Bound by Eternity [Stiftchen & Nao]

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    • Ari schlich sich bei dem Kompliment ein Grinsen ins Gesicht. „Das hat mir noch niemand gesagt“, lachte er leicht. Was vermutlich auch daran lag, dass er selten mit Menschen eine Beziehung führte, die die Option bot, die Schönheit der Augen des anderen anzusprechen. Antheia wäre auf die Idee schon garnicht gekommen. Ehrlich gesagt müsste es Ari auch ziemlich merkwürdig vorkommen, das von Kit zu hören, aber jetzt war ihm zumindest endlich klar, dass er definitiv mit ihm flirtete. Und somit fand er das kein Stück mehr merkwürdig, sondern schlicht charmant, auch wenn Kit verwirrt von seinen eigenen Worten wirkte und etwas mehr Selbstvertrauen vertragen könnte.
      Ari führte einen kleinen Kampf mit sich selbst. Er mochte es, dass Kit mit ihm flirtete. Er sah gut aus, war interessant und gesprächig und wusste wohl, was er wollte, denn er hatte nicht gezögert, ihn auf das Schiff einzuladen. Alles daran war unheimlich attraktiv. Der innerliche Kampf entstand aus der reinen Tatsache, dass er das Gefühl hatte, etwas Verbotenes zu tun. Aber das konnte ihm ja langsam wirklich egal sein. Er würde Antheia mit viel Glück in diesem Leben nie wieder sehen. Und die Stadt verließ er auch. Niemanden würde interessieren, wie er sein Leben lebte, wenn er nie lange genug an einem Ort blieb.
      Ari gewann die Oberhand über seine Zweifel. Er rutschte recht auffällig ein gutes Stück näher an Kit heran. Nur, um ihn akustisch besser zu verstehen, natürlich. Kein anderer, vorausgedachter Grund.
      „Deine Haare sind wirklich ein bisschen seltsam“, grinste er. „Das ist das beste, das dir passieren kann. Wer will schon sein, wie alle anderen?“ Er betrachtete Kit einen langen Moment mit einem unwillkürlichen Lächeln weiterhin auf den Lippen. In jeder Hinsicht ein herausragender Mensch, so viel fiel ihm zu dem Mann ein, der ihm gegenüber saß, und dabei kannten sie sich kaum. Aber Ari war sich sicher, dass seine Haare bloß ein kleines Zeichen der Götter waren, um zu kennzeichnen, wie besonders er war. Und Ari erkannte das Zeichen zum Glück.
      „Kitalpha ist auch ein außergewöhnlicher Name. Deine Eltern wollten dich wohl darauf vorbereiten, in die Geschichte einzugehen“ Er schmunzelte, obwohl sein eigener Name selbst nicht gerade der Norm entsprach. Kitalpha mit den brennenden Haaren, die Legende. Die Kreativität musste man seinen Eltern schon lassen und Ari war abergläubisch genug, um daran zu glauben, dass er irgendwann wohl wirklich eine eigene Erzählung haben könnte.
      „Vergiss mich bloß nicht, wenn du berühmt bist“, grinste er.
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    • Kit war fast ein wenig froh über Aris Kommentar zu seinem Namen, so abwegig er auch sein mochte. Wenigstens brachte er ihn ein wenig zum Lachen, nachdem er mit der Situation bis dahin vollkommen überfordert gewesen war. Ari hatte das Kompliment zu seinen Augen überraschend gut aufgenommen und schien ihm gegenüber generell nicht abgeneigt zu sein. Die Tatsache, dass er sofort ein bisschen näher an ihn heranrutschte, als unbedingt nötig, sorgte für ein kleines Kribbeln in Kits Bauchgegend. Der Kommentar zu seinem Namen half ungemein, ihn wieder zurück in das Hier und Jetzt zu ziehen.
      "Ich glaube, meine Eltern wollten testen, wie außergewöhnlich sie mich noch hinbekommen, bevor irgendein Gott sie höchstpersönlich dafür tadelt." Es hatte durchaus Gründe, dass Kit sich normalerweise mit seinem Spitznamen vorstellte. Ari war wohl der erste, der den Namen irgendwie sofort mit etwas positivem verband. Ari schien allerdings sowieso irgendwie eine Ausnahme von allem und jedem zu sein. Kit könnte ihn nie vergessen, egal, wie berühmt er selbst werden würde.
      "Aries hört man aber auch nicht oft als Namen", kommentierte er schließlich, während er sich ein wenig zurücklehnte und seine Hand dabei so schob, dass sie neben Aris Hand lag, ihre kleinen Finger nur einen Millimeter von einander entfernt. Was nicht weiter spannend klang, aber tatsächlich wahrscheinlich der bisher riskanteste Flirt in Kits Leben war. Was...wahrscheinlich ziemlich gut zusammenfasste, wie wenig er sich bisher für sowas interessiert hatte. Er hätte besser aufpassen sollen, wenn er angeflirtet wurde. Bei allen anderen wirkte es immer so absolut einfach. Er traute sich nicht mal, den letzten Millimeter zu überbrücken und Hautkontakt herzustellen.
      "Aber er passt irgendwie zu dir. Haben deine Eltern sich an den Sternen orientiert?", fuhr Kit fort, in der Hoffnung, seine eigene Nervosität damit irgendwie überspielen zu können. Ari schien zumindest deutlich ruhiger zu sein, als er. Ein gutes Zeichen, oder? Nur half es ihm irgendwie nicht, seine eigenen Nerven zu beruhigen.
    • Ari spürte den Abstand zwischen ihnen. Wie kleine elektrisierende Wellen, die durch die Luft rauschten. Er bildetete sich die Spannung doch nicht ein, oder?
      „Hm, das nehme ich an“, antwortete er und lächelte. Er hatte ehrlich gesagt keine Ahnung. Er war nie auf die Idee gekommen, weder seinen Vater, noch seine Mutter mal zu fragen, wie sie auf seinen Namen gekommen waren. Als Kind war seine Beziehung zu ihnen noch besser gewesen, aber da hatte er auch nicht unbedingt hinterfragt, wieso er so hieß, wie er hieß. Dass er nach einem Sternbild benannt wurde war ja relativ offensichtlich, zumindest für jemanden der sich für so etwas interessierte, aber ob sie das auch wussten? Seine Eltern hatten mit Sternen nicht viel am Hut. Vielleicht fanden sie den Namen auch einfach gut. Dass Kit die Verbindung zog, leuchtete jedenfalls ein, da er auf Schiffen unterwegs war. Ari hatte einfach… Interesse an allem, das ihn gedanklich in die Welt hinaus brachte, auch wenn er sich nicht besonders auskannte.
      „Und was war bei dir der Ideenzünder?“, fragte er amüsiert. „Deine Eltern wollten, dass du ein Anführer wirst?“ Tja, mit einem Händler hatten sie wohl so oder so nicht gerechnet. Ari kannte zumindest keine Heldengeschichten über Händler. Außergewöhnlicher als ein Musiklehrer war er trotzdem allemal.
      „Hm, du kannst bestimmt noch zum Seefahrer umschulen und irgendetwas entdecken, dann machst du den Fantasien deiner Eltern alle Ehre“, grinste er. Außerdem konnte Ari sich kurzerhand anhängen und ihn auf seine Abenteuer verfolgen…
      „Dann werde ich dein Sidekick“ Er lächelte. Sidekick und/oder Lover? Das klang ziemlich verlockend, aber Ari verlor sich gerade vermutlich wieder in irgendwelchen Fantasien. Trotzdem hatten sie noch die ganze Nacht vor sich und er war für gewöhnlich niemand, der gerne Zeit verschwendete. Wer wusste schon, ob sie sich nach ihrer Ankunft in Athen je wieder sehen würden? Zumindest eine kleine Berührung konnte da doch drin sein, nachdem ihn dieser kleine Abstand die ganze Zeit schon in den Wahnsinn trieb. Ari rang sich durch, die Spannung zu durchbrechen und schob seine Hand leicht auf Kits, während er sein Gesicht aufmerksam nach einer Reaktion darauf absuchte.
      „Partner in Crime ist vielleicht auch ein guter Titel“, fügte er leiser hinzu.
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    • Kit hatte das Gefühl, dass Aris Berührung einen Stromschlag durch seinen Körper jagen ließ. Dieser Flirt war anders, als alles, was er kannte und er wusste nicht so richtig, ob er es mochte. Nein. Das war falsch - er wusste, dass er es mochte, mit Ari zu flirten. Er wusste, dass er seine direkte Art mochte. Was er nicht wusste war, ob er es mögen sollte. Mit Ari zu flirten hatte etwas seltsam riskantes an sich. Vielleicht lag es daran, dass sie in einer Stadt waren, wo jeder Ari kannte. Bei all seinen anderen kurzen Romanzen hatte Kit sich an andere Kaufleute gehalten. Zwei anonyme Menschen, die sich einander einfach zugetan waren, ohne, dass es jemanden interessierte. Hier war das anders. Vielleicht fühlte es sich deshalb so verboten an.
      Trotzdem drehte Kit seine Hand nach oben, so dass ihre Handflächen aufeinander lagen, und verschränkte ihre Finger miteinander. Am liebsten würde er irgendwie zurück flirten, aber sein ganzer Kopf war komplett leer. Wenn er jetzt den Mund öffnen würde, würde wahrscheinlich nur absoluter Schwachsinn herauskommen. Und doch hatte er das Gefühl, die Stille zwischen ihnen irgendwie füllen zu müssen, bevor die Anspannung ihn in den Wahnsinn treiben würde.
      "Nur Partner in Crime?", fragte er und hatte sofort das Gefühl, dass das wahrscheinlich der furchtbarste Flirt des Jahrhunderts war. Wäre es sehr auffällig, wenn er sich jetzt einfach in das Meer unter ihren Füßen stürzen und dezent ertrinken würde? Wenigstens würde ihn das irgendwie aus der Situation retten. Nur Partner in Crime? Was denn sonst? Sie kannten sich ja kaum! Aries war ein Fremder für ihn, der gerade im Begriff war, sein Leben hinter sich zu lassen, um in die Welt hinaus zu segeln. Sie würden sich in Athen wahrscheinlich trennen und eventuell irgendwann in ein paar Jahren noch mal sehen. Kit wollte keinen weiteren One Night Stand, aber sich alles andere darüber hinaus einzubilden wäre purer Wahnsinn.
      "Tut mir leid, ich- Götter, ich bin wirklich schlecht im- darin", stotterte Kit, irgendwie bemüht, die Situation zu retten und etwas halbwegs Vernünftiges über die Lippen zu bekommen, was ziemlich aussichtslos erschien. Er traute es sich nicht mal, offen auszusprechen, dass er mit Ari flirtete. Das würde alles nur noch realer machen.
    • Ari schmunzelte bei Kits Worten leicht. Nur? Da war wohl jemand eifriger als gedacht. Und gleichzeitig sah er aus, als wolle er sich ins Meer stürzen, weil ihm der Satz so peinlich war. Sehr elegant war es vielleicht nicht gewesen, aber… die Reaktion rundete es ganz gut ab und amüsierte Ari wunderbar. Schlecht in was? Sätze bilden? Dieses Gestottere löste in ihm das dringende Verlangen aus, Kit auf die eine oder andere Art zum Schweigen zu bringen, bevor er sich das Leben selbst weiter schwerer machte, als es war. Es war ja wirklich nicht so schwer. Er dachte einfach zu viel nach.
      "Ich finde Partners in Crime ist doch ein guter Anfang, und wer kann diese Beziehung schon genau definieren?", erwiderte er und biss sich leicht grinsend auf die Unterlippe und versuchte Kits Blick aufzufangen. "Hey, du hast mich so zielsicher auf deine Reise eingeladen, jetzt verlier nicht den Mut", sagte er und lächelte. Dabei mochte er den Blick der peinlich berührten Verzweiflung irgendwie an ihm. Vielleicht genoss Ari es auch bloß, ein klein wenig Macht über andere zu haben. Kit in die absolute Verlegenheit zu stürzen, wenn er seine andere Hand an seine Wange legte, um seinen Kopf zu sich zu drehen, und ihn ihn mit dieser sanften Berührung zu zwingen, seinen Blick zu erwidern.
      "Deine Augen sind auch nicht schlecht, vor allem in diesem Licht. Mit dem Blick musst du wirklich nicht schüchtern sein", murmelte er und betrachtete den leuchtend hellbraunen Farbton, der dank der Abendsonne etwas oranges an sich hatte. Kit brauchte keine Worte, um jemanden um den Finger zu wickeln, wenn er einfach nur diese Augen richtig einsetzte. Vielleicht hätte Ari ihn darauf nicht aufmerksam machen sollen. Verlegenheit stand ihm genauso gut.
      Er neigte sich ihm entgegen. Ari musste nicht lange zögern. Wenn sein Gegenüber so gut aussah, gab es auch nicht viel zu überlegen. Bis er Kits heißen Atem auf seiner Haut spüren konnte, hielt er sich zurück, dann küsste er ihn, erst vorsichtig, aber sogleich zielsicherer. In dem Moment hatte Ari das Gefühl, dass sich mindestens 98 seiner 99 Probleme in Luft auflösten. Irgendwie… fühlte Kit sich seltsam vertraut an. Weniger neu und aufregend, als… als wäre Ari gerade nachhause gekommen. Er sog im Kuss tief die Luft ein, konnte kaum genug von diesem Gefühl bekommen. Für eine Sekunde vergaß er seinen Wunsch, die Welt zu sehen, irgendetwas zu sehen, denn alles was er brauchte, schien hier zu sein.
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    • Alles an diesem Moment war absolut perfekt und fühlte sich doch so unglaublich seltsam an.
      Kit hatte nicht damit gerechnet, dass Ari ihn küssen würde. Zumindest nicht so schnell, nicht jetzt, nicht so unglaublich gefühlvoll, wie er es gerade tat. Er hatte die deutlich weniger romantische Variante von wandernden Händen und atemlosen Küssen im Kopf gehabt, die mit heißen, aber einmaligen Nächten einher kamen. Aber das hier war unvergleichlich besser. Gleichzeitig fühlte es sich irritierend vertraut an. Aris Nähe kam ihm nicht wie etwas Fremdes, oder Unerwartetes vor. Es fühlte sich fast so an, als würden sie regelmäßig bei Sonnenuntergang am Pier sitzen und sich küssen. Was auch immer ihn jahrelang dazu getrieben hatte, etwas zu suchen, war jetzt vollkommen verstummt.
      Kit erwiderte den Kuss, ohne darüber nachzudenken, während er sich mehr zu Ari hindrehte und mit der Hand, mit der er sich nicht abstützte, über Aris Oberschenkel strich. Es dauerte ein paar Sekunden, bevor sein Verstand wieder einsetzte und er sich von Ari löste. Sie saßen immer noch am Pier einer Stadt, in der jeder Ari kannte, unabhängig davon, ob er die Stadt morgen früh verlassen würde, oder nicht. So lange sie noch hier waren, konnte noch einiges passieren.
      "Ist das- Ist das okay für dich?" Er deutete kurz zwischen ihnen hin und her. "Ich will nicht, dass dich die falschen Leute sehen und du Probleme bekommst, oder so." Obwohl Ari ihn in diesem Fall wahrscheinlich kaum geküsst hatte. Sekunde. Woher sollte Kit das wissen? Er kannte Ari nicht, er konnte ihn unmöglich einschätzen. Gemessen an allem, was er über Ari wusste, war es eigentlich sogar sehr wahrscheinlich, dass Ari ihn geküsst hatte, ohne vorher über die Konsequenzen nach zu denken - negativ, wie positiv. Nach dem Kuss würde Kit ihn auf jeden Fall nicht mehr gehen lassen. Götter, er würde selbst dafür zahlen, dass Ari ihn auf jeder seiner Reisen begleiten würde, egal, wie teuer die Fahrt auf einem Schiff wäre, einfach, um ihn nochmal küssen zu können, um nochmal die filigranen Finger des Musikers in seiner Hand zu halten.
    • Die falschen Leute konnten Ari mal. "Ach, hier ist doch kaum jemand", meinte er und sah sich anschließend an diese Aussage kurz um, bestätigte seinen Gedanken aber nicht wirklich, denn es waren immerhin einige Leute auf den Schiffen und manche Menschen gingen auch Abends am Pier spazieren. Das hatte Ari gerade noch ziemlich verdrängt. Aber was würde schon passieren, wenn sie jemand sah? Jetzt noch als Betrüger seiner Frau dargestellt zu werden, war relativ irrelevant, nachdem er sie sowieso wortlos verlassen hätte. Außerdem käme ihr das gerade recht. So konnte Antheia sich das Mitleid der gesamten Nachbarschaft einholen und im Mittelpunkt stehen, wie es ihre Lebensbestimmung war. Selbst wenn einige seiner Bekannten und Freunde etwas davon mitbekamen… würde er sie ja wohl nie wieder sehen. Und sie würden früher oder später alles vergessen.
      Aber Kit hatte jedes Recht, sich Sorgen zu machen. Er lebte hier zwar nicht aber… nicht jeder wollte unbedingt Teil einer moralisch unrechten Tat sein und dabei auch noch von Fremden erwischt werden. Ari lehnte sich wieder etwas zurück und seufzte.
      "Glaub mir… was die meisten Leute hier von mir denken ist mir so egal, wie was die Fische im Meer von mir denken. Aber wenn dir das unangenehm ist, versteh ich's. Ich wollte dich nicht in irgendetwas hineinziehen. Auch, wenn es für mich ab morgen aus den Augen und aus dem Sinn ist. Tut mir leid" Er warf Kit ein entschuldigendes Lächeln zu. Vielleicht sollte Ari sein Glück auch nicht strapazieren. Am Ende konnte er vielleicht doch nicht mit aufs Meer fahren und war für immer in dieser Stadt gefangen, in dem er dann auch noch als Betrüger galt. Urgh. Dann konnte er erst recht zufuß auswandern.
      "Hey, äh… du kannst mich doch deiner… deiner Crew mal vorstellen. Ich hab nicht viel Geld mit, also muss ich vor der Abfahrt nochmal nachhause, um dann zu bezahlen. Aber ich würde das Schiff sowieso gerne von innen sehen", warf er ein. Das letzte, das er wollte, war Kit jetzt zu verscheuchen oder sich seinen Weg in die Freiheit zu vermasseln.
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    • "Es ist mir nicht unangenehm", versicherte Kit, vielleicht eine kleine Spur zu schnell. Er wollte nur vermeiden, dass Ari den falschen Eindruck von ihm bekam - obwohl es wahrscheinlich nicht viel besser wäre, wenn Ari denken würde, dass Kit sich einfach von jeder beliebigen Person küssen lassen würde, oder? Aber Ari schien ihm nicht wie jede beliebige Person zu sein. Er war etwas absolut besonderes. Einmalig.
      "Mich kennt hier niemand und die Wahrscheinlichkeit, dass ich hier nochmal anhalte ist relativ gering. Ich will nur nicht, dass deine letzten Stunden hier irgendwie unschön werden", erklärte er, während er aufstand und Ari seine Hände entgegenstreckte, um ihn mit sich auf die Beine zu ziehen. Vielleicht wäre es trotzdem gut, irgendwie auf andere Gedanken zu kommen und Ari tatsächlich erst mal das Schiff zu zeigen. Vielleicht würde er es sich am Ende doch noch anders überlegen. Das Leben an Bord konnte immerhin relativ rau werden.
      "Vielleicht sollten wir erst mal den Kapitän suchen und ihm sagen, dass wir einen neuen Mitreisenden haben", schlug er vor, während er Ari mit sich die Planke nach oben zog, vorbei an ein paar Seeleuten, die Proviant verstauten und dabei wohl miteinander scherzten. Er führte Ari unter Board, in den nur spärlich beleuchteten Bauch des Schiffes. Es hatte ihn selbst ein wenig Zeit gekostet, sich hier zu orientieren, aber irgendwann konnte man die Gänge praktisch im Schlaf entlanglaufen. Im Gehen erklärte Kit schon mal die ersten Räume, an denen sie vorbei kamen. "Dort drüben ist die Kombüse. Die Waren lagern noch weiter unten. Da ist der Raum, in dem die Crew schläft und weiter hinten sind kleinere Kabinen für die Händler und anderen Mitreisenden." Er deutete immer kurz in die Richtung des Raumes, von dem er sprach, während er einen sorgsamen Blick darauf hatte, wie Ari auf seine neue Umgebung reagierte.
      Schlussendlich kam er vor der Tür des Kapitäns zu stehen. Er klopfte zwei mal, bevor er die Tür nach einem kurzen "Herein" öffnete.
      Der Kapitän war ein älterer Herr mit sonnengebräunter Haut und dunklen Haaren, die er stets zu einem Zopf nach hinten gebunden hatte. Als sie seine Kajüte betraten, sah er gerade von einer Karte auf. "Ah. Kit. Was kann ich für dich tun?", grüßte er mit einem knappen Lächeln.
      "Guten Abend Cyrus", grüßte Kit, bevor er auf Ari neben sich deutete. "Das ist Aries. Er würde sich uns gerne bis Athen anschließen."
      Cyrus' Blick wanderte von Kit zu Ari, den er kurz musterte.
      "Freut mich", grüßte er schließlich. "Gehörst du auch zu den Händlern? Unser Platz ist zur Zeit leider etwas begrenzt."
      "Er ist Musiker", schritt Kit ein, nun fast ein bisschen panisch, dass Ari vielleicht nicht mitfahren würde. "Wir können uns eine Kajüte teilen, falls der Platz zu knapp wird." Er blinzelte kurz, bevor er zu Ari sah. "Falls dir das nichts aus macht, natürlich." Es war nicht vollkommen ungewöhnlich, vor allem, wenn man Geld sparen würde. Wenn es ging, hatte Kit immer gerne Platz für sich, aber es wäre nicht das erste mal, dass er sich das Bett mit jemandem teilte. Zumal ihm das mit Ari nicht sonderlich viel ausmachen würde.
    • Das Kit sich tatsächlich Sorgen um Aries Reputation machte, hatte er nicht erwartet. Er lächelte belustigt und ließ sich hoch ziehen um ihn zum Schiff zu begleiten. Es überraschte ihn auch, dass er wohl wirklich kein Problem damit hatte, Teil dieses Hintergehens zu sein. Immerhin kannte Kit Antheia nicht und hatte nicht wie Ari das Verlangen, sie zurück in die Hölle zu schicken, wo sie herkam. Naja, so konnte es ihm nur recht sein. Ari konnte nichts dafür, dass er nicht ledig war. Er hatte keine Wahl gehabt. Jetzt konnten ihre beiden Familien mit einem Drama dafür büßen. Hätten seine Eltern auch nur ansatzweise seine Gefühle berücksichtigt, könnten sie ihm fast leidtun. Aber… er tat ihnen nicht wirklich etwas an, indem er sich aufmachte um sein Leben selbstständig zu leben. Sie würden schon klarkommen.
      Ari konnte auch nicht mehr über etwaige Schuldgefühle nachdenken, als er das Schiff von innen sah. Es war einfach wunderschön. In seinen Augen jedenfalls. In Aris Augen war es das besonderste, das er je gesehen hatte. Er staunte bei jedem Zentimeter, den er begutachtete, bis er letztendlich einen richtigen Kapitän vor sich hatte und das Gefühl hatte, in Ohnmacht zu kippen.
      "Äh, ja. Lyra", stimmte er etwas überfordert zu und hielt sein Instrument kurz hoch, das er mit sich herum trug. "Ich spiele aber auch andere Instrumente. Und ich singe auch", versuchte er seine Chancen zu verbessern und lächelte charmant. Hoffentlich hatte dieser Mann was für Musik übrig. Obwohl… "Bezahlen werde ich natürlich auch", fügte er etwas ernster hinzu. Für Geld hatte wohl jeder was übrig.
      Er stutzte, als Kit ihn einlud, seine Kajüte zu teilen, nickte aber sogleich. "Nein, garkein Problem. Ich bin ein sehr einfacher Passagier. Ich verspreche, das ich kaum Platz brauche", erwiderte er mit großen Augen, die ein gewisses Flehen in sich trugen, als er den Blick wieder dem Kapitän zuwandte. Oh Mann, er wollte so gerne mit, dass er wohl alles tun würde. Ein Bett mit Kit zu teilen wirkte da auf ihn eher wie ein Bonus als ein Nachteil. Nachdem er es sowieso nicht gewohnt war, ein Bett für sich zu haben, hätte ihn das bestimmt auch ein wenig von der Reihe gebracht.
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    • Kit hielt Cyrus im Blick, darauf hoffend, dass der Kapitän nichts gegen Ari als zusätzlichen Passagier hatte. Es kam ihm unglaublich wichtig vor, Ari mit zu nehmen. Zum Glück schien Cyrus sich nicht sonderlich dafür zu interessieren. Er zuckte lediglich mit den Schultern. “Teilt, wenn ihr wollt. Hauptsache, ihr könnt zahlen.”
      Kit nickte pflichtbewusst, während Cyrus nach Papier und Stift griff und kurz auszurechnen schien, wie viel sie die nächste Fahrt kosten würde. Er hielt Kit den Zettel vor die Nase. “Die Rate geht nur ein wenig nach oben, wenn ihr euch den Raum teilt. Ich gehe davon aus, dass ihr die Zahlung in der Mitte teilt, also bekommst du ein bisschen raus, wenn er zahlt.”
      Logisch, immerhin hatte Kit die Fahrt schon bis Athen gezahlt. Cyrus hielt das Papier nur zu nah an ihn, als dass er auch nur eine der Zahlen lesen könnte. Er blinzelte kurz, nahm ihn die Rechnung ab und hielt sie so weit weg, bis die Zahlen lesbar wurden. Die Rechnung schien plausibel. Nicht überteuert, fair und im Schnitt von dem, was er sonst zahlte. “Tja”, setzte er an, während er den Zettel an Ari weiterreichte. “Willkommen an Bord.”
      “Erst, wenn du zahlst”, merkte Cyrus von der Seite an.
      “Fast Willkommen an Bord”, korrigierte Kit, während sich in ihm ein leicht berauschendes Gefühl ausbreitete. Er verabschiedete sich mit einem Lächeln auf den Lippen von Cyrus und nahm Ari wieder mit zurück auf das Deck.
      “Bekommst du das Geld zusammen, oder soll ich dir was leihen?”, fragte er geradeheraus, in einer Stimmlage, die deutlich machte, dass er damit kein Problem haben würde. Er würde Ari später nicht mal danach fragen, ihm das Geld zurück zu geben. “Und kann ich dir sonst noch irgendwie helfen? Beim Packen, oder so?”, schob er umgehend nach. Er wusste noch genau, wie überfordert er selbst bei seiner ersten Reise gewesen war. Die Vorfreude, die sofort gedämpft worden war, als er realisierte hatte, dass er keine Ahnung hatte, was er einpacken sollte, was er wirklich brauchen würde und was nur unnötiger Ballast war. Außerdem musste er irgendwie noch dezent herausfinden, ob Ari vorhatte, erst morgen früh an Bord zu kommen, wenn sie ablegen würden, oder ob er die Nacht schon bei ihm verbringen würde. Aber irgendwie kam ihm die Frage seltsam riskant vor. Wenn er sich sonst das Bett mit jemandem geteilt hatte, hatte diese Person ihn für gewöhnlich nicht vorher geküsst - vielleicht lag die Nervosität daran. Am liebsten würde er Ari direkt nochmal küssen.
    • Ein wenig aufgeregt nahm Ari Kit den Zettel ab. Er sah auf die Zahl und musste sich bei Kits Frage, ob er ihm etwas leihen sollte, kurz zusammenreißen, um nicht abgehoben zu wirken. „Oh, nein danke. Das kann ich selbst zahlen“, winkte er ab, schenkte dem Rothaarigen aber ein dankbares Lächeln. Er konnte sich vermutlich die zehnfache Summe leisten, selbst, wenn er Antheia nicht ganz ausraubte. Aber immerhin gehörte die Hälfte ihres Besitzes ihm und niemand würde ihn daran hindern, die vergoldete Vase mitzunehmen, die ein Erbstück seiner Familie war. Und der Rest… naja, sie hatten definitiv genügend Geld gehortet. So blieben reiche Leute reich. Jetzt nutzte es Ari sogar etwas. Dabei würde er garnicht viel packen müssen, weil er lieber minimalistisch unterwegs war und seine Freiheit ohne Ballast genießen wollte. Doch dann hatte er eine Idee. Er war ohnehin schon viel zu ungeduldig und wollte unbedingt aus dieser Stadt raus, dass er das Schiff kaum noch verlassen wollte.
      „Hey… ich komme in etwa einer Stunde wieder. Ist das in Ordnung? Ich will ungern zuhause darauf warten, dass… dass jemand mich fragt, wo ich denn mit dem Geld hin will“, lachte er leicht beschämt. Jemand — alias seine zukünftige Exfrau. Er wollte sich auch nicht unbedingt Kit aufdrängen und direkt eine Nacht auf diesem Schiff verbringen, wenn er es nicht wirklich musste, aber… es fühlte sich an, als müsste er. Er wollte nicht eine Sekunde länger in seinem Haus verbringen, als er zum Packen brauchte.
      Auf dem Deck lehnte Ari sich kurz über die Reling und atmete tief die Meeresluft ein. Er hatte beinahe Angst, dass alles nur ein Traum war. Dass er nicht mehr zurück konnte, wenn er jetzt das Schiff verließ. Er sah Kit einen Moment lang an, dann gab er ihm einen kleinen flüchtigen Kuss auf die Wange, nur zur Sicherheit. Falls er sich doch in einem Traum aufhielt. Dann lief er über die Planke vom Schiff und hielt einen schnellen Schritt, um auch wirklich nicht länger als eine Stunde zu brauchen. Mittlerweile war es dunkel, also fiel er einige Male fast über seine eigenen Füße, aber Ari war das mittlerweile gewohnt und fing sein Gleichgewicht recht erprobt wieder.
      Zuhause schlich er durch die Tür wie ein Einbrecher. Antheia musste schlafen, die Bediensteten waren bestimmt noch beschäftigt aber die würden ihm schon keine Probleme bereiten. Er tapste leise durch die Zimmer, stopfte ein paar Dinge in einen großen Beutel und hob sich das Schlafzimmer für zuletzt auf. Im Wohnzimmer hielt er an, um aus einer kleinen Truhe einige Handvoll Münzen einzupacken, sowie die Vase und ein gemaltes Bild seiner Familie. Ein wenig sentimental war er letztendlich auch, doch das würde ihn nicht stoppen. Im Schlafzimmer fürchtete er, seine Frau aufzuwecken, als wäre sie eine schlafende Hydra. Die Angst war berechtigt, sie wachte auf, spätestens als Ari ein paar Kleidungsstücke in seine Tasche stopfte.
      „Aries“, murmelte sie, als sie sich aufsetzte und ihn mit Blicken durch die Dunkelheit des Zimmers hindurch durchbohrte. Wie Flammen brannten sie auf seiner Haut. „Was tust du da?“, fragte sie flach, denn sie konnte es ja mit eigenen Augen mitansehen. Wie er da stand, erstarrt, mit einer Tasche in der Hand, nachdem er durchs halbe Haus geschlichen war.
      „Ich… gehe… für eine Weile weg“, antwortete er. Es brachte ja auch nichts, sie anzulügen.
      Die Dunkelhaarige setzte sich noch weiter auf, durchkämmte mit den Fingern schweigsam ihre Haare und sagte dann: „Du kommst besser nicht zurück“
      Aries schluckte. Er hatte sich schon etliche Male vorgestellt, wie Antheia die gemeinsten Dinge zu ihm sagte, um ihn loszuwerden und aus dem Haus zu werfen. Er musste es sich garnicht vorstellen, sie hatten sich oft genug gestritten. Aber die Worte schnitten ihn doch ein wenig. Sie kannten sich schon ewig. An die Gemeinheiten hatte er sich beinahe gewöhnt.
      „Okay“, gab er nur leise zurück und verließ das Schlafzimmer wieder. Er schloss die Tür und versuchte aufzuatmen, konnte es aber nicht. Erst, als er draußen unter dem Nachthimmel stand, füllten seine Lungen sich wieder mit Luft. Das Gefühl von Erleichterung war jetzt von ein wenig Schmerz begleitet, den er nicht erwartet hatte. Es war wohl auch schwer, etwas Familiäres zurücklassen, wenn es einem nichts als Schwierigkeiten bereitet hatte. Beinahe schwerer, als das Positive.
      Ari schluckte den kleinen Schock herunter, den Antheias Worte hinterlassen hatten. Vielleicht war es bloß die Tatsache, dass nun alles noch viel realer war, als vorher. Dann lief er zurück zum Schiff.
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    • Neu

      Okay, also gab es in der Hinsicht zumindest keine Probleme. Ari konnte zahlen und der Reise stand nichts mehr im Weg. Kit wusste nicht, warum er trotzdem so nervös war, als Ari ging. Es war irgendwie seltsam, ihn gehen zu sehen, so, als hätte er ihn irgendwie verloren, obwohl sie sich gerade erst kennen gelernt hatten. Kit hatte das irritierende Gefühl, mit ihm gehen zu müssen, nur um sicher zu gehen, dass Ari auf dem Weg nichts passierte.
      “Du bist mit den Gedanken wieder in einer ganz anderen Welt.”
      Kit blinzelte und sah zu Pyrrus, der ihm einen halb genervten, halb amüsierten Blick zuwarf und ihm die Würfel entgegen hielt. “Du bist dran, Träumer.”
      Kit griff nach den Würfeln. Er hatte sich auf eine Runde eingelassen, als er realisiert hatte, wie unangenehm sich eine Stunde ziehen konnte. Mittlerweile war er in der dritten Runde und es wurde nicht wirklich besser.
      “Hängst du immer noch an deinem neuen Mitbewohner?”, fragte Pyrrus, während Kit die Würfel warf, seufzte und sie an ihn zurück reichte.
      “Nicht wirklich”, log Kit. Sie saßen auf dem Deck, auf dem es mittlerweile deutlich ruhiger geworden war. Ein paar Seemänner erzählten sich unweit von ihnen Geschichten, während andere Händler langsam von ihren Besorgungen im Dorf zurück kamen und unter Deck verschwanden. “Ich hab überlegt, ob es heute Abend ruhig bleiben wird, oder ob es noch regnet.”
      Pyrrus sah kurz in den Himmel und zuckte mit den Schultern. “Sieht nicht so aus. Ich hoffe, dass wir bis Athen gutes Wetter haben. Ich kann auf den starken Wellengang verzichten.”
      Kit stieß ein zustimmendes Summen aus. Die Nacht war noch sternenklar, ohne eine einzige Wolke, was ihn zumindest ein bisschen ruhiger stimmte. Irgendwie fühlte er sich immer etwas sicherer, wenn er die Sterne sah. Er hatte auf seinen Reisen gelernt, mit ihnen zu navigieren - vielleicht fühlte er sich deshalb immer gut, wenn er sie sah.
      “Oh, ist das der Grund deiner geistigen Abwesenheit?” Pyrrus nickte in die Richtung des Steges, wo Ari tatsächlich gerade wieder das Schiff betrat.
      “Jepp”, bestätigte Kit knapp, “Ich gehe ihn besser einsammeln, bevor er sich unter Deck verläuft.”
      “Nicht, dass er sich zu den Weinfässern verirrt”, stimmte Pyrrus mit einem gespielt besorgten Gesichtsausdruck zu und sammelte die Würfel - und Kits Wetteinsatz - ein.
      Kit verdrehte die Augen und rappelte sich auf.
      “Hey”, grüßte er Ari mit einem Lächeln, einem kleinen Zögern und einem vorsichtigen Kuss auf die Wange. Auf jeden Fall ein Gefühl, an das er sich erst noch gewöhnen musste.
      “Und? Alles geregelt?”, fragte er schließlich, während er ihm eine Hand entgegen streckte, um ihm mit dem - Recht spärlichen - Gepäck zu helfen. “Ich nehme an, du bleibst die Nacht schon direkt hier? Dann würde ich dir direkt die Kajüte zeigen, wenn du die Fahrt bezahlt hast.”
    • Neu

      Ari war von dem Kuss an seiner Wange etwas verwirrter, als er es noch vor einer Stunde gewesen wäre. Irgendwie war er gedanklich ganz wo anders, doch die Berührung holte ihn ein klein wenig zurück. Zurück auf dieses Schiff und zu seiner bevorstehenden Zukunft
      "Äh… ja… alles geregelt", stammelte er zur Antwort und ließ sich die Tasche abnehmen, die er noch umklammert gehalten hatte. Oh, er würde auf jeden Fall die Nacht hier bleiben. Antheia hatte klargemacht, dass sie ihn nicht wieder sehen wollte. Es war seltsam, dass ihn diese Zurückweisung nun so aus der Bahn geworfen hatte, nur weil sie in allem Ernst gesprochen hatte und ihm die Worte nicht in einem Schreianfall an den Kopf geschmissen hatte. Ihm lief es noch einmal kalt den Rücken herunter, bevor er die Sache endgültig versuchte abzuschütteln. Vielleicht verstörte ihn auch die Realisation so sehr, dass er tatsächlich sein bisheriges Leben mit dieser Person verschwendet hatte, die ihn loswerden wollte. Na, dann hatten sie jetzt beide ihren Willen. Ari fühlte sich nach wenigen Augenblicken schon wohler in Kits Anwesenheit, als er es jemals in Antheias getan hatte.
      Er bezahlte die Fahrt nach Athen beim Kapitän und war äußerst angespannt, bis dieser das Okay gab, dass er bleiben konnte. Ihm fiel ein Stein vom Herzen. Damit war endlich alles erledigt. Jetzt musste er seine Gedanken bloß noch zurück auf die wichtigen Dinge lenken.
      "Also, zeig mal, wo wir schlafen werden", sagte er an Kit gewandt, als sie zurück gingen und zwinkerte ihm zu, was ihn selbst absolut verwirrte und er fragte sich ernsthaft, was er mit dem Zwinkern überhaupt andeuten hatte wollen. Ach egal, einfach ignorieren.
      "Oh äh…ich hab gesehen, dass ihr oben vorhin irgendetwas gespielt habt. Mit Würfeln?", fragte er. Irgendwie mussten die Leute sich hier ja die Zeit vertreiben, wenn das Schiff ablegte. Kit konnte ihn gerne ein wenig ins Seefahrer-Leben einführen. Ari hatte außer seiner Lyra nämlich nicht viel mit, mit dem er sich beschäftigen konnte und sie würden wohl eine ganze Weile unterwegs sein.
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      Ari wirkte nicht mehr ganz so gelöst, wie am frühen Abend noch. Kit überlegte kurz, ihn darauf anzusprechen, entschied sich dann allerdings dagegen, als er sich selbst daran erinnerte, dass sie sich eigentlich kaum kannten. Was auch immer Aris Laune so verdorben hatte - eigentlich ging es Kit nichts an. Sie hatten sich lediglich geküsst, an dem wohl verrücktesten Abend in Kits Leben.
      Er behielt Ari trotzdem im Auge, als er seine Fahrt bezahlte und danach merklich entspannter wurde. Vielleicht war das sein Problem gewesen, Anspannung vor der großen Reise. Nervosität war in diesem Fall immerhin nichts neues. Auch, wenn Ari mehr in sich gekehrt, als nervös gewirkt hatte. Aber es ging ihn immer noch nichts an. Sie würden sich in den kommenden Tagen nur ein Bett teilen. Nichts außergewöhnliches.
      "Die Kajüte ist nicht sonderlich groß", erklärte Kit, bevor Aris Zwinkern ihn vollkommen aus der Bahn warf. Wie schaffte er es nur, ihn so spielend einfach durcheinander zu bringen? Kit räusperte sich kurz und führte Ari durch die Gänge des Schiffes, tiefer hinein in das kleine, gut eingelebte Labyrinth.
      "Oh, ja, wir haben...ich weiß gar nicht, ob das Spiel einen Namen hat, wenn ich ehrlich bin." Er wusste aber, dass er noch nie so froh über einen Themenwechsel gewesen war. "Man nimmt zwei Würfel und wettet darauf, ob man es schafft, beide so zu werfen, dass sie die selbe Zahl zeigen. Das ist der Wurf der Aphrodite. Je nachdem, ob man es schafft, oder nicht, gewinnt oder verliert man seinen Wetteinsatz. Ich glaube, das Spiel gibt es in mehr Varianten, als ich zählen kann." Zumindest hatte er schon so viele Varianten davon gespielt, dass es immer ratsam war, sich vorher mit seinen Mitspielern auf die Regeln zu einigen. "Ich kannte auch mal eine Variante mit vier Würfeln, bei denen eben keine Zahl doppelt sein durfte." Er zuckte kurz mit den Schultern. "Hier gibt es sonst leider nicht viel, womit man sich die Zeit vertreiben kann. Du hilfst da mit deiner Musik vielleicht ein bisschen aus." Er lächelte Ari entgegen und blieb vor einer der schweren Holztüren stehen.
      "Also. Da wären wir." Er schob die Holztüre auf und ließ Ari den Vortritt. Die Kajüte war gerade groß genug, damit sich zwei erwachsene Männer in ihr aufhalten konnten, wenn beide standen und ihre Arme nicht ausstreckten. An einer Wand stand ein Bett, daneben eine Reisetruhe, die mit den wenigen Dingen gefüllt war, die Kit immer mit sich trug. Ansonsten war das Zimmer leer. Bei Handelsschiffen ging es eben mehr darum, möglichst platzsparend zu bauen und weniger um den Komfort. Obwohl die kleinen Zimmer auch ihre Vorteile hatten - bei starkem Wellengang konnte man sich wenigstens direkt an einer der Wände abfangen und wurde nicht erst noch ein paar Meter durch den Raum geschleudert.
      "Ich hoffe, das ist ein guter Start für deine zukünftigen Abenteuer."
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      „Darf ich da morgen mal eine Runde mitmischen?“, fragte Ari lächelnd, bevor er sich in den kleinen Raum hineinschob. Oh, ja, nicht sonderlich groß traf es wohl sehr gut. Man konnte sich gerade einmal neben dem Bett ins Zimmer hineinschieben und mit etwas Mühe nahm Ari Kit seine Tasche wieder ab und legte sie auf den Boden, womit nun auch der Großteil des schmalen Ganges nicht mehr begehbar war. „Ah, gemütlich“, sagte er und drückte damit den positiven Teil seiner Gedanken hierzu aus. Er war definitiv sehr viel mehr… Platz gewohnt. Klaustrophobie war hier bestimmt nicht von Vorteil. Noch dazu wenn sie auf dem offenen Meer waren. Aber zum Glück hatte Ari keine Klaustrophobie, soweit er wusste, und er konnte sich vor Augen halten, dass ihm die ganze Welt zu Füßen lag, wenn er mit dem Schiff unterwegs war. Er blieb nicht auf diesem schwimmendem Stück Holz. Die Welt wartete.
      „Oh, wollt ihr euer Spiel noch beenden?“, fragte er dann und deutete mit dem Finger über sich, also an Deck, wo der andere Typ vielleicht noch saß und sich fragte, ob Kit zurück kam. Selbst war Ari zwar nicht müde, kein Stück, er platzte eher vor Aufregung, jetzt wo er endlich das Gefühl hatte, alles hinter sich zu lassen. Und er würde auf jeden Fall auf den Beinen sein, wenn das Schiff morgen ablegte und er mitansehen konnte, wie seine Heimatstadt immer kleiner wurde, bis sie entgültig aus seinen Auhen verschwand.
      „Ich äh könnte euch ja eine Weile mit meiner Musik nerven, während ihr die Runde abschließt, oder so“, grinste er und hielt seine Lyra hoch. Irgendwie war ja das Teil des Deals gewesen. Und er hatte auch nichts dagegen, noch eine Weile die kühle Luft und den Sternenhimmel zu genießen, bevor er sich an die Enge dieses Zimmers gewöhnen musste. Und… vielleicht schob er ein wenig den Gedanken vor sich her, zusammen mit Kit in diesem engen Zimmer zu sein. Vielleicht hätte er sich vorher mal überlegen sollen, zu welchen Spannungen es führen könnte, als er ihn vorhin geküsst hatte. Er hatte bestimmt nichts dagegen. Es machte ihn bloß etwas nervös. Ari hatte das Gefühl, ihre gemeinsame Zeit voll und ganz auskosten und perfekt machen zu müssen, als hätte er schon immer darauf gewartet, dass dieser Moment kam. Völlig albern. Aber es bestand immer noch die sehr reale Möglichkeit, dass ihre Wege sich in Athen trennen würden und er wollte bis dahin jede Sekunde mit Kit verbringen, um sich alles an ihm ganz genau einzuprägen.
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      Kit konnte nur hoffen, dass die Enge des Zimmers nicht dazu führte, dass Ari sich die Reise doch nochmal überlegte. Seine Reaktion wirkte zumindest nicht sonderlich begeistert. Kit selbst hatte nie ein Problem mit den kleinen Kajüten gehabt - die Enge hatte auf ihn irgendwie immer beruhigend gewirkt. Es gab keine Ecke, die er nicht kannte, keinen Platz, den man irgendwie füllen musste. Das einzige, was schöner war, war an warmen Tagen direkt an Deck unter den Sternen zu schlafen - sofern man sich traute und keine Angst hatte, nass zu werden.
      “Oh, du kannst sehr gerne ein paar Runden mitspielen. Sei aber darauf vorbereitet, Geld zu verlieren. Pyrrus, der Typ, mit dem ich gespielt habe, ist ein unheimliches Glückskind.” Er verdrehte kurz die Augen, auch, wenn er sich eigentlich nicht wirklich beschweren konnte. Zu Kits eigenem Glück nahm Pyrrus die Wetten nie so ernst. Wenn er sich am Ende der Runde seine Münzen schnappte, dann meist, weil er irgendwas Blödes gesagt hatte oder - so wie gerade - für seinen Geschmack zu abgelenkt gewesen war.
      “Wir können aber gerne noch was hochgehen. Ich glaube nicht, dass er eine weitere Runde ablehnt und ich würde dich gerne nochmal spielen hören.” Kit lächelte Ari aufrichtig entgegen, während er ihn aus dem Zimmer schob und anschließend wieder zurück aufs Deck führte. Vielleicht würde Aris Musik ihm ja etwas Glück bringen. Oder ihn noch weiter ablenken und dazu führen, dass er noch mehr Geld verlor, das würde sich schon noch zeigen. Hauptsache, er konnte Ari noch mal in seinem Element erleben, bevor sie sich in Athen trennen würden.
      Auf Deck steuerte Kit zielsicher wieder zu Pyrrus, der sich nicht von ihrem Spiel gelöst hatte. Es gab keine Tische und Stühle an Deck, alles, worauf man saß und spielte, war improvisiert. Sie hatten eine Kiste als Tisch genutzt und auf zusammengerollten Tauen gesessen. Pyrrus hing an seinem Becher mit Wein und schob die Würfen hin und her, offensichtlich in seinen ganz eigenen Gedanken gefangen.
      “Pyrrus?”, grüßte Kit, als sie neben dem Tisch zum stehen kamen, “Das ist Aries. Musiker. Er wird uns wohl bis Athen begleiten. Ari, das ist Pyrrus. Gewürzhändler.”
      Pyrrus sah auf und lächelte Ari entgegen. “Freut mich”, grüßte er. “Was treibt einen Musiker in die Welt hinaus?”, schob er sofort nach, während er auf ein weiteres Tau und einen alten Mehlsack deutete, auf die sie sich setzen konnten. Unweit von ihnen waren die Seemänner dazu übergegangen, auf kleineren Kisten ihre eigenen Spiele zu spielen, oder einfach nur Wein zu trinken. Wirklich ruhig war es hier eh nie.