The Hero and the Thief [Nao & Stiftchen]

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      Ezra

      Okay, langsam wurde es ein bisschen klarer, was Thomas' eigentliches Problem bei der ganzen Sache war. Offensichtlich wusste er selbst nicht so richtig, was er wollte - oder er wusste es und wollte es sich selbst einfach nicht eingestehen. Alles in allem war Ezra nur wirklich froh, dass Andrew nicht nochmal angemerkt hatte, dass er neun Jahre gebraucht hatte um sich sicher zu sein, dass Andrew schwul war. So viel zu dem Thema 'sollte man sowas nicht merken'. Manchmal steckte man einfach zu sehr in seinem eigenen Kopf und der eigenen Panik fest. Sehr tief im Kopf, offenbar, gemessen daran, dass ihre Beziehung selbst für Thomas nur eine Frage der Zeit gewesen war.
      Wenigstens widersprach Andrew Thomas' Auffassung von der Dauer von Beziehungen, was irgendwie seltsam beruhigend war. Ezra war selbst auf jeden Fall nicht gewillt, Andrew so schnell gehen zu lassen. Da würde er wahrscheinlich eher ein paar seiner engsten Freundschaften aufs Spiel setzen. Am Ende war Andrew immerhin die Person, bei der er sich am wohlsten fühlte. Für andere würde er sich wahrscheinlich nicht mal überlegen, ob er diesen blöden Job annehmen würde. Offenbar schien Thomas über seinen Mitbewohner ähnlich zu denken.
      Ezra stieß ein kleines, enthusiastisches "Wuhu!" aus, als Thomas darum bat, doch wieder umzudrehen. Das klang weitaus positiver, als der verzweifelte Monolog vom Anfang! "Überstürz es nur nicht. Vielleicht solltest du nicht unbedingt mit dem Fakt anfangen, dass das eventuell ein bisexuelles Erwachen war." Er grinste Thomas kurz entgegen. Gut, er schien sich bei der Sache selbst nicht so sicher zu sein, aber wie hetero konnte man wirklich sein, wenn das einzige Argument gegen eine Beziehung 'Freundschaften halten länger' war und nicht 'oh, ich stehe nicht auf Männer', oder 'Ich könnte mir nie vorstellen, mit ihm zusammen zu sein'. Er gab Thomas eine Woche, bevor er wieder bei Andrew anrufen würde, um zu fragen, woran genau man merkte, dass man auf Männer stand.
      "Ihr packt das sicher schon. Eine gute Freundschaft wird sicher nicht an so einem - ähm - Ausrutscher scheitern." Ezra konnte nur hoffen, dass Thomas' Mitbewohner eine ähnliche Denkweise hatte, oder zumindest gerade ähnlich guten Zuspruch bekam. Und hey - falls alle Stricke reißen sollten, konnte er immer noch Andrew überzeugen, seine Wohnung an Thomas abzugeben und stattdessen bei ihm einzuziehen. Als Notlösung halt. Dann musste er sich wenigstens keine Gedanken darum machen, ob ihre Beziehung wieder zu schnell lief.
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      Thomas

      Ezra hatte recht… ihre Freundschaft würde sowas schon überleben. Thomas konnte zwar gerade an keine Referenz denken, bei wem sowas geklappt hatte, aber sie bekamen das schon hin und konnten wieder in den normalen Alltag zurückkehren. Zusammen zocken, Essen bestellen und sich über ihre Kollegen beschweren. Es sollte bloß nicht mehr so komisch zwischen ihnen sein. Das war alles, was er wollte. Er atmete tief durch, als er aus dem Auto stieg.
      Okay, das… würde schon halb so schlimm werden. Andrew und Ezra hatten kurzzeitig sein Selbstbewusstsein gepusht, aber das ließ mit jeder Stiege, die er in Steves Wohnhaus betrat, wieder nach. Als er oben ankam, war er aus diversen Gründen leicht verschwitzt, ein wenig zittrig und hatte Probleme, die Tür aufzuschließen. Er schlich eher in die Wohnung und versuchte sich möglichst leise die Jacke auszuziehen, eine eher sinnbefreite Aktion. Als würde es irgendetwas daran ändern, dass er dieses Gespräch führen musste.
      "Steve?", fragte er in den Gang hinein, um zu erörtern, wo sein Freund war. Irgendwie fühlte es sich falsch an, in sein Schlafzimmer zu gehen, also kam er da besser raus, falls er drin war. Nachdem er nicht im Wohnzimmer oder in der Küche war, blieb jedenfalls wenig übrig. Thomas nahm sich ein Glas Wasser in der Küche und lehnte sich an die Theke, während er auf Steve wartete.

      Andrew

      "Das war eine Erfahrung", murmelte Andrew, als er Thomas aussteigen hatte lassen und drehte den Wagen um, um zurück zu Ezra nachhause zu fahren. "Also… um zurück zum Thema zu kommen", begann er. "Du stehst auf mich?" Er grinste Ezra schief an. Seine Augen leuchteten dabei vielleicht etwas zu sehr, um den Satz wirklich als Witz ankommen zu lassen. Ach, er würde nie genug davon kriegen, das zu hören.
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      Steve

      Steves Gedanken hatten sich die letzte Stunde einfach nur im Kreis gedreht, von einem Horror-Szenario zum nächsten. Er wollte Thomas auf keinen Fall als Freund verlieren, aber was, wenn das ihr Ende gewesen war? Was, wenn Thomas ausziehen wollen würde? Sollte er schon mal seine Sachen packen? Er entschied sich dagegen. Zum einen, weil er dazu aufstehen müsste, zum anderen, weil das alles irgendwie realer machen würde. Außerdem bestand immer noch die Chance, dass sie ihre Freundschaft irgendwie retten konnten. Aber konnte er noch normal mit Thomas umgehen, jetzt, wo er wusste, wie wundervoll es sich anfühlte, ihn zu küssen? Egal, wie er es drehte und wendete, es war eine absolute Lose-Lose Situation.
      Irgendwann war er selbst zu erschöpft, um zu weinen. Er lag einfach auf seinem Bett, starrte die Decke an und hoffte, dass das alles nur ein böser Traum war. Dass er gleich alleine in seinem Bett aufwachen und hören würde, wie Thomas im Bad war, oder so. Es wäre alles einfach nur ein sehr verwirrender Traum, den er nie in seinem Leben mit irgendjemandem teilen würde. Sie würden einfach so weitermachen, wie bisher und Steve würde sich bis ans Ende seines Lebens fragen, ob Thomas' Stöhnen wirklich so heiß klang.
      Leider wachte er nicht auf. Irgendwann rollte er sich zur Seite und griff nach seinem Handy. Mit einem kleinen Seufzen öffnete er seine Notizen und begann zu tippen, zu löschen, erneut zu tippen, wieder zu löschen. Er war noch nie sonderlich gut darin gewesen, Reden zu halten, oder seine Gefühle wirklich per Text rüber zu bringen. Er wollte Thomas aber trotzdem nicht einfach so gegen lassen. Steve wollte sich wenigstens entschuldigen, oder darauf verweisen, dass das nicht geplant war, oder...irgendwas. Er wollte ihm irgendwas schreiben, was Thomas die Gelegenheit geben würde, zu antworten, oder ihn zu ignorieren, ohne sich schlecht vor zu kommen.
      Er hatte ganze zwei Sätze geschrieben, als er hörte, wie Thomas seinen Namen rief. Mist. Steve warf sein Handy zur Seite und rappelte sich auf. Er hatte wahrscheinlich nur diese eine Chance, nicht? Also musste er irgendwie das Beste daraus machen. Kein Druck.
      "Hey", grüßte er, als er die Küche betrat. Er achtete darauf, genügend Abstand zwischen ihnen zu lassen, was ein seltsames Gefühl war. Er hatte vorher nie ein Problem mit Nähe gehabt.
      Thomas sah furchtbar aus, aber Steve selbst musste wahrscheinlich ähnlich verheult aussehen. "Das was gestern passiert ist tut mir leid", setzte er an, selbst ein wenig unsicher, was er überhaupt sagen wollte. "Ich glaube, ich fasse für den Rest meines Lebens keinen Alkohol mehr an. Das war wirklich nicht geplant. Du bist mein bester Freund und ich will dich nicht verlieren. Ich kann verstehen, wenn du ausziehen möchtest, aber- bitte block mich nicht, oder so", sprudelte es aus ihm heraus, ohne, dass er sich selbst noch irgendwie stoppen konnte. Er konnte wirklich nur hoffen, dass Thomas nicht hier war, um seine Sachen einzusammeln.


      Ezra

      Wie heiß musste Thomas' Mitbewohner sein, dass er es geschafft hatte, den armen Jungen in nur einer einzigen Nacht dermaßen durcheinander zu bringen? Wohnte er mit einem Model zusammen?
      Ezra sah Thomas kurz hinterher, als er im Wohnhaus verschwand und wünschte ihm im Stillen viel Glück. Irgendwie würde sich das ganze schon richten. Anders, als sein eigenes kleines Problem. Ezra seufzte kurz, als Andrew zu sprechen begann, vollkommen davon überzeugt, dass er den Vertrag erwähnen würde, bevor die eigentliche Frage ihn ungewollt zum Lachen brachte.
      "Das ist sehr milde ausgedrückt", merkte er an, während er grinsend eine Hand auf Andrews Oberschenkel legte. "Ich hab noch nie eine Person so sehr geliebt, wie dich." Wenn er nicht befürchten würde, Andrew zu sehr vom Straßenverkehr abzulenken, hätte er ihn jetzt geküsst. "Außerdem wette ich ein Abendessen darauf, dass Thomas keine zwei Wochen braucht, bevor er dich anruft, um dir zu erzählen, dass er jetzt seinen Mitbewohner dated."
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      Thomas

      Steves Anblick erinnerte Thomas daran, dass er selbst aussehen musste, als wäre er gerade vom Tod auferstanden. Zumindest war er damit jetzt nicht allein. Und Steve schien das alles genau so sehr zu bereuen, wie er. Das war doch schonmal gut. Sie wollten beide, dass ihre Freundschaft überlebte.
      "Gott, ich würde dich nie einfach blockieren", murmelte er und fuhr sich durch die Haare, nachdem er sich Steves Entschuldigung angehört hatte. Die ihn irgendwie überraschte. Er war bestimmt nicht alleine an der Sache schuld. "Es… muss dir auch nicht leid tun, ich meine… woran ich mich noch erinnere, war mindestens genauso sehr mein Verdienst" Thomas wusste nicht, ob er darüber lachen sollte, sein minimales Schmunzeln starb also ziemlich schnell wieder ab. Zu früh. Definitiv zu früh. Aber damit hatte er wenigstens ganz gut eingeleitet, worauf er hinaus wollte.
      "Äh… nachdem ich… mich echt kaum an irgendwas erinnern kann… können wir das alles einfach vergessen. Oder?" Er sah Steve etwas unsicher an. "Ich will nicht ausziehen oder dass wir keinen Kontakt mehr haben, das wär irgendwie… albern, wenn du mich fragst. Wir waren halt betrunken und ähm… irgendwann lachen wir… vielleicht darüber" Das Lachen kam Thomas momentan noch nicht über die Lippen, aber er versuchte einfach mal zu wiederholen, was er eben fünf Mal im Auto gehört hatte. Bestimmt lachten sie darüber irgendwann. Ganz bestimmt. Nur noch nicht jetzt. Jetzt musste er erstmal verarbeiten, dass er Dinge gesehen hatte, die er nicht hätte sehen sollen. Und dass er diese Dinge ab jetzt stur ignorieren musste, um ein normales Verhältnis zwischen ihnen zurückzubringen.
      "Wie wär's… mit nem Mittagessen", murmelte er dann als Vorschlag. Hauptsache sie kamen auf andere Gedanken.

      Andrew

      Ein selbstfahrendes Auto wäre gerade ein Traum. Andrew brauchte eine Menge Selbstbeherrschung, um nicht links ranzufahren und über Ezra herzufallen, aber sie hatten ja noch ein ganzes Wochenende und dann… vermutlich auch noch eine ganze Woche und einen ganzen Monat, wenn er Andrew erfolgreich davon abhielt, diesen Job anzunehmen und er sich etwas anderes suchen musste.
      "Oh, die Wette schließ ich nicht ab. Ich bin deiner Meinung. Thomas ist wahnsinnig leicht zu knacken, egal worum es geht. Was glaubst du, wie er drei Jahre mit Leona ausgehalten hat? Ich hoffe nur, dass der Typ weniger labil ist. Und bestenfalls nirgends arbeitet, wo ich öfters hingehe. Wenn er Barista ist, müssen wir umziehen" Andrew kam nicht sofort drauf, was an seinem letzten Satz nicht gestimmt hatte. Aber nach ein paar Sekunden fiel ihm endlich auf, dass er garnicht mit Ezra zusammenlebte, er hatte sich bloß wie ein Parasit dort eingenistet, der seltsamerweise auch willkommen war. Irgendwie hatte er auch garkein Verlangen mehr, in seine eigene Wohnung zurückzukehren. Auch wenn er nicht der größte Fan davon war, wie weit außerhalb Ezra wohnte. Ob er das Haus für den Rest seines Lebens bewohnen wollte? Oder war er offen für andere Optionen? Okay, es war definitiv noch nicht der Zeitpunkt gekommen, um ihn das zu fragen. Aber… billiger wäre es schon, zusammen zu wohnen… Wofür zahlte Andrew momentan eigentlich seine Miete? Er hatte seine Wohnung immer unglaublich geliebt, aber sie war unmenschlich teuer, klein und unpraktisch, wenn er nicht weiterhin quasi nebenan arbeitete.
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      Steve

      Vielleicht hatte er sich doch zu sehr in seine Panik hineingesteigert. Steve brauchte eine Sekunde um zu verstehen, dass Thomas offensichtlich nicht ausziehen wollte und sich auch an ihrer Freundschaft nichts ändern würde. Was ihn unglaublich erleichterte. Wenn er nicht weiterhin darauf achten würde, Abstand zu halten, hätte er Thomas jetzt am liebsten umarmt. Aber es würde wahrscheinlich noch eine ganze Weile dauern, bis er sich das wieder traute. Generell würde es eine ganze Weile dauern, bis er sich trauen würde, wieder irgendwas zu tun oder zu fragen, was ihn an gestern Nacht erinnern würde. Auch, wenn ihm in den letzten Stunden die ein oder andere Frage durch den Kopf gegangen war, die er nur zu gerne beantwortet hätte. Aber das konnte warten. Hauptsache, ihre Freundschaft war noch intakt.
      "Es war ziemlich verrückt", stimmte er vorsichtig zu. "Wir können bestimmt irgendwann darüber lachen. Vielleicht ist es auch eine nette Story für 'Zwei Wahrheiten und eine Lüge', oder so." Auch, wenn ihm aktuell noch nicht danach war, darüber zu lachen. Oder das ganze jemand anderem zu erzählen. Wem auch? Er hatte fast ausschließlich Internetbekanntschaften und die würden sich wahrscheinlich herzlich wenig für sein Privatleben interessieren.
      "Essen klingt gut. Ich müsste noch genug Zeug für Curry dahaben." Er deutete kurz in die Richtung des Kühlschranks. Er war gestern zwischen seinem Job und der Party noch kurz einkaufen gewesen, hatte seinen Fokus allerdings eher auf Gerichte gelegt, die schnell und einfach zu machen waren, statt auf etwas ausgefallenes, das davon ablenken würde, dass man letzte Nacht mit seinem besten Freund geschlafen hatte. Nach der ganzen Panik und Aufregung wäre es vielleicht fast hilfreich, irgendwie zu arbeiten. Kochen, Wäsche machen. Irgendwas würde sich schon finden. "Oder willst du was bestellen?" So hatten sie die letzte Woche schließlich auch überlebt, auch, wenn es langsam wirklich ins Geld ging. Er hatte wirklich keine Lust, seine Eltern um einen Kredit zu bitten und noch weniger Lust, ihnen zu erklären, warum er gerade knapp bei Kasse war. Sein Verhältnis zu Thomas war schon angespannt genug, da brauchte er nicht noch zusätzliche neugierige Nachfragen seitens seiner Mutter.
      "Wir könnten beim Essen einen Film gucken, oder so. Irgendwas, was gerade auf Netflix trended", schlug er schließlich vor.


      Ezra

      'Wir' müssten umziehen?
      Ezras Mundwinkel zuckten unweigerlich nach oben, als er das hörte. Es war irgendwie immer wieder schön zu hören, dass er einen festen Platz in Andrews Zukunftsplanung zu haben schien. Auch, wenn der Grund für den potentiellen Umzug...etwas fragwürdig war.
      "Wäre es nicht eigentlich von Vorteil, wenn er Barista wäre? Wenn du es schaffst, Thomas in eine Beziehung rein zu quatschen, könntest du als Dank gratis Kaffee bekommen." Er lachte, während er seine Hand wieder von Andrews Oberschenkel zurück zog und sich in seinem Sitz zurück lehnte. "Der Typ muss ja einiges auf dem Kasten haben, wenn er es schafft, dass Thomas in einer Nacht seine eigene Sexualität vergisst und danach direkt alles hinterfragt. Ich hab irgendwie Brendan Fraser in Die Mumie vor meinem geisteigen Auge. Der Film ist ein Traum für jede bisexuelle Person."
      Er sah aus dem Fenster auf die Häuser der Wohngegend, durch die sie gerade fuhren. Nicht das teuerste Viertel, aber nett, irgendwie. Viele Reihenhäuser, zwischendrin ein kleiner Park. Hier und da ein Bäcker, oder ein Kiosk. "Wohin würden wir denn ziehen, wenn Thomas' sexuelles Erwachen in einem Café arbeiten sollte?", fragte er schließlich. "Bleiben wir in London, oder fragst du an, ob man den Job auch in irgendeiner anderen Stadt ausführen kann?" Er lächelte ein wenig, als er wieder zu Andrew sah. Er meinte das Thema offensichtlich nicht komplett ernst, aber irgendwie war es trotzdem spannend, wie Andrew sich das alles vorstellen würde. Wahrscheinlich wieder vollkommen anders, als Ezra selbst, alleine aufgrund der Tatsache, dass Ezra sich immer noch nicht dazu überwinden konnte, komplett ohne Kinder zu planen. Gott, daran würde er sich wirklich noch gewöhnen müssen.
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      Andrew

      "Entweder ich bekomme gratis Kaffee, oder der Typ entwickelt einen derartigen Hass auf mich, dass ich doppelt zahle. Ich bin ein gebranntes Kind, Ezra", erwiderte er ernst. Sowas brauchte er nicht noch einmal. Thomas Beziehungen hatten zu viel Einfluss auf ihn, aus irgendeinem Grund. Aber solange der Kerl nur halb so eifersüchtig war, wie Leona, würde das schon gut gehen.
      Ezras Frage überraschte ihn ein wenig, denn er war selbst bereit dazu gewesen, seine Aussage einfach mal völlig zu ignorieren. Es war schließlich… wahnsinnig früh, um zusammenzuziehen. Logisch betrachtet. Aber Ezra bewies mal wieder, dass die Norm nicht auf sie zutraf. Vor allem, weil Andrew wirklich langsam eine Vision hatte, wenn er genauer darüber nachdachte. Er wollte auf jeden Fall ein Arbeitszimmer. Das wollte er schon immer. Nicht, dass er wahnsinnig viel Zeit darin verbracht hätte. Und eine Badewanne, Gott. Unbedingt eine Badewanne. Ein Balkon wäre auch nett. Und wenn sie ein Haus hätten, auf jeden Fall ein Garten, egal wie klein. Vermutlich lieber zu klein, als zu groß, denn er war nicht gerade ein Gärtner. Seine Pflanzen überlebten auch nur, weil sie einen starken Willen hatten.
      "Also… ich fände es… ganz gut, mittiger in der Stadt zu wohnen. Auch, weil ich's gewohnt bin, aber… ich mag das Getümmel. Und die tausend Cafés. Und Parks. Große Parks sind in Wohngegenden irgendwie seltener und ich gehe eigentlich gern Laufen, oder Spazieren, wenn ich… mal dazu komme" Er passte auf, nicht zu sehr ins Detail zu gehen, um keinen erneuten Reibungspunkt zu erschaffen. Ezra hatte bestimmt andere Vorstellungen, als er. Sie hatten ihr Leben bisher auch völlig unterschiedlich gelebt. "Ich will aber in London bleiben" Er warf Ezra einen kurzen Blick zu, dachte sich aber bereits irgendwie, dass er das wohl ähnlich sehen würde. Nach ihren kleinen Erlebnissen war Andrew dankbar, einen Ort zu haben, an dem er sich auskannte und sich zuhause fühlte.
      "Wir bräuchten ein riesiges Bett, das steht außer Frage. Und ein riesiges Sofa. Nicht, dass uns Platzmangel bisher aufgehalten hätte, aber… Bewegungsfreiheit ist nicht zu unterschätzen", erklärte er relativ neutral, auch wenn ihm einige Bilder in den Kopf schossen. Die Frage war nur, wie sie sich das alles leisten wollten, wenn Andrew diesen Job nicht annahm. "Wie stehst du zu Haustieren? Moment, bessere Frage. Traust du dir zu, ein Haustier am Leben zu halten?" Er grinste Ezra kurz an. Andrew mochte eigentlich so gut wie jedes Tier, solange es kein Insekt war, aber wenn er sich schon nicht um einen Garten kümmern wollte… Naja, hoffentlich hätte Ezra Futterzeiten und derartiges im Kopf, denn Andrews Part bestünde eher im Kuscheln. "Magst du Hunde oder Katzen lieber?", fügte er dann aus Interesse noch hinzu. Bestimmt waren es Katzen. Tausendprozentig waren es Katzen.

      Thomas

      "Uhm… Curry klingt gut", sagte er und nickte. Er musste Steve heute nicht schon wieder auf der Tasche hocken. Außerdem machte er verdammt gutes Curry. Thomas überlegte kurz, dann kramte er sein Handy aus seiner Hosentasche und stand eine Weile herum, während Steve zu kochen begann. "Ich guck mal, was neu ist", meinte er und scrollte durch die Netflix App, um einen Film zu finden. Vielleicht auch mal wieder eine Serie? Aber dann würden sie vermutlich das ganze Wochenende damit verschwenden. Wäre nicht das erste Mal.
      "Äh… hast du 'Living with Yourself' schon gesehen? Trendet gerade" Egal, wofür sie sich am Ende entschieden, Hauptsache es war spannend genug, um ihre ganze Konzentration zu erfordern und keinen Raum für anderweitige Gedanken zu lassen.

      Nach etwa einer halben Stunde, in der Thomas Steve mit möglichen Filmen und Serien zugequastcht hatte und sich beinahe wieder normal gefühlt hatte, saßen sie endlich mit ihren Schüsseln auf dem Sofa. Thomas zog eine der Decken über sich und suchte am Fernseher nach ihrer Auswahl. Das Essen roch so unfassbar gut, das er sich darauf gerade noch viel mehr freute, als Netflix. Aber ein fauler Samstag war genau das, was er gerade brauchte. Und Steve wahrscheinlich auch. Sie hatten ja beide den ganzen Vormittag damit verbracht, sich die Augen auszuheulen. Es hatte tatsächlich irgendwie geholfen. Demnächst würde er Andrew noch sagen, auch Ezra seinen Dank auszurichten. "Okay, bereit?", fragte er und hielt die Fernbedienung in der Hand, den Finger über dem Play-Kopf schwebend.
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      Steve

      Okay, das fühlte sich wirklich halbwegs normal an. Zwar bewegte sich Steve noch nicht ganz so frei in der Küche, wie er es sonst immer tat und er musste sich an einem Punkt zurückhalten, nicht über Thomas' Schulter auf sein Handy zu schauen, aber ansonsten fühlte es sich fast so an, wie früher. Das war ein gutes Zeichen, oder? Vielleicht würden sie wirklich über das alles hinweg kommen.
      Oder sie würden jetzt den Rest ihres Lebens umeinander herum tanzen. Steve war zumindest immer noch viel zu angespannt, als sie von der Küche ins Wohnzimmer gingen und er sich neben Thomas auf das Sofa setzte. Früher hatte es ihm nichts ausgemacht, Schulter an Schulter mit ihm zu sitzen. Ihn zwischendurch mal spielerisch anzustoßen war die beste Taktik gewesen, Mario Kart zu gewinnen. Jetzt hatte er das Gefühl, dass er viel zu nah war.
      "Bereit", stimmte er trotzdem zu, in der Hoffnung, entspannter und normaler zu wirken, als er sich fühlte. Das würde sich bestimmt irgendwann von selbst geben. Er war einfach noch durcheinander. Nächste Woche würden sie wieder vollkommen selbstverständlich miteinander umgehen. Hoffte er zumindest. Auch, wenn er momentan Schwierigkeiten hatte, sich auf den Film zu konzentrieren. Er nahm Thomas' Nähe viel zu bewusst wahr, während er in seinem Curry rumstocherte. In das er seiner Meinung nach übrigens zu viel Kokosmilch gekippt hatte. Aber hey - Ziel seiner Mom war es immer gewesen, dass er kochen konnte, nicht unbedingt, dass er gut kochen konnte. Aber man war ja selbst immer sein schärfster Kritiker.



      Ezra

      Die Erwähnung des Sofas brachte Ezra kurz zum lachen. Obwohl er nicht mehr tun konnte, als dem aus vollem Herzen zuzustimmen. Das war fast noch wichtiger, als das Bett. Er war sich ziemlich sicher, dass Andrew allen Platz der Welt haben könnte und trotzdem im Schlaf über ihn rollen würde. Was ihn nicht störte. Im Gegenteil, irgendwie fühlte es sich ganz nett an.
      Die Lage in der Stadtmitte brachte ihn deutlich mehr zum Nachdenken. Irgendwie hatte er sich in den wenigen Momenten, in denen er sich ein neues Haus vorgestellt hatte, immer nur auf das Grundstück an sich konzentriert und nie wirklich auf die Lage. Er wollte auf jeden Fall in London bleiben. Er kannte sich hier aus und hatte Freunde und Familie hier, aber war die Stadtmitte die richtige Wahl? Würde es überhaupt darauf ankommen? Obwohl die Aussicht auf Cafés und Parks eindeutig ihren Reiz hatte. Das würde zumindest deutlich weniger Diskussion nach sich ziehen, als die Sache mit den Kindern, oder dem Job. Nicht, dass sie sich jetzt schon auf Kinder, oder ein Haus einigen mussten - sie standen gerade erst am Anfang ihrer Beziehung. Das waren alles nur hypothetische Gedankenspiele. Aber irgendwie war es beruhigend zu wissen, dass sie zumindest in einer Hinsicht in die selbe Richtung tendierten.
      "Oh. Ich hatte nie Haustiere", antwortete Ezra, als Andrew direkt den nächsten Punkt in ihrer Lebensplanung ansprach. was irgendwie überraschend niedlich war. Langsam konnte er sich wirklich bildlich vorstellen, wie es wäre, bis zum Ende seines Lebens mit Andrew zusammen zu sein. Das war immer schon sein Ziel gewesen - er datete ja nicht aus einer Laune heraus - aber irgendwie fühlte es sich jetzt langsam wirklich nach einer realistischen Zukunft an und nicht nur nach einem verzweifelten Wunsch.
      "Ich kenne mich nur mit Katzen aus, weil ich Liz' Kater ab und an Asyl gebe. Ich hab ehrlichgesagt keine Ahnung, ob ich ihn alleine am Leben halten könnte." Obwohl der Kater ziemlich pflegeleicht war. Regelmäßiges Futter und ein paar Stunden Ruhe vor seiner energetischen Besitzerin schien genug für ihn zu sein. Auch, wenn Ezra sich nicht sicher war, ob alle Katzen so drauf waren, oder ob sie einfach ein besonderes Exemplar erwischt hatten.
      "Also, Katzen, denke ich? Obwohl Hunde auch süß sind." Nur abhängiger. Falls sie beruflich viel reisen mussten, war ein Hund wahrscheinlich die falsche Wahl. Vorausgesetzt, sie würden diesen Job annehmen.
      Der Job. Ezra hing gedanklich immer noch an dem Vertrag fest, der zuhause auf sie wartete. Er wusste, dass Andrew den Job wollte und realistisch betrachtet mussten sie zumindest irgendwas machen, was Geld bringen würde. Vorzugsweise nichts illegales mehr und nichts, was Andrew unglücklich machen würde. Aber außer zurück zum Dezernat zu gehen, oder diesen Job anzunehmen würde es wahrscheinlich nichts geben, was ihn glücklich machen würde, oder? Und Ezra war sich nicht sicher, wie gut Andrews Chancen standen, wieder zurück zu seinem alten Job zu gehen.
      Ezra seufzte. "Ich...ich hab nochmal über das Jobangebot nachgedacht", fing er vorsichtig an. "Wärst du bereit für einen Kompromiss? Wie nehmen den Job an und wenn es zu gefährlich wird, kündigen wir?" Selbst wenn Andrew wieder als Held arbeiten könnte, wäre es für Ezra sowieso viel zu schwer, irgendeine Alternative zu finden. Und vielleicht war der Job ja auch entspannter, als er es sich vorstellte. Hoffentlich.
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      Thomas

      Sie hatten sich eine gute Serie ausgesucht. Etwas, das man entspannt übers Wochenende durch suchten konnte, ohne das Interesse oder die Konzentration zu verlieren, oder sich zu langweilen. Aber Thomas Konzentration hakte an etwas anderen. Bildete er sich nur ein, dass Steve immer wieder zu ihm sah? Thomas stocherte leicht nervös in seinem Essen. Saß er zu nah? Oder zu weit weg und es war seltsam? Sicherheitshalber schielte er zu ihm, lächelte dann kurz verlegen und sah wieder den Fernseher an. Verdammt, das hier war absolut nicht so normal, wie es sein sollte. Er wurde gleich verrückt, weil irgendetwas mit dem Abstand zwischen ihnen nicht stimmte, was Steve bestimmt auffiel aber Thomas nicht, und vermutlich dachte er nun, dass er gestern Nacht nicht vergessen konnte. Schön, es waren auch erst ein paar Stunden vergangen, der Schock ließ gerade mal so nach und er konnte es tatsächlich nicht vergessen, zumindest das, woran er sich erinnerte, aber das sollte Steve ja nicht denken.
      „Das Curry ist echt gut“, murmelte Thomas leise, in der Hoffnung, damit die Spannung verschwinden zu lassen. Seine eigene Stimme erschreckte ihn beinahe. „Schmeckt bisschen mehr nach Kokos“, fügte er noch hinzu. Er würde wohl alles essen, was man ihm anbot, aber bei Steves Curry würde er auch nach mehr fragen.
      Thomas versuchte sich wieder auf die Serie zu konzentrieren. Das funktionierte auch gut, bis er sich zur Seite streckte und die leere Schüssel auf einen Tisch neben dem Sofa abstellte, sich wieder in seinen Platz fallen ließ und seine Hand dabei direkt auf Steves fiel. Er zog seine Hand so schnell weg, als hätte er einen elektrischen Schlag kassiert. Das war… vielleicht eine etwas übertrieben Reaktion gewesen. Hoffentlich dachte Steve nicht, dass er ein Problem damit hatte, ihn zu berühren. Das hatte er zwar irgendwie, aber nicht so, wie es eben rüberkam!
      „Sorry, ich hab nur… ich bin erschrocken, nichts weiter“, erklärte er in schneller, zittriger Stimme und versuchte seinen Bewegungsablauf zu rechtfertigen. Machte es das jetzt schlimmer? So viel zu ‚ignorieren‘ und ‚vergessen‘. Thomas war sich noch nie etwas so bewusst, wie jetzt gerade.

      Andrew

      „Ich hatte auch nie welche, aber Katzen sind süß“, meinte Andrew beiläufig und beschloss, nicht anzusprechen, dass Ezra Kinder haben wollte aber sich nicht zutraute, ein Haustier am Leben zu halten. Aber was sollte er selbst schon sagen. Er traute es sich definitiv auch nicht zu. War das nicht… ein ziemlich eindeutiger Punkt, der ihnen sagen sollte, dass sie keine Kinder haben sollten? Wobei Andrew sich ja jemanden wie Sarah irgendwie vorstellen konnte… Aber solche pflegeleichten Kinder waren bestimmt die Ausnahme und er wollte kein Risiko eingehen. Am Ende wurde er wegen fahrlässigen Mordes angeklangt und er verbrachte des Rest seines Lebens mit Ezra hinter Gittern. Naja, zumindest waren sie dann zusammen…
      Ezra schien ungefähr gleich versessen darauf zu sein, dass sie um jeden Preis zusammenblieben, denn beim Job sprach er wieder von ‚wir‘. Andrew schmunzelte unweigerlich. Ezra wollte das wirklich nicht machen… und zwang sich nun doch dazu, nur weil er es wollte. Aber damit wollte Andrew nicht leben, sein Freund sollte auch glücklich sein, mit dem, was er tat.
      Er warf ihm einen kleinen Blick zu. „Weißt du, ich würde diesesn Kompromiss auch annehmen, wenn du dich gegen den Job entscheidest. Du musst dich nicht dazu zwingen, Ezra. Selbst… wenn ich dich jede Sekunde des Tages um mich haben will, aber du solltest deinen Job auch nicht hassen“
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      Steve

      Okay, das mit der Normalität würde wohl nicht ganz so einfach sein, wie er es sich erhofft hatte. Jetzt gerade überdachte er zumindest jede seiner Bewegungen zwei mal, vor lauter Panik, irgendetwas falsch zu machen. Er hatte den ganzen Morgen damit verbracht, sich darüber verrückt zu machen, dass er seine Freundschaft zu Thomas zerstört hatte - er wollte die Chance, die er jetzt noch bekommen hatte, nicht so schnell ruinieren.
      "Danke", antwortete er also auf Thomas' Kompliment, sofort davon überzeugt, dass es wahrscheinlich besser wäre, den Mund zu halten. Er hatte das Gefühl, dass er ein wenig so klang, als würde er bei einer mündlichen Prüfung in der Schule sitzen und darauf hoffen, die richtigen Antworten zu geben, obwohl er nicht gelernt hatte. Außerdem sollte er es sich wirklich angewöhnen, seine Kochzutaten wieder normal abzumessen, statt nach Gefühl vorzugehen. Wenn er für sich alleine kochte war das weniger schlimm, da musste er immerhin einfach damit leben, wenn etwas zu süß, oder zu salzig schmeckte, aber Mitbewohner und Gäste sollten da nicht mit ihm durch müssen. Außerdem-
      Steve zuckte zusammen, als er Thomas' Hand auf seiner spürte und blinzelte kurz irritiert, als Thomas sich sofort entschuldigte. "Alles okay", versicherte er mit einem nervösen Lachen, während er noch ein bisschen zur Seite rutschte, um mehr Abstand zwischen ihnen zu erzeugen. Es war seltsam. Früher hätten sie über die Berührung gelacht. Jetzt tat es irgendwie fast weh, dass Thomas seine Hand so schnell zurückgezogen hatte. Als hätte er sich an Steve verbrannt, oder so. Er konnte es nachvollziehen, natürlich, wahrscheinlich hätte er selbst sich nicht anders verhalten, aber es war trotzdem...seltsam. "Ist ja nichts passiert", schob er hinterher, während er seinen eigenen Teller zur Seite stellte und seine Beine zum Schneidersitz zusammenzog.
      "Ich denke, es wird noch etwas dauern, bis wir beide das alles wirklich vergessen, hm?" Er lachte erneut nervös, während er versuchte, irgendwie nicht zu oft in Thomas' Richtung zu schauen. Er hatte immer noch zehntausende Fragen im Kopf. Hatte Thomas schon mal mit einem anderen Mann geschlafen? Wieso gerade mit ihm? War das alles wirklich nur der Alkohol gewesen, oder gab es da noch etwas anderes? Nein, letzteres war vollkommen abwegig. Und das waren auf keinen Fall Fragen, die er jetzt laut aussprechen sollte.
      "Du hast eine wirklich gute Serie ausgesucht", sagte er stattdessen, um irgendwie das Thema zu wechseln.


      Ezra

      "Hassen ist ein starkes Wort", antwortete Ezra, während er die Nase kraus zog. Es stimmte sogar. Er würde den Job wahrscheinlich nicht hassen - er wusste nur nicht sicher, ob er diesem ständigen Adrenalinrausch aushalten würde. Es war immerhin anders, als seine Einbrüche. Es gab keinen sicheren Gegenspieler, wie Andrew damals - konnte man letzten Monat als 'damals' bezeichnen? - als sie sich noch jeden Mittwoch gegenseitig hinterhergejagt sind. Er hatte bei Andrew immer gewusst, dass er nicht in ernsthaften Schwierigkeiten war. Sie hatten immer irgendeinen Kompromiss gefunden. In diesem Job gab es das nicht. Keine Kompromisse, kein Gefängnis als Worst-Case-Szenario, nur gewinnen oder verlieren. Und wenn sie sich nur noch mit Leuten wie Nadia auseinandersetzen mussten, würde das sehr schnell sehr gefährlich werden.
      "Es ist nicht so, als ob ich wirkliche Alternativen hätte und...Ich möchte dich dabei nicht alleine lassen", erklärte er, während er wieder mit dem Ring an seinem Finger spielte. "Ich könnte nicht damit Leben, falls dir was passiert und ich nicht da war. Ich meine, auf einer rationalen Ebene weiß ich, dass du unglaublich gut in dieser Art Job bist, aber irgendwie hilft das nicht." Er sah mit einem kleinen, hilflosen Lächeln zu Andrew herüber. Er selbst wusste wahrscheinlich am besten, was sein Freund alles drauf hatte. Aber die Paranoia, ihn zu verlieren war stärker.
      "Ich möchte außerdem für das Protokoll festhalten, dass ich dich gerade unglaublich gerne küssen würde. Wir müssen wirklich aufhören, diese Diskussionen immer im Auto zu haben." Am liebsten hätte er sich seit Beginn des Gespräches an Andrew gekuschelt. Aktuell konnte er das ja wenigstens noch machen, ohne dass jemandem auffallen würde, dass sie viel zu sehr aneinander klebten. Wenn sie bald die selben Kollegen haben würden, würde sich das wohl ändern.
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      Andrew

      Er konnte nicht damit leben, wenn ihm etwas passierte… Und dabei war die Chance sehr viel höher, dass Andrew etwas passierte, wenn Ezra bei ihm war, denn sie zogen das Unglück wie Magnete an. Aus mehreren Gründen fühlte Andrew sich jetzt allerdings so erleichtert, dass er sofort losheulen konnte. Das Grinsen konnte man ihm für einige Stunden sicher nicht mehr aus dem Gesicht wischen. Er lachte kurz auf, als Ezra weitersprach. "Okay, wir sind in 5 Minuten da, dann lasse ich dich nicht mehr los, glaub mir", lachte er und bemühte sich, nicht ein kleines bisschen mehr aufs Gaspedal zu treten. Safety first. Aber der Gedanke, bald wieder zu arbeiten und auch noch mit Ezra an seiner Seite - ähnlich, aber doch anders als früher - brachte eine so explosionsartige Freude in ihm heraus, dass er kaum abwarten konnte, ein paar Minuten allein mit Ezra zu haben.

      Thomas

      Oh Gott, es war fast unheimlich, dass Steve 'es' so indirekt ansprach. Das fühlte sich irgendwie schon verboten an. Aber wohl nur, weil Thomas keine Ahnung hatte, wie er darüber am besten hinweg kam. Was, wenn es wirklich sein bisexuelles Erwachen gewesen war, wie Ezra gesagt hatte? Er hatte ja absolut kein Problem mit anderen Sexualitäten, er wollte sie nur nicht unbedingt selbst haben. Also… gab es nicht immer noch Länder, in denen Homosexualität verboten war? Mit der Todesstrafe betraft wurde? Und was seine Oma sagen würde, Himmel. Sie würde wahrscheinlich sofort von einem Herzinfarkt dahingerafft werden. Und seine Eltern… Na schön, denen war es vermutlich egal. Aber was, wenn er tatsächlich… wenn er… was wenn… er eine Beziehung mit Steve hätte? Ob er sich überhaupt trauen würde, damit offen zu sein? Würde Steve sich denn trauen? Thomas stellte sich immer noch die Frage, wieviel Erfahrung Steve mit all dem hatte. Thomas war immer von Null ausgegangen, aber konnte er es wirklich wissen? Wenn sie beide absolut 100 Prozent hetero waren, konnte sowas überhaupt passieren?
      "Ah, hahah, danke", erwiderte Thomas nervös, als Steve seine Auswahl der Serie kommentierte. Er konnte dazu Elch gesagt nicht viel sagen, weil er nicht viel mitbekommen hatte. Er hing zu sehr in seinen Gedanken fest.
      Warum stand in seinem Kopf eine Beziehung mit Steve überhaupt in einem hypothetischen Rahmen? Sie sollte in garkein Rahmen stehen! Was auch immer ihn dazu getrieben hatte, mit Steve zu schlafen, durfte nicht die Oberhand gewinnen. Er wollte seinen besten Freund behalten. Aber… irgendwie musste er immer wieder an Andrews Worte denken… Was wenn das hier der Grund war, weshalb ihre Freundschaft kaputt gehen würde? Thomas versuchte ja optimistisch zu bleiben, aber das schwer, wenn er sich gerade erst für eine minimale Berührung ihrer Hände entschuldigt hatte, als hätte er Steve geschlagen. Er entschuldigte sich ja schnell mal zu viel, aber für so etwas? Das war selbst für Thomas extrem.
      Wenn ihre Freundschaft hieran zerbrach würde Thomas sich das niemals verzeihen. Wieso war das eigentlich alles so seltsam, sollten Freunde nicht über absolut alles lachen können? Doch der alleinige Gedanke, irgendetwas noch einmal anzusprechen, ließ Thomas Nackenhaare aufstellen. Er ekelte sich nicht, oder so, es war ihm bloß so unendlich unangenehm und versuchte schon angestrengt herauszufinden, wieso. Abseits der offensichtlichen Gründe… Aber sie sollten doch über alles reden können, so wie früher. Vielleicht war das Folgende das absolut dämlichste, das Thomas in seinem Leben jemals getan hatte, aber er wollte seine Angst überwinden und ihrer Freundschaft eine richtige Chance geben. Denn sie durften sie einfach nicht aufgeben.
      "Hey, Steve", sagte er und brachte es nach allem trotzdem nicht über sich, ihn anzusehen, also folgten seine Augen weiterhin der Serie. "War das eigentlich dein erstes Mal mit einem Mann?"
      Hatte… er das gerade wirklich ausgesprochen? Thomas fühlte, wie sich ein Schweißtropfen in seinem Nacken bildete. Seine Hände hielten sich klammerhaft an der Decke fest, während er schockiert in den Fernseher starrte. War es zu spät, um an Gott zu glauben und ihn darum zu bitten, etwa eine Minute in die Vergangenheit zurück zu spulen?
      And when you die, the only kingdom you'll see
      Is two foot wide and six foot deep


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      Steve

      Für eine Sekunde war Steve sich nicht ganz sicher, ob er die Frage wirklich richtig gehört hatte. Dann hatte er den schrecklichen Impuls, zu lügen. Er könnte einfach behaupten, dass es sein erstes Mal gewesen wäre. Sie würden beide darüber lachen, wie verrückt das alles war und es auf den Alkohol schieben. Würde das nicht alles irgendwie viel einfacher machen? Es wirklich einfach nur wie ein absolutes Versehen wirken lassen, mit dem keiner rechnen konnte? Aber er wollte Thomas nicht anlügen. Nicht jetzt, nicht bei diesem Thema.
      Steve öffnete den Mund und schloss ihn wieder, als kein einziger Laut über seine Lippen kommen wollte. Er hatte nie ein Problem mit seiner Sexualität gehabt - im Gegenteil, er hatte das große Glück gehabt, so behütet aufzuwachsen, dass er früher nicht verstanden hatte, warum jemand seine Sexualität unterdrücken wollen würde. Seine Eltern hatten immer hinter ihm gestanden und die wenigen Beziehungen, die er gehabt hatte, mit offenen Armen begrüßt. Wenn jemand mit seiner Homosexualität nicht klargekommen war, hatte er die Person auf Abstand gehalten. Es war irgendwie immer leicht gewesen. Jetzt kam ihm das ganze furchtbar kompliziert vor.
      Er presste seine Lippen aufeinander und schüttelte mit dem Kopf, während er seinen Blick stur geradeaus hielt. "Nein", brachte er schließlich hervor. "Ich...ich hab ein paar Ex-Freunde", erklärte er nervös. Irgendwie fühlte sich diese Formulierung sicherer an, als direkt über seine Sexualität zu reden, was wieder seltsam war. Thomas war immer die Person für ihn gewesen, der er am meisten vertraute, derjenige, dem er alles geradeheraus sagen konnte.
      "Aber das zwischen uns war für mich immer nur platonisch, falls...falls das für dich irgendwie relevant ist", schloss er, während er doch zu Thomas sah und gegen Ende immer leiser wurde, zu nervös, um Normalität oder Selbstbewusstsein zu faken. Es war wirklich warm hier drin. Er konnte fühlen, wie seine Wangen glühten und hörte praktisch das Blut durch seine Adern rauschen, während sein Herz viel zu schnell schlug. Vielleicht hätten sie dieses Gespräch viel früher haben sollen. Selbst wenn Leona ihre Freundschaft deswegen irgendwie eingegrenzt hätte, wäre zwischen ihnen dann jetzt vielleicht nicht alles so seltsam.
      "Und bei dir?", fragte er schließlich zurück, auch wenn er befürchtete, die Antwort bereits zu kennen. Die Spannung zwischen ihnen wäre wahrscheinlich nicht ganz so extrem, wenn Thomas zumindest schon Erfahrung mit anderen Männern gesammelt hätte. Dann wäre das 'was' ein deutlich kleineres Problem, als das 'mit wem'. Irgendwie machte es das noch schlimmer. Je mehr er darüber nachdachte, desto übler wurde ihm.
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      Thomas

      Die lange Stille zwang Thomas, seinen Kopf nun doch schleichend langsam zu Steve zu drehen, um zu sehen, was ihm die Sprache verschlagen hatte. Als er begann den Kopf zu schütteln, verstand Thomas schlagartig, was es war. Auch wenn er es nicht hundertprozentig ausgeschlossen hatte, war es doch etwas anderes, es selbst zu hören. Steve hatte Ex-Freunde? Er hatte Beziehungen mit anderen Männern und ihm nichts davon erzählt? Wirkte Thomas so… unvertrauenswürdig? Wenn es Beziehungen und nicht bloß Gedanken gewesen waren, dann hatte er das doch bestimmt nicht vor jedem verheimlicht? Dass er ihre Freundschaft als schlicht platonisch gesehen hatte, bezweifelte Thomas nicht. Er überging den Satz. Auch die Rückfrage musste er ignorieren. Er starrte Steve verwirrt an.
      "Du… wieso hast du mir davon nichts erzählt?", fragte er ungläubig. "Denkst du, ich hätte ein Problem damit gehabt? Hab ich nicht! Du weißt ja auch, dass Andrew schwul ist, also- Wieso hast du mir das nichts gesagt?"
      Er schüttelte leicht den Kopf, während er versuchte, sich das zu erklären. Mit seiner Aussage hatte er auch irgendwie schon Steves Frage beantwortet, da die einzige queere Person, die ihm eingefallen war, Andrew war und nicht er selbst. Er sah sich selbst auch nicht als Teil dieser Gruppe. Das… würde bestimmt eine Weile dauern. Aber er sah sich selbst schließlich auch mit keinem Mann. Er hatte noch nie jemanden so wie Steve gesehen. Und das… war einfach keine Option. Vielleicht sollte er mal aufmerksamer durch die Welt gehen und versuchen herauszufinden, ob er auf andere Männer stand und ob er wirklich bisexuell war oder einfach einen Fehler begangen hatte und verwirrt war. Sehr verwirrt. Von den braunen Augen, in die er gerade zum ersten Mal heute starrte, nachdem er ihnen die ganze Zeit ausgewichen war. Und jetzt war es äußerst schwer, wieder wegzusehen.
      "Ich… ich… übrigens nicht", fügte er dann noch leiser hinzu und schluckte. Irgendwann sollte er die Frage ja vielleicht auch direkt beantworten. "Also, ich war… bin… war? hetero, meine ich" Damit wandte er den Blick wieder ab und sah etwas verwirrt in den Raum hinein. Er wusste es nicht einmal. Es wäre auch richtig assozial, Steve als Versuchskaninchen zu behandeln. Egal wie… einladend er da saß… Und wie sehr es Thomas zu ihm hinzog. Selbst eine Umarmung käme ihm vor, als würde er seinen Freund ausnutzen. Und… schließlich sah er ihn auch nur als platonischen Freund und damit wäre alles geregelt. Thomas schluckte erneut. Irgendwie hatte sich ein Kloß in seinem Hals festgesetzt.
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