Fresh Start [icedcoffee & Earinor]

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    • Fresh Start [icedcoffee & Earinor]

      War es nicht verrückt was Keith hier machte? Natürlich war es das! Sein Büro hatte er einfach vorübergehend geschlossen, sein Leben hatte er auf eine kleine Reisetasche reduziert und weder hatte er sich überlegt wohin er reisen wollte, noch wie, oder wo genau er übernachten würde. Die ersten paar Tage seiner Reise hatte er oft überlegt einfach umzudrehen und der einzige Grund, warum er es nicht getan hatte war, dass er sich die Blöße vor seiner Familie und seinen Freunden nicht geben wollte. Er war also einfach losgefahren, hatte an einem Motel angehalten und gehofft, dass er nicht enden würde wie das Mädchen aus Psycho. Er hatte eine unruhige Nacht in einem fremden Bett, das auf einem seltsam farbigen Teppichboden stand, den er Barfuß gar nicht betreten wollte. Trotzdem fühlte er sich einigermaßen gut als er am nächsten Morgen aufwachte. Ein paar Fahrstunden entfernt von seinem eigenen Haus zu schlafen, war allerdings nicht gerade eine großartige Leistung und so beschloss Keith, seinen Bruder zu fragen ob er sein Auto bei Gelegenheit abholen könnte. Weiter ging Keiths Reise also per Bus und immer noch war er damit beschäftigt sich auch früh genug um eine Übernachtungsmöglichkeit zu kümmern. Die Reise stellte Keith nach einem Monat jedoch weniger zufrieden, als er erhofft hatte. Die USA war groß, aber irgendwie war doch vieles gleich, speziell dann, wenn man nur mit dem Bus herum fuhr. Die Geschäfte waren die selben, die Leute waren mehr oder weniger gleich und die Natur hatte sich auch noch nicht großartig geändert und so beschloss Keith eines Abends in seinem Zimmer ein wenig zu recherchieren.
      Einige Tage später und ein Schengen Visum für die EU auf seinem Handy, fand Keith sich am nächstgelegenen Flughafen wieder. Der erste Flug nach Europa ging nach Italien. Klar, wieso nicht, Keith hatte sich nicht auf ein Land festgelegt und Italien klang eigentlich ganz gut. Das Kolosseum in Rom, die Kanäle in Venedig und Mittelmeer Sandstrände. Über Italien wusste Keith zumindest ein bisschen etwas, aus dem Fernsehen, aber dennoch. Das Essen war auch gut. Jeder mochte Spaghetti und Pizza, oder etwa nicht? Klar, natürlich und trotzdem wurde Keith flau im Magen, als er nach der Taschenkontrolle im Wartebereich saß und noch schnell ein Hotel in der Nähe des Flughafens an dem er landen würde heraus suchte. Seine Reisetasche hatte er aufgegeben und so blieb ihm auch nichts weiter als sein Handy, seine Geldtasche und sein Reisepass. Keith war noch nie in Europa und seine Frau, Nora, wollte immer dort hin. Keith fühlte sich auf der einen Seite schlecht, dass er diese Reise nun ohne sie antrat und auf der anderen Seite glaubte er, dass er das hier auch ein wenig für sie machte. Er musste zugeben, dass der Szenerie Wechsel, die Aufregung und der Stress des Reisens an sich zumindest schon dazu beigetragen hatte, dass er sich nicht ständig erschlagen fühlte und um sich die Wartezeit zu vertreiben, scrollte er durch ein paar Fotos die er bisher mit seinem Handy gemacht hatte. Ob er ein Tagebuch über diese reise schreiben sollte?

      Auf dem 15 Stunden Flug unterhielt er sich ein wenig mit einer älteren Dame die neben ihm saß, bis er sich schließlich mit dem Bordprogramm beschäftigte. Nach mehreren quälenden Stunden landete das Flugzeug endlich in Europa und Keith verließ müde das Flugzeug. Noch fühlte sich nichts wirklich anders an. Keith folgte der Masse an Menschen die mit ihm i Flugzeug gesessen hatte. Schilder die links und rechts von der Decke hingen und den Weg markierten waren nun hauptsächlich auf Italienisch geschrieben, hatten aber glücklicherweise immer auch eine englische Übersetzung direkt darunter. Die Passkontrolle lief unkompliziert, das Visum auf dem Handy reichte und damit konnte er nun 90 Tage in Europa verbringen, selbst wenn Italien ihn nicht mehr interessierte. Schließlich folgte er der Masse zu den Gepäcksbändern und wartete auf seine Reisetasche. Mittlerweile war es in Rom 1 Uhr morgens und nach und nach verließen die Mitpassagiere den Flughafen mit ihrem Gepäck. Nur Keith stand da bis das Band anhielt. Wo war seine Tasche?
      Ein wenig aufgewühlt machte Keith sich auf zu einem Schalter mit der Aufschrift 'Baggage Claim'. Er stellte sich an und als er an der Reihe war, versuchte er den Flugmitarbeitern zu erklären was das Problem war, mit dem größeren Problem, dass keiner von ihnen englisch zu verstehen schien.
      "Meine Tasche. Koffer? Ich habe ihn nicht bekommen." Verzweifelt versuchte er ihnen mit den Händen einen Koffer anzudeuten, weil das vermutlich einfacher zu erklären war, als dass er eigentlich eine Reisetasche suchte. Er wedelte mit ein paar Barcodes und seinen Flugtickets. Die Mitarbeiter verstanden zumindest ein wenig und scannten besagte Barcodes sowie die auf seinen Tickets. Einer von ihnen begann zu sprechen, irgendeine länger andauernde Erklärung.
      "Ich verstehe kein Wort.", versuchte Keith zu erklären. Die Erklärung begann erneut, aber das half ihm absolut nicht.
      "Ich brauche meine Tasche, darin ist alles was ich brauche. Ich kenne hier auch niemanden." Er stieß auf taube Ohren. Vielleicht war hierher zu kommen doch ein Fehler?

      @icedcoffee
    • In den letzten vierundzwanzig Stunden war Matteo zwei Stunden zu Fuß durch die rumänische Pampa gegangen, vier Stunden mit dem Bus zum nächstgelegenen Flughafen gefahren, hatte dort weitere sechs Stunden warten müssen, bis ein zweistündiger Flug ihn von Bukarest nach Rom brachte und schließlich war er endlich an seinem Ziel angekommen, oder zumindest fast, denn bis in die Innenstadt von Rom würde es auch noch ein Weilchen dauern.
      Seine Zeit in Rumänien war wundervoll, er hatte viel Leid gesehen aber auch so viel Lebensfreude und Harmonie an Orten, an denen man Depression und Verzweiflung erwartete. Genau wegen solchen Erfahrungen, liebte er es, zu reisen. Er wollte die Welt roh und ehrlich, fremde Kulturen ungeschönt und ungefiltert erleben um sich selbst ein Bild zu machen, Fotografien anzufertigen und diese samt der zugrundeliegenden Geschichte anderen zu präsentieren.
      Da der temperamentvolle Italiener erst kurz nach Null Uhr gelandet war, würde er wohl jedoch ein Taxi nehmen müssen und um Geld zu sparen, hielt er etwas Ausschau nach Menschen, die wohlmöglich dasselbe Ziel hatten und sich den Preis dann mit ihm teilen würden.
      Mit den Händen in den Hosentaschen seiner dünnen Leinenhose, schlenderte er durch das recht leere Ankunftsgate, schaute auf den Anzeigen, was für Flüge noch kommen würden, aber es waren nur noch ein paar Vereinzelte.
      Er hatte vor in den nächsten Tagen ein wenig die Hauptstadt zu erkunden, sich auch schon ein Airbnb nahe dem Colosseum gebucht und würde seine Reise aber spätestens in der folgenden Woche fortsetzen wollen in Richtung Neapel, danach weiter gen Süden um mit der Fähre nach Sizilien übersetzen zu können, wo er den Etna besteigen wollte. Ob sich dann sein Plan auch so verwirklichte, war noch fraglich, aber es würde ihn auch nicht stören, wenn sein Weg eine andere Richtung einschlug, da war er ganz spontan.
      Während er fleißig die Anzeige studierte, bekam er im Augenwinkel mit, wie ein junger Mann ein wenig verzweifelt auf Englisch versuchte, dem Zollbeamten am Baggage Claim zu erzählen, dass sich in seinem wohl verloren gegangenen Koffer sein gesamtes Hab und Gut befand.
      Ein schmunzeln legte sich auf die Lippen des Dunkelhaarigen und weil ihm der andere doch ein wenig leid tat und der Zollbeamte nun langsam kurz vorm platzen der Hutschnur stand, stiefelte er in die Richtung und fragte den Zollbeamten, was genau das Problem war, erklärte ihm dabei, dass „sein Kumpel“ leider kein italienisch Sprach und es sich hier wahrscheinlich um ein Missverständnis handeln müsse, da er in Erfahrung brachte, dass wohl der Drogenspürhund am Gepäck des Reisenden angeschlagen hatte.
      Ob dieser nicht vielleicht doch Dreck am Stecken hatte, konnte Matteo zwar nicht wissen, aber sein Bauchgefühl sagte ihm, dass der andere Mann nichts verbrochen hatte.
      Das Gespräch ging eine Weile lang so hin und her, bis sich der junge Italiener schließlich zum ersten Mal auch an den verzweifelten Mann wendete, um den es ging.
      „Also Kumpel, die Sache ist wie folgt: Der Drogenspürhund vom Zoll hat wohl an deinem Reisegepäck angeschlagen, deswegen haben die das erstmal konfisziert. Weil es mitten in der Nacht ist, ist niemand von der Grenzpolizei mehr im Dienst, um den Fall zu bearbeiten. Wenn alles abgearbeitet ist, wird dich jemand vom Zoll kontaktieren und du kannst dein Gepäck abholen.“, erklärte Matteo dann, mit seiner warmen Stimme und dem leichten italienischen Akzent.
      „So lang musst du wohl erstmal ohne deine Habseligkeiten auskommen. Hast du wenigstens dein Geld an dir?“
      Er versuchte sich vorzustellen, wie er in so einer Situation selbst reagieren würde, aber wahrscheinlich blieb er genau so gelassen, wie er auch in dem Moment war und würde wohl noch über sich lachen.
      Grinsend klopfte er dem von Verzweiflung geplagten auf die Schulter: „Sieh‘s gelassen, mir ist sowas auch schon mal passiert. Du musst keine Angst haben das irgendwas wegkommt, könnte nur ein paar Tage dauern, weil hier alles supergemütlich vonstattengeht.“
      "They can keep their heaven. When I die, I'd sooner go to middle-earth." - George R. R. Martin
    • Keith war am Verzweifeln, während er zwar kein Wort von dem verstand was man ihm sagen wollte, aber durchaus erkennen konnte, dass sein gegenüber langsam keine Lust mehr hatte mit ihm zu sprechen. War er nicht genau aus diesem Grund nie nach Europa, Asien oder Südamerika geflogen? Nicht, dass er andere Sprachen und Kulturen nicht leiden konnte, es war nur unglaublich schwer voran zu kommen, wenn man eben nur Englisch sprach. Nichts lief gerade nach Plan und das war es auch wohl, was ihn dazu veranlasste innerlich den Hut auf seine verrückte Reiseidee zu werfen und zu überlegen, nicht doch gleich einen Flug zurück nach Atlanta zu nehmen, aber gerade als er aufgeben wollte, stapfte ein weiterer Mann auf sie alle zu und begann ebenfalls auf italienisch zu sprechen.
      Keith war nicht sicher ob der Mann sich gerade vorgedrängt hatte, seine eigene Agenda verfolgte, oder sich einfach erkundigte, warum hier so eine Aufregung herrschte. Die beiden Männer unterhielten sich und Letzen Endes, sprach dann doch endlich jemand auch Keiths Sprache. Erleichtert seufzte er, auch wenn die Worte des Mannes nicht gerade gut für ihn klangen.
      "Ah... ich... danke...", erklärte Keith immer noch aufgelöst. Sein Gepäck konnte er also erst Mal vergessen? Er würde sich also ein paar Dinge neu kaufen müssen, das war an sich auch kein Problem, aber hier schien bereits alles geschlossen zu sein.
      "Ähm... ja, ja. Mein Geld habe ich, ich... habe nur gar keine funktionierende Nummer im Moment. Ich bin nicht von hier." Okay das war offensichtlich und Keith fühlte sich ein wenig dumm, weil er es überhaupt erwähnte. Außerdem fragte er sich, ob dieser Mann nicht eine andere Agenda verfolgte. Wenn Keith jetzt auch noch beklaut wurde, dann würde er auf jeden Fall nach Hause fliegen.
      "Ich dachte mir ich hole mir eine Simkarte wenn ich angekommen bin." Er blickte den vermeintlichen Italiener an. "Oh tut mir Leid, das ist natürlich nicht Ihr Problem. Uh... jedenfalls danke für die Hilfe eben." Keith wandte sich bereits wieder zu gehen, Reisetasche hatte er ja keine mehr, also konnte er auch in seinem Hotel einchecken und morgen noch einmal versuchen hier jemanden zu finden der ihn verstand.
      "Sie sagten ein paar Tage?", fragte er noch einmal ein wenig durch den Wind und über seine Schulter, nur um sicher zu gehen. Solange er seine Tickets noch hatte, sollte hoffentlich alles klappen, oder?
    • Nun schaffte er es nicht mehr, ein leises Lachen zu unterdrücken und sich doch ein wenig über den Mann, der ganz offensichtlich nicht „von hier“ war, auch wenn er es nochmal kundtat, zu amüsieren. Wie oft war er am Anfang in solche merkwürdigen Situationen geraten?
      Klar, er hatte zum Vorteil, dass er drei Sprachen fließend beherrschte, das half jedoch vor allem dann nicht, wenn man sich in einem kleinen Hinterwäldlerdorf mitten im Nirgendwo befand, nicht mal ein GPS-Signal hatte und sich vorher kein bisschen überlegt hatte, was das nächste Ziel sein sollte. Und dennoch war der Weltenbummler nicht verloren gegangen, sondern durch diese kleinen Unglücke zumeist an die interessantesten und geselligsten Menschen geraten.
      Als er sich dann jedoch bedankte, umdrehte und zum Gehen ansetzte, begann Matteo innerlich zu zählen.
      Eins… zwei… und schon hatte sich der andere umgedreht, um nochmal unsicher nachzufragen.
      „Weißt du denn überhaupt, wie du um die Uhrzeit ohne Italienisch-Kenntnisse in die Stadt kommst? Oder an eine Simkarte? Oder zu einer Unterkunft?“, hinterfragte der Braunhaarige seinen gepäcklosen Gegenüber und zog eine Braue nach oben.
      „Komm mit, ich organisiere uns ein Taxi und den Rest bequatschen wir auf der Fahrt in die Stadt.“
      Mit diesen Worten schulterte er seinen Reiserucksack, an dem viel Fotoequipement baumelte, welches er immer griffbereit haben musste, so auch jetzt, als er eine der Kameras nahm, die er mitführte und ein Foto vom anderen machte, der wirklich völlig perplex dreinschaute. Solche Momente musste Matteo einfach festhalten, es war gegen seine Natur, würde er es nicht tun.
      Nachdem er dann einige Meter rückwärtsgegangen war, ihm der Amerikaner, vom Akzent her müsste er jedenfalls aus dieser Ecke stammen, aber nicht folgte, seufzte der Retter in Not tief und theatralisch.
      „Brauchst du erst noch eine schriftliche Einladung? Ich glaube, du packst es allein nicht mal, ohne dass dich die Taxifahrer um dein Bargeld bringen, bis ins Zentrum. Und ohne funktionstüchtige Simkarte wird es wohl auch schwer, in einer fremden Stadt zu Fuß zu navigieren. Also komm…“, entkam ihm schließlich und er gab seine ehrliche Einschätzung der Zukunft, die den Fremden erwarten würde, ab. Dabei wollte er ihm keine Angst machen, sondern ihn vor eher dem, was vielen unwissenden Touristen passierte, bewahren.
      Noch ein weiteres Mal würde jedoch keine Aufforderung erfolgen und er spazierte gezielt auf den Ausgang des Terminals zu.
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    • Der Fremde stellte mehr als nur eine valide Frage und Keith blieb wie angewurzelt stehen. Erst fragte er sich, ob der Mann sich über ihn lustig machte, dann fragte er sich, ob er ihn nicht vielleicht doch ausrauben wollte, aber es gab keinen Grund so misstrauisch zu sein, oder?
      "Naja, ich hab die Adresse meines Hotels auf dem Handy, ich hätte es damit versucht.", erklärte Keith, aber sein gegenüber wollte davon wohl nichts hören, sondern helfen, oder ihn ausrauben. Das Foto das kurzerhand von ihm geschossen wurde, kam unerwartet. Keith hob eine Augenbraue, aber nach dem ganzen Fotoequipment zu schließen, das der Fremde mit sich trug, war er wohl Fotograf oder so etwas. Es war ein bisschen unhöflich einen Fremden einfach so abzulichten, aber Keith behielt das für sich, was sollte schon groß passieren? Schließlich wurde Keith auch noch beleidigt und er seufzte seinerseits. Wie auch immer, Keith war müde von der Reise und er gab sich schnell geschlagen.Er nickte also und folgte dem Mann kurz darauf zu den Taxiständen.
      Nach einigen schweigsamen Momenten ergriff Keith dann selbst wieder das Wort.
      "Ich bin es nicht gewohnt, dass Nachts nichts mehr geöffnet hat.", erklärte er sich. Er war wohl das Musterbeispiel eines ahnungslosen Amerikanischen Touristen. "Sammeln Sie oft Fremde am Flughafen auf?" Keith bildete sich ein, dass der Film Taken ähnlich begann... das wollte er jetzt mal ignorieren, zumal ihn Liam Neeson vermutlich nicht retten kommen würde.
    • Draußen bei den Taxen angekommen, ging es erst einmal ans Verhandeln bzgl. Der Preise bis in die Innenstadt, bei Verhandlungen kannte Matteo nichts, ließ sich nicht betrügen, er hatte genug Erfahrung gesammelt. Zudem war es ganz gut, dass er Italiener war, Landsmänner bekamen ohnehin bessere Preise.
      Zufrieden öffnete er dann den Kofferraum des Taxis, für das er sich letztendlich entschieden hatte und hielt dem Fremden dann sogar noch die Hintertür auf.
      „Nein, du bist mein Erster. Normalerweise bin ich immer derjenige, der völlig verplant in einem fremden Land strandet und keine Ahnung hat, wie es weitergehen soll. Bis jetzt hat es aber jedes Mal geklappt, da ich ja, wie du siehst, noch in einem Stück hier stehe.“, erklärte Matteo, während er dann neben ihm hinten auf der Rückbank platz nahm.
      Der Amerikaner wirkte ein wenig misstrauisch auf den Braunhaarigen, der sich, nachdem er sich angeschnallt hatte, die Haare lose ein wenig zusammenband, daher meinte er ruhig: „Keine Sorge, ich bin kein Mafioso oder so, ich bin selbst nur Tourist. Mein Name ist Matteo.“
      Ob diese Aussage nun beruhigend wirkte oder nur noch mehr Misstrauen erweckte, konnte er letztlich nicht einschätzen und so fragte er: „Wie heißt das Hotel, in dem du ein Zimmer hast? Mein Airbnb ist direkt beim Colosseo. Ich hab‘ dem Fahrer übrigens gesagt, dass er an einer Tankstelle halten soll. Ich habe irgendwie Hunger und da wir beide ein Sim brauchen, können wir uns die dort gleich holen, also keine Angst bekommen, wenn der von der Schnellstraße abfährt.“
      Matteo war völlig gelassen, lächelte sogar und nachdem der Andere den Namen des Hotels genannt hatte, sprudelten dann auch schon einige Fragen aus dem Fotografenheraus: „Was machst du hier in Rom? Bist du auch ein Solo-Traveler? Ist das dein erstes Mal in Europa?“
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    • Nachdem sie beide das Terminal verlassen hatten und bei den Taxiständen ankamen, wurde Keith erst einmal wieder außen vor gelassen. Er hatte keine Ahnung was der Fremde mit den Taxifahrern besprach, oder diskutierte, aber es dauerte eine ganze Weile, die Keith nutzte, um das Hotel aus der Booking App heraus zu suchen. Er blickte auf, als endlich ein Kofferraum geöffnet wurde, nur leider nicht für Keiths Hab und Gut. Der Fremde hielt ihm aber die Tür auf und der Amerikaner wusste absolut nicht, was er davon nun halten sollte. Er war höflich, vielleicht zu höflich, aber vielleicht waren die Europäer auch einfach so?
      Keith kletterte in den Wagen und rutschte auf den Sitz hinter dem Fahrer, damit seine neue Bekanntschaft nicht einmal um das Taxi laufen musste. Der Italiener nahm neben ihm Platz und das Taxi setzte sich bereits in Bewegung. Bis sie in der Stadt waren würde es vermutlich ohnehin eine Weile dauern.
      "Oh, ich dachte Sie... du bist von hier." Nicht dass Keith in der Lage wäre zu wissen ob dieser Mann einen Akzent hatte, oder ob er fließend Italienisch sprach. "Ich bin Keith." Er zögerte, aber bisher war er wohl ziemlich unhöflich gewesen, also hielt er Matteo seine Hand entgegen. "Freut mich."
      Schließlich wurde er nach seinem Hotel gefragt, natürlich und als hätte er nicht schon damit gerechnet, nahm Keith hastig sein Handy zurück in die Hände und entsperrte es, um Matteo die Adresse zu präsentieren. "Ich weiß nicht genau ob das auch nur in der Nähe von da ist wo du hin musst." Er wollte dem Mann eigentlich nicht noch mehr Umstände bereiten. Nachdem Keith allerdings so spontan nach Italien geflogen war, hatte er einfach das erstbeste Hotel gebucht, dass ihm in der App angezeigt wurde.
      "Ich hoffe an der Tankstelle bekomme ich vielleicht auch eine Zahnbürste..." Und Unterwäsche wäre gut, das klang aber nicht wie etwas, das man an einer Tankstelle bekam. Er würde sich morgen einfach neue kaufen müssen und gleich noch ein wenig Wechselkleidung dazu. Die Fahrt dauerte bestimmt noch eine Weile, aber langweilig wurde Keith wohl nicht, denn Matteo hatte eine Menge fragen.
      "Uh... moment.", wollte er sein Gegenüber beruhigen, damit er die Fragen erst einmal verarbeiten konnte. "Ich reise alleine, ja und ja, ich war noch nie in Europa und... hierher zu fliegen war eher eine spontane Entscheidung, aber ich schätze ich werde mir alles ansehen?" Viel mehr wollte er auch gar nicht preisgeben. Vielleicht hätte er auch behaupten sollen, dass er hier Freunde hatte, aber wenn er sich Recht erinnerte, hatte er schon zugegeben, dass er hier niemanden kannte.
      "Bist du Fotograf?", fragte er, "Wegen der vielen Kameras... und dem Foto." Ja, das war offensichtlich. Keith schob seine dummen Fragen auf seine Müdigkeit.
    • Bei Keith, wie sich ihm der andere Vorstellte, hatte er das Gefühl, er könne Gedanken lesen, da die Zahnbürste sicher nicht dessen einzige Sorge war.
      Matteo schüttelte ihm die Hand, auch wenn er solche Gesten total merkwürdig fand, so steif. Dann grinste er jedoch breit und begann zu erzählen: „Ja genau, ich bin Fotograf, reise seit circa 2 Jahren durch ganz Europa und fange dort jedes Motiv ein, was ich bekommen kann. Aber ich bin nicht so ein Null-Acht-Fünfzehn-Typ, der irgendwelche Monumente und Sehenswürdigkeit in gutem Kontrast fotografiert, mir sind die Monumente eigentlich sogar ziemlich egal, mich interessieren die Menschen, das Leben hier. Also, klar, ich bin selbst Italiener, aber ich komme eben nicht aus Rom, sondern bin in Firenze aufgewachsen, bis zu meinem 10 Lebensjahr, danach bin ich mit meiner Familie nach Schweden umgesiedelt. Es ist also auch mein erstes Mal in Rom und daher kann ich dir auch auf den Kommentar im Bezug auf dein Hotel keine adäquate Antwort geben. Aber ist auch egal. Ich hab‘ mit dem Fahrer einen Festpreis für uns vereinbart. 12 Euro pro Kopf…“
      Während er so wild darauf losplapperte, dem eigentlich Fremden seine halbe Lebensgeschichte offenbarte, war bemerkbar, wie sich die zwei Männer, die sich die Rückbank teilten, unterschieden.
      Sie waren wie Sonne und Mond.
      Nachdem er seine Ausführungen erstmal beendet hatte, nahm sich Matteo einen Moment, Keith zu mustern und stellte fest, dass der Mann neben ihm sehr attraktiv war, aber müde wirkte und seine Augen, der Ausdruck darin, waren traurig.
      Zuerst wollte er ihn daraufhin ansprechen, biss sich aber auf die Zunge und lies es, verfolgte wie der Taxifahrer nun von der Schnellstraße zu einer Tankstelle fuhr.
      „Okay, du brauchst eine Simkarte, eine Zahnbürste, noch irgendwas? Hast du Hunger? Willst du was trinken? Die werden da drinnen kein Englisch sprechen. Generell hoffe ich, dass du darauf eingestellt bist, dass hier nicht jeder deine Sprache spricht.“
      Die letzte Bemerkung war vielleicht daher entstanden, dass es ja durchaus Vorurteile gegenüber Amerikanern gab, die Europa bereisten und Matteo war sich noch nicht sicher, an was für eine Art Amerikaner er da geraten war.
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    • Matteo erzählte Keith gleich viel mehr als wonach er gefragt hatte. Es war ein wenig verwirrend für ihn, er kannte so offene Menschen nicht und er hoffte, dass er selbst nicht nachziehen musste. Der Grund warum er reiste war für ihn immer noch sehr privat und wenn er sich schon mit Leuten unterhielt und neue Bekanntschaften machte, dann wollte er darauf verzichten wieder mit diesem mitleidigen Blick angesehen zu werden. Er war lieber einfach nur irgendein Kerl, der sich ein wenig die Welt ansehen wollte und das offensichtlich zuvor noch nicht wirklich getan hatte.
      "Oh cool.", antwortete er auf Matteos Ausführung, "Verkaufst du die Fotos dann an Magazine? Oder stellst du sie aus?" Keith interessierten Gebäude und Monumente durchaus, als Architekt machte das wohl auch Sinn, aber er war nicht aus beruflichem Interesse hier. Eigentlich wusste er gar nicht genau warum er hier war, oder was er hier machen wollte. Sich das Kolosseum oder den Vatikanstaat anzusehen lag auf der Hand, also war das einfach sein erstes Ziel. Vielleicht gefiel ihm Rom ja und er blieb eine Weile, oder vielleicht würde er sich ein Auto mieten und nach Venedig fahren. Es fühlte sich komisch an, im Vorhinein nicht zu wissen was er tun würde, aber genau das war der Plan, also wollte er sich daran halten.
      "Ich habe ein wenig Hunger. Ein Sandwich oder sowas wird reichen.", murmelte er und einzukaufen bedarf nicht viel Sprache, vermutlich, solange er die Zutatenliste nicht lesen wollte, aber er war auf nichts allergisch, also war das kein so großes Problem. Eine besondere Diät verfolgte Keith auch nicht.
      "Vielleicht lege ich mir einfach eine von diesen Übersetzungsapps zu. Dann werde ich schon voran kommen."
    • Die Nachfrage, auch wenn es vielleicht nur Interesse der Höflichkeit wegen war, freute Matteo.
      "Ich verkaufe meine Bilder oft an Zeitschriften oder Onlineportale, hier und da taucht von mir mal etwas bei National Geographic auf, es wäre mein größter Traum, wenn eines meiner Bilder es dort mal auf die Titelseite schafft und ich dort eine Bilderserie veröffentlichen kann. Generische Bilder, biete ich in Onlinedatenbanken an und meine besten Bilder reiche ich bei Wettbewerben ein.", erzählte er stolz und total glücklich. Der Italiener lebte seinen Traum, einen besseren Job konnte er sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorstellen, genau so nicht wie sesshaft zu werden oder in einem Angestelltenverhältnis zu arbeiten.
      Angekommen an der Tankstelle, stieg er dann aus, schnappte sich sein Portemonnaie und nahm sich auf den Weg zum Tresen eine Dose kühle Limonade aus dem Kühlregal, ein rüstiger älterer Herr schaute ein wenig grimmig hinter dem Tresen hervor, aber das änderte sich, als Matteo begann zu sprechen.
      Er besaß einfach den gewissen Charme, den es benötigte, um Menschen wie diesen Herren, aus der Reserve zu locken und so unterhielten sich die beiden einige Minuten über Gott und die Welt. Es war eine laute Unterhaltung, in der Matteo ganz flüchtig nebenbei noch klärte, dass er zwei Simkarten, eine für seinen Kumpel und eine für sich selbst bräuchte, dass er ein Panini mit Tomate und Mozzarella essen wollte und er außerdem noch die Bestellung von Keith zahlen würde.
      Das machte er, weil der andere immer noch betrübt wirkte, vermutlich wegen seines Gepäcks und wer sah schon gern einen anderen Menschen so?
      "Keith, du hast die Auswahl zwischen einem Panini, was du drauf haben möchtest, kannst du selber entscheiden, oder einem frischen Focaccia. Die Frau von Alfredo hier, macht das alles selber, die haben einen Steinofen, sollte also wirklich fantastisch schmecken."
      Matteo strahlte weiter vor sich her, mittlerweile hatte er schon die Limo geöffnet und dem älteren Herren 30 Euro in die Hand gedrückt, was mehr als reichen sollte für alles.
      Die Tankstelle war wirklich mickrig, nichts im Gegensatz zu den riesigen Tankstellen in Amerika, die wirklich alles hatten und so gab es hier auch kein einfaches Sandwich oder irgendwelche Souvenirs. Die Einrichtung war ein wenig in die Jahre gekommen, aber dennoch war es sauber, hinter dem Tresen an der Wand, hing ein Bild von Jesus, ein Kreuz hing über der Eingangstür und während der jüngere von beiden seinen Blick etwas schweifen lies, spürte er etwas, dass ihn fast schon rührte.
      Er fühlte sich an, als wäre er endlich wieder "Zuhause" angekommen, dabei hatte er nicht einmal Heimweh verspürt.
      Der ältere Herr fragte unterdessen, Keith, wie er hieß und woher er komme.
      "Das ist mein Kumpel Keith, er kommt aus Amerika. Es ist sein erstes Mal hier in Italien."
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    • "Ah, ich schätze damit kommst du ganz gut über die Runden.", lächelte Keith, aber als er an das Foto dachte das von ihm selbst gemacht wurde, fiel sein Lächeln ein wenig in sich zusammen. "Ich hoffe das Bild, das du von mir geschossen hast, landet nicht irgendwo online..." Okay jetzt klang er als wäre er ein Verbrecher auf der Flucht, aber in Wahrheit glaubte er einfach nicht, dass sein Gesicht irgendwo etwas verloren hatte. Es war auch nicht besonders.
      Keith folgte Matteo aus dem Wagen und in die kleine Tankstelle hinein. Hier gab es wirklich nicht viel und Matteo begann gleich sich mit dem Verkäufer zu unterhalten - auf Italienisch natürlich, also verstand Keith kein Wort. Keith streifte inzwischen durch die Regale und schnappte sich eine Zahnbürste und Zahnpasta. Shampoo würde er sicher im Hotel vorfinden und das reichte vollkommen, er nahm sich aber noch einen Handrasierer mit, für den Fall, dass er seine Tasche noch längere Zeit nicht wieder sehen würde. Dazu nahm er sich noch eine kleine Flasche Wasser und stampfte mit den Dingen auf seinem Arm zum Tresen.
      "Huh?", fragte Keith als er so plötzlich selbst angesprochen wurde. "Ach... dasselbe was du nimmst." Es gab zu viel Auswahl und er wollte sich hier jetzt nicht durch alle Zutaten hangeln, egal was es war, es würde ihm schon schmecken. Matteo drückte dem Herrn bereits ein paar Euro in die Hand, Keith realisierte allerdings nicht, dass seine Dinge darin schon inkludiert waren und kramte nach seiner eigenen Geldtasche. Inzwischen wurde er wohl auch selbst vorgestellt, zumindest hörte er seinen Namen zwischen weiteren Worten auf Italienisch. Die Blicke die auf ihm ruhten fielen ihm auch erst au als er aufsah.
      "Hm? Ja, Keith. Amerika, Georgia um genau zu sein.", versuchte er es mit einfachen Worten, vielleicht verstand man ihn ja so. So wenig Ahnung er selbst allerdings von Europa hatte, so wenig Ahnung hatten die Meisten Europäer wohl von seiner Heimat. Es gab wohl einige markante Bundesstaaten und Städte, aber Georgia war den Meisten vermutlich nicht so geläufig. Klar, gehört hatte man es vermutlich, aber wo genau das lag? Wie auch immer, es spielte eigentlich keine Rolle. Keith hielt inzwischen selbst einen Schein hoch, wobei er sich mit der Umrechnung von Dollar zu Euro noch schwer tat. Wenigstens hatte er am Flughafen noch etwas Geld gewechselt.
    • Der Tankstellenwart nickte dem Amerikaner freundlich zu, winkte aber schnell ab, als dieser ihm einen Geldschein hin hielt.
      "Dein Freund hat schon für dich bezahlt", sagte er, natürlich auf italienisch und machte sich im nächsten Moment an die Zubereitung der beiden Panini, nachdem Matteo übersetzt hatte, dass sein Kumpel auch eins haben wollten.
      Es kehrte kurz ein wenig Ruhe ein und dem Fotografen ging Keiths Kommentar im Bezug auf das Bild, welches der Italiener von ihm geschossen hatte nicht aus dem Kopf. Es klang so abwertend und genervt, dass er murmelte: "Ich lösche es, wenn du möchtest. Das Bild was ich von dir gemacht habe, meine ich. Ich mochte nur die Emotion, die dein Gesicht gezeigt hat."
      Darauf folgte wieder Ruhe und der jüngere von Beiden machte sich schon einmal daran, die Simkarte die er soeben erworben hatte, in sein Handy zu basteln und mit dem Code auf dem Kassenbeleg alles freizuschalten. Zufrieden nickte er dann für sich selbst und schob die andere Simkarte seinem Begleiter zu.
      "Du musst in dem Feld, was sich öffnet, lediglich den Code eingeben und dann bestätigen."
      Wahrscheinlich wusste der andere, wie das funktionierte, aber da die Anweisungen auf dem Handy des Dunkelhaarigen auf Italienisch gestanden hatten, wollte er es dennoch lieber noch einmal sagen.
      Unterdessen waren dann auf die beiden Panini fertig und mit den warmen Sandwiches in der Hand, machte er eine kurze Bemerkung, dass er schon einmal zum Taxi gehen würde, sie auch bei der Fahrt essen könnten.
      Matteo hatte es wirklich versucht, aber Keith wirkte gerade auf ihn so, als wolle er so schnell wie möglich einfach in sein Hotel und nichts mit dem Fremden zu tun haben wollen. Das musste er dann wohl akzeptieren, brachte ja nichts, ihn weiter zu nerven.
      Es war eine der ersten Erfahrungen die der Fotograf gemacht hatte, bei dem die andere Person nicht nach kurzer Zeit warm mit ihm wurde und trotz seiner eigentlichen Frohnatur überdachte er, was er wohl hätte anders machen können.
      Er war eben wirklich, ein Kopfmensch, dachte so viel über Vergangenheit und Zukunft nach, malte sich die Besten aber auch schlimmsten Szenarien aus und versuchte all seine Handlungen im Nachhinein zu reflektieren, dass es ihn manchmal einfach traurig machte.
      Vielleicht war Keith ja aber auch einfach nur müde, nach der langen Reise und freute sich auf sein Bett.
      Zumindest beschloss Matteo, den anderen nicht mehr voll zutexten und ihm lediglich später anzubieten Nummern auszutauschen. Es konnte ja sein, dass der Amerikaner wegen des Gepäcks nochmal Probleme hatte oder so.
      Am Taxi angekommen lehnte er sich an die Motorhaube und unterhielt sich einen Moment mit dem Taxifahrer, der entspannt eine Zigarette rauchte, während beide darauf warteten, dass der weit Gereiste bald aus der Tankstelle kam und es weiter in Richtung Stadtkern ging.
      Zwar war es mitten in der Nacht, aber auf der Schnellstraße, auf die sie wieder auffahren würden, war recht viel betrieb und die Geräuschkulisse dementsprechend unangenehm.
      Laute Dinge, es sei denn es handelte sich um ein Konzert, hatte der temperamentvolle Mann noch nie gern gehabt. Natürlich war er an das laute Organ seiner Landsleute gewöhnt, aber dennoch genoss er auf seinen Reisen vor allem die Momente, in denen für einen kurzen Moment absolute Ruhe herrschte. Über diese Gedanken merkte Matteo letztlich auch seine eigene Müdigkeit und um nicht einzuschlafen, biss er in das leckere Panini, bei dessen Geruch jedem schon der Speichel im Mund zusammenlaufen würde.
      "They can keep their heaven. When I die, I'd sooner go to middle-earth." - George R. R. Martin
    • Der Tankestellenwart wollte Keiths Geld anscheinend nicht und dieser blickte nur verständnislos zu seinem neuen Freund, damit er ihm eventuell übersetzte wieso. Matteo hatte für ihn bezahlt?
      "Das ist wirklich nicht nötig.", erklärte er schnell. Er wollte nicht auf den Kosten anderer Leben. Anscheinend war es aber so, dass Matteo ganz gut von seiner Kunst leben konnte, wenn er einfach so Geld an Fremde verschenken konnte. Gut für ihn und trotzdem hatte Keith auch genug Geld, um sich bei der ganzen Sache schlecht zu fühlen.
      "Schon gut.", erwiderte er schließlich bezüglich des Bildes und erhielt schlussendlich auch eine Simkarte für sein Handy. Keith fummelte das kleine Teil aus der Verpackung und die Simkarte aus seinem Handy, um alles zu tauschen. Matte haute inzwischen schon wieder ab und nachdem Keith nicht wollte, dass er auf ihn warten musste, beeilte er sich damit die Simkarte in sein Handy zu stopfen. Den Code konnte er auf der Fahrt, oder später immer noch eingeben. Er schnappte sich schnell das Panini vom Tresen, das noch für ihn übrig war und beeilte sich nach draußen.
      "Sorry.", entschuldigte sich der Amerikaner, nachdem alle nur auf ihn warteten, "Wir können schon weiter." Sofern der Taxifahrer nichts dagegen hatte, dass man in seinem Wagen aß. Sein eigenes Panini packte Keith noch nicht aus, er war noch mit seinem Handy beschäftigt, dass gerade neu hochfuhr.
      "Dass du alles bezahlst ist wirklich nicht nötig. Solange wir beide noch in der Gegend sind, könnte ich dich zum Dank ja mal auf ein Abendessen einladen, wenn du Lust hast. Sofern ich meine neue Nummer herausfinde..." Das Handy war hochgefahren und Keith gab den Code ein der bei der Simkarte dabei war. Damit sollte er jetzt zumindest Anrufe empfangen und das Internet nutzen können.
    • Als beide wieder nebeneinander auf der Rückbank platzgenommen hatten, schaute Matteo, der gerade nochmal in sein Panini gebissen hatte zu Keith rüber und war ein wenig verwirrt, als dieser sich auf einmal entschuldigte.
      "Ich habe bezahlt, nicht weil ich nicht denke, dass du das nicht selber könntest, sondern weil du heute nicht so einen guten Start hier hattest. Es war nur lieb gemeint... und ich erwarte dafür auch keine Gegenleistung", sagte der Italiener ruhig und seufzte ein wenig genickt.
      Es war wahrscheinlich seine Mentalität, der Italiener in ihm, der ein wenig gekränkt war, wenn ein anderer seine lieb gemeinten Gesten nicht einfach hinnahm, sondern sich dann ihm gegenüber schuldig fühlte und das abzulegen, war wirklich schwierig.
      Dennoch lächelte er dann und deutete auf das Kästchen auf der Verpackung der Simkarte, dass man freirubbeln musste.
      "Dahinter verbirgt sich die Nummer. Die Simkarte gilt übrigens nur für ein Quartal. Solltest du durch ganz Europa reisen, würde ich dir empfehlen, einen Vertrag abzuschließen, sodass du nicht in jedem neuen Land eine neue Sim besorgen musst. Ich hatte auch so einen Vertrag, der ist aber vor ein paar Tagen ausgelaufen, daher musste ich mir jetzt auch erstmal so behelfen. Bin gespannt ob es solche Optionen auch in Afrika gibt. Das ist der nächste Kontinent, den ich besuchen werde."
      Matteo merkte, dass er schon wieder zu viel redete und verstummte daher nach seiner ausführlichen Erläuterung, merkte nun langsam, dass er müde wurde und schloss, nachdem das Panini verspeist war, seine Augen.
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    • "Naja trotzdem, du hast mir ja schließlich nicht nur meinen Kram bezahlt, aber wenn du nicht willst, dann muss ich das wohl akzeptieren.", antwortete Keith. Vielleicht fiel er dem anderen nun doch schon auf die Nerven. Um ehrlich zu sein wäre Keith auch froh, wenn er endlich in seinem Hotel ankam und sich ein wenig ausruhen konnte. Er würde erst einmal schlafen, sich aber vielleicht einen Wecker stellen, damit er nicht den ganzen nächsten Tag verschlief und der Jetlag ihn nicht so hart erwischte. Eigentlich hatte er auch keine Ahnung ob er anfällig dafür war, er war immerhin noch nie so weit gereist.
      Er folgte dem Deut des Italieners und fing anschließend an seine neue Nummer mit seinem Fingernagel freizurubbeln, nachdem er gerade nichts besseres zur Hand hatte.
      "Das mit dem Vertrag klingt nach einer guten Idee, danke. Afrika, huh? Ist Rom dein letzter Anlaufpunkt in Europa?", fragte Keith nach, allerdings schien Matte selbst schon ein wenig müde und Keith konzentrierte sich auf die freigerubbelte Nummer. Er speicherte sich seine eigene Nummer auf dem Handy, einfach nur damit er sie zur Hand hatte falls nötig und überreichte Matteo anschließend die Verpackung mit der Nummer darauf.
      "Falls du doch einmal nicht alleine essen willst." Matteo musste Keith seine eigene Nummer ja schließlich nicht geben, er wollte sich auch gar nicht aufdrängen. Normalerweise war er auch nicht so offen, aber er war schließlich hier um neue Leute kennenzulernen und sich die Stadt anzusehen. Apropos, er hatte noch gar nicht aus dem Fenster gesehen, also machte er das jetzt. Keith beobachtete die vorbeiziehenden Lichter Roms, er konnte eigentlich noch gar nicht fassen, dass er in Europa war. Seinen Kopf lehnte er ein wenig gegen die Scheibe und sobald sie die Schnellstraße verlassen hatten sah bereits alles anders aus als in seiner Heimat. Speziell die alten Gebäude taten es Keith an, mit all ihren Verzierungen und kleinen Balkonen.
    • Der Jüngere war kurz davor, einzuschlafen, als er die Nummer von Keith überreicht bekam und murmelte müde, aber ehrlich: "Das überrascht mich jetzt. Ich habe die ganze Zeit den Eindruck, du bist genervt von mir."
      Er speicherte die Nummer ein und schrieb seinem Sitznachbarn dann kurz noch eine Nachricht, damit er seine Nummer auch hatte, schloss dann die Augen wieder und lehnte den Kopf etwas an die Scheibe.
      Es ging eine gute halbe Stunde durch den dichten Stadtverkehr, dann kam das Taxi zum Stehen und der Fahrer verkündete, dass beide hier aussteigen konnten. Verschlafen öffnete Matteo die Augen und lächelte schließlich, als er sah, dass Keiths Hotel anscheinend genau so nah am Colosseo war, wie sein Airbnb. Beide Männer bezahlten den Fahrer, wobei der Italiener noch einen 5er als Trinkgeld obendrauf legte und sich bedankte. Dann holte er seinen schweren Rucksack aus dem Kofferraum und lächelte Keith an.
      "Also dann, wenn du Lust auf ein Abenteuer hast oder jemanden brauchst, der die Landessprache beherrscht, melde dich einfach bei mir. Auch wenn es Probleme wegen deinem Gepäck geben sollte.", sagte er lächelnd.
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    • "Genervt? Nein, tut mir Leid, ich bin es nur nicht gewohnt, dass jemand der mich nicht kennt, so freundlich zu mir ist?", versuchte Keith zu erklären, warum er ein wenig misstrauisch war. Sein Handy vibrierte kurz darauf und die Nachricht die er erhalten hatte war von Matteo. Er speicherte seine Nummer und ließ das Gespräch damit auf sich beruhen. Sie beide waren müde und Keith betrachtete die vorbeiziehenden Gebäude gerne. Es dauerte noch eine Weile, bis das Taxi für sie beide anhielt.
      Keith stieg aus, aus dem Kofferraum hatte er nichts zu holen, stattdessen bezahlte er den Fahrer und suchte sich anschließend auf seinem Handy noch einmal die Adresse seines Hotels, sowie die Buchungsbestätigung. Es sollte irgendwo eine Schlüsselbox geben, aus der er den Schlüssel holen konnte.
      "Danke und ähm... Gute Nacht.", erwiderte Keith als Matteo schon dabei war zu seiner eigenen Unterkunft aufzubrechen. Keith startete in die andere Richtung und hatte sein Hotel bald erreicht. Oben angekommen beschloss er das Duschen zu überspringen - er war zu müde - und stattdessen Zähne zu putzen und direkt ins Bett zu gehen. Es dauerte nicht lange, bis er einschlief.

      Am nächsten Morgen nahm Keith eine Dusche und machte sich anschließend fertig für den Tag. Mehr als die Kleidung die er am Vortag getragen hatte, hatte er leider nicht, zuerst aber machte er sich noch einmal zum Flughafen auf, um nach seinem Gepäck zu fragen und seine neue Nummer zu hinterlassen. An dieser Front war leider bisher noch nichts passiert. Keith fuhr zurück in die Stadt und suchte sich ein Frühstücks Cafe, in dem er sich erst einmal einen schwarzen Kaffee gönnte. Anschließend blieb ihm nichts anderes übrig als ein wenig Shoppen zu gehen. Im Internet suchte er sich eine Einkaufsstraße die er anschließend entlang wanderte. Er brauchte ein paar T-Shirt, Unterhosen, mindestens zwei Hosen und vielleicht eine leichte Jacke, sowie Socken. Er machte sich also auf den Weg und war bald mit den ganzen viel zu stylischen Optionen überfordert. Das passte alles doch gar nicht zu ihm. Unterwäsche und Socken waren zwar schnell gefunden, sowie ein paar schlichte Shirts, aber dann wurde es schon ein wenig schwieriger. Am Ende hatte er den ganzen Tag gebraucht, um etwas zu finden und als er schließlich ins Hotel zurück kehrte war er komplett erledigt. Sein Magen grummelte trotzdem. Keith nahm noch eine Dusche und zog sich anschließend endlich etwas frisches an. Für einen Moment wollte er einfach nur an dem kleinen Tisch vor seinem Fenster sitzen. Von hier aus konnte er sogar das Kolosseum sehen, wenn auch nur ein Stück davon. Er merkte seine Gedanken abschweifen, zu seiner Heimat, seiner Frau und seiner Trauer. Nein. Deshalb war er nicht hier. Keith zückte sein Handy und beschloss seinem neuen Freund eine Nachricht zu schicken. >Hungrig?<
    • Matteo wand sich nochmals um, hob die Hand um zu winken und sagte: „Dir auch eine gute Nacht und melde dich ruhig.“
      Damit machte er sich dann auf den Weg zu seinem 2 Straßen weiter gelegenen Airbnb.
      Es war ein kleines Apartment mit einem kleinen Schlafzimmer, einer Wohnküche mit einem kleinen süßen Balkon, der zum Verweilen einlud und einem Bad mit Dusche und Badewanne. Im Vergleich zu dem, was er sonst so kannte, von seinen Übernachtungsmöglichkeiten, vor allem in den Ärmeren Ländern des Kontinents, war das der reinste Luxus.
      Total müde schleppte er sich noch ins Badezimmer zum Zähneputzen und Duschen, kümmerte sich dann noch, all seine Akkus für sein Kameraequipement zum Laden anzustecken und packte sich seine kleine Umhängetasche schon einmal für den kommenden Tag.
      Erst dann konnte er beruhigt zu Bett gehen und schlief sofort ein.
      Gegen 10.30 Uhr öffnete der Italiener am nächsten Morgen seine Augen und fühlte sich wahnsinnig erholt, was seine Laune für den Tag direkt zu einer Guten manifestierte.

      Sein erster Weg führte ihn in einen kleinen Supermarkt, in dem er sich mit ein paar Dingen eindeckte, die er täglich bräuchte wie Wasser, etwas Obst und dergleichen. Als all das in dem Apartment verstaut war, hing er sich seine Tasche um, schnappte sich für den ersten Tag eine der kleineren Kameras und ging in die Spur, unterhielt sich fast an jeder Ecke mit einem Einheimischen, um ein paar Dinge über die Stadt und das Leben hier zu erfahren, wobei er sich auch immer mal wieder in seinem Handy ein paar Notizen anfertigte.
      Ansonsten spazierte er einfach durch die Straßen und machte sich ein wenig mit seiner Umgebung vertraut, gönnte sich am Nachmittag einen Doppelten Espresso und ein leckeres Gelato, ehe er sich erstmal wieder in die Wohnung begab, um auch seiner Arbeit nachzugehen.
      Dies Tat er auf dem kleinen Balkon, der Laptop stand auf seinem Schoß, die Beine hatte er auf einem der drei Stühle abgelegt und Matteo bearbeitete fleißig Bilder, beantwortete wichtige E-Mails und vergaß dabei ein wenig die Zeit, bemerkte nicht mal, dass sie Sonne langsam unterging.
      Erschrocken zuckte der junge Mann zusammen, als er der Nachricht erhielt und musste grinsen, als er den Absender sah.
      > Oh ja! Ich mach mich Ausgehfertig und ich wir treffen uns in 20 Minuten vor deinem Hotel, ok? <
      Nachdem er seine Antwort abgeschickt hatte, brachte er seinen Laptop nach drinnen und zog sich um. Bekleidet in einer wirklich feinen Hose, mit einem Beigen Leinenhemd, bei dem er die oberen Knöpfe offen lies und seine Ärmel hochgerollt hatte und einem paar ordentlicher Schuhe, ging er auch noch einmal ins Bad. Dort trug er ein leichtes Parfüm auf, es duftete leicht nach Kaffee und Schokolade, band sich seine Haare zu einem kleinen Dutt und setzte eine Sonnenbrille auf, die er dann hochschob, um die losen Haare nach hinten zu halten.
      Somit sah er richtig ordentlich und attraktiv aus, ganz anders als in der Nacht, wo er eben ein normaler Reisender gewesen war.
      Wie in der Nachricht geschrieben, kam er dann nach 22 Minuten, weil er kurz falsch abgebogen war, am Hotel an und winkte Keith zu.
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    • Keith bekam schnell eine Antwort. 20 Minuten? Das war genug Zeit um sich fertig zu machen und er konnte gleich seine neue Kleidung einweihen. Er hatte sich nichts besonderes gekauft, schlichte einfärbige T-Shirts, heute Abend trug er eines in Dunkelblau, und ein paar schlichte Jeans. Das war es auch schon und den Reist seiner Kleidung sah er hoffentlich bald wieder.
      Keith fuhr mit dem Lift nach unten zum Eingang des Hotels und wartete dort dann draußen. Während er wartete recherchierte er auf seinem Handy was für Restaurants sich in Gehweite befanden. Da er, oder eher sie beide, erst kürzlich hier angekommen waren, klang Italienische Küche eigentlich sinnvoll. Pasta, oder Pizza vielleicht. Keith fragte sich schon den ganzen Tag, ob er einen Unterschied zu Amerikanischer Pizza bemerken würde.
      Keith blickte auf als er merkte, dass jemand auf ihn zukam.
      "Hey.", grüßte er Matteo freundlich, "Ich hoffe ich habe deine Abendpläne nicht zunichte gemacht." Andererseits kannten sie hier beide niemanden. Keith war trotzdem nicht gerade die beste Abendbegleitung, das wusste er selbst.
      "Ich hab ein paar Restaurants rausgesucht, hast du Lust auf Pasta? Langweilige Wahl, ich weiß, aber wenn ich schon Mal in Italien bin."
    • „Hey Keith, keine Sorge, ich hatte keine Pläne, bin immer super spontan“, erwiderte der Italiener und grinste schief.
      „Dein Vorschlag klingt fantastisch, es gibt nirgendwo besseres Eis oder bessere Pasta. Nur bei der Pizza… da muss ich leider sagen, die Beste gibt es im Restaurant von meinem Dad.“
      Matteo schmunzelte und die beiden Touristen machten sich auf den Weg, nachdem sie sich für ein gut bewertetes Lokal entschieden hatten, in dem die Pasta auch selbst gemacht wurden.
      „Wie war dein erster Tag? Ich sehe du hast dich mit Kleidung eingedeckt“, bemerkte der Braunhaarige und ließ den Blick an sich hinabschweifen. Er fühlte sich ein wenig overdressed, da Keith nur Shirt und Jeans trug, aber es war eben sein Stil sich so zu kleiden.
      Nach etwa 12 Minuten Fußweg kamen sie an und Matteo fragte nach einem Tisch. Die beiden wurden an einen Platz draußen vor dem Lokal geführt, was super war, denn es war das beste Wetter. Am Tisch sitzend und mit den Karten in der Hand, murmelte der jüngere von beiden dann jedoch: „Das ist echt schön hier, …“
      Das war es wirklich, denn sie saßen an einem Tisch für zwei, in der Mitte brannte eine Kerze, die Sonne ging langsam unter, es spielte schöne Musik, eigentlich ein perfekter Ort für ein Date.
      Nachdem beide bestellt hatten, kehrte eine merkwürdige Stille zwischen den beiden ein, die Matteo absolut nicht mochte.
      „Du weißt das ich Fotograf bin, aber was machst du denn beruflich?“, fragte er schließlich.
      „Mhm… nein warte…sags mir nicht. Lass mich raten. Du bist auf jeden Fall studiert, was würde denn zu jemandem wie dir passen? Mathe kannst du sicher auch, huh? Also… meine Top 3 sind Ingenieur, Anwalt oder… Architekt?“
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