I hate you, but I love you (Wynnie & Kiba)

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    • "Oh du wirst es kaum glauben, aber wenn ich richtig wütend werde, werde ich zu einer Hydra.", ich lachte laut. Ich kam aus dieser Märchensache einfach nicht raus. Aber das machte mir nichts. Irgendwie war ich gern der Märchenprinz. Immerhin war sie meine kleine Prinzessin. Und ich liebte sie wirklich abgöttisch.
      Auf den Weg zu Elias' Zuhause hatte ich das Gefühl, ich hatte ein reines Energiebündel hinter mir sitzen. Ein Sack Flöhe war nichts dagegen. Sie jubelte so viel, dass mich damit sogar echt noch ansteckte. Wie konnte Elias dabei so griesgrämig bleiben?
      Die Fahrt war recht schnell zuende und bevor ich den Motor überhaupt richtig ausgeschaltet hatte, war Lumi schon abgesprungen. Grinsend nahm ich meinen Helm ab und sah ich sie an.
      "Freut mich, dass es dir so gefallen hat.", sagte ich und nahm ihren Helm in meine Hände.
      "Hm? An sich hätte ich ja nichts dagegen, aber ich glaub nicht, dass dein Bruder damit einverstanden wäre. Er müsste mich ja dann auch noch außerhalb der Arbeit sehen. Ich glaub, er würde wahnsinnig werden.", beantwortete ich ihre Frage lachend. Auch wenn die Vorstellung echt schön war.
      Wir gingen ins Innere des Hauses und zogen uns natürlich brav unsere Schuhe aus. Ich wollte hier nämlich nicht als Putzfrau enden.
      "Sprichst du etwa aus Erfahrung?", grinste und sah mich um. Es sah alles ganz anders au, wenn man hier nicht als Katze rumlief. Viel Zeit zum Umsehen hatte ich nicht, denn der kleine Wirbelwind hatte es ziemlich eilig, mir ihre Gitarrenkünste zu zeigen. Noch einmal lachte ich.
      "Ich denke, du kannst mir später was zu trinken bringen. Ladys first.", war da nur meine Antwort und mit einer ausladenen Handgeste ließ ich sie vorgehen.
      "Das ist typisch Elias. Lässt seine Prinzessin hier allein und arbeitet lieber. Der Typ braucht Urlaub. Obwohl man ihn auch dazu zwingen müsste."
      Im Zimmer angekommen ließ ich erneut den Blick schweifen.
      "Wow, schön hast du es hier. Na, dann zeig mal, was du gelernthast, Mylady."
    • "Aber ihr habt am Montag doch auch etwas zusammen gemacht. Er würde damit also schon klarkommen", Lumi schlug die Hände zusammen und funkelte Jack an. "Glaub mir, wenn er dich nicht mögen würde, hätte er zu heute niemals ja gesagt." Dann hielt sie kurz inne. Wenn sie so darüber nachdachte, war Jack der einzige Erwachsene, mit dem Elias jemals etwas außerhalb der Arbeit gemacht hatte, seit...nun, seit sie denken konnte. Die Erkenntnis ließ sie kurz stutzen und wandelte sich dann augenblicklich in das felsenfeste Gefühl, Jack nur noch mehr zu mögen als vorher. Eli brauchte ein paar Freunde.
      Im Haus sah sie dabei zu, wie Jack ihrem Rat nachkam und sich ebenfalls die Schuhe auszog. Bei seiner Frage verzog sie wehleidig das Gesicht. "Jaaa.", antwortete sie langgezogen und dachte daran zurück, wie Eli sie einen Tag den kompletten Flur hatte putzen lassen, nachdem sie ihn mit ihren matschigen Sneakern hoch- und runtergerannt war. Das war definitiv eine Lernerfahrung gewesen. Danach hatte sie nie wieder ihre dreckigen Schuhe angelassen. Und außerdem hatte sie ab dem Tag angefangen, mehr im Haushalt zu helfen. Kleine Dinge, wie das Geschirr in die Küche bringen und einräumen oder den Müll rausbringen. Aber vorher hatte ihr doch das Verständnis dafür gefehlt, wieviel Arbeit so ein Haushalt eigentlich sein konnte. Und all das musste Eli ja auch noch neben seiner normalen Arbeit managen.
      Aber die Erinnerung verflog schnell und ihr Gesicht hellte sich fast sofort wieder auf. Ihr war quasi anzusehen, dass sie mit freudiger Energie vibrierte, die sie kaum bei sich behalten konnte. Trotzdem mühte sie sich ein "Bist du sicher?", ab, als Jack meinte, er könnte später etwas trinken. Ihr war jedoch deutlich anzusehen, dass sie sehr hoffte, dass er sicher war und nachdem er sie mit einer ausladenden Handgeste vorschickte, fragte sie nicht nochmal sondern rannte praktisch in ihr Zimmer. "Ich glaube, Eli weiß gar nicht, wie man Urlaub buchstabiert. Manchmal isst er den ganzen Tag nicht, wenn ich ihn nicht daran erinner. Oder erst, wenn er abends nach Hause kommt.", sie plusterte ein wenig die Wangen auf. Es nervte sie, dass Eli so wenig auf sich selbst achtete. Jemanden zu haben, der ihren Bruder kannte und mit dem sie darüber reden konnte, war ungewohnt, aber willkommen.
      Im Zimmer angekommen drehte sie sich stolz zu Jack um und grinste schon wieder. Lumis Emotionen waren wie das Wetter zum Frühlingsbeginn - intensiv, schnell wechselnd und bereits aus meilenweiter Entfernung in ihrem Gesicht zu sehen. "Danke. Hab' extra aufgeräumt." Beiläufig kickte sie eine alte Socke von gestern Abend mit dem Fuß unter ihr Bett und hüpfte dann zu ihrem Gitarrenkoffer rüber. "Schade, dass du deine Gitarre nicht dabei hast." Kurz ließ sie ihre Finger über das Kunstleder des schwarzen Gitarrenkoffers gleiten, während sie Jack ein breites Grinsen zuwarf, dass ihre Augen funkeln ließ. "Musst du wohl morgen oder übermorgen nochmal vorbeikommen, wenn ich eh hier bin."
      Dann öffnete sie die Schnallen an den Seiten und schob den Deckel auf. Zum Vorschein kam eine klassische Konzertgitarre aus hellem Holz. Sie war ein wenig kleiner als es eine Gitarre für Erwachsene war und passte somit perfekt in Lumis Hände. Mit dem Instrument in den Händen ließ sie sich auf ihren Schreibtischstuhl plumpsen. "Setz dich, wohin du willst." Sie lächelte Jack an, während ihre Finger sich bereits wie von alleine in einem geübten Griff um den Hals der Gitarre schlossen und sie geistesabwesend leise an den Saiten zupfte.
      "Ich habe die ganze Woche geübt, aber es ist noch nicht perfekt.", erklärte sie dann mit einem kleinen, verlegenen Lächeln als Jack es bequem gemacht hatte. Dann begann sie, die ersten Akkorde von 'Seven Nation Army' zu spielen.

      Als Elias etwas später zuhause eintrudelte, erblickte er bereits beim Parken Jacks Maschine vor ihrem Haus. Er blinzelte und versuchte das seltsame Gefühl in seiner Brust zu ignorieren, dass dabei aufkam. War ja nicht so, als hätte er nicht gewusst, dass Jack heute hier sein würde. Im Gegenteil war ihm der Gedanke in den letzten Stunden nicht mehr aus dem Kopf gegangen und hatte es unfassbar schwer gemacht, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Denn nach ihrem kleinen Ausflug am Montag und Jacks gehauchtem Kuss hatte Elias sich mal wieder verkrümelt und die restliche Woche vermieden, mit Jack zu interagieren. Er war ein verdammter Feigling.
      Jetzt schlug ihm das Herz bei der unausweichlichen Aussicht, mit Jack reden zu müssen, fast bis zum Hals. Was auch immer das zwischen ihnen war...es war leichter zu ignorieren gewesen, als es nur eine körperliche Sache gewesen war. Damit konnte Elias umgehen. Es als einmalige Sache abstempeln und weitermachen. Aber das? Sein hämmerndes Herz und das warme Kribbeln in seinem Körper? Damit konnte er nicht umgehen. Ganz zu schweigen von seinen feuchten Handflächen. Was zum Teufel - er war doch nicht etwa nervös? Das war sein verdammtes Haus und Jack nur ein verdammter Arbeitskollege.
      Mit einem tiefen Atemzug wappnete er sich, glättete sein Gesicht zu seinem üblichen Ausdruck und stieg dann aus dem Wagen.
      Bereits als er den Schlüssel drehte und die Tür aufstieß, kam ihm das rhythmische Geräusch von Gitarrenklängen entgegen. Dann stoppte es abrupt. Jemand sagte etwas, Lumi lachte und im nächsten Moment begann die Melodie von vorne. Seven Nations Army, wie Elias erkannte.
      Er zog sich seine Schuhe aus, stellte sie ordentlich ins Schuhregal und hing seine Jacke an die Gaderobe. Kurz überlegte er, ob er die beiden einfach in Ruhe lassen sollte.
      Um sie nicht zu stören. Nicht, weil er Jack aus dem Weg gehen wollte.
      Aber das wäre unhöflich. Also seufzte er leise, fuhr sich mit der Hand durch die Haare und zog in derselben Bewegung das Haargummi aus seinem Haar, während er auf Lumis Zimmer zulief.
      Die Tür stand offen und gab den Anblick auf Lumi und Jack frei. Sie sahen aus, als hätte sie viel Spaß. Aber neben dem Spaß war da auch eine gewisse Konzentration in ihren Gesichtern und Körperhaltungen zu erkennen. Einen Moment beobachtet Elias die beiden stumm. Sie waren so vertieft in der Musik, dass sie ihn nicht sofort bemerkten.
      "Hey.", gab Elias dann von sich.
      Augenblicklich stoppte Lumi ihr Spiel und sah zu ihm auf. Die letzten Töne verklungen während sich ein weites Grinsen auf ihrem Gesicht ausbreitete. "Eli! Ich bin auf Jacks Motorrad mitgefahren und es war sooo cool. Wenn ich älter bin, will ich auch ein Motorrad! Oh oh oh! Und Jack hat mir eine neue Grifftechnik gezeigt! Jetzt ist es viel leichter die Töne zu treffen!", sprudelte es direkt aus ihr heraus.
      Ihre offensichtliche Begeisterung ließ Elias' Mundwinkel in einem kleinen, warmen Lächeln nach oben zucken, dass unter normalen Umständen nur für seine Schwester reserviert war.
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    • Ich stutzte, als Lumi mir erzählte, dass er manchmal nichts aß. Aber es stimmte. Wenn er keine Pause machte, holte er sich logischerweise auch nichts zu essen. Und im Büro essen würde er auch niemals. Dafür ist er zu penibel. Gesund war das Ganze ja nicht. Und ehrlich gesagt gefiel es mir auch nicht, dass er nichts aß. Ich hatte Sorge, dass er sich überarbeitete.
      Im Zimmer von Lumi setzte ich mich erstmal einfach in Schneidersitz auf die Erde. Ich war zwar schon älter, aber nicht so alt, dass ich nicht mal mehr auf dem Boden sitzen konnte. Ich sah ihr zu, wie sie ihre Gitarre rausholte und lachte leise.
      "Meinst du ja? Na malsehen, ob ich morgen oder so nochmal herkomme. Aber beim nächsten Mal kann ich sicher meine Gitarre mitbringen.", sie fing an zu spielen und stolz lächelnd hörte ich zu. Sie gab sich wirklich viel Mühe, da konnte man erkennen. Als sie fertig war, klatschte ich hocherkennend.
      "Wow, das hörte sich schon ganz gut an.", und dann erklärte ich, wie sie es noch einfacher machen könnte. Wir hatten wirklich viel Spaß und ich konnte wirklich viel erklären. Sie war eine gute Schülerin. Hörte zu und konnte sofort umsetzen, was ich ihr sagte. Sehr eifrig.
      Wir waren sogar so sehr beschäftigt, dass weder ich noch Lumi mitbekam, dass Elias nach Hause kam. Er sta d plötzlich in der Tür und... ich schluckte. Seine Haare waren offen. Bis jetzt hatte ich nur einmal gesehen, wo er kein Zopfgummi trug. Und das war brim Sex. Und er sah auch unglaublich heiß aus, wenn sie offen waren. Und dann dieses Lächeln dazu. Ich glaub, ich sterbe gleich. Heilige Scheiße. Ich wusste zwar, dass es nicht mir galt, aber trotzdem. Wie schön es doch wäre, wenn er auch mich mal so ansehen würde. Und urplötzlich wusste ich, worauf ich hinarbeiten konnte. Irgendwann... wollte ich, dass er auch mich so ansah. Wenigstens einmal.
      "Hey Elias. Schön, dass du da bist. Wir haben schon auf dich gewartet."
    • Das leise Lächeln auf Elias' Lippen verstummte, während er seinen Blick Jack zuwandte, der ganz unbekümmert auf dem Boden saß. Stattdessen bekam der Ausdruck in Elias bernsteinfarbenen Augen einen Hauch von etwas, dass Lumi nachdenklich innehalten ließ. Ihren Bruder zu lesen war nicht immer leicht. Zwar geizte er bei ihr nicht so mit seinen Emotionen, wie bei allen anderen, aber er war einfach von Natur aus kein Mensch, der alles auf seinem Gesicht preisgab. Lumi war sehr stolz darauf, dass sie die subtilen Ausdrücke und Veränderungen in seiner Mimik trotzdem immer deuten konnte. Oder - zumindest hatte sie das gekonnt. Denn die Emotion, die durch die Augen ihres Bruders huschte, hatte sie noch nie gesehen.
      Neugierig ließ sie ihren Blick unauffällig zu Jack gleiten. Auch in seinem Ausdruck hatte sich etwas geändert, sobald er Elias erblickt hatte. Die Zahnrädchen in Lumis Kopf begannen, sich zu drehen. Warte mal...
      "Habt ihr? Und wieso?", fragte Elias gerade und hob seine Brauen minimal.
      Bevor einer der beiden Erwachsenen etwas weiteres sagen konnte, sprang Lumi auf, legte ihre Gitarre auf den Stuhl und lief auf Jack zu, um ihn halb hoch zu zerren und an den Schultern aus ihrem Zimmer zu schieben. Ein bezauberndes Lächeln auf den Lippen sagte sie: "Ganz einfach. Wir wollten dir sagen, dass Jack zum Essen bleibt und sich freiwillig gemeldet hat, mit dir zu kochen." Sie wusste selbst nicht, was über sie gekommen war. Einem Impuls folgend fand sie aber, dass es Jack und Elias sehr wohl etwas Zeit zusammen verbringen sollten.
      "Heute ist Freitag, Lumi. Du weißt das wir da normalerweise bestellen.", protestierte Elias und zog irritiert die Brauen zusammen, während Lumi Jack noch immer nach besten Kräften und Mühen schob. "Jaja, ich weiß. Ich meinte ja auch, dass er sich freiwillig mit dir gemeldet hat, die Karte durchzugehen. Mir ist egal, was wir essen. Holt mich erst wieder, sobald das Essen da ist. Bis dahin will ich noch ein bisschen üben." Nachdem sie Jack irgendwie über die Türschwelle befördert hatte, schloss sie ihre Zimmertür, bevor jemand etwas einwenden konnte.
      Elias war einige Schritte zurückgetreten um zu vermeiden, dass Lumi Jack gegen ihn schob und stand nun ein wenig verdutzt im Flur rum. Aus dem Zimmer begannen, Gitarrentöne zu erklingen und riefen Elias blinzelnd in die Realität zurück. Fahrig fuhr er sich durch die Haare und drehte sich dann auf dem Absatz rum, um ins Wohnzimmer zu gehen. "Tja. Irgendwelche Wünsche?", fragte er im Laufen und vermied es dabei, sich zu Jack umzudrehen. Stattdessen öffnete er die Terrassentür ein wenig, ohne überhaupt darüber nachzudenken. Mittlerweile war das ein Automatismus. Außerdem half es, sich irgendwie zu beschäftigen um Jack nicht ansehen zu müssen.
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    • Bevor ich irgendwie reagieren konnte, zerrte Lumi schon an meinem Arm und schubste mich nach draußen. Diesmal kam ich mir wirklich wie ein alter Mann vor, weil ich gar nicht so schnell handeln konnte. Irgendwie war es eher so, als würde Lumi einen Rentner aus dem Raum schubsen.
      Noch immer stand ich da wie erstarrt und sah zu Elias rüber.
      "Äh wir kochen?", fragte ich noch verwirrt, ehe auch da schon Elias für Klarheit sorgte. So wie es aussah, kam ich jetzt erst mal nicht mehr in Lumis Zimmer rein. Was an sich nicht schlecht war. Ich verbrachte auch gern Zeit mit meinen Kollegen.
      Genau dieser drehte sich dann ergeben um und ging. Ich folgte ihm und sah mir ihn von hinten an. Trotz dass er kleiner war als ich, war sein Statur doch sehr kräftig und männlich. Seine Haare sahen einfach total weich aus und sein Nacken, der unter seinen Haarspitzen herraus blitzte, war zum anbeißen. Scheiße. Halt dich bloß im Zaum, Jack. Nicht hier, wenn Lumi in der Nähe war. Im Wohnzimmer angekommen, lehnte ich mich in den Türrahmen und verschränkte die Arme vor der Brust. Meine Augen folgten ihm, wie er die Terrassentür öffnete. Etwa für den Kater? Schon niedlich, wie er ihm oder eher mir jedes Mal die Tür öffnete und das kleine Pelzknäul willkommen hieß.
      "Du siehst sexy aus, wenn deine Haare offen sind, Tiger", murmelte ich und sah ihn verträumt an. Wie gern würde ich ihn mal direkt nach dem Aufstehen sehen. Die Haare noch total verwuschelt, die Augen noch halb zu vor Müdigkeit und seine Stimme so tief wie ein V8 Motor. Okay, das war ein komischer Vergleich. Vielleicht wie ein schnurrender Tiger. Ja, das war besser. Er hieß nicht umsonst bei mir so. Auch wenn er es hasste. Ich würde es immer wieder tun.
      "Ich hätte da einen Wunsch, aber den wirst du mir nicht erfüllen. Also such du selbst was aus. Vielleicht das, was du am liebsten isst.", sagte ich auf seine Frage hin. Und ich denke, den Wink hat er verstanden.

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    • Die gemurmelten Worte entgingen Elias nicht, aber er beschloss, so zu tun, als hätte er nichts gehört. Das war leichter, als mit Jack eine Diskussion über diesen bescheuerten Spitznamen einzugehen oder überhaupt einzugestehen, dass Jack ihn gerade sexy genannt hatte. Es half, dass sein Rücken gerade sowieso zu ihm gedreht war und Jack sein Gesicht nicht sehen konnte, denn das hatte einen genervten Ausdruck bei dem Wort 'Tiger' angenommen.
      Nachdem die Terrassentür nun ein Stückchen offen stand, ließ Elias seine Finger von dem Griff gleiten und drehte sich mit neutralem Gesichtsausdruck zu Jack um. Der lehnte lässig am Türrahmen, der Blick aus seinen Augen direkt auf Elias gerichtet. Die Intensität darin ließ Elias' Herz einen kleinen Satz machen. Aber er war zu stur, um sich das ansehen zu lassen und hielt Jacks Blick nur mit seinem typischen Stoizismus.
      Dann wanderten seine Brauen leicht zusammen. Ein Ausdruck von Unverständnis. Wieso sagte Jack nicht einfach, was er gerne Essen würde, statt davon auszugehen, dass Elias ihm diesen Wunsch nicht erfüllen würde? Wie ausgefallen konnte seine Vorstellung denn sein?
      "Was für einen Wunsch? Lumi isst alles und mir ist-", mitten im Satz hörte Elias auf zu sprechen. Für jemanden, der sich stolz auf die Fahne schrieb, wie schlau er war, begriff er zwischenmenschliche Interaktionen manchmal nur sehr langsam. Das hier, wie ihm gerade auffiel, war mal wieder so ein Fall gewesen. Jack hatte mit seiner Aussage nicht das Essen gemeint.
      In subtilen Flirts oder zweideutigen Anspielungen hatte Elias nicht so viel Erfahrung. Ähnlich wie mit Jacks dummen Kommentar bei ihrer ersten Begegnung zu seinem Schreibtisch hatte Elias ein wenig gebraucht, bevor die Implikation bei ihm angekommen war.
      Einen kurzen Moment sah er Jack einfach nur stumm an. Dankbar für die Distanz zwischen ihnen, die das Atmen und Denken leichter machte. Ein jeder von ihnen am anderen Ende des Raums. Genau die Entfernung, auf der Elias Jack halten wollte. Auch wenn ihm bei dem Gedanke seltsam etwas in der Brust schmerzte.
      Das letzte Mal, als zwischen ihnen keine Distanz geherrscht hatte, hatte Jack ihn geküsst. Manchmal bildete Elias sich immer noch ein, das sanfte Flattern seiner Lippen auf seinen eigenen zu spüren. Und davor waren seine Lippen an seinem Hals gewesen. Und nochmal davor hatten seine Lippen sich nicht mehr auf Elias' obere Körperregion beschränkt.
      "Italienisch?", schlug er einfach schnell das Erstbeste vor, dass ihm in den Sinn kam um Jacks Anspielung zu übergehen und seine eigenen Gedanken aus gefährlichen Gewässern zu lenken.
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    • Ich wusste, dass Elias meinen Spruch ignorieren würde. Was sollte er auch darauf sagen? Wie eine Elfe durch das Wohnzimmer hüpfen und mich als Dankeschön küssen? Ich musste mich ziemlich zusammen reißen, bei den Gedanken nicht laut los zu prusten. Meine Mundwinkel zuckten verräterisch. Ich musste ehrlich zugeben, dass ich das sogar willkommen geheißen hätte. Haha. Schon sehr witzig. Man gut, dass er mir grad den Rücken zudrehte. Trotzdem. Er wird wohl mit leben müssen, dass ich es ihm immer wieder sagen werde. Denn in meinen Augen war er es. Und das ließ sich nicht eben ändern.
      Langsam drehte er sich um und man konnte Verwirrung in seinem Gesicht erkennen. Hat er den Wink doch nicht verstanden? Ohje. Er musste dann doch einiges lernen. Inzwischen sollte er mich doch kennen. Auch wenn viele nicht mit klar kamen, sprach ich immer aus, was ich dachte.
      Doch dann stutzte er und der Apfel schien vom Baum gefallen zu sein. Er sagte nichts und rührte sich auch nicht. Aber ich glaubte, eine Spur Röte in seinem Gesicht zu erkennen. Nur war er zu stolz, irgendwas dazu zu sagen oder was zu machen. Ich krieg dich noch Elias. Glaub mir. Du kannst nicht ewig weglaufen.
      Ich war so sehr damit beschäftigt, ihn zu studieren, dass ich perplex blinzelte, als er plötzlich Italienisch vorschlug. Was zum-? Ich lächelte warm und legte den Kopf schief.
      "Ich meinte es ernst, Elias. Ich möchte wissen, was du gerne isst. Was ist dein Lieblingsessen? Italienisch hast du jetzt einfach so vorgeschlagen, weils dir grad eingefallen ist. Wenn du es mir nicht verraten willst, kann ich auch Lumi über dich ausfragen. Ich möchte wirklich wissen, was du so magst? Ich weiß nämlich nur drei Dinge: A: du liest viel, B: du arbeitest zuu viel und C: du hast einen größeren Sturkopf als ein Elefant.", antwortete ich auf seine Frage hin und zählte die drei Dinge an meinen Fingern auf.
      "Wir können ja gerne Italienisch essen. Aber erst will ich wissen, was du am liebsten isst."
    • Das Problem an einer ordentlichen Wohnung war, dass es in der seltsam spezifischen Situation, in der man einfach nur etwas tun wollte, um einem Gespräch und Augenkontakt zu entgehen, es nichts zum tun gab. Wo lagen Lumis Schullhefte, wenn man sie mal brauchte? Wahrscheinlich übereinandergestapelt auf ihrem Schreibtisch. Da, wo sie hingehörten - und wo sie Elias nichts brachten.
      Ohne eine Möglichkeit, seine Hände und vielleicht auch seine Gedanken irgendwie zu beschäftigen, stand er einfach nur weiter an der Terrassentür rum. Ein kühle Brise wehte herein und brachte den Duft von bald einsetzendem Regen mit. Langsam setzte der Herbst all seine Mittel ein, um den letzten Rest Sommer endgültig zu vertreiben. Aber die Brise, die ihn streifte, registrierte Elias nur halb. Jacks graublaue Augen lagen noch immer mit so einer selbstverständlichen Intensität auf ihm, dass das Atmen und Denken schwer war, obwohl zwischen ihnen körperliche Distanz herrschte. Es war fast so, als sei Jacks Hartnäckigkeit, die Selbstsicherheit, mit der er Elias' eisige Blicke und Kommentare an sich abprallen ließ und ihm die Stirn bot, die Antithese zu seinem kühlen Äußeren. Zu der Mauer in ihm. Alles was es brauchte, um Elias' Eis zum Schmelzen zu bringen, war Jacks warmes Lächeln. Dieses verdammte Lächeln.
      Sein Herz begann schneller zu schlagen. Tautropfen flossen die Mauer hinunter.
      Es wäre am Besten, wenn er einfach wegsehen würde. Den Raum wechseln und sich ein Glas Wasser in der Küche holen. Einfach, um Jacks Blick zu entkommen. Dem Lächeln, dass Elias eigene Augen zu seinen Lippen zucken ließ.
      Aber seine Beine gehorchten ihm nicht. Gefangen wie ein Fisch im Netz hielt alleine Jacks Blick ihn an Ort und Stelle. Und das war nicht alles, was Elias mit einem Fisch auf dem Trockenen gemeinsam hatte, denn langsam wurde Atmen doch wieder schwer.
      "Lesen bildet, ich arbeite genau das richtige Maß und mein Kopf ist definitiv nicht größer als der eines Elefanten.", erwiderte er um Gleichgültigkeit bemüht. Aber die leicht nach unten neigende Stellung seiner Brauen verriet, dass er irritiert war. Nichts, das einem Fremden aufgefallen wäre. Aber Jack war kein Fremder mehr.
      Der Gedanke war beängstigend.
      Und ihm noch mehr über sich selbst zu offenbaren, als er bereits wusste, würde Jack nur immer weiter weg von dem Status eines Fremden zu...zu was eigentlich? Einem Freund? Aber Freunde schliefen nicht miteinander oder tauschten unschuldige Küsse aus.
      Es gab nicht viel, dass Elias aus der Ruhe bringen konnte. Aber Jack in seinem Wohnzimmer, seinem Haus, dass sonst als sicherer Rückzugsort gedient hatte, gehörte definitiv dazu. Jack und seine hartnäckigen Fragen. Jack und dieses verdammte Lächeln.
      "Hör auf, so zu Lächeln.", sagte er daher und klang fast schon ein wenig gereizt. Irritation nun mehr als deutlich in der Stellung seiner Brauen.
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    • Warum zum Henker zog er seine Mauer so hoch? Was hatte er davon? Und wie es aussah, versuchte er alles mögliche, um sie nicht bröckeln zu lassen. Dabei war sie gefährlich nah am einstürzen. Dachte ich zumindest. Was würde wohl passieren, wenn ich jetzt zu ihm ging? Würde es alles verschlimmern? Würde er die Mauer noch höher ziehen? Aber den Kuss hatte er auch zugelassen. Ich wusste nicht, wie weit ich mich beherrschen konnte, wenn ich jetzt zu ihm ging.
      "Ich hab nie gesagt, dass Lesen etwas schlecht ist. Wenn du Spaß dran hast, ist es okay. Ich liebe ja auch die Musik. Und das ist das Einzige, was ich weiß, was du gerne machst.", sagte ich nochmal, um die Ernsthaftigkeit zu unterstreichen, dass ich wirklich mehr von ihm wissen wollte. Wieso verriet er es mir nicht?
      Ich sah ihn weiter an, bis er sich letztenendes über mein Lächeln beschwerte. Ich musste lachen. Wie niedlich war das denn jetzt bitte? Er störte sich über mein Lächeln?
      "Warum? Weil du dem sonst nicht widerstehen kannst?", konterte ich und nun ging ich doch zu ihm. Denn ich selbst konnte ihm nicht widerstehen. Mein Herz zog mich zu ihm wie von einem Magneten angezogen. Ich wollte seine Nähe. Wollte dass er mich anlächelte.
      Langsam hob ich meine Hand und hob mit meinem Zeigefinger sein Kinn an. Ich wollte ihm in seine wunderschönen Augen sehen. Ich konnte mir vorstellen, dass er es nicht gewohnt war, dadurch dass er ja überall seine Mauern hochzog. Aber zumindest das wollte ich zur Normalität machen.
      "Deine Augen sehen wunderschön aus, Elias.", hauchte ich. Ich nahm extra nicht seinen Spitznamen. Ich wollte, dass er wusste, wie ernst es mir mit ihm war. Mein Blick wanderte von seinen Augen zu seinen Lippen. Ich erinnerte mich an den Kuss am Montagabend. So unschuldig wie er war, so schön war er auch. Doch erinnerte ich mich auch an Montagfrüh, wo nicht ein Mauerstein bröckelte, als ich seinen Hals geküsst habe. Ich will ihn küssen. Aber ich will auch, dass er es will und nicht sofort seine Mauer wieder hochzieht. Unbewusst näherte sich mein Gesicht dem seinen und bereitete sich auf auf ein Treffen unserer Lippen vor, doch dann stoppte ich. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es keine gute Idee war. Also ließ ich ihn los und nahm einen Schritt Abstand.
      "Also du willst italienisch essen. Dann hol die Karte und wir gucken, was wir essen.", sagte ich dann und streckte mich. Ich setzte mich auf das Sofa und schloss dann einfach meine Augen, um selber kurz runterzukommen.
    • Statt wegen Elias‘ Beschwerde eingeschnappt zu sein, oder Gott bewahre, sie ernst zu nehmen, brach Jack auf einmal in Gelächter aus. Das Geräusch kam irgendwo tief aus Jacks Brust und vermischte sich für den Bruchteil einer Sekunde mit den gedämpften Gitarrenklängen aus Lumis Zimmer. Lachen, fand Elias, war nicht viel besser als Lächeln. Denn auch dieses Geräusch ließ sein Herz schneller schlagen und seine Fingerspitzen kribbeln. Und überhaupt - was war so lustig gewesen an dem, was er gesagt hatte?
      Von Jacks Reaktion nur noch mehr irritiert machte Elias fast schon einen bedröppelten Eindruck. Er blinzelte unverständlich.
      Dann war Jacks aufgeflackertes Lachen vorbei, aber lag noch immer in dem Zug um seinen Mund und funkelte in seinen Augen. Den Konter den er hervorbrachte mochte Elias nicht, denn er traf genau ins Schwarze. Verwirrt, irritiert und gereizt flackerte dieses Eingeständnis kurz durch seine Augen, bevor sich der Ausdruck darin wieder verschloss. Alles an flüchtigen Emotionen auf Elias‘ Gesicht war subtil. Aber wenn man wusste, wonach man Ausschau halten musste, konnte man ihn fast so lesen wie ein offenes Buch. Lumi konnte das. Und er befürchtete, dass Jacks aufmerksamen Blick diese kleinen Dinge langsam auch auffielen.
      Am liebsten hätte er Jacks Kommentar bestritten, aber Elias war noch nie ein guter Lügner gewesen. Also sagte er einfach nichts und drückte dadurch doch mehr aus, als er wollte.
      Und plötzlich durchquerte Jack den Raum. Überwand mit wenigen Schritten die Distanz zwischen ihnen und stand direkt vor ihm. Den Zeigefinger unter Elias‘ Kinn hob er seinen Kopf an und zwang ihn so, ihn anzusehen. Fing den verschlossen Blick aus Bernstein in den Tiefen seiner sturmgrauen Augen ein und ließ ihn nicht mehr los. Ähnliche einem Sturm fühlte Elias sich auch. Und er und Jack standen im Auge des Hurrikans, der um sie herum tobte. Alles war still. Da war nur Jack. Sein Finger unter Elias‘ Kinn. Seine eindringlichen Augen. Sein Duft. Die gehauchten Worte und Elias‘ Name auf seiner Zunge. Das Verlangen, ihn immer und immer wieder aus Jacks Mund zu hören. Der Atem, der ihm im Hals stecken blieb. Jack, wie er sich langsam vorbeugte.
      Aber dann tat Jack einen abrupten Schritt zurück und entließ Elias aus seinem Bann. Mit einem Mal stürzte die Welt wieder auf ihn ein. Farben, Gerüche und Geräusche. Das Hämmern in seiner Brust und die Luft, die seine Lungen füllte.
      Überwältigt von all den Eindrücken und den Gefühlen, die in ihm herumschwirrten, wandte Elias sich ebenfalls von Jack ab. „Gute Idee.“
      Aber er war nicht wirklich bei der Sache. In dem Chaos in ihm begann sich ein dumpfer Schmerz zu kristallisieren. Ein Ziehen in der Brust, dass Jacks Nähe nachtrauerte. So schnell, dass es schon fast als Flucht durchging, begab Elias sich in die Küche.
      Er achtete darauf, dass er von der Couch aus nicht durch den offenen Durchgang zu sehen war und atmete tief durch, während er sich eine fahrige Handbewegung durch die Haare erlaubte. Scheiße.
      Einen Moment stand er noch kurz einfach da, konzentrierte sich darauf, seine Atmung zu normalisieren, sein rasendes Herz zu beruhigen und die wild durcheinander wirbelnden Gefühle in eine Box zu stecken und unter Verschluss zu halten. Dann griff er nach einer der Speisekarten, die ordentlich zwischen einigen Kochbüchern auf der anrichte standen. Eigentlich waren sie total überflüssig, wo man doch heutzutage bequem per App bestellen konnte. Aber so hatte Elias wenigstens einen Vorwand, dass Wohnzimmer zu verlassen und gab seinen Händen zumindest kurz etwas zu tun.
      Mit der Karte in der Hand und dem Gesicht wieder kontrolliert neutral ging er zurück ins Wohnzimmer. Sein Herz wollte bei Jacks Anblick auf seiner Couch einen Satz machen, aber Elias hielt es schnell davon ab. Stattdessen räusperte er sich, um Jacks Aufmerksamkeit zu erregen, da dieser die Augen geschlossen hatte. Er hielt ihm die Karte hin. „Hier.“
      Noch während er darauf wartet, dass Jack die Karte entgegennehmen würde, brach in seinem Kopf bereits eine subtile Panik aus. Auf einmal beschäftigte ihn der Gedanke, wo er sich gleich hinsetzen sollte. Ob er überhaupt im Wohnzimmer bleiben sollte. Wie er die peinliche Stille füllen könnte, die unweigerlich einsetzen würde.
      Er konnte sich ja schlecht einfach neben Jack setzen und mit ihm über das Wetter quatschen. Oder doch? Aber zu nah an Jack war nicht gut. Zu weit hingeben wäre auch seltsam. Und den Raum ganz verlassen ging nicht. Das wäre schlicht und einfach unhöflich. Auch wenn Elias gerade sehr wohl nach Flucht zu mute war.
      Warte. Das hier war sein verdammtes Haus. Er hatte sich noch nie Gedanken gemacht, wo oder wie er sich hinsetzen würde und würde damit jetzt auch nicht wegen Jack anfangen. Scheiße, er kam sich vor wie ein Teenager. Reiß dich zusammen.
      „Such dir einfach was aus, ich bestelle dann. Falls du überhaupt Hunger hast und Lumi dich nicht gerade dazu zwingt, mit uns zu essen.“
      Das war doch ein gutes Gesprächsthema. Ein sicheres. Eines, in dem man nicht wegen Lächeln geneckt werden konnte oder Komplimente über seine Augen bekam. In dem der eigene Name sanft über Jacks Lippen gehaucht wurde.
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    • Als Rlias in der Küche verschwand, kontrollierte ich kurz, ob er mich sehen konnte. Sicher gehen, dass ich wirklich nicht mehr in seinem Blickfeld war, schloss ich bereuend die Augen und fuhr mir durchs Haar. Ich bin so ein Idiot. Wieso hab ich ihn nicht einfach geküsst? Er sah doch so aus, als wollte er. Und ich Volltrottel musste den Rückzieher machen. Ich könnte mich Ohrfeigen. Vor meinem inneren Auge sah ich noch einmal die bernsteinfarbenden Augen von Elias, wie er mich ansah. Alles um uns war ausgeblendet. Es gab nur noch uns zwei. Romantischer wär es in dem Moment nicht gegangen. Und nun hatte ich schon das Glück, dass Lumi uns allein ließ. Und trotzdem musste ich in dem Moment den Schwanz einziehen. Scheiße!
      Ich wurde durch ein Räuspern aus meinen Gedanken gerissen und perplex sah ich, wie Elias mit der Karte wieder kam.
      "Ich esse gern mit, wenn ich darf.", antwortete ich und nahm ihm die Karte ab. Ich studierte sie ordentlich und musste wirklich meist zwei Mal überlegen. Durch meine Laktoseintoleranz konnte ich zum Beispiel nichts Überbackenes nehmen. Bei einer Sahnesoße war ich auch raus. Hier gabs zum Glück aber auch Gerichte, die in Ordnung waren.
      "Ich nehm den Fisch mit Nudeln.", sagte ich dann und gab es ihm wieder. Er musste ja für sich und Lumi auch was aussuchen.
      Als er da so rumstand und anscheinend nicht wusste, wohin, stand ich auf und setzte mich auf den Boden an den Couchtisch, um ihm auf dem Sofa Platz zu machen. Offenbar wollte er sich nicht neben mich setzen und das hier sein Zuhause war, setzte ich mich eben woanders hin.
      "Du kannst ruhig auf dem Sofa sitzen, wenn es dir so lieber ist."
    • Jack hatte sich schon etwas zum Essen ausgesucht, bevor Elias sich entscheiden konnte, wie nah zu nah an ihm war. Das andere Ende der Couch wäre definitiv übertrieben. Wieviele Armlängen waren angebracht? Oder war eine schon zu viel?
      Diese unnützen Gedanken schwirrten in seinem Kopf rum, als Jack ihm die Karte wiedergab. Das er immer noch rumstand musste einen falschen Eindruck vermittelt haben, denn Jack stand auf und bot ihm das Sofa an. Obwohl das wirklich groß genug für sie beide war. Aber das ‚wenn es dir so lieber ist‘ machte deutlich, dass Jack dachte, Elias würde auf keinen Fall bei ihm sitzen wollen. Was Schwachsinn war. Elias wollte bei Jack sitzen. Nur nicht…zu nah. Oder doch? Scheiße, das hatte er jetzt davon das er Jack seit Montagabend die ganze Woche aus dem Weg gegangen war: komplette Überschwemmung mit den unterdrückten Gefühlen von fünf Tagen. Verwirrung.
      Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal in seinem Leben so überfordert gewesen war. Sein Kopf funktionierte nicht mehr. Also tat er etwas, dass für ihn sehr untypisch war. Er hörte auf sein Herz und setzte sich neben Jack. Nicht so dicht, dass sich ihre Schultern berührten, aber doch nah genug, um seine Präsenz deutlich neben sich zu spüren. Dann legte Elias die Karte vor sich auf den Tisch und nahm das Handy aus der Hosentasche, um dort per App zu bestellen. Das war deutlich angenehmer als jetzt noch in dem Restaurant anrufen zu müssen. Mit ein paar wenigen Klicks gab er die Bestellung auf, sperrte sein Handy und legte es zu der Karte auf den Tisch.
      Jetzt war es Elias, der die Augen schloss, während er seinen Kopf nach hinten auf die Sitzfläche des Sofas legte. Seine Haare glitten der Schwerkraft entgegen von seinem Hals weg.
      Sitzend und mit den Augen geschlossen war Elias plötzlich fast ein wenig erschöpft. Die Woche war anstrengend gewesen und etwas richtiges gegessen hatte er heute auch noch nicht. Und dann das hier. Jack.
      Einen Moment schwieg er.
      Es musste nicht immer alles Sinn ergeben.
      „Ein paar Straßen weiter gibt es eine kleine, schäbige Imbissbude.“, sagte er dann ganz unvermittelt. „Sie macht von außen nicht viel her und heutzutage würde ich wohl einfach an ihr vorbeilaufen.“ Sein Ton bekam etwas unterschwellig melancholisches. „Das war der einzige Laden, der zu Fuß von meiner alten Wohnung erreichbar war und noch auf hatte, nachdem ich meine Küche mitten in der Nacht fast abgefackelt hätte.“ Bei dem Gedanken zuckte sein Mundwinkel in der Andeutung eines Lächelns nach oben. „Das Essen ist nichts besonderes, aber wenn du mich fragst, würde ich sagen, das alles dort mein Lieblingsessen ist. Ich glaube, Lumi und ich haben uns schon durch die gesamte Karte gegessen.“
      Das war das meiste, das Elias in Jacks Gegenwart jemals am Stück geredet hatte. Und das intimste, dass er überhaupt jemals irgendwem erzählt hatte. Bei dem Gedanken fing sein Herz an schneller zu schlagen. Aber er wollte keine große Nummer daraus machen, also öffnete er seine Augen und drehte den Kopf zu Jack. „Lumi scheint dich zu mögen.“, wechselte er das Thema. Seine Augenbrauen wanderten ein Stückchen zusammen und er blinzelte fast schon ungläubig. „Auch, wenn ich eure erste Begegnung immer noch seltsam finde.“
      Ob sie wohl gerade zusammen hier sitzen würden, wenn Jack an dem Tag ein anderes Kind angesprochen hätte? Wahrscheinlich nicht.
      Er konnte sich noch genau an die kalte Wut erinnern, die ihm durch die Adern geströmt war und seine Stimme zu Eis hatte gefrieren lassen, als er davon erfahren hatte. Wie sauer er gewesen war und wie sehr er versucht hatte, Jack aus seinem Privatleben rauszuhalten.
      Stattdessen saß er nun mit ihm zusammen in seinem Wohnzimmer auf dem Teppich zwischen Tisch und Couch. Ein Platz, der normalerweise nur für Lumi und ihn vorbehalten war. Und irgendwie…fand Elias es gar nicht so schlimm.
      „Märchenprinz? Wirklich?“, fragte er dann trocken, aber mit einem Anflug von Humor in der Stimme.
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    • Als Elias wider meiner Gedanken sich neben mich setzte, war ich mehr als überrascht. Moment mal! Zeit anhalten! Elias setzt sich neben mich? Er war doch immer der jenige, der Abstand wollte. Und nun saß er nicht auf dem Sofa sondern auf der Erde, weil ich hier saß. Ganz im Ernst. Würde ich das hier grad meinem jüngeren Ich erzählen, der gerade Elias kennengelernt hatte, würde ich mich selbst auslachen und kein Stück davon glauben.
      Ich sah ihn immer noch ungläubig an, als er schließlich seinen Kopf auf die Sitzfläche des Sofas legte und die weiche entzückende Haut an seinem Hals preis gab. Mein Blick verwandelte sich von verdattert zu hungrig. Scheiße, er legte es doch darauf an. Ich war so stolz auf mich, dass ich es geschafft hatte, ihn nicht zu überfallen. Warum tat er das jetzt? Ich schluckte und leckte mir über die Lippe. Halt dich zurück Jack! Ich atmete einmal durch, um mein rauschendes Blut irgendwie zu kontrollieren.
      Meine Gedanken wurden wie ein Schalter umgelegt, als Elias auf einmal doch zu erzählen begann. Zum Glück. Das lenkte mich wenigstens ein bisschen ab. Ich drehte mich etwas zu ihm, um ihm besser zuhören zu können. Irgendwann ruhte mein Arm ebenfalls auf der Sitzfläche der Couch und stützte gleichzeitig meinen Kopf, der bequem in meiner Handfläche lag. Es war zwar etwas schwer, konzentriert zu bleiben, aber ich schaffte es dann doch irgendwie. Bilder schossen passend zur Geschichte in meinen Kopf, wie Elias das Essen total versaute und dann peinlich berührt beim Imbiss das Essen bestellen musste. Ich musste lächeln. Es war schon verdammt süß. Was wohl gewesen wäre, wenn wir uns früher getroffen hätten? Wäre es überhaupt gut gegangen? Wohl eher nicht... adas Schicksal wird sich wohl was dabei gedacht haben.
      "Danke, dass du mir diese Geschichte erzählt hast. Ich wär zu gern dabei gewesen. Das muss lustig gewesen sein.", antwortete ich und er sah mich an. Gosh, ich liebte seine Augen so sehr. Sie erzählten einem viel, wenn man genau zuhörte. Ich hatte noch keinen Menschen kennengelernt, der so viel Ausdruck in den Augen hatte. Wie machte er das?
      Als Elias mich dann doch auf Lumi ansprach, musste ich lächeln. Ja, das war schon irgendwie witzig. Ich zuckte grinsend mit den Schultern.
      "Ich weiß nicht. Ist mir grade so eingefallen. Und so wie sie da saß, sah sie wirklich wie eine kleine Prinzessin aus. Du hast nämlich das Glück, eine kleine Schwester zu haben. Ich hätte sie gern gehabt. Eine kleine süße Prinzessin, die ihren großen Bruder holte, wenn sie geärgert wurde. Lumi ist ein Goldstück. Ich liebe sie wirklich sehr und könnte wohl jetzt schon nichts abschlagen, wenn sie was von mir wollte. Zum Glück liegt das alles nicht in meinem Ermächtnis, ihr irgendwas zu erlauben. Ich würde sie wohl zu sehr verwöhnen. Als ich sie abgeholt habe, platzte sie nur so vor Stolz vor ihren Mitschülern. Und sie meinte, dass sie am liebsten jeden Tag mit dem Motorrad abgeholt werden wollen würde. Da ich mir nicht vorstellen kann, dass du mich das machen lassen würdest, musst du wohl selbst Motorrad fahren lernen. Von ihrem Bruder abgeholt werden ist bestimmt eh viel cooler.", erzählte ich und lachte. Obwohl mir der Gedanke sehr gut gefiel, wie Elias total heiß auf dem Motorrad saß.
    • Das Lächeln, das jetzt auf Jacks Lippen lag, galt nicht Elias direkt, sondern entsprang dem Gedanken an Lumi. Es war lockerer. Weniger intensiv.
      Weniger Herzrhythmusstörung verursachend.
      Die Kurve von Jacks Lippen verwandelte sich in ein Grinsen, begleitet von einem Schulterzucken.
      Elias wusste, dass er Glück hatte, Lumi zu haben. Sicher, es war nicht immer leicht gewesen, sich um seine Schwester zu kümmern. Er hatte nicht erst damit angefangen, als er von zuhause abgehauen war. Bereits in seiner Jugend hatte er sich schützend vor sie gestellt. Die Fäuste seines Vaters abgefangen und die verzweifelt geflüsterten Versprechen seiner Mutter, die sich unweigerlich immer in hasserfüllte, nach Alkohol duftende Enttäuschungen verwandelten. Manchmal fragte Elias sich, ob er ohne seine Schwester den Willen und die Stärke gehabt hätte, zu gehen. Ob er ohne sie nicht einfach so lange dort geblieben wäre, bis nichts mehr von ihm übrig war.
      Lumi war die einzige Familie, die er hatte. Wie unfaßbar dankbar er war, dass sie sich ihre kindliche Unschuld bewahrt hatte. Das ihr Gesicht offen und leicht zu lesen war wie ein Buch. Das ihr Emotionen stürmisch und herzhaft nicht in Zaum gehalten wurden. Das sie so unverfroren sie selbst war. In gewisser Weise das genaue Gegenteil von Elias.
      "Hast du keine Geschwister?", fragte Elias einer plötzlichen Eingebung folgend. Familie war immer ein schwieriges Thema, dass er eigentlich wie die Pest vermied. Aber aus irgendeinem Grund war er neugierig. Bevor er sich hatte stoppen können, war ihm die Frage ungebeten über die Lippen gerutscht.
      Als Jack erzählte, dass Lumi vor Stolz fast geplatzt wäre, als er sie abgeholt hatte, konnte Elias sich das bildlich vorstellen. Wie sie stolz die Brust aufgeplustert hatte wie ein Taube, das Kinn hochgereckt und dann unter den neidischen Blicken ihrer Mitschüler auf die Maschine geklettert war. Das war Lumi. Bereits im zarten Alter von elf Jahren war es ihr egal, was andere von ihre dachten. Sie lebte und fühlte intensiv und ganz, ohne sich dafür zu schämen. Elias fand das bewundernswert und hoffte, dass sie diese Art beibehalten würde.
      "Das klingt nach Lumi. Wahrscheinlich wird sie die nächste Woche noch damit angeben.", merkte Elias an und konnte den Funken stolz, der in seinem Blick aufflackerte, nicht verbergen. Aber das wollte er auch gar nicht. Wenn es eine Sache in seinem Leben gab, auf die er stolz war, dann war es Lumi.
      Dann hob er aber doch leicht eine Braue. "Ich glaube, mit einem Motorrad abgeholt werden, ist viel cooler, wenn es nur einmal die Woche passiert." Ob er Jack damit die indirekte Einladung gab, jetzt jede Woche vorbeizukommen? Tja, keine Ahnung. Ja. Nein? Doch.
      Wenn es Lumi Spaß machte.
      "Von ihrem Bruder abgeholt werden wird langsam mehr als uncool." Es stimmte. Lumi fuhr mittlerweile nach der Schule relativ oft mit dem Bus nach Hause. Elias vermutete, dass seine wachsende Uncoolheit nicht der einzige Grund war. Sie wollte ihn entlasten und gleichzeitig mehr Selbstständigkeit. Immerhin war es nicht mehr lange, bis sie zwölf wurde und die Pubertät kam schleichend auch immer näher.
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    • "Nein, ich hab keine Geschwister. Meine Eltern haben sich getrennt als ich vier Jahre war. Mein Vater ist ausgezogen. Ich hab ihn zwar noch eine Weile gesehen, aber dann wurde der Kontakt immer weniger und jetzt weiß ich gar nichts mehr über ihn. Ich seh ihn nicht mehr und es ist mir auch egal." Ich war mir nicht sicher, ob Elias das überhaupt wissen wollte. Aber wenn es zu viel Informationen waren, würde er schon was sagen. Denke ich zumindest so.
      Als Elias dann von Lumi erzählte, sah man sofort, dass es Geschwister waren. Sie hatten beide den selben Gesichtsausdruck, wenn sie stolz waren. Es war schon echt faszinierend. Ich freute mich wirklich sehr für ihn und gönnte es ihm auch. Nur eins verstand ich nicht wirklich. Wenn er eine Schwester wie Lumi hatte, warum war er dann so griesgrämig? Ich dachte immer gute Laune steckte an. Das stimmte zwar auch bei Elias, aber nur solange die Ursache in der Nähe war. Sobald sie aus seinem Blickfeld war, brach wieder Dunkelheit ein....
      Überrascht war ich dennoch, als er das Abholen erwähnte.
      "Heißt das, ich soll sie einmal die Woche abholen?", grinste ich verschmitzt und lehnte mich ein Stück vor.
      "Ich meine, du könntest ja auch Motorrad fahren lernen. Meinst du nicht, dass sie einfach das Motorrad cool findet? Richtig ausgetickt ist sie bei mir nämlich auch erst, als ich meine Maschine erwähnt habe. Und dann könnte ich mich mal an dich krallen, wenn du fährst. Die Vorstellung ist jedenfalls zauberhaft. Noch besser wär es, wenn es Realität werden würde", erzählte ich.
      Ich biss mir auf die Lippe und streckte meine Hand langsam aus, nur um seine Haarspitzen zwischen meinen Fingern zu spüren. Ich konnte einfach nicht anders. Ich wollte ihn einfach anfassen. Und wenn es dann nur Haarspitzen waren. Ich durfte ja sonst nicht. Dabei wollte ich so viel mehr...
    • Einzelkind, also. Die Klischees dafür erfüllte Jack nicht. Er wirkte weder verwöhnt noch egoistisch. Im Gegenteil. Für die Menschen im Büro hatte Jack sich einmal fast mit Elias angelegt. Damals, als er noch gedacht hatte, Elias wäre zu allen so, wie zu ihm. Dabei war es mit Jack schon immer anders gewesen. Vielleicht, weil Elias untergründig gespürt hatte, dass Jack eine Gefahr für ihn darstellte. Das er jemand war, der die Grundpfeiler seines Gerüsts ins Wanken bringen konnte. Aber der Versuch, ihn mit allen Mitteln fern zu halten, war nach hinten losgegangen. Der Typ hatte einfach nicht locker gelassen.
      Und jetzt saßen sie gemeinsam auf dem Boden, während Jack ganz locker über seine Familie erzählte. Beim zuhören kam Elias der Gedanke, dass man Jack gar nicht anmerkte, dass er ein Scheidungskind war, oder das er keinen Kontakt mehr zu seinem Vater hatte. Er war trotzdem zu einem guten Mann herangewachsen. Zu jemandem, unter dessen nervigem Grinsen und warmem Lächeln sich ein großes Herz verbarg. Jack hatte es geschafft, irgendwie nicht so verkorkst zu werden, wie Elias. Dabei klang sein Familienleben auch nicht einfach.
      „Mh.“ Das tiefe Geräusch irgendwo aus seiner Brust war alles, was Elias zu Jacks Antwort sagte. Einen Moment studierte er ihn einfach nur mit nachdenklichem Blick, ließ das Thema aber dann ruhen.
      Ohnehin huschte im nächsten Moment Überraschung durch Jacks Gesicht, als er Elias‘ versteckte Einladung als das erkannte, was sie war. Dann war da wieder dieses typische Grinsen, dass sein Herz einen Satz machen ließ, und nur näher rückte, als Jack sich vor lehnte.
      Was zur Folge hatte, dass in Elias gleichzeitig das Bedürfnis ausbrach, sich zurückzulehnen und näher zu rücken. Abstand und Nähe. Gefangen zwischen diesen beiden Impulsen, blieb er einfach wo er war und glättete seinen Ausdruck vorsichtig, um ja nichts durchscheinen zu lassen. „Wenn Lumi das möchte.“, antwortete er. Zu stur und stolz um zuzugeben, dass er es vielleicht auch aus dem kleinen, selbstsüchtigen Grund wollte, um Jack in seiner Nähe zu haben. Er war ja nicht mal bereit, sich das selbst einzugestehen.
      Bei Jacks Vorschlag, er solle doch selbst Motorrad fahren lernen, wanderten Elias Brauen ein Stückchen zusammen. „Keine Zeit.“, war die knappe Antwort.
      „Ich habe mich außerdem nicht an dich gekrallt. Logisch gesehen war es einfach nur sicherer, mich an dir festzuhalten. Mit genau dem richtig Maß an Druck.“, negierte Elias dann die Implikation, die Jack mit seinem irrwitzigen Kommentar abgegeben hatte.
      Er hatte sich definitiv nicht an Jack festgekrallt. Elias war ja kein verängstigtes Kind.
      Aber sein Widerstand geriet in dem Moment ins Wanken, in dem Jack sich auf die Lippe biss und plötzlich Bilder Elias‘ Kopf fluteten, von der Nacht, in der er sich sehr wohl an Jack festgekrallt hatte. Was gerade mehr als ungebeten und absolut unangebracht war. Genervt, irritiert und - scheiße - mit steigender Hitze in seinem Körper, tat Elias das, was er am besten konnte. Jack einen Blick aus verengten Augen zuwerfen und hoffen, das man ihm durch den Riss in seiner Mauer nichts ansah.
      Aber Jack streckte seine Hand aus und ohne es wirklich zu merken, reckte Elias sich der Bewegung minimal entgegen. „Tut mir leid, Jack. Aber es wird wohl eine Vorstellung bleiben.“, seine Stimme klang ein wenig belegt. Etwas tiefer, wo Elias sie doch eisig hatte klingen lassen wollen.
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    • Es wurde einfach immer amüsanter, wie er versuchte, sich aus vielen Sachen rauszureden. Richtiges Maß an Druck. Ich lach mich tot.
      "Als ob. Ich hab doch gemerkt, dass du deinen Kopf auf meine Schulter gelegt hast.", erwiderte ich und grinste. Doch er sah mich wieder mit dem gleichen Blick an wie immer. Dieser Blick, mit dem er mich im Bett angesehen hat und dieser Blick, den er auch im Fahrstuhl drauf hatte. Wollte er mich hier eigentlich verarschen? Er schiebt mich ständig von sich. Will meine Nähe nicht. Weiß aber ganz genau, dass es mich um so mehr zu ihm zog, wenn er mich so ansah und dann auch noch meinen Namen in den Mund nahm, was mehr als anziehend klang. Wenn er denn wenigstens wegsehen würde. Aber so sah er mir ja direkt in die Augen. Dieser Eisblick, der eher mich eher zum Schmelzen brachte, statt zu gefrieren. Scheiße. Egal. Ich musste es einfach tun. Vorhin hab ich ihm irgendwie noch wiederstehen können, aber jetzt war mein Verstand in die hinterste Ecke gekrochen. Er hatte es doch irgendwie drauf angelegt.
      Ich beugte mich erneut vor und stoppte kurz vor seinen Lippen. Doch dann überquerte ich die kurze Distanz und legte meine Lippen auf seine. Damit er mir nicht abhauen konnte, ruhte meine flache, warme Hand unter seinem Ohr. Meine Fingerspitzen vegruben sich in seinem seidig weichem Haar. Um uns herum war es still und ich hatte das Gefühl, ich konnte nur mein laut klopfendes Herz hören. Ich hoffte einfach nur, dass Elias es nicht hörte.
      Vorsichtig bewegte ich meine Lippen gegen seine und meine Zunge stupste zaghaft dagegen um um Einlass zu bitten. Jetzt durfte nur nicht Lumi auftauchen.

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    • Wenig überraschend hatten seine Worte und der Blick mal wieder ihren Zweck verfehlt. Statt Jack auf Abstand zu halten, hatten sie ihn näher gebracht. Aber Abstand - wollte Elias das überhaupt noch?
      Denn als Jack sich vorbeugte, ihre Gesichter so nahe beieinander, dass Elias seine Wimpern zählen und seinen Atem spüren konnte, wich Elias nicht zurück. Da war dieser kurze Moment, in dem Jack stoppte. Ihre Lippen Zentimeter voneinander entfernt. Seine Hand in Elias' Haaren. Das Hämmern von Herzen, das Kribbeln von Haut. Jacks Duft in Elias' Nase. Spannung füllte den Raum zwischen ihnen.
      Jetzt wäre der Moment, zurückzuweichen. Abstand und Distanz zu schaffen. Aber Elias konnte nicht. Wollte nicht.
      Also verharrten die beiden einen gespannten Augenblick so. Ihre Lippen einen Hauch voneinander entfernt.
      Dann durchbrach Jack die Spannung mit der kleinsten Bewegung und ließ sie auf Elias' Lippen explodieren. Von jetzt auf gleich vergaß er alles außer das Gefühl von Jacks Lippen auf seinen. Mit einem mal war alles andere egal. Als Jack zaghaft um Einlass bat, gewehrte Elias ihn dem sofort und vertiefte ihren Kuss.
      Er konnte die Anziehung zwischen ihnen nicht länger auf den Alkohol schieben. Dieses Mal war nicht ein Tröpfchen im Spiel. Nein, Elias war bei vollem Bewusstsein. Selten hatte er etwas klarer empfunden, als das hier. Und was es mit ihm machte, war ein ganz anderer Rausch, als der von Alkohol. Deutlich besser und gleichzeitig viel gefährlicher, denn von Alkohol hatte Elias noch nie befürchtet, abhängig zu werden. Hiervon, hingegen...Hiervon würde er sehr schnell abhängig werden, wenn er nicht aufpasste.
      Dem einen Moment der Klarheit folgend, löste Elias seine Lippen von Jacks und unterbrach so den Kuss. Er blinzelte ihn an und für den Bruchteil einer Sekunde lag pure, entwaffnende Offenheit in seinem Blick. Dann verschwand der Ausdruck so schnell, als wäre er nie da gewesen.
      Stattdessen war da wieder dieses irritierte Blitzen in seinen Augen, die leichte Linie zwischen den Augenbrauen. "Ich kann nicht denken, wenn du in meiner Nähe bist.", entwich es Elias leise. Er klang dabei ehrlich gereizt, sogar ein wenig verloren. Als wäre er sauer auf sich selbst. Dann rutschte er ein Stück von Jack weg, so dass er wieder atmen konnte. Sein Verstand langsam wieder anfing zu arbeiten. "Aber ich glaube, dass hier ist keine gute Idee. Lumi könnte jederzeit im Raum stehen."
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    • Er erwiderte den Kuss, was ich ja schon kaum glauben konnte und vertiefte ihn nur noch mehr. Als er die Lippen öffnete, schlang meine Zunge in die Öffnung und tat alles, um die Aufmerksamkeit des Partners zu bekommen. Mein Daumen strich über seine zarte Haut und gerade dachte ich, dass ich nicht genug von ihm bekommen konnte. Dass ich ewig so weiter machen könnte und am liebsten noch mehr wollte. Doch er löste den Kuss und etwas überrascht sah ich Elias an. Hatte ich irgendwas falsch gemacht? Er hatte es doch erwidert, mir sogar den Einlass gewährt. Und doch schossen Blitze aus seinen Augen.
      Autsch. So einen Korb hab ich auch noch nicht bekommen. Als ob ich Schuld an seinem Denkvermögen war. Er konnte in meiner Nähe nicht denken? Was soll der Unsinn? Seine Stimme war scharf, wie ein zweischneidiges Schwert und seine Mauer war hochgezogen bis nach Meppen. Die Atmosphäre war auf einmal eigenartig und ich überlegte, ob er mich hier gerade irgendwie rausschmiss. Andererseits nahm er auch Lumi gerade als Ausrede. Was sollte ich jetzt also machen?
      "Wenn.... du willst, dass ich gehe, dann....verschwinde ich. Es tut mir leid, ich wollte dir nicht zu nahe treten.", antwortete ich. Ich sah kurz zu ihm, doch wendete meinen Blick wieder ab. Scheiße. Ich stand auf und holte meine Sachen, ehe ich noch einmal zu ihm sah. Irgendwie hoffte ich, dass er mich zurück hielt. Ich wollte nicht gehen. Nur so wie er mich gerade angesehen hatte, war ich mir nicht sicher, ob ich gehen sollte oder nicht.
    • Perplex konnte Elias nichts weiter tun, als dabei zuzusehen, wie ein verletzter Ausdruck über Jacks Gesicht huschte. Die sonst ständig grinsenden Lippen waren aufeinander gepresst. Seine klaren Augen einen Ton dunkler, so als wäre ein Schatten über sie gezogen.
      Der Anblick passte gar nicht zu dem, was Elias sonst von Jack kannte und ließ ihn in eine seltsame Schockstarre fallen. Völlig taub saß er auf dem Boden, während Jacks Worte langsam an sein Ohr drifteten und erst in seinem Hirn ankamen, alsJack schon stand.
      Was war gerade passiert?
      Elias wollte nicht, das Jack ging.
      Er wollte ihm sagen, dass Jack der einzige war, der seinem immer rotierenden Verstand Ruhe brachte. Das er nicht denken konnte, weil alles was er wahrnahm, Jack war. Das sein Herz jedes Mal wild hämmerte, sein Puls in seinen Ohren rauschte und ihm das Atmen schwer fiel. Das er sich nach seinem Namen aus Jacks Mund und seinen Händen in seinen Haaren sehnte.
      Das er in seinem eigenen Haus in Jacks Gegenwart so nervös wurde, wie ein verknallter Teenager.
      Und plötzlich fühlte Elias sich, als hätte ihm jemand in die Magengrube geschlagen. Ruckartig blieb ihm die Luft weg und seine Augen weiteten sich. Die Erkenntnis traf ihn hart und unvorbereitet.
      Er hatte sich in Jack verknallt. All die Gefühle, die er so lange verdrängt und nicht hatte zuordnen können. Jetzt ergab es Sinn, wieso sich die Welt langsamer zu drehen schien, wenn Jack in der Nähe war.
      Und plötzlich schmerzte es umso mehr, dass Jack aufgestanden war. Er hielt bereits seine Sachen in der Hand und war im Aufbruch begriffen. Aber aus irgendeinem Grund stoppte er und warf einen Blick auf Elias zurück.
      Wenn Elias jetzt nicht aufstehen und ihn aufhalten würde, wäre der Moment vorbei. Und vielleicht auch alles, was sie jemals hätten sein können.
      Aber erschlagen von der Wucht seiner eigenen Gefühle rührte Elias sich nicht. Worte waren noch nie seine Stärke gewesen. Menschen an sich ranlassen. Zur richtige Zeit den richtigen Schritt zu machen.
      Und so verstrich der Moment. Alles, was Elias tun konnte, war mit einem dumpfen Schmerz zuzusehen, wie Jack im Flur verschwand. Er hörte, wie sich die Haustür öffnete. Wie sie sich schloss.
      Mit dem Geräusch machte sich eine seltsame Leere und Elias breit. Es war besser so. Was auch immer in den letzten Wochen zwischen ihnen aufgekeimt war - wenn es hier endete, bewahrten sie sich beide vor viel Schmerz. Denn früher oder später, dachte Elias mit steinernem Gesichtsausdruck, hätte Jack erkannt, wie unliebenswert Elias war. Besser, es endete hier, bevor Jack beenden konnte, was noch nicht einmal richtig begonnen hatte.
      Es war besser so. Doch trotz dieses Gedanken blieb der dumpfe Schmerz in Elias‘ Brust.
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