Gerade waren die Semesterferien angebrochen, was bedeutete, dass Sam ab heute wieder viel Zeit zum Lesen hatte. Wohl ihr liebstes Hobby von allen. Sie hatte sich mit ihrem Kommilitonen und auch guten Freund Takeo verabredet, auf der Suche nach neuen Märchenbüchern. Per Zufall hatte die Studentin ein Antiquariat gefunden, das sehr vielversprechend aussah. Schon im Schaufenster sah man viele alte Bücher und auch andere Dinge, die man hier erwerben konnte. Es kribbelte schon ihn ihren Fingern, die Regale zu durchstöbern und das alte Leder der Bucheinbänder zu berühren. Gerade alte Schriften, die schon einige mehr Jahre auf dem Buckel hatten als sie, waren faszinierend. Es ist ein schönes Gefühl zu wissen, dass Gedanken und Geschichte in Buchform doch so lange weiter in der Welt bestehen kann und nicht vergessen wird.
Mit ihren Kopfhörern auf dem Kopf stand sie an der Straßenecke zudem kleinen Laden und wartete auf Takeo. Eigentlich war es Sam immer, die zu spät kam, doch heute trieb sie ihr Tatendrang schon früh aus dem Bett. Und um ehrlich zu sein, war der Dunkelblonde auch nicht spät dran, sondern sie viel zu früh. Noch gute 15 Minuten hatte Takeo Zeit, bis zu der verabredeten Uhrzeit.
Auf den Füßen auf und ab wippen, passend zum Rhythmus der Musik, die sie gerade hörte, beobachtete die Schwarzhaarige die Menschen, die an ihr vorbeizogen. Viele starrten dabei auf ihr Handy und sahen mit stoischem Blick gerade aus. Sie hatten keinen Blick für die hübschen Blumen, die hier die Läden schmückten, oder für die Schilder, die aufgestellt wurden, mit verlockenden Angeboten, um Kunden zu gewinnen. "Ich hätte doch noch ein belegtes Brötchen oder so kaufen sollen." dachte sie Sam, deren Magen wieder leise brummte. Vor lauter Aufregung hatte sie nicht gefrühstückt, doch das rächte sich gerade und so hing ihr der Magen in den Knien. Der leckere Duft der frischen Brötchen vom Bäcker vis-à-vis machte es nicht besser. Ob sie schnell sich dort etwas zu Essen kaufen sollte? Nein! Jetzt war sie einmal so früh dran, da konnte das Essen auch warten.

Semesterferien. Endlich! Takeo mochte zwar seinen Studiengang sehr, aber in den Semesterferien konnte er sich den Büchern widmen, welche ihn am meisten interessierten - Märchenbücher. Außerdem konnte er wieder an seinen eigenen kleinen Stories schreiben und entspannen. Heute hatte er eine Verabredung mit einer Kommilitonin. Sam war ihm sehr ans Herz gewachsen, da beide schnell ihr gemeinsames Interesse an Märchen ausgemacht haben. Alles nur wegen einer Gruppenarbeit, wer hätte das gedacht.
Takeo fuhr mit dem Fahrrad zum vereinbarten Treffpunkt. Er mochte die vollen Busse und Bahnen überhaupt nicht. Es waren ihm zu viele Menschen. Er hatte sich vorsichtshalber eine kleine Tasche mit eigenen Schreibutensilien, einem Notizbuch, einer Bentobox und sogar feinen Seidenhandschuhen und einer Lupe gepackt. Geld hatte er natürlich auch dabei. Takeo wollte auf alles vorbereitet sein und die Antiquitäten aber nicht beschädigen.
Zehn Minuten vor der vereinbarten Zeit kam Takeo am Treffpunkt an. Er bremste vorsichtig und stieg vom Rad ab, um Sam vernünftig zu begrüßen. Lächelnd sah er zu ihr, die Neugier brannte in seinen Augen.
"Hey Sam! Heute hab ich dich wohl warten lassen, was?", fragte er vorsichtig nach und legte verlegen die Hand auf seinen Hinterkopf. Er lächelte dann jedoch wieder leicht und sah sich ein wenig um. Die Umgebung hier kannte er gar nicht. Er ist einfach der Beschreibung gefolgt, die er von Sam bekommen hatte.

Wild winkend begrüßte Sam ihren Freund, als auch dieser mit seinem Fahrrad am Treffpunkt angekommen war. Die Bremsen quietschten leise, als der Dunkelblonde vor ihr zum Stehen kam und sie konnte nicht anders als ihn breit angrinsen. "Ach was. Ich bin auch erst gerade angekommen." winkte sie ab, dass Takeo sie hätte warten lassen. Schließlich war zehn Minuten früher da, da konnte man schwer vom Warten sprechen. "Bevor wir aber in das Antiquariat gehen, muss ich mir noch etwas vom Bäcker dort drüben kaufen." sprach der Hunger aus ihr heraus und deutete auf die Bäckerei auf der anderen Straßenseite. "Willst du auch etwas? Einen Kaffee oder so?" fragte sie ihn und lief schon mal zu der Ampel und aktivierte den Sensor, damit sie auch bald Grün hatte. Aus ihrem Rucksack kramte Sam auch schon ihren Geldbeutel hervor, der heute etwas voller war als sonst. Da es sich in dem Laden vor allem um alte Bücher handelte, hatte auch sie weiße Baumwollhandschuhe mitgebracht und sogar einfach Masken, je nachdem wie staubig ein Buch sein konnte. Takeo und sie machten das heute nicht zum ersten Mal. Seit sie sich im Studium kennengelernt haben und ihre gemeinsame Leidenschaft entdeckt hatten, brachen sie immer wieder zusammen auf und suchen Büchereien und Buchhandlungen auf. Aber da sie beide solche Bücherwürmer sind, hatte man bald alle Bänder und Schriften durchgelesen und dann mussten sie eine Bibliothek oder dergleichen aufsuchen.