Music's in my head [Kiimesca & Aurelius]

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    • Music's in my head [Kiimesca & Aurelius]

      Vorstellung
      @Aurelius


      Beinahe jeden Tag verbrachten Haru und Akiko zusammen. Seitdem ihr Wunsch in Erfüllung ging und sie einen Camper hatte, bastelten sie oft gemeinsam daran. Es machte Spaß, aber sein Interesse an einer Tischlerei blieb.
      Die beiden wohnten direkt nebeneinander und konnten bei dem anderen ein und aus gehen, als wären sie dort zuhause. Deshalb stand ihr Camper auch in der Garage der Yoshikawa's, weil in ihrer Garage die Band ihres Bruder probte. Seine Eltern hatten Akiko sofort ins Herz geschlossen und liebten sie fast wie ihr eigenes Kind. Haru hatte keine Geschwister, aber mit Akiko fühlte es sich so an, als hätte er welche. Sie war der wichtigste Mensch in seinem Leben. Der aller wichtigste. So wichtig, dass selbst die Liebe nicht gegen sie ankam.
      Heute hatte er sich vorgenommen, es ihr zu sagen. Wenn sie eine Pause vom Basteln machten. Es musste raus. Was sollte er tun? Also stellte er etwas kühles zu trinken auf den Tisch und setzte sich mit ihr an den Kotatsu in seinem Wohnzimmer.

      "Ich.. Ich bin in Kaito verliebt...", sprach er es endlich aus und presste seine geballten Fäuste auf seine Oberschenkel. Das kam ohne Vorwarnung, aber er befürchtete, dass er es nicht rausbekäme, wenn er um den heißen Brei reden würde.
      Er hob seinen Blick und sah Akiko in die Augen. Seine Unsicherheit konnte er nicht verbergen, doch er quälte sich schon so lange mit diesem Geheimnis. Seine Hoffnung, diese Gefühle würden irgendwann wieder verschwinden und das es nur eine Phase wäre, war vergebens. Seit 2 Jahren ging ihm ihr älterer Bruder nicht mehr aus dem Kopf und war immer öfter die Hauptrolle in seinen Träumen. Immer wenn er ihn sah, randalierten die Schmetterlinge in seinem Bauch gewaltig. Gefangen zwischen Angst und Hoffnung, zerbrach er sich jeden Tag den Kopf darüber, ob er es ihr beichten sollte. Sie waren beste Freunde und wollten keine Geheimnisse voreinander haben.
      "Schon... eine ganze Weile.. also.. von Anfang an.."
      Als er sich bei ihr geoutet hatte, sagte er nur, dass er Jungs viel interessanter fand. Heiß. Damals hatte er nicht so sehr herumgedruckst. Er ging locker damit um. Da hatte er auch noch geglaubt, dass es nichts ernstes mit Kaito wäre, aber verdammt... Dieser Typ war der einzige, der Haru den Kopf verdreht hatte.
      "Ich wollte unsere Freundschaft nicht damit belasten.." Ob sie ihm so einfach hätte sagen können, wenn sie in seinen Bruder - wenn er einen hätte - verliebt wäre? Sie konnte das doch nachvollziehen, oder?
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco

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    • Haru und Akiko hatten fleißig am Camper getüftelt. Akiko war sich sicher, dass sie den Camper bis zum Herbst für einen ersten Ausflug in den Ferien fit bekommen würden. Ein wirkliches Ziel hatten sie nicht vor Augen, aber Akiko wusste für sich, dass sie einfach rauskommen wollte. Sie wollte etwas anderes sehen als jeden Tag diesen schnöden Vorort mit denselben Leuten und Häusern. Doch bis es soweit war würde sie mit ihrem besten Freund, der für sie wie ein zweiter Bruder war, noch fleißig an dem Wagen arbeiten müssen. Da kam die flüssige Abkühlung, die ihr Haru am Kotatsu reicht wie gelegen. Sie wollte gerade Danke sagen als sich Haru bereits gesetzt hatte und ihr sofort etwas an den Kopf knallte, was viel bei ihr auslöste.

      "Du bist was?", fragte sie und ihr Gesicht versteinerte dabei. Haru war in ihren Bruder Kaito verliebt? Kaito? Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie kannte Haru zwar und wusste, dass er kein Typ war, der mit der Tür ins Haus fiel doch diese Reaktion zeigte, dass er dieses Anliegen schon länger mit sich rumschleppte. Ihre Gesichtszüge normalisierten sich wieder. "Das muss dir echt auf dem Herzen gelegen haben, hm?", fragte sie ihn und lächelte dann schwach. "Du hättest mir das schon früher sagen können." Sie kicherte anschließend und musterte Haru, der noch immer aufgeregt wirkte. "Kaito? Da bist du dir auch ganz sicher?", fragte sie erneut und sah die Entschlossenheit in Harus Augen. Sie nickte stumm und nahm ein Schluck von der kühlen Limo. Ihr Hals war trocken geworden. Nicht vor Schock oder ähnlichem. Sie war cool damit, dass Haru auf ihren Bruder stand. Vielmehr machte sie sich Sorgen um Haru, da Kaito nicht gerade ein Mensch war, der zwischenmenschlich sehr sensibel war. "Also ich kann dir nicht sagen, wie Kaito darauf regaieren wird. Mein Bruder ist manchmal sehr komisch. Sollte er dir jedoch einen dummen Spruch drücken, mache ich ihn fertig!" Sie ballte die Faust und war es gewöhnt mit ihrem Bruder Kämpfe auszutragen. Früher als sie kleiner waren, haben sie oft miteinander gerauft.
      Sie legte ihren Arm um Haru Schulter und zog ihn zu sich. "Schau nicht so! Ich bin dir nicht böse. Ich bin froh, dass du es mir endlich gesagt hast, Haru." Sie umarmte ihren besten Freund fest und legte ihren Kopf auf seine Schuler dabei. Sie würde ihn bei allem unterstützen und das wusste Haru auch, denn sie war die erste bei der er sich geoutet hatte, was ihr viel bedeutete. Sie löste sich langsam wieder von Haru und lächelte diesen an: "Über deinen Männergeschmack müssen wir aber nochmal reden."
    • Alle möglichen Reaktionen war er in seinem Kopf durchgegangen. Jede noch so unwahrscheinliche. Dabei war er sich sicher, dass es gar nicht so schlimm werden würde. Und er wurde auch nicht enttäuscht, nachdem er auf ihre Nachfrage hin nickte. Selbst hatte er noch keinen Schluck runterbekommen, als er sie dabei beobachtete, wie sie ihre Stimmbänder für die nächste Aussage ölte, die ihn zum Schmunzeln brachte. Das war typisch Akiko. Er hätte wirklich nicht so große Angst davor haben müssen, aber er wollte nun auch kein Riesending draus machen. Bis es zum Riesending wurde. Durch Akiko kannte er auch Kaito recht gut, wenn auch nicht so gut wie sie. Möglicherweise steckte noch die ein oder andere Überraschung in ihm, aber er war sich sicher. Er wäre bereit für.. was auch immer. Eine Abfuhr oder ein Date. Letzteres wäre ihm natürlich lieber. Man konnte nicht ewig davonlaufen und er müsste sich dem stellen. Das sagte er so leicht. Es gab einiges, dem er sich hätte stellen können, aber nichts davon, war ihm wichtig. Wen kümmerte es, ob er Pferde mochte und reiten könnte? War ja nicht so, als wäre das noch das einzige Fortbewegungsmittel. Und schwimmen? Ja, vielleicht war er wirklich ein kleines Weichei, aber jeder hatte doch seine Schwächen, oder? Was Kaito anging.. Haru wurde eben älter und hatte gewisse Sehnsüchte. Akiko wollte lieber nicht wissen, was sich alles in seinem Kopf bereits mit Kaito abgespielt hatte.
      Über ihre Unterstützung war der Braunhaarige wirklich sehr froh und er erwiderte ihre Umarmung sofort. Auch er war froh, dass es endlich draußen war. Und noch froher, dass sie so reagiert hatte, wie sie reagiert hatte. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen, ehe sie sich voneinander lösten und in die Augen sahen. Ihre nächste Aussage, brachte ihm zum Lachen. Herzlich und frei. Eine große Last war von seinen Schultern gefallen. Ein Teil davon zumindest. Denn das war schließlich nur die erste Hürde. Die nächste war wohl noch etwas größer, denn seinem Schwarm die Gefühle zu gestehen, war nicht gerade leicht. Er wusste auch noch gar nicht, wie er es angehen sollte. Auf jeden Fall wollte er jetzt nicht sofort losrennen. Damit konnte er noch warten. Nun konnte er jedoch auf Akiko's Unterstützung zählen.
      "Ach komm. Wie könnte der Bruder einer solchen Schönheit denn nicht total heiß sein?" Endlich konnte er auch über dieses Thema offen und normal mit ihr sprechen. Egal, wie es mit Kaito ausgehen würde.. Er war sich nun wieder sicherer, dass es ihre Freundschaft nicht belasten würde. Solange Haru so war, wie er war und nicht zu einem Arsch werden würde. Denn sollte Haru ihrem Bruder absichtlich das Herz brechen, hätte er wohl verspielt. Das würde er jedoch niemals tun. Aber wer wollte schon ausgiebig über eine mögliche Trennung nachdenken, wenn man noch nicht mal in einer Beziehung war? Es gab die Option, ja. Haru schlug jedoch nie sehr in Richtung Pessimismus oder Optimismus aus. Das half ihm auch, sich heute zu überwinden. Hätte Akiko anders darauf reagiert, wäre er ganz schön überrascht und enttäuscht gewesen.

      "Probt die Band nachher wieder?" Nach diesem Gespräch hörte es sich fast so an, als wolle er wie ein Groupie dabei zuhören, doch er fragte lediglich aus Interesse. Immerhin war es Wochenende und da probten sie immer, wenn nichts dazwischen kam. Daran hatte sich auch der Großteil der Nachbarschaft gewöhnt. Solange sie es nicht während der Ruhezeiten taten, konnte man auch nichts dagegen sagen. Außerdem klang ihre Musik mittlerweile auch richtig gut.
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    • Sichtlich erleichtert blickte Haru Akiko an und sie kam nicht umhin erneut zu lächeln, da sie froh war, Haru von seinem seelischen Ballast befreit zu haben. Für Akiko war diese Thema kein Riesending und innerlich war sie etwas verwundert, dass Haru dieses Geständnis so in die Länge gezogen hatte, doch wenn sie es genauer durchdachte: es könnte einen Keil zwischen ihre Freundschaft treiben - auch wenn sie das nie zulassen würde. Haru war sowieso viel zu gutmütig als, dass er Kaito etwas anhaben könnte - war sie sich sicher. Eher machte sie sich Sorgen um Haru, wenn er von Kaito einen Korb kriegen sollte. Denn so genau wusste Akiko gar nicht, wie ihr Bruder sexuell tickte. In ihrer Familie wäre jetzt auch kein Outing notwendig, da ihre Eltern was das angeht (im Gegensatz zu vielen anderen Dingen) liberal sind. Und Akiko selber redete mit Kaito nicht viel über Dates, da ihr Bruder diesbezüglich sehr schweigsam war. Im Haus hatte sie auch nur selten eine fremde Person entdeckt. Dann dachte sie sich öfter: Ist das vielleicht ein Date für Kaito? Doch jede ihrer Fragen, ließen ihn abwinken und dann war das eine Mädchen eine Mitschülerin, mit der er lernte. Das andere ein Kamerad aus der Eishockey-Mannschaft. Sie spürte, wie wenig sie über das Liebesleben ihres Bruders wusste. Grundsätzlich war das nicht schlimm, doch aufgrund ihrer angeborenen Neugier wurmte es sie und wäre Kaito jetzt hier würde sie ihn wie ein kleines Kind mit Fragen löchern. Doch ihr gegenüber saß Haru, der nun auch den Versuch unternahm ein Kompliment zu machen? Akiko prustete nur die Wangen. "Eine solche Schönheit? Du willst doch nicht sagen, dass mein Bruder nur im Hauch mit mir mithalten kann." Kurzzeitig spielte sie die Beleidigte, ehe sie lachen musste. "Du bist zumindest nicht die erste Person, de mich wegen Kaito anspricht. Dadurch, dass er nicht immer der Redseligste ist, wenn er Fremden begegnet, fragen die oft mich, ob Kaito zu haben ist. Ganz erklären kann ich es mir nicht." Sie zuckte mit den Schultern und nahm einen Schluck aus dem Glas.

      "Ob die Band probt? Gute Frage, aber ich denke schon. Wir können ja nachher vorbeischauen. Ich wollte Kaito eh noch nah einem Entwurf für ein Tattoo fragen." Akiko wippte aufgeregt. Sie hatte Haru bereits davon erzählt, dass sie sich spätestens im Herbst ein Tattoo stechen lassen wird. Bisher hatte sie Haru nur noch nichts über den Entwurf erzählt und auch nicht, dass Kaito ihn macht. Sie sah wie seine Augen größer wurden. "Ahahah. Nein du kriegst den Entwurf erst zu sehen, wenn er fertig ist.", beendete sie die in Haru aufsteigende Neugierde sofort. Akiko richtete sich auf. "Lass uns doch mal nachsehen, ob die Jungs bereits da sind und ihre Geräte stimmen. Vielleicht ist Kaito ja auch alleine da." Sie konnte ein Kichern nicht verkneifen und spähte zu Haru.
    • Sie lachten gemeinsam, als wäre überhaupt nichts gewesen. Als hätte sich überhaupt nichts verändern. Das liebte Haru so sehr an ihrer Freundschaft. Sie schienen immer zu wissen, wann der andere eine Umarmung brauchte, wann man keine Fragen stellen sollte oder wann man sie ein wenig anstupsen musste, damit sie aus sich raus kamen. Als könnten sie ihre Gedanken lesen - Gott sei Dank war das nicht so. Das wäre Haru dann doch etwas zu peinlich.
      Haru zuckte ebenfalls mit den Schultern, als Akiko erwähnte, dass sie öfter wegen Kaito angesprochen wurde. Man konnte nicht andere vorschieben, wenn man etwas wollte. Das musste man selbst regeln. Wovor sollte man denn Angst haben? Der Korb käme so oder so. Ob persönlich oder über Akiko. Und wenn man erwartete, dass der andere einen auslachen würde, dann würde Haru sich fragen, was einem an der Person denn bitte gefiel? Das wäre fast so, als würde man sich in seinen Mobber verlieben. Aber warum? Unvorstellbar.
      Gut, es war nicht so leicht getan, wie gesagt. Nervös wäre er ja schon. Aber es fühlte sich immer eigenartig an, wenn die Freundin einer Verehrerin zu ihm kam. Also sammelte er lieber seinen Mut zusammen. Er war auch nicht schüchtern. Bei anderen wusste er oft nicht, was er sagen sollte. Ebenso wusste er auch noch nicht, was er zu Kaito sagen sollte, aber das hatte Zeit. Auf ein paar Tage oder Wochen käme es nach den zwei Jahren ja nun auch nicht mehr an.

      Nachher vorbeischauen war nicht unbedingt seine Absicht gewesen. Sie würden ihre Musik auch beim Basteln am Camper hören. Doch ihr Vorschlag bezog sich nicht nur auf Haru - vielleicht auch gar nicht - sondern auf ihren Tattoo-Entwurf? Irgendwie war es kaum überraschend, dass Kaito das für sie erledigte, denn er konnte so etwas ganz gut. Der Braunhaarige hatte zwar nichts gegen Tattoos, aber er hatte auch kein Interesse daran, sich eins stechen zu lassen. Zumindest wüsste er im Moment nicht was.
      Dennoch weiteten sich seine Augen bei der Information und seine Neugier wuchs. Wie weit war der Entwurf denn schon? Bevor er jedoch den Mund aufbekam, bremste Akiko ihn bereits aus. Er bekäme ihn erst zu sehen, wenn er fertig war? Harus Augen wurden enger und nun war er es, der einen leichten Schmollmund zog. Sein Blick folgte ihr, als sie aufstand, sodass er schnell sein Glas leerte und sich ebenfalls erhob.
      "Okay.." Jetzt sofort? Puh. Haru hatte gerade erst eine Klippe erklommen und könnte eine Pause vor dem nächsten Abschnitt gebrauchen. Das Akiko irgendetwas anleierte, glaubte er allerdings nicht. So brutal war sie nicht. Oder doch? Immerhin handelte es sich hierbei um seine erste Liebe.
      Also begleitete er sie, nachdem er ihr einen scharfen Blick zugeworfen hatte und ging rüber zu den Yamamoto's.

      "Was machst du denn hier?", erklang die Stimme des Bassisten, der ganz verblüfft darüber war, dass Daichi pünktlich war. DAICHI. PÜNKTLICH.
      "Nah.. Ich war grad auf der Arbeit." Es hätte sich also nicht gelohnt, noch einmal nach Hause zu gehen.
      "Hey." Der Blonde warf kurz einen Blick zu den beiden jüngeren und betrat dann die Garage, ging an Seiji vorbei und ließ seine Tasche in die Ecke fallen, ehe er sich schon hinter das Schlagzeug setzte.
      "Hey Akiko.. Schön dich zu sehen", begrüßte der Schwarzhaarige die beiden. Eigentlich nur Akiko, aber Haru war es gewohnt, kaum von ihm wahrgenommen zu werden.
      "Was geht?", war alles, was er zu Haru sagte, wobei er ihm zumindest zunickte.
      "Hey."
      "Wie kommt ihr mit dem Camper voran?" Seiji konnte wirklich nett sein. Manchmal etwas zu nett. Daichi wusste genau, dass er sich nicht für den Camper interessierte, sondern für Akiko. Kaito würde aber nicht zulassen, dass er ihr zu nahe käme. Die beiden wussten schließlich, dass er fast jedes Wochenende ein Mädel abschleppte. Oder auch in der Woche. Wann immer es sich eben ergab.
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    • Akiko realisierte gar nicht, dass Haru vielleicht noch eine Auszeit gebraucht hatte, da ihn dieser Schritt viel Überwindungskraft gekostet hatte. Sie war viel zu neugierig, wie Haru und Kaito agieren würden. Doch kannte sie Haru lange genug und wusste, er würde ihn heute sicherlich nicht fragen, ob er mit ihm ausging. Jedoch würde sie mit dem neu dazugewonnen Wissen die beiden genau beobachten. Vielleicht funkte es ja schon so zwischen beiden, fragte sie sich, ehe sie sich auch dabei ertappte wie naiv dieser Gedanke war. Ihr Bruder erkannte Gefühle nicht mal, wenn sie sich persönlich beim ihm vorstellten. Er hatte viel mehr das Taktgefühl eines großen Elefanten mit dem man tanzen soll, ohne dass er einem auf die Füße tritt. Sie verdrängte das aufkeimende Kopfkino und erreichte mit Haru die Garage ihrer Eltern, in der die Jungs probten.

      Daichi, ein hübscher, sportlicher, blonder Schlagzeuger und Seiji, der lässige und draufgängerische Bassist waren schon da. Dieser begrüßte Akikko und Haru zugleich, auch wenn sie das Gefühl hatte, dass er an haru vorbei nur auf sie starrte. "Hey Seiji und hallo Daichi.", winkte sie den beiden zu. Daichi kannte sie schon relativ lange, da er der beste Freund von Kaito war. Seiji kam irgendwann dazu ... wann genau wusste Akiko nicht. Aber seit dem waren sie dieses Trio, das mittlerweile doch einiges an Aufmerksamkeit bekam. Größtenteils von ihren weiblichen Fans, was bei ihrem Aussehen wohl nicht ganz abzuweisen war. Seiji erkundigte sich nah dem Camper, was Akiko zufrieden lächeln ließ. "Ganz gut. Bald schnurrt die Kiste, sodass Haru und ich einen Roadtrip machen können. Wir müssen demnächst jedoch eine Zündkerze ersetzen. Vielleicht kann uns einer von euch helfen, den Motorblock anzuheben. Der ist relativ schwer. Wir kommen sonst nicht an die Einlassung."
      "Spannst du hier wieder wen für die Drecksarbeit ein?", fragte eine vertraute Stimme. Kaito stand auf einmal in der Garage. Akiko musste zugeben, dass die beiden hübschen Typen sie abgelenkt hatten und sie gar nicht festgestellt hat, dass ihr Bruder mit dem Fahrrad leise in die Garage geradelt kam. Er hatte einen Zeichenblock unter dem Arm und richtete sich die blonden Haare, nachdem er vorm Fahrrad abgestiegen war und dieses in einer Ecke der Garage abgestellt hatte. "Was heißt hier Drecksarbeit? Das ist gewöhnliche Schraubarbeit und wenn ihr sonst eure Arme nur zum Musik und Sport machen verwendet, ist das doch eine willkommene Abwechselung", grinste sie breit. Kaito runzelte die Stirn und winkte nun den anderen zur Begrüßung, ehe seine Blicke an Haru stehen blieben. "Haru? Du auch hier? Cool", nickte er mit einem schwachen Lächeln und stellte seinen Rucksack in die Ecke, wo bereits Daichis Sachen lagen. "Dass ich mal später als du hier bin", sagte er feixend zu Daichi, der bereits an seinem Schlagzeug saß. Kaito griff seine Gitarre und stimmte sie. Es dauerte einige Minuten, ehe er die alte Gitarre eingestimmt hatte, doch er sah es nicht ein eine neue zu kaufen, da an dieser zu viele Erinnerungen hingen.

      "Was verschafft uns die Ehre?", fragte Kaito seine Schwester und ihren besten Freund. "Autogramme vergeben wir erst nach der Show", grinste er und ließ die Hand über die Gitarrensaiten fahren. Akiko seufzte mit rollenden Augen. "Wir wollen euch einfach zu hören. Vielleicht kommt ihr irgendwann groß raus, wenn ihr keine Höhenflüge kriegt." Kaito lachte. Er mochte den Humor seiner Schwester auch wenn er nie zugeben würde.
    • Einer von ihnen, sollte ihr beim Camper helfen? Einer von ihnen? Bevor Daichi jedoch irgendetwas sagen konnte, erschien Kaito auf der Bildfläche und er hörte nur ein lockeres "Klar" von Seiji. Nicht, dass Daichi besonders scharf darauf gewesen wäre, ihr zu helfen, aber den Bassisten sollte man lieber nicht allein mit Akiko lassen. Wobei Haru ja sowie an ihr klebte, wie ein Schatten. Der würde schon verhindern, dass er sie belästigte. Aber vielleicht war er doch anständiger, als der Blonde dachte.

      Haru war dem Gespräch nur still gefolgt - So viel sprach er ohnehin nicht mit Daichi und Seiji. Außerdem war das eine kleine Neckerei zwischen den Geschwistern, ehe Kaito ihn direkt ansprach.
      "Hey", begrüßte er den Blonden mit einem Lächeln, ehe er ihm kurz nachsah und dann zum Schlagzeuger sah, der auf Kaito's Kommentar herzlich lachte.
      "Es geschehen noch Zeichen und Wunder", erwiderte er mit einem Grinsen und streckte sich ausgiebig.
      Als Kaito nach dem Grund ihrer Anwesenheit fragte, antwortete Akiko gelassen wie immer. Den beiden zuzuhören war manchmal schon sehr interessant. Sie erwähnte aber weder den Entwurf noch machte sie komische Andeutungen wegen Haru's Geständnis. Gott sei Dank. Die anderen beiden mussten ja nicht unbedingt live dabei sein. Er hatte dem also nichts mehr hinzuzufügen.

      Die beiden suchten sich einen Sitzplatz, um ihre Pause ein wenig auszudehnen. Die Deadline sollte kein Problem sein, also mussten sie sich nicht mit der Reparatur abhetzen. Musik mochte der Braunhaarige schon immer sehr. Dazu konnte man sich auch immer gut in Tagträumen verlieren. Mit Akiko unterhalten könnte er sich bei der Nähe zur Band nicht, weshalb er Drei einfach nur beobachtete. Sie alle sahen verdammt cool aus und Haru fragte sich, wie es wohl wäre, als Band auf einer Bühne aufzutreten. Sicher würde er vor Lampenfieber keinen Ton rauskriegen, das ging nur vor Akiko oder allein.
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      - Eugene Ionesco
    • Bald darauf finden die Jungs an zu spielen. Haru und Akiko schauten den drei gebannt zu und redeten dazwischen nicht. Mal abgesehen davon, dass es aufgrund der Lautstärke sowieso nicht möglich war. Akiko schaute rüber zu Haru, der neugierig auf das Trio sah. Sie lächelte zufrieden und die Jungs beendeten gerade ein Lied. "Vielleicht solltest du auch mal singen, hm?", fragte sie ihren besten Freund mit dem sie öfter schon Karaoke gemacht hatte. Dabei sang Haru bedeutend mehr und besser als sie. Doch er schien ihr ihre schiefen Töne zu verzeihen. Es ging am Ende wohl eher um den Spaß, auch wenn Haru - so fand sie - eine schöne Singstimme hatte. Die Jungs genehmigten sich alle etwas zu trinken, denn es war wohl gar nicht so leicht wie es aussah die ganze Zeit im Takt Musik zu machen. Akiko musterte den Zeichenblock, die unweit von Ihnen lag. Er gehörte Kaito und er kam mit diesem vorhin in die Garage hinein. Was er wohl darauf gezeichnet hatte? Vielleicht einen Tattoo-Entwurf? Ihre Neugierde was den Enwurf anging war so groß, dass sie nach dem Block griff. Sie schob das Deckblatt beiseite und erblickte ... "Wow", nuschelte sie und erkannte einen nackten weiblichen Oberkörper, auf dem Brust mit einem Arm zugehalten wurde. Der Entwurf war schon ziemlich gut mit Bleistift gemalt. "Kaito wir müssen dich jetzt wohl Jack nennen, hm?", kicherte Akiko in Anlehnung an die Szene aus der Titanic. Kaito hingegen lief für einen Moment rot an, ehe er das Gesicht zerknirschte: "Manche Dinge sind eben nicht für Kinder gemacht."

      "Pft. Ich habe schon genug Brüste gesehen." Das Wort ließ nun auch die anderen Jungs aufhorchen. Akiko schüttelte den Kopf und schloß den Zeichenblock. "Also wer ist deine Freundin, die du dafür abmalst?", fragte sie Kaito neugierig. Endlich hatte sie ihn an dem Punkt, wo er ihr nicht ausweichen konnte. "Freundin?", fragte er verwirrt und verstand dann erst. "Oh Mann, Schwester! Du bist echt eine Kulturbanausin. Das ist eine Aktzeichnung. Sowas macht man im Kunststudium. Habe heute eine Vorlesung dazu besucht."
      "Ohhh", gab Akiko mit einem bedrückten Ton von sich und wurde nun für einen kurzen Moment rot im Gesicht. Vielleicht war sie doch ab und zu zu neugierig. Akiko legte den Block beiseite und spürte Kaitos tadelnden Blick. "Ich muss dich enttäuschen. Deinen Entwurf lasse ich nicht so einfach in nem Block liegen. Der ist nur zum grob arbeiten." Akiko wurde nochmals rot. Sie hasste es, wenn ihr Bruder sie ertappte. Leider war er darin sehr gut. Er erwischte sie auch immer, wenn Sie in der Küche das Nutella-Glas aus dem obersten Fach holte und darin löffelte.

      Das musste wohl die gerechte Strafe für meine Neugierde sein, dachte sich Akiko und kratzte sich verlegen am Kopf. "Du kannst dir aber auch die anderen Zeichnungen ansehen", erwiderte ihr Bruder nun sichtlich entspannter. Akiko grummelte leise, ehe sie den Block wieder nahm und ihn vor sich und Haru erneut öffnete. Nach dem Frauenoberkörper folgte eine Frau von hinten die auf dem Boden saß. Danach kamen noch einige Körperstudien: ein Arm, eine Hand, ein Schulterbein und ein Bauch. Scheinbar waren alle Zeichnungen vom selben Model. Kaito konnte echt gut zeichnen, dachte sie sich und war nun nur noch vorfreudiger auf den Entwurf. Gleichzeitig fingen die Jungs wieder an ein neues Lied anzustimmen.
    • "Bloß nicht..", meinte Haru leise und sah verlegen zur Seite. Irgendwann mal vielleicht. Vor Kaito. Wenn sie ein Paar würden. Deshalb hatte es keinen Sinn, über sowas nachzudenken, da er noch noch nicht wusste, wie realistisch seine Chancen überhaupt waren.
      Als Akiko den Zeichenblock öffnete, schielte auch Haru mit rein. Eine nackte Frau. Nichts, weswegen der Braunhaarige rot anlaufen würde. Akiko hatte jedoch immer einen Spruch parat und ließ auch dieses Mal einen Kommentar ab. Den Film kannte er - musste er ja mit Akiko schauen. War aber ganz gut. Haru musste allerdings kichern, als Akiko meinte, dass sie schon genug Brüste gesehen hätte. Vor allem jeden Tag im Spiegel. Doch dann wurde der Junge hellhörig und hörte gespannt zu. Ob das seine Freundin war? Kaito verneinte und brachte seine Schwester in Verlegenheit.

      "Ich hätte mich wohl auch für ein Kunststudium entscheiden sollen", witzelte Seiji schmunzelnd, woraufhin Daichi ihm mit seiner leeren Trinkflasche einen leichten Schlag auf den Kopf gab. Zum Glück war Akiko da, sonst hätte er vermutlich danach gefragt, ob Kaito sie denn genagelt hätte. Oder wenigstens anfassen durfte. Irgendwie sowas.
      "Irgendwann kriegste auch eine ab, Daichi. Ich kann dir jemanden vorstellen. Sollst ja nicht als Jungfrau sterben", meinte Seiji, nur weil er in den 3 Jahren nie etwas von einer Frau - oder einem Kerl - in Daichi's Leben mitbekommen hatte.
      "Ich bin keine Jungfrau", murmelte der Blonde und verpasste ihm erneut eine, woraufhin Seiji lachte. Manchmal war er echt ein Arsch. Wobei.. eigentlich fast immer. Aber sogar Seiji hatte seine guten Seiten an sich. Jedenfalls prahlte Daichi nicht so mit seinem Sexleben und ob man das wirklich so bezeichnen konnte? Nicht mal Kaito wusste von seinen sexuellen Erfahrungen. Niemand. Ging auch niemanden was an.

      Haru schmunzelte ein wenig, als Kaito von ihrem Entwurf sprach. Wenig später hatte Akiko auch wieder den Zeichenblock in der Hand, weshalb auch Haru wieder hineinsah. Er zeichnete auch gern, aber nur in seiner Freizeit. Ein Kunststudium war nichts für ihn. Außerdem zeichnete er lieber Manga und dafür hat er sich alles mögliche im Internet angeschaut, um zu lernen. Realistisch zeichnen konnte er nicht. Kaito's Zeichnungen waren wirklich gut. Er war sehr gespannt, was für ein Tattoo sich Akiko machen lassen wollte.

      Während Seiji nach dem nächsten Lied ins Haus ging, um seine Blase zu erleichtern, rutschte Daichi mit dem Stuhl an die Wand, um sich nach hinten zu lehnen. Dabei trommelte er ein wenig mit den Sticks auf seinen Oberschenkeln und schloss seine Augen. Er war ein wenig angefressen wegen Seiji und versuchte einfach cool zu bleiben. So ein blöder Witz würde ihn schon nicht aus der Fassung bringen. Auch wenn die Erinnerungen seinetwegen wieder hochkamen.
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      - Eugene Ionesco
    • Haru wollte also nicht singen. Akiko seufzte leise, doch sie kannte ihn ja gut genug und hätte wissen können, dass er dafür nicht in der Stimmung war (vor allem nicht vor so vielen anderen Menschen). Schade, dachte sie sich und ließ ihren Blick durch die Band schweifen. Seiji gab einen amüsierten Kommentar ab, der auch Akiko grinsen ließ. Er drückte danach jedoch Diachi einen Spruch, was sie mit den Augen rollen ließ. Oh Mann, typisch Jungs, dachte sich das Mädchen, immer dieser Schwanzvergleich. Selbst wenn Daichi noch Jungfrau wäre, wäre das doch nicht schlimm. Im Gegenteil Akiko findet es schön, wenn Menschen sich ihr erstes Mal für jemand Besonderen aufheben. Daichi murmelte genervt auf Seijis Kommentar. Der Schwarzhaarige ging dann auf Toilette.

      Kaito beobachtete wie sein bester Freund mit den Sticks auf seinen Oberschenkeln spielte und sich gegen die Wand lehnte. Er erkannte den Gesichtsausdruck und wusste, dass sein Freund angefressen war. "Lass den Typen einfach labern", raunte Kaito und sah nochmal Richtung Flur in den Seiji verschwunden war. "Mir wollte er auch schonmal Datingtipps geben", schüttelte er den Kopf. "Als ob der wirklich Ahnung davon hätte. Sein Datingtipp lautet Hose auf." Kaito streckte sich und stellte dann seine Gitarre ab. Er ging hinüber zu Haru und Akiko und nahm den Zeichenblock, der neben den beiden lag. "Habt ihr heute nur an dem Camper geschraubt?", fragte er unglaubwürdig und sah die beiden an. Er konnte sich gar nicht vorstellen, den ganzen Tag an so einem Wagen zu basteln. Doch Akiko war seit ihrer Kindheit an technischen Dingen interessiert. Irgendwie liefen ihre Interessen genau konträr zu dem was die Gesellschaft oft erwartete: Kaito der Künstlerische und Akiko die Mechanikerin. "Du kannst gar nicht glauben, wie viel Arbeit wir in das Ding stecken", antwortete Akiko und blickte auf den Block in Kaitos Hand. Er grinste, da er wusste wieso seine Schwester so auf den Block in seiner Hand starrte. "Willst du den Entwurf sehen?"
      "Wirklich?", fragte sie aufgeregt.
      "Ja sonst würde ich doch nicht fragen."
      "Na dann mach schon", quengelte Akiko.
      Er ging mit dem Block zu seinem Rucksack, legte diesen darein und suchte etwas in seinem Rucksack, ehe er eine kleine schwarze Mappe zückte und mit dieser wieder zu Akiko und Haru ging. Aus der Mappe fummelte er ein Blatt und zeigte diese Akiko und Haru. "Du wolltest ja etwas nicht so goßes", erklärte er und beobachtete genau die Mimik seiner Schwester.



      "Es sieht mega aus!", freute sich Akiko und beobachtete das Tattoo auf dem Blatt. Doch dann wurde sie etwas kleinlaut: "Ich habe nur etwas Angst wegen der Stelle. Am Unterarm die Haut zu tätowieren soll nicht gerade harmlos sein." Kaito zuckte mit den Schultern: "Etwas Schmerz gehört dazu und kann auch ganz schön sein." Er grinste anschließend und spürte die Blicke der beiden auf seinen Tattoos. Für ihn war es mittlerweile wie ein Hobby geworden seinem Körper hier und da ein Tattoo hinzuzufügen. Er spürte den Schmerz schon gar nicht mehr so schlimm wie am Anfang. Dennoch, das musste er zugeben, war die Stelle für Akikos erstes Tattoo gewagt.
    • Normalerweise hätte Daichi über Kaito's Spruch mit dem Datingtipp gelacht, aber er seufzte nur leise. Seiji hatte einfach kein Taktgefühl. Wobei er ja auch so gut wie nichts über Daichi wusste, um sich angemessen zu verhalten. Letztendlich meinte er es ja nicht böse, dachte der Blonde zumindest. Deshalb beruhigte er sich auch recht schnell wieder.
      "Von nichts, kommt nichts", meinte Haru, als Kaito nach dem Camper fragte. Es machte aber auch Spaß und er freute sich auch auf ihren Ausflug. Mal raus und was anderes sehen. Ein kleines Abenteuer erleben.
      Dann fragte der Blonde jedoch, ob Akiko den Entwurf sehen wollte, weshalb sie - unter anderem - ja hergekommen war. Ihre Ungeduld brachte ihn leise zum Lachen. Nun bekam Haru den Entwurf aber doch zu sehen und sah mit großen Augen darauf. Das war echt hübsch. Richtig süß. Und seine Freundin freute sich riesig darüber, ehe diese Freude ihrer Sorge wich. Einer der Gründe, warum Haru nicht so viel über ein Tattoo nachdachte. Schmerz. Bei seinem Kommentar sah der Braunhaarige auf und musterte die Tattoos, die man sehen konnte. Hatte er deshalb so viele? Weil ihm der Schmerz gefiel? Das war seltsam, aber es gab eben auch solche Leute.

      Kurz darauf kam auch Seiji wieder und warf kurz einen Blick auf die Jüngeren, ehe er sich den Gurt seines E-Basses wieder umlegte. Daichi rutschte auch wieder nach vorn und schien wieder besserer Laune zu sein. Wenn er lange an etwas knabbern würde, wäre er dauerhaft mies drauf. Er kam immer recht schnell wieder runter, sprach aber kaum über Dinge, die ihn belasteten. Er war nicht so der offene Typ und fraß viel in sich hinein. Ihm war schon klar, dass das nicht die beste Umgangsweise mit Problemen war, aber die würden auch nicht verschwinden, wenn er jemandem davon erzählte. Aktuell lief es ja auch gut und das alles war Vergangenheit.
      "Das packst du schon. Augen zu und durch", schmunzelte Haru und klopfte Akiko kurz auf die Schulter, während die Band sich für den nächsten Song vorbereitete. Anfangs haben sie wie jede Band vermutlich auch, Songs gecovert. Inzwischen hatten sie aber auch ein paar auf Lager, die sie selbst geschrieben hatten. Die meiste Arbeit kam bestimmt von Kaito, doch so genau wusste Haru das nicht. Daichi zupfte auch oft wahllos auf seiner Gitarre daheim herum und steuerte gelegentlich was dazu.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco
    • Haru hatte Recht. Für einen sichtbaren Erfolg musste man hart arbeiten. Das wusste auch Kaito, der früher sehr intensiv Eishockey gespielt hatte. Zwar war die Konkurrenz in Japan nicht so stark wie in Kanada, dennoch wurde auch hier - wie in jedem anderem Sport - nichts auf dem Silbertablett serviert. Genauso lief es auch mit ihrer Musik, für die Kaito, Daichi und Seiji sehr oft und intensiv übten. Kaito war insgeheim beeindruckt, dass Akiko und Haru so selbstständig den Camper aufmotzten. "Den Camper kenne ich ja nur als Rostlaube, wie ihr ihn einst in die Garage von Harus Eltern geschoben habt, da die Karre nicht mal mehr fahren konnte. Auf das Ergebnis bin ich gespannt.", grinste Kaito und wusste, dass seine Schwester keine Detail der Ausgestaltung des Campers dem Zufall überlassen würde. Dazu war sie dann doch - auch wenn sie es nie zugeben würde - zu perfektionistisch. Vielleicht hatte sie deswegen auch dieses Projekt ins Auge gefasst, wollte aus etwas scheinbar absolut unperfektem einen perfekten Traum machen. Seit ein oder zwei Jahren schon hegte Akiko den Traum mit dem Camper umherzufahren und das alles hier hinter sich zu lassen. Kaito verstand das Gefühl, da er manchmal seine zweite Heimat Kanada vermisste.

      Allzu lange konnte er jedoch nicht in Erinnerungen schwelgen, ehe ihn Akiko mit ihrer Reaktion aus den Gedanken riss. Ihr gefiel der Entwurf, was Kaito zufrieden lächeln ließ. "Freut mich. Der Entwurf sollte von der Größe her gut auf deinen Unterarm passen." Haru sprach Akiko gut zu und sie schien etwas zuversichtlicher zu wirken. Seiji kam wieder in den Raum und hing sich seinen Bass um und auch Daichi rückte sich auf seinem Stuhl zurück. Das Zeichen für Kaito, dass es nun mit dem proben weiterging. Kaito drehte den beiden den Rücken zu und ging auch wieder zu seiner Gitarre, nahm diese in die Hand und probte mit den Jungs weiter. Mittlerweile - darauf war die Band stolz - hatten sie ihre eigenen Songs und sangen keine gecoverten Lieder mehr, die sich meist Kaito bei seinen Wanderungen am WE oder in langweiligen Vorlesungen wie z.B. Entstehung der Pigmentmalerei in der nördlichen Levante ausdachte.

      Durch das Proben vergaßen die Jungs die Zeit und langsam wurde es dunkel draußen. Akiko wandte sich zu Haru und sprach ihm ins Ohr, um lauter als die Musik zu sein. "Was hältst du davon, wenn wir Pizza für uns alle bestellen?" Die Jungs würden wohl kaum nein zu Pizza sagen, da sie alle immer viel aßen. Akikos Mutter war oft bestrebt ihnen etwas zu "kochen". Doch ihre Mutter war nicht gerade die beste Köchin (wie auch wenn sie nebenbei mit einem ihrer Manager telefonierte und Quartalszahlen auswerte.) Akiko wollte es daher vermeiden in den "Genuss" dieser Kochkunst zu kommen. "So würden wir übrigens das Essen meiner Mutter umgehen, wenn man es so nennen kann." Akiko lachte und hatte mit Haru schon einige Dinge probieren dürfen und ja sie übertrieb wohl. Das Essen ihrer Mutter war in Ordnung, aber Pizza war doch viel leckerer. Außerdem kämen sich so Haru und Kaito näher. Versuchte sie die beiden näher zu bringen? Vielleicht. Akiko spürte wie Seiji ihr von seinem Bass zusah und sie kam sich etwas beobachtet vor, unterließ es jedoch die Blicke zu erwidern oder darauf zu reagieren.
    • Die Zeit verging wie im Flug und ehe sie sich versahen, war es bereits Abend. Haru hatte eigentlich gar nicht vor, solange zu bleiben, aber er konnte sich auch nicht losreißen. Außerdem hatte er auch nichts besseres vor, also gab es nichts, weswegen er auf die Uhr hätte schauen müssen. Es war schön, einfach nur der Musik zu lauschen und man sah den Dreien an, dass sie dabei Spaß hatten. Dennoch war es auch anstrengend. Nicht umsonst gerieten die Sänger und Bands auf der Bühne ins Schwitzen. Vor allem Daichi wurde warm, da er als Schlagzeuger auch ziemlich wild mit den Armen herumfuchtelte. Einfache Beats waren ihm auch viel zu langweilig. Die anderen beiden waren deshalb nicht weniger angestrengt. Da er heute nicht zu spät war, konnten sie auch früher anfangen als sonst. Der Blonde zog allerdings irgendwann sein Shirt aus, um es nicht übermäßig voll zu schwitzen. Das war durchaus ein Anblick, der Haru gefiel, aber niemand könnte Kaito das Wasser reichen. Um Aussehen ging es aber auch nicht, denn er mochte auch seine Art. Gut, die von Daichi war auch ok, aber er konnte sich das ja nun nicht wirklich aussuchen. Daichi wäre weniger kompliziert gewesen. Und das Seiji - abgesehen davon, dass er ganz eindeutig Hetero war - nicht sehr an längerfristigem interessiert war, konnte sich auch Haru denken. Deshalb würde er auch aufpassen, dass er ihr nicht zu nahe kam. Ihr wurde schon mal das Herz gebrochen.

      Als Akiko sich Haru's Ohr näherte, konzentrierte er sich darauf, ihr zuzuhören. Sie schlug Pizza zum Abendessen vor, wozu Haru nicht Nein sagen würde. Sie schob das Essen ihrer Mutter als Grund vor, woraufhin Haru eine Augenbraue und einen Mundwinkel hochzog. Er bezweifelte, dass das der einzige Grund war, aber hey: Pizza! Natürlich hatte er auch nichts dagegen Zeit mit Kaito zu verbringen.
      "Gern."
      Also unterbreiteten die beiden Jüngeren ihren Vorschlag, als die Bandprobe für heute ihr Ende fand. Es sagte wirklich keiner Nein.
      "Ich nutz mal kurz euer Bad."
      Nachdem die Bestellung abgeschickt war, kehrte Daichi den anderen den Rücken, um sich im Bad wieder etwas frisch zu machen. Dabei konnte Haru einen Blick auf das Tattoo erhaschen, von dem er noch gar nichts wusste. Seiji und Kaito trugen sie ja ganz offensichtlich, aber Daichi konnte es mit einem Shirt bedecken oder saß mit dem Rücken zur Wand. Wobei er ja nun auch nicht so oft hier herumlungerte, dass es ihm hätte auffallen können. Er hatte es sich kurz nach dem Abbruch seines Studiums stechen lassen. Das Motiv - ein Phönix - hatte natürlich Kaito für ihn entworfen. Für ihn war es mehr als nur Körperschmuck, denn es hatte eine besondere Bedeutung. Daichi sah sich selbst als Phönix, der aus der Asche seiner beschissenen Vergangenheit auferstanden war. Nicht so hoch, dass er ein unbeschwertes Leben führen könnte, aber er war zufrieden. Gut verdienender Bürohengst hätte auch nicht zu ihm gepasst. Er hatte das Studium nur begonnen, weil seine Pflegeeltern das so wollten. Da er in seine eigene Wohnung zog, gab es auch niemanden mehr, der sich über den Abbruch aufregen konnte.
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    • Die Bestellung der Pizza erledigte Akiko übers Telefon bei ihrem Pizzalieferanten des Vertrauens. Für Akiko gab es wie immer eine Hawaii-Pizza (sie mochte dies, auch wenn die meisten Menschen dies als Beleidigung empfanden). Kaito hatte sich eine Thunfisch-Pizza bestellt, die er meistens nahm, wenn sie Pizza bestellten. Die anderen hatten ebenfalls ihre Bestellungen abgegeben und nun saßen sie alle in der Garage bis auf Daichi, der sich ins Bad verabschiedete. Seiji und Kaio verstauten ihre Instrumente. "Wo und wann habt ihr euren nächsten Auftritt?", fragte Akiko und überlegte, ob sie mit Haru zu einem der Konzerte gehen könnte. Zu gerne würde sie Kaito in Action sehen wollen. Sie kannte ihn ja nur aus der Rolle als Bruder, aber bei seinen Konzerten war sie - bis auf ein paar in der Schule - nie gewesen.
      "Der nächste Auftritt ist morgen in einem Club", entgegnete Kaito und stellte seine Gitarre in eine Halterung an der Seite der Garage. Er drehte sich anschließend zu Haru und Akiko. "Wieso fragst du? Wirst du jetzt zum Groupie?" Auf die Frage hin setzte Akiko ein gelangweiltes Gesicht auf. "So schlimm wird es nicht, Brüderchen. Ich bin bloß neugierig und vielleicht sollte ich mir mit Haru mal ein richtiges Konzert von euch ansehen." Kaito lachte: "Reicht euch nicht die Privataudienz? Das ist quasi euer eigenes Meet and Greet!" Seine Schwester schüttelte hastig den Kopf: "ich wusste es! Siehst du! Da kommen schon die Höhenflüge." Kaito winkte ab. "Die beginnen erst, wenn wir Fanpost kriegen. Wobei", überlegte Kaito und sah zu Seiji, "einige von uns kriegen schon fleißig Aufmerksamkeit. Nicht wahr, Seiji?"

      Kaitos Verhältnis zu Seiji war bei weitem nicht so gut wie das zu Daichi. Er mochte Seiji draufgängerische Art zwar aber nicht seinen Womanzier. Der Schwarzhaarige wechselte die Frauen wie seine Unterwäsche und es gab eigentlich keinen Gig, bei dem Seiji nicht mit irgendeinem Mädchen durchbrannte und die Nacht verbrachte. Das war nicht das Nervgiste. Vielmehr war es sein Gerede über den Sex in den nächsten tagen, was Daichi und Kaito immer wieder genervt die Augen rollen ließ. Aber Kaito war mit Seiji fein, solange dieser die Hände von seiner Schwester ließ. Sie hatte es schon schwer genug nach ihrer letzten Trennung. Den Typen, der dafür verantwortlich ist, hatte Kaito auch noch erwischt und hatte diesem die Nase gebrochen. Deswegen liegt auf seinem Schreibtisch auch eine Anzeige der örtlichen Polizeidienststelle. Wie ein echter Rocker, dachte er sich und grinste schwach, ehe er Harus musternde Blicke auf sich spürte. Er schüttelte den Kopf und ging zu ihm und Akiko. "Ich fühle mich beobachtet. Was los, Haru? Hast du es dir etwa doch anders überlegt und lässt dir auch ein Tattoo stechen?", grinste Kaito.
    • Akiko fragte nach dem nächsten Auftritt und der sollte schon morgen sein. Dann war das hier wohl die Generalprobe. Dafür waren die Jungs aber ziemlich gelassen. Während Kaito und Akiko sich neckten, sah Seiji in sein Handy und schmunzelte nur bei einigen Kommentaren der beiden. Haru war wie immer stiller Zuhörer.
      "Kann nichts dafür, dass ich so gut aussehe", meinte Seiji und zuckte mit den Schultern. Irgendwie schaffte es dieser Typ, dass er dabei gar nicht so überheblich klang.
      "Segen und Fluch zugleich", meinte Daichi etwas sarkastisch, da es für Seiji hauptsächlich ein Segen war. Nur für Daichi war das ein Fluch, denn auf seine Fanpost könnte er verzichten. Davon abgesehen, dass er sich nicht vorstellen konnte, etwas mit einem Fan anzufangen, war er generell nicht für solche oberflächlichen Beziehungen zu haben.
      Dann sprach Kaito den Jüngeren an, weshalb er ihn blinzelnd ansah.
      "Weiß nicht. Irgendwann vielleicht." Hatte er ihn wirklich beobachtet? Das war nicht seine Absicht gewesen. Er grübelte nur darüber, wie er Kaito ansprechen sollte. Ob es ihm wohl besser gefallen würde, wenn er ein Tattoo hätte? Wenn Akiko ihr Tattoo hätte, wäre er der einzige in der Runde, der keins hatte. Vielleicht sah Kaito ihn als Langweiler? Aber er würde sich nichts stechen lassen, nur um ihm zu gefallen.

      An dem klappbaren Gartentisch ließ es sich in der Garage wunderbar Pizza essen und zu fünft hatte man auch noch ausreichend Platz. Haru aß gern Pizza mit Schinken und Champignons. Für Daichi gabs Spinat und Feta, während Seiji gern ungewöhnliche Sorten wie Gyros oder in diesem Fall Hot Dog Pizza aß.
      "Hast du denn schon alles da?", fragte Seiji und sah zu Akiko. "Dann könnt ich dir nächstes Wochenende beim Einbauen helfen."

      Daichi warf nur einen kurzen Blick zu Kaito und dann zu Haru, ehe er sich weiter seiner Pizza widmete. Manchmal funktionierte ihre Kommunikation auch ohne Worte. Sicher dachte sich Kaito wegen Seiji's Hilfe genau das gleiche, wie er.
      "Ich kann auch helfen. Nächstes Wochenende hab ich frei." Vier Hände waren vielleicht besser als zwei.
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    • Baldschon saßen alle am Gartentisch und aßen Pizza. Es lag ein eigenartiger Geruch in der Luft, was wohl daran lag, dass jeder von den jungen Leuten einen anderen Belag auf der italienischen Lieblingsspeise hatte. Doch da sie alle so ins Essen vertieft waren, spürten sie den Geruch gar nicht. Stattdessen fragte Seiji - scheinbar nicht ohne Eigennutz - ob Akiko Hilfe bei ihrem Camper-Projekt bräuchte. Sie sah kurz zu Haru und dann zu Seiji. "Ja klar. Wieso nicht? Ein paar starke Hände könnten wir immer gebrauchen. Vor allem, wenn diese sich auch dreckig machen wollen." Sie nahm ein großes Stück ihrer Pizza und biss ab.
      Kaito rollte die Augen über Seijis Frage und spürte Daichis nachfragenden Blick. Kaito schüttelte den Kopf. Er hatte keine Lust sich darüber aufzuregen, würde aber den Schwarzhaarigen im Auge behalten. Vermutlich müsste er nächstes Wochenende persönlich vorbeisehen und im Zweifel Seiji einen Schlag verpassen, wenn er seine Hände woanders anlegte als an den Camper. Er sah zu seiner Schwester und wusste nicht, ob sie Seiji so gut einschätzen konnte und seine "Hilfsbereitschaft" einfach ausnutzte oder doch so naiv war. Aus den Erfahrungen ihrer letzten Beziehung heraus würde Kaito urteilen, war sie naiv und stand doch gleichzeitig auf diese Art Badboy. Als Daichi auch seine Hilfe anbot, nickte Kaito zufrieden. "Dann werde ich mich bestimmt auch blicken lassen.", säuselte Kaito als ob es eine große Tat von ihm sei.
      Akiko schielte ihn an. "Gaube dich sollte man nicht zu nah an den Motor lassen, Brüderchen. Aber Haru wollte sich langsam an die Inneneinrichtung des Campers machen. Vielleicht kannst du ihm mit dem dem Holz helfen? Wolltest du nicht lackieren oder sowas Haru?", fragte sie nicht ganz ohne Hintergedanken ihren besten Freund und zwinkerte diesem zu ohne dass es die anderen merkten. Die beiden verstanden sich so gut, dass er diesen Wink mit dem Zaunpfahl sicherlich verstanden hatte.
      Kaito schaute auf Haru. "Ach wirklich? Das wäre cool. Ich wollte schon immer mal lackieren oder was mit Holz machen. Auch wenn ich zwei linke Hände habe". Er hob dabei die Hände und zeigte sie beide so als ob es jeweils linke Hände wären.
    • Daichi konnte nicht anders, als über den kleinen Seitenhieb von Schwester zu Bruder zu lachen. Die beiden hatten schon eine besondere Beziehung zueinander, die er manches Mal sogar ein wenig beneidete. Andererseits war er froh, dass er keine Geschwister hatte, denn die hätten nur denselben Mist durchmachen müssen wie er. Dann sah es wohl ganz so aus, dass sie alle drei nächstes Wochenende beim Schrauben halfen.
      Das Akiko dabei Hintergedanken hatte, war Haru auch ohne ihr Augenzwinkern klar. Dann sprach Kaito ihn direkt an, weshalb er zu diesem sah und leise lachte. "Hauptsache du hast hinterher immer noch zwei davon."

      Am nächsten Tag ging der Braunhaarige also zum ersten Mal in einen Club. Und das nur, um Kaito's Band zu sehen. Er fühlte sich wirklich ein wenig wie ein Groupie und wusste nicht, was er überhaupt anziehen sollte. Ein ähnliches Problem hatte auch Daichi, aber eher, weil er nicht viel Auswahl hatte. Vielleicht sollte er mal shoppen gehen, aber alleine wäre das auch richtig öde. Ob Kaito mit ihm käme? Nach dem Auftritt könnte er ihn ja mal fragen. Er entschied sich für etwas lockeres und traf sich mit den Jungs am Club.
      Sie kümmerten sich gemeinsam um ihre Social Media Accounts, weshalb er schon so einiges über ihren heutigen Auftritt lesen konnte. Die Mädchen schwärmten natürlich für jeden von ihnen, aber Daichi hatte kein Interesse daran. Kaito schien auch nie wirklich darauf einzugehen. Nur Seiji liebte diese Aufmerksamkeit mehr als das Spielen an sich.

      Was Haru's Gefühle für Kaito anging.. Lieber würde er erst herausfinden, ob er überhaupt eine Chance hätte. Nicht, ob er an sich interessant wäre. Sondern ob Kaito überhaupt auf Jungs stand. Wenn nicht, würde ihm das zwar Liebeskummer bescheren - den er sowieso bei einer Abfuhr hätte - aber zumindest würde er sich eine Blamage ersparen.
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    • "Hey?! Hey? HARU?" Verwundert sah der Braunhaarige seine Freundin an. Sie schüttelte lachend den Kopf und hielt ihm die Oberteile hoch. "Welches davon soll ich anziehen?" In der rechten Hand hielt sie ein weißes Croptop, welches gut zu ihrer hellblauen Jeans und den schwarzen Stiefeln passen würde. In der linken Hand wiederum hielt sie ein schwarzes längeres Top, das am Ausschnitt etwas verspielte Spitze hatte. Akiko wusste, wie sie mit ihren weiblichen Reizen spielen konnte. Sie würde es nie zugeben, doch vielleicht tat sie das mit einem Hintergedanken: ihre letzte Beziehung endete chaotisch, doch so langsam war es wieder Zeit sich an Jungs heranzuwagen. Insbesondere, wenn Haru bald Kaito datete, musste sie doch auch wen haben alleine schon um sich mit ihrem besten Freund austauschen zu können. Nachdem Haru zögerlich auf ein Top gezeigt hatte, nickte Akiko, zog ihr aktuelles T-Shirt aus und warf das enge Top über. "Alles klar. Dann sind wir denke ich soweit. Du siehst echt gut aus.", lächelte Akiko anerkennend und drehte Haru den Rücken zu, ging an ihren Schreibtisch und suchte etwas. Kurz darauf klimperte es. Sie zog 2 Bierflaschen hervor, die leicht angelaufen waren. "Frisch gekühlt. Hat mir mein Dad abgezwackt. Meine Mutter würde durchdrehen, wenn sie sieht, dass Kaito oder ich trinken.", schüttelte Akiko den Kopf und öffnete beide Bierflaschen nach und nach an der Kante ihres Schreibtischs. Anschließend reichte sie Haru ein eiskaltes Bier und stieß an. "Zum Wohl, Haru. Auf einen coolen Abend." Sie nahm einen Schluck und setzte sich dann neben Haru auf ihr Bett.
      "Du warst noch nie feiern, oder?", fragte sie neugierig und sah auf das kalte Bier in ihrer Hand. "Ich hoffe dann, dass der kleine Starter hier für dich in Ordnung ist?" Akiko kratzte sich nun am Kopf und wusste gar nicht, ob Haru Alkohol trank oder vertrug. Doch von einem Bier wurde man ja nicht betrunken. Sie sollte jedoch ein Auge auf Haru haben, dass er sich für diesen Abend nicht übernahm.

      Kaito streckte sich und sah zu Daichi und Seiji, die auf ihre Handys starrten. Der Blonde schüttelte den Kopf über Seiji, der fleißig tippte. "Na machst dir schon ein Date mit einem Groupie aus?" Der Schwarzhaarige winkte ab und Kaito warf Daichi einen genervten Blick zu. Kaito richtete sich auf und schnappte sich die Schnapsflasche, die vor drei Schnapsgläsern stand. Er schenkte in alle drei etwas ein und hielt den Jungs je ein Glas hin. "Wir sollten heute unser Bestes geben! Ich habe vom Chef gehört, dass aktuell ein Scout einer großen Plattenfirma in der Stadt ist. Vielleicht wäre das heute unsere Chance." Kaito starrte die beiden Jungs hoffnungsvoll an, da er sich sehr gut vorstellen konnte mit der Musik durchzustarten. Sein Studium war nur ein Sicherungsnetz, das er bräuchte wenn es mit der Musik für nicht mehr als nur ein paar Clubauftritte reichte. "Außerdem macht meine Leber so viele Clubauftritte nicht mehr mit", gluckste Kaito und sah auf die drei vollen Schnapsgläser. "Cheers wie man in Kanada sagt!"
    • War er schon wieder in Gedanken versunken? Allerdings war ihm die Kleiderwahl auch bei Akiko viel zu kompliziert. Beides sah gut aus - beides gefiel ihr, sonst würde sie es nicht besitzen - aber gab es da eine falsche Wahl? Er betrachtete beide Tops, entschied sich dann für das weiße. Scheinbar einverstanden mit seiner Wahl, wechselte sie ihr Oberteil und holte dann zwei Flaschen Bier hervor. Ihre Mutter war ganz schön streng. Seine Eltern hätten nichts dagegen, aber Haru war alles andere als ein Partylöwe. Karaoke zu zweit war da bisher das Maximum gewesen. Aber als Erwachsener sollte man wohl mal ein paar neue Dinge ausprobieren. Vor allem, wenn man sich eine Beziehung mit einem Bandmitglied wünscht, der sicher keine Couchpotato daten würde. Nicht, dass Haru eine war, aber das wäre sein erstes Mal. In vielerlei Hinsicht. Jetzt schon das erste Bier und danach der erste Club. Wahrscheinlich würden das heute die einzigen ersten Male sein, da er wohl kaum heute seinen ersten Kuss von Kaito bekommen würde. Er hoffte jedoch, dass ihm sein Outfit gefiel. Ein weißes Shirt und ein grau-schwarz kariertes Hemd, welches er offen trug. Dazu eine lässige Jeans.
      "Irgendwann ist immer das erste Mal", antwortete der Braunhaarige mit einem Lächeln und stieß mit ihr an, um dann einen Schluck zu trinken.

      Daichi sah von seinem Handy auf - erst zu Kaito, dann zu Seiji. Der antwortete nicht einmal, so beschäftigt schien er zu sein. Der Blonde hatte sein Smartphone inzwischen schon eingesteckt und grinste breit mit einem Daumen nach oben, als Kaito den Scout erwähnte. Ihm wäre es auch ganz recht, seine Kohle mit Musik zu verdienen. Mehr als das. Ein kleiner Traum sogar.
      "Die verträgt das schon", lachte Seiji, während Daichi nur wegen Kaito's Anmerkung lachte. Seiji musste es ja wissen. Er war viel öfter unterwegs als die beiden.
      "Cheers." Alle hoben ihre Gläser und leerten sie anschließend. Daichi war oft ein wenig zwiegespalten, was den Genuss von Alkohol anging. Das lag natürlich an seinem Vater, aber solange die Jungs es nicht übertrieben, war das schon in Ordnung. Außerdem wurde er dadurch auch lockerer. Nicht, dass ihm das Spielen auf der Bühne etwas ausmachte. Es waren viel mehr die Unterhaltungen danach. Nicht jeder kam mit seiner Art klar, dass ihm ein dummer Spruch über die Lippen kam. Mit Alkohol schien er das irgendwie witziger rüber zu bringen.
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    • Akiko lachte amüsiert über Harus Kommentar. "Scheint heute einige erste Male zu geben." Sie nahm einen Schluck aus der Bierflasche und musterte Haru nochmals kurz. Sie mochte den lässigen Stil, den er sich ausgesucht hatte: ein weißes Shirt und ein kariertes Hemd dazu eine Jeans. Überprüfend sah sie sich an und nahm den letzten Schluck aus ihrer Flasche. "Ich denke wir sind soweit. Wir sollten schon mal los. Kaito meinte, wenn wir einen guten Platz bekommen wollen, sollen wir früh los." Mit diesen Worten richtete sich Akiko auf, schmiss sich ihre schwarze Lederjacke über und warf Haru einen abwartenden Blick über. "Du musst das Bier nicht hastig trinken. Nimm es mit. Ich habe uns einen Uber bestellt. Auf den Bus habe ich heute echt keine Lust.", jammerte sie und erinnerte sich wie sie vor einigen Monaten mit ein paar Freundinnen mit dem Bus in die Stadt gefahren war. Es war ein Chaos drinnen gewesen, da sie nicht die einzigen feierwütigen Teenager gewesen waren. Das wollte sie Haru und sich nicht antun. Eine entspannte Fahrt mit einem Uber wäre da wie gelegen. Und als ob sie es ahnte, hupte es bereits vor der Tür. Akiko schnappte sich Harus Jacke und warf sie diesem zu. "Na los", spurtete sie ihn an und er zog schnell seine Jacke über während beide das Haus von Akikos Eltern verließen. Im Auto machten es sich die beiden auf der Rückbank gemütlich. Und so fuhr der Fahrer die beiden in Richtung des vorher in der App festgelegten Ziels: der Nachtclub Sakura. "Was für ein langweiliger Name für einen Club", säuselte Akiko und sah sich auf Instagram die Bilder vom Club an. "Ich weiß, wieso ich da noch nie war. Aber wenn es für die Jungs gutes Geld ist, soll's uns nicht stören." Sie zuckte mit den Schultern und machte das Handy aus, während das Taxi in die Innenstadt einbog und sich schnell dem besagten Nachtclub näherte. "Wie viel Zeit wir im Gegensatz zum Bus sparen. Wahnsinn! Dann können wir echt einen guten Platz bekommen.", grinste das Mädchen zufrieden zu Haru.

      Die Jungs hatten den von Kaito eingeschenkten Schnaps herunter geschluckt. Kaito, der sich noch nicht umgezogen hatte und noch in einer lässigen Jeans und Hoodies vor den Jungs stand, ging in die Ecke ihres Probenraums und zog sich den Hoodie und das Shirt darunter aus. Er spürte kurzzeitig die musternden Blicke der Jungs auf sich, die dann jedoch wieder ihren Tätigkeiten nachgingen. Kaito war vor dem Auftritt noch beim Eishockeyspielen gewesen und wollte nicht nach dem Training sofort in sein Outfit für den Auftritt schlüpfen. Er kramte aus seinem Rucksack nun seine Kleidung: eine dunkelblaue zerrissene Jeans, ein weißes Tanktop und ein schwarzes Alltagshemd mit kurzen Ärmeln, die sich geschmeidig um seine Oberarme legten. Zufrieden zog er sein Outfit mit einem musternden Blick im Spiegel zurecht. Anschließend drehte er sich wieder zu den Jungs. "Nun sollte ich mit euch mithalten können", grinste er und fuhr sich noch durch die blonden Haare, um diese nach dem Umziehen wieder zurecht zu legen. Danach schnappte er sich seine Gitarre und prüfte, ob die Saiten noch richtig gestimmt waren.