Death Loop [Nicolas & Azshara]

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    • Death Loop [Nicolas & Azshara]

      Death Loop
      -> Vorstellung
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      Das Ende der Menschheit war… überraschend unspektakulär.
      Es gab keine dystopische Zukunft in der die Menschheit langsam ihrem Ende entgegensah, wie ein nuklearer Winter als Folge eines Atomkrieges oder nach einer verheerenden Pandemie.
      Keine Zombies oder Post-Apokalyptischen Gangs welche in blutigen Auseinandersetzungen um die letzten Konservendosen kämpften, wie es gerne mal von Filmen und Serien dargestellt wird.
      Nope. Es endete innerhalb weniger Sekunden und fühlte sich eher so an, wie wenn man mit dem Gesicht zu nahe am Backofen stand während man die Tür öffnete und der heiße Dampf einem voll ins Gesicht blieb und für einen Moment dem Atem raubte. Dieses Gefühl, gefolgt von einem Grellen, blendendem Licht und einem seltsamen Rauschen, welches Cassandra selbst nach dem dritten Mal weder genau zuordnen oder beschreiben konnte, endete damit, dass es sich anfühlte, als würde jedes Molekül ihres Körpers auf einmal zerrissen werden.
      Und wie auch schon zuvor, erwachte Cas nun zum vierten Male zu Mariah Careys „All I Want For Christmas“ welches wie eine Hymne des Spotts aus ihrem Radio-Wecker schallte und einen frustrierten Aufschrei ihrerseits mit sich zog.
      Warum ausgerechnet immer wieder dieser Song?! Welches höhere Wesen hatte sie in ihrem vorherigen Leben derart verärgert, dass sie nun auf solche Weise gequält wurde? Lieblos warf sie ihr Kissen nach dem Wecker, was zur Folge hatte, dass dieser hohen Bogens von Ihrem Nacht Schrank segelte und laut polternd auf dem Boden aufschlug. Erlösende Stille kehrte ein. Doch Cassandra wusste bereits, dass diese nicht lange wahren würde.
      Wiederwillig und frustriert stieg sie aus ihrem Bett und begann in Richtung Dusche zu schlendern.
      Während das heiße Duschwasser ihre Haut liebkoste nutzte Cassandra die Zeit, den vergangenen Monat in ihrem Kopf noch einmal Revue passieren zu lassen. Oder eher die vergangenen 3 Monate.
      Als sich am 22 Januar das erste Mal um Punkt 8 Uhr abends die metaphorische Backofentür öffnete und Sie genau einen Monat früher wieder aufwachte, wusste Cassandra überhaupt nicht was vor sich ging.
      Erst kam es ihr vor, als würde jeder um sie herum ihr einen verfrühten und geschmacklosen Aprilscherz spielen als behauptet wurde, dass wieder der 22 Dezember sei. Als sie dann nach und nach realisierte, dass sie sich tatsächlich nicht mehr im Januar befand, stellte sie ihre eigne mentale Gesundheit infrage. Dies tat sie wohlbemerkt immer noch.
      Kurz darauf begann sie dann ihre Ersten Theorien aufzustellen, die von „prophetischer Fiebertraum“ über „Alienentführung“ bis hin zu „gefangen in einer Zeitschleife“ reichten. So absurd sich jede einzelne dieser Theorien auch anhörte, bestätigte sich Letztere jedoch als der 22 Januar 2024 für sie ein zweites Mal eintraf… und sie zum dritten Mal am 22 Dezember 2023 zu Mariah Carey erwachte.
      An dem Punk stand für Cas fest, dass was auch immer am 22 Januar geschah, es einen Grund dafür gab, warum sie in der Zeit zurücksprang. Und so begann für sie der Monat, in dem sie nichts Weiteres tat als Forschungen anzustellen.
      Jeder Artikel, der sich in irgendeiner Form mit Zeit oder der Manipulation dieser befasste, wurde von Ihr aufgesucht, dabei konnte sie schon gar nicht mehr zählen, wie oft sie dabei auf irgendwelchen britischen Dr. Who – Fanforenen gelandet war. Überraschenderweise gab es dort jedoch ziemlich viele User die ganz Interessanten Theorien auf Quantenphysik Basis aufstellten.
      Nichts desto trotz hatte sie ein echtes Problem, dass sich nicht mithilfe irgendwelcher Science Fiction Nerds beheben ließ.
      Zusätzlich befasste sie sich damit, was diese seltsamen Empfindungen ausgelöst haben könnte, die sie kurz vor Ihrem Zeisprung gefühlt hatte. Eine gezündete Atombombe? War die Sonne explodiert? Hatte sich die Erde Spontan aufgehört zu drehen? An irgendeinem Punkt war sie soweit, dass sie anonyme Anrufe an alle möglichen über den Kontinenten verteile Atomkraftwerke tätigte um dort nach den getroffenen Sicherheitsvorkehrungen zu fragen. Die Reaktionen waren… gemischt, um es milde zu formulieren.
      Ehrlichgesagt überraschte es sie, dass sie noch keinen Besuch vom FBI bekommen hatte, wenn man ihren verdächtig klingenden browserverlauf ansah
      „Atombome reaktion auf menschlichen Körper“ „Telefonische erreichbarkeit Atomwerk Conneticut“ „Wie viele Nukleare Sprengköpfe derzeit in Amerika?“ „Wahrscheinlichkeit einer Sonennexplosion“
      Sie hatte halt einfach keine Ahnung womit sie es zu tun hatte und wonach genau sie eigentlich suchte.
      Einen Erfolg hatte ihre „Forschung“ jedoch ergeben. Und zwar, dass es kein Phänomen war, dass nur an einem Ort stattfand.
      Mit all dem, was sich Cassandra über die Jahre angespart hatte, hatte sie sich am 21 ein Flugticket nach Paris gekauft, um zu prüfen, ob sie vielleicht einfach nur zur falschen Zeit am Falschen Ort gewesen war.
      Um Punkt 15 Uhr mitteleuropäischer Winterzeit - was genau 8 Uhr abends der Atlantischen Standardzeit entsprach- überkam sie dieselbe Symptomatik wie die beiden Male davor: Plötzliche Hitze, blendendes Licht, und das Gefühl auf molekularer Ebene zerlegt zu werden.
      Den Auslöser konnte sie immer noch nicht benennen, aber immerhin wusste sie jetzt, dass es immer zur gleichen Zeit geschah, egal wo sie war, und sie immer wieder am gleichen Ort erwachte.
      Traurigerweise war das aber auch das einzige, was sie bisher an handfesten Fakten vorzuweisen hatte.
      Seufzend stellte sie das Wasser der Dusche ab und begann sich abzutrocknen und Ihr Haar trocken zu föhnen.
      Irgendwas musste es doch geben was sie übersah. Irgendeinen Hinweis.
      Vielleicht sollte sie der Bibliothek einen Besuch abstatten? Sie hatte zwar gefühlt das ganze Internet durchforstet, aber dem gedruckten medium hatte sie bisher viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.
      Ob der Besuch in einer staubigen Bibliothek effizienter war als die unendlichen Weiten des mächtigen Internets war für sie zwar fragwürdig, aber –hey. Sie brauchte mal Abwechslung!
      Außerdem befand sich in ihrem Wohnort New Haven die Universitätsbibliothek der Yale University, vielleicht war es gar nicht so unwahrscheinlich, dass sie dort etwas Interessantes ausgraben würde?
      Derzeit teilte Casandra sich Ihre Wohnung mit Ihrer Schwester und wusste, dass diese sie erst in einer Stunde versuchen würde zu wecken.
      Die Gelegenheit ergreifend, zog sie sich also leise an und verließ zielstrebig das Haus, hinaus in die winterlichen Straßen New Havens.
    • You may ask yourself if anything we did made any sense
      We are not here to ease your pain, nor will we bring deliverance
      You came of your own will, so don't expect me now to make amends
      I'm glad you're here, in this very moment, When it all ends
      Without any friends

      [ASP - Raise Some Hell Now]



      Schon wieder New Haven.
      Und Dylan hasste die Tristesse, die dieses verfluchte Kaff unter den mittelgroßen Kleinstädten (gab es diese Wortschöpfung eigentlich?) mit sich trug. Die Häuser standen nett beisammen, die Menschen waren zumeist nett und freundlich und alles trug dieses merkwürdige Aroma von heiler Welt mit sich. Und Dylan kam sich vor wie eine Barbiepuppenfehlpressung in einer perfekten Welt.
      Wie oft hatte er eigentlich schon wieder auf sein Smartphone geschaut und das Datum betrachtet? 22. Dezember. Immer wieder und wieder.
      Man konnte es halten wie man es wollte, aber wenn sich ein Mensch bereits von normalen Alltagen langweilte, so war ein immer wieder erlebter Tag die Ausgeburt einer miesen Hölle. Als hätte sich Dante Alighieri aus dem Grab erhoben, ihm den verfluchten Finger gezeigt und ein neues Drama auf seinem Rücken geschrieben.
      Seufzend erhob sich der junge Mann aus dem schäbigen Hotelbett und sah zu der Frau neben sich.
      Wie hieß sie noch gleich? Julia? Jamie? Jocelyn? Und warum begannen alle Frauennamen, die er vergaß, mit "j"? Kopfschüttelnd fuhr er sich durch die lockigen Haare und empfing die übliche SMS von seiner Mutter.
      Es war 12:07 Uhr.
      "Hallo Schatz, wir würden uns freuen, wenn du uns an Weihnachten mal besuchst. Bring doch gerne Danielle mit! xoxo Mom", murmelte er und öffnete die SMS erst dann.
      Wäre eine tolle Fähigkeit gewesen, wenn er nicht gewusst hätte, was drin steht. Und wenn es nicht das vierte Weihnachten wäre, dass er absichtlich verpasste. Beim letzten Sprung (konnte man es Sprung nennen?) war er auf Arouba gewesen. Ein toller Ort. Voller tropischer Sonderbarkeiten und fernab jeglicher Realität, bis er die Symptome an sich wieder bemerkt hatte.
      Da war dieses Ziehen und dann das Brennen. Und wenn es dunkel wurde, war er wieder hier. Hier in fucking New Haven mit der göttlichen Judy (?) von vergangener Nacht und den Resten von verlorener Hoffnung zu seinen Füßen, die er auf dem Boden abgestellt hatte.
      Leicht beugte er sich vornüber und räusperte sich lautstark, wissend, dass diese Göttin nicht mal von einer Büffelherde wach wurde, die man hier durch trieb. Seine Hand griff zielstrebig nach den Zigaretten, die auf dem Nachttisch lagen und selbst wenn er es schon einige Dutzend Male erlebt hatte, wunderte er sich immer noch, dass er sie aufgeraucht hatte. Enttäuscht blickte er in die leere Packung und seufzte, als er sie in die Ecke feuerte. Also Tabak. Ein Kaffee und Tabak. Eine Dusche, ein Kaffee und Tabak. Streich die Dusche.
      Seufzend erhob er sich und wusste auch beim nächsten Handy-Klingeln, dass es seine Schwester war, die irgendein Reel vom Gram zugesandt hatte. Darin würde eine schlafende Schönheit abgebildet sein und darüber stünde "Guten Morgen Dornröschen!"
      Seufzend sah er zu der nackten Frau in dem Bett und riskierte den ein oder anderen neugierigen Blick über ihre Kurven. Gute Güte...Selbst betrunken hatte er einen schlechten Geschmack. Auch wenn die Dame umwerfend aussah und sie mit Sicherheit Spaß hatten, musste er doch schief grinsen.
      "Tja Mags...", murmelte er, während er seine Hose anzog. "Dornröschen hat sich prostituiert."
      Das T-Shirt von letzter Nacht roch noch akzeptabel und rasch streifte er es über. Die Boots, die Jacke, Schlüssel und Smartphone sollten reichen. Es reichte immer. Der Kiosk hatte schon auf, er musste nicht nachsehen. Und auch die Zigaretten würden in einer Art Angebot sein, wenn er dem Verkäufer halbwegs schöne Augen machte. Es hatte etwas für sich, zumindest lokal bekannt zu sein.
      Schweigsam sah er nochmals zurück und schloss die Tür des Hotelzimmers hinter sich, während er die verschneiten Straßen New Havens durch das Fenster erblickte.
      Auf in eine neue Runde der frivolen Narretei, dachte Dylan und grinste. Immerhin würde es ein Abgang mit Glanz und Gloria.
      Wie immer.

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Die unangenehme Stille wurde nur durch das gelegentliche Piepen des Scanners unterbrochen den die in die Jahre gekommene Bibliothekarin nutzte, um den Buchrücken der vor ihr liegenden Bücker zu scannen.
      Das und dem gelegentlichem klackern der Tastatur, als ihre künstlichen Nägel über die Tasten flogen um ein Eingabe zu tätigen.
      Auf dem Tresen aus abgenutztem, dunklen Holz türmte sich ein kleiner Stapel aus Bänder wie „ In Search of the Edge of Time by John Gribbin“ „ A Geography of Time’ by Robert Levine“ und „Time machines, time travel in physics, metaphysics, and science fiction by Paul J Nahin“.
      Hin und wieder warf die ältere Dame Cassandra einen Blick zu, welcher eine Mischung aus „Du bist doch sicher nicht ganz dicht“ und „Ich bin zu müde um zu fragen“ vermittelte.
      „Recherche für ein Kreatives Literaturprojekt.“ Versuchte das dunkelhaarige Mädchen ihre skurrile Buchauswahl zu erläutern, doch dies erntete nur ein halbherziges nicken. Warum versuchte sie es überhaupt?
      Mit solch einem Start in den Tag hatte die Fachangestellte vermutlich nicht gerechnet.
      An ihrem letzten Arbeitstag vor Weihnachten noch eine Studentin vor den Türen der Bibliothek aufzufinden, noch bevor die Sonne überhaupt den Horizont erklommen hatte war an sich schon ungewöhnlich genug, aber dass diese dann noch wie ein kopfloses Huhn den gesamten Flügel für wissenschaftliche Fachliteratur nach allem was das Wort „zeit“ im Namen trug durchkämmte, war dann wohl doch eine Nummer zu viel.
      Als nun das letzte Literaturwerk in das System eingelesen war und Cas Ihren Bibliotheksausweis zückte um auch diesen von dem suchenden infrarot strahl des Scanners erfassen zu lassen, warf sie der geduldserprobten Dame noch einen letzten entschuldigenden Blick zu, bevor sie sich die Bücher vom Tresen schnappte.

      Bemüht, möglichst schnell wieder nach Hause zu kommen, hastete sie mit ihrem Literaturstapel an ihre Brust gedrückt zurück nach draußen, auf die eisigen Straßen New Havens.

      In der eisigen Kälte des späten Dezembers bildeten sich kleine Atemwoken vor ihrem Gesicht und nach kaum der Hälfte des Wegs realisierte Cas, dass sie vielleicht einen Rucksack oder eine Tasche zum Transport der Bücher hätte mitnehmen sollen, bevor sie so Hals über Kopf aus dem Haus gestürmt war. Oder zumindest Handschuhe.
      Erbarmungslos biss der winterliche Wind in ihre Fingerspitzen und ließ diese gänzlich taub werden. Irgendwo war sie sich auch sicher, dass sie Eiszapfen sehen könnte, wenn sie auf ihre Finger herabblicken würde.

      Auf ihrem Weg die Whitney Avenue hinab sah sie sich nach Möglichkeiten um, sich kurz aufzuwärmen. Oder zumindest wieder Gefühl in ihre Finger zu kriegen. Dabei viel ihr Blick auf einen kleinen Kiosk am Rande der Straße, welcher an den nahegelegenen Park grenzte.
      Noch auf der Straße konnte sie das verführerische Aroma frisch aufgebrühten Kaffees vernehmen. Warum nicht? Ein schöner heißer Kaffee würde ihr jetzt mit Sicherheit den Morgen um ein Vielfaches vereinfachen und dabei ihre Hände wärmen. Eine Win-Win Situation!

      Ohne lange nachzudenken bog sie also in den kleinen Laden ein und stellte erfreut fest, dass vor ihr anscheinend keine Schlange war.

      „Einen großen Kaffee bitte, keine Milch oder Zucker.“ Bestellte sie sogleich, als sie an das Register herantrat und legte ihren Stapel Bücher neben sich auf einen kleinen Stehtisch ab, um ihre kalten Hände aneinander zu reiben, in der Hoffnung so zumindest wieder die Blutzirkulation in Schwung bringen zu können.
    • New Haven ist scheiße.
      Das oder so ähnliches geisterte durch die Gedankenwelt eines halverkaterten Musikers, der sich gerade aus dem Bett gewälzt hatte und jetzt in der trüben Wintersonne von New Haven fror. Die Straßen waren verschneiter als eine Polarstation in der Arktis und innerlich listete er die Orte auf, die er in diesem Durchgang besuchen würde. Nicht, dass seine Liste besonders lang oder kulturell ansprechend war. Im Grunde ging es Dylan um Spaß, Rock n Roll und Sex. Er hatte sich schon immer einmal quer durch Brasilien oder Mexiko vögeln wollen. Also warum nicht? In einem Monat würde er eh wieder in dem üblichen Backofen sitzen und sich dabei zusehen, wie seine Eingeweide verschwanden.
      Was machte es also für einen Unterschied.
      In der Whitney Avenue herrschte reger Betrieb, wie man es an einem Wochentag und morgens erwarten konnte. Diese Menschen hier waren zum Kotzen freundlich und grüßten ihn sogar, während er zum Dank nur grunzte und sich möglichst schnell dünne machte. Die Liste an diesem Wintermorgen in New Haven war kurz.
      Zunächst brauchte er Zigaretten und Kaffee. Wenn er diese beiden intus hatte, würde er zurück ins Hotel gehen. Wie üblich. Dann würde er die Dame von letzter Nacht nochmals beglücken und sie sogar schwängern, wie sich später herausstellen wird. Doch auch dies kümmerte ihn wenig, da er nicht erleben würde, Vater zu sein. Anschließend würde sie gehen und ihren Freunden sicherlich von der tollen Nacht berichten, während er sich den Biergeruch aus den Haaren und den Geruch der Frau von seinen Körperteilen wusch. Und dann begann das Abenteuer von neuem.
      Sachte trat er an das Register vom Tresen und legte eine Schachtel Zigaretten auf den Tresen.
      "Und einen Kaffee, bitte. Schwarz", murmelte er und sah kurz die Straße hinab.
      Der Besitzer kredenzte beides und Dylan zahlte die Zeche. Die letzte, die er zahlen würde.
      "Und wie war es gestern?", grinste der Besitzer.
      Ach, er hatte sie beide gesehen. Dylan und die Betrunkene. Augenzwinkernd sah er den Musiker an und Dylan grinste schief, ehe er die Achseln zuckte.
      "Der Gentleman genießt und schweigt."
      "Och, komm schon!"
      Der Daumen nach oben reichte dem Besitzer, wärhend sich Dylan einen Schluck genehmigte und in den Schnee hinaussah. Alles war beim alten. Da war die merkwürdige Lady mit dem Hund, der Jogger, der beinahe auf die Fresse fiel und auch das merkwürdig bunte Auto, das mit einem Hupen um die Ecke fuhr.
      Alles wie immer.
      Bis auf diese Frau. Na, eher dieses Mädchen?
      Sie war neu. Und bestellte zumindest den Kaffee so wie er selbst. Schweigsam sah er hinüber zu ihr und konnte nicht umhin, nicht nur das Gesicht anzusehen. Zugegeben, ansehnlich war sie ja. Und die Figur war auch nicht übel. Gut, die Literaturwahl war sicherlich bedenklich, aber Nerds gaben sich zumeist mehr Mühe als die anderen, also würde es nicht schlecht werden.
      Achselzuckend kam er einen Schritt näher und wies mit brennender Zigarette zwischen den Fingern auf die Bücher.
      "Hey", murmelte er. "Bist du Studentin oder so?"
      Die Auswahl war wirklich farbenfroh und alle merkwürdig physiklastig. Zeitreise? Wirklich? Ruhig wartete er auf Antwort, ehe er sich selbst überraschte.
      Sie war neu. Sie war vorher nicht hier gewesen. Dylan wusste nicht, dass sein Handeln Auswirkungen auf die Durchläufe hatte, aber man musste nehmen was man kriegen konnte.
      "Sorry, wenn es komisch klingt aber...Willst du vögeln?"

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Überrascht wandte Casandra sich dem jungen Mann zu, der sie aus dem nichts heraus angesprochen hatte.
      Sie folgte seinem Blick auf die abgelegten Bücher und gab ein nervöses lachen von sich. "Ja, ich bin Studentin hier in Yale, die Bücher sind aber eher für ein... kreatives Literaturprojekt. Sowas in der Art."
      Cass hasste es, dass sie in dem Augenblick so unsicher klang, aber hey. Es kam nicht alle Tage vor, dass sie aus heiterem Himmel heraus von einem Kerl angesprochen wurde, der mindestens drei Köpfe größer war als sie und zugegebenermaßen sogar recht gut aussah. Wobei sich Cas sicher war, dass ihr sein Gesicht irgendwoher bekannt vorkam. Hatte sie ihn schonmal irgendwo gesehen? Zumindest nicht persönlich soviel war sicher, an das Gesicht hätte sie sich bestimmt erinnert. Kam er vielleicht mal flüchtig in den Nachrichten vor oderso?
      Woher auch immer er ihr so bekannt vorkam, eines war ihr klar als er einen Schritt an sie heranzrat: Er könnte definitiv mal wieder eine Dusche gebrauchen.
      Der beißende Geruch der brennende Zigarette zwischen seinen Fingern war in der Hinsicht auch nicht äußerst hilfreich.
      Gerade wollte sie den Smalltalk fortführen mit der Gegenfrage, ob er ebenfalls ein Student aus der Gegend war, als er ihr mit seiner Frage zuvor kam.
      "Sorry, wenn es komisch klingt aber...Willst du vögeln?"
      Cas öffnete ihren Mund als wollte sie antworten, aber ihr fiel nichts ein.
      War das sein ernst??? Sah sie in seinen Augen wie jemand aus als der mit jemand dahergelaufenen einfach so in die Kiste springt?!
      Bevor ihr rationaler Verstand ihrer aufschäumenden Wut zuvor kommen konnte, hatte sie bereits ausgeholt und ihm eine Ohrfeige verpasst, was für einen aussenstehenden vermutlich äußerst komödial aussehen musste, da sie sich dafür auf die Zehenspitzen stellen musste.
      Oh shit, das war vielleicht eine blöde Idee. Aber dann wiederum... nächsten Monat würde er es ohnehin wieder vergessen haben, falls sie sich jemals wieder über den weg laufen sollten.
      An den Kioskbesitzer gewand, welcher in der zwischenzeit den dampfenden Kafeebecher vor sie gestellt und alles schweigend mitangesehen hatte, pfefferte sie einen 10 Dollar Schein auf den Tresen.
      "Behalten sie den Rest" 10 Dollar für einen einzigen Kafee war selbstverständlich viel zu viel, aber in diesem Moment war ihr das ziemlich egal. Statdessen schnappte sie sich den heißen Becher mit einer eiskalten Hand und die Bücher mit der anderen, welche nach der Ohrfeige noch pochte und steuerte Richtung Tür zu.
      Vorher drehte sie sich nochmal zu dem unverschämten Kerl um und fühlte sich beinahe schlecht, als ihr Blick auf den roten, Hand-förmigen Fleck fiel, der sein Hübsches Gesicht entstellte. Beinahe.
      "Frag mich nochmal wenn du es geschafft hast bis zum 22 Januar zu duschen."
    • Das klatschende Geräusch hallte noch vor dem kleinen Kiosk wieder, als der Kopf des jungen Mannes zurück schnappte.
      Zugegeben, der Schlag war von guter Qualität. Gute Spannung, guter Schwung. Eine klare 8 von 10. Normalerweise schätzte er junge Frauen, die ihre Meinung vertraten und sich nicht auf Erniedrigungen einließen. Aber die Tatsache, dass er nicht viel Zeit hatte, machte die Ohrfeige tatsächlich auf eine gewisse Art und Weise schwierig.
      Ruhig sah Dylan zu Boden und betrachtete eine Sekunde lang die Rauchkringel, die sich von seiner Zigarette herauf schlängelten. Achtlos trat er auf den Stummel und erstickte damit das Feuer, dass er bereits allzu lang in seinem Leben vermisste. Während er die Hitze auf seiner Wange spürte und das verhaltene Gelächter im Hintergrund des Kiosks, musste er grinsen.
      "Gut, vielleicht habe ich die verdient"; murmelte er.
      "Die hast du definitiv verdient, Mann", lachte der Kioskbesitzer während er sich bei der jungen Frau mit einem Nicken bedankte. Immerhin war es ein großzügiges Trinkgeld.
      Dylan fuhr sich durch die wirren Haare und führte sie anschließend zu seine Nase. So schlecht roch er seines Empfinden nicht. Gut, die letzte Nacht hing ihm nach und vermutlich konnte man das Damenparfum noch immer an ihm riechen, aber war das schlecht? Für diesen Durchlauf hatte er sich beinahe gut geschlagen, wie er fand.
      Seufzend fischte er nach seinen Zigaretten und nahm einen Schluck des Kaffees. Es gab ein unausgesprochenes Gesetz in der Psychologie des Datings. Die dreisten Fragen führten mit einer Quote von etwa 30 Prozent zum Erfolg. Die Frage "willst du vögeln" hatte demnach per se eine Erfolgschance, die aufgrund der Dreistigkeit die unbewussten trieblichen Wünsche des Menschen ansprach. Dreißig Prozent war das Minimum. Die Reaktion war in 70 Prozent immer die gleiche. DIe Ohrfeige und der wutschnaubende Abgang. Hier jedoch lag die Krux: Wenn sich die junge Dame nochmals umdrehte, gab es eine Chance. Sie war klein, aber die Erfolgschance erhöhte sich bei einem Zurückschauen auf beinahe 50 bis 60 Prozent. Nur alleine durch die Tatsache, dass der Gedanke eine Weile im Kopf der jungen Frau verblieb.
      Demnach war das Interesse nicht ganz von der Hand zu weisen, jedoch die Herangehensweise nicht richtig.
      Dylan stockte bei ihrem letzten Satz und verbrannte sich bei einem Schluck Kaffee. Immer wieder dieser 22. Januar. Gott, so langsam hasste er dieses Datum. Obgleich ein Datum nichts dafür konnte.
      "Hey, zumindest darf ich nochmals fragen. Das ist ein Gewinn, Lady, ein Gewinn", rief er grinsend zu. "Und wusstest du es noch nicht? Am 22. Januar geht die Welt unter. Haben die Mayas gesagt oder so. Wird auf jeden Fall eine ziemlich heiße Party, kann ich dir versprechen."
      "Wirklich?!", fragte der Kioskbesitzer.
      Dylan lachte.
      "Ja, Mann. Aber mach dir nichts draus. Ich war schon bei einigen Untergängen dabei und es ist nicht so spektakulär wie es klingt. Alsdann, ihr schönen Menschen! Es war mir ein inneres Blumenpflücken. Wir seh'n uns!"
      Lässig versuchte er, der jungen Frau zuzuzwinkern, ehe er sich an ihr vorbei schlängelte und die Tür in die Kälte aufstieß. Wenn sie nicht wollte, hatte er immer noch die Option im Hotelzimmer.

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    • Cassandra hatte geplant den möchtegern Schürzenjäger kein weiteres Gehör mehr zu schenken und einen würdigen Abgang zu machen. Aber dann musste er unbedingt weiter auf den 22. Januar eingehen. Und davon, dass er den Untergang der Welt an diesem Tag bereits erlebt hatte.
      Abrupt blieb sie stehen, gerade als er sich an ihr vorbeizuschlängeln versuchte. Was darin resultierte, dass ihr verdammt heißer Kaffee durch die ruckartige Bewegung überschwappte und ihre Hand verbrannte. Autsch. Aber scheiß drauf. Ihr Gedanken waren gerade ganz wo anders. Außerdem war dieses banale bisschen Schmerz nichts im vergleich zum großen Kalkül des Raum-Zeit-Kontinuums in dem sie anscheinend nicht so alleine war wie sie anfangs dachte.
      Oder sie hatte mittlerweile so viel von ihrem Verstand verloren, dass sie nur das, was sie sich selber zu hören wünschte, aus den Worten des Mannes heraus interpretiert hatte.
      "Du erlebst den heutigen Tag auch zum vierten Mal wieder." Eigentlich wollte sie es als Frage formulieren, aber als sie es laut aussprach klang es mehr wie eine Feststellung. Beinahe schon wie eine Aufforderung, dass er sich vor ihr als eine weitere Person outete, die in dieser unerträglichen Zeitschleife gefangen war.
      Intensiv studierte sie sein Gesicht darauf, welche Reaktion ihre Worte bei im Auslösen würden.
      Wie sehr sie hoffte sich nicht mehr ganz alleine mit der schwerwiegenden Frage befassen zu müssen, wie sie die Menschheit noch retten konnte.
    • Kurzzeitig fröstelte Dylan als die kalte Luft New Havens ihm ins Gesicht schlug.
      Die Gespräche von Passanten und die Geräusche von rollenden Autos, die durch Schneepfützen fuhren, unterbrachen hin und wieder den stetigen Strom des Pieptons, der ihm durch die Stirn glitt.
      Er hatte gerade die Tür aufgestoßen und einen Schritt nach draußen gesetzt, ehe er innehielt.
      Nicht, dass die Kleine ihn irgendwie noch interessiert hätte. Sie hatte abgelehnt und was man verpassen wollte, das verpasste man nun einmal. Die Tatsache war eher, dass sie etwas sagte, was ihn dann noch beschäftigte.
      In all der Eile des Alltags, all den spaßigen Stunden udn Wochen, die er bereits in dieser gottverdammten Zeitschleife verbracht hatte, war alles zu Beginn gleich gewesen. Erst der Kiosk, dann Sex und dann seine Abfahrt irgendwo hin. Bestimmt nicht zum Weihnachtsfest seiner Eltern, sofern es sich vermeiden ließ.
      Und jetzt das!
      Gerade wenn er Pläne machte, eine karibische Insel zu bereisen oder ein Supermodel um ihre Zeit zu erleichtern, kam eine kleine (zugegeben: nicht übel aussehende) Nervensäge daher und blubberte einen Moment lang Schwachsinn in die Luft. Wusste eigentlich wie das klang, was sie dort von sich gab?
      Mal von der Tatsache abgesehen, dass sie Recht hatte, würde sie doch jeder für bescheuert halten. Gute Güte, war das Taktgefühl über die Jahre verloren gegangen? Er war gerade wach geworden.
      Schneller als beabsichtigt fuhr sein Kopf herum und verharrte eine, vielleicht zwei Sekunden auf dem Blick der jungen Frau. Man mochte feststellen, dass seine Gesichtsfarbe merklich bleicher war als zuvor noch und sein Puls sich kurz beschleunigte.
      Ruhig sah er sie an, suchte die Gewissheit in den Augen, ehe er sich zu einem süffisanten Lächeln herabließ.
      "Ich hab keine Ahnung, wovon du redest", murmelte er und trat endlich nach draußen.
      Es gab also noch Jemanden...Was für eine Scheiße.

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    • Seine Worte trafen sie beinahe so hart wie ein Schlag ins Gesicht. Beinahe so als wäre er derjenige der ihr eine Ohfeige verpasst hatte und nicht umgekehrt.
      Natürlich hatte sie sich nur das zusammengereimt was sie sich zu hören erhofft hatte. Es war verrückt von ihr zu denken - nein, zu hoffen, dass es neben ihr noch jemanden geben würde.
      Niedergeschlagen senkte sie ihren Blick und konnte schwören, den stechenden Blick des Kioskbesitzers in ihrem Rücken zu spüren.
      Er dachte bestimmt auch, dass Cas total verrückt sein musste.
      Ob er gleich wohl heimlich googeln würde, ob irgendwelche Psychotiker die ihrer Beschreibung glichen aus irgendeiner Klinik im Umkreis entlaufen waren?
      Aber... irgendwas in Blick dieses Kerles ging ihr nicht aus dem Kopf.
      Für einen kurzen Augenblick hatte er beinahe so gewirkt, als hätte er sich ertappt gefühlt.
      Aber warum sollte er sie anlügen? Wenn er auch wie sie in der Zeit festsaß, müsste er doch eigentlich überglücklich sein nicht mehr alleine einen Ausweg aus dieser Miesere finden zu müssen.
      Wahrscheinlich fand all dies tatsächlich nur in Casandras Kopf statt. Wie viele Hirnzellen waren nach dem Letzten Weltuntergang mit verbrannt worden, dass sie sich nun so verrück fühlte?
      Aber... für die winzige Chance, dass sie doch Recht hatte, sei sie noch so gering, konnte sie sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen.
      "Haben sie kurz einen Stift für mich?" Fragte sie an den Verkäufer gewand und drehte Ihren Kopf so schnell in seine Richtung, dass sie schon beinahe ein Semi-Schleudertrauma erlitt.
      "Ehh, irgendwo bestimmt?" Für einige Sekunden wühle er in einer kleinen Schublade unterhalb des Tresens, während Cas ungeduldig mit ihrem Fuß wippte.
      Als dieser endlich einen beinahe vertrockneten Kugelschreiber mit einem Verblassten Firmenlogo als Aufdruck hervor brachte und ihr entgegenstreckte, schnappte sie sich diesen und schrieb in Rekordgeschwindigkeit Ihre Handynummer auf das erste Stück Papier was sie in die Finger kriegen konnte: das Einleitungsblatt von einem Ihrer Bücher.
      Eigentlich war sie kein Mensch der es leichtfertig über sich brachte Gegenstände zu vandalisieren.
      Vor allem vor Büchern hatte sie ihren gewissen Respekt. Aber spätestens ab dem 22. Januar würden ihre Taten doch ohnehin keine Rolle mehr spielen. Und wenn sie sich irrte was den Kerl anging... tja, auch das wäre nach dem besagten Datum nicht länger von relevanz.
      "Dankeschön und Schönen Tag noch!" Bedankte sie sich zügig und gab den Kugelschreiber zurück, bevor sie die beschriftete Seite aus dem Buch riss und ebenfalls aus dem Kiosk heraus stürmte.
      Schnell blickte sie in alle Richtungen, bevor sie den dunkelhaarigen am ende der Straße noch um eine Kurve biegen sah.
      Gerade noch rechtzeitig.
      Eiligen Schrittes (nicht rennend; sie hielt schließlich noch ihren heißen 10$ Kaffee in der Hand und wollte nicht alles davon verschütten) hastete sie in seine Richtung und atmete erleichtert aus, als sie ihn noch an der Ampel vor einer rege befahrenen Straße stehen sah.
      Wenig später stand sie auch schon neben ihn und drückte ihm, bevor er protestieren konnte, die Vergilbte Buchseite in die Hand, welche die Aufschrift "In Search of the Edge of Time by John Gribbin - 1999" trug, worunter ihre hastig niedergeschriebene Handynummer notiert war.
      "Falls du es dir doch noch anders überlegst was den 22 Januar anbelangt."
      Mit diesen Worten wandte sie sich wieder zum gehen um. Falls sie richtig lag, würde er sich hoffentlich nochmal melden. Falls nicht... naja, würde er sie wohl für Irre halten. Da musste sie wohl oder übel einfach abwarten.
      So oder so hatte sie jetzt aber erstmal einiges an Lesematerial vor sich mit dem sie sich auseinandersetzen musste.
    • Dylan hatte bereits einen guten Teil der Strecke zurück gelegt.
      Der Kaffee schmeckte beschissen in diesem Durchlauf. Richtig beschissen. Nach einem Dunst von Schleierhaft und Mir-Egal, einem Hauch von Verfluchter-Mist und himmelhochgroße Riesenscheiße. Seufzend warf er den Becher auf der Hälfte des Weges in die Büsche und vergrub die Hände in den Taschen seiner Jacke. Krallengleich griffen sie in das Futter und die Gedanken des jungen Mannes rasten in einer Geschwindigkeit, die er sonst nur von seinen kreativen Schaffensphasen kannte.
      Meist, wenn er Drogen nahm oder zu viel trank. Den Rausch, das Rascheln in den Synapsen, während sie koppelten und er bildete es sich ein, wieder zu spüren wie sie es taten. Dylan fühlte sich als würde er fallen.
      Es gab noch Jemanden.
      Jemanden, der die Loops durchmachte wie er. Naja, vielleicht nicht ganz wie er. Aber es gab noch Jemanden, den er um sich haben könnte, mit dem er...
      Nein.
      Was sollte dieser Irrsinn?
      Menschen verirrten sich in Gedanken und diese junge Frau war eine Studentin, die eine aberwitzige Theorie aus einem Buch herausgezogen hatte. Was hatte sie alles gelesen? Edge of irgendwas..Schwerer Tobak, bedachte man die Zeit in der sie lebten.
      Gerade wollte er sie gedanklich ad acta legen, da spürte er ein Kribbeln in seinem NAcken, als er sich an die Ampel lehnte und seufzte.
      "Falls du es dir doch noch anders überlegst was den 22 Januar anbelangt."
      Wenige Worte und ein rascher Druck in seiner Hand, ehe sie wieder verschwand. Dieser verdammte Zwerg.


      Im Hotel - 4 Stunden später

      Dylan hasste den Umstand, nicht Herr seiner Gedanken zu sein.
      Er hasste die Tatsache, dass er das Model oder den Groupie nicht mehr gevögelt hatte. Dylan war zurück gekehrt und hatte die Frau einfach hinaus geworfen. Gott, selbst eine Dusche hatte nicht geholfen und auch nicht der zweitklassige Mist, den die Hotelbar zu bieten hatte.
      Dylan hatte gut ein Drittel davon geleert, ehe er die Nummer auf dem Tisch wieder anstarrte.
      Zum Teufel damit!
      Sorgsam tippte er sie in sein Handy ein und drückte die grüne Taste auf dem Apparat. Nach dem Abheben wartete er nicht auf eine Erwiderung oder hielt sich nicht mit einer Begrüßung auf. Stattdessen seufzte er und sah an die Wand.
      "Okay, Klartext, Zwerg Nase", begann er beinahe grantig. "Wer zum Teufel bist du und was hast du mit dem 22. Januar zu schaffen?"

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Cassandra war nicht nervös. Zu mindestens redete sie sich dies immer wieder selber ein während sie nervös mit ihrem Bein auf und ab wippte und versuchte sich auf die Zeilen vor ihr zu konzentrieren.
      Aber ihre Gedanken befanden sich im Augenblick überall nur nicht bei dem Buch, welches aufgeklappt vor Ihr auf dem Schreibtisch lag. Stattdessen wanderte Ihr Blick immer wieder zu Ihrem Handy, dessen kaltes Metall still und regungslos danebenlag, als könnte sie einen Anruf verpassen sobald sie auch nur für den Bruchteil einer Sekunde wegsah.
      Sie wusste aus den vorherigen Durchläufen, dass sie heute nur einen einzigen Anruf ihrer Schwester um 18:47 Uhr erhalten würde und dass es nur eine andere Person sein konnte, sollte ihr Handy vor diesem Zeitpunkt klingeln.
      „Wie kannst du dich jetzt noch mit lernen befassen?“ ertönte es wie aufs Stichwort von ihrer geöffneten Zimmertür aus. Müde warf Cassandra ihrer Schwester Isabelle einen Blick zu und hatte nicht einmal die Gelegenheit etwas zu erwidern, bevor diese ihr bereits ins Wort fiel und begann darüber zu reden, welche Läden sie heute noch unbedingt zu zweit aufsuchen mussten um noch einige Last-Minute Weihnachtsgeschenke zu besorgen. Als Außenstehender würde man Cassandra, mit ihren Dunklen Haaren und ihrer schmalen Figur, niemals für Isabelles Schwester halten, die mit ihren lockigen, blonden Haaren und athletischem Körperbau quasi das exakte Gegenteil von ihr verkörperte.
      Cas hatte dieselbe Rede bereits drei Mal gehört und gab sich daher keine Mühe dem Gespräch zu folgen. „Hörst du mir überhaupt zu?“ Beleidigt verschränkte das blonde Mädchen die Arme und musterte ihre Schwester scharfen Blickes. „Selbstverständlich doch.“ Log Cas, wie eine gute Schwester es nun einmal tat.
      „Aber wäre es für dich in Ordnung dieses mal ohne mich zu gehen? Ich fühle mich nicht so gut.“ Letzteres war nicht einmal eine Lüge. Durch die eisige Luft draußen, waren ihre Nase und Wangen noch von ihrem Kurzen Trip zur Bibliothek gerötet und die brennende Nervosität tat ihrem Taint wohl auch nicht sehr gut, denn nach einem kurzen prüfenden Blick murmelte Isabelle ein affirmatives „Du siehst echt scheiße aus.“ Mit einem Geschlagenen Seufzer löste sie ihre verschränkten Arme wieder und ließ ihre Schultern hängen. „Verdammt, Cas, du lässt mich gerade echt im Stich. Dafür schuldest du mir was.“ Wäre dies ein Normaler Tag gewesen, würde sie sich vermutlich echt schuldig fühlen. Aber es war eben kein Normaler Tag. Das war der vierte 22. Dezember den sie durchlebte, und bei aller Schwesterliebe hatte sie mittlerweile die Nase von Weihnachts-shoppen gestrichen voll. Also rang sie sich ein entschuldigendes Lächeln ab und vertröstete sie mit einem „Nächstes Jahr übernehme ich das dann“ in der Hoffnung, dass es tatsächlich irgendwann mal ein nächstes Jahr geben würde.
      „Ich werde dich daran erinnern, wenn es soweit ist.“ So wie Isabelle es aussprach klang es sowohl nach einer Drohung als auch nach einem Versprechen. „Nimm in der Zeit wo ich unterwegs bin ein Erkältungsbad oder so und versuch deine Bazillen nicht überall zu verteilen!“ Mit dieser letzten Anweisung verließ das andere Mädchen daraufhin auch schon eilig die Wohnung, in der Hoffnung noch einige von den Duft Kerzen zu kaufen, von denen Cass wusste, dass sie schon längst ausverkauft waren.
      Erleichtert, dass sie vorerst wieder etwas ruhe hatte, seufzte sie schließlich aus, bevor sie erschrocken zusammenfuhr als ihr Handy lauthals zu klingeln begann. Das Timing war geradezu lächerlich perfekt, als hätte ihr Gegenüber auf der anderen Leitung nur auf den Moment gewartet, an dem sie endlich alleine war um anzurufen.
      Rasch schnappte sie sich das Gerät und wischte mit einem zittrigen Finger über das Display um den Anruf entgegen zu nehmen.
      "Okay, Klartext, Zwerg Nase" Wie bitte? Zwerg Nase? So klein war sie nun auch wieder nicht! Gut, vielleicht lag sie knappe 6 Zentimeter unter dem amerikanischen Durchschnitt, aber das war noch weit entfernt von der Klassifikation als Zwerg! Sie ließ ihn noch aussprechen, bevor sie ebenfalls das Wort ergriff.
      „Okay du Charme-Bolzen, das mit der freundlichen Anrede am Telefon über wir nochmal. Aber um deine Fragen zu beantworten: mein Name ist Cassandra und deinem Anruf zu urteilen bin ich wohl doch nicht die einzige verrückte, die diesen Tag immer wieder erlebt.“ Sie ließ einen Augenblick verstreichen, um innerlich ein triumphales >>Ich wusste es! Ich bin doch nicht verrückt!<< auszustoßen, bevor sie mit einem Räuspern fortfuhr. „Wenn es dir genauso geht wie mir vermute ich, dass du auch schon drei Mal am 22. Januar um Punkt acht Uhr abends das Gefühl hattest in einen Ofen gesetzt worden zu sein nur um heute wieder aufzuwachen als ob nie was geschehen wäre?“
      Inzwischen hatte Cas sich einen Notizblock und einen Kugelschreiber geschnappt um möglichst jedes Detail aufzunehmen, was der Junge Mann eventuell noch aus persönlicher Erfahrung zu ergänzen hatte.
      Waren ihre Erfahrungen wirklich die gleichen, oder gab es Punkte in denen ihre Erfahrungen zu den Durchläufen variierten? Was hatten sie beide gemeinsam, dass sie dieses seltsame Phänomen erduldeten? So viele Fragen die sich in ihr anhäuften, doch vorerst wartete sie geduldig auf die Antwort des anderen.
    • „Okay du Charme-Bolzen, das mit der freundlichen Anrede am Telefon über wir nochmal. Aber um deine Fragen zu beantworten: mein Name ist Cassandra und deinem Anruf zu urteilen bin ich wohl doch nicht die einzige verrückte, die diesen Tag immer wieder erlebt.“
      Charmebolzen...Wie intellektuell, dachte Dylan und musste grinsen.
      Ruhig erhob er sich von dem wackeligen Stuhl seines Hotelzimmers und trat an das Fenster, das noch immer die schneebedeckte Reife New Havens durch das Glas stach. Es war erbärmlich hell in diesem schäbigen Raum und Dylan wusste, dass Tomas demnächst anrufen würde und ihn zur Raison rief. Ein weiterer Auftritt stand eigentlich an und das war schon morgen. Ein letzter kleiner Gig vor dem Weihnachtsurlaub, den Dylan seit vier Zyklen nicht ausließ. Er liebte die Musik und das Gefühl dahinter. Und trotz dieser Liebe hörte er sich diese Verrückte auch noch an.
      "Gut, Cassandra", murmelte er. "Ich heiße Dylan. Damit wäre dann die Vorstellung beendet oder nicht? Tut mir Leid für die Bemerkung, aber du bist ein Zwerg. Da lässt sich nichts dran schön reden. Und nein, du bist nicht die einzige Verrückte."
      Verrückt traf es schon eher. Was tat er hier eigentlich? Er hatte nicht viel Zeit und würde alsbald wieder los müssen, um nach Weihnachten wieder in der Versenkung zu verschwinden.
      "Na ja, ob es ein Ofen ist, weiß ich nicht", sagte Dylan und fuhr sich durch die Haare. "Ich weiß nur, dass am 22. Januar abends die Lichter ausgehen. Ja, es wird warm, aber nicht im Sinne eines Ofens. Bei mir ist es eher eine Art Ziehen im Leib und dann wache ich auf. Als würde man nach oben oder unten oder zur Seite gerissen. Ich fühle keinen Schmerz, also habe ich mich nicht wirklich damit beschäftigt."
      Er zuckte die Achseln, wissend, dass sie es nicht sah und langweilte sich bereits jetzt bei diesem Gespräch.
      "Gut, also ich wollte das nur klarstellen. Ja, du bist nicht die Einzige, aber es ist mir auch ehrlich gesagt ziemlich egal, was mit diesem Scheißhaufen von Welt oder Nicht-Welt geschieht. Was sollen all die Bücher? Glaubst du wirklich, dass es irgendein physikalisches Problem ist?"

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell