Ein herrlicher Tag!
Die Sonne scheint, es hatte seit einer Woche nicht mehr geregnet, also gab es auch keine tiefen Matschgruben in denen Erzemyr versehentlich versinken könnte. Die Flecken bekam man nicht sehr leicht aus der Kleidung.
Der dämonische Monsterjunge lebte in einem kleinen Dorf südlich des Elmoor Sumpfes. Es war.. bescheiden.. Ein paar instabile Konstruktionen, die sich Häuser nannten. Aber immerhin waren sie trocken. Meistens jedenfalls. Und es gab genug zu essen. Gut, dort lebten auch nur ein Dutzend Monster, aber dennoch war das nicht selbstverständlich. Oft schon mussten sie ihre Heimat verlassen und sich weiter im Inneren des Landes Schutz suchen, da Menschen, Elfen, Zwerge oder alle gemeinsam nach ihnen jagten. Trollzähne waren bei Kriegern ein angesagter Schmuck. Auch einige Ladies schmückten sich damit. Aber Hörner von Dämonen waren wahre Schätze. Es gab so viele Verwendungsmöglichkeiten! Als Dekoration oder.. Waffen oder.. manchmal auch als Trinkhorn. Dämonen waren stark. Furchtbar stark! Wer eines ihrer Hörner besaß, musste also noch stärker sein! Oder das Glück gehabt haben, jemandem wie Ezremyr zu begegnen.
Ein leichtes Opfer.
Wiedermal war seine Brille zu Bruch gegangen, die sein Vater notdürftig mit einem Klebstoff aus Harz repariert hatte. Darin hatte er inzwischen Erfahrung!
Jedenfalls musste sie dieses Mal wirklich repariert werden. Wohl eher komplett erneuert, denn ein Glas hatte auch schon einen Sprung.
Der schmächtige Dämon machte also nicht gerade einen guten Eindruck, als er unbeholfen durch den Sumpf watete, immer darauf bedacht, nicht in eine tückische Matschfalle zu plumpsen. Er konnte das! Einmal kam er zumindest sauber durch den Sumpf hindurch.
So führte ihn sein Weg immer tiefer hinein. Den Weg zur Hexe Kassara kannte er inzwischen ja sehr gut. Es war nicht sein erster Besuch bei ihr wegen seiner Brille. Sie hatte ihm diese ja erst in ihrer Großartigkeit angefertigt!
Bei ihrer Reise durch die Siedlung stieß sie immerhin auf Ezremyr und seine Familie, die befürchtet hatte, dass ihr Sohn einfach für immer ein Blindlurch sein würde. Aber Kassara die herrliche und wunderschöne Dämonenhexe hatte eine Heilung! Nun. Es war eher ein Werkzeug. Naja. Eine Brille. Aber unter Monstern war das etwas vollkommen neues! Ja, wie sie gelobt wurde, ihm seine Sehkraft zu schenken!
Und nun lebte sie in einem gemütlichen Baumhaus im Sumpf, wo Ezremyr sie andauernd besuchen kam, wenn seine Brille kaputt ging… Ermüdend. Dabei war Kassara doch zu weitaus größerem bestimmt! Eine wahre Meisterin der Hexenkunst! Eine wunderschöne Frau, der nur der stärkste und schönste Mann auf der ganzen Welt würdig war! Doch der einzige Mann, der sie besuchen kam, war dieser Waschlappen Ezremyr… Wirklich enttäuschend.. Sie sollte sich vielleicht ein Haus fernab des Sumpfes suchen. Aber in den Sümpfen gab es weniger Menschen oder andere Kreaturen, die hinter Dämonen her waren.
Hin und wieder verliefen sich allerdings wohl doch ein paar dorthin… So wie heute.
Ezremyr war vollkommen ahnungslos und auf dem besten Weg in sein Grab.. Na wenigstens bräuchte er dann keine neue Brille mehr. Dennoch war er so ein unschuldiges Wesen, mit einem Lächeln im Gesicht und fröhlich umherpeitschenden Schweif, während er sicheren Schrittes über den festeren Boden schlenderte.
Was für ein Jammer.
Mögest du in Frieden ruhen, lieber Ezremyr.
~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
- Eugene Ionesco
- Eugene Ionesco
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