Facies Duplicata [kiwi & Zenik]

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    • Facies Duplicata [kiwi & Zenik]

      -FACIES DUPLICATA-
      ( @kiwi & Zenik )

      Genshin AU | Fantasy | Action & Adventure | Romance | Mystery

      Vorstellung

      Chapter I Act I - The Texture of Dreams


      Gerüchten zufolge gibt es eine Art Artefakt aus alter Zeit, welches wieder aufgetaucht ist. Man munkelt hinter vorgehaltener Hand, dass dieser Wundergegenstand einem nicht nur in kürzester Zeit zu unwahrscheinlichen Reichtum verhelfen kann, sondern sogar das Unmögliche möglich machen soll. Fantastische Geschichten, welche in nur wenigen Wochen in Umlauf gebracht werden, eine Erzählung übertriebener als die Nächste; man müsste meinen es gäbe nichts, was man mit diesem Artefakt nicht erreichen könnte. Die Leute fühlen sich allerdings nur so lange von einem Gerücht unterhalten bis der nächstbeste Skandal eintritt und somit bleibt der Wunschgegenstand nicht viel mehr als genau das, bloßes Wunschdenken.

      Monate vergehen und kaum einer denkt noch daran in die Fernen Sumerus zu ziehen, um sich auf die Suche nach einer vermutlich bloßen Illusion zu begeben. Es gibt Anzeichen dafür, dass sich die Fatui für die bereits ab schwappenden Gerüchte stark zu interessieren scheinen. Die Bewegung des Abyss rückt immer weiter vor, sie hinterlassen ihre Spuren in der Wüste Sumerus; man redet von dunklen Machenschaften im 'Auge des Sandes'.

      Alhaitham, ein Gelehrter der Akademie Sumerus, gibt nicht sonderlich viel auf Spekulationen und noch weniger auf Gerüchte von unwahrscheinlich ausgeschmückten Erzählungen. Seit Wochen versucht er sich allerdings einen Reim darauf zu machen, was genau der Auslöser für die starken Veränderungen in Sumeru ist. Er verbringt schlaflose Nächte, begibt sich selbstständig auf die Suche nach Antworten und stößt dabei schließlich auf einen Treffer.

      In Port Omos beschließt er kurzerhand die Chance zu nutzen und ein Treffen mit Beidou, Captain der Crux, auszumachen. Er heuert die Piraten an, um ihm bei diesem Unterfangen zu unterstützen. Damit die Höheren der Akademie nicht zu viel Verdacht schöpfen, meldet er kurzerhand eine Exkursion an. Um dieses Vorhaben durchzuboxen, benötigt er allerdings aus jedem Gelehrtenbereich mindestens einen Studenten als Repräsentanten.

      kiwi: Alora/Khareena, Kazuha, Cyno, Layla
      Zenik: Ostara/Nuriya, Alhaitham, Tighnari, Kaveh, Beidou, Dottore
      "Genieß deine 5 Minuten Ruhm
      und pass auf, dass es nicht 6 werden."
    • Beinahe hätte Alhaitham sowas wie ein schlechtes Gewissen entwickelt, wenn er mal bedachte, dass er kurz davor war den ahnungslosen Samurai bei IHR abzuladen. "Wie gesagt. Du solltest dir nicht allzu große Hoffnungen machen. Die Meisten hier lernen streng nach Lehrbuch und nur Wenige sind überhaupt in der Lage dir eine konkrete Antwort auf deine Fragen zu liefern", währenddessen hielt er bereits nach der sonst so geselligen Rosahaarigen Ausschau; anscheinend schien sie sich nicht dort zu befinden, wo der Rest ihrer Mitstudenten sich eifrig lernend aufhielt. Es würde an eine Art Bestrafung grenzen, wenn er Kazuha vor die Topstudenten der Spantamad setzen würde, welche ihn ohne jegliche Hemmungen mit ihren Fachbegriffen und endlos langen Theorien zu Ley Lines sowie elementaren Reaktionen zutexten würden. In dem Fall wäre eine bloße Unterhaltung mit Nuriya vielleicht doch ein Segen, zumindest hoffte er das einfach mal.

      Lange mussten sie allerdings nicht mehr suchen, denn schon bald steuerte er gezielt auf die Pavillons zu, wo eine junge Frau auf einer Bank saß, mit dem Rücken nach hinten angelehnt und dem Kopf im Nacken. Auf ihrem Gesicht lag ein aufgeklapptes Buch, wodurch es fast so wirkte als wäre sie in genau dieser Position eingeschlafen. Alhaitham kam vor ihr zum Stehen und räusperte sich mit verschränkten Armen.

      "Was auch immer es ist. Nein", ertönte dumpf ihre Stimme. Sie wollte wohl wirklich nicht gestört werden.

      "Tja, ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg", er nickte Kazuha wie selbstverständlich zu, so als hätte er bereits alles in seiner Machtstehende versucht, "Oh und bevor ich es vergesse." Er war eigentlich schon dabei sich auf den Weg zu machen und hielt nur kurz inne, um Kazuha einen Ohrring zu überreichen, die Zeit schien seine Narben darauf hinterlassen zu haben, denn dieser wirkte weder neu, sondern viel eher antik und recht abgestumpft. Warum sollte man sich bloß für so etwas interessieren?

      "Mir kam zu Ohren, dass sie sich für den hier auf dem Basar interessiert hatte. Du kennst ja das Prinzip, einen Gefallen für einen Gefallen."

      ---

      Seit einigen Tagen hatte Alhaitham bereits genauestens überlegt, welche Studenten und Gelehrten er von seiner Sache überzeugen konnte. Die Meisten würden es sich ungern mit den hohen Tieren der Akademie verscherzen wollen und verübeln konnte er es ihnen ehrlich gesagt nicht, denn stand man erstmal auf der schwarzen Liste der Grand Sages, war es eher unwahrscheinlich seinen Namen wieder reinzuwaschen. Hinzu kam noch, dass er sich anscheinend nicht gerade zu den Beliebtesten zählen konnte, was ihm die Tatsache verriet, das Einige bei seiner bloßen Ankunft bereits die Augen verdrehten oder das Weite suchten. Anscheinend hatte sich mittlerweile rumgesprochen, dass er eine Exkursion plante, die allerdings wenig Erfolg und noch weniger Aussicht auf eine Auszeichnung oder dergleichen versprach.

      "Können wir kurz reden?", vor dem Tisch, an welchem Khareena regelrecht hinter einer Mauer aus Büchern zu verschwinden drohte, kam er zum Stehen, "Ich wäre dir wirklich verbunden wenn du dir mein Angebot zumindest erstmal bis zum Schluss anhören würdest." Er wusste das Khareena nicht ganz einfach war. Obwohl sie sich bereits länger kannten, hatten sie nie sonderlich viel miteinander zu tun gehabt, weshalb es umso mehr Sinn für ihn ergab, dass sie seinem Anliegen versuchen würde auszuweichen.

      "Es geht um die Exkursion." Stille. "Dir wird sicherlich bewusst sein, dass man für eine Exkursion dieses Ausmaßes einen Repräsentanten aus jedem Bereich benötigt." Immer noch keine Antwort. "Ich weiß, dass es nicht gerade wenig verlangt ist." So langsam wurde die Stille zwischen ihnen beiden beunruhigend. Es wäre wesentlich einfacher, wenn er genau wie bei Nuriya eine Art Ass im Ärmel hätte, damit er sie zumindest versuchen könnte zu bestechen.

      "Würdest du dich der Exkursion anschließen und somit den Bereich Amurta abdecken?"

      Sollte er aufs Ganze gehen? Immerhin hatte er Tighnari seit Tagen nicht zu Gesicht bekommen, höchstwahrscheinlich gab es wieder Unregelmäßigkeiten in den Wäldern und hielten ihn zum unpassendsten Zeitpunkt der Akademie fern, und die Abgabe der Papiere rückte immer näher und näher. Wenn er nicht genug Leute für diese Aktion zusammenbekommen würde, dann würde man sein Anliegen im Keim ersticken. "Du würdest mir damit einen großen Gefallen erweisen. Ich würde dann in deiner Schuld stehen." Einen Gefallen für einen Gefallen.
      "Genieß deine 5 Minuten Ruhm
      und pass auf, dass es nicht 6 werden."

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    • "Wie gesagt. Du solltest dir nicht allzu große Hoffnungen machen. Die Meisten hier lernen streng nach Lehrbuch und nur Wenige sind überhaupt in der Lage dir eine konkrete Antwort auf deine Fragen zu liefern"
      Kazuha war froh, dass Alhaitham überhaupt jemanden kannte, der sich gut mit Visions auszukennen schien. Auf seinen zahlreichen Reisen hatte der Samurai viele Leute zu diesem Thema befragt, jedoch konnte ihm niemand auch nur im Ansatz weiterhelfen. Wenn die Person, von der Alhaitham sprach, ihm auch nur minimal etwas dazu erklären konnte, wäre das bereits ein großer Fortschritt.
      Ihm war bereits bewusst, dass er sich nicht allzu große Hoffnungen machen sollte, dennoch starb diese bekanntlich zuletzt. Wenn er nicht heute einen Glückstreffer landen sollte, würde er es vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt tun. Als die beiden jedoch bei besagter Person ankamen, versprach er sich aufgrund ihrer Reaktion gegenüber Alhaitham relativ wenig davon, dass sich diese Situation für ihn positiv entwickeln würde.

      "Tja, ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg" Kazuha schien ein wenig überrumpelt von der Situation. Er wusste, dass einige Leute an der Akademie schwierig sein konnten, doch hatte er sich eigentlich erhofft, dass Alhaitham ihn lieber zu jemandem geführt hätte, der gesprächiger war. Kurz überlegte er, wie er dies angehen sollte, bevor der Silberhaarige sich wieder an ihn wandte und ihm einen kleinen Gegenstand überreichte.
      "Mir kam zu Ohren, dass sie sich für den hier auf dem Basar interessiert hatte. Du kennst ja das Prinzip, einen Gefallen für einen Gefallen."
      Bei genauerer Betrachtung stellte er fest, dass es sich um einen verschlissenen Ohrring handelte. Ob er damit wirklich weiterkommen würde? Klar, der Wert eines Gegenstandes kann für einen anderen wesentlich höher sein als für einen selbst, aber dieses alte Ding? Für ihn persönlich sah es nicht gerade wie etwas aus, wofür sich sogar Sammler interessieren würden. Aber nun ja... es war einen Versuch wert und besser als nichts. Der Ohrring verschwand vorerst in seiner Tasche. Falls es darauf ankäme, blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als darauf zu vertrauen, dass Alhaitham recht hatte und der Gegenstand sich als nützlich erweisen würde.

      "Hallo", entgegnete er ihr mit einem freundlichen Lächeln, woraufhin sie sogar ihr Buch vom Kopf nahm und ihm einen Blick würdigte – möglicherweise aufgrund seiner unbekannten Stimme. "Mein Name ist Kazuha. Ich habe gehört, dass du mir vielleicht weiterhelfen könntest."
      Sanft entnahm er seiner Tasche einen Gegenstand, den er zuvor behutsam in ein Tuch eingewickelt hatte. Das Tuch öffnete er vorsichtig und enthüllte so die Vision seines verstorbenen Freundes Tomo. "Ich weiß, es ist eine ungewöhnliche Anfrage", sagte er, während er ihr die Vision zeigte. "Aber könntest du mir etwas darüber erzählen und mir vielleicht weiterhelfen?"
      Er hoffte zumindest, dass er ein paar Informationen von ihr bekommen könnte. Mit viel Glück könnte er sogar eine Antwort auf die Frage haben, ob es möglich wäre, die Vision wiederzubeleben, obwohl er das eigentlich nicht erwartete.


      ---


      "Können wir kurz reden?" Alora hob leicht ihre Ohren an, als sie die vertraute Stimme vernahm. Vorsichtig blickte sie von ihren Büchern auf. Obwohl sie Alhaithams Stimme gut kannte, entsprach es nicht seinem üblichen Verhalten großartig mit ihr zu sprechen – geschweige denn außerhalb ihrer gelegentlichen TCG-Abende. Es fiel ihr schwer zu glauben, dass er tatsächlich das Gespräch suchte, weshalb sie sich unauffällig umschaute, falls es sich bei ihrer Annahme um ein Missverständnis handelte.
      "Ich wäre dir wirklich verbunden wenn du dir mein Angebot zumindest erstmal bis zum Schluss anhören würdest." Ein Angebot?! "Es geht um die Exkursion." Oh stimmt, da war ja was. Es war unmöglich davon nichts mitbekommen zu haben. Aber wieso sprach er gerade sie deswegen an? Wollte er etwa...
      "Dir wird sicherlich bewusst sein, dass man für eine Exkursion dieses Ausmaßes einen Repräsentanten aus jedem Bereich benötigt." Mit leicht geöffnetem Mund starrte sie ihn an. Will er sie etwa fragen, ob sie mitkommen möchte? Sie – und nicht Tighnari, mit dem er wesentlich besser befreundet war?! Sie hoffte, dass es nicht so war, aber hierbei konnte es sich doch nur um einen absolut realistisch wirkenden Traum handeln.

      "Würdest du dich der Exkursion anschließen und somit den Bereich Amurta abdecken?" Für einen kleinen Moment blieb ihr Herz stehen. Die monatlichen Anstrengungen, seine Tagesabläufe herauszufinden und immer dann 'zufällig' in seiner Nähe aufzutauchen, um von ihm beachtet zu werden, hatten sich letztendlich doch ausgezahlt?! Nun war es eindeutig: das konnte alles bloß ein Traum sein. Trotzdem hoffte sie inständig, dass dem nicht so war. Er hätte jeden anderen aus ihrem Bereich fragen können, aber SIE?! Das alles wirkte so surreal, dass sie seine Frage nicht ganz verarbeiten konnte.
      "Du würdest mir damit einen großen Gefallen erweisen. Ich würde dann in deiner Schuld stehen." Ihr war durchaus bewusst, dass Alhaitham vorhatte, mit den anderen Teilnehmern in die Wüste zu gehen. Normalerweise wäre das ein eindeutiges Nein ihrerseits. Schließlich kam sie nicht sonderlich gut mit der Hitze klar und würde wahrscheinlich nicht nur einmal einen Schwächeanfall erleiden müssen.
      Aber was wäre, wenn er ihr zur Hilfe eilen würde? Vielleicht wären sie dann tatsächlich auch mal unter sich und er würde sich um sie kümmern... das war schon ein sehr verlockendes Angebot. Bei dem Gedanken alleine musste sie sich anstrengen, ihren Schwanz nicht zu sehr wedeln zu lassen.
      Alora räusperte sich, um die Stille zu unterbrechen und sich ein wenig zu beruhigen. Sie müsste ihr Vorhaben zuerst mit ihrem Vater besprechen, da sie dadurch vermutlich etwas eingeschränkter wäre, ihm jedem Abend bei seinen Experimenten zu helfen. Deswegen sollte sie sich vorerst seine Erlaubnis holen. "Ich muss zuerst etwas abklären... aber ich komme mit."
    • Die meisten Studenten der Spantamad waren mit Nuriyas Eigenart sich hin und wieder zurückzuziehen, um ein, wie sie es gerne nannten, 'Mittagsschläfchen zu halten', bereits bestens vertraut. Würden sie den eigentlichen Grund kennen, dann würden sie vermutlich aufhören sich über diese 'sorgenfreie Einstellung' zu amüsieren. Obwohl bereits einige Zeit zwischen dem Vorfall und dem Hier und Jetzt lag, litt sie bis heute gelegentlich an den Nebenwirkungen der damaligen Vergiftung; bemerkbar machte sich das Ganze durch ein leichtes Schwindelgefühl, welches früher oder später darin ausarten konnte, dass ihr gesamter Körper für einige Stunden wie gelähmt war und um diesen fortschreitenden Prozess zu unterbinden, war es oftmals notwendig sich irgendwo zur Ruhe zu setzen, bis der Schmerz letzten Endes abebbte.

      Alhaitham war einer der Wenigen, der es schaffte, dass selbst ein bloßes Räuspern abwertend klang. Es war selbstverständlich, dass sie ihn in diesem Zustand weder sehen noch hören wollte. Aber wie nur schwer zu verkennen war, kam er diesmal nicht allein; beinahe schon unüblich für einen Einzelgängers seines Kalibers.
      "Hallo." Sie würde lügen, wenn sie nicht neugierig auf die Person wäre, die ausgerechnet von Jemandem wie Alhaitham zu ihr gebracht wurde. "Mein Name ist Kazuha. Ich habe gehört, dass du mir vielleicht weiterhelfen könntest." Das Buch hob sie nun von ihrem Gesicht und beinahe ließ sie es fallen. Kazuha redete zwar, aber sie hörte nur mit halbem Ohr zu. "Ungewöhnlich...", murmelte sie kurzerhand vor sich hin, während sie ihn eingehend musterte.
      Sie kannte sich bestens aus mit Dingen, die nicht ins Bild passten; Kazuha war ein Paradebeispiel dafür. An einer Akademie, wo alle dazu genötigt wurden dieselbe langweilige Uniform zu tragen, fiel er auf wie ein bunter Hund. Alhaitham konnte ihr hiermit nun definitiv nicht mehr länger weismachen, dass er diese plötzlich angekündigte Exkursion für bloße Studienzwecke benötigte.
      "Inazuma? Ich hatte schon gehört, dass man stark an der Tradition festhält, dort alles beim Alten zu belassen", ihr Blick fiel auf seine Kleidung, die neben seinem eigentlichen Aussehen zusätzlich herausstachen, "Man könnte fast sagen, dass sich dort über die Jahre hinweg nicht viel verändert hat." Sie seufzte beinahe schon ein wenig theatralisch. Kazuha hielt immer noch die Vision in seinen Händen. Jetzt hatte sie doch tatsächlich verpasst ihm vernünftig zuzuhören, aber höchstwahrscheinlich ging es ihm nur um irgendwelche simplen Fakten, die man in jedem x-beliebigem Buch nachlesen konnte, wenn man denn lesen konnte und selbst dann, waren die Bücher schlimmer geschrieben als irgendwelche verschlüsselten Runen, die es vorerst zu übersetzen galt. Die ganzen Fachbegriffe hatten sie damals schon immer aus der Ruhe gebracht, wann immer sie Kisan und Narayan über die Schulter geschaut hatte.

      "Natürlich helfe ich dir", behutsam streckte sie ihm die Hand entgegen, damit er ihr die Vision überreichen konnte. In dem Moment wo sie diese genauer betrachtete nickte sie mehrfach, beinahe so als hätte sie das Rätsel bereits gelöst. Probeweise hielt sie die Vision sogar in die Höhe, fast so als würde sie versuchen nach etwas ganz Bestimmten zu suchen. "Es handelt sich hier definitiv... um eine Vision." Ein beinahe schon spielerisches Lächeln umspielte ihre Lippen. Es war lange her, dass sie eine echte Vision, dessen Träger bereits verstorben war zu Gesicht bekommen hatte, aber das würde sie einem dahergelaufenem Ausreißer garantiert nicht gestehen, verdammt, das würde sie vermutlich Niemandem aus dieser Zeit jemals gestehen. Geduldig wartete sie nun auf Kazuhas Reaktion. Er würde nicht anders können als an ihrer Aussage zu verzweifeln und dann hätte sie ihn genau da, wo sie ihn haben wollte.

      "Hmm... es ist verboten an Visions zu experimentieren und würde dich hier Jemand damit erwischen, dann würde man die Vision nicht nur umgehend konfiszieren, sondern dich auch anschließend der Akademie verweisen", sie erhob sich von ihrem Platz, die Vision immer noch fest im Griff. Sie konnte seine Anspannung erkennen, fast schon erschreckend was für eine Selbstbeherrschung der Samurai besaß. Sie lief an ihm vorbei, spielte mit seiner Geduld. Nichts schien ihn dazu zu verleiten diese innere Ruhe abzulegen.

      "Aber ich habe kein Interesse daran, dass dieser Fall eintritt. Du bist also zu mir gekommen um was zu sehen...", sie hielt die Vision nun über einen naheliegenden Springbrunnen, es schien fast so als wolle sie diese ins Wasser fallen lassen, "In Fontaine, der Stadt der Gerechtigkeit, gibt es ein Sprichwort: Wasser birgt Erinnerungen. Wenn ich dir zu dieser Vision also etwas erzählen soll, dann wird es dich etwas kosten." Sie konnte sehen, wie er zum Sprechen ansetzen wollte. "Es wird dich eine Menge kosten..."

      ---

      "Ich muss zuerst etwas abklären... aber ich komme mit."

      Mehr musste Alhaitham nicht hören. Es klang beinahe wie eine eindeutige Zusage, solange man ihr nicht die Chance ließ eine Ablehnung zu bevorzugen; jetzt oder nie.
      "Gut, wenn du dich entschieden hast", er kramte umgehend einige Papiere hervor, die er in einer Mappe mit sich geführt hatte und platzierte diese dreist auf dem aufgeklappten Buch, in welches Khareena zuvor noch so vertieft war, "Dann brauche ich deine Unterschrift hier, hier und auf der letzten Seite unten rechts." Er schien gar nicht zu bemerken wie überfordert sein Gegenüber mit dem dezenten Papierstapel wirkte, sondern redete einfach unverwandt weiter.

      "Als Begründung deiner Studienzwecke kannst du dich ganz einfach als unser Medic eintragen. Ich hoffe selbstverständlich, dass es zu keinerlei Komplikationen, alleinig verschuldet durch äußere Einflüsse, kommt, aber nur ein Narr würde sich versprechen, dass alles problemlos ablaufen würde. Dir ist gestattet, dein eigenes Medikit zu führen, aber trotzdem werde ich dafür sorgen, dass wir die vollständige Ausrüstung, mit allem was dazugehört, gestellt bekommen.

      Bist du eigentlich im Kampf erfahren?"

      Die eingehende Stille, die nach dieser Frage folgte, wertete er nach ungefähr 30 Sekunden schlichtweg als ein 'Nein'. "Dann kannst du diese Seite hier schon mal komplett ignorieren." Eine Seite weniger, zehn weitere Seiten, die es also noch auszufüllen galt. "Die letzten Seiten sind reine Routine. Es geht nur darum zuzustimmen, dass die Akademie nicht für den Verlust von Körperteilen, inneren Organen oder schweren psychischen Leiden, welche im Nachhinein, nach Abschluss der Exkursion, auftreten, aufkommen wird. Im traurigen Falle eines Verlustes durch Unachtsamkeit, Krankheit oder sonstiger äußerer Einflüsse, hervorgerufen durch den Beteiligten selbst, werden unter anderem keine Kosten für eine Beerdigung oder aber das Auffinden der Überreste gestellt. Wie gesagt, das übliche Prozedere."

      Er verschränkte die Arme, während sein Blick nun endlich wieder auf Khareena fiel. Sie wirkte ein wenig blass um die Nase herum.
      "Ist alles in Ordnung?" Vielleicht wurde ihm in genau diesem Moment nun doch langsam bewusst, dass er sie nahezu mit einem Schwall an Informationen überschüttet hatte. Da er immerhin nicht wissen konnte, ob dies ihre erste offizielle Exkursion war, hatte er eigentlich damit gerechnet, dass ihr dieses Wissen zugute kommen würde. Lag er wirklich so falsch mit der Annahme, dass ihr diese ganze Prozedur neu war?

      "Du warst schon einmal auf einer Exkursion?" Stille. "Wenn du Hilfe beim Ausfüllen der Formulare benötigst, dann kannst du mich jederzeit darauf ansprechen." Da er sowieso nichts besseres zu tun hatte, außer noch ein paar weitere Bewerber aufzutreiben, rückte er den Stuhl neben der Studentin zurück, um sich darauf zu setzen. "Eigentlich wäre es mir sogar lieber wenn wir das Ganze gleich hinter uns bringen würden. Ich werde die Papiere selbstverständlich erst dann einreichen, wenn deine Entscheidung endgültig feststeht."
      "Genieß deine 5 Minuten Ruhm
      und pass auf, dass es nicht 6 werden."

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    • "Natürlich helfe ich dir" Ein Hoffnungsschimmer machte sich in Kazuha breit. Wenn er nun auch nur ein Fünkchen weiterkäme, hätten sich die bisherigen Mühen gelohnt. Gespannt schaute er ihr zu, wie sie die Vision betrachtete und... "Es handelt sich hier definitiv... um eine Vision." Wie bitte...?
      Der Samurai war nicht ganz sicher, ob die Rosahaarige vielleicht annahm, sie habe es mit jemandem zu tun, der noch nie eine Vision erblickt hatte. Doch Kazuha konnte es ihr nicht wirklich verübeln – schließlich präsentierte sich vor ihnen keine gewöhnliche Vision, die jedem in Teyvat offenstand. Bei so einer außergewöhnlichen Erscheinung konnten durchaus Zweifel aufkommen, ob es sich wirklich um das handelte, was man vermuteten könnte. In solchen Momenten war es nur angemessen, auf solche Kleinigkeiten hinzuweisen.
      "Das ist mir bereits bewusst. Aber genau deshalb suche ich nach Antworten. Gibt es vielleicht eine Möglichkeit, sie wiederzubeleben?", fragte der Weißhaarige. Die Antwort war klar, doch so langsam wurde ihm die Situation unheimlich. Sie hielt die Vision plötzlich fest in ihrem Griff, ganz so, als würde sie sie nicht mehr hergeben wollen. Das kleine Teil war sein größter und vermutlich einziger richtiger Besitz. Daher musste er sich Mühe geben, Ruhe zu bewahren und nicht die Nerven zu verlieren, besonders als sie sie über den Springbrunnen hielt.

      "Wenn ich dir zu dieser Vision also etwas erzählen soll, dann wird es dich etwas kosten." Stimmt ja! Er hatte tatsächlich ein Ass im Ärmel, welches Alhaitham ihm überließ. Überraschend, wie eine so freundlich wirkende Frau so gewieft sein konnte. Das zeigte nur, dass man nie nach dem Äußeren urteilen sollte. Eines war klar: Alhaitham konnte sich dies schon denken und ließ ihn keineswegs im Stich.
      Gerade wollte Kazuha zum Reden ansetzen, als die Rosahaarige hinzufügte: "Es wird dich eine Menge kosten..." Ein angedeutetes Lächeln spielte auf ihren Lippen, und in ihren Augen lag eine Mischung aus Interesse und List. Kazuha konnte erahnen, dass die Informationen, nach denen er suchte, nicht billig sein würden.
      Auch wenn der Ohrring eher nach Schrott als nach einer antiken Seltenheit aussah - konnte er wirklich ihre Meinung umstimmen? Er bemühte sich, seine Nervosität nicht zu offensichtlich zu zeigen. Sicher würde sie nicht wagen, Tomos Vision etwas anzutun, wenn er ihr diesen vermeintlich wertlosen Ohrring präsentierte... oder? Leider blieb ihm keine andere Wahl, als auf Alhaithams Wohltat zu vertrauen.

      Der Samurai holte den Ohrring äußerst behutsam aus seiner Tasche, um das zerbrechlich wirkende Ding nicht zu beschädigen. Mit einer Hand hielt er ihn in die Höhe und präsentierte ihn ihr: "Im Gegenzug zu der Vision und den Informationen sollte dies doch ausreichen, richtig?" Ein schwaches Lächeln spielte auf seinen Lippen, während er versuchte, sein Unbehagen zu verbergen und gleichzeitig auf eine positive Reaktion zu hoffen.
      Er hatte sie tatsächlich in die Enge getrieben, und das spiegelte sich unübersehbar in ihrem Gesichtsausdruck wider. Die Frage, was sie an diesem vermeintlichen Schrott fand, blieb im Raum stehen, während er die Ware geschickt außerhalb ihrer Reichweite hielt als sie auf ihn zukam. Die kleine Szene hatte ihn in eine vorteilhafte Position gebracht.
      "Die Vision", setzte er an und nickte dabei in Richtung des kostbaren Gegenstands, "und die Informationen zuerst. Dann kommen wir ins Geschäft."


      ---


      "Ist alles in Ordnung?" Absolut nicht. Sie rechnete mit allem, aber nicht mit diesem Schwall an Informationen. So sehr sie es auch wollte, konnte sie sich einfach nicht auf seine Worte konzentrieren. Neben der ganzen Überforderung blieb nur noch der Gedanke an den "Verlust von Körperteilen" und die Tatsache, dass nicht mal nach Überresten gesucht wurde, falls jemand – wahrscheinlich eher sie selbst wegen fehlender Kampferfahrung – zu Schaden käme.
      Panik durchströmte ihren Körper. Falls sie lebendig wieder zurückkommen sollte - wie solle sie dann noch ihrem Vater helfen, wenn ihr ein oder gar beide Arme fehlten? Oder der Kopf? Sicher könnte er durch Testpersonen für seine Experimente an Ersatz für sie kommen, aber ihr wäre es wichtig ihre eigenen Gliedmaßen zu behalten...

      "Du warst schon einmal auf einer Exkursion?" Dieser Satz riss sie aus dem Teufelskreis ihrer Gedanken, doch eine Antwort blieb aus, da sie noch immer von der gesamten Situation überfordert war. Plötzlich schob er den Stuhl neben ihr zurück, um sich neben sie zu setzen.
      Nun konnte sie sich wirklich nicht mehr auf das Gesagte konzentrieren. Die Worte, die aus Alhaithams Mund kamen, verschwammen zu einem undurchdringlichen Brei in ihrem Kopf. Sie füllte mechanisch alle Felder für Unterschriften aus die er ihr zeigte, obwohl sie keine klare Vorstellung mehr davon hatte, was er ihr eigentlich erzählte.
      Immer wieder kam er ihr dabei auch näher, um bestimmte Punkte zu erklären. Seine Nähe ließ ihr Herz schneller schlagen und als seine Hand kurz ihre berührte, durchzuckte sie ein Gefühl der Freude. In diesem Moment war ihre Freude so überwältigend, dass sie beinahe vor Glück hätte aufschreien können. Davon abgesehen hoffte sie inständig, dass ihr Gesicht nicht völlig rot vor Verlegenheit war. Diese unerklärliche Anziehungskraft, die von seiner Nähe ausging, brachte ihre Gedanken schlichtweg durcheinander.

      Als Alhaitham zufrieden die Blätter zu einem Stapel zusammenlegte und erneut die Exkursion erwähnte, wurde Alora allmählich bewusst, was sie gerade getan hatte. Panisch schnappte sie nach dem Stapel mit ihren Unterschriften, doch der Silberhaarige war schneller und hielt die Dokumente außerhalb ihrer Reichweite, um sie fein säuberlich in seine Mappe zu legen.
      "Alhaitham, ich..." Als hätte sie keine Kontrolle über sich stand sie schnell auf, hielt aber schnell inne als sie ihm wieder nahe stand. 'Ich muss da vorher noch etwas abklären'Verdammt... ihre Unsicherheit wurde in dem Moment spürbar, als sein Blick auf sie fiel. "Sch-schon gut."
      Nachdem er sich entfernt hatte, ließ sie sich wieder auf ihren Platz sinken und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Ein impulsiver Schrei der Frustration drohte herauszubrechen. Sie musste die Sache unbedingt klären – oder zumindest hoffen, dass ihr Vater die bevorstehende Exkursion gutheißen würde. Aber andererseits wollte sie auch nicht zu lange von ihm weg sein.
      Vor lauter Panik knallte sie mit ein wenig zu viel Wucht ihr Buch zu, packte die restlichen Bücher und Notizen zusammen und machte sich ohne Zögern auf den Weg nach Hause.
      Sie konnte nicht bis heute Abend warten; das musste sofort geklärt werden. Immerhin handelte es sich hierbei - zumindest für sie selbst - um einen absoluten Notfall. Andernfalls würde sie sich nicht mehr beruhigen können. Ihr Vater würde sie da sicher auf die ein oder andere Art und Weise wieder herausholen. Ganz sicher.

      Zu Hause angekommen warf sie ihre Unterlagen einfach auf den Boden. Mit zittrigen Händen leerte sie ihre Tasche aus, bis der Gegenstand, den sie panisch suchte, endlich zum Vorschein kam. Es handelte sich um eine kleine Replika einer Gnosis. Für jeden anderen mochte dieses unscheinbare Teil wie ein gewöhnliches Spielzeug wirken, doch in Wahrheit war es eine Art Mini-Teleporter, der sie direkt zum Standort ihres Vaters befördern konnte. Ziemlich nützlich, besonders wenn ihr Vater sich fast täglich an verschiedenen versteckten Orten aufhielt. Das ersparte ihr die mühsame Suche nach ihm und verlieh ihr stets ein Stück Sicherheit, wenn sie die Gnosis bei sich trug.
      Fest drückte sie die kleine Replika an ihre Brust und fand sich im nächsten Moment in einem Vorraum eines Labors wieder. Alora schnellte zur Hochsicherheitstür und brach sie auf, als wäre es ein Kinderspiel, während Tränen über ihre Wangen liefen.
      "ES TUT MIR SO LEID", schrie sie, während sie sich an ihn klammerte und irgendeinen unverständlichen Kram vor sich her stammelte, aus dem man lediglich die Worte 'Unterschrift', 'Exkursion' und 'abgetrennte Körperteile' entnehmen konnte.
      Sie versuchte sich mehrfach zu beruhigen, doch die Tränen ließen nicht nach. Immerhin konnte sie mittlerweile ihrem Vater deutlich machen, was eigentlich Sache war.
      "Was ist, wenn etwas passiert? Diese Eremiten sollen ziemlich brutal sein", mit zittrigen Händen klammerte sie sich an seinem Kittel fest. "Was soll ich nur tun?" Alora konnte ihn nicht im Stich lassen. Kein einziger Tag verging, an dem sie ihn nicht bei den Experimenten unterstützte.
      "Lass mich bitte wieder bei dir im Bett schlafen, ich mach mich auch ganz klein. Versprochen."

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von kiwi ()

    • "Im Gegenzug zu der Vision und den Informationen sollte dies doch ausreichen, richtig?"

      Sie stockte. Der längliche Ohrring, welcher gewisse Ähnlichkeit mit einer Phiole hatte, blitzte für einen kurzen Moment im Sonnenlicht auf, als Kazuha ihn demonstrativ in die Höhe hielt. Ihr Blick schien wie gebannt, der Arm, welcher die Vision zuvor noch über den Springbrunnen hielt, zog sie nun wieder zu sich. Nun, da sich das Blatt gewendet hatte, gab es leider kein Zurück mehr. Innerlich hatte sie gehofft, dass er einfach nur ein dahergelaufener Einfallspinsel war, dem sie solch einen Schrecken einjagen konnte, dass er von selbst aufgeben und verschwinden würde. Sie konnte es nicht leiden, wenn Leute zu viele Fragen stellten, denn früher oder später könnte sich das Ganze mit Pech doch noch gegen sie wenden. "Fein. Du hast gewonnen", sie tat ein paar Schritte auf ihn zu.

      Wer hätte auch jemals damit rechnen können, dass dieser Fremdling aus Inazuma ihr nun ausgerechnet den Gegenstand, hinter welchem sie bereits eine lange Weile hinterher war, plötzlich als Tausch anbieten würde? "Alhaitham...", ihre Stimme klang mehr wie ein dumpfes Grollen; anscheinend wurde ihr gerade bewusst, dass dieser Mistkerl wohl alles und jedem im Auge behielt für genau solche Fälle. Er musste sie irgendwann auf dem Basar beim feilschen erwischt haben oder aber dieser unverschämte Sack, der alles an seinem Stand zu utopischen Preisen verkaufte, musste sich lauthals über sie bei allen Umstehenden ausgelassen haben. Ganz gleich, sie würde zukünftig wohl besser aufpassen müssen. "Weißt du überhaupt was du da in den Händen hälst? Dieser Gegenstand ist... antik", es fühlte sich merkwürdig an dieses Wort zu gebrauchen, "Es ist also durchaus ein fairer Tausch und ich nehme dein Angebot a-"

      Natürlich, sobald sie die Hand danach ausstreckte entzog er ihr den Ohrring. "Die Vision... und die Informationen zuerst. Dann kommen wir ins Geschäft."

      Eins musste sie ihm lassen, Mumm hatte er durchaus. Ein tiefer Seufzer entsprang ihrer Kehle, denn sie wusste ganz genau was das nun für sie bedeutete. "Visions werden von den Archons für besondere sowie, in ihren Augen, anerkannte Leistungen verliehen. Höchstwahrscheinlich wirst du dich selber auch noch an den Moment erinnern können, in welchem du deine Vision erhalten hast, richtig? Verabschieden wir uns von dem Gedanken, dass die Visions allein das Werk der Archons sind und gehen stattdessen davon aus, dass die Vision nur Form annimmt für etwas, was allerdings schon immer vorhanden war. In diesem Fall... ein starker Wille."

      Er schien ihr aufmerksam zuzuhören. Kurz musste sie daran denken, wie irritierend diese Erläuterungen früher immer für sie geklungen hatten und heute stand sie selber inmitten der Akademie und gab beinahe Wort für Wort wieder, was sie damals immer wieder von Kisan erklärt bekommen hatte.

      "Wenn wir sterben bleibt etwas ganz Entscheidendes von uns übrig. Kannst du dir schon denken was das ist?", sie hob die Vision nun in die Höhe, "Erinnerungen." Sie deutete auf den Springbrunnen, bevor sie sich auch schon in Bewegung setzte und darauf zusteuerte. "Die Vision erlischt wenn ihr Träger stirbt, aber das heißt nicht, dass sie danach unbrauchbar ist. Genauso wie die Erinnerung an den Verstorbenen bestehen bleibt...", behutsam ließ sie die Vision die Wasseroberfläche durchbrechen, "...bleibt auch ein Funken in der Vision bestehen." Kazuha konnte deutlich erkennen, dass die Vision unter Wasser ein schwaches purpurfarbenes Leuchten aufwies. Nach einer Weile zog Nuriya ihre Hand wieder aus dem Wasser, welche immer noch fest die Vision umschlossen hielt, das Leuchten hörte schlagartig auf und die Vision war wieder so leer und durchsichtig wie zuvor. "Ich werde dir keine persönlichen Fragen stellen. Ich finde das gehört sich nicht. Wem immer die Vision auch gehören mag, das ist ganz allein deine Sache", sie reichte ihm beide Hände, die eine hielt die Vision und die andere war leer, "Ich denke es wird Zeit zu tauschen."

      Sie beobachtete wie Kazuha dabei war den Ohrring wieder hervorzukramen. "Wo hat Alhaitham dich bloß gefunden? Du bist nicht auf den Kopf gefallen, aber du bist nicht Teil der Akademie. Du verfolgst viel zu edle Absichten, als dass du Mitglied der Eremiten sein könntest und für einen einfachen Banditen bist du viel zu gut gekleidet", sie durchbohrte ihn nun förmlich mit ihren Blick, "Du musst es mir nicht bedingt verraten. Ich finde es am Ende ja doch heraus."

      ---

      "Alhaitham, ich..."

      Diesmal klang ihre Stimme aufgebracht, weshalb er Inne hielt und ihr seine volle Aufmerksamkeit schenkte. "...du?" Er hoffte wirklich, dass sie ihre Entscheidung jetzt nicht revidieren würde. Zum einen wäre das nicht nur unpraktisch diesbezüglich der anstehenden Exkursion, sondern auch weil sie bereits die erforderlichen Dokumente gemeinsam ausgefüllt hatten. Er wollte ungern einen neuen Satz Zettel besorgen und das Ganze mit einer weiteren Person durchkauen müssen, welche, im Gegensatz zu Khareena, zu viele Fragen mit zu wenig Sinn stellen könnte. Allein die Vorstellung ließ ihn einen dezenten Schauer über den Rücken laufen. Apropos, da fiel ihm ja doch gerade wieder ein, dass er Kaveh höchstwahrscheinlich auch noch beim Ausfüllen behilflich sein durfte, keine angenehme Vorstellung.

      "Sch-schon gut."

      "Dann ist ja gut." Er nickte ihr kurz zu als er sich auch schon erhob, um sich auf den Weg zu machen. Ein schlechtes Gewissen plagte ihn keineswegs. Kurz bevor er sich allerdings in Bewegung setzen konnte, hielt er inne und drehte sich dann noch einmal zur Vastaya: "Übrigens, wäre es wirklich hilfreich, wenn das nicht bedingt die Runde machen würde. Es gibt eine Sache, der ich seit Monaten versuche nachzugehen und in der Wüste würde ich höchstwahrscheinlich auf Antworten stoßen." Mit einem dumpfen Nicken verabschiedete er sich nun.

      ---

      Wenn Dottore die Zeit über, welche er mit Alora bereits verbringen durfte, eins gelernt hatte, dann war es die Tatsache, dass man sich von seiner Privatsphäre verabschieden konnte. "Es ist auch immer wieder eine Freude dich zu sehen, meine kleine Investition." Unbeirrt mischte er eine Chemikalie von einem Reagenzglas ins Andere. Während er sich anscheinend irgendeine Form der Reaktion erhoffte, ratterte die junge Vastaya ihre Sorgen und Bedenken in einer Tour runter. Er hörte ihr nur mit halbem Ohr zu, wobei es langsam aber sicher interessant wurde, als sie endlich die Exkursion in die Wüste erwähnte.

      "Verstehe ich das also richtig? Du wolltest dich einfach ungefragt in die Wüste stehlen?"

      Ohne sie eines Blickes zu würdigen lief er nun an ihr vorbei, während er sich dabei die Handschuhe, welche er zuvor noch getragen hatte, auszog. Seine Gedanken kreisten nun um die Exkursion. Es war bereits eine ganze Weile her, dass Jemand solch ein Vorhaben versuchte in die Tat umzusetzen. Die Akademie war zwar großzügig, wenn es darum ging den Erfolg ihrer Studenten und Gelehrten zu fördern, aber Exkursionen fielen dabei nicht in dieses Schema. Eine Exkursion brachte ihnen mehr Risiken als Vorteile ein, weshalb sie irgendwann mit diesen umständlichen Regelungen anfingen, wie beispielweise die Teilnahme eines Mitglieds aus jedem der sechs verschiedenen Lehrbereiche. Was ein Jammer, dass die Akademie über die Jahre hinweg immer mehr und mehr an Glanz verlor.

      "...die Wüste ist ein trostloses Pflaster. Ich wüsste nicht, was es dort für dich zu holen gebe. Wie kommst du plötzlich auf den Gedanken dich in solch eine Sache verwickeln zu lassen?" Beinahe wäre ihm rausgerutscht zu fragen, ob sie plötzlich ihre vermeintlichen Freundschaften etwas zu stark gepflegt hätte. Alora und er gehörten zu der Sorte, die zwar wussten, dass man ohne Beziehungen nicht allzu weit kam, aber das hieß noch lange nicht, das man diese auch gerne führte; allenfalls war diese 'Misere' ein Umstand, den man nur schwer umgehen konnte. "Beruhige dich endlich", er deutete ihr sich endlich zu setzen, während er sich selbst an den Tisch lehnte, die Arme verschränkt, "Du weißt, dass es Mittel und Wege gibt den Antrag abzulehnen. Also? Wer hat den Antrag gestellt und weshalb will diese Person dich involvieren?" Er war nicht amüsiert, wobei man dies durch die Maske, die er so gut wie immer trug eigentlich nur erahnen konnte.
      "Genieß deine 5 Minuten Ruhm
      und pass auf, dass es nicht 6 werden."

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    • "Fein. Du hast gewonnen"

      Kazuha fühlte sich durch diese Antwort bereits beinahe siegessicher. Dennoch war er sich bewusst, dass jemand, der solche Spielchen trieb, durchaus gewieft sein konnte, weshalb er versuchte sich nicht allzu früh zu freuen. Er befand sich weder im Besitz seiner Vision, noch gab sie weitere Informationen preis; demnach waren Vorsicht und taktisches Geschick weiterhin geboten.
      Anhand ihrer folgenden Reaktion wurde offensichtlich, dass dieses abgenutzte Teil für sie von großer Bedeutung war. Schon im Augenblick, als sie ihre Hand danach ausstreckte, wich er zurück und forderte sie stattdessen zum Tausch auf. Sicherheit ging schließlich vor. Und diese siegte letztendlich auch, denn sie begann, die von ihm heiß ersehnte Information preiszugeben. Womit der Samurai jedoch nicht rechnete, war, dass es gleich so viele Informationen gab, mit denen er tatsächlich etwas anfangen konnte. All die Wochen, Monate, wenn nicht gar Jahre, in denen er nach Antworten suchte, fasste Nuriya perfekt für ihn zusammen. Zusätzlich dazu konnte sie ihm sogar mehr bieten als erwartet, was einen unerwarteten Hoffnungsschimmer in ihm entfachte.

      "Die Vision erlischt wenn ihr Träger stirbt, aber das heißt nicht, dass sie danach unbrauchbar ist. Genauso wie die Erinnerung an den Verstorbenen bestehen bleibt...", der Samurai konnte seinen Augen kaum trauen als Nuriya die Vision plötzlich ins Wasser hielt; hat er sich das Leuchten gerade etwa eingebildet? "...bleibt auch ein Funken in der Vision bestehen."
      Die Spannung in der Luft war nahezu greifbar, als Nuriya die Vision langsam durch das Wasser bewegte. Das Leuchten der Vision - auch wenn es nur ein schwaches war - war deutlich zu sehen. Alleine der anblick des zarten lila Schimmerns führte dazu, dass Kazuha sich seinem verstorbenen Freund so nahe fühlte, als würde er direkt neben ihm stehen. Vor Aufregung fing sogar das Herz des Weißhaarigen immer schneller zu pochen.
      Es war also doch möglich, die Vision wiederzubeleben. Selbst wenn das Leuchten nur schwach war, konnte man es doch deutlich genug erkennen. Diese Erkenntnis alleine überwältigte den Samurai, der ursprünglich nicht mit so viel Information gerechnet hatte. Aber die Tatsache, dass Nuriya ihm unglaublich viel über das kleine Teil erzählen konnte, erstaunte ihn schon fast mehr. Wer war sie genau und wieso wusste sie so viel über Visions bescheid?
      Er erinnerte sich genau an einen Lehrling der Akademie, der ihm kaum mehr als grobe Erklärungen über das, was er in der Hand hielt, bieten konnte. Die Kluft zwischen diesem bescheidenen Wissen und Nuriyas beeindruckender Kenntnis schien unüberwindlich.

      "Ich denke es wird Zeit zu tauschen." Mit diesen Worten riss Nuriya ihn aus seinem Teufelskreis der Gedanken. Letztendlich war es auch nicht wichtig, woher sie all dieses Wissen bezog. Viel bedeutsamer war die Tatsache, dass er nun um beträchtliche Informationen reicher geworden war. Und das musste auch belohnt werden. "Natürlich", sagte er lächelnd und holte den Ohrring aus seiner Tasche, während sie ihm plötzlich eine Reihe von Fragen stellte.
      Auch wenn er ihr für die hilfreichen Informationen sehr dankbar war, bestand kein weiteres Interesse an einer Konversation mit ihr. Wäre der Start mit ihr nicht so holprig ausfallen und wäre sie nicht so respektlos mit seinem Eigentum umgegangen, dann würde es sich jetzt höchstwahrscheinlich um eine ganz andere Situationslage handeln. Obwohl sie keinerlei Antworten von ihm erhielt, war sie sich durchaus sicher, selbst irgendwie an die gewünschten Informationen zu gelangen. "Ach... ist das so?", mit einem Schmunzeln legte er den Ohrring behutsam in ihre leere Hand und griff mit der anderen nach Tomos Vision, "die Umstände meiner Begegnung mit Alhaitham oder woher ich komme sind nicht so wichtig. Viel wichtiger ist wohin der Wind mich führt."
      Mehr wollte er dazu nichts mehr sagen. Beide Parteien hatten nun was sie wollten und damit würden sich ihre Wege trennen. Er kehrte ihr also den Rücken zu und ging ein paar Schritte, bevor er kurz zum Stillstand kam. "Ach und eines noch, bevor ich es vergesse", er drehte sich mit dem Kopf zu ihr und schenkte ihr ein aufrichtiges Lächeln, "vielen Dank. Du hast mir sehr geholfen."


      ---


      "Verstehe ich das also richtig? Du wolltest dich einfach ungefragt in die Wüste stehlen?" Als Alora diese Worte vernahm, spürte sie, wie es ihr eiskalt den Rücken hinunterlief. "Nein... Nein, auf keinen Fall!", entgegnete sie mit beinahe panischer Stimme. Verzweifelt versuchte sie sich zu erklären, doch aufgrund ihrer Tränen kamen kaum verständliche Sätze über ihre Lippen. Sie würde niemals ohne das Einverständnis ihres Vaters irgendwo hingehen, was ihre Aufmerksamkeit länger als maximal zwei Tage benötigte. Vermutlich hätte sie ihn nicht einmal gefragt, und die Frage, ob sie bei der Exkursion nun mitmachen würde oder nicht, im Sande verlaufen lassen – oder im Zweifelsfall einfach gelogen.

      Auf Dottores Aufforderung hin setzte sich die junge Vastaya hin und blickte ihn wehleidig an während sie versuchte sich wieder zu beruhigen. Sicher, es gab Mittel und Wege, Anträge abzulehnen, selbst nachdem man seine Unterschrift mehrfach aufs Papier gesetzt hatte, aber dazu hätte es gar nicht erst kommen sollen. Zudem wollte sie Alhaitham nicht unnötig zur Last fallen. Würde er sie danach überhaupt noch mögen? Mochte er sie überhaupt oder tolerierte er sie nur? Könnte sie sich danach noch bei ihm zu Hause blicken lassen, selbst wenn sie nur Kaveh besuchen würde? Oder würde er gar versuchen sie aus der Akademie-
      "Also? Wer hat den Antrag gestellt und weshalb will diese Person dich involvieren?", Alora wurde wieder aus ihren Gedanken gerissen und brauchte einen kurzen Moment, um seine Frage zu registriere. Ehrlicherweise wusste sie nicht genau wo sie anfangen sollte und außerdem war es ihr peinlich, ihm die gesamte Wahrheit zu erzählen. Am einfachsten war es wohl die Wahrheit in kurzen Fakten rauszurücken. "Alhaitham ist anscheinend seit Monaten auf der Suche nach irgendwas, was sich in der Wüste befinden soll... er erwähnte aber nicht was genau. Allerdings muss es etwas wichtiges sein, da er nicht der Typ Mensch ist, der sich wegen Lappalien irgendwo ins Nirgendwo begibt... er meinte auf der Exkursion würde ich die Rolle des Mediziners übernehmen."

      Auf ihre Antwort hin gab ihr Vater ihr keine Antwort, was sie sofort verunsicherte. Hatte sie etwas falsches gemacht? War das etwa zu wenig Informationen? Wieso sagte er nichts? Er war doch sonst immer sehr direkt mit dem was er wollte. "J-jedenfalls hat er mir den Antrag so gut wie aufgezwungen. Es ist mir zwar unangenehm, aber ich rede nochmal mit ihm und ziehe meinen Antrag zurück", Alora griff wieder nach Dottores Kittel und sah ihn mit großen Augen an, "ich hoffe, du bist mir nicht böse."Alles was sie wollte war, hier zu bleiben und ihm zu helfen. Sie konnte sich nichts anderes vorstellen, da er ihr ein und alles war.
    • ---

      "Ist ein ziemlich schlechter Zeitpunkt für einen Rückzieher, meinst du nicht auch?", mit einer Haarklemme zwischen den Zähnen, versuchte sie die langen rosafarbenen Haare zusammenzuhalten, "Außerdem hast du doch schon alles für die Reise gepackt." Sie konnte auf gar keinen Fall riskieren, dass ihre Tarnung während dieser Exkursion aufflog. Das kleine Gadget, welches ihr ermöglichte ein komplett neues Aussehen anzunehmen war durchaus hilfreich, aber sollte sie es durch einen dummen Zufall verlieren, was auf einer derartig unerwarteten Reise in die Wüste, ohne klaren Ausgangspunkt, durchaus der Fall sein könnte, würde sie schnell in Teufelsküche geraten. Garantiert würde sie nicht zulassen, dass ihre guteinstudierte Rolle als Nuriya unbrauchbar werden würde, weshalb es galt die Frisur hinten so fest zuzuschnüren, wie es eben möglich war.

      "Außerdem", ihre Stimme schnitt durch Aloras beklommene Selbstzweifel, welche sie sich bereits seit heute Morgen anhören durfte, "Würdest du unserem, ach so tollen, Reiseführer, damit ziemlich vor den Kopf stoßen. Hattest du gewusst, dass er seine gesamte Tour abblasen darf, wenn jetzt in letzter Minute noch einer abspringt?" Mit dem, ach so tollen Reiseführer, war selbstverständlich Alhaitham gemeint. Alora schien es bis jetzt immer noch nicht bemerkt zu haben, aber Ostara war schon seit längerer Zeit bewusst, dass sie etwas für den sturen Akademiker übrig hatte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit würde sie sich jetzt etwas mehr am Riemen reißen können, zumindest hoffte Ostara das.
      Fast schon ein wenig bewundernswert wie die Vastaya aus sicherer Entfernung Jemanden lieben konnte, ohne dabei bei der entsprechenden Person aufzufliegen. Manchmal fragte sie sich, was der eigentliche Grund für diese Unterbindung der Gefühle war und dann wiederum rief sie sich ins Gedächtnis, dass sie das Ganze eigentlich auch nichts anging.

      "Wir sollten los, ansonsten kommen wir noch zu spät", mit diesen Worten erhob sie sich nun von ihrem Platz vor der Schminkkommode. Aloras vollkommen irritierter Gesichtsausdruck brannte sich regelrecht in ihren Rücken. Nuriya war wie eine perfekt einstudierte Rolle und wenn man eine Sache über sie wusste, dann dass sie so gut wie immer zu spät erschien, um zu unterstreichen wie unbekümmert ihre Weltansicht doch war. "Ich würde dir die Einzelheiten hierzu lieber vorerst ersparen." Alora würde schon früh genug mitbekommen, welch hohen Preis sie für ihr Ticket auf dieser Exkursion zu zahlen hat.

      ---

      "Ganz ehrlich, hat dein großartiger Verstand auf Durchzug gestellt, als es darum ging ausschlaggebende Entscheidungen für die Exkursion zu treffen?!"

      "Leider war der Chefkoch bereits anderweitig verplant. Euer Hoheit muss sich demnach leider, wie wir alle, mit dem geringeren Gut der niederen Gesellschaft zufrieden geben. Wasser und Brot sind Euch doch bekannt, oder?"

      "Ich meine es Ernst, Alhaitham!", Kaveh verschränkte die Arme, die Anspannung zwischen den beiden war kaum zu verkennen, weshalb die restlichen Umstehenden vorerst kehrtmachten, um ihre Fragen zu einem späteren Zeitpunkt zu stellen, "Du hast keine Ahnung wie lange diese Exkursion dauern wird und wenn ich mich genauer umschaue, dann sind wir eindeutig zu viele Personen mit zu wenig Vorräten für einen Trip ins Nirgendwo!"

      Kaveh hatte nicht ganz Unrecht, aber wenn man einmal bedachte wie sehr die Oberen versucht hatten ihm in die Karten zu spielen, damit es gar nicht erst zu besagter Exkursion kam, dann war es ehrlich gesagt kein Wunder, dass man in solch kurzer Zeit nichts besseres arrangiert bekommen konnte. Er war schon mehr als Dankbar für den tatkräftigen Einsatz der Crux. Beidous Mannschaft war zwar ein bunt durchgewürfelter Haufen, denen es, zugegeben, ein wenig an Anstand und Manieren fehlte, aber weder waren sie arbeitsscheu noch erweckten sie den Eindruck, dass sie Andere im Stich lassen würden. Innerlich graute es Alhaitham allerdings schon vor der bevorstehenden Diskussion, wenn Kaveh dahinter käme, dass er eine waschechte Piratenbande angeheuert hatte, um sie auf dieser Reise durch die Wüste zu begleiten.

      "Alles zur gegebenen Zeit", mit diesen Worten marschierte der Anthrazithaarige los und ließ den zeternden Kaveh vorerst zurück. Die Reise hatte nicht mal begonnen und schon hatte er das Gefühl, dass er eine Kopfschmerztablette benötigte.

      "Nicht den Kopf hängen lassen, Reiseführer", mit einem fast schon zynischen Lächeln lief sie geradewegs an ihm vorbei. Beinahe wäre ihm die Ankunft der rosafarbenen Plage entgangen, vielleicht war es aber auch nur die sehnliche Wunschvorstellung, dass sie es sich in letzter Minute doch noch anders überlegt hätte und demnach gar nicht erst erschienen wäre. Nuriya war bekannt dafür, dass man bei ihr nie erahnen konnte, was genau sie als Nächstes vorhatte. Wenn er an die gestrige Diskussion mit ihr dachte, dann war alles worüber er sich bis jetzt mit Kaveh auseinandersetzen durfte der reinste Witz dagegen. Konnte man überhaupt so viele Kopfschmerztabletten zu sich nehmen, ohne danach unbrauchbar in einer Ecke vor sich hin zu vegetieren. Er würde es die kommenden Tage vermutlich in Erfahrung bringen.

      Gerade, als er sich dazu entschied nicht weiter auf Nuriyas Kommentar einzugehen, bemerkte er im Seitenwinkel eine Person, die mit ihrem Gepäck am Straucheln war. Bevor einer der Piraten ihr zur Hand gehen konnte trat er schnellen Schrittes an sie heran. "Seid ihr zusammen angekommen?" Er nahm ihr das Gepäck galant ab und hievte es zu den Restlichen auf das kleine Sandskiff vor ihnen. Kam es ihm nur so vor oder war die Vastaya ein wenig unruhig? "...es wäre nur gut zu Wissen falls ihr gut miteinander auskommt. Ich wüsste ehrlich gesagt nämlich nicht wem ich sie aufs Auge drücken sollte. Ursprünglich war nicht geplant, dass sie Teil des Ganzen wird. Ihr urplötzliches Interesse an alledem hier schien mir auch recht sonderbar."

      Sein Blick folgte nun der Rosahaarigen, welche sich anscheinend gezielt auf eines der umliegenden Sandskiffe zu bewegte, wo ein paar der Piraten gerade dabei waren die Vorräte zu verstauen. Khareena schien es ihm gleich zu tun. Konnte es sein, dass die beiden vielleicht doch nichts miteinander verband.

      "...ich wollte nicht Unhöflich wirken", er brach die Stille zwischen ihnen beiden, bevor ihm allerdings selber auffiel, dass er vermutlich laut gedacht haben musste, "...können wir kurz über die medizinische Ausrüstung sprechen?"

      ---

      Es war durchaus geplant gewesen, dass Alhaitham darauf aufmerksam wird, dass sie mit Jemanden wie Khareena, gemeinsam zur Exkursion auftauchen würde. Nuriya und Khareena waren zwei komplette Gegensätze, die gar nicht zueinander passten und außerdem war auch so gut wie Niemandem an der Akademie bekannt, dass beide miteinander auskamen, geschweige denn überhaupt miteinander zu tun hatten. Hätte sie dieses Argument genutzt, um sich einen Platz auf der Exkursion zu erschleichen, hätte das nur unnötige Fragen auf sich gezogen, vor allem weil Alhaitham und Khareena sich kannten. Nein, sie musste sich leider für etwas ansatzweise Glaubwürdiges entscheiden, was in dem kurzen Zeitraum Sinn ergab, aber gleichzeitig auch so suspekt erschien, dass man es ihrem denkwürdigen Charakter trotzdem zutrauen würde. Niemals hätte Alhaitham ihr das urplötzliche Interesse an der Exkursion abgekauft und nie im Leben hätte er zugestimmt sie mitzunehmen, wenn sie nicht alle Karten auf den Tisch gelegt hätte. Es konnte nur einen einzigen schlüssigen Grund für ihren plötzlichen Sinneswandel geben und noch besser war die Tatsache, dass Alhaitham ihn sogar selbst verursacht hatte.

      "Kaedehara Kazuha", hinter dem Samurai, der gerade damit beschäftigt war Vorräte auf eins der Sandskiffe zu verladen, blieb sie stehen, "So sieht man sich also wieder." Die Hände hielt sie hinter dem Rücken und schenkte ihm ein amüsiertes Lächeln, als dieser sich langsam zu ihr drehte. "Deine Winde haben dich wieder direkt zu mir getragen wie es aussieht."

      Irgendwie tat es ihr fast schon ein wenig Leid, dass er ihr Ticket für diese Reise war; eine Absicherung, damit Alhaitham nicht mehr als nötig seine Nase in Angelegenheiten stecken würde, die ihn absolut nichts angingen. Sie war sich ziemlich sicher, dass der ernstdreinblickende Gelehrte es nicht als notwendig erachten würde die Gefühle einer Frau in Frage zu stellen, zumal er derjenige war, der beide einander vorgestellt hatte. Aber damit der Trug nicht aufflog, musste sie ihren Teil dazu beitragen und das Ganze so glaubwürdig wie möglich erscheinen lassen.

      "Und? Hat der Wind dir auch verraten, dass ich mich allein wegen dir auf diese Reise begebe?" Feingefühl und Scham würde sie hierfür nicht benötigen, denn das Letzte was sie gebrauchen konnte, war die Tatsache, dass Jemand aus dieser Zeitlinie Interesse für sie entwickeln würde. "Jetzt, da du meinen Beweggrund kennst, werden wir bestimmt noch öfter miteinander zu tun haben. Ich freue mich schon darauf." Er tat ihr wirklich Leid.
      "Genieß deine 5 Minuten Ruhm
      und pass auf, dass es nicht 6 werden."
    • "Außerdem... würdest du unserem, ach so tollen, Reiseführer, damit ziemlich vor den Kopf stoßen. Hattest du gewusst, dass er seine gesamte Tour abblasen darf, wenn jetzt in letzter Minute noch einer abspringt?"

      Auch wenn sie es ungerne zugab, hatte Ostara tatsächlich Recht. Alora war die einzige Teilnehmerin aus ihrem Darshan; sollte sie sich doch noch einen Rückzieher erlauben, wäre Alhaithams Arbeit völlig umsonst gewesen. Wenn ihr Vater und Ostara nicht alles in ihrer Macht stehende getan hätten, um sie auf die Exkursion zu schicken, hätte Alora Alhaitham bereits noch am Tag ihrer Einverständniserklärung eine Absage erteilt.
      Doch jetzt war schon alles viel zu spät. Sie würde niemals behaupten, dass ihr Vater nicht auch ohne sie klarkommen würde, aber er hatte sie doch gerne um sich und seine Experimente konnten ohne ihre Hilfe nicht so schnell vorangetrieben werden wie mit ihr. Außerdem konnte sich Alora kein schöneres Leben vorstellen als das, ihm Tag und Nacht bei seinen Arbeiten zu helfen. Warum wollte ihr Vater dann unbedingt, dass sie bei dieser Exkursion mitmachte?!
      Die aktuelle Lage fühlte sich eher wie eine Art Bestrafung an, eine Strafe, die sie nicht nachvollziehen konnte. Es war, als wäre sie plötzlich eines dieser Kinder, die man als Konsequenz für ihr Fehlverhalten in ein strenges Erziehungscamp schickte. Die Gedanken rund um ihre Situation lasteten schwer auf ihr und sie konnte nur hoffen, dass sie dort draußen wenigstens ein klein wenig nützlich für ihren Vater sein konnte.
      Zwar hatte sie immer noch ihre kleine Statue dabei, mit der sie sich jederzeit zu dem Standort des aktuellen Labors ihres Vaters teleportieren könnte, doch für die Mission war es zu riskant, jeden Abend heimzukehren. Es gab zu viele Unwägbarkeiten; sei es, dass die Truppe nachts überfallen werden könnte und alle evakuiert werden müssten, oder dass Alora schlichtweg verlief. Teleportationen durften für die Mission nur im absoluten Notfall verwendet werden - und auch nur dann, wenn die Zeit dafür günstig schien.

      "Seid ihr zusammen angekommen?", Alora erschrak als Alhaitham sie ansprach und ihr auch noch die Koffer entgegennahm, bevor einer der hilfsbereiten Piraten sich darum kümmern konnte. Die unerwartete Aufmerksamkeit von dem Silberhaarigen riss sie völlig aus ihrer negativen Gedankenspirale und als sie realisierte was gerade passierte, schlug ihr Herz immer schneller.
      "...es wäre nur gut zu Wissen falls ihr gut miteinander auskommt. Ich wüsste ehrlich gesagt nämlich nicht wem ich sie aufs Auge drücken sollte."
      Sie schaute sich kurz um. Bis auf Kaveh und Alhaitham kannte sie ein paar der umstehenden Leute lediglich vom Sehen her, andere sagten ihr gar nichts - wer weiß, mit wem sie sich Nachts ein Zelt teilen müsste? Nein, das kam für sie nicht in Frage. Wer weiß, was diese Fremden alles für komische Gestalten waren? Wenn sich Ostara schon in ihrem Haus in Sumeru einnistete und bisher alles glatt verlief, war das ihre sicherste Option.
      "...ich wollte nicht Unhöflich wirken" Alora hob ihre Hände vor die Brust und lächelte Alhaitham verlegen zu, "nein, nein. Ist schon in Ordnung. Nuriya", ihr Blick fiel auf Ostara, die sich gerade mit einem der Piraten unterhielt, "und ich verstehen uns... irgendwie..."
      Kam es ihr nur so vor, oder schien Alhaitham ein wenig erleichtert nach dieser Aussage? Sein Gesichtsausdruck wirkte leicht entspannter, als hätte ihre Aussage ihm eine unsichtbare Last von seinen Schultern genommen.

      "...können wir kurz über die medizinische Ausrüstung sprechen?"
      Die Grünhaarige nickte und bat den Piraten, ihr den zweiten Koffer noch einmal auszuhändigen, welchen sie auch sogleich öffnete, um Alhaitham den Inhalt zu präsentieren. Sie zeigte ihm direkt einige Utensilien und Medikamente, die für die Reise von Bedeutung sein könnten und erklärte in kurzen Worten ihre Verwendungszwecke. Jedoch musste sie eine wichtige Sache hinzufügen.
      "Ich gebe zu... ich habe nicht mit so vielen Piraten gerechnet. A-aber ich werde einfach versuchen sparsam zu sein, viele Mittel sind stark dosiert, damit sollten wir eine Weile auskommen."
      Die Vastaya bemerkte, dass Alhaitham auf eine bestimmte Medikamentenreihe starrte, von der sie beinahe unzählige Fläschchen mit dabei hatte. Er nahm eine davon in die Hand, um sie sich näher anzusehen, aber auf keinem davon befanden sich Beschreibungen.
      Alora wurde etwas nervös, so sehr, dass sie plötzlich aufhörte, über den Inhalt des Koffers zu reden, und ihm das Fläschchen vorsichtig aus der Hand nahm. Sie legte es wieder an den dafür vorgesehenen Platz und schloss den Koffer wieder.
      Die Stille zwischen ihnen war spürbar, und Aloras Herz klopfte unruhig, während sie überlegte, wie sie die unangenehme Situation am besten lösen könnte. Sie musste ihm nicht die ganze Wahrheit erzählen, aber selbst einen kleinen wahren Kern darüber preiszugeben war ihr schon unangenehm. Dennoch blieb ihr leider keine Wahl; es wäre fatal wenn er im schlimmsten Fall auf Biegen und Brechen versuchen würde herauszufinden was es damit auf sich hat. Vielleicht machte sie sich auch zu viele Gedanken, aber lieber ging sie auf Nummer sicher. Was sie hier mit sich führte war alles andere als legal.

      "Die...", Alora räusperte sich. Ihr war die Situation sehr unangenehm und konnte ihm nicht einmal mehr in die Augen sehen während sie sprach, "sind für mich. Aber behalte das bitte für dich..."
      Er würde schon verstehen, was sie meinte und hoffte einfach, dass er nicht weiter nach ihrer Krankheit fragen würde.



      ——



      Gerade als der Samurai damit beschäftigt war, seinen Crewmitgliedern beim Verladen weiterer Vorräte zu helfen, überkam ihn ein beklemmendes Gefühl. Ein Blick auf die bereits verladenen Lebensmittel und die noch zu bewegenden ließ ihn erkennen, dass die Vorräte wohl nicht ausreichen würden, um eine derart lange Reise zu bewältigen. Die Wüste, in die sich Beidou und er nur selten wagten, erwies sich als ödes Terrain. Das Auffinden von Händlern auf der Durchreise, geschweige denn solchen, die Lebensmittel mit sich führten, schien nahezu unmöglich.
      Bereits am Morgen hatte er eine unheilvolle Spannung des Windes gespürt und nun machte er sich ernsthafte Sorgen über die bevorstehende Exkursion und die möglichen Auswirkungen, die die Lebensmittelknappheit mit sich führen könnte.

      "Kaedehara Kazuha"
      Kazuha horchte auf, als er eine vertraute Stimme vernahm, doch er konnte sie niemandem zuordnen. Vorsichtig lud er die letzte Kiste auf das Sandskiff und drehte sich dann langsam der Person zu, die ihn angesprochen hatte. Sein Herz schien plötzlich einen Moment lang stillzustehen, als er die Person erkannte. Ein unangenehmes Gefühl durchströmte den Samurai, als ihm bewusst wurde, dass ausgerechnet Nuriya ein Teil dieser Reise sein würde. Die Überraschung lag wie eine schwer zu fassende Schicht über seinen Gedanken, während er die unerwartete Wendung verarbeitete.
      "Und? Hat der Wind dir auch verraten, dass ich mich allein wegen dir auf diese Reise begebe?"
      Wie bitte? Der Weißhaarige war sichtlich verwirrt; so sehr, dass er ihr nicht sofort eine Antwort geben konnte und sie einfach nur anstarrte. Die beiden kannten sich kaum und schon schien sie mit einem fast unverschämten Verhalten ihr Interesse an ihm kundzutun. Ihre Worte wirkten förmlich aufdringlich und das weit mehr als er für angemessen hielt. Es war viel zu viel für seinen Geschmack, und er fühlte sich in dieser Situation äußerst unwohl, auch wenn er sein Unbehagen besser zu verbergen vermochte als seine Verwirrung.

      "Jetzt, da du meinen Beweggrund kennst, werden wir bestimmt noch öfter miteinander zu tun haben. Ich freue mich schon darauf."

      Da fiel ihm glatt wieder das Unbehagen des Windes von heute Morgen ein. Ein Gedanke, der ihn nicht losließ: Was wäre, wenn das Zeichen nichts mit den Vorräten zu tun hatte und früher oder später doch noch ein paar Lieferungen eintreffen würden?
      Das Zeichen MUSSTE mit Nuriya zusammenhängen. Kein Zweifel. Obwohl er sich darauf vorbereiten musste, in der nächsten Zeit in den sauren Apfel zu beißen wenn die Rosahaarige sich weiterhin aufdringlich in seiner Nähe verhielt, war dies ihm jedoch um einiges lieber als potenzielle Eskalationen - oder gar Todesvorfälle - zwischen den Crewmitgliedern und den Studenten aus der Akademie durch einen Mangel an Vorräten zu riskieren. Plötzlich kehrte mehr Hoffnung in die Exkursion zurück und ein kleines Lächeln huschte über seine Lippen.
      "Ich bin ebenfalls erfreut, dich wiederzusehen", entgegnete er und verbeugte sich leicht vor ihr, "dennoch wäre es mir wichtig, dass du auf der Exkursion den nötigen Abstand zu mir einbehältst, um dich und und die anderen nicht in unnötige Gefahrensituationen zu bringen. Immerhin bin ich für die Sicherheit aller Anwesenden zuständig."
      Kazuha hoffte, dass er damit zumindest ein bisschen Raum für sich schaffen konnte, sollte Nuriya sich dazu entscheiden, sich an ihn zu heften. Doch da kam ihm eine Idee, die er sich zu Nutze machen konnte. Möglicherweise konnte er die Situation zu seinem Vorteil nutzen, indem er Nuriya dazu ermutigte, weitere Erkenntnisse zu sammeln. Letztendlich lag der Zweck der Reise in der Bildung der Studenten und nicht in zwischenmenschlichen Beziehungen. Es war durchaus legitim, auch für sich selbst Vorteile aus einer schwierigen Lage zu ziehen, aus der er nicht so leicht entkommen konnte.
      "Aber", setzte er an, "solltest du auf der Reise weitere nützliche Informationen über die Vision herausfinden, wäre es von unschätzbarem Wert wenn du sie mit mir teilen würdest."
    • Insgeheim graute es Alhaitham bereits seit Anbeginn des Tages vor diesem Gespräch. Die Oberen der Akademie ließen wirklich absolut keine Chance aus, um ihm nicht spüren zu lassen, wie tief er in ihrem Ansehen gesunken war. Kaum wurden ihm die wenigen Vorräte, für eine anstehende Exkursion auf unbestimmte Zeit, vor die Füße geladen, überbrachte einer der Boten auch noch ein ausführliches Schreiben darüber, dass eine derzeitige Knappheit an medizinischen Mitteln jeglicher Art bestünde, weshalb diese, mit großem Bedauern, nicht von den Geldern der Akademie gestellt werden konnten. Selten war es, dass der Dunkelsilberhaarige sich aus der Ruhe bringen ließ, aber diesmal schien man ihm seine Anspannung durchaus anzumerken.
      Zwar hatte er selbst noch versucht aus eigener Tasche für Notwendigkeiten zu zahlen, aber das Meiste Gold ging an die Piraten, welche für sein Vorhaben unverzichtbar waren. Sie waren ihm jede Mora Münze wert, denn es handelte sich hier um anständige und loyale Leute; die Art von Leuten, die gerade in Sumeru nur schwer aufzutreiben waren.

      Als er nun Khareena mit ihren Koffern erblickte, wusste er kaum wie er ihr diese durchaus unerwünschten Neuigkeiten beibringen sollte. Ein kurzer Blick auf ihre Ausrüstung ließ ihn allerdings neue Hoffnung schöpfen. Es war an und für sich nicht ihre Aufgabe sich um die Ressourcen zu kümmern, aber ihre reine Überfürsorglichkeit rettete ihm gerade wortwörtlich den Hintern. Innerlich machte er sich bereits eine gedankliche Notiz, dass er sich für diesen Einsatz unbedingt im weiteren Verlauf der Reise revanchieren musste.

      "Ich gebe zu... ich habe nicht mit so vielen Piraten gerechnet. A-aber ich werde einfach versuchen sparsam zu sein, viele Mittel sind stark dosiert, damit sollten wir eine Weile auskommen."

      Er nickte auf ihre Aussage hin, sein Blick heftete sich beinahe schon unbewusst an eine Reihe kleiner Medikamentenfläschchen, welche fein säuberlich nebeneinander aufgereiht waren. Ungewöhnlich, dass man von ein und demselben Medikament soviel dabei hatte und wenn er sich richtig entsann, dann hatte sie ihm bis jetzt noch nicht erzählt, wozu genau dieses dienen sollte. Er schien kaum zu bemerken, dass Khareena plötzlich still geworden war, vielleicht hing es auch einfach damit zusammen, dass er bewusst eins der Fläschchen aus dem Koffer entnahm, um es gegen das Licht zu halten. Fast so wie er es sich bereits gedacht hatte. Im Gegensatz zu herkömmlichen Medikamenten fiel dieses hier völlig aus dem Rahmen, nicht mal eine Beschriftung zierte das gläserne Behältnis, vermutlich hatte sie es selber hergestellt? Die Frage war nur wofür?
      Als die Grünhaarige ihm das Fläschchen nun behutsam aus der Hand nahm, fiel ihm erst auf, wie selbstverständlich er sich eigentlich gegenüber ihr verhielt. Eine Entschuldigung wäre vermutlich angebracht, aber irgendwie fehlten ihm gerade die richtigen Worte, um zum Ausdruck zu bringen, dass er sich viel zu aufdringlich verhalten hatte.

      "Die... sind für mich. Aber behalte das bitte für dich..."

      Er starrte sie verdutzt an. Anscheinend war ihr das Ganze höchst unangenehm, denn während sie ihm dies erzählte, blickte sie ihm dabei nicht einmal mehr in die Augen. Konnte es sein, dass sie sich dafür schämte dieses Medikament mit sich führen zu müssen?

      "... eigentlich geht mich das Ganze nichts an." Eine fast schon erstickende Stille machte sich zwischen ihnen breit. Alhaitham war wahrlich ein Meister wenn es darum ging eine künstlerische Pause einzulegen. "Aber...", er verschränkte die Arme, seine Augen schlossen sich für einen kurzen Moment, beinahe so, als würde er versuchen in sich zu gehen, bevor er wieder ansetzte, "Du bist unverzichtbar für diese Reise geworden. Ich wünschte, ich könnte dir verbieten mitzukommen, aber ich brauche dich und deine Medikamente. Ich werde mich für deinen Einsatz vermutlich niemals gänzlich revanchieren können, aber sei gewiss, dass ich nicht zulassen werde, dass du auf dieser Reise zu Schaden kommen wirst. Es ist ganz gleich, wofür genau du dieses Mittel nehmen musst, aber, vielleicht solltest du es zumindest Jemandem erzählen, damit man darüber in Kenntnis gesetzt ist."

      ---

      Es war wirklich bemerkenswert wie gut er diesen aufdringlichen Annäherungsversuch schlussendlich mit einem Lächeln zu überspielen wusste. Die Ausdauer, welche der Samurai besaß schien anscheinend keine Grenzen zu kennen. Wenn sie nicht aufpassen würde, dann würde sie eventuell nicht einmal den Zeitpunkt bemerken an dem sie ihn komplett mit ihrer Aufdringlichkeit vergraulen würde. Das sollte ihr vorerst besser nicht passieren.

      "Ich bin ebenfalls erfreut, dich wiederzusehen."

      "So förmlich musst du dich gegenüber mir nicht verhalten", mit einem Schmunzeln trat sie einen Schritt näher, "Du hast Privilegen bei mir. Die hat sonst niemand an der Akademie."

      "...dennoch wäre es mir wichtig, dass du auf der Exkursion den nötigen Abstand zu mir einbehältst, um dich und und die anderen nicht in unnötige Gefahrensituationen zu bringen. Immerhin bin ich für die Sicherheit aller Anwesenden zuständig."

      Er schlug sich wacker, aber wenn man ihn genauer betrachtete, dann konnte man eine dezente Regung seiner Gesichtsmuskeln ausmachen. Ganz offensichtlich gefielen ihm weder ihre Art und Weise noch die Antworten, die sie ihm lieferte. Aber in ihrer Rolle als Nuriya war nun mal wenig Raum für Einsicht oder gar Zurückhaltung. Sie konnte einfach nicht riskieren, dass irgendwer jemals auf die Idee kam einen Vergleich zwischen ihrer Rolle als Nuriya und ihrem eigentlichem Ich zu ziehen und wer weiß, wann sie auf dieser Exkursion die Fassade letztendlich fallen lassen musste, um im Geheimen als Ostara auftreten zu müssen. Wenn sie es nicht besser wüsste, dann würde sie sich vermutlich, wenn man mal bedachte wie viele sie waren, zurücklehnen und entspannen. Aber die Wüste Sumerus war heimtückisch und unbarmherzig. Es war nicht unüblich, dass Leute hier ihr Leben ließen.

      "Und was muss ich tun, damit ich bevorzugt werde?", sie konnte regelrecht spüren, wie viel ihm daran lag die Konversation zwischen ihnen beiden zu beenden, aber sie war noch nicht fertig mit ihm, "Ich meine das Ernst. Ich brauche zumindest eine Person, die mir etwas Verständnis entgegenbringt." Dabei dachte sie in erster Linie an ihre Problematik mit den Ley Lines. Die Nebenwirkungen der damaligen Vergiftung, welche ihr noch hin und wieder zu schaffen machten, würde sie schon irgendwie in den Griff bekommen, aber sollte sie in Berührung mit einer starken Ley Line geraten, dann hätte sie definitiv verspielt. In ihrer Gilde wusste man über dieses Phänomen Bescheid und ihre Gabe verhalf durchaus dazu viele Mysterien aufzudecken, aber sie verlangte eben auch ihren Preis. Wann immer sie in ihren tranceartigen Zustand verfiel kümmerten sich die Mitglieder der Étoiler um sie. Aber hier gab es keine Gilde und vor allem Niemanden, der auch nur ansatzweise verstand wie diese Gabe funktionierte. "Ich habe hin und wieder Schwächeanfalle, weil mein Immunsystem nicht ganz mitspielt, hat meistens mit dem Wetter zu tun. Nichts allzu schlimmes. Aber wenn es dann mal eintreten sollte, ist es, nun ja, wie ein Schlaf, aus dem man nicht so schnell wieder erwacht." Es war das naheliegendste, was sie ihm erzählen konnte. Jetzt musste er es nur noch schlucken.

      "Aber solltest du auf der Reise weitere nützliche Informationen über die Vision herausfinden, wäre es von unschätzbarem Wert wenn du sie mit mir teilen würdest."

      Schon wieder dieses Thema? Hatte sie ihm denn nicht bereits mehr als genug Wissen diesbezüglich seiner Vision offenbart? Mehr wusste sie doch eigentlich auch nicht darüber. "...soll das womöglich ein Deal werden? Ich finde mehr über Visions heraus auf dieser Reise und du wirst mich dafür bevorzugt behandeln?"

      ---

      "Ich kriege Kopfschmerzen wenn ich mich nur umschaue...", mit verschränkten Armen marschierte Kassandra in das wuselige Geschehen um sie herum. Unfassbar, dass Alhaitham sich tatsächlich dazu durchgerungen hatte ein paar jämmerliche Wasserratten als Schutzgarde zu engagieren. Hätte er sie nur ein wenig früher über sein Vorhaben in Kenntnis gesetzt, dann hätte sie mit hoher Wahrscheinlichkeit, einen Trupp waschechter Favonius Ritter für sie bereitstellen können.
      "Kannst du nicht aufpassen wo du das abstellst?! Und du, mach dich gefälligst nützlich und verlade mein Gepäck dort drüben aufs Sandskiff. Und zwar vorsichtig, hörst du?!" Sie konnte wirklich unausstehlich werden, wenn sie schlechte Laune hatte. Einige der Piraten machten direkt einen Bogen um sie, als sie mitbekamen wie ausfallend sie mit einem jüngeren Mitglied der Crux Mannschaft umsprang.

      "My Lady, wir verladen gerne dein Gepäck für dich, wenn es dir zu schwer sein sollte. Aber du musst uns nicht wie deine Laufburschen behandeln", Caleb schenkte ihr ein gutgemeintes Lächeln, während er das jüngere Mitglied seiner Mannschaft nun behutsam zur Seite schob. Ganz klar wollte er den Fall übernehmen, sein sonniges Gemüt fühlte sich beinahe schon ansteckend an. Kassandras Kehle entsprang nun ein tiefer Seufzer. Ihre Eltern hatten sie immer gelehrt, dass der erste Eindruck zählte und man gerade als Frau immer gleich zeigen sollte, wer das Sagen in einer größeren Gruppe hatte. Ihre Tante wiederum lehrte sie, dass man nur im Leben vorankam, wenn man auch hin und wieder bereit war Kompromisse einzugehen. "Es ist nur so, dass sich dort wichtige Utensilien drin befinden. Sie sollten besser nicht sorglos verladen werden." Mit diesen Worten drehte sie sich um und hielt Ausschau nach ihrer guten Freundin Fleur. Immerhin hatte sie ihr den Wink gegeben sich ebenfalls für Alhaithams Exkursion einzuschreiben.

      Alhaitham betrachtete den Aufstand gemeinsam mit Khareena aus der Ferne. Kassandra war seine erste Option gewesen was diese Reise anging, denn nicht nur war sie in der Lage mit ihrem umfangreichen Wissen beim Vorankommen in der Wüste weiterzuhelfen, nein, sie war sogar begnadet mit Pfeil und Bogen. Ihre etwas penible Art hatte er vorerst außer Acht gelassen, aber nun kam er wieder ins Grübeln darüber, ob er sich das Ganze nicht etwas zu einfach vorgestellt hatte.

      Kassandra stoppte ihre Suche nach Fleur, als sie plötzlich Nuriya erblickte, welche sich noch mit Kazuha am Sandskiff unterhielt. Entgeistert starrte sie die Rosahaarige an und verlor dabei beinahe das Gleichgewicht, als sie abrupt inne hielt. "Du?! Hier?!"
      Mit einem charmanten Lächeln verbeugte Nuriya sich nun vor ihr, eine Geste die sie sich anscheinend von Kazuha abgeschaut hatte. "Schön, dass du anscheinend bereits von mir gehört hast." Damit wollte sie wohl implizieren, dass sie, im Gegensatz zu Kassandra, absolut keine Ahnung hatte wer sie war.
      Kassandra funkelte sie beinahe schon herausfordernd an, bevor sie einen prüfenden Blick auf Kazuha warf. Er fiel etwas aus dem Rahmen, aber an und für sich würde er wohl auch zu den Piraten gehören müssen, auch wenn er nicht gerade den Eindruck erweckte.
      "Ah- angucken, nicht anfassen", mit diesen Worten stellte Nuriya sich geschwind vor den Samurai.
      "Herrje", sie verdrehte die Augen, bevor sie sich wieder in Bewegung setzte "...du bist genauso wie man dich beschreibt, weißt du das?" Dieser auffällig gekleidete Typ ging für sie allerhöchstens als Clown durch; wenn man mal genauer überlegte, passte er dadurch noch viel eher zu solch einem Chaoten wie Nuriya es war. Nein, für Jemanden wie sie kam nur das Allerbeste in Frage. Noch bevor diese Exkursion enden würde, würde sie versuchen alles daran zu setzen vor Alhaitham mit ihrem Wissen und Können zu glänzen. Er würde gar nicht anders können als ihr unweigerlich zu verfallen.
      "Genieß deine 5 Minuten Ruhm
      und pass auf, dass es nicht 6 werden."
    • Die unangenehme Stille zwischen ihnen hielt vielleicht nur ein paar Sekunden an, doch für die Grünhaarige wirkte es, als würde sie eine Ewigkeit dauern. Sie fragte sich, ob er ihre Aussage überhaupt abkaufen würde. Die Ungewissheit darüber, wie er reagieren würde, verstärkte ihr ohnehin schon unangenehmes Gefühl zunehmend und machte es von Sekunde zu Sekunde schlimmer.
      "... eigentlich geht mich das Ganze nichts an." Sie hielt inne. Hat es tatsächlich geklappt? Kam sie etwa wirklich damit durch? "Aber...". Aber?!
      "Du bist unverzichtbar für diese Reise geworden. Ich wünschte, ich könnte dir verbieten mitzukommen, aber ich brauche dich und deine Medikamente." Ihre Ohren sanken ein Stückchen nach unten - zumindest so weit, wie es bei ihrer Anatomie möglich war. Obwohl sie unter keinen Umständen hier sein wollte, trafen seine Worte sie wie ein Stich ins Herz. Denn wäre sie nicht die einzige aus ihrem Darshan, die an der Exkursion teilnahm, hätte sie sich mit dieser Aussage ins Aus katapultiert. Und wer wusste schon, ob und wann sie Alhaitham überhaupt wiedersehen würde, würde sie nicht mitmachen?

      "Ich werde mich für deinen Einsatz vermutlich niemals gänzlich revanchieren können, aber sei gewiss, dass ich nicht zulassen werde, dass du auf dieser Reise zu Schaden kommen wirst."
      Ihr Herz schien beinahe aus ihrer Brust zu springen. Bedeutete das etwa, dass er sich persönlich um ihr Wohlergehen kümmern würde, falls draußen etwas passierte? Bei diesem Gedanken hätte sie am liebsten einen Freudenschrei ausgestoßen. Doch was darauf folgte, brachte die Achterbahn ihrer Gefühle wieder auf den Boden der Realität zurück.
      "Es ist ganz gleich, wofür genau du dieses Mittel nehmen musst, aber, vielleicht solltest du es zumindest Jemandem erzählen, damit man darüber in Kenntnis gesetzt ist."
      Mehr als ein leichtes Nicken brachte sie nicht zustande. Notgedrungen war Alhaitham nun in einen Teil ihres Geheimnisses eingeweiht, auch wenn er nicht wirklich wusste, was es damit auf sich hatte. Die einzige Person der sie sich 'anvertrauen' würde war Nuriya; sie war jedoch bestens über ihre Krankheit informiert. Nicht nur durch die Zeit, die sie im Labor und teilweise in der Akademie miteinander verbrachten, sondern auch durch Einweisungen von Dottore über Aloras Medikamente. Als eine Art Beschützerin der Grünhaarigen musste sie also über all das informiert sein. Doch es war auch wichtig zu wissen, wie Ostara sich im absoluten Notfall mit genau diesen Mitteln selbst verteidigen konnte.
      "Nuriya weiß Bescheid", murmelte sie ihm entgegen und übergab stillschweigend einem der Piraten ihren Medikamentenkoffer, damit sie ihn wieder auf dem Sandskiff verstauen konnten. Immerhin blieb es Alora somit erspart, sich mit noch jemandem auseinandersetzen zu müssen, nur damit Alhaitham letztendlich Ruhe gab.


      ---


      "So förmlich musst du dich gegenüber mir nicht verhalten. Du hast Privilegen bei mir. Die hat sonst niemand an der Akademie."
      Der Samurai musste zugeben, dass sein Gegenüber hartnäckig war. Doch das Spiel konnte er eine gewisse Zeit lang weiter spielen. Ihm war es allerdings wichtig, dass seine Grenzen schon vor der Reise geklärt würden, damit die Rosahaarige ihm nicht noch zur Last fallen würde.

      "Und was muss ich tun, damit ich bevorzugt werde?"
      Er entgegnete ihr bloß mit einem müden Lächeln, bevor er sich wieder den Gepäcken zuwandte. Ein wenig tat er ihr schon Leid; normalerweise behandelte er seine Mitmenschen nicht so distanziert. Doch Kazuha war sich sicher, dass - sollte sie weiterhin so aufdringlich ihm gegenüber sein - sie vielleicht sogar eine Gefährdung für die anderen darstellen könnte. Da blieb ihm keine andere Wahl, als ihr die kalte Schulter zu zeigen und ihre Hoffnungen hier und jetzt abzublocken. Aber natürlich ließ sie sich nicht so leicht abwimmeln.
      "Ich meine das Ernst. Ich brauche zumindest eine Person, die mir etwas Verständnis entgegenbringt."
      Nun wurde er neugierig. "Was meinst du damit?", fragte er, während er ein paar Koffer und Taschen auf dem Sandskiff zurecht ordnete.
      "Ich habe hin und wieder Schwächeanfalle, weil mein Immunsystem nicht ganz mitspielt, hat meistens mit dem Wetter zu tun. Nichts allzu schlimmes. Aber wenn es dann mal eintreten sollte, ist es, nun ja, wie ein Schlaf, aus dem man nicht so schnell wieder erwacht."
      Der Samurai richtete sich auf und ließ einen leichten Seufzer aus seiner Kehle entweichen. Er wüsste nicht wirklich, warum sie sich so etwas ausdenken würde. Sollte es tatsächlich zu einer solchen Situation kommen, wäre er wohl der Einzige, der darüber Bescheid wusste; da wäre es fatal, würde er ihr Anliegen nicht ernst nehmen und ihr Hilfe verwehren.
      Im Falle einer faulen Ausrede jedoch, wollte er sich zumindest ein klein wenig absichern und einen Vorteil aus der Sache ziehen. Also schlug er ihr einen Deal vor.

      "...soll das womöglich ein Deal werden? Ich finde mehr über Visions heraus auf dieser Reise und du wirst mich dafür bevorzugt behandeln?"
      "Das kann man so sagen. Aber...", er trat näher an sie heran, "das bedeutet nicht, dass ich die anderen außer Acht lassen werde. Deshalb würde ich dich bitten, dich auf der Reise nicht allzu aufdringlich zu verhalten. Im Gegenzug dafür gebe ich besonders auf dich etwas mehr Acht."

      Viel konnte Nuriya nicht hinzufügen, denn eine weitere Person gesellte sich - mehr oder weniger freiwillig - zu ihnen. Mit der Ankunft der Fremden und der angespannten Stimmung zwischen den beiden Frauen wurde ihm schnell bewusst, dass die Reise vielleicht doch noch um einiges anstrengender werden würde, als er es sich anfänglich vorgestellt hatte.


      ---


      "Hier bist du", merkte die Schwarzhaarige an, als in ihre Freundin erblickte. Eine Weile schon hielt sie Ausschau nach ihr; mit den anderen Anwesenden konnte - oder wohl eher wollte - man nicht reden, um sich zumindest ein klein wenig die Zeit zu vertreiben, bevor die Reise losging.
      "Für dich", sagte sie und überreichte ihrer Freundin einen Becher mit einem Kaltgetränk - das Schönheitswässerchen, wie Fleur es immer bezeichnete, welches beinahe ein Ritual unter ihnen geworden war. Zudem musste man stets hydriert bleiben, besonders bei der unerträglichen Hitze Sumerus.

      Bisher nahm sie lediglich Kassandra wahr, bis sie aus dem Augenwinkel zwei weitere Personen bemerkte - hauptsächlich dafür war Nuriyas unausstehliche Aura verantwortlich. So wie sie wirkte, schien sie auf eine Antwort ihrerseits zu warten, doch Fleur's Spezialität war es, auf Durchzug zu stellen und unwichtige Personen - also die allermeisten Menschen - gänzlich auszublenden und zu überhören. Demnach war es ihr auch völlig egal, sollte sie mit ihr gesprochen haben oder wie üblich dümmlich drein gucken.
      Ein kurzer Blick der Schwarzhaarigen landete auf dem Fremden, vor den sich Nuriya beschützerisch aufbäumte. So lächerlich wie die Rosahaarige dabei wirkte, wäre ihr beinahe ein Prusten herausgerutscht; doch Fleur war die Meisterin des Pokerfaces. Ihr Gesicht zeigte keinerlei Anzeichen von Amüsement oder Ekel, den sie den beiden gegenüber verspürte.
      "Eww", entgegnete sie ihnen monoton. Weitere Kommentare waren nicht nötig. Sie drehte sich lediglich um und machte sich mit Kassandra auf dem Weg in die entgegengesetzte Richtung. "Wo haben die sich denn gefunden? Im Zirkus?", fragte sie unbekümmert und nahm einen Schluck.
      In einer ruhigeren Ecke kamen die beiden zum Stillstand und die Schwarzhaarige nickte in Richtung Alhaitham, "mittlerweile sollten alle Teilnehmer da sein. Ich habe mir sowohl über die Studenten als auch über die Piraten ein Bild verschaffen können - keinerlei Konkurrenz dabei, du solltest also ein leichtes Spiel haben."
    • Bildete er sich das gerade bloß ein oder wirkte Khareena unzufrieden mit seiner Aussage? Vielleicht sogar gar verletzt? Dabei hatte er doch eigentlich nur versucht seine Besorgnis über ihre Einschränkung zum Ausdruck zu bringen.
      War es denn nicht wesentlich schlauer, wenn Jemand davon Bescheid wusste, um ihr im Notfall das Mittel verabreichen zu können? Keine Frage, das war es. Wer weiß, ob sie im Falle eines Notfalls noch selber dazu in der Lage wäre, das Mittel selbstständig einzunehmen. Aber würde er sich jetzt das Recht herausnehmen und weiter nachhaken, würde sie ihm wohlmöglich nie wieder etwas anvertrauen. Alles was ihm demnach blieb war vorerst keine weiteren Fragen zum Thema zu stellen. Er musste die Sache ruhen lassen -vorerst.

      "Nuriya weiß Bescheid."

      Beim bloßen Gedanken an diese aufdringliche Frau, wurde ihm augenblicklich bewusst wie das Ganze zustande gekommen sein musste.
      "Ist das so?", gab er kurzerhand stumpf von sich. Alhaitham konnte sich nur allzu gut vorstellen wie Nuriya dieses Geheimnis, welches die Vastaya so gut zu hüten wusste, regelrecht aus ihr herausgequetscht haben musste. Vermutlich hatte Khareena gar keine andere Wahl gehabt als ihr an Ort und Stelle alles zu offenbaren. "Ich möchte dein Urteilsvermögen nicht anfechten, aber bist du dir wirklich sicher, dass Nuriya, die Sorte Mensch ist, die mit solch einer verantwortungsvollen Aufgabe, umzugehen weiß?"


      "ER HAT GESAGT WIR MACHEN BITTE WAS?!"

      Diese schrille Tonlage würde Alhaitham womöglich überall wiedererkennen. Es war an der Zeit sich aus dem Staub zu machen, bevor Kaveh den halben Tag damit vergeuden würde ihn für die überaus spontane Kletteraktion, in der noch nicht allzu prallen Vormittagsssonne, zurechtzuweisen. Er schnappte sich nur noch rasch ein Klemmbrett mit einem der ausgefüllten Anmeldeformulare, bevor er Alora auch schon ein schnelles "Sag Kaveh, ich war nicht hier" zuwarf.
      Der Blonde kam, zu seinem Pech, so schnell angerauscht, dass ihm keine Chance blieb sich noch rechtzeitig aus dem Staub zu machen, also tat er einfach das Zweitbeste, er stellte sich hinter Khareena und hielt sich die Ohren zu.

      Kaveh schimpfte bereits ununterbrochen, während er auf die beiden zugerannt kam und als er endlich zum Stehen kam, musste er erst einmal inne halten und verschnaufen. "K-Khareena", immer noch schnaufend legte er eine Hand auf die Schulter der Vastaya, "E-Es... ist schön... dich zu... sehen! Und du!" Mit dem Finger zeigte er drohend auf Alhaitham, welcher wieder versucht hatte sich ungesehen davon zu schleichen, erneut ohne Erfolg. "Wir... K L E T T E R N runter? Wann hattest du vor uns das zu erzählen? Und wie stellst du dir das mit so wenig Ausrüstung eigentlich vor?! Du hast sie doch nicht mehr alle!"

      "...Pläne ändern sich."

      "Pläne ändern- P L Ä N E Ä N D E R N S I C H ?!"

      "Es gibt für alles eine Lösung. Wenn genug Anemo Träger mitspielen und wir Leute mit Erfahrung vorschicken, dann funktioniert das Ganze schon irgendwie. Khareena ist da sicher auch meiner Meinung."

      "D-Du bist seiner Meinung?!", entgeistert blickte der Architekt zu der Grünhaarigen, bevor er sich im nächsten Moment auch schon wieder fing und den Blick erneut zornig auf Alhaitham richtete, "Das hättest du wohl gerne! Vermutlich hast du ihr das Ganze schon eingeredet und sie hat gar keine andere Wahl gehabt als dir zuzustimmen, weil sie sonst Andere damit enttäuschen könnte! Khareena hat nämlich was ganz Ausschlagebenes was dir fehlt!"

      "Und das wäre?"

      "MITGEFÜHL, DU GEFÜHLSKALTER EGOZENTRISCHE-", vor Wut schäumend wandte sich Kaveh nun für Zuspruch an Khareena, "Wusstest du davon? Glaubst du wirklich wir sollten sowas riskantes wagen?"

      ---

      "Du bist ein Schatz", mit einem sanften Lächeln nahm sie das kühle Getränk entgegen, um ihrer bereits trockenen Kehle eine wohltuende Erfrischung zu gönnen. Auf Fleur war einfach immer Verlass, manchmal wusste ihre Freundin bereits längst was sie benötigte bevor Kassandra überhaupt die Chance hatte es selber zu bemerken. "...lass uns gehen. Du weißt doch. Falten kann man auch später noch ausbügeln." Mit einem beinahe schon düsteren Funkeln in ihren Augen führte sie ihren Weg nun fort, dicht gefolgt von Fleur.

      "Wo haben die sich denn gefunden? Im Zirkus?"

      Kassandra gab ihr keine Antwort darauf, stattdessen biss sie wütend auf den Nagel ihres rechten Daumens. Eine Eigenart, die sie bereits seit ihrer frühsten Kindheit mit sich herumschleppte. Wann immer sie etwas immens ärgerte, spürte sie einen innerlichen Druck, der sie unbewusst auf ihren Nagel beißen ließ. "Das spielt keine Rolle. Ich verstehe nicht warum sie dabei sein muss. Sie hat keinerlei Ambitionen und Alhaitham wird sie niemals von sich aus gefragt haben."

      Fleur versucht sie zwar auf andere Gedanken zu bringen, aber Kassandra wollte nichts davon wissen. Es war ihr völlig gleich, ob es Konkurrenz für sie auf dieser Reise gab oder nicht. "Nuriya ist eine wandelnde Katastrophe auf zwei Beinen. Der Archon War vor 500 Jahren ist ein Witz gegen sie. Würde mich nicht mal wundern, wenn damals Jemand, der genau so drauf ist wie sie, der Auslöser dafür war."

      Innerlich stellte sie sich bereits vor wie sie versuchen würde vor Alhaitham mit ihrem Können zu glänzen und jedes Mal kam eine Nuriya dazwischen, welche ihr einen Strich durch die Rechnung machte. Alhaitham würde sich als Leiter dieser Exkursion verantwortlich für sie fühlen und bereits in der Akademie hatte es sie schon immer in Rage versetzt, wann immer die beiden in ihre Zankereien gerieten. So durfte diese Reise einfach nicht verlaufen. "...ich schwöre bei Barbatos. Wenn sie auch nur ansatzweise mit ihrer verquerten Art dazwischen funkt, dann werde ich ihr das Leben zur Hölle machen."

      ---

      Nuriya beäugte die beiden Frauen eindringlich, während diese sich nun wieder in Bewegung setzten. Angestrengt überlegte sie wann sie die beiden an der Akademie schon einmal zu Gesicht bekommen hatte. Hatten sie sie mal bewusst aufgesucht, weil sie irgendwelche Fragen an sie hatten? Nein, da hätte sie sich gewiss dran erinnert. Hatten sie sich vielleicht mal darüber aufgeregt, dass sie mit guten Ergebnissen glänzen konnte, obwohl sie dafür nicht wirklich viel zu arbeiten schien? Das kam schon eher hin. Eventuell würde es ihr im weiteren Verlauf der Reise wieder einfallen, wobei ihr bereits vor dem Gedanken graute, dass sie ihnen als Nuriya wohl oder übel mal auf den Schlips getreten sein musste.

      Hinter sich hörte sie wie Kazuha sich wieder daran machte die restlichen Gepäckstücke auf dem Sandskiff festzuschnallen. Vorbildlich wie fleißig er bei der Arbeit war. Man konnte deutlich erkennen, dass er bereits viel rumgekommen war. "Also, zurück zu unserem Deal. " Amüsiert sah sie ihm dabei zu, wie er nochmal kontrollierte, ob alles festgeschnallt war. "Gibt es da noch irgendwelche Bedingungen außer der Tatsache, dass du natürlich auch auf die Anderen aufpassen musst? Ich werde mich nicht einmischen, wenn du ganz heroisch zur Tat schreiten musst, keine Sorge." Aus dem Augenwinkel nahm sie bereits Alhaitham wahr, der ziemlich gezielt auf sie zulief.

      "Es ist nur so... ich kann dich wirklich gut leiden, Kazuha. Teilen wir uns vielleicht ein Zelt?" B O N K

      Alhaitham haute ihr sein Klemmbrett etwas unsachte auf den Kopf. Die Rosahaarige gab einen dezent gequälten Laut von sich, bevor sie sich umdrehte und ihm einen herausfordernden Blick zuwarf. "Ach, das ist also dein Ego, welches gerade die halbe Wüste einnimmt? Hätte ich das mal früher gewusst."

      "Willst du dein Anmeldeformular nochmal sehen oder soll ich gleich zur Sache kommen?"

      "Hab ich vergessen das Datum rechts oben einzutragen oder dafür zu unterschreiben, dass meine Überreste nicht in eine Urne kommen, falls ich draufgehen soll-" B O N K


      Sich bei Kazuha für ihr Auftreten zu entschuldigen würde gewiss nicht ausreichen. Ob man ihm das nachträglich noch in Rechnung stellen würde? Er nickte dem Samurai nun höflich zu, denn immerhin erwies er gerade allen auf dieser Exkursion einen großen Dienst damit, dass er Nuriya beschäftigt hielt, anstatt sie in die Schlucht zu stoßen.
      Der Akademiker drückte Nuriya das Klemmbrett nun endlich in die Hand, damit sie selbst einen Blick auf das ausgefüllte Formular werfen konnte. "Du hast angekreuzt, dass du Erfahrung darin hast was die Erkundung angeht. Ich hoffe wirklich für dich, dass das nicht gelogen war." Mit diesen Worten wandte er sich sogleich an Kazuha. "Es trifft sich gut, dass du das Ganze mitbekommen hast. Ich werde jede Person mit einer Anemo Vision benötigen, um den Unerfahrenen beim Abstieg zu helfen."

      Alhaitham machte sich wieder auf den Weg, vermutlich um noch andere Anemo Träger ausfindig zu machen und sie darüber zu informieren was als Nächstes auf sie zukommen würde. Nuriya hielt immer noch ihr Formular in den Händen. Zu behaupten, dass sie in ihrer Rolle als Nuriya keine Erfahrung besäße was die Erkundung anging, schien ihr irgendwie nicht ganz richtig. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte Alhaitham sie dann nur darauf angesprochen, dass sie doch irgendwann mal von Liyue aus nach Sumeru gereist war und sich zudem auch noch im Institut der Spantamad befand, wo sie mit ihrem Wissen über Ley Lines unglaublich punktete.
      Was machte sie sich eigentlich vor. Der Kerl hätte sie so oder so zur Rede gestellt und ihr ein schlechtes Gewissen gemacht, ganz gleich was sie angekreuzt hätte. Er hatte sie bereits auf dem Kieker, als sie sich an dieser verdammten Akademie als Nuriya einschreiben musste, da war sie sich ziemlich sicher. Mit einem frustrierten Seufzer lehnte sie sich nun gegen das Sandskiff. An die Tatsache, dass während des Abstiegs eine versteckte Ley Line auf sie warten könnte, wollte sie vorerst nicht denken. "Ich hab verspielt..."
      Dass Kazuha sich immer noch hinter ihr befand, hatte sie bereits vollkommen vergessen.


      "Genieß deine 5 Minuten Ruhm
      und pass auf, dass es nicht 6 werden."
    • "Ich möchte dein Urteilsvermögen nicht anfechten, aber bist du dir wirklich sicher, dass Nuriya, die Sorte Mensch ist, die mit solch einer verantwortungsvollen Aufgabe, umzugehen weiß?"

      Stille. Alora wusste ganz genau, dass zwischen Ostara - oder besser Nuriya - und Alhaitham nie Frieden herrschte, weshalb er sich höchstwahrscheinlich nicht vorstellen konnte, dass sie durchaus in der Lage war, ihr im schlimmsten Notfall zu helfen. Zumal sie sich unter sich nicht als Nuriya ausgab und dadurch durchaus erträglicher war, aber das konnte der Silberhaarige natürlich nicht wissen.
      Die Grünhaarige musste sich schnell etwas einfallen lassen, damit-

      "ER HAT GESAGT WIR MACHEN BITTE WAS?!"

      Aus der Ferne konnte man einen wütenden Kaveh auf sie zurasen sehen. Normalerweise war Alora niemand, der die Streitigkeiten zwischen den beiden begrüßte, doch wer hätte gedacht, dass genau diese ihr irgendwann zugutekommen würden? Auch wenn es Alhaitham nicht schaffte, sich rechtzeitig aus der Situation zurückzuziehen, musste sie so oder so nicht mehr auf seinen Kommentar antworten und war nun fein raus. Zumindest vorerst.

      "Es gibt für alles eine Lösung. Wenn genug A n e m o T r ä g e r mitspielen und wir Leute mit Erfahrung vorschicken, dann funktioniert das Ganze schon irgendwie."

      Den restlichen Streit zwischen Kaveh und Alhaitham bekam die Grünhaarige nicht mehr mit. Sie sollten klettern und Anemo-Träger sollten dabei helfen, die restliche Truppe sicher nach unten zu begleiten? Davon war keine Rede gewesen. Alhaitham war eigentlich jemand, der sich stickt an seinen Plan hielt, weswegen sie sich einigermaßen in Sicherheit wiegen konnte. Doch da hatte sie sich wohl heftig getäuscht. Wer weiß, was da draußen alles lauerte, sodass selbst Alhaitham seine Pläne abändern musste?
      Davon abgesehen besaß sie eine Anemo-Vision; jeder Blinde könnte sie kilometerweit erblicken. Ging Alhaitham vielleicht im schlimmsten Fall davon aus, dass sie bei der ganzen Sache automatisch mithalf? Panik stieg langsam in ihr auf. Zwar war die Vision schon immer in ihrem Besitz, jedoch konnte sie damit nichts anfangen. Weder lagen ihre Prioritäten je auf der Benutzung ihrer Anemo-Kraft, noch hätte sie sich für ihren Vater als nützlich erwiesen, weshalb sie sie auch nicht weiter ausbauen wollte. Mehr als ein laues Lüftchen konnte sie nicht aufbringen; die Vision könnte auch einfach als Dekoration dienen, so wenig konnte sie damit anfangen.

      "Wusstest du davon? Glaubst du wirklich wir sollten sowas riskantes wagen?", Kaveh rüttelte dabei leicht an ihrer Schulter, wodurch sie wieder zurück in die Realität geholt wurde. Langsam blickte sie ihn an und realisierte halb, was er von ihr wollte; ihr Gesicht war blass, und ihre Haut glich beinahe der eines Gespenstes. "Ich brauchte einen Moment...", sprach sie leise und fast so, als wäre sie nicht ganz präsent. Kurz darauf setzte sie sich auf den Boden, falls sie in Ohnmacht fallen sollte.


      --- timeskip ---


      Wenn es eine Sache gab, an die sich der Samurai bedingungslos hielt, dann war es sein Versprechen. Alhaitham hatte zuvor angekündigt, dass alle Anemo-Träger, die sich bereit erklärten bei der ersten Hürde zu helfen, zusammen mit den erfahreneren Leuten einen sicheren Abstieg gewährleisten würden. Gleichzeitig durfte er nicht außer Acht lassen, dass er ein Auge auf Nuriya werfen musste. Glücklicherweise besaß der Samurai nicht nur eine Anemo-Vision, sondern hatte auch einiges an Erfahrung beim Klettern sammeln können; somit konnte er in der Nähe der Rosahaarigen bleiben, falls etwas auf dem Weg nach unten passieren sollte.

      "Aufgeregt?" fragte er sie leicht amüsiert, während er ihr half, ihre Ausrüstung anzulegen. "Keine Sorge, ich werde nicht von deiner Seite weichen", sagte er, während er ihren letzten Gurt festzurrte und noch einmal kurz seine Arbeit überprüfte.

      "Es ist nur so... ich kann dich wirklich gut leiden, Kazuha. Teilen wir uns vielleicht ein Zelt?"
      Der Weißhaarige musste etwas schmunzeln, als ihm der Gedanke wieder in den Sinn kam. Mit diesem kleinen Moment wusste er genau, was Sache war. Er hatte sie gänzlich durchschaut; niemand würde von jetzt auf gleich so anders reagieren, wie sie es in dem Moment tat. Aber zu wissen, was ihr eigentlicher Plan war, ließ ihn deutlich aufatmen. Nuriya hatte wohl eine Schwäche für Alhaitham und wollte ihn mit ihm eifersüchtig machen. Mit dem Gedanken, dass ihre Gefühle ihm gegenüber nicht echt waren, ließ es sich deutlich leichter leben. Jetzt wusste er genau, dass die Rosahaarige ihm auf der Mission nicht absichtlich in die Quere kommen sollte, sollte es mal brenzlig werden. Mit diesem Wissen würde sich außerdem sicher irgendwann die Gelegenheit bieten, einen weiteren Deal mit ihr einzugehen. Sollte sich Alhaitham nicht in der Nähe befinden, wäre das aufdringliche Verhalten nicht von Nöten.
      Nur ob er die ganze Eifersuchtsschiene mitfahren oder lieber ein gutes Wort bei Alhaitham einlegen sollte, war ihm noch nicht ganz klar. Aber auch das würde sich sicher mit der Zeit klären.

      Ganz in Gedanken verloren legte er eine Hand an das Geschirr um ihre Taille und zog sie sanft zu sich, damit er das Seil an ihr befestigen und sichern konnte. Einen Augenblick lang hielt er inne als er realisierte, was er da getan hatte. "Tut mir leid", er blickte ihr verlegen in die Augen, "ich hätte vorerst fragen sollen."


      ---


      Khareena wagte es vorsichtig näher an die Klippe heranzutreten, dabei jedoch stets einen beträchtlichen Abstand zu wahren. Ihre Atmung beschleunigte sich beim Anblick nach unten. Das sah alles andere als sicher aus. Schmerzen waren ihr keineswegs fremd; dank ihres Vaters hatte sie sich einigen Verbesserungen und Experimenten unterzogen, die durchaus nicht ohne waren. Dennoch gab es keinen Grund, es auf die Spitze zu treiben.
      Sie waren gerade am Anfang ihrer Reise und schon kamen wieder Zweifel auf. Sie musste dringend auf sich Acht geben, da sie ihrem Vater nützlich bleiben wollte. Außerdem würde er auch nicht wollen, dass ihr etwas passierte. Trotzdem war ihr all dies nicht ganz geheuer. Die erfahreneren Leute - zu denen komischerweise auch Nuriya gehörte - waren bereits dabei, sich nach unten zu begeben und den Weg für die anderen zu sichern. Normalerweise würde sie sich gerade eher einen Kopf darüber machen, woher Nuriya angeblich so viel Erfahrung sammeln konnte, dass sie sich jetzt schon in die Schlucht begeben durfte. Vielleicht war das auch nur ein Bluff für ihre Rolle. Aber im Moment war ihr eigenes Wohlbefinden an erster Stelle - und zu sehen, wie sich die ersten Leute abseilten, gab ihr kein gutes Gefühl.

      Sie trat ein paar große Schritte zurück, bis sie mit dem Rücken gegen etwas - oder besser gesagt, jemanden - stieß. Sofort drehte sie sich um und erblickte Kaveh. Er sah nicht besonders erfreut über die Situation aus, aber es schien ihm deutlich besser zu gehen als ihr. "Kaveh, ich-", nervös blickte sie zu den Leuten an der Klippe, die sich langsam nach unten begaben. Die Grünhaarige klammerte sich an seinen Umhang und blickte beschämt und verängstigt auf den Boden, "ich kann das nicht."
    • "Aufgeregt?"

      "Wie ein fest zugeschnürtes Päckchen was sich bald auf die Reise begibt, würde ich mal sagen." Ihre Augen folgten jeder seiner Bewegungen, während er ihr das Klettergeschirr anlegte. Die Gurte, welche er festzog, dienten wohl als eine zusätzliche Schutzmaßnahme; wenn man mal bedachte, dass sie auf derlei Sachen früher nicht zurückgreifen konnte, fühlte es sich beinahe schon etwas verboten an.

      "Keine Sorge, ich werde nicht von deiner Seite weichen."

      "Du klingst sehr zuversichtlich, wenn du das sagst. Langsam gewöhnst du dich also an unsere Zusammenarbeit, hmm?"

      Kazuha schien etwas in Gedanken vertieft zu sein, während er nun hinter ihr stand und nochmal genauestens überprüfte, ob auch alles richtig saß. Wenn sie mal genauer darüber nachdachte, dann hatte sie sich bis jetzt immer noch nicht für seinen bereitwilligen Einsatz von vorhin bedankt. Kaum hatte Alhaitham sie zurechtgewiesen und mit ihrem Formular stehen lassen, war der Samurai bereits zur Stelle, um sich für diesen Abstieg als ihr Partner anzubieten. Zwar hatten sie eine Abmachung getroffen, die genau diese Vorgehensweise als Bedingung stellte, aber als Selbstverständlichkeit wollte sie diese durchaus loyale und beinahe schon ehrenhafte Art nicht abwinken.

      "...ich muss mich bei dir bedanken. Als Gruppe ist man wie eine Sternenkonstellation. Wenn es einem der Sterne misslingt zu strahlen, dann erkennt man nicht mehr was die Konstellation ursprünglich darstellen sollte. Deswegen ist es so wichtig, dass man aufeinander zählen kann. Dir sieht man gleich an, dass du dieses Prinzip bereits tief in dir verankert hast."

      Der Dankbarkeit sollte damit vorerst Genüge getan sein. Ihre einzige Sorge galt somit nur noch ihrer etwas unbeholfenen Freundin, welche sie, zu allem Überfluss, seit ihrer Ankunft nicht mehr gesprochen hatte. An und für sich hätte die Rosahaarige nicht so leichtfertig zugelassen, dass Khareena, mit irgendwem außer ihr, diesen Abstieg wagen würde. Allerdings, stellte sie mit ihrer Gabe ein wesentlich höheres Risiko dar, als ihr lieb war. Würde sie aufgrund dieser Ursache nun im schlimmsten Fall stürzen, dann würde sie damit der Vastaya nicht nur ein weiteres Trauma bescheren, sondern auch für den weiteren Verlauf der Reise als 'Aufpasser' entfallen. Nein, so wie es jetzt war, war es die einzige und beste Option für sie beide. Khareena hatte dafür hoffentlich Verständnis.

      Mit einem leichten Ruck wurde sie plötzlich aus ihrem Gedankenprozess gezogen und fand sich nun direkt vor dem Samurai wieder, sodass kaum noch Zwischenraum zwischen ihnen beiden herrschte. Sie brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass er anscheinend immer noch dabei war ihr die Kletterausrüstung vernünftig anzulegen. Ihre Mundwinkel zuckten leicht nach oben, als sie bemerkte, dass ihm die Nähe zu ihr anscheinend nichts weiter auszumachen schien. Das verlangte doch geradezu nach irgendeinem unpassenden Spruch. Er sollte schließlich nicht vergessen mit wem er es hier zu tun hatte.

      "Tut mir leid. Ich hätte vorerst fragen sollen."

      Der Spruch, zu dem sie gerade noch ansetzen wollte, blieb ihr abrupt in der Kehle stecken. Seine entschuldigenden Worte, dieser nahezu nervöse Blick, den er ihr obendrein nun zuwarf, all das machte es wirklich unglaublich schwierig überhaupt irgendein anständiges Wort herauszubringen.

      "...nein, ich... ich hätte das ohne deine Hilfe nicht geschafft...", unfassbar, dass er allein durch diese zaghafte Ausstrahlung bewerkstelligte, dass dieser Moment zwischen ihnen sie nun ebenfalls nervös machte, "...b-bist du fertig?"

      Das war nicht gut. Das war ganz und gar nicht gut. Wenn sie anfangen würde mehr über dieses Lächeln nachzudenken, dann könnte sie sich auch gleich selbst die Klippen runterschmeißen, sie durfte jetzt nicht anfangen den Fokus zu verlieren. Hinter sich hörte sie nun das leichte Rieseln von Gestein. Der Samurai war allen Ernstes gerade dabei den Anfang zu machen und langsam hinunter zu steigen, um die Strecke zu sichern.

      "Woah, woah, was machst du da?!", umgehend kniete sie sich nieder und packte seinen Arm, bevor er auf die glorreiche Idee kam, sich noch weiter den Abhang runter zu hangeln, "Du kannst nicht einfach losklettern, bevor die Ansprache gehalten wurde. Das bringt Unglück. Willst du etwa der Auslöser für ein schlechtes Omen sein?!" Ein prüfender Blick zur Seite verriet ihr allerdings, dass die anderen Teams schon längst mit dem Abstieg begonnen hatten, Kazuha und sie waren die Einzigen, die immer noch auf sich warten ließen. Konnte das sein? War sie wirklich diejenige, die sich hier gerade komisch verhielt?
      Früher war es immer so gewesen, dass Gilden, eine Ansprache hielten, allein schon als Motivation für einen guten Start, aber vor allem als ein Versprechen wieder lebend zurückzukehren. Sie konnte sich noch lebhaft daran erinnern, was geschah als sie zuletzt ohne Ansprache losgezogen war; ein tragischer Unfall nach dem Anderen, Narayans Opfer, damit sie es wenigstens hinausschaffte und die endlos langen Wege im Untergrund, bis das Gift sie schlussendlich unfähig machte einen weiteren Schritt vorwärts zu tun. Das wollte sie nicht noch einmal riskieren. Es kam ihr ohnehin wie ein schlechter Scherz vor, dass sie sich wieder auf einer Exkursion ins Ungewisse befand, weil Jemand sie um einen Gefallen bat.

      Ihr Griff um Kazuhas Arm verkrampfte sich unbewusst, sie war nicht bereit ohne ein Versprechen der Wiederkehr loszuziehen, es fiel ihr unglaublich schwer über ihren Schatten zu springen. Wenn sie jetzt aber weiter dieses nahezu trotzige Verhalten beibehalten würde, dann würde sie womöglich noch unnötiges Aufsehen erregen. Man würde anfangen Fragen zu stellen; Fragen, die sie als Nuriya nicht beantworten könnte, sondern nur als Ostara. Sie musste Kazuha jetzt unbedingt loslassen und gegen ihren Willen mit dem Abstieg beginnen.

      ---

      "Tief durchatmen...", der Blonde legte behutsam die Hände auf ihre Schultern.

      "Kaveh, ich- ich kann das nicht."

      Das würde er am liebsten auch sagen. Ein Blick in die Tiefe des klaffenden Abgrunds vor ihnen genügte, um augenblicklich abzubrechen und wieder den Rückweg zur Akademie anzutreten. Die einzige Aussicht, die ihm winkte war, Moment mal, wenn er jetzt mal genauer darüber nachdachte, dann war die Abmachung mit Alhaitham im Gegensatz hierzu viel zu gering ausgefallen. Innerlich kochte der Architekt bereits wieder vor Empörung darüber, dass er sich so leichtfertig von diesem Mistkerl überreden lassen konnte bei dieser Exkursion mitzumachen. Nichtsdestotrotz gab es nun wichtigere Dinge, die mehr Aufmerksamkeit benötigten.

      "Weißt du, ich war ehrlich gesagt auch nicht so erpicht darauf an dieser Exkursion teilzunehmen. Ich meine, wer weiß was in Alhaithams zu groß geratenem Kopf alles vorgeht, sodass er einen Streit mit den Oberen riskiert, anstatt einfach sein entspanntes Leben, als einer der besten Gelehrten der Akademie, fortzuführen. Ich meine, wenn einer es hier wirklich nicht nötig hat sich beweisen zu müssen, dann ist er es doch. Und trotzdem, ist es schon irgendwie beneidenswert, dass er so krampfhaft an einer Sache festhalten kann und ohne Zögern jedes seiner Vorhaben durchgeboxt bekommt."

      Ein tiefer Seufzer entsprang seiner Kehle. Verlor er sich gerade wieder in unüberlegten Erzählungen? Womöglich. Mit einem matten Lächeln tätschelte er nun für einen kurzen Moment den Kopf der Vastaya. "...was ich eigentlich damit sagen wollte, ich habe ebenfalls Angst. Ich kann kaum in Worte fassen, warum mir der bloße Gedanke an die Wüste solche Bauchschmerzen bereitet.
      Mein Vater... hatte damals viel in der Wüste zu tun und er war... ein unfassbar gütiger Mann. Niemals verwehrte er irgendwem Hilfe, der danach bat. Manchmal frage ich mich, ob es nicht genau das war, was ihn letzten Endes sein Leben gekostet hatte.
      Ich dachte lange Zeit, dass ich niemals dazu in Lage sein werde auch nur einen Fuß in die Wüste zu setzen. Aber soll ich wirklich ein Leben lang in diesem Glauben mein Dasein fristen? Nie etwas riskieren? Nie etwas erleben, worauf ich stolz sein kann? Ich möchte auch endlich damit anfangen meinem Namen eine Bedeutung zu verleihen."

      Sein Blick schweifte nun gen Horizont, von ihrem derzeitigen Ausgangspunkt erstreckte sich die Wüste bis ins Endlose, ein wahrlich majestätisches Meer aus reinem Sand. "Lassen wir uns das nicht entgehen", ermutigend nahm er nun die Hand der Grünhaarigen und tat ein paar Schritte mit ihr nach vorne, "Ich gehe vor und du kommst direkt nach. Wenn du ins Straucheln geraten solltest, dann bin ich direkt unter dir und kann dich auffangen."

      Inständig hoffte er wirklich, dass er Khareena damit zumindest den Schubser verpassen konnte, den sie benötigen würde, um sich auf den Abstieg einzulassen. Der erste Schritt war bekanntlich immer der Schwierigste, aber als sie erstmal ein Seil um sich geschnallt hatten, war selbst Kaveh zuversichtlicher geworden was das Ganze anging. Er klopfte ihr kurz ermutigend auf die Schulter und hob die Hand, während er sich nun zum Abstieg nach unten begab. "Wir sehen uns unten", es war ein Versprechen, ein Versprechen, dass ihnen beiden nichts passieren würde.


      "Sieh einfach nicht runter."

      Alhaitham hatte diese interessante Eigenart häufig wie aus dem Nichts hinter Leuten aufzutauchen. Offensichtlich versuchte Khareena immer noch Zeit zu schinden, um diesen Abstieg zu verhindern. Die Meisten warteten bereits unten auf sie. Alhaitham würde einer der Letzten sein, der den Abstieg wagte, da er vorhatte die verwendeten Karabiner wieder einzusammeln für weitere spontane Abstecher in die Tiefe. Mit der wenigen Ausrüstung, die ihnen zur Verfügung gestellt wurde, waren sie regelrecht gezwungen sparsam mit allen gegebenen Mitteln umzugehen.

      "Sieh mich an, wenn es dir hilft", mit diesen Worten drehte er sie nun zu sich, sodass sie ihm gezwungenermaßen in die Augen blicken musste, "Einen Schritt nach dem anderen, hörst du?" Er kontrollierte erneut, ob der Gurt vernünftig saß und zurrte das Seil ein wenig fester, beinahe so als wollte er ihr damit sagen, dass sie jetzt bereit für den Abstieg wäre. Sanft drückte er sie nun runter und hielt ihre eine Hand fest, bis sie den ersten Halt mit den Füßen an der steinernen Kluft fand. "...bist ein Naturtalent wie es aussieht." Ein Lächeln umspielte die Lippen des Dunkelsilberhaarigen, ein durchaus seltener Anblick. "Und den nächsten Schritt, nicht einschlafen."

      Er hatte absolut keine Ahnung, dass das Seil an welchem sie Halt fand, jeden Moment reißen würde. Er war zu beschäftigt damit seine ganze Aufmerksamkeit auf die Vastaya zu richten, damit sie Schritt für Schritt ihre Angst ablegen konnte. Seine Hand hielt ihre so lange, bis sie langsam aber sicher außer Reichweite gelangte. In ihren Augen konnte er deutlich Furcht ausmachen, sie wollte seine Hand unter keinen Umständen loslassen. Ein letztes Mal drückte er ihre Hand nun sanft, bevor sie einen weiteren Schritt tat und nun ganz auf sich allein gestellt war. "...ich sagte doch, du bist ein Naturtalent." Das Seil riss mit einem schnappenden Geräusch hinter ihm, bildlich konnte er sich bereits vorstellen wie die Vastaya, direkt vor ihm, hilflos in die Tiefe stürzen würde, aber das würde er garantiert nicht zulassen. Er schnappte sich das Ende vom Seil an dem Khareena immer noch gesichert war und hielt es nun mit aller Kraft fest. Lange würde er das Ganze aber vermutlich nicht durchhalten können, ganz gleich wie viel Mühe er sich gab.

      ---


      "Scheiße, nein!"

      Kassandra hob augenblicklich ihre Arme. Die Steinwand begann zu bröckeln, sie versuchte mit ihrer Geo Vision so gut es ging eine Art Vorsprung oder irgendetwas zu erschaffen, was die Grünhaarige abfangen könnte, damit sie nicht mehr länger auf das Seil Anspruch nehmen musste. Von unten konnte man zwar nicht sonderlich viel sehen, aber mittlerweile hatte wohl jeder mitbekommen, dass es weiter oben zu Problematiken gekommen sein musste.

      "Hör sofort damit auf!", Nuriya packte die Magentahaarige nun am Arm, um sie aufzuhalten. Sie wusste, dass Kassandra es nur gut gemeint hatte und im Gegensatz zu Anderen hatte sie wirklich ein recht schnelles Reaktionsvermögen, was aber wenig half, wenn es die Situation nur noch verschlimmern würde. "Bist du wahnsinnig?!", ranzte sie die Rosahaarige nun an, "Ich dachte ihr zwei seid Freunde. Willst du etwa, dass sie draufgeht?!"

      "Sie ist nicht mehr lange meine Freundin, wenn du die halbe Wand eingerissen hast!" Die Risse, welche sich durch Kassandras Einsatz langsam aber sich über die felsige Wand zogen wurden von Sekunde zu Sekunde sichtbarer. Irgendetwas stimmte damit nicht. Was hielt diese Wand in Wahrheit zusammen? Schon beim Abstieg hatte sie ein ungutes Gefühl dabei gehabt. Allein wie das Gestein sich anfühlte wirkte nicht natürlich.

      "Diese Wand sollte nicht mehr benutzt werden. Wir überlegen uns was anderes, um-"

      Kassandra spannte einen Pfeil mit ihrem Bogen und zielte nun genau auf Nuriya, um sie beide herum wurde es mit einem Mal totenstill.

      "Dass du dich das traust ist bemerkenswert..."

      "...du bist nicht mein Boss, Nuriya", mit diesen Worten drehte sie sich nun zur Wand und schoss den Pfeil ab. Ungefähr zwei Meter unter Khareena entstand nun endlich in Windeseile ein kleiner Vorsprung, geformt aus der felsigen Wand selbst. Er würde zumindest vorerst für Halt sorgen.
      "Genieß deine 5 Minuten Ruhm
      und pass auf, dass es nicht 6 werden."
    • "Du kannst nicht einfach losklettern, bevor die Ansprache gehalten wurde. Das bringt Unglück. Willst du etwa der Auslöser für ein schlechtes Omen sein?!"

      Nuriya verhielt sich plötzlich wie ausgewechselt. Lag es vielleicht daran, dass Alhaitham in der Nähe war? Ein schneller Blick in die umliegende Umgebung verriet ihm jedoch das Gegenteil. Beinahe hätte er sie darauf aufmerksam gemacht, dass sie ihre Rolle nicht spielen müsse, doch es schien, als ob sie ihre Bedenken tatsächlich ernst meinte.

      Kazuha verstand nicht genau, warum sie sich so verhielt. Vielleicht gab es doch einen weichen Kern in ihr, der sich stark einer bestimmten Glaubensrichtung orientierte? Oder hatte sie eine schlechte Erfahrung gemacht, die sie auf diese Weise reagieren ließ? Egal was letztendlich zu ihrer Panik führte - er hatte das Gefühl, dass er dies ernst nehmen und ihr die Angst nehmen musste.
      Der irritierte Blick des Samurais wandelte sich langsam in ein leichtes Schmunzeln. "Wer hätte gedacht, dass dir altmodische Bräuche wichtig sind", entgegnete er, ohne dabei abwertend zu klingen. Der Weißhaarige legte sanft seine Hand auf ihre und sah ihr tief in die Augen. Ein leichter Seufzer folgte und er überlegte einen Moment lang, welche Worte er wählen könnte, um ihr die Last von den Schultern zu nehmen. "Unsere Reise mag anspruchsvoll sein, doch gemeinsam sind wir stark", begann er mit ruhiger Stimme, "lass uns mit Mut und Entschlossenheit den Abstieg antreten. Auf dass unsere Schritte fest sind und wir diese Mission meistern." Er konnte sehen, dass seine Ansprache eine Wirkung auf sie hatte. Einerseits hoffte er, dass er die richtigen Worte gewählt hatte, aber andererseits schien er ihre Bedenken nicht verschlimmert zu haben. Ein Hauch von Erleichterung breitete sich in ihm aus, als er sah, wie sich ihre Miene ein wenig zu entspannen schien.

      "Wir sehen uns unten", fügte er schlussendlich hinzu und stieg mit einem sanften Lächeln den Abhang hinunter.


      ---


      Die Grünhaarige sah dem Architekten hinterher, bis er schließlich aus ihrer Sichtweite verschwand. Auch wenn seine vorherigen Worte ihr zunächst etwas Mut verschafften, so stieg wieder die Panik in ihr auf, als sie bemerkte, dass kaum noch Menschen mit ihr am Gipfel der Schlucht standen. Sie spürte, wie sich die Anspannung in ihrem Körper weiter aufbaute.

      "Sieh mich an, wenn es dir hilft"

      Die Vastaya erstarrte und wurde urplötzlich von umgedreht; als sie realisierte, dass es sich bei der Person um Alhaitham handelte, wurde ihre Panik auf ein neues Level gehoben. Ihm ernsthaft zuzuhören, fiel ihr schwer; es war beinahe so, als hätte er sie in seinen Bann gezogen. Als er sich dann noch an ihrer Ausrüstung zu schaffen machte und letztlich ihre Hand hielt, hätte sie schwören können, dass ihr Herz komplett aussetzte.
      Das Bild, welches sich vor ihr zeichnete kannte sie höchstens aus ihren Tagträumen, doch das hier war tatsächlich die Realität - auch wenn es schwer zu glauben war. Vielleicht war der Ausflug doch nicht so schlimm wie erwartet...
      Vorsichtig half er ihr bei ihren ersten Schritten für den Abstieg.

      "...bist ein Naturtalent wie es aussieht."

      Es fühlte sich an wie ein wahr gewordener Traum. Wahrscheinlich war dies der letzte intime Moment, den sie je auf diese Art und Weise mit Alhaitham teilen würde. Sie wünschte, sie könnte irgendetwas sagen, doch sie hatte Bedenken, dass sie damit den Moment zerstören würde.Abgesehen von der aktuellen Situation hätte sie niemals gedacht, dass sie jemanden dazu ermutigen könnte, tatsächlich die Schlucht hinunterzusteigen. Selbst nachdem Alhaitham ihre Hand losließ, wusste sie, dass sie den Abstieg schaffen konnte; immerhin sorgte er höchstpersönlich für ihre Sicherheit.
      Doch nur wenige Sekunden später fiel sie ein paar Meter tief, bis sie abrupt gestoppt wurde - Alhaitham hielt das gerissene Seil fest, an dem sie noch hing. Es sah allerdings nicht so aus, als könnte er sie ewig an Ort und Stelle halten oder gar hochziehen, ohne dass eine weitere Stelle des Seils reißen würde. Die Realisierung, dass sie sich ein einer solch gefährlichen Situation befand, traf sie wie ein Schlag und sie spürte, wie sich die Angst in ihr weiter ausbreitete.

      Sieh einfach nicht runter. Sieh einfach nicht runter. Sieh...
      Die Grünhaarige vernahm ein Geräusch unter sich und konnte nicht anders, als nun doch nach unten zu schauen. War das etwa eine Plattform?! Einen Moment lang starrte sie auf diese, bis sie bemerkte, dass sich die Plattform ihr vorsichtig näherte. Ein Blick nach oben verriet ihr, dass Alhaitham sie behutsam herunterließ, so weit wie es die restliche Länge des Seils zuließ. Ihre Erleichterung war spürbar, als sie sicher auf der Plattform ankam, aber gleichzeitig breitete sich ein Unwohlsein in ihr aus.
      Langsam rutschte sie mit dem Rücken die Wand hinunter, um sich auf die Plattform zu setzen. Wie lange würde sie hier nun ausharren müssen? Bestand die Möglichkeit, dass die Plattform unter ihr nachgeben würde? Ein Blick nach oben verriet ihr, dass sie sich nicht selbst aus dieser misslichen Lage befreien konnte. Ihre Atmung beschleunigte sich; sie hoffte inständig, dass alles schnell vorbei sein würde, dass sie bald wieder festen Boden unter den Füßen haben würde und-
      Die Plattform sank plötzlich ein paar Zentimeter nach unten und Khareenas Oberkörper wurde durch die Bewegung nach vorne gedrückt. Zwar konnte sie sich noch rechtzeitig am Rand festhalten, doch aufgrund ihrer jetzigen Position wurde sie gezwungen, nach unten zu sehen. Der Weg zum Boden schien doch viel höher als erwartet zu sein - er kam ihr sogar länger vor als zu dem Zeitpunkt, als sie von oben hinuntergesehen hatte.
      Und dann geschah alles ganz schnell. Ohne dass sie in der Lage war, irgendetwas zu tun, wurde ihr zunächst schwindelig und dann wurde es komplett schwarz vor ihren Augen. Ohne jegliche Kontrolle über ihren Körper konnte sie sich nicht mehr festhalten, und sie stürzte unkontrolliert in die Tiefe.


      ---


      Der Samurai schnellte nach vorne und beschwor einen starken Windkanal herauf, der Khareenas Sturz verlangsamte. Kurz danach sprang er mit Leichtigkeit in die Luft, um die Vastaya aufzufangen. Der starke Wind wurde allmählich schwächer und die beiden sanken sanft zu Boden. Sofort legte Kazuha die Grünhaarige behutsam ab und überprüfte ihren Puls und ihre Atmung, um sicherzustellen, dass sie unverletzt war.
      "Sie lebt noch", kam es von ihm erleichtert. Vorsichtig rüttelte er an ihr und wiederholte ihren Namen, doch es kam keinerlei Reaktion.
    • Alhaitham verzichtete vorerst darauf, die Ausrüstung für den Abstieg einzusammeln. Schnellstens gab er das Zeichen, dass die Anemo Slimes für den Abstieg der Sandskiffe bereit gemacht werden sollten. Zwar konnte man diese nur einmalig nutzen, da sie sich nach dem Gebrauch augenblicklich auflösen würden, dafür waren sie eine wesentlich günstigere Methode für einen raschen Transport. Allerdings musste man genauestens darauf achten, dass man die Sandskiffe nicht unnötig überlud, da den Anemo Slimes ansonsten schneller die nötige Luft für die entsprechende Strecke ausgehen könnte, was in den schlimmsten Fällen zu Abstürzen führen konnte. Heute fühlte sich Alhaitham allerdings experimentierfreudig genug, um dieser Regelung zu trotzen. Da sie sowieso nur noch an die sechs Personen oben waren, würde das Ganze Vorhaben hoffentlich glücken, wenn sie dafür im Austausch etwas Proviant opferten.

      Erneut gab der Dunkelsilberhaarige ein Handzeichen. Die Sandskiffe, angetrieben von den ballonartigen Anemo Slimes setzten sich mit einem Ruck in Bewegung, bereit ihre Träger sicher hinab in die Tiefe zu geleiten.
      Inständig hoffte Alhaitham, dass Khareena es bis dahin lang genug auf dem Vorsprung aushalten würde. Es gab weder die Möglichkeit die Geschwindigkeit noch die Lenkrichtung der Anemo Slimes zu beeinflussen, weshalb es sich als relativ schwierig erweisen würde, die Vastaya, im rechten Moment, zu sich, aufs Sandskiff zu ziehen. Trotzdem würde Alhaitham nichts unversucht lassen.
      Vorerst sollte Niemand mehr versuchen die Felswand zu erklimmen, nicht bis er nicht verstand, womit sie es hier zu tun hatten. Massiver Stein sollte nicht so einfach in der Lage sein zu brechen; schon gar nicht von solch einem simplen Eingriff wie einem Bergabstieg. Es gab keine Anomalien in der Umgebung, nicht mal ein vorzeitiges Erdbeben, welches in irgendeiner Form solch ein Phänomen hätte ankündigen können. Es war beinahe so, als hätte Mutter Natur einfach von allein entschieden ihnen das Leben zur Hölle zu machen.

      Langsam aber sicher kam der Vorsprung, auf welchem Khareena stand in Sicht. Er stutzte augenblicklich als er neben ihr eine weitere Person ausmachte, die direkt hinter ihr stand. Bildete er sich das gerade etwa ein?
      Behutsam legte die Fremde eine Hand an den Rücken der jungen Vastaya. Ein Schauer durchfuhr ihn.
      "Khareena!", Verzweiflung schwang in seiner Stimme, als er nach ihr rief, "Sieh nicht runter. Sieh zu mir."
      Aber Khareena schien ihn nicht zu hören, stattdessen kippte ihr Körper weiter nach vorne, bis sie erneut, vor seinen Augen, in die Tiefe stürzte. Die fremde Person, welche bis eben noch hinter ihr stand, war genauso schnell wieder verschwunden, wie sie zuvor aufgetaucht war; so als wäre sie doch nichts weiter als bloße Einbildung gewesen.

      ---

      Als Kassandra ihren Pfeil abschoss wusste sie, dass sie einen Fehler begangen hatten. Aber wie immens dieser Fehler war, wurde ihr erst im Nachhinein klar. Während alle wie gebannt auf die Risse innerhalb der Felswand starrten, welche sich mit rasanter Geschwindigkeit immer weiter ausbreiteten, erkannte sie selbst etwas anderes hinter den geschwungenen Linien, die sich entlang des Gesteins zogen. Nahezu perfekt und mit Präzession geführt, schien es fast schon zu beabsichtigt, als nur purer Zufall zu sein; beinahe so als würden sie im Endeffekt ein Gesamtbild ergeben, eine Art Symbol.

      "Man kann ein Siegel nicht davon abhalten zu brechen, sobald es einmal einen Riss bezogen hat. Stell's dir einfach wie ein Riss in deiner Kleidung oder aber einen Sprung in einer antiken Vase vor, der dazu verdammt ist sich immer weiter und weiter auszubreiten, bis es, bang, zum Bruch kommt. Natürlich, kannst du versuchen dagegen zu steuern, aber im Endeffekt zögerst du nur das Unvermeidbare hinaus.

      Hör gut zu, Oz. Wenn es jemals dazu kommen sollte, dann haben wir genau zwei Möglichkeiten. Erstens, du entspannst dich und zählst darauf, dass diese fabelhaft, nahezu allwissende Priesterin mit nur einem Blick erkennt, um welches Siegel es sich handelt und zweitens... du nimmst die Beine in die Hand und rennst so schnell du kannst."

      Ihr stockte der Atem. Es hätte ihr schon viel früher auffallen müssen. Wann genau hatte sie bloß damit aufgehört so unachtsam zu sein?

      Die bröckelnde Felswand vor ihnen, welche langsam aber sicher begann in ihre Einzelteile zu zerfallen, musste das Werk von nicht nur einem, sondern mehreren Priestern gewesen sein. Noch nie zuvor hatte Ostara ein Siegel dieser Art gesehen und schon gar nicht in diesem Ausmaß, die Linien beanspruchten nahezu jeden Winkel der Felswand. Es war so gut wie unmöglich zu übersehen, dass es sich hierbei nicht um ein Siegel handelte, was wiederum bedeuten musste, dass man wirklich mit aller Kraft versucht hatte diesen Ort vom Rest der Welt abzuschotten.

      Sie konnte einfach nicht fassen, dass ausgerechnet Alora nun auf diesem verfluchten Vorsprung festhing. Sie musste dort unbedingt weg, bevor das Siegel brach und sie unweigerlich als Erstes erfassen würde. Nuriya durfte sich gar nicht erst ausmalen, was alles mit der Vastaya geschehen könnte. Sie kannte Geschichten, schlimme Geschichte, über die sie nicht zu sprechen vermochte, da sie fürchtete, dass sie ein Unglück damit heraufbeschwören könnte. Wenn sie sich recht entsann, dann war dies früher sogar einst der Fall gewesen.

      "Nur weil sie Priester sind, sind sie noch lange keine Heiligen, Oz. Das hier ist nicht deine Gerichtssaal-Showbühne aus Fontaine, nicht vergessen. Einige Leuten können eben nicht verzeihen und das spiegelt sich in ihren Siegeln eben wieder."

      Was sollte sie nur tun oder viel eher was konnte sie jetzt noch tun? Würde sie es überhaupt rechtzeitig zu Alora schaffen und selbst wenn, wie würde es dann für sie beide weitergehen? Ihre Beine schienen sich beinahe schon wie von selbst in Bewegung zu setzen, während alle um sie herum immer noch wie wild am diskutieren war.
      Die Felswand zu erklimmen wäre nicht nur viel zu zeitaufwendig, sondern auch, im wahrsten Sinne, lebensgefährlich, wenn man einmal bedachte, dass sich schlecht bestimmen ließ, ab welchem Punkt genau das Siegel komplett nachgeben und die Felswand aufbrechen würde. Aber wenn sie den Prozess aufhalten würde, ihnen mehr Zeit verschaffen würde, dann bestünde zumindest eine kleine Chance Alora rechtzeitig genug zu erreichen. Sie musste ihnen allen einfach nur mehr Zeit verschaffen. Ihre Hand wanderte zu dem Ring, welchen sie an einer Kette trug. Sie hatte sich geschworen Kassiopeia nur in absoluten Notfällen einzusetzen, da das Risiko, sich im Nachhinein erklären zu müssen, viel zu hoch war. Aber je mehr sie mit sich haderte, desto mehr spielte sie hier mit Aloras Leben.

      Schreie erklangen und zwangen sie augenblicklich den Blick nach oben zu richten. Augenblicklich rannte sie los, als sie sah wie die Vastaya fiel. Rechtzeitig würde sie es vermutlich niemals schaffen, aber sie wollte in diesem Moment nicht darüber nachdenken, was passieren würde, wenn sie nicht schnell genug wäre, um den Aufprall zu verhindern. Ein rötlicher Schimmer schnellte plötzlich über ihren Kopf hinweg und ließ sie inne halten.

      "K-Kazuha?" Der Samurai nutzte seine Anemo Vision und stoppte den Fall der Grünhaarigen augenblicklich, indem er sie auffing und wieder sicher mit ihr auf dem sandigen Grund landete.
      "Sie lebt noch."

      Erleichtert über diese Worte sackte sie ebenfalls auf die Knie, um für einen kurzen Moment zu verschnaufen. Ihr Blick wanderte prüfend über die reglose Vastaya, um sicherzugehen, dass das Siegel doch nicht seine Spuren auf ihr hinterlassen hatte. Gerade als sie ansetzen wollte etwas zu sagen brach die Felswand, mit einem ohrenbetäubenden Beben, vor ihnen auf; ein riesiger Spalt klaffte schlussendlich in der Mitte und strömte eine unangenehm schauerliche Atmosphäre aus. Was dort hinter verborgen lag, ließ sich nur erahnen, da es so stockfinster im Inneren war, dass man so gut wie nichts erkennen konnte.


      "Wir sollten gehen. Sofort." Blut tropfte in den Sand, während sie sprach. Sie bemerkte es erst als Kazuha sie schockiert anstarrte, dass etwas nicht stimmte. Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Nase. "...das ist nichts. Kannst du Khareena tragen?" Natürlich, musste das gerade jetzt passieren. Zuviel Stress brachte immer irgendwelche Anzeichen der damaligen Vergiftung zum Vorschein und wenn man einmal bedachte, dass gerade beinahe, der einzige Mensch in dieser Zeit gestorben wäre, dem sie vertrauen konnte, dann konnte sie wohl eigentlich froh sein, dass sie nur mit Nasenbluten davongekommen war.


      --- Timeskip ---


      "...ich kann es einfach nicht fassen", mit verschränkten Armen murmelte Tighnari diesen Satz bereits zum vierten Mal in Folge vor sich hin.

      "Oh und es wird noch besser. Nachdem Khareena vermutlich nun das schlimmste Trauma ihres L E B E N S erfahren durfte, klafft jetzt auch noch ein enorm großer Spalt in dieser verdammten Felswand", er nahm einen kräftigen Schluck von seinem Weinkrug und ließ diesen kurz danach wieder auf den Tisch knallen, "Als es zu beben begann dachte ich eigentlich für einen Moment, dass es das für uns alle war. Soll ja in der Wüste keine Seltenheit sein. Aber das... das war mehr als unverantwortlich. Es war eine beschissene Idee loszuziehen. Und dann sagt dieser Mistkerl nicht mal wofür wir das Ganze hier überhaupt machen."

      Beidou warf einen prüfenden Blick in die Runde und nahm ebenfalls einen Schluck von ihrem Krug. Der Wein hatte zwar eine fruchtige Note, aber es war fast schon etwas zu beschämend, dass er nicht ansatzweise stark genug war für das was sie vorhin noch durchmachen mussten. Kaveh hingegen schien bereits recht gut angetrunken zu sein. Die Sumerianer waren wohl doch nicht alle so trinkfest wie sie immer zu behaupten schienen. "Langweilig wird es auf dieser Reise jedenfalls nicht. Die Kleine hat wirklich Glück gehabt, dass Kazuha sie noch rechtzeitig auffangen konnte. Aber kann man uns für das Loch in der Wand eigentlich anschwärzen?"

      ---

      "Wie fühlst du dich?"

      Alhaithams Blick war immer noch aus dem Fenster gerichtet, während Khareena sich nun im Bett langsam aufsetzte. Neben ihrem Bett war direkt ihr aufgeklappter Medizinkoffer positioniert. Da er immer noch nicht wusste wofür genau ihre Medizin gedacht war, war es wohl das Beste sie zumindest, für den Fall aller Fälle, griffbereit zu halten.

      "Kaveh lag mir die ganze Strecke über in den Ohren. Ihm solltest du gleich unbedingt zuerst wissen lassen, dass du wieder unter den Lebenden wandelst."

      Mit diesen Worten drehte er sich nun zu ihr. Sie wirkte noch ein wenig blass um die Nase, aber an und für sich schien sie einen gesunden Eindruck auf ihn zu machen. "Deinen Medizinkoffer hast du vielleicht schon entdeckt. Ich dachte mir, dass du ihn vielleicht benötigen könntest. Nuriya hatte auch keinerlei Einwände." Er trat an das Bett heran, in welchem sie immer noch schweigend aufrecht saß.

      "Ich kann dir nicht verübeln, wenn du es mittlerweile bereust mitgekommen zu sein."

      ---

      Aus ihrer Erinnerung heraus versuchte sie, dass Symbol, welches sich auf der Felswand gebildet hatte, nachzuzeichnen. Leider waren ihre künstlerischen Fähigkeiten alles andere als ansehnlich, weshalb sie sich gezwungen sah immer wieder von Vorne zu beginnen. Sie war gerade dabei ihren dritten kläglichen Versuch durchzustreichen, als einer der leeren Stühle an ihrem Tisch zurück gerückt wurde.

      "...ich hatte gar nicht mit Gesellschaft gerechnet." Ein Getränk wurde ihr nun direkt vor die Nase gesetzt. Am Geruch allein erkannte man schon, dass es sich nicht um ein alkoholisches Getränk handelte. "Ich kann mich gar nicht erinnern, dass wir das so vereinbart hatten. Ich befinde mich doch gerade gar nicht in Schwierigkeiten."
      Die Rosahaarige war neugierig und führte den Becher sogleich an ihre Lippen, um einen Schluck zu nehmen. Es schien sich, um irgendeinen süßlichen Nektar zu handeln, aber er tat bei diesen hohen Temperaturen unwahrscheinlich gut. Aus dem Augenwinkel konnte sie betrachten wie der Samurai sich nun ihre Zeichnungen genauer ansah.

      "Neugierde steht dir nicht. Dafür bist du doch viel zu sehr Gentleman, oder?"
      "Genieß deine 5 Minuten Ruhm
      und pass auf, dass es nicht 6 werden."

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      "Wie fühlst du dich?"

      Es war beinahe schmerzhaft die Augen zu öffnen. Ihr Schädel brummte und ihr war schwindlig. Vorsichtig setzte sie sich im Bett auf und hielt sich den Kopf. Die Grünhaarige brachte kein Wort hervor und musste erst einmal versuchen sich zu orientieren und die Situation zu begreifen. Was war passiert? Die Erinnerungen waren verschwommen, aber sie wusste, dass etwas Schlimmes geschehen sein musste.
      So langsam kehrte ihr Bewusstsein zurück und sie rieb sich ihre Augen. Alora bemerkte, dass sie in einem Bett lag, das nicht ihres war - und außerdem stand Alhaitham am Fenster... das machte doch absolut keinen Sinn! Moment... dieses Zimmer... dieser Duft... sie war nicht bei ihrem Vater? Wie...? Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Der letzte Moment, an den sie sich erinnern konnte, war, dass sie eine Klippe hinunterfiel. War sie etwa tot?! Das Entsetzen durchzuckte sie wie ein Blitz und sie spürte, wie sich die Panik in ihr aufbaute.

      "Kaveh lag mir die ganze Strecke über in den Ohren. Ihm solltest du gleich unbedingt zuerst wissen lassen, dass du wieder unter den Lebenden wandelst."

      Mit ungläubigen Augen starrte sie Alhaitham an, der sich nicht über ihren Zustand zu wundern schien. Eindeutig ein Zeichen dafür, dass sie nicht unter den Lebenden weilen konnte. Das alles machte keinen Sinn. Er faselte etwas von einem Medizinkoffer, den sie kurz darauf wahrnahm. Stand der schon die ganze Zeit hier? Ihr Blick fiel wieder auf Alhaitham zurück als dieser näher an ihr Bett trat.

      "Ich kann dir nicht verübeln, wenn du es mittlerweile bereust mitgekommen zu sein."

      "Mitgekommen?" murmelte sie verwirrt während sie versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Mitgekommen... Mitgekommen... Ach ja, die Exkursion! Meinte er etwa, dass sie es bereute, ihr Leben dabei gelassen zu haben? Eine richtige Antwort konnte sie ihm nicht geben, dafür war sie gerade einfach nicht in der Lage.
      Jetzt, wo er ganz deutlich vor ihr stand, sah Alora sich den Grauhaarigen näher an. Er wirkte unglaublich real und bei diesem Anblick wusste sie nicht ganz wie ihr geschah; sie fühlte sich komisch. Irgendwie wirkte all das hier wie eine Endstation. Aber könnte es sich eventuell auch um einen Traum oder doch die Realität handeln?

      Blitzartig griff sie nach seinem Arm; einerseits, um zu überprüfen, ob er tatsächlich real war, andererseits durchzuckte ein unangenehmer Schmerz ihren Körper, der sie zum Winseln brachte und sie eine Art Halt brauchte; die Berührung machte den Schmerz einerseits erträglicher, andererseits merkte sie dadurch schnell, dass es sich um den echten Alhaitham hielt. In dieser Situation wäre ihr der Tod nun doch wesentlich lieber.

      Plötzlich stellte sich ihr Fell aufrecht und sie zuckte zweimal schnell mit dem Kopf. Die Grünhaarige spürte, wie sie immer aggressiver wurde und wusste, dass sie nun schnell handeln musste. Sie drehte sich zur anderen Seite und griff etwas grobmotorisch in den Medizinkoffer. Mit zittrigen Händen griff sie sowohl nach ihrem selbstgemischten Mittelchen als auch nach einer Spritze, die sie gleich mit der Flüssigkeit befüllte. Aufgrund ihres Zustandes war es ihr nich ganz möglich auf die eigentliche Dosierung zu achten, aber die Dringlichkeit den Schmerz zu lindern und sich nicht weiterhin vor Alhaitham lächerlich zu machen überwog ihre üblichen Vorsichtsmaßnahmen.

      Sie rammte sich die Spritze in den Oberschenkel und unmittelbar danach konnte man beobachten, wie sie sanft ins Bett sank - ganz so, als würde sie pure Erleichterung und Entspannung empfinden. Ihr unangenehmes Gefühl begann langsam nachzulassen und Ruhe breitete sich allmahlich in ihrem Korper aus. Es war, als ob jede Faser ihres Körpers endlich eine dringend benötigte Pause erhielt.
      Vorsichtig entfernte sie den spitzen Gegenstand wieder und legte ihn vor den Koffer. Sie bemerkte Alhaithams Blick, der auf ihr ruhte und räusperte sich daraufhin aus Nervosität. Stimmt, sie war nicht alleine. Was wollte er noch gleich? Egal wie sehr sie sich anstrengte, sie konnte eine Aussagen von vorhin nicht wieder ins Gedächtnis rufen.

      "Mir geht es gut", sagte sie leise und hoffte, dass Alhaitham nicht auf dem Vorfall von gerade rumhacken würde, um Antworten aus ihr zu bekommen.


      ---


      Alora hoffte, dass Alhaitham die ganze Sache vergessen würde. Zwar ging er nicht weiter auf den Vorfall ein, doch ihr war die Vorstellung, dass er sie aufgrund von Neugier irgendwann anders nochmal drauf ansprechen würde, äußerst unangenehm.
      Stillschweigend und mit gesenktem Kopf ging sie neben ihm her, während sie sich auf dem Weg zu ihrer Truppe machten, um sie darüber in Kenntnis zu setzen, dass die Vastaya wieder unter den Lebenden weilte. Außerdem betonte Alhaitham kurz vorher, dass sie sich dringlichst bei Kaveh melden sollte; er wäre ja krank vor Sorge um sie.

      Auch wenn die Grünhaarige ein paar Schwierigkeiten hatte, sich trotz Alhaithams Hilfe zurecht zu finden - denn die zu hohe Dosierung ihres Wundermittels war nicht ganz ohne - war es ein Leichtes, Kaveh ausfindig zu machen. Sein lautes Nörgeln konnte man kilometerweit heraushören.
      Etwas zögerlich legte Alora ihre Hand auf Kavehs Schulter, um auf sich aufmerksam zu machen. "Ich...", setzte sie an und erstarrte von jetzt auf gleich als sie eine andere Person am Tisch erkannte. Niemals - und vor allem nicht unter diesen Umständen - hätte sie erahnen können, dass sie Tighnari wieder begegnen würde. Wie lange ist es nun her, dass sie sich nicht mehr gesehen hatten? Bestimmt kamen da einige Monate, wenn nicht sogar Jahre, zusammen.
      Ein paar Tränen sammelten sich in ihren Augenwinkeln. Wieso wurde sie plötzlich so emotional? Ach das ist doch völlig egal. Schnurstracks fiel sie ihm um den Hals und sorgte beinahe dafür, dass Tighnari bei der Wucht vom Stuhl kippte.


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      Je länger der Tag andauerte, desto lauter wurden die Mitglieder der Crux. Das war für den Samurai nichts Neues; dennoch brauchte er ein wenig Ruhe vor dem Tumult und zog sich eine Weile von der Menschenmenge zurück, um einen klareren Kopf zu bekommen.
      Ihn beschäftigte immer noch der Vorfall mit Khareena. Er konnte sich glücklich schätzen, dass er eine Vision hat, die zum Vorteil der Situation beitrug - andernfalls wäre die Vastaya nicht mehr am Leben.

      "Wir sollten gehen. Sofort."

      Irgendetwas in Nuriyas Ton verriet ihm, dass diese Aussage nicht bloß eine Aufforderung war, schnellstmöglich den Ort zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen. Es wirkte beinahe so, als würde sie mehr wissen. Als wäre der Tod nicht das Schlimmste, was sie erwartet hätten, wären sie an Ort und Stelle geblieben.
      Der Samurai seufzte. Ob er sich das nicht vielleicht nur einbildete?

      Mit zwei Getränken in seinen Händen machte er sich auf dem Weg zu Nuriya, die sich dem Anschein nach über einem Stück Papier den Kopf zerbrach. Er stellte ihr einen Krug vor die Nase und setzte sich zu ihr, wobei ihm dabei einige Zeichnungen offenbart wurden, die relativ ähnlich aussahen.
      "Neugierde steht dir nicht. Dafür bist du doch viel zu sehr Gentleman, oder?"
      Ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen. Sie hatte ihn doch glatt enttarnt. Normalerweise war er kein Mensch, der neugierigen Sorte, aber diese Zeichnungen hatten seine Neugier tatsächlich geweckt. Diese Muster, die sie immer wieder aufs Neuste versuchte zu zeichnen, kamen ihm irgendwie bekannt vor.
      "Tut mir leid, das war unhöflich", antwortete er und sah ihr daraufhin ins Gesicht. Er wollte den Blick von den Zeichnungen abwenden und außerdem überprüfen, ob sie noch Probleme mit ihrer Nase hatte.
      "Ich wollte fragen, ob es dir besser geht. Und gerade eben sind mir deine Zeichnungen aufgefallen. Das Muster kommt mir bekannt vor", er deutete auf eines der Symbole, "aber ich kann mich auch täuschen."