrem Kopf umher und sie musste unweigerlich ständig an Raffalia denken. Sie wurde einfach nicht schlau aus ihr und das war vermutlich auch der Grund dafür, dass sie sich so tief in ihre Gedanken gegraben hatte. Sie wusste ja nicht einmal woher dieser Hass auf die Bürgerliche stammte. Im Spiel konnte man ohne tiefer in Raffalias Geschichte einzusteigen durch das Bündnis mit ihr, der eigentlichen Alexandria, dafür Sorgen, dass sie für ihre Missetaten eine gerechte Strafe erhielt. Doch in dieser Welt würde das härter als im normalen Game werden. Und irgendwie spürte sie auch, dass sie Raffalia nicht einfach bekämpfen oder loswerden wollte. Sie wollte es einfach irgendwie... verstehen. Doch das würde sie am heutigen Abend sicher nicht mehr tun. Es war schon viel zu spät und der morgige Tag barg den ersten richtigen Schultag an der Akademie. Und mit diesen Gedanken rutschte sie in eine unruhige Traumwelt.


      "Nimm dir Zeit und nicht das Leben" ;D
    • Am nächsten Morgen erwachte Raffalia früher als der Rest der Schülerschaft. Sie und Meg hatten beschlossen in aller frühe der Krankenschwester der Schule einen Besuch abzustatten, nur um sicher zu gehen, dass tatsächlich kein Fluch oder ähnliches auf ihr lag, der sie dazu brachte ihre Worte zu verdrehen. Auch wenn es sich deutlich wie mehr anfühlte, als nur das. Als wäre sie in dem Moment, als sie Luxuria gegenüber stand, nicht mehr sie. Aber ich schweife ab.
      „Meg... Meg! Bist du schon wach? Wir wollten doch zur Krankenschwester!“, klopfte sie vollkommen übermüdet, alleine in ihrem Nachthemd und dem übergeworfenen Morgenmantel, an der Tür neben der ihren und konnte sich das folgende große, Gähnen nicht verkneifen.
      Sie hatte noch nicht einmal ihren Kaffee getrunken, dennoch genoss sie es den Tag mit ihrer besten Freundin zu startnen... außerdem schmeckte der Kaffee einfach besser, wenn sie ihn mit Megs hervorgezaubertem Wasser machte.
      Doch zu ihrer Verwunderung bliebe es still auf der anderen Seite der Tür.
      Wie eigenartig. Meg schläft doch auch sonst nie so tief, dachte sie sich, aber vielleicht war es ja doch sogar für die Blauhaarige viel zu früh?
      „Meg... ich komm jetzt rein.“, verkündete sie letztendlich einfach und schlich sich auf die andere Seite der Tür.... auf der es noch immer Dunkel war. Na toll. Musste sie sie jetzt wirklich wecken?
      Raffalia gab ein genervtes Schnauben von sich, normalerweise war es immer Maggie, die sie aus dem Bett schubste, wenn die mal verschlief, während sie gegenseitig bei einander übernachteten... hm? Moment? War das vielleicht ihre Chance? Konnte sie sich nun für jedes einzelne Mal, als sie mit der Kälte des Morgens begrüßt wurde, rächen? Einmal hatte sie sie sogar mit einem Schwall Wasser geweckt... hehehe.... mit neuem Elan und einer sehr kleinen, Licht spendenden Flamme in der Hand schlicht sich die Rothaarige also durch den Eingangsbereich, hin zum Schlafzimmer – ein Glück waren die Lebensräume der Adeligen allesamt gleich aufgebaut, auch wenn sie deutlich größer waren, als jede Wohnung die sie in ihrem alten Leben besessen hatte.
      Sie war schon dabei mit einem breiten Lächeln die Decke zu packen, als... sie bemerkte, welch großen Fehler sie hier gerade getan hatte. D-d-das war gar nicht Meg!
      Alexandria?!, konnte sie sich gerade noch davon abhalten diesen Gedanken laut auszusprechen und schlug sich die Hände auf den Mund, bevor sie einen Schritt zurück ging, den Blick auf die Schwarzhaarige, schlafenden Schönheit gelegt.
      Vielleicht hätte Meg ihr mal sagen sollen welches Zimmer neben ihr ihres war!

      Zum gleichen Zeitpunkt wurde gerade an Raffalias Tür geklopft, doch die Verwunderung darüber, dass diese noch nicht wach zu sein schien, war nicht einmal ansatzweise so groß.

      Eigentlich hätte die Rothaarige in dem Moment, wo ihr ihr großer Fehler aufgefallen war, den Rückzug antreten sollen und hoffen, dass niemand das hier jemals bemerken würde. Eigentlich. Lag es daran, wie unglaublich friedlich die Schwarzhaarige in ihrem tiefen Schlaf wirkte, ganz anders als das Monster, für dass sie sie hielt? Sie wirkte ja fast schon... menschlich.
      Ja, ja, schon klar, sie warja auch ein Mensch, aber das hier war was anderes!
      Immerhin sprachen sie hier über die Frau, die bald zur schrecklichsten Dämonenkönig allerzeiten werden würde! Aber jetzt... sah man nichts davon. Wie konnte jemand mit solch perfiden Plänen im Kopf nur so friedlich aussehen?
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    • Zu sagen, dass Alexandria einen festen Schlaf hatte, kam noch nicht einmal Ansatzweise an das unaufweckbare Wesen heran, zu welchem sie sich verwandelte, sobald sie in das Reich der Träume abdriftete. Es mochte vielleicht daran liegen, dass sie eine tiefe Verbindung zur Magie hatte, weshalb ihre Träume beinahe so echt und lebendig wirkten, dass sie schon nach dem Aufwachen Schwierigkeiten bekam in die Realität zurückzukehren.
      Die Anstrengungen des ersten Tages an der Royal Academia Magica schienen jedoch so viel ihrer Kräfte gezehrt zu haben, dass sie diese Nacht in einen besonders tiefen und traumreichen Schlaf fiel. Darin erlebte sie die Geschehnisse fast noch einmal genauso, wie sie auch in der Realität stattgefunden hatten... nur irgendwie seltsam anders. Darin war Raffalia ein feuerspeiender roter Drache und Luxuria ein weißes Einhorn, das mit den Kräften des Lichts gegen das scheinbar übermächtige Monstrum ankämpfte. Sie selbst trug eine Rüstung und trug Schwert und Schild und war offenbar gekommen um dem Einhorn gegen den Drachen beizustehen. Der Kampf entbrannte. Buchstäblich, denn der Raffalia-Drache spie über und über Feuer um sich. Das Luxuria Einhorn schuf einen magischen Schild aus Licht, hinter dem sie beide Sicher waren, doch dann hob der Drache seine Pranke und schlug auf den Boden. In der echten Welt klopfte es gerade an ihre Tür und die echte Raffalia trat ein, irrtümlicherweise annehmend, sie befände sich in Megs Zimmer.
      Alexandria, in den heroischen Kampf ihres Traums verwickelt, merkte davon jedoch rein gar nichts. Auch schlief sie komplett friedlich und rührte nicht einen Finger. Das war, bis Raffalia nah genug bei ihr war, dass sie plötzlich ihre magische Aura wahrnahm. In ihrem Traum erstrahlte auf einmal das Einhorn in Kraft und Magie und zerstörte den roten Drachen mit einem gleißenden Strahl aus Licht.
      Die Schlafende lächelte schwach, ihre Augen blieben aber geschlossen. Sie wälzte sich mit einem Mal auf die Seite und schwang sich aus dem Bett. Noch immer hatte sie ihre Augen nicht geöffnet. Sie schlafwandelte. In ihrem Traum nämlich sah sie noch immer die helle leuchtende Quelle aus Magie, die von dem Einhorn ausging, das sich inzwischen wieder zu Luxuria in Menschengestalt verwandelt hatte. "Gut gemacht, Luxuria! Du hast es geschafft! Ich bin so stolz auf dich! Du bist eine wahre Heldin!"
      Teile dieser Worte murmelte sie vor sich hin, während sie auf Raffalia langsam zu ging und die Arme ausbreitete, wie zu einer Umarmung.
      "Mein Licht! Komm zu mir!", nuschelte sie im Schlaf und war sich keineswegs bewusst, dass sie gerade dabei war ihre Erzrivalin liebevoll zu umarmen.


      "Nimm dir Zeit und nicht das Leben" ;D