The Hero and the Thief [Nao & Stiftchen]

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    • Ezra

      Wenigstens war die Autofahrt nicht langweilig. Es war seltsam unterhaltsam, Andrew dabei zuzuhören, wie er sich zur Abwechslung mal über jemand anderen, als Ezra aufregte. Auch wenn es nur zu schade war, dass der Erklärung mit der Brille keine Fotos folgten. Ezra konnte sich das ganze gar nicht so schlimm vorstellen - eine Brille würde lediglich Andrews inneren Nerd unterstreichen. Aber da sie gerade dabei waren, sich von Ezras Welt in Andrews zu begeben, verkniff er sich jeglichen Kommentar. Nach der irritierend erfolgreichen Zusammenarbeit von vorhin hatte Ezra zumindest nicht vor, Andrew doch noch so weit zu reizen, dass er den Tag mit Handschellen um die Handgelenke beenden würde. Obwohl er in U-Haft vielleicht nach genug an den Schrank mit den Mitarbeiterakten kommen könnte, um nachschauen zu können, wie ernst Andrew die Kommentare über seine - eventuell imaginäre - Ehefrau meinte. Aber das wäre es wirklich nicht wert.
      Der Unterschied zwischen ihren beiden Welten hätte durch Thomas nicht noch deutlicher gemacht werden können. Ezra war sich ziemlich sicher, dass der junge Mann vor ihm wahrscheinlich beim bloßen Gedanken an einen Einbruch schon ohnmächtig werden würde. Was generell wahrscheinlich eine ziemlich durchschnittliche Einstellung war, aber nichts, was der Blonde aus seinem eigenen Bekanntenkreis gewohnt war. Er grüßte dennoch freundlich, bevor er Andrew die Führung überließ. Ezra hielt sich ein wenig im Hintergrund, als Thomas erzählte, was er gefunden hatte und verzog lediglich das Gesicht ein wenig, als der junge Mann von dem Mädchen und dem Stein erzählte. Zum Glück schien das Mädchen den Zwischenfall weitestgehend unbeschadet überstanden zu haben. Wenigstens etwas Gutes in diesem ganzen Durcheinander, das offenbar immer schlimmer wurde. Obwohl Ezra froh war, dass dies offenbar die einzigen beiden Einträge zu Steinen war, die Thomas gefunden hatte. Ein weiteres bisschen Nervosität, das verloren ging, in vielerlei Hinsicht. Ein weiteres Geheimnis, das er mit ins Grab nehmen würde, ohne sich große Sorgen machen zu müssen, dass die falschen Leute es aufdecken könnten.
      Nach dem stickigen Archiv war die kalte, frische Nachtluft ein kleiner Segen. Leider hatte Ezra kaum Zeit durchzuatmen, als in Andrews Kopf offenbar bereits die nächsten kleinen Zahnrädchen ineinander griffen. Wie auch immer der Held das anstellte. Nachdem Ezra es die letzten Jahre geschafft hatte, größtenteils erfolgreich mit seiner Beute davon zu kommen, war es fast schon gruselig, Andrew so effektiv und konzentriert zu erleben.
      "Und jetzt? Informieren wir die Helden in Polen?", fragte Ezra leise zurück. Sollte es jemand auf beide Steine abgesehen haben, wäre dieser immerhin weit aus ihrem Zuständigkeitsgebiet heraus. "Oder Kenneth Brown selbst?" Der Typ würde wahrscheinlich noch leben, oder? Und wenn nicht er, dann zumindest seine Tochter. Was am Ende des Tages auf das selbe hinauslaufen würde - wenn die Diebe nun Polen ansteuern würden, wäre das hier nicht mehr ihr Fall.
    • Andrew

      Andrew schwieg bis die beiden wieder im Auto saßen. Er brauchte einen Moment, um sich einen Plan zu überlegen. Polen lag weder in Andrews Verantwortung, noch würde seine Chefin sich diesem Problem annehmen wollen. Außerdem hatten Ezra und er ohnehin genug mit dem Stein in London zu tun und Andrew war sich schon in dieser Sache nicht sicher, wie lange er sie durchziehen konnte, bis jemand aus dem Dezernat dahinter kam. Und am Ende… Sollten sie den Fall tatsächlich lösen – wovon er ausging, denn es gab kaum eine andere Option – und er war offiziell längst davon abgezogen, konnte er nur hoffen, dass diese Heldentat seine Ungehörigkeit überspielte und man ihn nicht feuerte. Er liebte diesen Job, so sehr er ihn manchmal auch hasste.
      Andrew drehte sich zu Ezra herum. Nach einer langen Pause sagte er endlich: "Vergiss Polen. Wir müssen so schnell wie möglichen diesen Hwit Stein zurück holen" Und zwar am besten noch bevor das Innenministerium alle Ermittlungen schloss. Andrew seufzte. Worauf hatte er sich da bloß eingelassen? Und tief im Inneren wusste er, dass er diesen Fall nicht aufgeben konnte. Schon garnicht wenn eine Art Apokalypse als Möglichkeit bevorstand. Vielleicht, wenn er davon dem Seargent berichtete… Vielleicht würde sie alles verstehen und dem Deal zustimmen? Aber es bestand ohnehin keine Chance, dass sie gegen die Innere arbeiten würde. Nach und nach merkte Andrew wie sehr er hier in der Klemme steckte. Er knallte mit dem Kopf auf das Lenkrad, gerade so, dass die Hupe nicht los ging.
      "Diese dämlichen Steine…", murmelte er. "Warum muss dieser Brocken exsitieren? Mein Leben war gut, so wie es war" Ja, vielleicht war da gerade eine kleine Existenzkrise im Gange.
      Er drehte den Kopf sodass er seinen Beifahrer mit leidendem Blick ansehen konnte. "Bitte sag mir, du hast eine Idee, wer in die Bank eingebrochen ist", murmelte er. Er selbst hatte keinen blassen Schimmer, wer sich so viel Mühe machte, nach einer Art Legenden-Stein zu suchen und dann weiß-Gott-was damit anzustellen. Im Ernst, waren da ein paar Verrückte, die die Regierung stürzen wollten? Einen gewaltigen Amoklauf starten? Ein Land vernichten? Krieg? Was zum Teufel war die Motivation hinter diesem Diebstahl?
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    • Ezra

      Die Pause war zu lang. Für ein paar Sekunden hatte Ezra Angst, Andrew auf eine furchtbare Idee gebracht zu haben. Der eine Stein reichte ihm. Er musste sich keine Gedanken um einen zweiten Stein machen, der potentiell in Gefahr sein könnte. Eigentlich wollte er sich nicht mal um den ersten Stein Gedanken machen - er war kein Ermittler und die Tage, in denen er recherchiert hatte, bevor er irgendwo eingestiegen war, lagen lange hinter ihm. Zum Glück schien Andrew das ähnlich zu sehen. Ezra atmete vielleicht einen Ticken zu erleichtert aus und lehnte sich in seinem Sitz zurück, während Andrew nach vorne kippte.
      “Verzweiflung steht dir”, merkte Ezra mit einem kleinen Grinsen auf den Lippen an, im vollen Bewusstsein, Andrews letzte Frage damit nicht beantwortet zu haben. Sicher hatte er seine ganz eigenen Theorien - aber eben auch nur das. Theorien. Bloße Vermutungen, mit denen er sich eigentlich gar nicht erst näher befassen wollte. Gott, sie würden diesen Fall nie lösen. Aber vielleicht war es besser so?
      “Wir schaffen das schon irgendwie. Wir haben heute doch schon gute Fortschritte gemacht. Wenigstens haben wir jetzt eine Vorstellung davon, was wir suchen.” Und selbst wenn sie einen Schuldigen finden würden - wie würden sie ihn zur Strecke bringen? Zu zweit gegen jemanden mit einem Stein, der offenbar als Kriegswaffe genutzt worden ist? Sie hätten nicht mal den Ansatz einer Chance. Je länger Ezra über die ganze Sache nachdachte, desto schlimmer wurde es eigentlich. Der ganze Fall ging weit über ihre Fähigkeiten hinaus. “Wir stehen immerhin erst am Anfang meiner Kontaktliste und haben noch genug Anlaufstellen. In zwei-drei Tagen wird schon irgendjemand auftauchen, der zumindest Gerüchte über den Schuldigen gehört hat. Du gibst doch sonst auch nicht so schnell auf.” Hier konnte er zumindest mit voller Überzeugung aus Erfahrung sprechen.
      Ezra lehnte sich leicht nach vorne, den Kopf auf seinen Arm gestützt, sodass er mit Andrew auf einer Augenhöhe war. “Eigentlich habe ich vor gehabt, mich heute Abend so lange zu betrinken, bis das alles hier irgendeinen verdrehten Sinn ergibt. Möchtest du mit, oder möchtest du deine kleine Existenzkrise auskosten? Ich will ja keinen Druck aufbauen, aber ich habe ein bisschen Hoffnung, dass ich dich so angetrunken bekomme, dass du mir noch ein Bild von dir mit Brille zeigst.”
    • Andrew

      „Mh… Verzweiflung, Schlafmangel… ich denke es ist eine Mischung, die mir mein blendendes Aussehen verleiht“, erwiderte Andrew mit sarkastischem Unterton und hob mit tiefem Seufzen den Kopf. Er war Ezra dankbar, dass er wohl versuchte, die Situation schön zu reden. Nicht, dass es unbedingt glaubwürdig war, aber ein bisschen blinde Hoffnung war gerade das einzige, das Andrew beim Plan hielt.
      Nach einem Moment antwortete er mit einer offensichtlichen fuck-it-Haltung: „Du hast recht. Wir haben noch die Liste abzuarbeiten. Das… machen wir dann morgen Abend. Heute brauch ich auch erstmal einen Drink“ Er klopfte motiviert aufs Lenkrad und stieg wieder aus dem Auto, sog tief die kühle Luft ein und versuchte seine Gedankenspirale ihr Ende finden zu lassen. Naja, er konnte sie vielleicht mit Alkohol ein wenig in den Hintergrund schieben bis es morgen von vorne los ging.
      „Ich folge dir, egal wohin, hauptsache es gibt Gin Tonic“, kündigte er freudig an und schloss das Auto ab.
      War er gerade wirklich dabei seinen ‚Feierabend‘ mit seinem neuen ‚Kollegen‘ zu verbringen? Ein merkwürdiges Gefühl, nach all den Jahren professioneller Dieb-Held-Beziehung. Nun, schlimmer konnte das alles kaum werden also hielt ihn nichts auf, sich mit seinem liebsten Feind abzufüllen. Ein Hoch auf den Weltuntergang und all die verwirrenden Ereignisse die damit einhergehen!
      Dass Ezra mehr Bars kannte als Andrew war eine unausgesprochene Tatsache. Nicht nur hatte der Dunkelhaarige für solche Beschäftigungen keine Zeit, er versuchte mit diversen Getränken effizienter zu werden, nicht das Gegenteil. Es musste lang her sein, dass er zuletzt wirklich getrunken hatte… War es vielleicht an der Zeit sich Gedanken um seine Toleranz zu machen? Ach was, er hatte geplant, abzuschalten, und nicht sich noch weitere Probleme zu schaffen. Über solche banalen Dinge konnte er nachdenken, wenn der Stein zurück in seinem Safe war. Nein, er war schließlich keine 15 Jahre mehr alt… Ein bisschen Kontrolle hatte er wohl über sich selbst.
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    • Ezra

      Das hatte weitaus besser funktioniert, als Ezra gedacht hatte. Auch, wenn er sich nicht ganz sicher war, ob es so schlau gewesen war, Andrew einzuladen. Immerhin war er irgendwie Teil des Problems, dass er sich schön trinken wollte. Aber jetzt war es eh zu spät und wenn er ganz ehrlich war, hätte Ezra wahrscheinlich auch freudestrahlend das halbe Dezernat eingeladen, wenn das bewirkt hätte, dass er den Abend schneller beenden konnte. Und hey, wenigstens war ein bisschen Lebensfreude zu Andrew zurückgekehrt.
      "Also wenn mir die letzten Jahre eines gezeigt haben, dann dass du es wörtlich meinst, wenn du von 'überall hin folgen' sprichst", schmunzelte der Dieb, während er seine Hände in seine Jackentaschen schob und eine Richtung vorgab. Er war selten in dieser Gegend unterwegs, also brauchte er einen Moment, um sich ein Ziel zu überlegen, bevor seine Schritte ein wenig selbstsicherer wurden.

      Die Bar war stiller, als die, in der sie Henry getroffen hatten. Gut, es war immer noch mitten in der Woche, es war mittlerweile relativ spät und das Viertel war etwas gehobener, trotzdem wirkte die Bar mit dem leicht gedimmten Licht seltsam gemütlich. Ezra manövrierte sie beide an die Theke, bestellte und wendete sich dann wieder Andrew zu. "Was machst du eigentlich sonst außerhalb unserer kleinen nächtlichen Verfolgungsjagden?", fragte er, während er sich an die Theke lehnte. "Gibt es irgendwelche interessanten Fälle, oder kümmerst du dich eher um den Papierkram?" Eigentlich konnte er sich diese Frage relativ leicht selbst beantworten. Andrew war definitiv niemand, der viel Zeit damit verbrachte, rumzusitzen und Akten zu durchforsten. Er hatte auf Ezra immer schon wie jemand gewirkt, der sich lieber aktiv mit einem Problem auseinandersetzte. Immerhin hatten sie heute auch relativ wenig Zeit im Archiv verbracht, nachdem Andrew in Henry offenbar seinen neuen besten Freund fürs Leben gefunden hatte. Aber über den Fall wollte Ezra nicht reden, bis er nicht zumindest ein bisschen angetrunken war, also hob er sich jegliche Sticheleien in diese Richtung auf. Zum Glück gab es ja genug Alternativen.
      "Ich meine...irgendwie stelle ich mir einfach immer vor, dass du Donnerstags bis Dienstags einfach traurig auf einen Kalender starrst und mich vermisst, aber irgendwas musst du zwischendurch ja wohl doch machen, sonst wärst du wahrscheinlich deinen Job schon längst los." Er grinste Andrew fröhlich entgegen, während er Barkeeper ihre Drinks vor sie stellte.
    • Andrew

      In dieser Atmosphäre fühlte Andrew sich bereits deutlich wohler. Auch wenn Henry ihn mit seinen Informationen in seinen Bann gezogen hatte, machte das Getummel und die verrauchte Luft in solchen Bars ihn ein wenig unruhig. Vielleicht war es der fight-or-flight Instinkt, der konstant in ihm lauerte, seiner Arbeit zu Dank, die ihn Augen im Hinterkopf haben ließ. Es brauchte eine besondere Art der Ruhe, damit er sie tatsächlich spürte. Als Workaholic kam das in Andrews Leben selten vor. Doch seltsamerweise war er nun, da er mit Ezra hier an der Bar saß und das erste Getränk bestellte, kehrte in ihm heute zum ersten Mal etwas Ähnliches wie… Entspannung ein. Er ließ die Schultern hängen und stützte sich auf die Theke, ein tiefes Seufzen entwich ihm. Dass er sich ausgerechnet an einem solchen Ort in Gegenwart eines Diebes entspannen konnte, ging ihm nicht in den Kopf. Vermutlich waren es die Verzweiflung und Wut, die ihm so zu schaffen gemacht hatten, dass sein Körper beschloss ihm zwangsweise eine Pause zu gönnen.
      „Hm… Papierkram ist nicht so meins, ich schieb das meistens auf… oder auf andere ab. Mich wollen sie sowieso lieber aktiv draußen sehen. Wie du… dir wahrscheinlich kaum vorstellen kannst, fange ich die Verbrecher meistens“ Er schmunzelte leicht. Manchmal fragte er sich doch, was Ezra wohl von ihm halten musste. Ständig setzte man denselben Helden auf ihn an, obwohl dieser ganz offensichtlich nicht viel gegen ihn ausrichten konnte. Tja… da musste das Dezernat erstmal jemanden finden, der bessere Chancen hatte als Andrew.
      Er stützte den Kopf in eine Hand. „Aber ein bisschen Herausforderung muss ja sein. Ich weiß nicht, was ich ohne dich machen würde“ Sobald er das mit ernstem Ton von sich gegeben hatte stutzte er selbst. „Das klang kitschiger als es gemeint war“, murmelte er und freute sich über den Old Fashioned, den er bizarrerweise statt des Gin Tonics bestellt hatte. Heute lief garnichts nach Plan. Er nahm einen großen Schluck. „Aber, wo wir dabei sind…“, kündigte er dann an. „Kannst du mir doch mal was über dich erzählen. Ich darf ja sowieso nichts gegen dich verwenden“ Andrew grinste leicht. „Also, eine Untermieterin? Hast du etwa ein normales Leben und bist nur Teilzeit-Krimineller?“
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    • Ezra

      Ein kleines Lächeln huschte über Ezras Lippen, als Andrew anmerkte, dass er nicht wusste, was er ohne ihn machen würde. “Ich schätze dich auch sehr, aber wenn du mir gleich einen Antrag machst, bin ich raus.” Zugegebenermaßen nicht, ohne nicht zumindest kurz darüber nachzudenken. Eigentlich konnte die Situation zwischen ihnen kaum noch seltsamer werden, oder? Vielleicht wäre es am Besten, einfach nicht zu lange über alles nachzudenken. Zum Glück brachte Andrews Gegenfrage Ezra sofort wieder zum Lachen.
      “Oh, ich hab sogar ein ausgesprochen wundervolles, langweiliges Leben, wenn ich nicht gerade irgendwo einbreche.” Nicht, dass er sich darüber beschweren würde, im Gegenteil, eigentlich war ihm das ganz recht. Irgendwo brauchte man ja auch einen Ausgleich zu dem ständigen Adrenalin-Kick, den man mit jedem Einbruch erlebte.
      "Eigentlich ist 'Untermieterin' auch nicht der richtige Begriff. Adeline und ich kennen uns seit wir Kinder waren. Wir hatten eine Zeit lang sehr…unterschiedliche Lebenswege, aber sind trotzdem immer in Kontakt geblieben...und jetzt ist sie alleinerziehend, brauchte ein Dach über den Kopf und ich hatte zufälligerweise Platz, also haben wir das Haus aufgeteilt." Ezra zuckte kurz mit den Schultern. Es war vielleicht etwas ungewöhnlich, aber am Ende hatten sie beide davon profitiert. Adeline hatte sich den Stress erspart, in London auf Wohnungssuche zu gehen und Ezra hatte ein wenig Leben um sich herum - und eine IT-Expertin, die ihm bei mehr als einem komplexeren Einbruch geholfen hatte, aber damit hatten sie nicht gerechnet, als sie beschlossen hatten, sich die zwei Etagen des Hauses aufzuteilen.
      "Wenn ich nicht gerade irgendwo einbreche, helfe ich Adas Tochter mit den Hausaufgaben, also schätze ich, dass du mit dem 'Teilzeit-Kriminellen' gar nicht so weit weg von der Realität bist." Er trank einen Schluck von seinem Bier, bevor er wieder zu Andrew sah. "Oh, da fällt mir ein - Adas Tochter interessiert übrigens brennend dafür, ob du erst die Cornflakes und dann die Milch in die Schüssel kippst, oder anders herum. Bevor du antwortest solltest du dir allerdings darüber im klaren sein, dass es auf diese Frage nur eine korrekte Antwort gibt und ich unser Zusammenarbeiten sofort beenden werde, wenn du die falsche Antwort gibst. Wer zuerst die Milch nimmt, ist eindeutig ein Psychopath."
    • Andrew

      Bei Ezras überraschenderweise fast detaillierten Beschreibung seines Lebens außerhalb des Rahmens, den Andrew kannte, musste er unbewusst lächeln. Er schien doch gar kein übler Kerl zu sein; zu blöd, dass er ein Verbrecher war. "Hm… dann kannst du dir also ein zweistöckiges Haus in London leisten?", fragte Andrew schmunzelnd. "Ich hab dich offensichtlich zu oft entkommen lassen"
      Wenn er darüber nachdachte, in welch einer winzigen und dermaßen überteuerten Wohnung er lebte, fand er es sogar langsam nachvollziehbar, wieso man auf Raubzüge ging. Aber wieso würde man das bloß auf sich nehmen, wenn man dann sowieso ein stinknormales, langweiliges Leben führte? Oder war es gerade deshalb, dass Ezra einen Adrenalinschub brauchte, den er sich anders als Andrew eben auf illegale Weise verschaffte? Im Kopf des Helden ratterte es während er zuhörte. Er wollte unbedingt schlau aus dem Blonden werden.
      "Würdest du die beiden nicht vermissen, wenn man dich doch am Ende einbuchtet? Ich meine- ist es dir das wert? Wenn du schon ein Haus hast… was willst du denn noch? Lieber eine Villa?" Andrew lachte, doch es interessierte ihn brennend, welche Motivationen hinter seinem Handeln lagen. Er selbst war nicht unbedingt ein großer Fan von Kindern, doch wenn er konstant eines um sich hätte, würde es ihm wohl doch irgendwann schwer fallen, zu gehen. So war das bei Andrew mit allem. Am Anfang konnte er es nicht leiden und bevor er sich versah wuchs es ihm ans Herz. Ein bisschen so wie bei Serenas Tochter Sarah. Die sah er mehr oder weniger als Ausnahme, denn sie war definitiv kein normales Kind. Konnte sich gut selbst beschäftigen und war kein Stück nervig… irgendwie eher eine Erwachsene im Körper einer siebenjährigen. Das war ganz praktisch, denn wenn Serena sie mal mit zur Arbeit bringen musste, wenn Ferien waren und rechtzeitig kein Babysitter gefunden wurde, dann wurde sie hin und wieder bei Andrew abgeladen und sie war schon einige Male eine Hilfe gewesen, wenn es darum ging, bestimmte Fälle zu lösen, wenn auch eher durch Zufall. Kinder kamen mit ihrer Fantasie auf die abstrusesten Ideen; und genau das war es oft, das man in dem Job brauchte. Und Sarah interessierte es immer brennend, was Andrew so tat, wenn er mal im Büro fest saß.
      Er nahm einen großen Schluck von seinem Whiskeygemisch, leckte sich langsam über die Lippen und zögerte die Antwort auf Ezras "Leben oder Tod"-Frage bezüglich der Cornflakes so weit heraus, wie irgend möglich. "Das willst du jetzt bestimmt nicht hören, aber ich esse keine Cornflakes. Oder… Frühstück", murmelte er und sah gespielt betreten zur Seite. Etwas ernster, um das Mädchen am Ende des Tages nicht zu enttäuschen, meinte er dann aber: "Keine Ahnung, ich denke ich würde die ohne Milch essen, sonst weicht sich das Zeug doch komplett auf?"
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    • Ezra

      Irgendwie ehrte es Andrew, dass er immer noch davon ausging, dass Ezra das Haus auf legalem Weg bekommen hatte. Ezra entschied sich dafür, ihn in dieser kleinen Traumwelt zu lassen und ihn nicht zu korrigieren. Sein Privatleben war eine Sache, aber er musste ja nicht anfangen, Andrew die ganzen illegalen Dinge auf die Nase zu binden, von denen er noch nichts wusste. Zumal er irgendwie befürchtete, dass Andrew sich doch dazu hinreißen lassen würde, mit all diesen Informationen herauszufinden, wo er wohnte. Irgendwann würde er es ihm zu einfach machen und das wollte er nicht. Zum Glück änderte das Gespräch sowieso die Richtung, weshalb er sich darum keine Gedanken mehr machen wollte.
      "Darling, du kannst nicht ernsthaft versuchen, mich bekehren zu wollen und mir dann im selben Atemzug erklären, dass du nicht frühstückst. Oder keine Cornflakes isst. Hast du überhaupt auch nur ansatzweise einen Funken Freude in deinem Leben?" Ezra zog kritisch eine Augenbraue in die Höhe. Zugegeben, jeder Versuch eine Bekehrung wäre eh erfolglos gewesen. Es war nicht so, als hätte Ezra nicht selbst oft genug darüber nachgedacht, das Dasein als Dieb an den Nagel zu hängen und irgendeiner ehrlichen Arbeit nachzugehen - es war schlichtweg unmöglich. Ein neues Leben würde ihn vor einen ganzen Berg an Herausforderungen stellen und Ezra wusste nicht mal ansatzweise, wo er anfangen sollte, all diese Probleme zu lösen. Diebstahl war für ihn immer schon die einfachste Lösung gewesen. Er war gut darin, es funktionierte und abgesehen von ein paar irritierend netten Helden stellte niemand infrage, ob sämtliche Ausweispapiere, die er besaß, echt waren.
      "Wie sieht es sonst in deinem Leben aus? Was ist mit Familie? Freunden? Oder haben deine ausgesprochen seltsamen Ansichten zu Cornflakes die alle vertrieben?", lenkte Ezra das Gespräch mit einem amüsierten Tonfall unauffällig weg von sich selbst, zurück zu seinem Gesprächspartner. Es war ein wenig seltsam, so mit ihm zu reden. Er kannte ihn seit Jahren, hatte das eine oder andere Gespräch mit ihm geführt, aber hatte im Grunde keine Ahnung von Andrews Leben. Vorher war es auch nie relevant gewesen. Andrew war in den letzten Jahren für ihn immer einfach nur ein überraschend sympathischer Held gewesen, der es nie ganz geschafft hatte ihn festzunehmen und mehr nicht. "Oder Haustiere? Irgendwie könnte ich mir dich gut mit Wellensittichen vorstellen, oder so. Nein, warte, die wären dir sicher zu laut. Aber ein Hund oder eine Katze würde bedeuten, dass du mehr Zeit zuhause verbringen müsstest. Schildkröten?"
    • Andrew

      "Meine Freuden sind Kaffee und Nachtschichten", erklärte er nüchtern, wobei ihm bewusst war, dass er Ezra damit nur mehr irritieren würde. Dass er einen für andere kaum nachvollziehbaren Lebensstil pflegte war nichts neues, er durfte sich ja auch auf der Arbeit immer an den Blicken seiner Kolleginnen erfreuen, wenn man ihn morgens auf dem Sofa im Büro erwischte, weil er es mal wieder nicht nachhause geschafft hatte.
      Er ließ Ezra seinen Wasserfall an Fragen zu Ende sprechen und überlegte vorsichtig, auf welche der Fragen er nun zuerst antworten sollte. Nachdem er mittlerweile eineinhalb Old Fashioned - die hier wirklich verdammt gut waren - intus hatte, ließ die Vorsicht dann aber doch zu wünschen übrig und er beschloss, dass es gar nicht so schlimm war, wenn es auf dieser Welt jemanden gab, der tatsächlich etwas über sein Leben wusste. "Familie, nein. Meine Eltern sind beide vor 13 Jahren in diesem… Zugunglück in Santiago de Compostela gestorben, falls du davon gehört hast. Haben gerade den Jakobsweg hinter sich gebracht und aus war's"
      Dass Andrew von diesem Ereignis erzählen konnte, als wäre er der herzloseste Mensch auf diesem Planeten, lag an einer langen Reise des Verarbeitens. Natürlich war es schwer für ihn. Aber lange nicht so schwer wie für den 17-Jährigen der beide Eltern verloren hatte bevor er die Schule abschließen konnte. "Ich lebe allein… aber ich hab ein, zwei nette Arbeitskollegen und eine Cousine zweiten Grades in Liverpool, die mich an Weihnachten aus Mitleid einlädt. Und weil ich verdammt guten Mayonnaise Salat mache. Ehrlich gesagt hab ich mir kaum Mühe gemacht, andere Verwandtschaft zu finden"
      Er nahm einen weiteren Schluck vom Whiskey. Ob er jetzt zu ehrlich geworden war?
      "Ich hab keine Haustiere", hing er noch dran.
      Ja, langsam klang das alles doch etwas zu traurig. Er biss sich auf die Zunge und sah zu Ezra um festzustellen, ob dieser wieder denselben Blick aufsetzte, als Andrew die Cornflakes Frage beantwortet hatte.
      "Wenn ich so drüber nachdenke, könnte ich mir ja mal eine Schildkröte zulegen. Sofern die nur… einmal wöchentlich Wasser braucht. Und kein Terrarium, bei den Preisen bin ich nämlich raus" Er schmunzelte leicht, aber die Situation konnte er kaum mit trockenen Scherzen retten. Irgendwie hatte er immer das Verlangen, zu beweisen, dass er weder depressiv noch sonderlich einsam war, wenn er jemandem von seinem Leben erzählte, was ihn generell schon einmal davon abhielt, darüber zu sprechen. Außerdem hatte er über die Jahre etliche Dates und andere Bekanntschaften, die es Dank seines Jobs eben nie länger als einen Monat durchgehalten hatten. Davon musste er Ezra aber nicht unbedingt erzählen… Wobei in ihm langsam die Frage aufkam, ob er denn ahnte, dass Andrew nichts von Frauen wollte, oder ob er einfach dachte, er sei eine Art freiwilliges Zölibat eingegangen.
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    • Ezra

      Er wusste nicht genau, mit was für einer Antwort er gerechnet hatte, aber diese war es nicht gewesen. Ezra stieß ein sanftes "Oh" aus, als Andrew von seinen Eltern erzählte. "Das tut mir aufrichtig leid." Irgendwie hätte er Andrew ein stabiles Familienleben gewünscht. Irgendein liebevolles Umfeld, das ihn auffangen würde. Kein Wunder, dass er so viel arbeitete, wenn er einfach niemanden hatte, der ihn zwischendurch mal stoppte. Vielleicht erklärte das auch irgendwie die Sache mit dem fehlenden Frühstück.
      "Also...wir können unsere Zusammenarbeit gerne auch ein wenig ausweiten. Ich könnte zum Beispiel zufällig in ein Tiergeschäft einbrechen und zufälligerweise ein Terrarium mitgehen lassen..." Ezra grinste Andrew entgegen, während er dem Barkeeper ein kleines Zeichen gab, ihre Getränke wieder aufzufüllen. "Wir haben einen Kater", fuhr er schließlich fort, um das Gespräch am Laufen zu halten. "Also, beziehungsweise, Adas Tochter hat einen Kater. Ist uns irgendwann mal zugelaufen. Wir haben- Oh, warte, ich glaube, dafür muss ich etwas weiter ausholen" Ezra räusperte sich kurz, während er überlegte, wie er die folgenden Informationen möglichst charmant rüber bringen konnte. Eine rationale Stimme in seinem Kopf riet ihm, einfach direkt den Mund zu halten. Gott sei Dank war die Stimme nicht so stark, wie der langsam steigende Alkoholpegel. Außerdem war Ezra verdammt gut darin, seine innere Stimme zu ignorieren. Er wartete kurz, während der Barkeeper ihnen die neuen Getränke hinstellte, bevor er wieder zu reden begann.
      "Adas Tochter ist ein riesiger Fan von dir. Meine Schuld, schätze ich, weil ich dich in meinen Nacherzählungen öfter gewinnen lasse, als du es tatsächlich tust, aber egal. Sie wollte wollte den Kater unbedingt nach dir benennen, Ada war nicht so sehr davon überzeugt, also haben wir uns in der Mitte getroffen und ihn Meowgan getauft." Traurigerweise hatte der Kater wahrscheinlich mehr Kontakte, als Andrew, aber Ezra hielt dies nicht für einen guten Zeitpunkt, um ihn das unter die Nase zu reiben. "Der Wortwitz kam von mir, Liz war begeistert, Ada nicht so, aber sie war eh überstimmt, also... höre ich mir seit Monaten Kritik an, aber das war es irgendwie wert." Auch, wenn kaum einer von ihnen den Namen überhaupt nutzte. Bei Ada und Ezra war er immer nur 'der Kater' gewesen und Liz schien Spitznamen vorzuziehen.
    • Andrew

      Andrew war erleichtert, als der Blonde das Gespräch in eine neue Richtung lenkte. Der Wink für die Getränke entging ihm nicht, aber er würde morgen bestimmt dankbar sein, wenn er sich nicht an alles ganz klar erinnern konnte. Dass Ezra ihn anscheinend des öfteren zuhause erwähnte ließ allerdings sofort wieder sein Gesicht erhellen. Ein Grinsen legte sich über seine Lippen.
      "Meowgan… Vielleicht ändere ich meinen Nachnamen, dann hat die Kleine ihren Willen. Der Name gefällt mir auch ganz gut", erwiderte er verspielt und lachte leicht, dann nahm er wieder einen großen Schluck von dem nachgefüllten Getränk. Langsam fiel es ihm doch schwer eine ernste Miene zu behalten und ihm wurde recht warm. Zeit, das Jackett auszuziehen. Er entledigte sich dem unbequemen Teil seiner Arbeitsgarnitur und dehnte sich kurz, die Luftigkeit des dünnen Hemdes genießend, legte das Sakko neben sich auf die Theke, da ohnehin kaum jemand da war und stützte wieder den Kopf in die Hand, Ezra den Blick zugewandt. Irgendein leises Stimmchen flüsterte in seinem Kopf, dass er zu locker wurde. Das Stimmchen wurde von Alkohol ertränkt.
      "Ich hätte nicht gedacht, dass du für irgendjemanden so weit gehen würdest, mich in den Geschichten gewinnen zu lassen", scherzte der Dunkelhaarige. "Wie sieht's denn bei dir aus, hast du 3 eigene Kinder im Ausland, für die du Unterhalt zahlen musst?" Er lachte. "Sorry, ich versuche irgendwie zu verstehen, wieso ausgerechnet du Verbrechen begehst"
      Er schwieg kurz und lächelte. Ein seltenes Lächeln, das einen ganz eigenen Gesichtsausdruck verlangte, der nur in bestimmten Situation zur Schau gestellt wurde. Kurz kam das Stimmchen zurück, aber es war zu leise. "Du bist doch ein netter Typ. Humor, siehst gut aus… du hättest es nicht schwer, irgendwo einen gut bezahlten Job zu kriegen" Andrew nippte an seinem Glas. "Wenn man nur nach der Oberfläche geht, natürlich… Ich weiß ja nicht, vielleicht bist du absolut dämlich wenn's um Computer geht. Aber mit ein bisschen Charme kann man sich überall durch schummeln" Er lächelte vielsagend, als hätte ein gewisser Charme vielleicht auch mal Andrews Arbeitsweise beeinflusst, aber das war nur der Alkohol, der sich durchsetzen wollte.
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    • Ezra

      Vielleicht war es doch ein Fehler gewesen, Andrew einzuladen mitzutrinken. Ezra schob die leichte Wärme in seinen Wangen großzügig auf den Alkohol und stellte sich der furchtbaren Realität, dass Andrew wahrscheinlich nicht so schnell aufhören würde, Fragen zu stellen. Eigentlich hätte ihm das von Anfang an klar sein müssen.
      "Niemand sucht es sich freiwillig aus, kriminell zu sein, Andrew", begann er sanft und für eine Sekunde überlegte er, ob er es einfach dabei belassen sollte. Aber hey - was wäre der Vorteil, es ihm nicht zu erzählen? Die Fragen würde eh nicht aufhören. Ezra wusste immerhin am besten, wie hartnäckig Andrew sein konnte. "Ich bin praktisch in die Kriminalität reingeboren worden. Meine Eltern sind Teil einer Gang und haben nie viel davon gehalten, ihren Kindern einen besseren Lebensweg zu ermöglichen." Er biss sich kurz auf seine Unterlippe, bevor er sein Glas leerte. "Das könnte dir jetzt den Abend ruinieren, falls du es nicht sowieso schon vermutet hast, aber - Ezra Fitzsimmons existiert nicht. Ich hab mir den Namen ausgedacht, als ich mit 15 abgehauen bin. Es gibt zu dem Namen nichts anderes, als einen Personalausweis und die Akte in eurem Dezernat. Wenn ich irgendwo arbeiten wollen würde, müsste ich einen ganzen Stapel an Dokumenten fälschen und darauf hoffen, dass es niemandem auffällt, was vollkommen unmöglich ist, weil Fälschungen absolut nicht mein Fachgebiet sind. Und wahrscheinlich müsste ich wieder den Namen wechseln, was unglaublich schade wäre, weil ich wirklich mag, wie du ihn aussprichst."
      Es war seltsam, das alles zu erzählen. Er konnte sich nicht daran erinnern, überhaupt schon mal mit jemanden darüber gesprochen zu haben. Sicher, Ada wusste, dass er zwischendurch Namen getauscht hatte, aber er war sich ziemlich sicher, dass sie nie über seine berufliche Laufbahn geredet hatten. Zumindest nicht so direkt. Er konnte nur hoffen, dass ihn dieses Gespräch nicht in seinen Träumen heimsuchen würde.
      "Also tu ich einfach mein Bestes, Liz davon zu überzeugen, dass Kriminalität uncool ist und sie lieber Tierärztin werden soll, oder so." Mit mäßigem Erfolg. Liz war jung, ihr Traumberuf wechselte regelmäßig, aber immerhin hatte Ezra Ewigkeiten nicht mehr von ihr gehört, dass sie wie er werden wollte, was ein kleiner Sieg war.
      "Außerdem hätte ich ja keinen Vorwand mehr, dich zu treffen, wenn ich plötzlich die Laufbahn wechseln würde", lenkte Ezra das Gespräch schließlich mit einem Zwinkern wieder in eine deutlich leichtere Richtung. "Ich will ja nicht, dass du nur wegen mir deinen kompletten Mittwochabend neu strukturieren musst."
    • Andrew

      Andrew kippte beinahe vom Stuhl. Diesmal lag es sogar bestimmt an Ezra. Oder… wer auch immer da vor ihm saß. Er brauchte einen Moment um diese Erklärung zu verdauen. Gerade fühlte er sich mehr als dumm. Dass er darüber nie nachgedacht hatte? Es gab genügend Gangs in London und das schon immer; da war es ja nicht unwahrscheinlich, dass der ein oder andere diese bereits als Familie sehen musste. Das beantwortete jedenfalls Andrews „Wieso?“ und ließ ihn auf einmal Mitleid mit dem Dieb haben. Eine schlechte Angewohnheit für einen Helden und er hörte bereits Serenas Stimme im Kopf, die ihn zurechtweisen wollte. Doch Ezra hatte offensichtlich nicht zu knapp darüber nachgedacht, einfach ein normales Leben zu führen. Dass daran garnichts einfach war, wusste auch Andrew. Man würde nie aufhören ihn zu verfolgen, außer er hörte auf zu existieren und schuf sich einen neuen Charakter. Und selbst wenn Andrew ihm helfen wollte… er würde am Ende doch einem Kriminellen mehr oder weniger zur Flucht verhelfen.
      „Tut mir leid“, murmelte er betreten, vermutlich im selben Bewusstsein wie Ezra, dass dieser in seinem Schicksal gefangen war. Nun verstand Andrew auch, wieso er ihn vor Adas Tochter besser darstellte, als er wohl war. Er wollte, dass sie ihn als Vorbild sah und nicht Ezra.
      Den inneren Zwang, Gespräche sofort wieder aufzulockern, hatten sie wohl beide. Andrew lächelte leicht. Er wollte antworten, er könne da schon etwas arrangieren, damit sie sich nicht nie wieder sahen, doch es war sinnlos über etwas zu fantasieren das Ezra vielleicht runterziehen würde, bei der Realisation, dass es unmöglich war.
      „Ich bin absolut fanatisch auf meinen Wochenplan. Wehe du wirst auf einmal Buchhalter. Im schlimmsten Fall verdonnern sie mich Mittwochs zu Papierkram“, erwiderte er. Dennoch… er wollte das Thema nicht so stehen lassen. „Hey, vielleicht wird deine Akte ja einfach geschreddert, nachdem wir die Welt gerettet haben. Dann kannst du Liz immernoch erzählen, es war mein Verdienst“, meinte er schmunzelnd. Ein weiteres Glas war geleert und Andrew schliefen langsam die Beine ein. Er seufzte und setzte sich ein wenig auf. „Rauchst du?“, fragte er den Blonden und zog ein Päckchen Zigaretten aus dem Sakko auf dem Tisch. „Ich muss mich bewegen“, murmelte er und überlegte kurz, wie lange sie schon hier saßen. Beim Aufstehen schimpfte Andrew innerlich über den hohen Barhocker, der es ihm sehr schwer machte, elegant auf den Beinen zu landen. Alle Bewegungen ähnelten gerade mehr denen eines Pinguins. Er zog sich unbeholfen wieder das Jackett über und reichte Ezra dann eine Hand, als wolle er einer Prinzessin vom Pferd helfen.
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    • Ezra

      Konnte Andrew ihm nicht langsam zumindest einen kleinen Gefallen tun und weniger perfekt sein? Es war seltsam, aber Ezra hätte sich in diesem Moment eine Standpauke eher gewünscht, als aufrichtiges Mitleid. Dann hätte er wenigstens mit einem flachen Spruch reagieren und die Sache abhaken können. Jetzt hatte er eher den Impuls, Andrew in den Arm zu nehmen. Am Ende des Tages würde er noch zugeben müssen, dass er den Helden doch lieber mochte, als er dachte. Aber dieses Problem würde er wahrscheinlich auf morgen verschieben. Wie er es ständig mit jedem seiner Probleme tat. Bisher hatte es immerhin einigermaßen funktioniert, also warum damit aufhören?
      "Ach, zuerst frühstückt er nicht und jetzt raucht er auch noch. Ich bekomme ein vollkommen neues Bild von dir, Andy", seufzte Ezra ein wenig dramatischer, als unbedingt nötig, bevor er die abschließende Frage mit einem kleinen "Nichtraucher" beantwortete. "Aber ich glaube, Bewegung und ein bisschen frische Luft wäre wirklich nicht schlecht." Mit einem kleinen Grinsen auf den Lippen nahm er Andrews Hand an und ließ sich aufhelfen, nur um selbst kurz zu stocken als er realisierte, wie unsicher er auf den Beinen war. Er hatte nicht mal gemerkt, wie viel er getrunken hatte - in der ganzen Gefühlsduselei musste das irgendwie untergegangen sein. Bewegung wäre wirklich nicht schlecht.
      "Weißt du, was ich mich die ganze Zeit schon frage?", setzte er an, während er sich überschwänglich bei Andrew unterhakte und ihn mit sich zur Tür zog. Im Vergleich zu dem Pub war die Luft draußen überraschend kalt - aber wenigstens regnete es nicht. Die Straßen waren leer, außer ihnen stand lediglich eine andere Person vor einem anderen Pub ein paar Häuser weiter, offenbar ebenfalls rauchend. Ezra ließ Andrew los und schob seine Hände wieder in seine Jackentaschen, bevor er das Gespräch wieder aufgriff.
      "Warum tust du dir die Mittwoche überhaupt noch an? Es kann nicht nur Papierkram auf dich warten. Du bist talentiert. Du würdest schon irgendein anderes Vergehen finden, mit dem du dich beschäftigen könntest. Warum hast du nicht längst schon einen Kollegen losgeschickt, um mich zu fangen? Nicht, dass ich mich beschweren würde - ich finde es nur erstaunlich, dass ich dir noch nicht auf die Nerven gehe." Zugegeben, ohne Andrew wäre der Reiz, irgendwo einzusteigen wahrscheinlich nur halb so stark.
    • Andrew

      Vor dem Pub lehnte Andrew sich gegen die Hausfassade. Nicht, um cool auszusehen, sondern weil er sonst tatsächlich umfallen könnte. Er zündete die Zigarette an. Es war bestimmt Einbildung, doch er hatte das Gefühl, das Nikotin ließ ihn ein wenig ausnüchtern. Aber vermutlich war es die frische Luft. Als Raucher musste man sich heutzutage die Gründe mit viel Fantasie zurecht legen, wenn man sich rechtfertigen wollte. Im Endeffekt hatte er wohl auch nur damit begonnen, weil ihm langweilig gewesen war und… vielleicht ein kleines bisschen deshalb, weil die Marke dieselbe war, die sein Vater geraucht hatte.
      "Der Grund ist", begann er und wandte sich mit ernstem Blick zu Ezra, nachdem er einmal an der Zigarette gezogen hatte, "dass mir alle anderen zu langweilig sind"
      Ja, der Blonde war der einzige, der ihn hier noch auf Trab hielt. Aber so viel Tumult wie heute bei der ganzen Banküberfall Geschichte war ihm dann doch irgendwie zu viel. Früher hätte er sich vielleicht eben so eine Herausforderung gewünscht, doch mittlerweile hatte er sich in seiner Routine gut eingespielt. Ezra war die einzige Herausforderung gewesen, die er gebraucht hatte.
      Andrew schwieg, denn er ahnte selbst seit langem, dass sein Workaholic-Dasein nicht von ungefähr kam. Es spielte die Sehnsucht nach Ablenkung mit hinein, aber auch der Wunsch zu verstehen, wieso sein Vater sich so sehr gewünscht hatte, dass er diesen Beruf ebenso wie er ausüben würde. Er warf sich seit Beginn der Ausbildung geradezu in die Arbeit hinein und jede Sekunde die er nicht damit verbrachte, war eine Qual. Außer… jetzt gerade. Er konnte ewig hier stehen.
      "Meine Kollegen würden sich das nicht antun. Ich verzeih dir den Sand in den Augen von gestern Abend auch nicht, Ezra. Aber wenigstens ist es origineller, als das ewige Nachlaufen, das bei anderen Kriminellen meistens schon den Job tut, weil ihnen irgendwie nie etwas besseres einfällt. Ich war in meiner Schulzeit im Leichtathletik Verein, die müssen sich schon etwas anderes überlegen, um mir zu entkommen" Er sog erneut tief den vertrauten Geschmack der Marlboro Gold ein und blies den Rauch in die entgegen gesetzte Richtung von seinem Gegenüber. Dann sah er ihn wieder nachdenklich an. "Hast du dir in den letzten 9 Jahren etwa Sorgen gemacht, dass ich dich nicht mehr fangen will?" Andrew schmunzelte. Da hätten sie ja etwas gemeinsam. Der Gedanke, dass es immer so weiter gehen würde hatte ihm einen gewissen Komfort gegeben. Dass jetzt alles anders sein würde, hatte ihn nicht ohne Grund so aufgeregt. Wobei er mit der Zusammenarbeit nach jetzigem Stand gut auskommen würde…
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    • Ezra

      Ezra hob kurz abwehrend beide Hände. "Wenn es dich tröstet - bei Leuten, die mir weniger sympathisch sind, spiele ich noch unfairer." Obwohl seine Hemmschwelle bei Andrew vielleicht auch ein bisschen niedriger lag, als bei anderen Leuten. Nicht, weil er ihn nicht mochte, sondern einfach, weil er Andrews Grenzen kannte und genau wusste, wie weit er gehen konnte. Obwohl er auch zugeben musste, dass es vielleicht ein kleines bisschen befriedigend war, Andrew ab und an über diese Grenzen hinaus zu bringen. Nie so, dass er ernsthaft verletzt werden würde, aber hey, am Ende des Tages musste Ezra ja irgendwie dafür sorgen, dass er wieder nach Hause kommen würde, vorzugsweise mit seiner Beute.
      "Ganz ehrlich? Am Anfang gab es eine kurze Phase, in der ich dich ganz nett fand, dann bist du mir unheimlich auf die Nerven gegangen. Ich hatte eh so viel im Kopf, dass ich dich echt nicht brauchen konnte und dann hat irgendwann der Gewöhnungseffekt eingesetzt. Du bist definitiv herausfordernder, als das meiste Wachpersonal, und auch wenn du es nicht hören willst, ich hab durch dich auch irgendwie eine Menge dazugelernt. Also...ja. Zwischendurch hatte ich tatsächlich irgendwie Sorge, dass du ausgetauscht werden würdest. Ich hab kurzzeitig sogar mal mit dem Gedanken gespielt, mich fangen zu lassen, damit du ein Erfolgserlebnis hast und nicht aufgibst." Das war weit vor der Realisation gewesen, dass 'aufgeben' nicht Teil von Andrews Wortschatz war und seit dem war es dem Helden ab und an immerhin tatsächlich aus eigener Kraft gelungen, Ezra auszuspielen. Das waren meistens die Momente gewesen, bei denen er dazulernen konnte, evaluieren, was schiefgelaufen war und wie man die Situation das nächste mal retten konnte. Andrew hatte Ezra - höchstwahrscheinlich ungewollt - dermaßen kreativ gefördert, dass andere Einbrüche mittlerweile beinahe langweilig waren.
      "Also..." Ezra blinzelte kurz irritiert. "Okay, Ich...weiß ehrlich gesagt nicht mehr, wohin ich mit meiner Geschichte wollte, aber...sorg einfach dafür, dass du deinen Job noch eine Weile behältst." Was wahrscheinlich so ziemlich das schrägste war, was man seinem ewigen Gegenspieler sagen konnte, oder? Obwohl die Bezeichnung ihrer Beziehung wahrscheinlich nicht mehr gerecht wurde. Immerhin arbeiteten sie gerade zusammen, was angenehmer war, als er gedacht hätte. Vielleicht lag es tatsächlich an der jahrelangen Bekanntschaft, aber so bizarr sie auch war, die Unterhaltung mit Andrew fühlte sich leicht an. "Also. Raucher. Gibt es sonst noch irgendetwas überraschendes, was ich über dich wissen sollte?"
    • Andrew

      Nervig also? Das sagte der richtige. "Schön, dass wir uns gegenseitig fördern", murmelte er belustigt. Sie waren doch wie füreinander gemacht, im professionellen Sinne. Andrew musterte den Blonden. Er wäre wohl fast eifersüchtig, wenn ihm ein anderer Held Woche für Woche auf den Fersen war.
      "Ich bin froh, dass du dich nicht fangen hast lassen. Ich gewinne lieber auf ehrliche Art", meinte er und zuckte mit den Schultern. "Ich sag's dir wie es ist. Wenn dieser Banküberfall nicht dazwischen gekommen wäre und ich sowieso an der Schwelle stehe gefeuert zu werden, dann hätte es von mir aus auch ewig so weiter gehen können. Dass du keine Steine mitgehen lässt hat dich immer von anderen abgehoben und… weniger problematisch gemacht. Und irgendwie zu einem Mysterium. Bei deinen Skills könntest du da locker mitmischen" Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: "Manche im Dezernat haben dich bereits aufgeben, auch wenn sie es nicht zugeben dürfen. Aber ich laufe dir nicht nur nach, weil es meine Aufgabe ist, sondern weil ich wissen will, was du als Nächstes tust"
      Das Interesse an Ezras Person verfolgte Andrew, seit er sich zum ersten Mal mit dessen Akte vertraut gemacht hatte. Woran es damals lag, dass er sich sogar als unerfahrener Anfänger am liebsten seiner Fälle angenommen hatte, wusste er nicht, er konnte es im Nachhinein nur ahnen. Heute war es die Gewohnheit daran, dass Mittwoch Abend das Highlight seiner Woche war, so traurig es klang, weil er immer ein bisschen dazulernte und die Verfolgungen nie langweilig wurden. In gewisser Weise war es vielleicht Ezra zu danken, dass der Held seit Tag Eins so an seinen Job gebunden war.
      Er schmiss den Zigarettenstummel auf den nasskalten Asphalt, trat drauf und lehnte sich dann leicht zu Ezra. "Und ich werde mich bemühen, den Job zu behalten, damit ich dir nach der ganzen Sache noch ein paar Mal in den Arsch treten kann", sagte er und lachte leise. Als Ezra nach anderen überraschenden Informationen fragte, die Andrew mit ihm teilen könnte, schoss ihm etwas ganz Bestimmtes in den Kopf und er grinste und sagte: "Nein. Nichts. Bei dir?"
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    • Ezra

      Ein kleines Lächeln erschien auf Ezras Lippen. "Ja. Von mir aus hätten unsere Mittwoche auch endlos weitergehen können." Sie waren auch einfach gewesen. Er hatte einfach nur ein zufälliges Haus auswählen und warten müssen, bis Andrew auftauchte, mehr nicht. Danach hatte der interessante Teil des Abends angefangen. Die Beute war nie besonders toll gewesen, aber... was man nicht alles tat, um zu einem kleinen Mysterium zu werden, mhm? Irgendwie war es nett zu wissen, dass die - natürlich rein professionelle - Bewunderung auf beiden Seiten vorhanden war. Vielleich hätten sie dieses Gespräch viel früher führen sollen. "Naja, wenn man schon als Kind Steine stiehlt, gibt es nichts Interessanteres mehr, das man erreichen könnte, schätze ich. Langweiligere Einbrüche waren da irgendwie die einzige Alternative", log er, ohne mit der Wimper zu zucken, nur um übergangslos mit dem nächsten Thema fortzufahren.
      "Oh. Es gibt noch einiges, was du über mich wissen solltest, aber der Abend ist gerade wirklich schön und ich möchte ihn ungerne damit beenden, dass du mir doch noch den Hals umdrehst, also... muss dir der Fakt reichen, dass ich mir meinen Namen als Teenager selbst ausgesucht habe. Sorry." Er warf Andrew ein entschuldigendes Lächeln zu. Gut, es gab auch weniger schlimme FunFacts über sein Leben, aber keiner davon wäre für Andrew relevant, soweit Ezra abschätzen konnte. "Außerdem hast du mir gerade noch gesagt, dass ich ein Mysterium bin. Den Titel gebe ich doch nicht so einfach auf. Sonst hast du ja irgendwann keinen Grund mehr, nochmal einen mit mir Trinken zu gehen." Ezra glaubte zumindest kaum, dass sie hiernach einfach wieder in ihre Routine verfallen könnten. Wie sollte er jemandem Sand in die Augen streuen, mit dem er sich plötzlich seltsam verbunden fühlte? Er konnte es sich nicht mal ansatzweise vorstellen, wieder zu seinen Einbrüchen zurück zu kehren, nachdem sie 'die Welt gerettet' hatten. Vorausgesetzt, sie würden überhaupt so weit kommen und nicht morgen in einer Apokalypse aufwachen. Die Zeit spielte gegen sie. Was vielleicht gar nicht so schlecht wäre, zumindest sorgte es dafür, dass Ezra sich mehr auf den nächsten Schritt konzentrierte und nicht zu sehr über das 'danach' nachdachte.
      Der Blonde seufzte kurz und deutete dann wieder zur Tür des Pubs. "Letzte Runde? Ich lade dich ein." Wahrscheinlich wäre es schlauer, den Abend jetzt zu beenden, aber irgendetwas in ihn sträubte sich dagegen, Andrew schon gehen zu lassen.
    • Andrew

      "Ah, ich bin sicher, ich kriege noch ein paar Dinge aus dir heraus", meinte Andrew selbstsicher und nickte dann dankbar auf Ezras Einladung zu einem weiteren Drink. "Sonst werde ich noch zum Alkoholiker, aus reiner Neugierde. Zu viele Abende dürfen daraus nicht werden" Da er es ohnehin nicht gewohnt war, zur trinken, war es verwunderlich, dass er noch eine normale Konversation führen konnte. Bei seinen anderen Dates verzichtete er normalerweise auf alkoholische Getränke, um nicht unabsichtlich was Dummes anzustellen, denn so viel Vertrauen hatte er in sich selbst auch nicht. Moment, andere Dates?
      Als sie sich wieder setzten und Andrew sich statt eines hundertsten Old Fashioned doch noch für einen Gin Tonic entschied, kam ihm auch langsam in den Sinn, wieso das Ganze für ihn unterbewusst denselben Status wie ein Date bekam. Auch wenn da nichts Romantisches zwischen ihnen war, hatte es doch immer eine gewisse Spannung gegeben. Bei dieser Arbeit war das natürlich offensichtlich. So eine Verfolgungsjagd brachte den Puls hoch und man musste sein Gegenüber ganz genau beobachten, um auf alles vorbereitet zu sein. Nicht umsonst gab es bewiesenermaßen Ähnlichkeiten bei den Gefühlen von Angst oder Aufregung… und Anziehung. Aber offensichtlich verlor die betrunkene Version von Andrew die Fähigkeiten zwischen verschiedenen Arten von Spannungen zu entscheiden. Ein Glas Wasser wäre jetzt vielleicht vernünftiger, aber er wollte die Stimmung wirklich nicht ruinieren. Trotzdem kroch da nun ein kleiner, parasitärer Gedanke in seinem Kopf herum. Was, wenn er jetzt einen merkwürdigen Kink entwickelte? Oder schlimmer… wenn er Ezra irgendwie mit anderen Augen sehen würde, nachdem er morgen verkatert aufwachte?
      Er räusperte sich und trank einen Schluck, bevor er den Blonden wieder ansehen konnte. Er musste auf andere Gedanken kommen. Aber das war schwer, wenn die Gedanken einmal abgerutscht waren. Eine für ihn persönlich eher suboptimale Lösung fiel ihm dann aber doch ein. "Na schön, weil ich dich kenne, werde ich dir jetzt ein Foto zeigen", sagte er und kramte sein Handy aus der Jackentasche. Er öffnete seine unmenschlich karge Fotogalerie und klickte auf ein uraltes Bild, eines der wenigen, das er hatte. Darauf sah man eine Gruppe an Jugendlichen, die sich gerade als Klasse zusammengefunden hatten und zusammen ihre Ausbildung antraten; unter anderem einen 18-Jährigen mit zusammengebundenen Haaren, die ganz offensichtlich das Resultat eines Mangels an Friseurbesuchen waren, einem Zahnspangen-Lächeln und schwarzer Kunststoffrahmen-Brille. Jetzt, wo Andrew das Bild selbst sah, machte es mehr Sinn, dass Richy ihn immer noch deshalb verarschte. Schweren Herzens neigte er das Handy zu Ezra.
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