Lost within
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@Kiimesca & @Notizblock
Vorstellung&Co.
GO!
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Vorstellung&Co.
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Zwar hatte Roan sich drei Tage und Nächte Zeit genommen, um diese Entscheidung zu treffen, die ihn hier her in dieses Taxi führte, das schon seit einigen Stunden fuhr, doch waren es genug Tage und Nächte gewesen für so eine Entscheidung? Die Zahl am Ende des Monats unter dem Strich sagte eindeutig ja, doch sein Bauchgefühl und ausnahmsweise auch mal sein Kopf - die beiden harmonierten selten miteinander - konnten dem noch nicht mit Überzeugung beipflichten. Außerdem war Roan nicht mehr der Jüngste für einen so großen Cut in seinem Leben gewesen, war er der Meinung. Denn während seine Wohnung nicht unbedingt das Problem war, weil er sie ohnehin aufgeben musste und der neue Job ihm die Suche nach einer anderen Wohnung abnahm, ging es auf der anderen Seite um seine Arbeit im Krankenhaus, die er über wirklich ungemein liebte. Dort war er kein Anfänger mehr, hatte seine Patienten, die ihn kannten und schätzten und sich wohl bei ihm fühlten. Außerdem ein festes Einkommen und einen unbefristeten Vertrag. Nun aber - Roan versuchte beim Hinausstarren in die Landschaft aus dem kleinen Fenster des Taxis den Grund für seinen Entschluss noch einmal ins Gedächtnis zu rufen - hatte der 34-Jährige einen neuen Vertrag unterschrieben, einen befristeten und dann auch noch mit einer Probezeit. Es kam ihm jetzt so dumm vor, aber was nützte es genau jetzt? Gar nichts! Denn immerhin war er fast 4 Stunden mit dem Zug gefahren und nun schon seit gut einer Stunde mit dem Taxi unterwegs für diesen neuen Job. Der Weg des Kneifens würde also ein umständlich langer werden, da konnte er genauso gut die Sache jetzt auch durchziehen.
"Bitte verzeihen Sie, wie weit ist es noch?", erfragte er und das war tatsächlich das erste Mal heute, dass er mehr Worte aneinander gereiht hatte und sich nicht nur durch Begrüßungen und Verabschiedungen verständigte.
"Wir sind jeden Moment da, Sir."
"Ah, okey, danke!", murmelte Roan und schluckte seinen Seufzer hinunter und ließ sich wieder nach hinten gegen die gepolsterte Rückenlehne fallen, um auch für den Rest noch durch das kleine Fenster zu starren. Doch schon bald veränderte sich der Ausblick und ein weites, sehr gepflegtes und wirklich herrschaftliches Anwesen erstreckte sich vor den bernsteinbraunen Augen des Dunkelhaarigen. Je näher sie dem kamen und je mehr er davon erblicken durfte, desto kleiner fühlte sich Roan. Und gerade als er sich wünschte, dass sie gerne noch ein paar Minütchen fahren konnten, spürte er wie das Taxi langsamer wurde und schließlich zum Stehe kam. Der Motor verstummte, das Schlüsselloch wurde seines Schlüssels beraubt und die Fahrertür öffnete sich. Roan, der eigentlich zu groß für dieses Taxi gewesen war und daher die ganze Zeit ein wenig geduckt gesessen hatte, verfolgte den Taxifahrer mit seinem Augenpaar, wie er zu seiner Tür ging und diese kurz daraufhin, wie es sich für englische Manieren nun einmal gehörte, für ihn öffnete. Schnell atmete er durch und stieg aus. Klare, frische Luft strömte in seine Lungen, während er dem Taxifahrer zum Kofferraum folgte und sein Gepäck entgegen nahm. Ein Koffer und eine Sporttasche, mehr hatte er nicht bei sich, weil ihm erklärt worden war, dass alles andere Nötige, das er zum Arbeiten bräuchte, sich vor Ort befinden würde. Der Ort, der Roan immer noch leicht sprachlos machte. Aber es war ja auch nicht so, als ob jemand es darauf anlegte mit ihm zu sprechen, ganz im Gegenteil. Der Taxifahrer war selbst sehr kurz angebunden und verabschiedete sich auch schon alsbald, nachdem das Gepäck überreicht wurde - bezahlen musste Roan ihn nicht, weil auch die Anreise vom Auftraggeber übernommen wurde.
Schließlich schnappte er sein Gepäck und setzte ein Fuß vor den anderen, um einem langen Weg zu folgen, über dem sich eine prächtige Allee erstreckte. Wirklich prächtig, so als ob sie perfekt wuchs oder eben auch jeden Tag perfektionistisch nachgeschnitten. Dieser Weg war der schlimmste an der ganzen Reise gewesen, denn es war so friedvoll und ruhig gewesen, dass Roan um so lauter sein aufgeregtes Herz schlagen hören konnte. Doch glücklicherweise erstickte die Nervosität zum Teil im Keim, als das Gebäude endlich sichtbar und Roan klar wurde, dass es hier nun um seinen Job ging. Ein ziemlich gut bezahlter Job und damit der Gründe, warum Roan sich darauf einließ. Und sollte es sein letztes großes Abenteuer gewesen sein in seinen noch nicht ganz so alten Jahren, dann wäre es immerhin ein ziemlich eindrucksvolles Abenteuer gewesen.
Ihm war zwar klar gewesen, dass diese Schönheit nicht von alleine hier gedeihte und dazu sicherlich das ein oder andere Personal gehörte, dennoch war Roan überrascht gewesen, wie schnell man ihn entdeckte, in das Innere geleitete, ihm sein Gepäck annahm und weiter führte, bis ihn schließlich die Hausherrin im Empfang nahm. Es passierte alles so schnell und einstudiert, dass Roan gar nicht genug Zeit hatte oder die Gelegenheit sich mal umzugucken und das beeindruckende Alles um ihn herum wahrzunehmen. Das Vorstellungsgespräch führte der zukünftige Angestellte dieser Familie mit gemischten Gefühlen im Bauch; wenn auch mit einem unglaublich köstlichen Stück Kuchen vor ihm und einem original englisch zubereiteten Tee. Die Hausherrin, Mrs de Vere, war eine sehr elegante Frau. Ihre Frisur saß perfekt und sah ziemlich aufwendig aus und strahlte dennoch eine gewisse Natürlichkeit und Leichtigkeit aus. Ihre Körperhaltung war sehr anmutig und stets aufrecht. Ihre Kleidung, eine leichte weiße Bluse mit hellen pastell-farbigen Blumen verziert und ein pastell-blauer Stiftrock, der wiederum ihre Augenfarbe aufgriff, standen ihr nicht nur ausgesprochen gut, sondern sie wiesen auch keinerlei Unebenheiten oder Falten auf. Roan hingegen trug eine Jean und einen braunen Pullover unter dem ein weißer Hemdkragen ordentlich hervor stand. Und obgleich er sie zwei Anziehsachen absichtlich neu gekauft hatte, fühlte er sich einfach komisch so gekleidet hier zu sitzen. Andererseits hatte ihn der kurze Gedanke in einem Anzug hier aufgekreuzt zu sein, fast lauthals zum Lachen gebracht, also hatte er ja doch ein wenig was richtig gemacht.
Mrs de Vere hörte nach der Hälfte des Kuchens auf zu essen und verschränkte ihre Hände unter den Tisch auf ihrem Schoß. Woher hätte der erfahrene Pfleger wissen sollen, dass das das Zeichen dafür war, dass das Gespräch sich dem Ende geneigt hatte. Er hatte keine Ahnung gehabt, darum aß er sein Stück Kuchen auf und lobte sich dafür, dass er dem Drang widerstanden hatte nach einem zweiten zu fragen. Mrs de Vere geleitete ihn daraufhin durch das Haus, was einem Schloss glich in das Obergeschoss. Um nicht unhöflich zu wirklich bestaunte Roan nicht alles in dem Masse, in dem die Einrichtung und das eindrucksvolle Gebäue es jedoch verdient hätten, sondern folgte der Hausherrin, bis sie schließlich vor einem Zimmer ankamen und sie etwas sagte, dass für Roan alles veränderte und die ganze Spannung abfallen ließ.
"Hier werden sie meinen Sohn betreuen-" Sohn. In den ganzen Gesprächen und Papieren, die Roan geführt und gelesen hatte, war immer nur die Rede von einem Komapatienten gewesen und männlich. Er war die ganze Zeit davon ausgegangen, dass es sich dabei um Mr. de Vere handelte und irgendwie tat es das auch, nur war Mr. de Vere in Roans Vorstellungen der Mann von Mrs de Vere gewesen. Sie betraten das Zimmer und Mrs de Vere ergänzte noch, dass Roans Unterkunft gegenüber des Zimmers liegen würde, damit er stets schnell zur Stelle sein konnte. Aber der Pfleger nahm ihre Worte nur im Hintergrund wahr. Sein Blick wurde angezogen von dem jungen Mr. de Vere. Jung war dabei das Stichwort. Sicherlich nicht das erste Mal für Roan, dass er einen jungen Menschen im Koma sah und ganz sicher auch nicht der Jüngste - traurigerweise. Und dennoch jung.
Schließlich verließ die Hausherrin das Zimmer und gönnte Roan einen Moment, ehe die Angestellten ihn zu seiner Unterkunft bringen würden, damit er sich dort frisch machen und ein wenig ausruhen konnte. Das war das erste Mal gewesen, dass Roan ein Lächeln auf dem Anwesen säte.
"Versteh mich nicht falsch, ich wünschte wirklich die Umstände wären für sich andere, aber Gott.. du kannst dir nicht vorstellen, wie froh ich bin, dass du du bist und nicht jemand anderes, Gabriel!", flüsterte er dem schlafenden Gabriel wie ein Geheimnis ins Ohr und richtete seine Decke, in dem er sie ein wenig höher zog. "Ich habe es im Gefühl, wir beide werden gut miteinander auskommen!"
Und so war es gewesen. Roan brauchte keine Eingewöhnungszeit um mit seinen Patienten klar zu kommen. Darum wurde er spaßeshalber auf der Arbeit als der Pflege-Flüsterer bezeichnet, was er persönlich richtig albern fand. Aber es stimmte, er hatte die Gabe schnell den Draht zu seinen Patienten zu finden, ob sie nun ansprechbar waren oder auch nicht. Jeden Tag um 5 Uhr morgens wachte Andrew auf, zog sich seine Pflegerkleidung an und ging zum Haus rüber. Seine Unterkunft - er wollte es nicht glauben, als er es zum ersten Mal hörte und sah - war ein eigenes kleines Gebäude gegenüber liegen vom Zimmer des de Vere Sohnes, wie die Hausherrin bereits erwähnte. Er bekam für seinen Aufenthalt hier also nicht nur ein Zimmer gestellt, sondern quasi eine eigene kleine Wohnung, wobei sein klein noch mal wesentlich kleiner war, als dieses klein hier. Er ging also immer als erstes rüber. Über einen Hintereingang für die Bediensteten gelangte er zu einer Treppen, die der schnellste Weg zu Gabriels Zimmer war. Jeden Morgen öffnete er seine Fenster zum Lüften, nachdem er die Vorhänge beiseite geschoben hatte, entledigte daraufhin Gabriel von seiner Decke, damit sein Körper atmen konnte, leerte seinen Urinbeutel, checkte seine Werte, die er stets in die Akte eintrug und machte sich dann dran Gabriels Frühstück vorzubereiten. Natürlich wurde er über einen Schlauch ernährt, dennoch machte Roan es ihm jeden Tag so schmackhaft es ging, in dem er sich ein leckeres Gericht zu den Geschmacksrichtungen ausdachte. Danach holte er warmes Wasser und wischte den nächtlichen Schweiß von der strafen Haut des schlafenden jungen Mannes mit einem weichen Lappen ab. Dann wurde sein Pyjama gewechselt und erst dann, wenn Gabriel frisch in den Tag starten konnte, ging Roan zurück zu seiner Unterkunft und duschte und aß eine Kleinigkeit. Dieser Ablauf war jeden Morgen gleich doch den Tagesablauf, dafür ließ sich der Pfleger stets etwas einfallen, damit keine Monotonie eintreten konnte. Er hätte auch gerne Sitzungen zusammen mit seiner Familie gemacht, doch die einzige, die Interesse daran zeigte und den Willen dazu hatte war Madelin gewesen. Roan lernte sie nach einem Monat kennen. Sie stellte sich ihm vor und erzählte dann, dass Gabriels Unfall sie in ein tiefes Loch gerissen hatte. Roan war ein Pfleger, kein Therapeut, doch in seiner Ausbildung hat es durchaus Schnittstellen gegeben. Darum waren die Gespräche mit der jungen Frau, die sich auch noch als Gabriels Ehefrau herausstellte; seine schwangere Ehefrau, nicht nur für ihn und seinen Patienten aufschlussreich, sondern auch für sie selbst. Madeline und Roan wurden sogar so Freunden, hätte er ohne jegliches schlechte Gewissen behaupten können.
"Naja jedenfalls ist es wirklich unglaublich was für eine Kraft die Kleine in ihrem Griff hat. Ich muss mich wirklich mal darum kümmern, dass meine Haare geschnitten werden, obwohl... mhmm.. findest du nicht auch, dass mir das kleine Zöpfchen steht?" Roan hatte den Vormittag mit Madelin und ihrer Kleinen verbracht. Sie hatte darauf bestanden, weil ihr aufgefallen war, dass Roan kaum jemals zu Mittag aß. Also lud sie ihn zu einem Brunch ein, doch da Roan nicht während seiner Arbeitszeit das Haus verlassen wollte, holte sie sich die Erlaubnis ihrer Schwiegermutter ein und veranstaltete dieses im Garten. Zu dieser Jahreszeit blühte er wunderschön und entsandte viele herrliche Aromen.
Roan hielt den deutlich magereren Körper, als noch vor einem Jahr mit seinem Arm an sein Körper gepresst und bezog die Matratze neu, damit Gab es über Nacht frisch und angenehm hatte. Sobald die zweite Hand das Bettlaken zu Ende gezupft hatte und wieder frei verfügbar war, legte er sie vorsichtig in den Nacken des Blonden und ließ seinen Körper anschließend mit ebenso viel Sanftmut in das frische Bettzeug sinken.
"Also ich meinerseits denke, dass es mich ein wenig geheimnisvoll erscheinen lä-" Große Augen starrten in große Augen - das Orangerot der Sonne traf auf das widergespiegelte Himmelsblau im Wasser. Natürlich war es das Ziel eines jeden Pflegers, dass sein Patient irgendwann seine Augen wieder öffnete, doch dass es tatsächlich nach so einer langen Zeit geschah, hatte Roan im ersten Augenblick unterwartet getroffen. Doch das änderte sich rasch, als die Instinkte in ihm übernahmen, beim Erfassen des röchelnden Geräusches, das Gab anfing von sich zu geben. Die Werte auf dem Monitor, die für Roan fast zur Normalität geworden waren mit ihrem gleichmäßigen Piepen, schossen kurz in die Höhe und spätestens jetzt wusste er was zu tun war.
"Okey, okey alles gut, ganz ruhig", redete er mit sanfter Stimme auf seinen bislang stumm gewesenen Freund ein und legte seine Finger an Gabs Mundwinkel an, zwischen denen zwei Schläuche heraus ragten. Einer war dafür zuständig ihm Essen zuzuführen und der andere ihn zu beatmen. Zweiteres war soeben offenbar nicht mehr nötig, denn Gabriels Lunge versuchte bereits von alleine nach Luft zu schnappen. "Das wird sich ein wenig unangenehm anfühlen, aber ich verspreche dir, dass ich schnell und vorsichtig bin. Wir machen es auf drei alles klar? Und wenn ich es sagte, dann holst du so tief es geht Luft, okey Gabe? Also, eins - zwei - drei!" Die Finger des großen Dunkelhaarigen drückten die Schläuche gekonnt zusammen und zogen sie langsam aus Gabriels Mund. Für ihn musste es sich qualvoll langsam anfühlen, doch Roan musste es auf diese Art und Weise machen, um nicht die Speiße- oder Luftröhre zu verletzen. "Nur noch ein paar Zentimeter und wir haben es gleich.... - geschafft!" Der Pfleger hatte sich schon vor langer Zeit verboten der Länge der Schläuche unnötige Aufmerksamkeit zu schenken, weil er seine Patienten nicht bemitleiden wollte, sondern sie möglichst normal behandeln. Darum tat er es auch diesmal nicht und legte sie stattdessen auf einem Beistelltisch ab und blickte stattdessen in Gabe aufgerissene Augen, aus denen er Angst und Verwirrung und ein wenig Verzweiflung heraus lesen konnte.
"Ich weiß, es fühlt sich an, als ob du ertrinkst, aber das wird gleich vergehen. Versuch es weiter Gabe, hol tief Luft!" Zur Unterstützung ergriff Roan Gabriels Hand und drückte sie mit spürbarbarem Druck, während seine Lippen sich zeitgleich spitzten und er mit Gabe zusammen die Atmung ausführte, die er selbst machen sollte. Und dann war es endlich da, das ersehnte Schnappen nach Luft und gleichzeitig das Zeichen dafür, dass die Lunge von alleine funktionierte! Roans Mundlinie weitete sich bis die Lippen sich voneinander trennten und seine Zähne aufblitzen ließen, für ein Lächeln das von Herzen kam.
"Na, wer sagts denn! Willkommen zurück, Gabriel!"