The Hero and the Thief [Nao & Stiftchen]

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    • Ezra

      Ezra hatte das Gefühl, dass ihn der ganze fehlende Schlaf der letzten zwei Wochen jetzt auf einen Schlag eingeholt hatte. Er glitt von einem wirren Traum in den nächsten, scheinbar ohne Zusammenhang und ohne, dass er sich die Träume wirklich merken konnte. Als er wach wurde wusste er nur, dass die meisten Träume irgendwie unschön gewesen waren. Hoffentlich lag das an der ungewohnten Umgebung und nicht an dem Trauma der letzten Tage. Guter Schlaf war eine der wenigen Freuden im Leben und Ezra wollte ungerne darauf verzichten. Sehr gut verzichten konnte er dafür auf das kleine panische Gefühl, das ihn überkam, als er realisierte, dass er alleine war. Was schräg war, weil er die meiste Zeit seines Lebens alleine wach geworden ist. Er drehte sich kurz in die Richtung des Badezimmers, aber die Tür stand leicht offen und das Licht war ausgeschaltet.
      Realistisch betrachtet war Andrew wahrscheinlich einfach vor ihm wach geworden und schon mal frühstücken gegangen. Leider tat realistisches Denken nicht viel gegen den Horror der letzten Woche. Okay, nicht in etwas reinsteigern. Einatmen, Augen schließen, ausatmen. Alles war gut. Einfach weitermachen.
      Eigentlich hatte er noch ein bisschen Zeit, bevor der Wecker klingeln würde, aber Ezra zwang sich, aufzustehen und duschen zu gehen, einfach, um nicht nur an die Decke zu starren und zu viel über alles nachzudenken. Seine Lebenskriese konnte er auch unter warmen Wasser durchleben. Er war gerade dabei, seine Haar zu föhnen, als sein Handy eine Nachricht von Andrew anzeigte - reichlich spät, aber besser, als nichts. Nicht zu viel nachdenken. Einfach so tun, als wäre das hier eine vollkommen normale Situation.
      Ezra legte den Föhn zur Seite und griff nach seinem Handy. Er tippte eine Antwort, löschte sie, tippte eine neue, löschte sie und realisierte endlich, wie er Andrew wahrscheinlich am einfachsten ködern konnte.
      "Wenn du es in 15 Minuten schaffst, darfst du dir aussuchen, was wir heute Abend essen <3"
      Ein kleines bisschen zufrieden mit seiner Antwort, ging Ezra aus dem Bad, zog sich ein frisches Shirt über und machte sich dann daran, den Rest zusammen zu packen. Irgendwie machte das wenige Gepäck ihn unruhig, als würde ein kleiner Teil in seinem Kopf ihm sagen, dass er für einen Wochenendtrip nach Paris eigentlich viel mehr Sachen dabei gehabt haben sollte. Andrews Sachen stapelte er einfach am Fußende des Bettes schon mal aufeinander, einfach, um irgendwas zu tun, während er nebenbei immer wieder auf die Uhr auf seinem Handy schielte.
    • Andrew

      Andrew's Speedwalk führte beinahe dazu, dass er kostbare Milliliter seines Kaffees verschüttete, aber glücklicherweise war er ein Profi darin, diese brühheiße Flüssigkeit im Stress einfach herunterzuschütten. Seine Geschmacksknospen litten darunter wahrscheinlich mehr, als er bisher ahnte, aber er erinnerte sich lebhaft an das Ratatouille von gestern Abend und das reichte ihm eigentlich, um es auf jeden Fall nochmal essen zu wollen, auch wenn er im Lauf seines Lebens mit jedem Mal vermutlich weniger davon schmecken konnte.
      Er schaffte es tatsächlich in 13 Minuten, zurück im Hotel zu sein, allerdings kostete ihn die Fahrt im Aufzug mehr Zeit, als gedacht und somit war sein halber Sprint letzten Endes ziemlich für Nichts gewesen. Hoffentlich war Ezra in gnädiger Stimmung und ließ ihn zuhause später trotzdem ein französisches Restaurant suchen.
      Er öffnete die Tür und wurde von einem eingeräumten Koffer und seiner gestapelten Kleidung begrüßt.
      "Oh… du bist schon länger wach, hm?", sagte Andrew und lächelte entschuldigend, als er hinter sich die Tür schloss. Er stellte seine Einkaufstasche ab und kramte etwas heraus. "Ich hoffe, du lässt dich bestechen…", murmelte er und streckte Ezra ihm nächsten Moment einen kleinen Blumenstrauß entgegen, in dem eine Mischung aus verschiedenfarbigen Tulpen und Schleierkraut zusammengesteckt waren, die nur so nach Frühling schrien, was angesichts der Tatsache, dass sie fast Winter hatten, irgendwie ironisch war. Andrews Arm war jedoch nicht lang genug, um die Pflanzen weit genug von seinem Gesicht entfernt zu halten und im Endeffekt konnte er es doch nicht verhindern, zu nießen. Er schniefte frustriert. "Sorry", sagte er und hoffte, dass Ezra in Zukunft zufrieden sein würde mit Pflanzen, die keine Blüten hatten. Ein… Monstera-Strauß oder sowas war doch auch nett.
      "Ich hoffe, du bist nicht allergisch", setzte er scherzhaft nach.
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    • Ezra

      Essen schien wirklich immer zu funktionieren. Wahrscheinlich hätte jede zweideutige, oder nicht ganz jugendfreie Nachricht nicht mal den Ansatz einer Chance gegen Essen. Ezra wollte gerade einen entsprechend stichelnden Kommentar von sich geben, als Andrew ihm einen Blumenstrauß entgegen hielt und ihm damit sämtlichen Wind aus den Segeln nahm. Er suchte kurz sichtlich überfordert nach den richtigen Worten, bevor er ein vollkommen verzaubertes "Danke. Gesundheit" ausstieß und Andrew den Strauß abnahm, um ihn vor einem weiteren Niesanfall zu bewahren. Er hatte noch nie Blumen geschenkt bekommen. Vor allem nicht von jemandem, der offenbar selbst allergisch auf Blumen reagierte. Kurz starrte Ezra die Blumen in seiner Hand einfach nur an, bevor er sie vorsichtig auf seine Tasche legte. Dann drehte er sich wieder zu Andrew und küsste ihn, als ob sein Leben davon abhängen würde.
      Er löste sich erst von dem Brünetten, als ihm die Luft ausging. "Danke", wiederholte er, immer noch ein bisschen überfordert damit, seine Gefühle irgendwie in Worte zu fassen. "Du musst mir nichts schenken, wogegen du allergisch bist", fügte er schließlich mit einem kleinen Lächeln hinzu. Es war süß. Es war irgendwie...typisch Andrew. "Schokolade reicht vollkommen", schob er mit einem kleinen Lachen hinterher. Schokolade könnte man sogar teilen, anders als den Blumenstrauß, den er jetzt wohl irgendwie so transportieren musste, dass Andrew nicht aus ganz anderen Gründen die Luft wegbleiben würde.
      "Ich, äh, hab schon mal ein bisschen zusammengepackt", erklärte er schließlich, während er zu seiner Tasche nickte. "Ich wusste nicht, ob ich deine Sachen auch einstecken soll, oder ob du in London direkt wieder in deine Wohnung willst, also hab ich deine Sachen erst mal außenvor gelassen." Kurz überlegte er, einfach irgendwie möglichst beiläufig zu erwähnen, dass er es bevorzugen würde, wenn Andrew bei ihm bleiben würde, aber das kam ihm selbst irgendwie zu viel vor. Andrew wollte nach den zwei Wochen bestimmt erst mal sehen, ob in seiner Wohnung noch alles in Ordnung war. Nur, weil sie jetzt dateten hieß es ja nicht, dass sie die ganze Zeit zusammen sein mussten.
    • Andrew

      Wie oft Ezra das wohl schon hatte tun wollen, nur um es dann nie zu machen, weil sie nicht darüber gesprochen hatten? Wieviele dieser Küsse hatte Andrew in seinem Leben verpasst? Und warum war er selbst nie auf die Idee gekommen, alles zu riskieren und es einfach zu tun? Günstige Momente hatte es reichlich gegeben. Gott, er würde nie damit aufhören, ihm Blumen zu schenken. Er musste sich räuspern, um wieder zu Sinnen zu kommen.
      "So schlimm ist es nicht", log er. Zumindest hatte Ezra wohl keine Allergie. "Aber wenn Schokolade dasselbe auslöst, dann mach dich auf einen Zuckerschock gefasst" Er zog seinen nagelneuen Mantel aus und fuhr sich dann erstmal durch die Haare, weil ihm plötzlich ziemlich heiß war. Ezras Worte brachten ihn aber gleich auf andere Gedanken.
      Er hatte nicht gedacht, dass es überhaupt eine Option war, nach ihrer Ankunft erst zu Ezra nachhause zu gehen. Warum sollte er das auch tun? Er hatte eine eigene Wohnung, sollte dort vielleicht mal wieder die Pflanzen gießen und den Kühlschrank von vergammeltem Essen befreien. Sein Postfach ging vermutlich über und er hatte wirklich Angst, dass irgendwo eine vergessene Tasse alter Kaffee stand. Jeder normale Mensch ging doch als erstes Mal nachhause, wenn er aus dem 'Urlaub' kam, nicht? Aber… so dringend hatte er es vielleicht ja auch gar nicht.
      Andrew stoppte diese Gedanken bevor sie weiter aufkeimen konnten. Sie hatten doch gerade erst drüber gesprochen, Normalität in ihre Beziehung zu bringen. Wenn Andrew jetzt sofort mit zu Ezra kam und dort blieb, war das alles andere als normal. Er musste also stark sein. Ein wenig Distanz bis zu ihrem ersten Date war ganz bestimmt das richtige. Wenn sie jede Sekunde zusammenklebten, entwickelten sie sonst vielleicht noch irgendeine seltsame Trennungsangst. Wobei Andrew sich insgeheim unsicher war, ob es nicht schon zu spät war.
      "Ich werde wohl erstmal nachhause fahren", meinte er mit möglichst fester Stimme und lächelte. Stark bleiben.
      "Ich sollte mich dann auch bei meinen Kollegen melden und… vielleicht einen neuen Job suchen. Du hast bestimmt auch was zu tun… Wir sehen uns dann wieder, wenn wir… ins Autokino gehen" Irgendwie versuchte er sich gerade mehr selbst zu überzeugen. Ein viel zu langer Blick in Ezras Gesicht machte ihn dann aber leicht schwach. Es schien als würde er innerlich kurz alle seine Gedanken über Bord werfen, als er den Blonden am Arm zu sich zog, umdrehte und leicht gegen die Eingangstür drückte. Diese Bewegung gab ihm eine Art Flashback zu den guten alten Zeiten und reizte ihn deshalb noch umso mehr.
      "Aber das kann ja schon morgen Abend sein, wenn's nach mir geht", fügte er hinzu, während er sich zwang, sein Gesicht ein paar Zentimeter von Ezras entfernt zu halten, um diesen Satz herauszubringen, bevor er ihn küsste. Diesmal ignorierte er seinen baldigen Sauerstoffmangel und versuchte, zwischen Küssen an Luft zu kommen, die ihm gerade sowieso ziemlich zweitrangig erschien. Viel wichtiger war es ihm, mit den Händen Ezras Oberkörper in einer streichenden Bewegung abzutasten und sich vorzustellen, dass dieses verdammte T-Shirt nicht dazwischen war. So endeten Andrews Hände an dessen Hüfte und er zog ihn intuitiv ein Stück näher zu sich, bevor er ihn eng mit seinen Armen umschlang und an seinem unteren Rücken weitermachte. Dass eine Hand sich im Zuge dessen unter Ezras Shirt schob, konnte er kaum verhindern. Mit den Fingern ertastete er seine Wirbelsäule, dann kreiste er in großen Bewegungen über seinen Rücken, die Seiten seines Oberkörpers und um sich wieder auf den Kuss zu konzentrieren, verblieb er an Ezras Hüfte. Eine gute Position für seine Hände, wie er feststellte. Für zukünftige Make-Outs würde er sich das definitiv merken.
      Dass Andrew derart schnell komfortabel genug mit Ezra war, um das alles zu tun, war für ihn eher untypisch und lag bestimmt großteils daran, dass sie sich auch in intensiven Kämpfen über Jahre hinweg bereits sehr nahe gekommen waren. Er hatte ein wenig das Gefühl, viel aufgestaute Energie zwischen ihnen abzuarbeiten. In dem Moment war er fast dankbar für all diese Momente, weil es sich unglaublich gut anfühlte, dem nachzugeben, was er sich oft durch den Kopf gehen hatte lassen.
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    • Ezra

      Von Andrew an eine Wand - oder Tür - gedrückt und geküsst zu werden, war noch heißer, als Ezra es sich immer vorgestellt hatte. Und er hatte es sich verdammt oft vorgestellt. Immerhin hatte Andrew ihn in Folge ihrer Verfolgungsjagden öfter schon mal gegen eine Hauswand gedrückt, da konnte man es Ezra sicher nicht verübeln, wenn seine Gedanken etwas abschweiften.
      Andrews Finger auf seiner Haut entlockten ihm ein unfreiwilliges, leises Stöhnen, während er sich näher an ihn drückte. Eine seiner Hände lag auf Andrews Hinterkopf, während er mit der anderen über seinen Oberarm strich. “Morgen Abend kommt mir furchtbar weit weg vor”, murmelte er, während er Küsse auf Andrews Hals verteilte. Einer plötzlichen Eingebung folgen, sog er sanft an Andrews Haut und lehnte sich dann ein wenig zurück, um zufrieden den entstandenen Knutschfleck zu betrachten. Irgendwie reizte ihn der Gedanke, dass man sehen konnte, dass Andrew zu ihm gehörte. Er spielte gerade mit dem Gedanken, noch einen zweiten Knutschfleck auf der anderen Seite von Andrews Hals hinzuzufügen, als er innehielt und kurz blinzelte.
      “Sorry, ich- es ist vollkommen in Ordnung, wenn du erst nach Hause willst. Es- Ich- Geht das alles irgendwie zu schnell?” Es war erstaunlich, wie schnell die gestrige Nervosität wieder aufflammte. Ezra wollte das hier auf keinen Fall ruinieren, aber er konnte nichts gegen die ganzen Zweifel in seinem Kopf tun. Konnte etwas nach neun Jahren Bekanntschaft überhaupt zu schnell gehen? Er selbst hatte das Gefühl, dass er gerade zu allem bereit war. Wenn Andrew ihm hier und jetzt einen Antrag machen würde, würde er wahrscheinlich keine Sekunde zögern und sofort anfangen, die Hochzeit zu planen, was ein vollkommen irrwitziger Gedanke war.
      “Ich möchte nichts falsch machen”, fügte er schließlich leise hinzu, bevor er besorgt auf seine Unterlippe biss. Ein Teil von ihm hatte immer noch das Gefühl, als ob das alles hier nur ein Fiebertraum wäre. Als ob sie zurück nach London kommen und direkt wieder in ihre alte Routine verfallen würden. Was furchtbar albern war - Andrew hatte ihm gerade Blumen mitgebracht, obwohl er selbst allergisch darauf reagierte. Eigentlich war es fast schon unmöglich, diese Geste irgendwie zu überbieten. Vielleicht fühlte er sich deshalb so unsicher? Warum musste immer alles so kompliziert sein?
    • Andrew

      Der spürbare Knutschfleck auf seinem Hals trieb Andrew fast in den Wahnsinn und dabei war ihm auch egal, dass er später wie ein Teenager am Flughafen herumlaufen musste. Gerade fühlte er sich zumindest fast wie einer, weil die Küsse ihm langsam nicht mehr reichten. Sie mochten alles zwar gestern erst offiziell gemacht haben, aber Andrew kannte Ezra als den jungen Einbrecher, der ihn wöchentlich in Grund und Boden geflirtet hatte und irgendwie waren sie wohl zusammen aufgewachsen. Vielleicht lag es daran, dass er so viele Seite an ihm herausbrachte, von denen er dachte, er wäre schon längst aus ihnen herausgewachsen. Wie etwa äußerst impulsive Entscheidungen jeder Art zu treffen.
      Das einzige, das hier falsch lief, war in seinen Augen, dass sie noch immer ihre Kleidung anhatten. Andrew wusste garnicht, was er dazu sagen sollte. Was sollte Ezra denn falsch machen? „Hör auf dich zu entschuldigen“, sagte er schnell und küsste ihn wieder, um ihn zum Schweigen zu bringen. Aber wie er war, konnte er einfach nicht anders und fügte leise hinzu: „Du machst nichts falsch“
      Dann zog er ihn in Richtung Bett, schob währendessen beide Hände erneut an Ezras Körper hoch, um sein T-Shirt loszuwerden, bevor er sein eigenes auszog und fallen ließ, und ließ für einen Moment jegliche Luft zwischen ihnen verschwinden, um die Wärme von seinem Oberkörper zu spüren, während er ihn wieder küsste.
      Ob es schnell ging? Vielleicht. Aber hatten sie sich jemals an irgendwelche Konventionen gehalten? Gerade, als Andrew plante, Ezra mit einer überbeugenden Bewegung zu zwingen, sich ins Bett fallen zu lassen, riss ein nervtötendes Geräusch durch die Luft. Der zweite Wecker klingelte, der sie erinnern sollte, sich demnächst zum Flughafen aufzumachen. Und da standen sie, weit entfernt von ‚bereit zum Aufbruch‘ und Andrew wusste nicht so recht, was er tun sollte, weil er einen Moment lang sogar dazu bereit war, den Flug einfach zu verpassen. Die Hitze war ihm offensichtlich in den Kopf gestiegen.
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    • Ezra

      Ezra war sich immer schon sicher gewesen, dass Andrew ihn irgendwann ins Grab bringen würde. Er hatte nur irgendwie mit einer missglückten Verfolgungsjagd gerechnet und nicht mit heißen Küssen und wandernden Fingern, die ihm vollkommen den Verstand raubten. Wenigstens nahm ihm das die Sorge, dass irgendetwas hiervon zu voreilig, oder nur ein Fiebertraum war. Er ließ seine Hände über Andrews Rücken wandern, während er ihn küsste und sich bereitwillig zum Bett führen ließ.
      Seine Finger hatten gerade Andrews Hosenbund erreicht, als der Wecker ihn zusammenzucken ließ. Ach ja. Flughafen. Da war ja was. Ezra seufzte kurz während er sich gegen Andrew lehnte und seine Hände in die hinteren Hosentaschen des Dunkelhaarigen schob. “Timing haben wir wirklich drauf, oder?”, fragte er mit einem kleinen Lachen und lehnte seinen Kopf gegen Andrews Schulter. Kurz verharrte er so, ernsthaft darüber nachdenkend, ob sie den Flug vielleicht um einen Tag verschieben sollten, bevor er sich zusammenreißen konnte. Er hatte neun Jahre gewartet, da kam es auf ein oder zwei Abende mehr auch nicht an. Dafür würden sie dann wenigstens zuhause sein und nicht in irgendeinem Hotelzimmer.
      “Es hilft ja doch nichts”, seufzte er, bevor er seine Hände von Andrews Hintern nahm und ihm einen kurzen Kuss auf den Unterkiefer drückte. “Ich werte das einfach als kleinen Teaser für morgen.” Er grinste leicht, während er vollkommen selbstverständlich nach Andrews Shirt griff und es sich mit einem kleinen Zwinkern überzog. Langsam fing er an, sich wieder wie er selbst zu fühlen.

      Tragischerweise konnte auch seine Beziehung zu Andrew seine Flugangst nicht stoppen. Ezra klammerte sich an Andrews Hand, während er versuchte, sich selbst davon zu überzeugen, dass irgendwann ein verdammter Gewöhnungseffekt einsetzen musste. Nur mit Bus und Bahn in Urlaub fahren zu können, war schwierig, wenn man auf einer verdammten Insel lebte.
      Umso glücklicher war er, als sie endlich wieder auf festem Boden standen, ihr spärliches Gepäck in der Hand, auf halbem Weg zu den Taxen, die vor dem Flughafen warteten. “Du darfst dir noch aussuchen, wo wir heute Essen”, merkte Ezra an, während er - jetzt deutlich entspannter - nach Andrews Hand griff und ihre Finger miteinander verschränkte. Sicher, sie würden nicht den ganzen Tag miteinander verbringen, aber zum einen war er noch nicht ganz gewillt, Andrew einfach gehen zu lassen und zum anderen hatte Andrew die 15 Minuten heute morgen unterschritten und ihm Blumen mitgebracht. Das musste doch entsprechend gewürdigt werden!
    • Andrew

      Zwei Minuten und es hätte kein Zurück mehr gegeben. Sie hatten vielleicht schlechtes Timing, aber der Wecker hätte noch schlechteres haben können also nahm er seine Niederlage gegenüber der Zeit unglücklich an und wollte gerade seufzend sein Shirt aufheben, als Ezra ihm zuvorkam und ihm ein verführerisches Zwinkern zuwarf, das ihn das Universum verfluchen ließ. Setzte er sich zu hohe Ziele, wenn er jetzt schnell nach einem Privatjet suchte, in dem sie Privatsphäre hätten?

      Andrews Gedanken auf dem Weg zum Flughafen bis zum Abflug lagen definitiv woanders, als Ezras. Während dieser wieder von seiner Flugangst überfallen wurde, war er selbst nur noch physisch anwesend und gedanklich zuhause dabei, seine Wohnung aufzuräumen, um morgen Abend nach dem Autokino freie Fahrt zu haben. Entweder das oder er musste sich auf jeden Fall Kaugummi und frische Unterwäsche in einer Art komprimiertem Übernachtungspaket zusammenpacken. Okay, der Kaugummi musste sowieso mit. Wäre es merkwürdig, jetzt in seinem Handy eine To-Do Liste für morgen Abend abzutippen, während Ezra sich panisch an seine andere Hand klammerte? Er schielte zu dem Blonden und verwarf den Gedanken gleich wieder. Stattdessen versuchte er zurück ins Jetzt zu kommen und griff mit seiner anderen Hand noch über Ezras.

      Als sie ankamen, traute Andrew seinen Augen kaum, plötzlich wieder überall Schilder auf Englisch zu lesen und in einer ihm verständlichen Sprache fremde Konversationen auf der Straße mitzubekommen. Home Sweet Home.
      "Ich weiß. Und ich weiß auch, wohin", antwortete er selbstsicher, bevor sie zusammen in ein Taxi stiegen. Es war nicht spät, gerade mal Mittag vorbei, also würde das eher ein Nachmittags-Essen werden und er hatte anschließend genügend Zeit, um auszupacken, auch wenn das keine große Herausforderung darstellen würde bei zwei Garnituren, und seine Wohnung auf Vordermann zu bringen. Morgen musste er dann wohl oder übel mal ins Büro und die Lage dort checken. Vielleicht war es ja nach der Sache in Frankreich etwas wahrscheinlicher, seinen Job wiederzubekommen?
      Andrew bat den Taxifahrer, sie vor seiner Wohnung abzusetzen, wo sie in sein Auto umsteigen konnten und er Ezra somit im Anschluss auch gleich nachhause fahren konnte. Den kleinen Koffer stellte er dabei einfach schnell in den Kofferraum und fuhr los, zu einem kleinen französischen Lokal, dass er auf Google Maps mit guter Bewertung entdeckt hatte. Zumindest konnte er die Bewertungen hier lesen. Es war nett, sehr ordentlich und gemütlich. Im Hintergrund lief entspannende klassische Musik und es war um die Zeit wenig los, also konnten sie sich einen guten Tisch aussuchen. Sogar kleine Kerzen standen jeweils in den Tischmitten, jedoch brannten sie nicht. Das war dann wohl für das romantische Abendessen gedacht, für das sie zu früh dran waren. Aber wenn das Essen gut war, konnte er das ja im Hinterkopf behalten.
      Andrew bestellte sich ausnahmsweise keinen Kaffee, sondern eine der hausgemachten Limonaden und versuchte somit, den Fokus heute auf das Essen zu richten, auf das er sich schon die ganze Zeit freute. Wobei er sich irgendwie mehr darüber freute, dass Ezra ihm gegenüber saß und sie dafür nicht in einem fremden Land sein mussten.
      "Zählt das als normales, 08/15 Date, wenn wir so tun, als wäre es dunkel draußen?", fragte er und lachte leicht.
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    • Ezra

      Zumindest musste man Andrew lassen, dass er einen wirklich guten Sinn für Restaurants hatte. Ezra war so von ihrer Umgebung abgelenkt, dass er sich dazu zwingen musste, sich der Speisekarte zu widmen, auch, wenn er mittlerweile eigentlich wirklich Hunger hatte. Gut, vielleicht war er auch etwas leichter zu beeindrucken, weil er eigentlich nie so der Restaurant-Gänger gewesen war - wie auch? Er datete so gut wie nie, wenn er Zeit mit Ada verbrachte, kochte sie meist selber und für alles andere hatten bisher Imbissbuden gereicht.
      "Nachmittags-Dates haben auch ihren Charme", antwortete Ezra mit einem kleinen Lächeln, auch, wenn sich das hier irgendwie nicht so ganz wie ein Date anfühlte. Sicher, wenn ihr Flug sie nicht unterbrochen hätte, hätte Ezra fast mit Andrew geschlafen, aber jetzt hier zu sitzen fühlte sich nicht anders an, als die anderen male, wenn sie zusammen gegessen hatten. Irgendwie ruhig und ungezwungen. Wenn er so genau darüber nachdachte, konnte Ezra vielleicht doch nachvollziehen, warum Jelena und Nadia davon ausgegangen waren, dass sie zusammen waren, auch, wenn er an die beiden eigentlich gar nicht mehr denken wollte. Aber irgendwie war es auch ideal, wenn sich eine Beziehung nicht vollkommen anders anfühlte, als die Freundschaft davor, oder?
      "Ich bin wirklich froh, wieder in London zu sein. Keine Sprachbarriere, man kennt die Straßen und der eine große Stein, den wir hier kennen ist eh schon gestohlen worden, also müssen wir uns um den auch keine Sorgen machen." Er grinste leicht, bevor er kurz an seinem Wasser nippte. "Ich glaube, ich bin nicht so der Urlaubs-Mensch", stellte er abschließend fest, während er das Glas wieder abstellte. Aber wem erzählte er das? Andrew hatte vor ihrem Horror-Tripp ja schon praktisch nur für seine Arbeit gelebt und konnte ihn wahrscheinlich absolut verstehen. Er hoffte nur, dass Andrew sich nicht so sehr in seinen nächsten Job reinsteigern würde.
      Er zupfte sein geklautes Shirt gerade, im vollen Bewusstsein, dass Andrew selbiges nie wieder zurück bekommen würde. Er hatte sich dazu entschieden, mit einem Dieb auszugehen, also musste er mit den Konsequenzen leben. "Vielleicht versuchen wir bei unserem nächsten Urlaub einfach, in der Nähe zu bleiben. Schottland soll schöne Ecken haben. Nordirland ist super...von mir aus reicht auch die englische Küste irgendwo. Hauptsache kein Flugzeug und keine Steine."
    • Andrew

      Der große Stein, der schon gestohlen war… Ahja. Da war ja etwas. Ob sie das wirklich erleichtern sollte? Andrew fühlte sich von dem Gedanken viel eher gestresst. Sie wussten noch immer nicht, wieviele von diesen Steinen es tatsächlich gab und vor allem wussten sie nicht, wieviele davon bereits Jelena und Nadia in die Hände gefallen waren. Auch, wenn sie sich vorher bestimmt keine Sorgen hätten machen müssen, Opfer ihrer Anschläge zu werden, wenn sie nicht gerade ungünstig standen und zu den Zivilistentoden zählten, konnten sie sich jetzt beinahe darauf verlassen, dass sie ein Auge auf sie hatten. Jelena musste stocksauer sein… Und Andrew war sich fast sicher, dass sie das alles nicht einfach ruhen lassen würde, wenn Nadia nun im Gefängnis saß. Wie sie vermuteten, hatte sie ja offenbar die Macht, sie aus dem Gefängnis ganz einfach wieder herauszuholen, durch Bestechung oder sonst etwas.
      Andrew lächelte zur Antwort nur nervös. Besser, er dachte darüber jetzt nicht nach, solange er ohnehin nicht tun konnte, um seine Lage zu verbessern. Dass sie nicht in Sicherheit waren, wussten sie auch erst, wenn etwas passierte. Und bis dahin konnten sie kaum etwas unternehmen.
      Der Gedanke eines nächsten Urlaubs, in bequemer Nähe, reizte ihn da schon mehr. Sie würden also vielleicht tatsächlich mal gemeinsam Urlaub machen, hm? Tja, solange Andrew arbeitslos war, konnte er wohl tun was er wollte. Solange er jemanden fand, der bezahlte.
      "Schottland klingt nett", stimmte er zu. Irland konnte er erstmal meiden, aber das wollte er Ezra jetzt nicht auf die Nase binden. Seine Familie wirkte eben nicht unbedingt wie die Ruhe, nach der sie im Urlaub suchen würden. Auch, wenn Andrew alles gut gebrauchen konnte, das für ihn gratis war.
      "Ich muss mir wirklich einen neuen Job suchen", murmelte er. "Morgen… werde ich versuchen, mit meinem Sergeant zu verhandeln. Vielleicht kann sie mich zumindest an ein anderes Dezernat übermitteln" Die Getränke kamen an den Tisch und Andrew schwieg kurz, probierte seine Limonade und war beeindruckt, kam jedoch nicht vom Thema ab, weil ihm eine Frage auf der Zunge lag.
      "Was hast du eigentlich vor, jetzt zu tun?", fragte er und versuchte es nebensächlicher klingen zu lassen, als es für ihn war. Nachdem Ezra sein ganzes Leben lang von Verbrechen gelebt hatte… konnte er ihn nicht zwingen, etwas anderes zu tun. Allerdings wusste Andrew auch nicht so richtig, wie er es gutheißen konnte. Sein Ziel war lange genug gewesen, Ezra aufzuhalten oder gar einzubuchten. Nun konnte er das nicht tun, wollte es auch nicht tun und schon gar nicht, dass es jemand anderer tat.
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    • Ezra

      Da war sie wieder. Die Arbeit. Ezra musste sich zurückhalten, nicht aufzulachen, als Andrew meinte, dass er seinen Job zurück wollte. Nicht, weil das irgendwie eine dumme Idee wäre, oder abwegig war, sondern einfach, weil das Timing so unglaublich perfekt war. "Ich hoffe wirklich, dass sich bei dir irgendetwas erreichen lässt", wünschte er aufrichtig. Seine Arbeit war immerhin immer wichtig für Andrew gewesen. Ezra hoffte weiterhin, seine neu gewonnene Beziehung nicht an seine Arbeit zu verlieren, aber er würde wohl akzeptieren, wenn Andrew mal wieder über den Feierabend hinaus arbeiten würde, solange es ihn glücklich machte und er ihn nicht versetzen würde.
      Die Gegenfrage war weniger schön. Ezra seufzte kurz dramatisch. "Frag mich was Leichteres." Er spielte etwas abwesend mit seinem Glas. "Ich hab keine Ahnung, was ich jetzt machen soll und ich versuche irgendwie zu vermeiden, zu sehr darüber nach zu denken." Es konnte auf jeden Fall nicht so weitergehen, wie bisher. Ganz davon abgesehen, dass er sich sicher war, dass Andrew es nicht sonderlich gutheißen würde, wenn er weiterhin in fremde Häuser einbrach, musste er nun auch mit einem neuen Helden rechnen, dem er irgendwie entkommen musste. Andrew war ein hervorragender Gegenspieler gewesen, immer schon, aber sie hatten sich so lange gekannt, dass er berechenbar geworden war. Das war immer sein einziger Vorteil gewesen. Ohne den würde jeder Einbruch direkt gefährlicher werden.
      "Henry hat mir vor Jahren mal angeboten, bei ihm auszuhelfen. Vielleicht braucht er ja immer noch Hilfe." Ezra warf Andrew ein unsicheres Lächeln zu. Damals hatte er abgelehnt, weil ihm das alles furchtbar langweilig vorgekommen war. Damals war er allerdings auch ein Teenager gewesen und hatte noch aus dem zweiten Stock springen können, ohne danach tagelang schmerzende Knie zu haben. "Sonst teste ich einfach aus, wie viele Einkäufe ich machen kann, bis Niamh mich im Schlaf erwürgt. Mit ein bisschen Glück schreibt sie meine Ausgaben vielleicht sogar als Schweigegeld ab und ich muss nur drohen, öfter mal bei ihr vorbei zu schauen." Irgendwie hatte er das seltsame Gefühl, dass diese Taktik sogar funktionieren könnte.
      "Ich denke nach der ganzen Aufregung brauche ich einfach etwas wundervoll langweiliges. Ich weiß gar nicht, wie du den dauernden Stress im Dezernat immer ausgehalten hast. Ich bin fast ein bisschen neidisch", fuhr er lächelnd fort. "Denkst du, du könntest direkt eine Gehaltserhöhung bekommen, wenn du den Zeitungsausschnitt aus Frankreich als Referenz für dich vorlegst?"
    • Andrew

      Andrew versuchte nicht zu zeigen, wie beruhigt er über diese Antwort war. Zum Glück dachten sie da wohl ähnlich und er fand es tatsächlich garkeine so schlechte Idee, wenn Ezra sich bei Henry meldete. Ehrlich gesagt wollte er fast hoffen, dass Henry zwei Aushilfen brauchte. Aber Andrew wusste, dass er vermutlich nicht ruhen konnte, wenn er nicht wieder als Held arbeiten konnte. Es war immer sein Traum gewesen und er war noch nicht so alt, dass er sagen konnte, 'er hatte alles erreicht'. Nein, er wollte eigentlich noch ein paar Jahrzehnte in diesem Beruf verbringen, wenn die Regierung es zuließ. Er war schließlich auch verdammt gut in seinem Job und er hatte sogar akzeptiert, damit niemals reich zu werden, solange er seine Wohnung in London bezahlen musste. Eigentlich musste es doch dank seiner Reputation zumindest möglich sein, in eine anderen Dezernat unterzukommen.
      "Ich kann's ihnen ja mal vorschlagen", schmunzelte Andrew als Ezra von einer Gehaltserhöhung sprach. Naja, zu hoch sollte er seine Ansprüche vermutlich nicht setzen. Er konnte sich viel eher von allen Ansprüchen verabschieden. Aber bestimmt hätte er die Möglichkeit, sich wieder hochzuarbeiten, wenn er überhaupt anfangen durfte.
      "Ich kann mir eigentlich nichts anderes vorstellen, als diesen Job", sagte er ehrlich. "Den Stress würde ich in einem anderen Job wahrscheinlich auch nicht mitmachen. Aber es hat mir wirklich Spaß gemacht"
      Ja, so stressresistent, wie er gedacht hatte, war er ganz offensichtlich nicht, wie er in den letzten Tagen erleben durfte. Dennoch war sein größter Feind die Langeweile. Er brauchte etwas zu tun. Solange er keinen Job hatte, musste er also Ezra nerven und sich ein Hobby suchen, um nicht wahnsinnig zu werden, von seinen eigenen kreisenden Gedanken.
      "Ich fände es außerdem schade, meine Kollegen nicht mehr zu sehen", fügte er hinzu, denn das hatte bei ihm zwar immer an zweiter Stelle gestanden, doch langsam begann er sogar Serena zu vermissen und die Art, wie sie ihre Reizüberflutung von Zuhause und auf der Arbeit an jedem ausließ, der in einem bestimmten Radius zu ihr stand. Sogar an ihre Tochter hatte sie er sich irgendwann gewöhnt, die abends hin und wieder im Büro warten musste, bis ihre Mutter fertig war, und Andrew mit ihren Fragen durchlöcherte. Sarah würde bestimmt gut mit Liz klarkommen, wenn er so darüber nachdachte.
      "Hey, weißt du was? Eine meiner Kolleginnen hatte eine Tochter, die so alt sein muss, wie Liz", sagte er, als es ihm einfiel. Außerdem konnte er sich morgen noch genug in seinem Elend wälzen, dass er gefeuert wurde. "Die könnte man bestimmt in einen Raum stecken und sie wären stundenlang damit beschäftigt, sich gegenseitig zu interviewen"
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    • Ezra

      Irgendwie war es überraschend beruhigend zu hören, dass Andrew seine Kollegen vermisste. Er erzählte so selten von anderen Menschen in seinem Leben, dass Ezra fast ein wenig Sorge hatte, dass Andrew bis jetzt kein richtiges Support-System besessen hatte. Dass er wenigstens mit seinen Kollegen auszukommen schien, war da irgendwie ein nettes Detail.
      "Ich glaube es gibt kaum Leute, mit denen Liz nicht gut auskommt, wenn ich ehrlich bin", antwortete Ezra mit einem kleinen Lachen. Sie hatte er die letzten zwei Wochen fast am meisten vermisst, vor allem, nachdem sein Handy aus dem Auto geworfen worden war und er somit nicht mehr Liz' sporadische Textnachrichten bekommen hatte, die immer wundervoll aus dem Kontext gerissen waren und meistens mehr Fragen aufwarfen, als sie beantworteten. "Ich glaube, Liz akzeptiert es auch einfach nicht, wenn man sie nicht mag. Sie redet dann einfach so lange auf einen ein, bis man aufgibt. Ein Wunder, dass sie den Kater noch nicht totgequatscht hat." Er stützte sich auf den Tisch. "Ada gibt mir immer die Schuld dafür und behauptet, sie hätte mich zu oft babysitten lassen und mein ständiges Gequassel hätte auf sie abgefärbt, was ich absolut nicht verstehen kann, wenn ich ehrlich bin." Er grinste amüsiert. Zugegeben, er war sich vollkommen im Klaren darüber, dass er gerne und viel redete, er sah nur nicht ein, dass das sein Problem sein sollte. "Vielleicht laufen die beiden sich ja mal auf einem Spielplatz über den Weg", fuhr er fort, um wieder auf die Tochter von Andrews Kollegin zu sprechen zu kommen. "Vorzugsweise wenn ich nicht babysitte und aufpassen muss, dass sie was anstellen." Obwohl er nicht wusste, wie viel die Tochter einer Heldin anstellen würde. Vielleicht wäre sie am Ende ja auch ein seltsam guter Einfluss für Liz.
      "Hast du je über Kinder nachgedacht?" Die Frage war ausgesprochen, bevor Ezra die Implikation dahinter richtig realisieren konnte. "Also, so generell. Ich meine jetzt nicht sofort, nur...du weißt, was ich meine, so überhaupt halt." Unter Freunden wäre das wahrscheinlich eine vollkommen normale Frage, aber er hatte keine Ahnung, ob man sowas mittlerweile bei einem ersten...halben nicht ganz Date-Date fragen konnte.
    • Andrew

      "Ah, auf Sarah hab sogar ich schon aufgepasst. Das Kind bemerkt man fast nicht, wenn sie nicht gerade… viel zu interessiert an irgendeinem meiner Fälle ist oder sonst etwas, das Fragen in ihr aufwirft. Ich hab Serena schon vorgeschlagen, ihr einfach ein Wörterbuch zu schenken. Ich glaube, damit wäre sie am glücklichsten" Er schmunzelte. "Außerdem finde ich es toll, wieviel zu redest. So wird einem nie langweilig", hing er noch dran.
      Theoretisch hatte Ezra bestimmt auch gute Chancen in einer Karriere als persönliche Unterhaltung für reiche Leute, die zu viel Geld und zu viel Langeweile hatte. Tatsächlich bezahlten ja auch viele alte Menschen Geld dafür, Gesellschaft zu haben, um nicht so einsam zu sein, wenn sie allein lebten und keine Familie hatten oder eine Familie, die keine Zeit für sie hatte. Vielleicht sollte er sich in die Richtung ja mal nach Jobs umsehen. Die alten Leute hätten jedenfalls ziemlich im Leben gewonnen, wenn sie Ezra am Tag eine Stunde lang zuhören durften, wie er von seinen Kidnappings erzählte.
      Seine Frage brachte Andrew jedoch ein wenig aus dem Konzept. Ob er Kinder wollte? Ihm kam sofort in den Sinn, dass er diese Frage nun in Bezug darauf beantworten musste, ob er mit Ezra Kinder haben wollen würde, denn sie saßen hier zusammen bei einem Date, auch wenn es praktisch ihr erstes war. Somit öffnete sein Mund sich nur langsam, aber alles was herauskam, war stille Überforderung.
      Er hatte sich die Frage nie wirklich gestellt, nachdem er nicht einmal richtig Zeit für eine vernünftige Beziehung gehabt hatte und irgendwie hatten die wenigsten Männer Lust darauf, Kinder zu adoptieren. Heutzutage sahen es viele eher als Bonus, nicht unabsichtlich eins bekommen zu können. Andrews Wohnung war noch nichtmal groß genug für eine Katze, geschweige denn zwei Menschen oder drei… oder mehr. Irgendwie hatte er zwar immer gewusst, dass es so nicht ewig weitergehen konnte, aber wann war denn der Punkt gekommen, an dem man sein Leben etwas ernster nahm? Sein Einkommen hatte sich schließlich auch nicht drastisch geändert über die Jahre. Und sich versetzen zu lassen, um an einem günstigeren, vielleicht größeren Ort zu leben, hatte er nie auch nur in Erwägung gezogen. Mit wem hätte er denn überhaupt ein Kind haben sollen? Was machte man eigentlich mit Kindern? Die brauchten ja auch… Nahrung?! Und ein eigenes Bett und Kleidung und… Kindergärten? Wo zum Teufel befand sich in London eigentlich eine Schule?
      Andrews leerer Blick musste unbeschreiblich sein.
      Wollte Ezra denn Kinder haben? Er hatte erwähnt, dass er gerne mit ihnen arbeiten würde. Aber sie selbst zu haben, sie jede Sekunde betreuen zu müssen, das war noch einmal eine ganz andere Sache. Es bedeutete, sein komplettes Leben umzustellen. Aber… wenn Andrew dafür eine Punkt in seinem Leben erreichen musste, war der wohl jetzt gekommen. Bei so viel Umstellung, wie er gerade durchmachte, bot es sich direkt an, noch eins draufzusetzen. Aber er musste doch mal sein eigenes Leben In den Griff bekommen. Außerdem fragte er sich, ob Ezra schonmal darüber nachgedacht hatte, irgendwann mit den Einbrüchen aufzuhören, denn er konnte kaum ein Kind großziehen während er jede Nacht andere Leute bestahl. Zumindest, wenn er aus seiner eigenen Kindheit irgendetwas gelernt hatte.
      "Ich… ich… hab nie darüber nachgedacht, ehrlich gesagt", stammelte Andrew endlich. "Ich hatte… nie die Zeit, das Geld oder einen Menschen, mit dem ich… das als Option gesehen hätte" Er suchte in Ezras Augen nach irgendwelchen Hinweisen, ob ihn diese Antwort enttäuschte, glücklich machte oder ob es ihm vollkommen egal war.
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    • Ezra

      Andrew sah aus, wie das menschliche Äquivalent eines abgestürzten Computers. Ezra hatte das Gefühl, dass er gleich kleine Ladesymbole in seinen Augen sehen würde, wenn er nur gut genug hinschauen würde. Er konnte praktisch hören, wie sich die Rädchen in seinem Kopf drehten. Was seine Frage wahrscheinlich schon ziemlich gut beantwortete. Er wollte gerade ansetzen, irgendetwas zu sagen, um ihn aus seiner Starre zu reißen, als Andrew die Frage offenbar doch verarbeitet hatte. Ezras Mundwinkel zuckten unweigerlich nach oben. "Keine Sorge. Man hat dir die Überforderung nicht angesehen", kommentierte er amüsiert, auch wenn er selbst nicht so richtig wusste, wie er Andrews Antwort einschätzen sollte.
      War das ein Dealbreaker für ihn? Früher hatte er selbst auch nie Kinder gewollt, das hatte sich erst entwickelt, als er Ada geholfen hatte, sich um Liz zu kümmern. Vielleicht brauchte Andrew ja auch einfach noch etwas Zeit, um herauszufinden, was er wollte. War es gesund, sich selbst sowas einzureden? Eigentlich wollte er die Antwort auf diese Frage gar nicht wissen, aber Ezra konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Andrew irgendetwas tun oder sagen könnte, was ihn diese Beziehung beenden lassen würde. "Es ist auch keine Entscheidung, die man eben so leichtfertig treffen kann, wenn man vorher nie darüber nachgedacht hat", versicherte er, irgendwie bemüht, Andrew zu signalisieren, dass er kein Problem damit hatte, wenn er am Ende keine Kinder wollen würde, ohne selbst zu wissen, ob das der Wahrheit entsprechen würde.
      Zum Glück wurde ihr Gespräch kurz unterbrochen, als ihr Essen serviert wurde. Wenigstens konnte man das wundervoll nutzen, um elegant das Thema zu wechseln, auch, wenn Ezra immer noch ein wenig mit der Kinderfrage beschäftigt war. "Du hast von deiner Cousine erzählt", griff er schließlich auf. "Wie ist sie so? Ist der Workaholic-Lifestyle Teil der Familie, oder war das eine Sache von dir und deinem Dad?", fragte er mit einem Lächeln. Wenn er sich richtig erinnerte, hatte Andrew seine Cousine als 'schräg' bezeichnet. Schräg konnte bei Andrew nur eine ganze Reihe an Dingen bedeuten. Aber die Cousine schien seine einzige lebende Verwandtschaft zu sein, also wollte Ezra mehr wissen.
    • Andrew

      So ganz überzeugt war Andrew nicht von Ezras Antwort. Er klang sich nämlich selbst ziemlich sicher, was er wollte, nur dass er Andrew nicht verriet, was das war. Kinder? Keine Kinder? Irgendwie wollte er ihn fragen, aber dann kam das Essen und Ezra wich auf ein neues Thema aus. Vielleicht war es besser so. Am besten sie führten das Gespräch fort, wenn Andrew sich auch nur zwei Gedanken darüber machen konnte, bevor bei der Frage nach Babynamen sein Gehirn gleich wieder abstürzte. Allerdings fühlte er sich im nächsten Gesprächspool nicht viel wohler. Musste er nach seiner Cousin fragen? Lieber würde er nochmal eine Stunde lang über seine toten Eltern reden, anstatt genau jetzt seine Cousine aufzugreifen. Andrew hoffte nun bloß, dass Ezra sich nicht an das spezifische Wort erinnerte, das er genutzt hatte, um Amy zu beschreiben.
      "Sie ist… sie ist… nein, sie… hat ziemlich geregelte Arbeitszeiten und hält sich auch daran", brachte er heraus. Wow, das klang so, als hätte er die Frau erfunden. Er lächelte schief. "Sie ist Kindergärtnerin", sagte er schließlich. Ehrlich gesagt sah er auch keinen Weg, diesen Fakt zu umgehen, wenn er sie beschreiben sollte, weil es so ziemlich ihre ganze Persönlichkeit war. Und wie erklärte er jetzt am besten, dass er nicht mit allen Leuten ein Problem hatte, die mit Kindern arbeiteten?
      "Sie äh… sie hat 4 Kinder und ist Kindergärtnerin, das ist schon… irgendwie irre", murmelte er in sich hinein. Er hatte ein Händchen dafür, Situationen schlimmer zu machen als sie waren. "Nicht, dass es irre ist, Kinder zu haben. Ich meine nur, sie als Person… ist ziemlich irre" Wenn es einen Stein gab, der Menschen im Boden versinken ließ, dann brauchte er den. Dringend.
      "Sie ist überdreht und… total nett, aber es ist merkwürdig, von einer 35-Jährigen bemuttert zu werden" So, jetzt hatte er zumindest halbwegs herausgebracht, was er eigentlich hatte sagen wollen. "Aber ihre Kinder sind ganz nett", fügte er abschließend hinzu, obwohl er noch nicht einmal wusste, was genau Ezras Standpunkt jetzt eigentlich war. Außerdem war es eine glatte Lüge. Diese Kinder waren die reinsten Biester und jedes Weihnachten stand das Haus entweder beinahe in Flammen oder die Asche irgendeiner Urgroßmutter wurde über den Boden verstreut. Aber solange er Ezra aus Liverpool fernhalten konnte, würde er das hoffentlich nie herausfinden.
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    • Ezra

      Oh. So viel zum Themenwechsel. Wundervoll. Einfach wundervoll.
      "Mhm. Ja. Ich schätze, ältere Familienmitglieder sehen in einem irgendwie immer nur ein Kind", kommentierte Ezra leicht überfordert. Eigentlich hatte er von dem Kinderthema ablenken und nicht darauf zurückkommen wollen und Andrew sah auch nicht so aus, als ob er sich sonderlich über das Thema freuen würde. "Vier Kinder sind auch wirklich eine Herausforderung. Da muss man wahrscheinlich ein bisschen durchdrehen. Ich meine, ich weiß, wovon ich spreche." Auch wenn seine Eltern sich mit ihren vier Kindern nie sonderlich auseinandergesetzt hatten. Er lachte kurz etwas überfordert. "Ich hab immer an zwei Kinder gedacht, höchstens drei." Er musste wirklich dringend aufhören zu reden. "Also nicht konkret. Nur so...Tagträume, die man halt irgendwann mal hat, wenn man sich so seine Zukunft vorstellt mit Haus und Garten und so." In den meisten hatte Andrew selbst eine ziemlich prominente Rolle gespielt, aber diese Info würde Ezra mit in sein Grab nehmen. "Also, ich hab auch nie wirklich über die Logistik und die Finanzen nachgedacht und - hast du irgendein anderes Thema? Ich hab das Gefühl, dass wir das Thema wechseln sollten." Und zwar dringend, wenn sie die Situation noch irgendwie retten wollten.
      "Geister." Ein wundervoller Eisbrecher, wenn man so ein Gespräch auflockern wollte, oder? Vor allem, wenn man das Ziel hatte, dass das Gegenüber einen am Ende nicht mehr für ganz zurechnungsfähig halten sollte. "Glaubst du an Geister? Ich hab nie wirklich an Übersinnliches geglaubt aber ich hab mehr als einmal erlebt, dass ich in ein leeres Haus eingestiegen bin und irgendwo gehört habe, wie eine Tür zugeht." Von Kindern rüber zum Tod. Dafür, dass Ezra so viel redete, war er wirklich ein Meister der Themenwechsel. Aber besser so, als noch weiter über das Kinderthema zu reden. Vielleicht sollten sie das hier wirklich nicht als Date gelten lassen und einfach darauf hoffen, dass sie morgen mit deutlich entspannteren Themen anfangen würden. Es musste schließlich irgendwelche Themen geben, die man vollkommen unbefangen ansprechen konnte, ohne dass es direkt irgendwie unangenehm wurde, oder man in ein Fettnäpfchen trat.
    • Andrew

      Andrew nickte bloß überfordert bei allem, das Ezra sagte, bis er dann erwähnte, zwei oder DREI Kinder haben zu wollen und Andrew vor Schreck vergaß, wie man nickte. Oder es war sein Nervensystem, das ihn aktiv vor etwas bewahren wollte. Bei drei Kindern hatte man fünf Leute im Haus. So weit konnte er schon rechnen. Wenn er für sich selbst monatlich um die 150 Pfund allein für Essen ausgab, dann war er bei einem 5-Köpfigen Haushalt jeden Monat 750 Pfund los. Das kostete beinahe seine Miete?! Wie überlebten Familien eigentlich? Er konnte sich nicht daran erinnern, dass seine Eltern 17 Jahre lang auf Diät gewesen waren, aber das schien ihm die naheliegendste Lösung zu sein.
      Der Sprung zum Thema Geister war unerwartet, nicht gerade geschmeidig und Andrew saß gedanklich noch in dem Haus mit Garten fest, in dem er mit drei Kindern an einer Karotte nagte. Zum Glück sagte Ezra gleich etwas, das ihn zurück in die Wirklichkeit riss.
      "Du glaubst nicht an Übernatürliches, in einer Welt in der es magische Steine gibt, die jede Fähigkeit haben können, die man sich vorstellen kann?", fragte er und konnte ein leichtes Lachen nicht verkneifen. Er hatte die Wissenschaft hinter diesen Dingern zwar nie ganz verstanden, aber wenn er an etwas Magisches denken sollte, dann war es definitiv das. Dann riss er sich zusammen und sagte: "An Geister glaube ich auch nicht. Aber wenn sich jemand mit einem Stein unsichtbar machen kann, dann, naja… ist wahrscheinlich alles möglich", sagte er und lächelte. Vielleicht war es sogar möglich, in diesem Leben noch im Lotto zu gewinnen. Dann konnte er sich die Sache mit den Kindern auf einem Level überlegen, die keine Existenzkrise in ihm auslöste. Allerdings fiel ihm da eine andere Sache ein, die ihn interessierte.
      "Sag mal, wie bist du überhaupt dazu gekommen, dir ein Haus zu kaufen? Hätte dir eine Wohnung nicht gereicht?", fragte er. Immerhin lebte Ezra auch alleine und Ada war seines Wissens nach erst später dazugekommen. Also hatte Ezra ein Haus gekauft, das zwei Etagen und Platz für zwei Familien hatte. Wieso? Weil er in weiser Voraussicht begonnen hatte, für seine 10-Köpfige Familie zu planen? Oder hatte er es einfach gerne geräumig?
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    • Ezra

      Ezra war bereit für eine sehr detailreiche, ausgearbeitete Diskussion darüber, inwiefern Geister und Dämonen ja wohl etwas vollkommen anderes war, als Steine, die eben irgendwie eine magische Aura hatten. Leider schien Andrew ihre Unterhaltung nur wieder auf deutlich realere Tatsachen zurück zu bringen. Nun war es an Ezra, kurz innezuhalten, während er über eine Antwort nachdachte.
      "'Gekauft' ist eine sehr...äh...ich meine, man kann es so nicht ganz formulieren, schätze ich", antwortete er langsam, in dem vollen Wissen, dass Andrew die Antwort auf diese Frage wahrscheinlich eigentlich gar nicht hören wollte. Was schade war, weil er auf die Nummer mit dem Haus nach all den Jahren eigentlich immer noch unverhältnismäßig stolz war.
      "Also, ähm...es könnte sein, dass ich es eventuell geerbt habe, weil ich ein Testament gefälscht habe und das bei einem Haus deutlich einfacher ist, als bei einer Wohnung. Theoretisch, natürlich." Am Ende dieser Unterhaltung musste er Andrew wahrscheinlich dazu zwingen, ihn zu heiraten, damit er vor Gericht nicht gegen ihn aussagen musste. "Das Haus stand eine ganze Weile leer und ist langsam in sich eingefallen und ich hatte das Gefühl, dass ich Henry schon zu lange auf der Tasche gelegen habe, also hat sich das irgendwie...ergeben." Realistisch betrachtet hätte er ohne das Vermögen seiner Familie anders sowieso nie die Chance gehabt, ein eigenes Haus zu bekommen. Vor allem in seinem damals noch relativ jungem Alter. "Irgendwann ist Ada eingezogen, wir haben es zusammen renoviert und wenn ich draufgehe, erbt Liz." Er wusste nicht, ob es das besser, oder schlechter machte. Die ganze Aktion war eine Mischung aus komplizierter Recherche, zwei noch komplizierteren Einbrüchen und unverschämt viel Glück gewesen. Es war eine reine Fügung des Universums, dass niemand das Erbe je angezweifelt hatte. Aber damals hatte Ezra nie so weit über die Konsequenzen seines Handelns nachgedacht. Irgendwie hatte er damals einfach nicht damit gerechnet, je erwischt zu werden. Andrew war damals seine größte Herausforderung gewesen und er hatte ihm nur bei seinen regulären Raubzügen im Weg gestanden, also war ihm die ganze Sache mit dem Haus irgendwie ziemlich risikolos vorgekommen. Obwohl er rückblickend verstehen konnte, warum Henry einfach wortlos zum Pub gegangen war, als er ihm damals die Story erzählt hatte. Wenn Liz etwas ähnliches abziehen würde, würde Ezra wahrscheinlich auch ein paar seiner Erziehungsmethoden hinterfragen. "Ich nehme an, du möchtest keine Details wissen?", schob er schließlich mit dem unschuldigsten Lächeln hinterher, das er gerade aufbringen konnte.
    • Andrew

      Bei Ezras erstem Satz schloss Andrew bereits die Augen, mit einem sanften Lächeln, das ihn selbst beruhigen sollte wie es Katzen mit langsamem Blinzeln machten. Er war nicht wirklich überrascht. Aber es wäre irgendwie ganz nett zu wissen gewesen, dass zumindest Ezras Haus nicht ein weiterer Grund war, der ihn in den Knast bringen konnte, abgesehen von der Einrichtung, von der er wohl ausgehen konnte, dass auch nicht alles gekauft worden war. Aber wie Ezra schon sagte, war er jung gewesen. Er hatte so gelernt, sich durch die Welt zu schlagen. Man konnte es ihm nicht übel nehmen, gemessen an seiner Vergangenheit. Aber Andrews Sorgen um ihrer beider Leben wurden dadurch nicht kleiner. Auch wenn es ein wenig beeindruckend war, dass er ein ganzes Haus gestohlen hatte. Mann, hätte er sich den Arsch aufgerissen, dafür die Beweise zu sammeln, wenn er das noch vor einem Jahr gewusst hätte.
      Er fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht und versuchte die Information zu verarbeiten. Eigentlich konnte er ja nur hoffen, dass Ezra seine Arbeit gründlich gemacht hatte und nicht irgendwann doch jemand drauf kam.
      "Richtig", sagte er bloß und lächelte, als Ezra ihm gnädigerweise anbot, ihm die Details zu ersparen.
      "Liz erbt das Haus also, hm?", fragte er, allerdings mehr zu sich selbst. "Du kennst sie schon sehr lange, oder? War sie überhaupt auf der Welt, als Ada zu dir gezogen ist?"
      Es klang ja fast so, als hatte er Liz zum Teil aufgezogen. Was ein seltsamer Gedanke war, weil Ezra erst 28 war, damit sogar zwei Jahre jünger als Andrew und er selbst sich nicht vorstellen könnte, eine 7 Jährige Tochter zu haben. Aber das war vielleicht der Grund, weshalb Ezra sich so sicher war, mehrere Kinder zu wollen. Er kannte es vermutlich kaum anders, als Kinder um sich zu haben. Ob das nun damals mit seinen Geschwistern so gewesen war oder spätestens, als er Liz kennengelernt hatte. Andrew dagegen hatte an Erfahrung mit Kindern nur die vier seiner Cousine zu bieten, die er immer schön auf Abstand gehalten hatte und die seltenen Momente, in denen er alleine Zeit mit Serenas Tochter Sarah verbracht hatte. Er hatte nichts gegen Kinder, aber ob er sich um eines kümmern konnte? Er wusste doch garnicht, was die so brauchten oder machten. Andrew bekam langsam ein mulmiges Gefühl. Was, wenn Ezra ihn deshalb verlassen würde?
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