Raven and Vampire (Taru & Codren) - PAUSIERT

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    • Raven and Vampire (Taru & Codren) - PAUSIERT

      RAVEN UND VAMPIRE


      2025 - Mai
      Japan - Präfektur Niigata - Stadt Narada
      Ryo Konno

      Die finstere Nacht war unlängst angebrochen, und in der Stadt Narada gingen die meisten Lichter aus. Dennoch war es gefühlt recht hell, besonders an der Hauptknotenpunkten der Verkehrsstraßen und dort, wo es die Hochhäuser gab. Nicht aber hier im Randbezirk, wo es überwiegend Familienhäuser gab, meistens Einfamilienhäuser. Die ruhigere Wohngegend sozusagen. Viele Parks und stille Straßen, da nur wenig Leuute hier nachts unterwegs waren, und wenn, dann häufig auf dem Weg zur Arbeit in die Innenstadt, oder zum Feierabend nachhause.
      Der ideale Zeitpunkt für das üble Gesocks höherer Art, sich in den Straßen breit zu machen, und Passanten zu belästigen. Oder in Häuser einzudringen. Yokai, Geister, was auch immer, es scheint hier in der Stadt eine Art Verbindung zu ihrer Welt zu geben. Niergendwo sonst ist die Konzentration so hoch wie hier, und es schien vor etwa zwei Jahren sprunghaft angestiegen zu sein.
      Und damit fingen Ryos Probleme erst richtig an. Mehr Aufträge als üblich, und weniger Patroulliengänge. Aber dafür auch mehr Geld, und er konnte sich ne .... bessere Bruchbude erlauben, als jenes Mauerwerk mit Fenster, das er zuvor bewohnt hatte. Ein segen, wie er dachte. Oh ja, ein Segen .....
      Und diese stillen Wachmärsche bei Nacht ... ein Segen. Sein Job war schon fast Entspannung pur gewesen - mit einigen Kämpfen versehen wohlgemerkt, aber, das war nichts im Vergleich dazu, was ihm vor einem Monat passiert war.
      Der Gedanke daran ließ seinen Blick noch finsterer als die weniger stark beleuchteten Straßenwinkel erscheinen. Hier in Narada gab es unheimlich viele Leute, die mit Geistern und Co. ihr Geld verdienten. Jeder Kartendreher, jede Glaskugel Tante, jeder Möchtegern-Geisterjäger, der mit umgebauten Handstaubsauger durch fremde Gärten flitzte, um ruhelose Seelen zu fangen, und sich dafür auch noch fürstlich belohnen ließ, und damit das Glück der Betroffenen zu steigern, fand früher oder später seinen Weg hierher und verursachte Ärger, oder war einfach nur nervig.
      Ärger. Oh ja. Einige verursachten wirklich Ärger. Besonders so eine selbsternannte Geisterhexe, die angeblich böser Kreaturen von Hof und Haus fernhalten würde, mit Formeln, Wässerchen und Symbolen. Man erzählte den Leuten irgendwas, schwang ein Pendel oder man ließ mit LED präperierte Steine aufleuchten, wenn man angeblich befallen war, und zauberte dann ein wenig mit Glitzer und Funkenstaub. Und genau so eine dumme Kuh trug tatsächlich unwissentlich ein ECHTES Hexenbuch bei sich.
      Und während sie da so ihre Formeln und Schriften verlas, und bei einem Kunden durch den Garten stolperte - über eine verdammte Baumwurzel - wurde sein gemächlicher nächtlicher Spaziergang vor reichlich miesen Zufällen bombardiert.
      Während er damals so zufällig jene Straße entlang lief, die er auch heute Nacht abging, wurde er zufällig von einer gewissen Vampirfrau angegriffen, die wohl ihren Durst stillen wollte. Und wie es der Zufall wollte, jagte er solche Kreaturen, und wollte sie natürlich richten, und für ihre Dummheit bestrafen.
      Tja, und dann stolperte die Hexe zufällig über die Wurzel, sprach ein Wort falsch oder gar zufällig korrekt aus mit einem Schreilaut, und verteilte etwas Pulver auf dem Buch, und verursachte damit einen ungewollten Fluchzauber, der zwei Feinde aneinander binden sollte. Schwarze Blitze zuckten vom Himmel, und trafen ihn und die Vampierfrau wie ein Stromschlag. Zum Glück merkte die Vampirfrau, um welchen verdammten Fluch es dabei ging. Natürlich ließ Ryo das nachprüfen, und musste das letztenendes akzeptieren, da auch die Organisation die Art und Wirkung des Fluchs bestätigte.
      Seit dieser Nacht hatte man ihm die Pest auf den Buckel geschnallt. Diese garstige Vampirfrau Azora war mit ihm verbunden - mit ihrer beider Leben. Würde einer sterben, so verging auch der andere. Folglich hatten sie keine Wahl, und mussten nun zusammenarbeiten.
      Für Azora bedeutete das auch zusammenziehen! Sie zog in seine Bude ein. Selbst die Organisation war dafür - zur Überwachung natürlich. Vielen Dank auch.
      Ein verdammter Monat schon, ging ihm diese ... Frau, auf den Sack. Er hatte einfach keine Ruhe mehr, und dazu ist die Bude auch noch viel zu klein. Und für eine größere Bude musste er noch ein paar Finanzen ansammeln. Der ein oder andere Auftrag würde das richten.
      Nur heute gab es keinen. Ein einfacher Wachgang mit ungewissem Ausgang. Vielleicht konnte er wieder paar Kreaturen vertreiben, dann gäbe es Gefahrenbonus.
      Und zwar doppelt. Denn Azora war ja auch mit dabei. Immerhin war sie im Kampf brauchbar, und eine von der stärkeren Sorte. Das machte ihm Hoffnung, das er lebend wieder Heim kehrte.
      Ryo seufzte. Kurz vor 0 Uhr. Bald begann die Geisterstunde. Allerdings dauerte diese meist bis zum Sonnenaufgang. Dann kamen neben Yokai und anderen Kreaturen auch Geistwesen aus ihren Löchern. Die meisten sind harmlose Störenfriede, aber es gibt eben auch andere. Mal sehen, was heute Abend geschehen würde.
      Oh, ein Getränkeautomat. Eine kleine Erfrischung könnte nicht schaden. Er ging auf den Automaten zu und wühlte bereits in seiner Manteltasche nach Münzen, fand schließlich ein paar, knirschte mit den Zähnen, und fragte: "Willst du auch was?"
      Natürlich nur aus Höflichkeit. Nicht das es um ihr Wohlergehen ging. Allein schon um ihre Klappe zu stopfen, hätte er seine letzten Münzen geopfert, und ihr ne Dose gezogen.
      "Hmmm, mal sehen, ich probiere mal Zitronentee mit Koffein. Perfekt für die Nacht. und für dich ...... das da!"
      Erdbeerkaffee Apfelcreme Mix. Was auch immer das für eine Teufelei an Geschmacksverwüstung sein sollte, sie war die ideale Testperson. "Hier. Und, schon irgenndwas Auffälliges gesichtet?"
      Er reichte ihr die Dose und fing ganz belanglos an ein Arbeitsgespräch zu führen. Das lenkte sicher ab. Es zischte und er nahm ein paar kraftvolle Schlücke aus seiner Dose.
      Er stand dabei angelehnt an einem Laternenpfahl, während sie auf der Bank daneben Platz genommen hatte. Sie liefen ja auch schon über eine Stunde am Stück.
      Da konnte man den Füßen gern mal eine kurze Pause gönnen.
      "Es ist 0 Uhr. Die Zeit der Geistwesen beginnt. Vielleicht finden wir ja heute mal was. Die letzten Tage waren ja eher mau ..."
      Und dann kam der Moment, an dem sie an ihrer Dose nippte .....
      Zehn Zerrüttete Zahme Zebragestreifte Zauberhafte Zypern Ziegen Zogen Zum Zehnten Zehnten Zukunftsorientiert Zehnmal Zähneknirschend Zehn Zentner Zerstoßenen Zucker Zum Zoo Zurück
    • Die Straßen von Narada waren schon verlassen, leergefegt von dem eigentlichen Getümmel der Tageszeit, so als wäre eine unsichtbare Zeitgrenze überschritten worden, nach der andere Lebewesen die Stadt nutzen konnten - Wesen, die nicht unbedingt mit lärmenden Automobilen vorbeifuhren und sich auch nicht laut schwatzend mit ihren Artgenossen unterhielten. Viel eher Wesen, deren Fortbewegungsmittel die Schatten waren und die Kommunikation auf einer Frequenz lief, die dem ungeübten Ohr verborgen blieben.
      Also genau solche Kreaturen wie Azora, die um diese Stunde hinter einem Menschen hermarschierte, der eigentlich gar nicht hier hergehörte - rein vom Geburtsrecht. Der sich aber trotzdem hineinpresste wie geschmolzenes Wachs, das sich an seine Form anschmiegte.
      Azora schnitt eine Grimasse und tänzelte hinter dem Jäger her, weil ihr unglaublich langweilig war.
      Es gab nicht viele Sachen, die sie in ihrem langen Leben bereut hätte getan zu haben, viel eher war es der Fall, dass sie ständig bereute, etwas nicht zu tun - aber diese Sache, dieser einzige Tag, diese Nacht, in der sie sich dazu entschieden hatte, dass der hochgewachsene Mensch mit dem unscheinbaren Ausdruck im Gesicht und dem festen Gang ihr Abendessen werden sollte, das gehörte auf die Liste der wenigen Dinge, die sie wirklich bereute. Denn was hatte sie seitdem gemacht? Den Leibwächter für einen Menschen gespielt. Für einen Menschen! Das wiederum gehörte auf die Liste aller Aufgaben, die sie nie und nimmer ausführen wollte. Und trotzdem war sie jetzt hier, mitten in der Nacht, allein auf der Straße und dackelte einem Menschen nach, um ihm bei seinem Job zu helfen, weil er schließlich das einzige Geld ins Haus einbrachte und sie auch noch davon leben musste.
      Wie absolut Welten verätzend!
      Azora seufzte ganz laut und theatralisch in die Stille hinein, wahrscheinlich schon zum dritten Mal in fünfzehn Minuten.
      Und das alles nur wegen einer Hexe. Solche Möchtegern-Zauberer hätte sie zum Frühstück gegessen, aber nein, Azora war ja eine Straße weiter gewesen, hatte sich gerade dazu entschieden, sich ihr Abendessen mit größtem Körpereinsatz einzuverleiben, da war der Himmel aufgegangen und hatte schwarze Blitze auf sie niederregnen lassen. Es waren keine roten Blitze gewesen und auch keine gelben und die Blitze hatten auch nicht gedonnert und nicht den Boden erschüttert und auch kein Glas zerscheppern lassen und Azora war ganz sicher keine verfluchte Wetterexpertin, aber sie konnte doch mörderische Blitze von verfluchenden auseinanderhalten und der Rückschluss, den sie dadurch gezogen hatte, hätte sie beinahe aus den Socken geholt.
      Und den Menschen ganz anscheinend auch, auch wenn der erstmal eine Weile gebraucht hatte, um ihr Glauben zu schenken.
      Dummer Mensch. Sie starrte auf die breite Rückenwand vor ihr und versuchte, mit ihrem Blick eigene Flüche zu produzieren.
      Seitdem waren sie aneinandergekettet, denn wenn der Mensch starb, dann war es auch mit ihr vorbei und wenn Azora starb, war es auch mit ihm vorbei. Kein Segen dieser Welt - oder zumindest keinen, den sie bisher gefunden hätte - konnte diesen Fluch auflösen, bis auf die Zeit, an die er gebunden war. Und ein Jahr war keine besonders lange Zeit, nicht, wenn man so etwas schon über 500 Mal durchgemacht hat, aber die Zeit mit einem Menschen vergeuden? Wo Azora doch so viel spannenderes erleben könnte?
      Gerade holte sie Luft, um ihren Unmut ein weiteres Mal lauthals Luft zu machen, da wurde der Mensch vor ihr langsamer und blieb bei einem Getränkeautomaten stehen. Azora hatte noch immer nicht begriffen, wie es sein könnte, dass man eine Münze in einen Schlitz einführen konnte und das Teil wusste, dass es mit seinen mechanischen Ärmchen eine Flasche ausspucken sollte, aber sie lehnte sich trotzdem nach vorne, um den Inhalt durch die Scheibe zu betrachten. Hätte sie jemals zu irgendetwas Nein gesagt?
      "Ja. Was gutes."
      Sie war noch beschäftigt damit, alles zu lesen, denn wirklich, warum wollten die Menschen mit der Zeit immer mehr und mehr aufschreiben, damit man mehr lesen musste, da hatte der Jäger schon für sie ausgesucht. Erdbeerkaffee mit Apfelcreme. Das hörte sich wie eine Sünde an, die nicht einmal der Teufel begehen würde.
      Azoras Augen strahlten.
      "Au ja! Das will ich!"
      Er bezahlte den Zoll und die Maschine spuckte ihren Inhalt aus, als hätte sie zugehört. Azora griff sich gleich gierig die Dose, öffnete sie mit einem Zischen und kippte sich den ersten Schluck hinein. Es schmeckte danach, als wenn ein Troll in einen Becher gerotzt hätte und das ganze unter einem Haufen Zucker begraben hätte, damit es niemandem auffiel.
      Interessiert leckte sie sich die Lippen ab.
      "Also, drei Blocks zurück in die Richtung hab ich ein bisschen funkelnden Staub an der Hauswand gesehen. Könnte ein Gestaltenwandler sein. Und als wir bei dem Spielplatz vorbeigegangen sind, hat mir die Schaukel zugezwinkert."
      Azora war zwar als Vampir durchaus nicht empfänglich für sämtliche Arten von unmenschlicher Kommunikation, die überall um sie herum stattfand, aber sie hatte mit ihren schärferen Sinnen und dem Hang, sowieso immer mit unmenschlichen Kollegen abzuhängen, ein gewisses Gespür selbst für geisterhaftes entwickelt. Auch, wenn sie sich darin genauso gut täuschen konnte, denn schließlich hatte sie vor dem Menschen niemals viel Zeit damit gebracht, solche Arten zu jagen. Da war der Mensch ihr ganz eindeutig voraus.
      Aber dieses eine Mal schien sie ihm voraus zu sein, denn den Blick, mit dem er sie ansah, konnte sie nach einem Monat schon sehr gut deuten.
      Sie plusterte sich auf.
      "Was?! Du hast mich nicht gefragt, als wir da vorbeigegangen sind! Du bist nur -"
      Sie stand zur Veranschaulichung auf, stellte sich breitbeinig und -armig hin und imitierte etwas, das wohl Gehen sein sollte, aber mehr wie ein Affentanz aussah. Ihre recht modernen Schuhe - wenn man im Hinterkopf behielt, dass in der Mode eher Jahrhunderte als Jahrzehnte für sie ausschlaggebend waren - klackten hell auf dem Gehweg.
      "- weitermarschiert und hast dich so wichtig gemacht, damit aaalle Angst vor dem großen, bösen Jäger Ro haben, uhhhh."
      Sie richtete sich auf und grinste Ryo mit einem teuflischen Grinsen an, das zu viele messerscharfe Zähne enthüllte. Was sie nicht alles tat für ein bisschen Vergnügen.
      "Du kannst jetzt also entweder darüber schmollen, dass wir den ganzen Weg wieder zurücklaufen müssen, oder wir können endlich von dieser seelenlosen Straße abhauen und nach ein paar Orten suchen, wo es wirklich abgeht. Biiiiitte?"
    • Ryo beobachtete das Szenario, das Azora vor ihm ablaufen ließ eher genervt, und trank seine Dose leer, zerdrückte sie und warf sie gekonnt in den Mülleimer. Die ging ihm wirklich auf den Sack. Als wenn er jedesmal nachfragen müsste, ob, oder wenn sie was gesehen hätte, das durchaus von Belang wäre. Immerhin was das zugegeben schon etwas nützlich.
      Und jetzt schob sie natürlich alles auf ihn, weil es so langweilig wäre und hier nichts los sei. Sie würde doch gern wohin, wo mehr Spaß zu haben wäre. Vermutlich in einem der Parks. In etwa 100 Metern von hier gab es einen. Den würde Ryo ansteuern.
      Er seufzte, und beugte sich dann vor, bis er kurz vor der Dose war. "He, Dose, vergiss nicht den Müll zu entsorgen, wenn du ausgetrunken wurdest. Da drüben steht ne Biotonne.", sprach er zur Dose und zeigte mit dem Daumen über die Schulter.
      Dann grinste er und erhob sich wieder, schlug dann den Weg Richtung Park ein.
      Er wusste genau, das Azora ihn für den Witz grimmig anstarrte und ihr komisches Gesöff schnell leerte, und dann hörte er auch schon das Klimpern im Mülleimer.
      "komm schon, Trantüte. Wir gehen zum Park."

      Sie gingen ein Stück und dann bog die Straße in einen Nebenweg aus Sand ab, der sich zwischem grünen Rasen, Büschen und Blumenbeeten schlängelte, mehrfach abzweigte. Nachts war hier in der Regel nichts los. Aber sicherlich tummelten sich hier ein paar Üble Kreaturen.
      Manche brachten Unglück, verseuchten Gebiete damit, und irgendein armer Troll der dann zuerst diesen Ort passierte, bekam sofort, oder im Lauf des Tages ein kleineres oder größeres Unglück präsentiert. Das ging gern mal bis zum Tode.
      "So, da wären wir. Mach dich mal etwas nützlich, Azora. Vielleicht findest du Spuren.", meinte er und schritt den Weg entlang.
      Unweit entfernt ließen sich zwei Krähen auf einem Ast hoch oben in einer Baumkrone nieder, und beobachteten das seltsame Paar, das hier nachts den Park aufsuchte. Neugierig versuchten sie wohl den Sinn herauszufinden, warum sie nicht wie die anderen Zweibeiner in ihren Nestern waren und schliefen. Waren diese beiden nächtliche Räuber?

      Das Licht der wenigen Laternen, die die Wege beleuchteten, und auch die ein oder andere Sitzgelegenheit, ließen seltsame Schattenspiele über den Boden gleiten, wenn der sanfte Wind mit den Büschen und den Ästen der Bäume spielten, die sich gern mal neigten.
      Tatsächlich waren sie nicht alleine im Park. Augen beobachteten sie, und es waren nicht jene der Krähen.
      Irgendetwas lauerte dort zwischen den Büschen und es hatte Hunger. Großen Hunger.

      Diese Kreatur schnaufte, schnüffelte und knurrte kehlig, während die Augen die Beute fixierten. "Fleisch .... ich rieche Fleisch. Frisches Fleisch und .... verdorbenes. Einerlei, ich werde alles hinunterschlingen. Hunger ... ich habe Hunger ...."
      Münder fletschten Zähne, Zungen kamen aus Mündern, von denen Speichel tropfte.
      Nur noch ein wenig Geduld, und sein erstes Opfer war in Reichweite. Eines hatte sich abgesetzt, war irgendwo im Park verschwunden, aber es war nicht weit weg.
      Ja,komm näher .... Mensch ....

      "Und komm nicht wieder damit, ich hätte nicht gefragt. Du wirst mir sagen, wenn du was fundest, verstanden?", warf er ihr noch nach, während sie davon huschte. Es wehte noch ne patzige Antwort zurück, als er sich aufmachte, dem Weg zu folgen.
      Schaut doch erstmal alles ruhig aus. Leider war auch genau dass das Verdächtige an der ganze Sache. Es war zu ruhig. Wo waren die Insekten? Es war noch nicht sommer, aber ein wenig hätte man hier durchaus sehen und auch hören können. Es wird weniger, je weiter er sich dem Mittelpunkt vom Park näherte.
      "Hmm, da ist doch was faul ...", grübelte Ryo, und griff bereits nach seinem Schwert, hielt es aber noch unterm Mantel verdeckt.
      Knapp zwei Minuten später wurde sein Verdacht dann bestätigt. Hier im Park lauerte ein Dämon.

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      Plötzlich sprang eine etwa 3 m große Kreatur aus dem Gebüsch auf den Weg und brüllte angriffslustig.
      "**ROOOAAAHHRRR**, Hallo, Mensch. Hättest du das Vergnügen, dich von mit fressen zu lassen? Hähähä..."
      Dann sprang die Kreatur vor und holte mit einer Klaue aus.
      Ryo sprang zurück und zog das Schwert. Das Metall der Klinge blitze kurz im fahlen Licht der Laternen auf, und ein dumpfes **KLONK* zeugte davon, das Klaue und Metall sich trafen, und der Angriff des Dämons kurzfristig unterbrochen und vereitelt wurde.
      Der Dämon knurrte überraschte. "Hmmrrrrr, ein Schwert. Hähähä, dann bist du kein gewöhnlicher Mensch. Ein ... ein Jäger."
      Die Augen der Kreaturleuchteten auf. Wenn er sich so eine Beute schnappen könnte, das wäre ja wie ein edles Essen am Tisch eines Herrschers.
      "Ganz recht. Raven nennt man mich. Und ich habe nicht vor, heute Nacht zu sterben. Von dir kann ich das allerdings nicht behaupten."
      Der Dämon lachte. Der Mensch besaß Humor. Seine schuppige Haut würde jeden Hieb abwehren, und einer seiner Münder würde schon noch ein Happen abbekommen.
      Der Schwanz peitschte, er richtete sich auf die Hinterbeine auf und brüllte.
      Selbstverständlich hatte er schon vergessen, das es dort noch eine Beute gab, so sehr hatte er sich auf diesen Raven fixiert.
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    • Wie erwartet kam Ryos Reaktion eher unbeeindruckt, nachdem immerhin auch schon ein ganzer Monat damit vergangen war, dass Azora gehörig die Grenzen seiner Nerven austesten konnte. Wobei, eigentlich war er immer schon recht unempfänglich für ihren Spaß gewesen, was eine weitere Sache war, die sie nicht verstehen konnte. War es nicht spannend, die Nerven zu verlieren? Seinem Temperament zu unterliegen und die Welt in einem Schleier aus Rot verschwinden zu sehen? War das nicht etwas, um öde Tage weniger öde erscheinen zu lassen?
      Aber natürlich hatte der Mensch auch eine ganz andere Weltenansicht als sie. Wäre immerhin auch schlimm, wenn sie in irgendeiner Sache gleicher Meinung wären, das würde gar keinen Spaß machen.
      "Oh, haaah-haaaah. Das ist lustig? Darüber kannst du lachen? Wirklich?"
      Leider machte der Jäger sich da schon auf den weiteren Weg und auch wenn Azora gerne zum Trotz zurückgeblieben wäre, musste sie doch wieder aufpassen, dass er nicht zu weit wandern würde. Immerhin könnte jederzeit ein Yokai aus den Schatten springen und diesem schmächtigen, verletzlichen Menschen gehörig eins reinwürgen. Das würde dann aber leider bedeuten, dass er auch Azora eins reinwürgte.
      "Wo hast du deinen Humor gelassen, etwa im letzten Jahrhundert?!"
      Ryo reagierte schon gar nicht mehr auf die verspätete Gegenfuhr. Da sprang Azora auf, trank die Troll-Rotze mit Süßungsmittel aus und warf die Dose auf den Mülleimer. Sie prallte hell und laut gegen den Rand, bevor sie auf den Boden daneben fiel. Die Vampirin war aber schon damit beschäftigt, zu ihrem Schützling aufzuholen.
      Sie gingen weiter zwischen Hochhäusern hindurch - Azora wusste, dass es auf der Welt noch viel höhere Häuser gab, aber damals, als sie noch ein Mensch gewesen war, hatten die Häuser allesamt höchstens zwei Stockwerke gehabt und deswegen war hier fast alles für sie ein Hochhaus - und dann in einen Park hinein. Hier war es genauso verlassen und leblos und öde wie überall sonst auch, wenn man von den paar Vögeln absehen wollte, die sich an einem nahen Baum niedergelassen hatten.
      Azora stöhnte theatralisch, allein schon, weil sie die Gelegenheit dazu hatte.
      "Ich? Wieso ich, ist es nicht dein Auftrag? Ist es nicht dein Geld, das wir hier anschaffen? Dann beweg du dich auch!"
      Aber trotz ihres Widerstands blieb sie selbst schon stehen und ließ den Blick über die Wiesen der Grünfläche schweifen.
      Die Büsche, Pflanzen und allgemeine Vegetation gaben ein rhythmisches Rascheln von sich, wenn der Wind sie streifte. Der Wind selbst machte ein Geräusch, ein sehr fernes, leises Heulen, das dem Jäger wohl verborgen bleiben würde. Die Feinheiten eines vampirischen Gehörs eben. Die Klauen der Krähen kratzten über die Baumrinde in ihrer Nähe und der Sand knirschte unter den festen Schritten des Jägers.
      Ein beständiger, ruhiger, gesunder Herzschlag hallte über die Fläche hinweg und schien direkt und ganz gezielt auf Azoras' Gehör aus zu sein. Ryos Herzschlag. Er war allgegenwärtig, zu jeder Tageszeit, jeder Stunde, jeder Sekunde und auch nach einem Monat noch lief ihr das Wasser im Mund zusammen, wenn sie sich nur ein bisschen darauf konzentrierte. Sie hatte sich dieses Opfer schließlich nicht zufällig ausgewählt und wahrscheinlich die Tatsache, dass sie gerade dieses Blut nicht hatte bekommen können, hatte einen ganz besonderen Effekt auf sie. Kein anderes Herz erinnerte sie so schnell und unbarmherzig daran, was sie im Moment haben könnte.
      Aber sie waren nicht hier, um mit dieser alten Leier wieder anzufangen, denn natürlich hatte Azora schon mehrfach verlangt, Ryos Blut zu trinken. Immerhin musste er sie am Leben erhalten, oder nicht? Und auch, wenn sie nicht verhungerte ohne Blut, musste sie sich doch ordentlich verteidigen können. Aber nein - Jäger und ihre Prinzipien und alles. Keine Unprofessionalität während der Patrouille, denn sonst gab es nicht genug Geld für ein ordentliches Abendessen.
      Azora würde ein weiteres Jahrhundert brauchen, um sich den Fraß reinzuziehen, den der Mensch in seiner "Mikrowelle" warm machte. Bis sie soweit war, würde sie sich also doch lieber an die ätzenden Regeln halten, die er aufgestellt hatte.
      Ryos befehlshaberische Stimme riss sie früh genug von dem Geräusch seines Herzschlags fort, bevor sie noch auf falsche Gedanken gekommen wären. Empört starrte sie seinem breiten Rücken nach.
      "Such dir doch einen Hund, der kann sowas für dich machen! "Und komm nicht wieder damit, ich hätte nicht gefragt" - so hörst du dich an, weißt du das? Wie ein Affe!"
      Ryo reagierte schon nicht mehr und da wandte Azora sich ganz unwirsch ab und stolzierte absichtlich in die genau entgegen gesetzte Richtung davon. Sollte er doch seinen dummen Auftrag machen, was würde dabei schon herum kommen? Sie würden wieder die ganze Nacht herumstaksen und dann würde er den halben Tag pennen und das war so ätzend langweilig, dass es langsam an Azoras' Nerven kratzte. Wann würde endlich wieder etwas passieren? Wann würde das Leben wieder lebenswert werden?
      Sie marschierte etwa 100 Meter in eine Richtung davon, fand eine Bank und ließ sich trotzig darauf fallen. Danach versuchte sie, ganz absichtlich, sich so wenig auf ihre Umwelt zu konzentrieren wie nur möglich, aber ganz konnte sie es schließlich nie ausschalten. Irgendwo in ihr drin schlummerte schließlich ein Jagdtrieb, der darauf aufgelegt war, sie bei möglicher Beute sofort zu alarmieren.

      Und diese mögliche Beute war kaum zwei Minuten später eine Art Röhren, das aus der Ferne kam und aber sehr viel deutlicher durch den weichen, erdigen Boden zu ihr durchdrang. Das war nun ganz sicher keine Krähe und auch sonst nichts, womit man in diesem Park hätte rechnen können. Was aber dieser Sache einen gewissen Haken verpasste, war die Tatsache, dass es aus der Richtung kam, in der Ryo verschwunden war.
      Azora sah ihn auch nicht mehr. Sie hörte ihn auch nicht mehr, weder seinen Herzschlag, noch seine festen Schritte. Alarmiert sprang sie da doch wieder auf, denn Menschen waren so weich und matschig, nur ein falscher Hieb und schon waren sie tot. Nur ein einziger Fehler und Ryo würde verenden.
      Und mit ihm Azora.
      So schnell, wie sie jetzt rannte, war sie schon lange nicht mehr gerannt - über einen Monat war es sicherlich her. Die Landschaft flog an ihr vorbei, ein einziger Schleier aus dunklen Schemen, die zur Unkenntlichkeit verwuschen, als ihre Füße sich mit der zehnfachen Geschwindigkeit eines Menschen fortbewegten. Diese Art der Fortbewegung war in gänzlicher Hinsicht ineffektiv, außer natürlich von der Geschwindigkeit selbst, denn sie konnte kaum etwas hören oder richtig sehen, ehe sie nicht langsamer wurde. Aber das musste sie in diesem Fall auch gar nicht. In diesem Fall war sie binnen Sekunden bei Ryo und blieb dort gerade noch rechtzeitig stehen, um nicht in den grünen Berg zu laufen, der sich vor ihr aufgetan hatte.
      Ein Dämon, dessen Vater ein hässliches Krokodil und dessen Mutter ein noch viel hässlicherer Drache gewesen war. Azora rümpfte die Nase bei dem Gestank nach Sumpf, Reptil und Verwesung, der ihr dabei in die Nase stach. Bei Dämonen konnte man wirklich jedes Mal aufs Neue davon überrascht werden, wie ausgefallen hässlich und ausgefallen widerwärtig sie doch waren.
      Einer der Gründe, weshalb die Vampirin selbst sich in dämonischen Haushälten bewegte.
      Dieser hier war aber alles andere als interessant, selbst für ihre Verhältnisse. Er stank und was noch viel schlimmer war, er ragte vor Ryo auf, der selbst mit seinen breiten Schultern und seiner Eisenmaske irgendwie klein vor dem Ungetüm aussah. Und er hatte die Tatze erhoben und ließ sie auf Ryo herabsausen.
      Azora war zwar nicht schnell genug, um die Pranke irgendwie aufhalten zu können, aber zu ihrem Glück war Ryo ein äußerst erfahrener Jäger, der ganz eindeutig nicht zum ersten Mal gegen eine solche Bestie kämpfte. Seine Füße standen fest auf dem Boden, breitbeinig, das Gewicht nach hinten verlagert, die Waffe in einem Winkel gehalten, der sie sie ihm in der Hand verankert halten würde. Das Biest musste eine ungeheure Kraft in seinen schuppigen Muskeln haben, aber Ryo wich keinen Zentimeter zurück. Nutzlos prallte die gewaltige Klaue von seinem Schwert ab.
      Das war jetzt schon eher interessant, aber auch, wenn Azora mittlerweile ein eigenes Vermögen dafür gezahlt hätte, Ryo in einer Art Arena gegen Viecher wie dieses antreten zu sehen, ging ihr doch gehörig gegen den Strich, welcher Gefahr der Mensch ausgesetzt war. Kämpfen zum Spaß ja, aber nicht, wenn Azora dabei auch selbst draufgehen würde. Irgendwo musste sie schließlich die Grenze ziehen.
      Das Vieh hob sich mit einem hämischen Lachen auf seine fetten Hinterbeine und brüllte dann wie ein Wolf, der sein Revier markieren wollte. Das war dann doch zu viel des guten. Das Ding bräuchte nur einen Glückstreffer und Ryo wäre Matsch, nicht einmal mehr von Azora zu retten.
      Sie schoss nach vorne, noch bevor der Dämon sich dazu hätte entscheiden können, ob er den Jäger zunächst ansprang oder sich erst wieder ein bisschen mit ihm unterhalten würde, und prallte ungebremst gegen den entblößten Brustkorb. Die Vampirin brachte eine ordentliche Kraft auf, aber selbst die Macht ihres Wesens war nicht genug, um das Ungetüm zu Fall zu bringen. Dafür stolperte es doch einen Schritt nach hinten, während Azora gleich alle Gliedmaßen um den riesigen Leib schlang, sich vehement festhielt und ihre Zähne in ihn schlug.
      So hatte sie es zumindest geplant. Allerdings stießen ihre Zähne nicht auf Schuppen, sie stießen auf verdammten Stein, der nicht zu durchdringen war. Und ein plötzlicher Schmerz zuckte durch ihren Arm, als eines der Mäuler an seiner Schulter - sie waren auf dem ganzen Körper deieses Viehs verteilt, woher kam nur dieser Albtraum?! - ihren Arm erwischte. Messerscharfe Zähne bohrten sich mühelos durch ihr Fleisch, auch wenn der Knochen einen Stopper darstellte. So stark schien dieses kleinere Maul dann doch nicht zu sein, um auch Knochen zu penetrieren.
      "UUUUUAAAAAAAAHHHHH! WIRKLICH?!"
      Das würde keine lebensgefährliche Wunde sein, schließlich bestanden die Zähne des Monstrums nicht aus Silber, aber verdammt nochmal tat das weh, so eine Scheiße, verflucht nochmal, ahhh!
      "DU... HÄSSLICHE GEBURT VON EINEM.... AHHHH!"
      Azora hatte zu wenig Erfahrung damit, was das ordentliche Jagen von dämonischen Auswüchsen anging, als dass sie hätte kontrollieren können, was das Vieh jetzt tat. Und ganz wie es aussah plante es wohl, ihr den Kopf abzubeißen, solange ihr Arm noch in der Schulter steckte.
      Was für ein sehr unwürdiger Tod für eine Frau ihren Alters.
      Entsprechend waghalsig wurde sie, als sie sich absichtlich ihm entgegen reckte, so viel es ihr gefangener Arm nur erlaubte, und beherzt nach seinem Maul griff. Er beugte sich runter zu ihr und öffnete seinen Schlund, um ihn über ihren Kopf zu stülpen. Sie bekam seine glibberige, schleimige Zunge zu fassen und zog, zog, zog so stark, wie es ihre übernatürliche Kraft zuließ. Sie hätte sie vermutlich rausreißen können, aber dieser spezielle Dämon schien widerstandsfähig zu sein. Statt sie herauszureißen, zog sie sein Maul nur noch schneller näher.
      "MACH WAS! MACH WAS! ROOOOO!"
    • Azora startete einen Überraschungsangriff auf den Dämon, der sogar kurzfristig ein paar Schritte nach hinten geworfen wurde. Allerdings war es das dann auch schon gewesen, mit dem Einsatz von Azora. Ihr Versuch, die Schuppenpanzerung zu durchbeissen wurde sofort anhand der Härte dieser unterbunden. Offenbar zu hart für Vampirzähne ... oder für ungehobelte Damen, die blindlings losstürmen und Ryo jetzt im Wege hing. Er konnte keinen direkten Angriff starten, weil Azora sich in eine brenzlige Lage versetzt hatte. Machte sie das mit Absicht? Nein, nicht wirklich. Ihr Arm hing in einem der Mäuler, und seine Zähne kamen sehr wohl durch die Haut eines Vampirs, und nur der Knochen verhinderte wohl, das die kleinen Münder da mal eben durchbissen. Von dem großen Maul, das jetzt nach Azoras Kopf geiferte, war das wohl eher zu erwarten. Gleich wäre diese Zicke erledigt, und Ryo hätte ein Problem weniger in der Welt ..... wenn es da nicht noch ein viel größeres Problem gäbe. Er durfte nicht zulassen, das sie starb, sonst wäre er hier auch erledigt, dank eines Fluchs. Noch gute 11 Monate musste er durchhalten. Verdammt.
      "Tzzz, Azora, du nutzlose blöde Kuh .....", knurrte er genervt zwischen den Zähnen hervor.
      Sie quietschte vor Schmerz und sah ihrem Untergang entgegen, verlangte von ihm, das er endlich was tat. Er hätte ja gern schon was getan, aber Madame wollte sich ja direkt als Schildsnack für den Dämon anbieten.
      Ryo seufzte nochmal genervt, und ging dann etwas in die Hocke, sprang dann mit ganzer Kraft ab. Er war zwar ein Mensch, aber auch eher war mit einigen Verbesserungen gesegnet. Das Bekämpfen von Yokai und Dergleichen verlangte schließlich auch einiges ab.

      Der Dämon fauchte und knurrte, lachte sogar kehlig, als er merkte, das ihm ein Vampier zwischen den Zähnen hing.
      "Hähähä, da ist ja das verdorbene Fleisch. Ich kann Vampire nicht ausstehen. Aber als Mahlzeit durchaus zu gebrauchen. Ich werde dich genüsslich zerkauen, hähähä ....."
      Dann packte seine Beute seine Zunge, und er machte ein kurzes "....urrgghh.. daf wirm diär nifft heffän..."
      Sein Maul kam nur noch schneller näher und dann wollte es zuschnappen, doch der Biss ging ins Leere, und ein Ziehen machte sich in seinem Maul bemerkbar. "Was....?"

      Azorawar nicht mehr da, wo sie eben noch steckte. Ryo war hochgesprungen und hatte sich die Vampirlady geschnappte, und dabei mit seinem Schwert die Zunge abgetrennt, die Azora fast in einer Hand umkrallt hatte. Das war halt der schnellste Weg. Allerdings gab es auch ne schöne Fleischwunde an ihrem Arm, der in einem der kleineren Mäuler gesteckt hatte. Aber Vampire konnten sich ja auch wieder ganz gut regenerieren, weshalb das sicher zu verschmerzen war. Immerhin leb ten sie beide noch.
      Er landete ein paar Meter weiter auf dem Rasen und ging in die Hocke, richtete sich kurz darauf wieder auf, und hielt Azora immernoch seitlich auf dem Arm.
      "Alles Inordnung?", fragte er kurz, und bekam eher ein überraschtes nickten, als Worte. "Du Dummkopf. Wieso bist du mir in den Weg gesprungen? Ich wollte dem Vieh gerade eine verpassen. Mit dir hat man nur Ärger."
      Er ließ sie einfach fallen.*Plumms*
      "Zeit aufzuräumen." Ryo drehte sich um, packte das Schwert mit beiden Händen, und machte sich kampfbereit. Der Dämon unterdessen fauchte wütend. Er hatte etwas Zunge eingebüßt, und seine Mahlzeit wurde geraubt. Wütend zeigte er mit der Klaue auf den Menschen. "Duuuuuhhhh...... ICH FRESSE DICH ...!"
      Beide stürmten los und Ryo zielte auf eines der Mäuler, um da sein Schwert reinzustechen. Da war der Dämon sicher nicht gepanzert.
      Dann flog er aber auch schon wieder an Azora vorbei, krachte rücklings auf den Boden und schlitterte kurz über den Rasen, ehe er liegen blieb und kurz hustete. Die Klaue hatte ihn voll erwischt, aber der Mantel hatte das Meiste abgefangen. Die Schlagkraft konnte er jedoch nicht kompensieren. Ryo wurde einfach beiseite gefegt, als hätte ihn ein LKW erwischt.
      "Uffff, ... das war ein guter Treffer ...*hust*"
      Der Dämon richtete sich kurz auf, brüllte seine Überlegenheit in die Nacht, und machte sich dann auf, sich seine Beute zu holen.
      Ryo richtete sich auch schon wieder auf, und würde sich nicht nochmal lumpen lassen.
      Er dachte nach. **Hmmm, seine Mäuler sind alle dort, wo normalerweise Gelenke sind. Wenn ich mit der Schneide dort zuschlage, kann ich ihm womöglich Arme und Beine abtrennen. Dazu sollte er aber nicht so zappeln.**
      Es gab nur eine Channce. Und die Vampirin musste dabei helfen.
      "Azora? Schnapp dir sein Schwanz, oder krall dich auf seinem Rücken fest, und lenk ihn ab. Pieks ihm ins Auge oder sowas."

      Auch wenn es Azora nicht gefiel, musste sie ihm wohl vertrauen,und hoffen, das dort nicht noch weitere Mäuler lauerten. Immerhin lauerten da ja schon Rückenschuppen, die ebenfalls spitz und scharfkantig aussahen. Sie musste aufpassen.
      Aber irgendwie schaffte sie es dann, den Dämon abzulenken, so das Ryo vorstürmen und zielen konnte. Mit einem kraftvollem Schlag schaffte er es dann, das rechte Bein zu durchschlagen. Es hatte funktioniert, so wie er es sich gedacht hatte.
      Der Dämon heulte auf und kam ins Stolpern, griff mit einer Klaue nach hinten um Azora zu greifen, mit der anderen nach Ryo, der geschickt auswich, und erneut zuschlug. Dann lag auch der rechte Arm am Boden, und damit war der Dämon rechts handlungsunfähig. Sein Körper stürzte, und nur der Schwanz bot jetzt noch zusätzlichen Halt.
      Und Azora hing ihm immernoch im Nacken. Er fluchte und spuckte Blut.
      Ryo grinste kühl. "Zeit, das Spiel zu beenden."
      Der Dämon erkannte, das er wohl verloren hatte, und bettelte plötzlich um Gnade. "Halt, warte Mensch .... wir können uns sicher einigen ..."
      "Tzzz...", kam es von Ryo und er stürmte los. Die rechte Schulter war das Ziel, denn hier klaffte nur ein halbes Mail und dort konnte er das Schwert hineinrammen, und seine inneren Organe erwischen.
      Mit einem Aufschrei und ganzer Kraft tat er das dann auch, und so bäumte sich der Dämon auf, schrie laut in den Himmel, ehe seine Kehle verstummte, und er schwer zu Boden krachte.
      Ryo sprang im Salto zurück, landete sicher auf seinen Füßen und schwang das Schwert ruckartig, um das Blut von der Klinge gleiten zu lassen. Dann musste er nicht soviel davon abwischen.
      Und die Tatsache, das er noch lebte, bedeutete auch, das Azora noch lebte. Also sparte er sich die Fage, ob sie noch da wäre.
      Außerdem wehten ihm schon die ersten Beschwerden in die Ohren. Ja, ihr ging es wohl gut. Zu gut.
      Als sie von dem Kadaver runter kam, und sich beschwerte, war seine Antwort darauf, das er ihr Kleid nahm, etwas hoch zog und dann seine Klinge darin säuberte.
      "Ich denke wir sind hier fertig. Ich werde kurz die Leiche löschen. Mach du gern eine Pause.", erwähnte er und ignorierte ihr weiteren Beschwerden, nahm etwas aus einer inneren Masnteltasche und zeichnete etwas auf die Haut des Dämons. Eine Art Löschsymbol für tote Kreaturen. Damit verschwanden die Leichen kurz darauf in deren Dimension zurück, und niemand würde diese finden und Fragen stellen.

      Als er fertig war, streckte er sich und steckte das Schwert wieder an seinen Gürtel. "Puuuh, war ganz schön anstrengend. Nun habe ich seit unserer Begegnung das Erstemal einen mächtigen Gegner, und dank deiner Hilfe wurde es noch komplizierter. Bist ja eine feine Vampirdame. Wie konntest du überhaupt so lange alleine überleben? Und dann bringst du mich einfach so in Lebensnotlage. Ist ja kaum auszuhalten.", nörgelte er.
      Sie hatte wohl noch einiges zu lernen.
      Immerhin gäbe es heute Nacht einen Bonus. So ein Dämon war schon was wert, und die Gefahrenzulage war saftig.
      Alles, was von dem Dämonenkadaver übrig geblieben war, war ein dunkelgrüner Mineralstein, ein Grüner Ricald, der nach der Löschung in Ryos Hände geglitten war.
      Er warf ihn kurz hoch, fing ihn und steckte ihn in einen Beutel. Das war der Nachweis für den Kampf und den Bonus.
      Dann spähte er zu ihrem Arm. "Und die Wunde? Kannst du sie regenerieren? Wir haben noch ein paar Stunden Arbeitszeit. Oder willst du abbrechen?"
      Wenn sie heute nicht mehr könnte, gäbe es weniger Stundenlohn. Sie könnten jederzeit zum Moonlight gehen und den Tag, oder eher die Nacht, beenden. Er überließ die Wahl mal Azora.
      Zehn Zerrüttete Zahme Zebragestreifte Zauberhafte Zypern Ziegen Zogen Zum Zehnten Zehnten Zukunftsorientiert Zehnmal Zähneknirschend Zehn Zentner Zerstoßenen Zucker Zum Zoo Zurück
    • Der widerliche, stinkende, faulige, schimmelnde, schwammige, grässliche Gestank des Dämons blies Azora mitten ins Gesicht, die seine Zunge gepackt hielt wie eine Rettungsleine und verweigerte, sie loszulassen. Ihre Abstammung war wohl der einzige, kleine Vorteil in dieser Situation, denn ohne vampirisches Blut würde sie vermutlich jeden Augenblick an Blutverlust sterben und außerdem konnte sie keinen Dämon mit seiner Zunge alleine im Schach halten.
      Aber leider war das auch nicht genug. Und leider brauchte Ryo viel zu lange - schaute er ihnen bei diesem Spektakel etwa zu? Die Vampirin hätte ihn zwar selbst dabei beobachtet, wie er gegen das Reptil kämpfte, aber wehe ihm, wenn er es bei ihr tun würde!
      Dann war da allerdings ein fester Arm und gleich auch ein zweiter, dicht gefolgt von einer im Mondlicht aufblitzenden Klinge, die durch die Luft schnitt. Der Widerstand, mit dem Azora die glibbrige Zunge noch festhielt, verschwand mit einem Mal und Blut spritzte ihr stattdessen entgegen, als Ryo angesprungen kam, nicht nur die Zunge an genau der richtigen Stelle durchtrennte, sondern auch noch die Vampirin mit sich riss. Die Zähne des gesichtslosen Mauls rissen Azora den weiteren Arm auf, was sie mit einem zweiten, leidenschaftlichen Schrei an ihre Umgebung mitteilte, aber dann war sie plötzlich fort von dem Dämon und in Ryos Armen.
      Zugegeben, das war schon ziemlich ordentlich gewesen. Das war sogar recht überraschend gewesen und aufregend und gefährlich; Azora starrte in das von Blut gesprenkelte Gesicht des Jägers empor, der sich eher resigniert über ihre Gesundheit informierte. Sie nickte wortlos. Das war ja mal wirklich ein spannender Akt gewesen; wie oft würde sie noch den Fehler begehen, den Jäger zu unterschätzen?
      Dann war der heldenhafte Moment vorüber und Azora wurde wie ein Müllsack auf den Boden entlassen.
      "Ah! Wieso bist du dem Vieh im Weg gestanden?! Es hätte dich zermalmt! Zerschlagen! Dir den Kopf abgebissen!"
      Es hatte mal eine Zeit gegeben, in der Anfangsphase dieses schrecklichen Fluches, da hatte Azora sich noch die Mühe gemacht klarzustellen, dass sie keinerlei Interesse hatte, wie das Schicksal des Jägers ausgehen würde - wenn sie sich nach seinem Wohlbefinden erkundete, dann nur, damit sie selbst weiterleben würde.
      Aber jetzt tat sie es nicht mehr. Er wusste trotzdem, dass sie es am Ende des Tages nicht scheren würde.
      Ryo wandte sich seinem Widersacher wieder zu, um seinen Auftrag zu erfüllen, da sprang auch Azora wieder auf. Der Dämon war jetzt wütend, weil er wohl damit gerechnet hatte, Vampirfleisch zum Hauptgang zu bekommen. Tja, da hatte er wohl nicht gut genug aufgepasst, um Azora zu erwischen.
      Aber jetzt wollte der Mensch sich derselben Gefahr ein zweites Mal stellen.
      Azora schüttelte ihren schmerzenden und blutenden Arm aus, da sprang zu ihrem steigenden Grauen der Jäger ein zweites Mal nach vorne und rannte direkt auf den Dämon zu, der den Angriff seinerseits imitierte. Auch diesmal wäre Azora nicht schnell genug gewesen, dafür konnte sie mit sehr feiner Genauigkeit beobachten, wie der muskelbepackte Körper des Dämons sich ausrichtete, wie sein Arm ausholte und wie Ryo dabei schon zu sehr in seiner Geschwindigkeit war, um seine eigene Bewegung anpassen zu können. Sie verzog das Gesicht. Der Schlag kam und der Mensch wurde wie eine Puppe wieder nach hinten geschleudert.
      "Ro! Das war mindestens genauso dumm!!"
      Sein Herz raste laut in ihren Ohren, angefacht von kampfgetriebenem Adrenalin, laut und schnell und verlockend und wunderschön. Aber Blut roch sie keines, zumindest über den Gestank des Dämonenbluts hinweg. Und Ryos Blut hätte sie erkannt, ganz sicherlich. Nein, er hatte keine äußerlichen Verletzungen, das war doch schonmal gut.
      Beide machten sich auf den nächsten Angriff bereit, aber diesesmal gab der Jäger Azora ganz klare Instruktionen. Wannanders hätte sie sich nichts von ihm sagen lassen, nicht, wenn sie keine Lust darauf hatte, aber dieses Mal wollte sie eine Ausnahme machen. Dieses Vieh würde tatsächlich noch so weit kommen, dem Menschen ernsthaft Schaden zuzufügen.
      Ablenken also. Klar, nichts leichter als das. Sie hatte ja nur ihren einen Arm schon beinahe verloren.
      Dieses Mal konnte sie sich aber besser vorstellen, was zu tun war, nachdem Ryo nicht mehr so offensichtlich in Gefahr schwebte. Da lief sie ein weiteres Mal los, schneller als der Mensch, wendiger als der Mensch, beweglicher als der Mensch und als der Dämon auch nach ihr ausholte und gleichzeitig sein Maul aufsperrte, weil er sicher schon wusste, dass Vampire nicht so einfach zu erreichen waren, da wich sie beiden aus, schlitterte über den weichen Erdboden hinweg an seinen Beinen vorbei, bekam seinen Schwanz zu fassen, sprang ab und landete auf seinem unteren Rücken. Ein weiterer Sprung, kurz bevor das Vieh sich ruckartig in die andere Richtung warf, um sie gleich wieder loszuwerden, und sie bekam feste und viel zu große Schulterblätter zu fassen. Dort geriet sie mit dem Momentum des gewaltigen Körpers ins Schleudern, schlang beide Arme um den fetten Hals des Vampirs und kroch von dort weiter nach oben. Eine Klaue erschien, groß und hässlich und stinkend, und grabschte nach ihr. Sie wich ihr auf die andere Seite aus, ließ für einen Moment los, fing sich aber trotzdem an seiner Schulter und hielt sich weiter fest.
      Der Dämon röhrte laut und ohrenbetäubend. Es schien ihm nicht zu gefallen, die Vampirin an seinem Nacken kleben zu haben, aber der Drang, sie genau von dort zu entfernen, ermöglichte es Ryo, wieder vorzustoßen und diesmal einen Treffer zu landen. Mit der unbekannt langen Erfahrung eines ausgebildeten Jägers durchtrennte er das eine Bein und brachte das wütend Röhren-Geräusch zu einem eher gequälten Brüll-Kreischen. Stinkendes, ätzendes Blut platschte auf den Boden unter ihnen, wovon Azora niemals freiwillig trinken würde - niemals. Aber es war ihr Zeichen, dass der Treffer gesessen hatte.
      Von dort an ging es ganz schnell. Der Jäger nutzten die Bewegungen des Monstrums geschickter aus, um ihm auch noch den Arm abzuhacken und ihn schlussendlich mit einem gezielten Stoß in eines seiner Mäuler zu Fall zu bringen. Azora musste während der ganzen Zeit nicht viel mehr machen, als sich weiter festzuhalten und zu versuchen, mehr Zeit herauszufinden.
      Die Geräusche erstarben schon bald und mit ihnen fiel das riesige Ungetüm gen Boden, die Vampirin noch immer an seinem Nacken, die ihn bis zum Schluss wie eine Welle ritt. Dann prallte er auf, sie sprang von ihm herab und erlaubte sich jetzt erst einen Blick auf ihre Kleidung.
      Auf ihre blutgetränkte Kleidung.
      "... wuaaAAAAH! MEIN KLEID! RUINIERT! VÖLLIG RUINIERT!"
      Ryos Antwort darauf war, dass er zu Azora trat, ihr ruiniertes Kleid anhob - und das schleimige, stinkende Dämonenblut seiner Waffe daran abwischte.
      Azora entriss es ihm so schnell, dass sie ihm sicher den Daumen gebrochen hätte, wenn er nicht klügerweise losgelassen hätte.
      "AHHH! BIST DU WAHNSINNIG?! DAS IST DÄMONENBLUT! DÄMONENBLUT!!!"
      Aber Ryo ging schon weiter und überließ Azora allein ihrem Verstandverlust.
      Als er mit seiner Arbeit wenig später zu Ende war, hatte sie die Arme vor der Brust verschränkt und schmollte so stark, dass sie sicher war, dass man es über ganz Narada spüren müsste. Die Fleischwunden ihres Armes hatten sich schon jetzt fast wieder regeneriert, nachdem ihre letzte Blutmahlzeit nicht allzu lange her gewesen war.
      Das steigerte ihre Laune aber nicht.
      "Ich bin auch kein verfluchter Jäger wie manche andere hier! Woher soll ich wissen, dass dieses Ding Vampir-resistent ist?!"
      Ihre Augen versprühten Gift und Zorn und ihre aufeinandergepressten Lippen waren so hart und scharf, dass sie etwas hätten schneiden können. Mit dieser Kombination versuchte sie ihm, die ganze Macht ihrer schlechten Stimmung reinzudrücken.
      "Wir gehen weiter, ich bin schon fast wieder gesund. Wenn du mir dein Blut gibst, geht es schneller."
      Natürlich stimmte er nicht zu, aber probieren konnte sie es ja wohl.
      Dann drehte sie sich auch ganz demonstrativ schon um und begann, durch den Park hindurch davon zu staksen, in dem Wissen, dass er ihr früher oder später nachkommen würde. Jetzt würde sie hier die Richtung angeben, vorbei war es damit, hinter ihm herzutänzeln, weil er seinen dummen Auftrag tun musste. Er hatte es geschafft, er hatte etwas aus Narada gebannt und würde bezahlt werden. Würden sie in dieser Nacht noch mehr finden, würde zwar der Lohn größer ausfallen, aber ein Grundeinkommen hatten sie damit schonmal.
      Soviel hatte Azora in dem letzten Monat auch schon über Wirtschaft und Finanzen gelernt.
      Der Park beherbergte aber keinen weiteren Dämon und auch sonst keine Anzeichen dessen, dass hier ein zweites übernatürliches Wesen lauterte - dachte Azora zumindest. Aber als sie ihn verließen, als der Sandweg wieder in Straße überging und sie das gegenüberliegende Viertel erreicht hatten, verleitete sie eine instinktive Eingebung dazu, sich noch einmal zu der Grünfläche umzudrehen. Und dort, im Schatten unter dem Mondlicht, verborgen von Vegetation und im Einklang mit dem Wind, der dort manchmal blies, stand eine Gestalt, dunkel und formlos und mit Augen, die so rot waren, wie die Höllenfeuer selbst.
      Der Blick lag auf Azora, starr und ohne zu blinzeln, aber weil sie noch immer sauer auf Ryo war und aufgebracht darüber, ihre tolle Kleidung ruiniert zu haben, sagte sie ihm nichts davon. Die Augen verfolgten sie auch nicht, sie blieben im Park, in der Begrenzung ihrer Schatten und starrten nur, bis die Vampirin sich von selbst abwandte.
      Nichts verfolgte sie und nichts bedrohte sie, aber sie wurden beobachtet, dessen war Azora sich sicher.
      Eine zweite Begegnung gab es aber nicht, bis die Nacht schon soweit fortgeschritten war, dass die Vampirin selbst schon wusste, dass der Mensch bald schlafen müsste, wenn er nicht wollte, dass seine Reflexe dafür einbüßen müssten. Und die Reflexe brauchte sie leider. Also drehte sie sich, noch immer trotzig, zu Ryo um und giftete:
      "Gib den hässlichen Stein bei deinen Leuten ab und dann lass uns nachhause gehen. Ich hab keine Lust mehr."
    • Stunden waren vergangen, seit der Begegnung mit dem Echsendämonen im Park. Sie hatten Schaden erlitten, aber nicht mehr als nötig, und das Meiste hatte eh Azora einstecken müssen. Aber die konnte sich eh regenerieren, und daher war es nicht so wild, in Ryos Ansichten natürlich. Das perfekte lebendige Schutzschild - solange sie nicht dabei draufging. Zumindestens die nächsten 11 Monate nicht. Verdammter Fluch.
      Wieder hatte sie nach seinem Blut verlangt, was er gekonnt verboten hatte.
      "Das hättest du wohl gerne, mein Blut zu trinken. Aber da musst du dich wohl noch gedulden, bis der Fluch uns verlässt. Aber sei versichert, meine Klinge kostet eher von deinem Blut, als deine Zähne von meinem."
      Nur eine kleine Warnung. Er wusste, das sie ihn anfallen würde, sobald der Zeitpunkt kommt. Sicher schon aus Rache. Vielleicht auch aus Vergnügen. Oder beidem.
      Die Stimmung war den Rest der Nacht eher kühl, und es wurden noch weniger Worte gewechselt als sonst. Auch eine weitere Dose aus einem Getränkeautomaten mit Geschmacksrichtung Blutorange, konnte das Eis nicht antauen.
      Letztenendes hatte sie den Weg vorgegeben und er war ihr einfach nachgelaufen, bis sie keine Lust mehr hatte, und ihn bat, diesen Stein vorzeitig mit der Arbeit abzugeben. Sie wollte nachhause. Tja, nachhause. Jetzt war auch seine Wohnung ihr Zuhause.
      Ryo stimmte schließlich zu und sie gingen beide weiter in Richtung Innenstadt.
      Hier gab es schon mehrere höhere Häuser, mehr Beton und mehr Straße und von allem eigentlich mehr, über Lampen bis zu Menschen, die Nachts unterwegs waren. Meistens jedoch innerhalb der Gebäude. Bald würde die Sonne wieder aufgehen und die ersten Läden würden öffnen. Noch schliefen die meisten Besitzer, die tagsüber ihr Geschäfft führten.
      Man sah Putzkräfte, hinter großen Bürofenstern ihre Arbeit verichten. Auch eine Art Nachtjäger - sie jagten den Dreck der Angestellten, der tagsüber hinterlassen wurde. Inklusive schlechter Bezahlung.
      Trotzdem kämpften sie weiter. Sehr löblich.

      Sie erreichten schließlich die Einkaufsstraße, folgten dieser ein paar hundert Meter und bogen denn in einen Durchgangsbereich zwischen zwei Hochhäusern ab. Mittig gab es ein paar Bäume in Reihe, dazwischen hochbeete und drum herum Sitzbänke.
      Gepflasterter Boden und auch Wegplatten. An einem der Gebäude gab es ein Schild, das schwach beleuchtet war. Boutique Moonlight. Ein Pfeil deutete auf die Treppe, die eine Etage tiefer führte. Der Laden war im Kellerbereich des Gebäudes eingerichtet. Sie gingen die Treppe hinab, kamen unten dann an einem Schaufenster vorbei, in denen ein paar Puppen saßen, mit putzigen Kleidern. Ein Kleid in viktorianischem Stil wurde ausgehängt. Für den Herren eine Lederkluft mit Nieten und Spitzen an den Schultern. Wohl eher was für Kriminelle oder jene, die von Halbstark zu ganz furchtbar Stark aufleveln wollten.
      In der Tür hing noch das Geöffnet Schild.
      Sie betraten den Laden, eine Glocke an der Tür klingelte in einem sanften Plingeling, das angesichts der angebotenen Waren fast fremd und falsch wirkte.
      Der Laden selbst wirkte ordentlich, wenn auch verwinkelt und vollgestopft.
      Der Kassenbereich war weiter hinten seitlich, die Vorhänge dahinter wie immer zugezogen. Kein Kunde zu sehen und zu hören. Auch die Inhaber fehlten.
      Azora schaute sich schon wieder um. "Glaub ja nicht, das ich dir neue Wäsche kaufe.", erwähnte Ryo beiläufig, während er zur Kasse marschierte. Ihr Kleid ist noch ganz geblieben und sie hatte ja noch zwei in ihrem Schrank liegen. Das musste reichen. ( ihr Kleid war am Arm kaputt ... und er ignoriert es gekonnt )
      "Willkommen.", kam es plötzlich von der Seite und Ryo zuckte kurz zusammen. Plötzlich war die Alte Mrs. Tinker aufgetaucht. Hat die sich dahin gebeamt, oder was?
      "Ahh, ihr seid es. Was wollt ihr?", fragte Edna Tinker direkt, und es schien ihr nicht zu passen, das die beiden hier waren. Ihre Augen huschten zu Azora, dann folgte halb der Kopf in einer ruckartigen Drehung, die durchaus was gruseliges hatte.
      "Besundel hier nichts mit deinem dreckigen Kleid, Kindchen!", fauchte die Alte, wandte sich sogleich wieder Ryo zu, der die Aufmerksamkeit auf sich zog.
      "Ähm, ich hab heute nen Echsendämon erlegt. War ne unangenehme Sache. Hier ist der Mineralstein, den der ..."
      "Ein grüner Ricald ..., äußerst selten. Ich kann dir 100.000 Yen dafür anbieten. Mehr ist jedoch nicht drin. Dazu noch ein Gefahrenbonus von 10 Prozent auf deinen Monatslohn berechnet. 20.000 Yen."
      Wieder erkannte Ryo, das er echt mies bezahlt wurde, für das, was er leisten musste. Immerhin würde heute Abend 120.000 Yen in seiner Tasche verschwinden. Da konnte man schon einiges mit anfangen.
      Natürlich protestierte Azora, und fragte, was denn ihr Anteil wäre. Mrs. Tinker beäugte sie kurz. "Ja, natürlich. Das hatte ich ganz vergessen. Du bekommst ja auch noch Lohn. Bei dir sind das dann 10.000 Yen Bonus. Also erhaltet ihr 130.000 Yen. Einverstanden?"
      Ryo übergab den Stein und sie verschwand kurz im Hinterzimmer, kam ein paar Minuten später zurück.
      Azora hatte die Wartezeit mit weiterer Begutachtung der Waren vertrieben, und Ryo stand nur mit verschränkten Armen vor der Brust, angelehnt an der Wand neben der Kassentheke.
      Er seufzte, knurrte und grübelte. Genervt seufzte er dann nochmal, und dann kam die Tinker zurück, und übergab den Umschlag mit dem Geld.
      "Hier. Zählen sie nach." "Nicht nötig. Ihr würdet mich wohl kaum betrügen. Gibt es eigentlich irgendwelche Aufträge?" "Nein."
      "Okay."
      Ryo sah zu Azora. **Mist. Ach, was solls ...**
      "Äh, Mrs. Tinker, haben sie Kleider im Angebot? Maximal die Hälfte von dem hier.", er wedelte mit dem Umschlag.
      "Für Takima?" "Ähh, ja. Ihr Kleid ist wohl doch etwas ... rampuniert."
      Eigentlich war sie ja selber Schuld, und sie hatte ja noch Ersatz. Aber heute hing wohl passende Ware aus, und ein paar hatte sie wohl im Auge.
      Natürlich bekam Azora mit, das hier gerade ein Einkauf bewilligt wurde. Die Hälfte vom Verdienst also? 75.000 Yen? Da ließ sich sicher was machen.
      Tinker trug auch ein langes Kleid, und es wirkte fast, als würde es über den Boden schweben, wenn sie ging. Allerdings hörte man ihre Schritte durchaus mal dumpf klacken. Sie begab sich zu Azora, um ihr die Auswahl zu zeigen.
      Ryo knurrte unterdessen genervt, und sprach zu sich selbst: "Dafür übernimmt sie den Rest der Woche mein Putzdienst."
      Hauptsache die Stimmung würde sich wieder lockern. Der Bäcker hatte noch zu. Sein Dienstende kam zu früh. Er verzichtete, Azora bekam extra. Irgendwas lief heute Nacht falsch. Naja, er hatte noch Nudelsuppen.
      Geduldig wartete er Azoras Einkauf ab.
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    • Mittlerweile war Azora schon ein paar Mal in diesem merkwürdigen Laden gewesen und wenn es nicht ausgerechnet Ryos halsabschneiderische Arbeitgeber gewesen wären, die ihm immer deutlich zu wenig bezahlten, was er für sein Risiko eigentlich bekommen sollte - nachdem Azora schon mehrere Währungswechsel mitgemacht hatte und einen Haufen Inflationen, war ihr Verständnis in Sachen Finanzen etwas getrübt, aber sie konnte ja doch zumindest die Preise lesen, die überall aushingen - hätte sie hier wohl gerne eingekauft. Sie stellte sich vor, dass hinter dem Ramsch und dem ganzen Krimskrams die Mäuse herumhuschten und der grässlichen Ladeninhaberin die Unterwäsche anknabberten. Sie hätte sich auch mal gerne durch alle Sachen gewühlt und hinter den Vorhang gelugt, der immer zu zu sein schien, aber so tat sie es doch nicht.
      Zumindest bis zu diesem Tag, als sie die schönsten Kleider entdeckte, die ein Schneider jemals in einem beschaulichen Leben von 50 Jahren zustande bringen könnte.
      Ihr entfuhr ein in den Bann gezogenes Keuchen und sie blieb glatt an dem düsteren Schaufenster kleben, das die Kleider neben der Tür darstellte. Sie besaßen mehrere Lagen, wie es sich gehörte, Unter- und Oberkleid, Rüschen an den Enden, ein ausfallender Rock, aufreizende Kragen und Ärmel, die in das beste Satin gehüllt zu sein schienen. Azora gab ein Geräusch der absoluten Bewunderung von sich, nachdem sie die meisten Kleider heutzutage so stillos fand. Schlichtes Design, figurbetone Schnitte, als wäre jede Frau heutzutage eine Prostituierte, billigster Stoff von allen billigen Stoffen.
      Aber diese hier, diese Auswahl...
      Sie fühlte sich gleich 200 Jahre jünger.
      Ryo war schon reingegangen, da huschte ihm die Vampirin doch nach, um so schnell wie nur möglich den Stoff befühlen zu können.
      Die Atmosphäre drinnen passte zu den draußen aufgestellten Kleidern, denn es roch ganz grundsätzlich wie ein rustikaler Weinkeller, nur ohne den Wein und dafür mit zusätzlichem, morschen Holz. Kein Wunder, wenn man hier bedachte, dass es kaum Fenster gab, aber das störte Azora sowieso nicht. Sie liebte es. Ganz spontan kam sie zu dem Entschluss, dass sie nie wieder woanders einkaufen wollte.
      Die alte Hexe von Ladeninhaberin tauchte auf, eine greise Frau, an der alles grau zu sein schien, sogar der dumpfe Herzschlag, der in ihrer Brust hämmerte. Er war nichts im Vergleich zu Ryos beständigem Hämmern, auch wenn Azora sich nicht zu schade war, auch etwas älteres zu probieren. Es konnte schließlich wie sehr guter Wein sein: Angereift, süß und fruchtig. Nur würde dann niemand mehr Ryo für seine komischen Aufträge zahlen und daher bestand eine gewisse Notwendigkeit, auch auf dieses Blut zu verzichten.
      Ihr schnarrender Tonfall kam zu Azora herübergeweht und die beantwortete ihn mit einer Geste ihrer Hand, die über die Jahrhunderte hinweg in Vergessenheit geraten war, die man in der heutigen Zeit aber gut mit einem erhobenen Mittelfinger vergleichen konnte. Dann besah sie sich gleich wieder die atemberaubende Auswahl, während Ryo verhandelte.
      Wobei man das nicht verhandeln nennen konnte. Viel eher bekam er wie ein Hund ein Stückchen Wurst zugeworfen und leckte es gleich vom Boden auf, in der Angst, nichts anderes geboten zu bekommen. Azora verzog das Gesicht, wandte sich von den Kleidern ab und schritt dann doch zur Tat, eine irgendwas über 500 Jahre alte Vampirin, die etwa das tausendfache an Verhandlungserfahrung aufweisen konnte wie die beiden Menschchen hier.
      Aber selbst ihre Verhandlungskunst prallte an einem knorrigen Gesicht ab, das so aussah, als würde die Haut aus grauem Leder bestehen.
      Verlustreich, gedemütigt und ihrer Würde beraubt, musste selbst sie sich diesem Weib geschlagen geben, das bei seinem Alter eigentlich gar nicht mehr leben dürfte, und zog doch wieder zu dem Kleidungsarsenal ab. Versucht hatte sie es schließlich und 130.000 Yen - das war nicht allzu schlecht. Davon konnten sie... Azora blinzelte, während sie die Jahrhunderte abklapperte. Davon konnten sie ein Haus kaufen; nein, halt, falsches Zeitalter. Ein Pferd mit Kutsche. Nein - ein belegtes Brötchen? Naja, irgendwas dazwischen würden sie schon damit anfangen können. Sie würde es spätestens dann sehen, wenn sie wieder mit Einkaufen dran war.
      Das Geld wurde ausgezahlt und dann bekam Azora noch zu ihrer größten Überraschung doch eins der Kleider spendiert, auch wenn Ryo bis dahin vehement beteuert hatte, sie würde nichts aus diesem Laden bekommen, gar nichts. Jetzt stakste die alte, gruselige Frau aber zu ihr herüber und half dabei, ihre richtige Größe rauszusuchen; Azora strahlte regelrecht. Sie verströmte Freude aus allen Poren, als sie ein braunes, fein gemustertes Kleid mit Rüschen an sich nahm und es gerade noch rechtzeitig auf dem "gesunden" Arm aufhing, damit es ihren Blut besudelten Körper nicht berührte. Dann grinste sie, bis ihr die Mundwinkel weh taten. Die Ladeninhaberin zeigte darüber so viel Empathie wie ein Nashorn und Ryo sah in etwa so drein wie vor einem Monat, als er sich vergewissert hatte, dass sie beide wirklich auf diese Weise verflucht worden waren. Es stimmte Azora nur umso glücklicher.
      Sie tänzelte leichtfüßig die Ladentür hinaus und dann die Treppe wieder hoch, nachdem dieser Handel wohl erledigt war. Das Geld war ausgezahlt worden, Ryo hatte keine neuen Aufträge gesteckt bekommen - was natürlich ätzend war, denn Aufträge versprachen ein sicheres Einkommen und sonst waren sie davon abhängig, in einer Nacht wie dieser fündig zu werden - und damit blieb nur noch der Weg nachhause, damit der Mensch sich ausruhen konnte. Azora grinste trotzdem, weil das Kleid versprach, dass sie sich in angemessener Weise wieder in Schale schmeißen konnte.
      Der erste Anflug von Helligkeit drohte über den Nachthimmel hereinzukommen, aber noch war es dunkel genug, dass die meisten Ecken noch im Schatten lagen. Dieses Mal gingen beide nebeneinander, nachdem auch Azora sich mit der Zeit hatte merken können, wo Ryos jämmerliche Wohnung lag.
      Deshalb sah sie die Augen sicherlich auch als erste, als sie den Kopf wandte und ihr Blick mit der Schärfe eines Adlers eine dieser dunklen Ecken fixierte, in die das Licht der Straßenlaterne nicht ganz hereinkam. Wieder waren es höllenrote Augen und wieder war sie sich sicher, dass es auch eine Gestalt dazu geben musste, auch, wenn selbst sie sie nicht sehen konnte. Sie lagen auf dem Paar ohne zu blinzeln und ohne, sich in irgendeiner Weise weiterzubewegen. Azora starrte zurück, provozierend, kampflustig, einladend. Aber als sie blinzelte und gerade Ryo darauf aufmerksam machen wollte, weil sie hier schließlich vielleicht einen zweiten Gewinn machen könnten, waren die Augen verschwunden. Nichts wies daraufhin, dass sie jemals dagewesen wären.
      Azora prüfte auch die anderen dunklen Stellen der Straße, aber sie tauchten nicht wieder auf. Sie hörte auch keinen Herzschlag oder ein sonstiges Geräusch, dass das Wesen verraten hätte; womöglich ein Geist oder ein anderer Vampir. Von beiden war sie nicht so überzeugt, ob sie sie kennenlernen wollte. Für gewöhnlich waren es die stillen, aufmerksamen Kreaturen, die den meisten Schaden anrichteten.
      Es kam aber nichts. Azora achtete dennoch darauf, sich nicht zu weit von Ryo zu entfernen und spornte ihn schließlich auch dazu an, ein bisschen schneller zu gehen.
      Immerhin musste sie ihr neues Kleid anprobieren.
    • Ryos und Azoras Bruchbude

      Keine 20 Minuten später waren sie wieder in dem, was Ryo als Wohnung betrachtete. Es war ein Witz. Das ganze wirkte eher wie eine Zelle, als wie eine Wohnung. Es fehlten ja nur noch Gitterstäbe vor den Fenstern, dann wäre es perfekt.
      Trotzdem war das jetzt auch Azoras Zuhause, und hier hatte sie schon seit einem Monat ihr Quartier aufgeschlagen. Und die einzige Privatssphäre, die sie hier genießen konnte, war, wenn sie im Bad war, oder sich hinter dem Schrank und Raumtrenner zurückzog, welche ihr ungefähr die Raumgröße einer Matratze spendeten. Also etwa 1,80 m mal 1,40 m.
      Der Schrank gehörte ihr, und war mit den Türen nach innen zu ihrem Bereich zugewand. Außen hatte Ryo einen Haken angebracht, um dort seinen Mantel aufzuhängen, und sein Schwert.
      Er selbst nutzt den Stauraum in den Wänden. Dort hatte er auch sein Futon drinnen. Azoras blieb einfach in ihrer Ecke liegen, und wurde nur regelmäßig ausgeschüttelt.
      Azora hatte kaum ihre Schuhe abgestellt, da huschte sie auch schon in ihre Ecke, zog den Raumtrenner zu, und machte sich daran, ihr neues Kleid anzuprobieren.
      "Das hättest du doch auch dort machen können.", meinte Ryo, und würde sicher lachen, wenn es nicht passte. Aber diese Alte Schraube hatte sicher Ahnung von ihrer Arbeit, und das Kleide würde zu 100 Prozent passen.
      "Ich mach dann mal Frühstück. Mal sehen, ... hmmm, wir haben Nudelsuppe mit Chili und mit Schrimps. Ah, hier ist auch noch Ente. Was willst du?"
      Dann setzte er den Wasserkocher an. Der Herd war kaputt, und deshalb lag eine Holzplatte oben auf der Herdfläche, und diente als Ablageort. Rückseitlich vom Herd gabs nen kleinen Kühlschrank, der zumindestens noch funktionierte, und ein paar kühle Getränke beinhaltete. Darunter zwei Packen Asahi Super Dry Bier. Zwei Sorten Säfte, Mineralwasser und auch eine Glasflasche mit Erdbeermilch.
      "Hm, hatte ich das mal für Azora gekauft?", grübelte er. Er fand es hinter den Bierdosen. Seit geraumer Zeit abgelaufen. Stimmt. Es war im Preisnachlass und war noch einen Tag Haltbar gewesen. Das war vor 8 Tagen oder so. Ob das noch gut war? Einfach mal testen. Er nahm es raus und stellte es auf den Tisch an Azoras Platz.
      "Hab dir ne Milch hingestellt. Ihr Weiber trinkt doch Milch, um eure Brüste straff zu halten, oder wachsen zu lassen, wenn man keine hat, richtig?"
      Plötzlich war sie wieder gesprächig und es hagelte Kritik. Sie war immerhin ein Vampir, keine schwächliche Menschenfrau.
      Das Wasser war heiß und er goss die Fertigsuppen auf, schaltete den TV ein, für die Morgennachrichten. Gleich war es 6 Uhr. Zeit für die 6 Uhr Morning News. Erstmal die Nachrichten, dann das Frühstück, dann ne Runde Duschen und dann ab aufs Ohr gelegt, mindestens bis zum Mittag.
      "Wir sollten später mal einkaufen gehen. Uns gehen die Suppen aus.", erwähnte er beiläufig,ließ eine Bierdose zischen und trank etwas davon.
      Durch die Trennwand konnte er Azoras Schatten sehen, der sich durch das Licht vom Fenster abzeichnete. Oder durch die Leselampe, die sie an der Wand hängen hatte. Man erkannte sie bereits in ihrem neuen Kleid. Hier und da zupfte sie noch, dann war es wohl soweit, ihr großer Auftritt. Sie erwartete vermutlich ein Kompliment. Das kann sie bekommen.
      Wer hätte gedacht, das sie es tatsächlich auf knapp 75.000 Yen ausreizen würde. Diese raffgierige Geldverschwenderin. Und dann in Braun? Was ist denn an brauner Farbe schön? Seltsamer Geschmack. Naja, er war jedenfalls gespannt.
      Dann kam sie hervor, und präsentierte es. Immerhin sah es tatsächlich gut aus, was ihn dazu brachte, fast sein Bier auszuspucken, als er gerade an der Dose nippte.
      "Wie es aussieht? Lebst du im 19 Jahrhundert? Für eine Karnevalsparty sicher angemessen. Aber was will man auch von so ner Alten wie dir erwarten. Naja, es betont zumindestens deine Figur. Und an der ist nicht viel dran. Iss. Und trink deine Milch. Hab sie extra für dich gekauft."
      Was macht sie wohl mit dem alten Kleid? Reinigen und reparieren lassen? War ja nur am Arm kaputt, wo sie gebissen wurde.
      Was gäbe er jetzt für ein Knoblauchbaguette. Damit hätte er sie gerade heute sehr gerne belästigt, nur um ihr die Freude an ihrem neuen Kleidchen zu verderben. Dafür würde er sich morgen zwei kaufen.
      Er nahm sein Cup, und wühlte miteiner Gabel darin herum. Ja, mit einer Gabel - aus Plastik. Sie besaßen nicht mal Stäbchen.
      Was für eine Armseligkeit ......
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    • Azora hatte gerade so die Türschwelle übertreten, ganz dicht hinter Ryo in ihrer Ungeduld, da verschwand sie schon vom Fleck und hinterließ fliegende Schuhe, die nach ihr zu Boden fielen. Voller Hast schälte sie sich aus ihren blutverschmierten Klamotten, aufgeregt bei neuer Kleidung, die auch tatsächlich ihrem Stil entsprach. Sie zog sich genauso schnell an, während Ryo in der Küche verschwand, die gleichzeitig auch Wohnzimmer und Esszimmer und überhaupt alles war.
      "Nudelsuppe - aber untersteh dich und benutz nicht die Wellenmikro! Das machst du im Topf warm!"
      Sie achtete nicht darauf, ob er sich daran hielt, denn sie war erstmal zu beschäftigt damit, das Oberkleid überzuziehen und die Schnüre zusammenzubinden, die Schichten richtig anzulegen, den Stoff zu glätten. Schon jetzt war das Kleid ein absolutes Meisterwerk. Azora quietschte vor Vergnügen.
      Es dauerte ein paar weitere Minuten, in denen sie von ihrem Glück so vereinnahmt war, dass sie Ryo kaum Beachtung schenkte, bevor der letzte Fetzen richtig saß und sie schließlich mit großem Tamtam aus ihrer kleinen Ecke hinter dem Schrank hervortrat. Das Kleid rieselte in großen Wellen an ihrem Körper hinab, beinahe bis zum Boden und verlieh ihr fast das Aussehen einer richtigen Adeligen.
      Euphorisch drehte sie sich um die eigene Achse und präsentierte sich dann in voller Pose.
      "Und? Und? Wie ist es? Wie seh ich aus?"
      Sie hatte nichts von Ryo erwartet und wurde trotzdem enttäuscht. Seinem Banausentum konnte nur gutgeschrieben werden, dass er ihr Jahrhundert nicht miterlebt hatte.
      "Ich lebe im...! Uhm... Jedenfalls komme ich aus dem...! Uhm... 15. Jahrhundert oder so. Oder 16. 17.? ... Jedenfalls hat man sowas damals auf dem Kaiserhof getragen du Banause!! Und heute wird es in einer gammelnden Boutique verkauft! Das ist eine Schande!! Hast du gesehen, was die Frauen heutzutage anziehen?! Wie könnte man das dem hier bevorzugen?!"
      Sie machte noch eine Bewegung, damit der Rock angemessen wippte, dann lief sie davon, um sich in dem winzigen Spiegel im Bad zu betrachten. Mehrmals sprang sie dabei, um die ganze Länge ihres Kleides zu betrachten, gab sich dann geschlagen und zwängte sich an Ryo vorbei auf die winzige Couch, um sich von dem Essen zu genehmigen. Sie hatten Schüsseln, ja, aber für Besteck reichte es nicht. Manchmal reichte es auch nicht für Schüsseln.
      Sie lebten wirklich wie die Bauern.
      Azora griff beherzt nach der Flasche Milch, drehte sie auf, nahm einen Schluck und kaute dann auch noch auf den Klümpchen herum. Die Milch war etwas zähflüssig, etwas dick, hatte einen ganz fernen Erdbeergeschmack und schmeckte ansonsten nach vergammelten Eiern und Schimmel.
      Azora leckte sich die Lippen.
      "Oh. Interessant."
      Sie musterte das Flaschenlabel und schüttelte sie ein bisschen, damit die Klumpen sich verteilten.
      "Kauf die nochmal, die ist gut."
      Sie trank noch einmal und löffelte dann ihre Suppe mit einem Plastiklöffel.
      "Wie viel Geld haben wir noch? Genug für richtiges Besteck? Wie kannst du überhaupt in dieser winzigen Hölle überleben, freundest du dich mit den Mäusen an? Kein Wunder, dass dich noch keine einzige Frau in diesem Monat besucht hat, wenn du sie schon mit der Tür abwimmelst. Du würdest hier drinnen alleine sterben und niemand würde es merken!"
    • Der erhoffte Spaß mit der abgelaufenen Milch, kam nicht so, wie erwartet. Entweder waren Vampire Geschmacksbanausen - jetzt verwendete er auch schon das Wort - oder Azora empfand es wirklich als schmackhaft. Oft trank sie sowas wohl eh nicht.
      Jedenfalls verlangte sie tatsächlich mehr davon. War das ein Witz? Hatte sie bemerkt, was Ryo vor hatte?
      Tja, dann müsste er nach Milch suchen, die kurz vor dem Ende war - Sonderangebote und Preisnachlässe, und diese dann am besten über Nacht ungekühlt stehen lassen, und vor dem Auftischen wieder kühlen.
      Hoffentlich kam sie dabei nicht um, denn das käme dann einem Selbstmord seinesgleichen rüber.
      "Werd mir Mühe geben.", antwortete er nur darauf.

      Dann kam die liebe Frage nach dem Geld. Geld, das Ryo nur ungern rausrückte - sogar Azoras Anteil bunkerte er. Aus Sicherheitsgründen, wie er gern behauptete. Sie würde nur alles ausgeben für nutzlosen Plunder.
      Im Monat verdienten sie zusammen etwa 300.000 Yen für ihre Arbeit. Dazu kam dann Bonus oder eben auch Fundsachen wie der Stein.
      190.000 blieben nach Abzug der Miete. Und davon gingen dann alle anderen Kosten ab, wie Strom, Wasserverbrauch, Gas, Reparaturen der Ausrüstung und der Haushalt.
      Wenn sie sparsam waren, kamen sie geradeso über die Runden. Einzig Bonis und Zusatzverdienste schafften Freiheit in der Haushaltskasse. Und das zusätzliche Geld legte Ryo an, für eine größere Unterkunft.
      "Wir haben noch die Hälfte von unserem heutigen Verdienst. 75.000 Yen. Und es sind noch 10 Tage bis zum Monatsende. Erwarte trotzdem keine großen Sprünge. Noch so ein harter Kampf, und ich darf sicherlich ein Großteil davon für die Reparaturen blechen. Besteck ist also erstmal unwichtig. Das hier muss reichen."
      Knauserig wie immer. Immerhin hatte er ihr das Kleid gewährt, damit sie ihm nicht mit mieser Laune auf den Sack ging.
      Vielleicht würde er neues Besteck kaufen, wenn sie nochmal fette Beute machen würden.
      "Willst du dir nicht mal nen Kleid für Kämpfe vom alten Tinker anfertigen lassen? Also, so ähnlich wie mein mantel. Der geht nicht so schnell kaputt."
      Vermutlich würden dafür aber auch drei Monatslöhne von ihr draufgehen.
      Ryo seufzte. Jetzt zog sie noch über seinen Lebensstandard her. Das war nun mal die Wohnung, die er bekommen hatte. Und ohne eine gewisse Person, ließ es sich bisher ganz angenehm hier leben.
      "Mäuse? Du meinst garstige Fledermäuse, die sich in vorlaute Vampirdamen verwandeln, um sich dann im gemachten Nest durchfüttern zu lassen? Mit denen könnte ich mich gar nicht anfreunden. Die sind immer so nervig laut ...."
      Das keine Frau herkommen würde, war ihm doch egal. Würde eh keine Frau aushalten, wenn er Nachts immer unterwegs wäre, um sich mit Monstern zu prügeln. Und ob er nun auf der Straße stirbt, oder hier in der Wohnung verrottet. Spätestens wenn keine Miete mehr fließt, oder er Aufträge ignoriert, kommt eh einer vorbei.
      Konnte sich Azora überhaupt verwandeln? Konnte sie fliegen? Eigentlich wusste er kaum was über sie. Immerhin kann sie sich äußerst schnell bewegen. Agil war sie also. Und mit ihren Zähnen schien sie durch sehr viele Materialien beißen zu können. Ob das auch für ihre Krallen galt? Bestimmt konnte sie ihre Nägel ausfahren, und kratzen wie eine Katze.
      Ryo hatte aufgegessen, und erhob sich, legte das Zeug in die Spüle. Es waren zwar Plastiksachen, aber man konnte sie auch waschen. Nur den Nudelbecher warf er in den Müll.
      "Abwasch und Putzdienst überlass ich dir. Als Ausgleich fürs Kleid, verstanden? Ich hau mich jetzt aufs Ohr. Also, sieh zu und verkriech dich in deine Abteilung. Und weck mich gegen Mittag. Wir gehen einkaufen. Kannst dann dein Kleid zur Schau stellen."
      Ryo schlief ja mitten im Raum, im Grunde gegenüber auf der anderen Schrankseite.

      Heute Mittag ging es also zum Einkaufen. Wenn Azora ein paar dieser Sonderangebote fand, könnten sie ggf. auch noch Extras kaufen.
      Es war gerade 13 Uhr, und der ganze Tag lag noch vor ihnen. Die meisten arbeiteten jetzt, hatten Mittagspausen oder waren beruflich unterwegs, weshalb auch zu jeder Tageszeit die Straßen voll waren. Viele hatten aber auch Freizeit und erledigten ihre Einkäufe am Tag.
      Selbst hier in einer kleineren Stadt war immer gut was los. Ryo hatte entschieden, heute mal bis zum Ende der Einkaufsstraße in diesem Stadtteil zu gehen. Dort gab es auch verschiedene Märkte. Und ein Friseur. Er wollte sich mal wieder die Haare kürzen lassen. Gegenüber gabs nen Kombini. Er würde Azora beauftragen, einzukaufen. Ne Liste hatte er schon vorbereitet.
      "Okay, ich gehe mir jetzt die Haare schneiden lassen. Und du kümmerst dich um den Einkauf. Du brauchst eh etwas Übung. Hier, auf der Liste steht alles, was wir brauchen. Und hier ist Geld."
      Er drückte ihr eine kleine Geldbörse in die Hand. Vermutlich mit reichlich mehr Inhalt, als benötigt wurde. Da könnte man doch .....


      In der Nähe
      Ein Augenpaar begutachtete die Straße, und fand mit scharfem Blick, wonach sie gesucht hatten. Da war es, dieses seltsame Paar. Was hatte diese Vampirin mit diesem Menschen zu schaffen? War er der Grund für ihr Verschwinden gewesen?
      "Hi hi hi, da bist du ja ...... Azora ...", kicherte die Person, fügte ein breites Grinsen an, das unter einer Sonnenbrille hervorstach, und dann schleckte ihre Zunge an dem Eis, das sie in der Hand hielt, .... und bekleckerte sich gekonnt. "V-verflucht ..." *nörgelnörgelmurmelmurmel*
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    • Azora grummelte missmutig, weil er ihr neues Besteck verwehrte, sagte aber letzten Endes nichts, weil er ihr immerhin das Kleid spendiert hatte. Und das war mit seinen 75.000 Yen alles andere als ein Zuckerschlecken gewesen.
      Aber trotzdem, sie würde nicht die nächsten 11 Monate mit widerlichem Plastikbesteck hantieren. Sie war eine erfahrene, gerissene, schlaue Vampirin und kein Dorftölpel, der sich mit dem Abfall anderer begnügen musste!!
      "Ich brauch keine Kampfkleidung so wie deine. Ich bin auch kein Jäger, ich bin ein Vampir! Und allerhöchstens deine Leibwächterin, damit du dich nicht ausversehen köpfen lässt."
      Wie so oft artete auch jetzt das Gespräch zwischen beiden aus und Azora kippte den Rest der Suppe hinunter, bevor sie die Schüssel garstig auf den kleinen Tisch knallte.
      "Wage es nicht, mir noch einmal zu unterstellen, ich könnte mich in eine Fledermaus verwandeln! Das ist ein Mythos! Und überhaupt hätte ich es hier kaum besser als Fledermaus, außer, dass ich gleich wieder abhauen könnte! Ich schlafe auf einer Matratze in der Ecke, falls dir das nicht aufgefallen ist, das ist wohl weder angemessen für Vampir noch Fledermaus!"
      Die ganze Bude war nicht angemessen für einen Menschen, aber auch das hatten sie wohl schon früher als später festgestellt. Azora fühlte sich um ein paar Klassenschichten erniedrigt und das war alles andere als ein schönes Gefühl.
      Ryo stand kurz darauf schon auf und verdonnerte sie zum Putzdienst, dafür, dass er ihr das Kleid spendiert hatte. Azora protestierte nicht, sondern nannte ihn ein stinkendes Tümpel-Ei in einer Sprache, die er nicht verstehen konnte. Er ignorierte sie und ihr verdecktes Gekicher und machte sich auf seinem schmalen Bett-Ersatz bequem. Kurz darauf schnarchte er und Azora blieb allein zurück, um sich dem Haushalt zu widmen. Zu ihrem eigenen Fluch war sie dabei überaus geräuschlos, eine natürliche Gebung ihrer Art. Sie hätte laut sein können, allein aus Trotz heraus, aber dann hielt sie sich doch zurück in Anbetracht der Tatsache, dass Ryo ausgeschlafen sein musste, wenn seine Reflexe richtig funktionieren sollten. Dafür flüsterte sie im Vorbeigehen Flüche über ihn, die so niemals aufgehen würden, weil sie schließlich keine Hexe war.
      Punkt zum Mittag riss sie ihn aus seinem Schönheitsschlaf und gemeinsam schleppten sie sich in die Einkaufsstraße. Dort trennten sich ihre Wege, sehr zum Missfallen von Azora, denn sie konnte diese neumodischen Supermärkte, wo es alles drin zu kaufen gab, nicht leiden. Sie bevorzugte die Märkte, die Stände, an denen es noch Menschen gab, die für ihre Ware verantwortlich waren und wo man sich darüber sicher sein konnte, wo besagte Waren auch herkamen. Dort drinnen, in dem Kombini, wohin Ryo sie beorderte, war alles auf einem Haufen und kam aus den verschiedensten Teilen des Landes. Woher sollte sie wissen, was gut war oder nicht?
      Missmutig nahm sie die Liste entgegen und trat dann ein; in ihrem Kleid stach sie in etwa so sehr von dem Rest ihrer Umgebung hervor wie ein Diamant inmitten eines Haufens Kohle. Heute war das Azora aber egal, denn auch wenn ihr bewusst war, dass sie nicht die Aufmerksamkeit von den falschen erregen wollte - hauptsächlich Jäger wie Ryo, die sich erhofften, mit ihren Zähnen als Trophäe etwas Gewinn zu machen - war sie doch zu faul, um heute etwas daran zu ändern. Sie hatte einen Reptilien-Dämon erledigt, hatte ihre Kleidung mit Blut ruiniert, hatte eine stinkende Wohnung geputzt und noch keinen einzigen Tropfen Blut in den letzten 24 Stunden zu sich genommen. Oder sogar noch länger? Viel zu lange war es jedenfalls her, nachdem sie vorher - vor Ryo - schließlich jede Nacht was getrunken hatte. Also konnte sie auch das Risiko eingehen, nicht Zeitalter gemäß herumzulaufen.
      Sie arbeitete die Liste ab, was so viel bedeutete, dass sie einmal den Laden ablaufen musste, um überhaupt zu finden, wonach sie suchte, und sich dann zwischen dutzend verschiedenen Marken entscheiden musste. Allein die Milch hatte mehrere Arten und mehrere Größen und mehrere Geschmackssorten und mehrere... Fettanteile? Und - uhh, da war die Erdbeermilch von heute Vormittag. Sie warf sie sich in den Korb und nörgelte dann über Ryos Handschrift, bevor sie sich in dem relativ leeren Laden umsah, den nächsten Herzschlag anpeilte, der sich ihr auftat, und dann die Liste vorhielt.
      "Können Sie mir helfen? Ich bin... wie nennt man das? Ich kann nicht lesen."
      Dabei machte sie einen leichten Schmollmund und hoffte darauf, dass man sie als die wehrlose, zierliche Frau ansehen würde, die sie vorspielte, und sich ihrer erbarmen würde.
    • Ryo Konno

      Der Besuch beim Friseur dauerte nicht all zu lange, da er eh nur die Spitzen nachschneiden ließ. Frisch gestylt kam er hinaus und sah sich um. Nur die städtische Bevölkerung, keine Azora. Ob sie noch nicht fertig war mit dem Einkauf? Nun, er würde warten. Und wenn sie ihre Sache gut gemacht hat, gibts ggf. auch noch ne Belohnung. So als würde man einen Hund Dressieren. Leider handelte es sich hier nicht um ein Haustier, sondern eine nervige Vampirin.
      Aber lustiger Gedanke. Heune Nacht die Dame an die Leine zu nehmen, und hol das Stöckchen zu sagen. Da musste selbst er schmunzeln. Er verwarf den Gedanken schnell wieder.
      Er beschloss sich in der Nähe auf eine Bank zu setzen, und das Treiben zu beobachten.


      Unbekannte Beobachterin
      Luna Bloodmoon 4.jpg
      Sie stand auf einer Fußgängerbrücke, die über die Straße führte, lehnte an dem Geländer und spähte das Handeln der Vampirin aus.
      Azora näherte sich offenbar einem Einkaufsgebäude.
      "Der Mensch hat ihr etwas gegeben .... was kann das wohl sein? Hooohh, jetzt geht sie fort. Ja, hihihi, trenn dich nur von dieser hässlichen Gestallt. Wo geht sie jetzt hin? S-sie w-w-wird doch nicht .... wahhh, sie tut es, sie tut es. Sie geht in diese .... wuhahha ...Einkaufshölle, ... haahhhhhh, d-da kommt sie do-do-doch niemals wieder raus ...."
      Sie hippelte auf ihren Füßen hin und her, was mit ihren Schuhen klackende Geräusche produzierte, während sie schnell atmete. "Ich dreh gleich duuuurch ... d-das ist so .... so ... wuhihihi.... spannend."
      Sie beobachtete weiter das Geschehen, schleckte ihr Eis auf und wartete ab. Es dauerete ganz schön lange, und für einen winzigen Moment glaubte sie, das Azora vom Konsumteufel gefressen wurde. Sicher tanzte sie wie unter Drogen gestellt im Rausch zwischen den Regalen voller verführerischer Dinge, die eigentlich kein Schwein braucht, und ein Vampir schon gar nicht .... außer ein bisschen vielleicht ...., und wird mit einem vollen Einkaufswagen wieder hervorkommen, ausgesaugt - mit leerer Geldbeutelhülle, fast wie die leeren Hüllen der Menschen nach dem stillen des Blutdurstes.
      Da, da war der Mensch. Er kam aus dem anderen Laden gegenüber, und hat sich die Haare schneiden lassen. "Wieso sieht der noch genau so aus wie vorher? Was ist das für ein Trick?",nörgelte sie. "Das macht ja gar kein Sinn ...tzzzchhh..."
      Sie war abgelenkt. Schnell den Blick wieder auf den Eingang vom Kombini. Er öffnete sich und ..... und .... und ... eine alte Oma kam mit Gehhilfe hervor. War das Azora? Ist die verwelkt in dem Schuppen? Nein, nur ne alte Schachtel. Sie hielt es kaum noch aus. Endlich gefunden, und schon wieder verloren?
      Es dauerte noch ein paar Minuten, dann endlich kam Azora mit zwei dicken Einkaufstüten hervor. Sofort klebten die Augen der Beobachterin an ihr und verfolgten ihre Schritte. Konzentriert auf sie, vernahm sie sogar aus dieser Entfernung ihre Schrittlaute. Schritte, die sie zurück zu diesem Menschen führten. "Büüääähhhh, was will die bloß von dem? Ist das ihr Sklave? Oder ist sie etwa , ... iieeekk, ist sie etwa SEINE Sklavin? Bring nicht den Ruf der Vampire um die Ecke, A-z-o-r-aaaa..."


      Azora hatte im Supermarkt reichlich hilfe bekommen, mit ihrer "Ich kann nicht lesen!" Taktik. Mehrere Leute hatten plötzlich das Bedürfnis, dem armen kleinen Mädchen in ihrem .... gewöhnungsbedürftigem Kleidchen, zu helfen. Ein komischer, fetter Mann, hatte sie durch den ganzen Markt verfolgt, und wie rein zufällig ihre Wege gekreuzt, unnd immer wieder mit dem Ding namens Handy auf sie gezielt, und sich den Schweiß von der Stirn getupft, bevor er dann schnell zur Kasse ging und verschwand.
      Sie selbst bekam an der Kasse sogar noch einen Lolli, und ein großes Lob, das sie trotzdem alleine einkaufen ging, trotz ihrer Leseschwäche. Und mit dem Geld half man ihr auch noch.
      Letzttenendes hatte sie wohl alles bekommen, was auf der Liste stand. Der Einkauf für die Woche war damit wohl erledigt.
      Ryo erhob sich und kam auf Azora zu.
      "Und, gab es irgendwelche Probleme? Das Restgeld bitte.", fragte er sie und hielt die Hand hin. Er wollte ja seine Börse wieder zurück haben.
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    • Triumphierend kam Azora wieder heraus gestakst, zwei volle Einkaufstüten unter den Armen und einen Lollipop im Mund. Das Ding war unglaublich, widerlich süß und machte ihren Mundraum pappig, aber es war so etwas wie eine Trophäe, ein Zeichen ihres billig ergatterten Sieges. Ihr Kleid hüpfte im Takt ihrer Schritte und schwankte nach, als sie bei Ryo zum Stehen kam.
      "Keine Probleme, überhaupt keine. Alles selbst gefunden. Und richtig gefunden."
      Es war nicht das erste Mal, dass sie Ryo so frei anlog. 500 Jahre hatten ihre Fähigkeit zum Lügen perfektioniert.
      Es würde auch nicht das letzte Mal sein, dass sie ihn anlügen würde.
      Mit einem leisen Ploppen holte sie sich den Lolli aus dem Mund und betrachtete Ryo.
      "Warst du nicht beim Friseur? Er hat ja gar nichts gemacht! Und dafür hast du bezahlt?!"
      Und bei ihr war er so knauserig? Das war ja die Höhe! Garstig schnaubte sie und steckte sich den Lolli wieder rein.
      "Gab kein Restgeld. Du hast es mir passend gegeben."
      Er beteuerte, es ihr nicht passend gegeben zu haben und weil Ryo leider viel mehr Erfahrung mit diesen hochmodernen Supermärkten hatte, konnte er sogar einschätzen, wie viel alles ungefähr gekostet haben musste.
      Azora stöhnte ganz laut und theatralisch, während sie ihm seine Börse zurückgab.
      "Weißt du, drinnen war ein sehr nasser, fetter Mann, der meinen Kleidungsstil bestimmt zu schätzen gewusst hatte. Hat mich die ganze Zeit angestarrt wie so eine Königin. Sowas würde dir auch nicht schaden, mir ein bisschen mehr Respekt entgegen zu bringen! Dabei lässt du mich deine Fertignudeln holen! Und - oh, ja richtig, ganz vergessen."
      Jetzt grinste sie wieder, stellte die Tüten ab und beförderte die Erdbeermilch zutage. Begeistert drehte sie sie auf, hob sie an die Lippen, nahm einen Schluck und…
      "BAH! WÄH! Das schmeckt ja GUT!"
      Sie verzog das Gesicht und drückte die Flasche an Ryos Brust, bevor sie sich mit dem Handrücken über den Mund fuhr.
      "Die von gestern war besser, die war widerlich. Hätte ich einen menschlichen Magen gehabt, hätte ich alles gleich wieder ausgekotzt. Die hier ist einfach nur langweilig! Schäm dich, mir sowas vorsetzen zu wollen!"
      Sie ging nicht darauf ein, die Milch selbst besorgt und dann auch noch selbst getrunken zu haben.
      Entrüstet packte sie die Tüten wieder.
      "Auf jetzt! Richtung Heimat! Ich will den Flimmerkasten benutzen."
    • "Ein nasser fetter Mann, der dich angestarrt hat, wie eine Königin?" Was für ein kranker Irrer. Vielleicht hatte er aber auch bloß angst vor ihrem Blick. Oder er steht auf Frauen in solchen Kleidern.
      Und dann hat sie auch noch mehr Geld als nötig ausgegeben. Vielleicht hat sie mehr Milch gekauft? Die Tüten wirken schon etwas voller als angenommen. Er konnte sich auch irren. Und der Lolli wird kaum ein Vermögen gekostet haben, mit dem sie vor ihm rumfuchtelte.
      Wohl ihr neues Königinenzepter. Möge ihre Macht mit jedem Schleck dahinschmelzen.
      Tatsächlich schien sie ihm ihren Einkauf beweisen zu wollen, und wühlte etwas von der Milch aus den Tüten, um sie voller Elan auszutrinken.
      Ryo beobachtete das Geschehen fragend, und dann beschwerte sie sich auch noch, das die Milch gut war. Was kann er denn jetzt dafür, das sie gern verdorbene Milch konsumierte? Aber bekam man davon nicht nen flotten Otto? Ach was, für ihren Körper vermutlich gerade gut genug.
      Genervt packte sie wieder den Einkauf und verlangte die Heimkehr, um TV zu sehen.
      Ryo hielt die leere Flasche und starrte sie an. Zähne knirschend warf er sie dann in einen entsprechenden Container, und folgte Azora.
      wieder in der Wohnung verstaute sie schnell den Einkauf, und Ryo schnappte sich erneut ne Nudelsuppe, und kochte Wasser.
      "Lass die Milch doch über Nacht draußen. Vielleicht zwei. Dann wird sie schon noch reifen.", grinste er innerlich, während er ihr das sagte.
      Obwohl er sich nicht sicher war, ob sie wusste, das die Milch schlecht werden würde.
      Er seufzte. Jetzt musste er wieder einen Tag mit ihr verbringen, und auf die Nacht warten. Und wieder würde der TV heiß laufen.
      Das Bild flackerte, rauschte und wurde schwarz. Die nächsten 15 Minuten, war er damit beschäftigt, unter ihren Beschwerden das Bild wieder zurückzuholen. Der alte Kasten war notdürftig geflickt, mit Klebeband und Draht. Und irgendwas klimperte drin, wenn man ihn abnahm von der Wand. Ein paar mal schütteln, an den Kontakten pulen, das Kabel zupfen, staub rauspusten, und schon lief das Gerät wieder ( mit einer nervigen schwarzen Linie mittig im Bild, die abundzu mal verschwand. Der Kasten würde wohl bald das Zeitliche segnen.
      "Einen Neuen kaufen? Bist du bescheuert? Die kosten ein Vermögen! Der geht doch noch. Du benutzt den nur zu viel."
      Hoffentlich fand er noch paar passende Gegner. Sonst kann er sich persönlich den ganzen Tag mit ihr unterhalten. Noch übernahm der TV diese Aufgabe.


      Endlich wurde es Abend, und es wurde Zeit mit der Arbeit zu beginnen. Selbstverständlich hatte Ryo kein Handy. Er brauchte ja auch keins. Freundeskreis: 0 Familie: 0, Arbeitgeber: Schrieb eh per Post. Sonstige Angelegenheiten: Auch per Post.
      Einen Computer hatte er auch nicht. Das Festnetztelefon hatte auch noch nie geklingelt, und es war total verstaubt. War das überhaupt angeschlossen? Hatte er überhaupt eine Nummer?
      In dieser abgerockten Bude waren vermutlich die Bakterien noch moderner ausgerüstet als er.
      Immerhin hatte er den digitale Armbanduhr.
      Azora prüfte dafür zuerst den Briefkasten auf Nachrichten. Drei Briefe fand sie, und ein Reporter. Ein Brief vom Vermieter, einen von der Bank und einen vom Moonlight. Der erhoffte Auftrag.
      Der Rest blieb erstmal ungelesen auf dem Tisch, aber den Auftragsbrief öffneten sie.
      "Hm, offenbar sollen seltsame Dinge in diesem Teil der Stadt geschehen. Angeblich wurde ein Junge auf einem Spielplatz angegriffen ... von einer Schaukel. Klingt nach Dämonen oder Geister. Na, das werden wir sicher schnell klären. Wir laufen erstmal Patroullie, folgen der und der Straße. Gegen 0 Uhr kommen wir dann zum besagten Stadtteil. Dort gibt es zwei Parks, drei Spielplätze, zwei Kindergärten und eine Grundschule. Viele Einfamilienhäuser. Also eigentlich wieder ne ruhige Ecke."
      Der Gefahrenbonus war mal wieder unterste Kanone. 5 lächerliche Prozent war die Einstufung für den Auftrag. Vermutlich erwartete man nur kleine Störenfriede zu finden.
      Kurz darauf war er fertig gerüstet. Schicke Hose, Schuhe, Hemd mit Schlips, der Mantel und die Waffe.
      Nachts sind alle Katzen graui. Und bei ihm eher Dunkelgrau bis Schwarz. Wenigstens Schwert und Innenseite vom Mantel brachte farblich etwas Abwechslung.

      22:00 Uhr

      Die Arbeit begann und die ersten zwei Stunden verliefen wieder recht langweilig. Nichts Verdächtiges zu sehen. Das übliche Treiben der Anwohner, mit seltsamen Blicken, wenn sie Ryo und Azora sahen. Man vermutete bereits, das es sich auch um Geisterjäger oder so handelte. Die trieben ja häufig in der Stadt ihr Unwesen.
      "Kurz vor Zwölf. Da hinten ist der erste Spielplatz, direkt am Park. Halt die Augen offen. Und sag mir diesesmal, wenn du was Verdächtiges siehst, klar?"
      Zehn Zerrüttete Zahme Zebragestreifte Zauberhafte Zypern Ziegen Zogen Zum Zehnten Zehnten Zukunftsorientiert Zehnmal Zähneknirschend Zehn Zentner Zerstoßenen Zucker Zum Zoo Zurück
    • "Gute Idee! Das probier ich gleich."
      Wieder enthusiastisch geworden, trotz ihres vorherigen Fehlgriffs, packte Azora die Milch aus und stellte sie nach draußen. Sie hatte zwar keine Ahnung, dass Milch reifen musste, aber wirklich, das wäre nicht die erste Merkwürdigkeit, die sich über die Jahrzehnte - oder gar Jahrhunderte - eingestellt hatte. Vermutlich gab es heutzutage irgendwelche... Zusatzstoffe... oder sowas in der Art, die sich erst entfalten mussten, bevor der interessante Geschmack erst hervorkam. Denn wirklich, die Menschen tranken ja wohl nicht freiwillig immer nur Sachen, die gut schmeckten. Das war ja unglaublich langweilig.
      Der Flimmerkasten bockte, weil er nicht wirklich wollte, und Azora nörgelte laut herum, während Ryo es zu reparieren versuchte. Sie hätte keine Ahnung gehabt, was zu tun wäre; eher wäre sie nachts in den nächsten Elektroladen gegangen - ja, sie wusste, was Elektronik war! Nämlich... äh... irgendwas mit Unwettern und Blitzen - und hätte einen neuen gestohlen. Aber nein, Ryo bestand ja darauf, die wenigen Sachen, die er schon hatte, auch zu behalten. Weil er sich an Gesetze halten wollte.
      Weil er langweilig war.
      Aber immerhin bekam er den Kasten wieder zum Laufen und Azora konnte sich die nächsten Stunden mit flimmernden, farbenfrohen und rapide wechselnden Bildern vergnügen, während über die Lautsprecher der zugehörige Text knarrte. Sie mochte ganz besonders die Geschichten, in denen die Menschen starben und das Blut so hoch spritzte, dass man meinen könnte, es würde gleich aus dem Bildschirm kommen. Azora war dabei laut und vergnügt, während Ryo die meiste Zeit nur stumm dasaß und augenscheinlich seine Lebensentscheidungen bereute.
      Dann senkte sich der Abend über sie und Ryo erhielt sogar einen Auftrag, was anständige Bezahlung bedeutete und dass sie außerdem für die nächsten paar Stunden was zu tun hätten. Azora war wieder so gut gelaunt, dass sie den unangenehmen Zwischenfall mit der guten Milch schon wieder vergessen hatte. Dafür musste sie jetzt aus ihrem neuen, hübschen Kleid steigen und sich ein anderes, älteres anziehen, damit sie es nicht auch noch zerfetzen würde. Und Blut ging ja bekanntlich unglaublich schwer raus.
      Sie starteten wieder mit einer Patrouille durch die besagte Gegend, die Azora schon nach fünf Minuten anödete, gegen die sie sich aber nicht beschwerte, weil ja dieses Mal etwas Action auf sie warten würde. Eine Schaukel, ganz sicher die von gestern, die entweder von einem Geist besessen oder einem Dämon benutzt wurde. Warum? Nicht ersichtlich. Auf der anderen Seite: Warum nicht?
      Zum Ende ihrer Patrouille strebten sie den ersten Spielplatz an, wobei Azora wieder die Führung übernahm. Sie wollte ja nicht, dass ihr verletzliches Menschlein in unangenehme Nachtschwärmer prallen würde, so wie schon in der vergangenen Nacht.
      "Ja, Chef. Schon klar."
      Sie versuchte sich an einem genervten Tonfall, war aber doch zu glücklich, dass sie diese Nacht ganz sicher etwas verdienen würden, um ihm wirklich böse zu sein. Stattdessen versuchte sie darauf eher, seiner Aufforderung Folge zu leisten.
      Ryos Herzschlag war der einzige, der ihr in den Ohren dröhnte und ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ, sobald sie sich auf ihre Umgebung konzentrierte. Sie hörte den Wind, der ihm über den rauen Stoff seines Mantels strich und in der Entfernung die alten Scharniere des Spielplatzes zum Knarzen brachte. Sie hörte auch das wenige Gebüsch ringsherum rascheln, hauptsächlich von demselben Wind, aber auch von Nagetieren, die zu klein waren, um sie anderweitig wahrzunehmen. Was sie nicht hörte, war ein anderes Lebewesen oder ein sonstiger Beweis dafür, dass sie hier nicht alleine wären.
      Nach fünf Minuten eindringlichem Lauschens und Beobachtens, schüttelte sie schließlich den Kopf. Nichtmal die Schaukel hatte sie angelächelt oder gezwinkert, wie in der vergangenen Nacht. Der Bewohner war vermutlich schon weitergezogen.
      "Gar nichts. Nichts außer du. Weißt du, ich könnte mich sicher besser konzentrieren, wenn du mir ein bisschen Blut abgibst. Ich höre auch auf zu trinken, wenn es zu viel wird, versprochen."
      Ihre Bitte stieß auf taube Ohren und stattdessen wollte Ryo den nächsten Spielplatz anpeilen. Azora seufzte theatralisch, aber sie fügte sich ihm. Eines Tages würde sie diesen vielversprechenden Puls schon noch kosten, dessen war sie überzeugt.
      Das gleiche Spiel lief beim nächsten Spielplatz ab, der im Innenhof einiger Wohnhäuser stand. Hier war es schwieriger, etwas zu erkennen, denn teilweise waren Fenster offen und damit konnte Azora ganz schwach auch entfernte Herzschläge wahrnehmen. Hier war es eher windstill und außerdem sah die Schaukel auch nicht so aus, als würde sie sehr oft benutzt werden. Sicher kein sehr guter Ort für einen Geist, der ein Kind fangen wollte.
      Aber als sie sich umdrehte, um Ryo darüber in Kenntnis zu setzen, dass auch hier nichts los war, starrten sie die höllenroten Augen von dem kleinen Pfad, der von der anderen Seite in den Innenhof führte, an.
      Jetzt war sich Azora sicher, dass das ein Geist sein musste, denn sie hörte keinen Herzschlag und hatte auch sonst nichts gehört, was diesen beobachtenden Besucher angekündigt hätte. Dann war das ja vielleicht derjenige, der auch gestern die Schaukel besessen hatte, oder? Und wenn nicht - nunja, sie würden sicher auch mit einem Geist irgendeinen Gewinn machen können.
      Also heftete sie dieses Mal ihren Blick auf die Augen, ohne zu blinzeln, damit sie nicht plötzlich verschwinden würden, wenn sie nur für eine Millisekunde wegsehen würde. Und mit der Hand griff sie hinterrücks blind nach Ryo, um ihn darauf aufmerksam zu machen.
      "Geist. Oder sowas."
      Er war hier der Jäger, er sollte sich gefälligst um sowas kümmern. Azora kümmerte sich um alles, was ihre Zähne penetrieren konnten und das war eine ganze Menge, eben bis auf Geister und womöglich auch reptilartige Riesendämonen. Sie würde dafür aber darauf acht geben, dass der Geist seinem Schicksal mit dem Namen Ryo wenigstens angemessen entgegenblickte.
    • "Ich gebe dir aber nichts von meinem Blut. Warum sollte ich auch? Du kannst deinen Hunger auch woanders stillen. Schnapp dir nen Verbrecher oder so.", konterte er, blieb dabei aber gelassen. Sie war halt ein Vampir, und die tranken auch mal Blut. Verbrecher waren auch nicht viel besser, also kann sie da gern mal einen erlegen. Später würde er sie dann erledigen, sobald der Fluch nachließ.
      Darauf freute er sich jetzt schon innerlich.
      Bis dahin nutze er sie halt aus. Gutes Auge, gutes Gehör. Vielleicht auch ne gute Nase. Und ihr Gescgmack .... furchtbar schlecht.
      Kann ja nicht alles gut sein.

      Schließlich kamen sie an einem Innenhof an, der von mehreren mehrstöckigen Wohnhäusern umringt war. Eine größere Grünfläche, Büsche, Spielmöglichkeiten für Kinder. Darunter auch Klettergerüste und Schaukeln.
      Azora blickte sich um, und auch Ryo untersuchte auf seine Weise, schien aber nichts Verdächtiges zu finden.
      Letztenendes aber war es Azora, die Ryo auf eine Kreatur aufmerksam machte, die in einer dunkleren Ecke stand, und mit leuchtenden Augen auf die beiden starrte. Azora starrte zurück, fixierte dieses Wesen mit ihrem Blick, damit es nich verschwand, während Ryo sein Schwert zog und sich kampfbereit machte.
      "Jetzt sehe ich es auch. Ob das ein Geist ist? Kannst du überhaupt was gegen Geistwesen ausrichten, oder bist du mir auch heute Nacht überflüssiger Ballast?"

      Die Frage war kaum gestellt, dann bewegten sich die Augen - es kam näher. Und dann trat ... oder schwebte es aus dem Schatten hervor, beleuchtet von dem wenigen Licht, ddas man in einer Nacht finden konnte.
      ghost.jpg

      Es schien ein weiblicher Geist zu sein, da er ein Kleid trug. Dazu eine Kapuze, die dem Ganzen noch einen Gruselfaktor drauflegte.
      Ein graues Lachen ertönte.
      "Hahahahahaaa, so hab ich euch in meine Falle gelockt. Ihr dummen Kinder der Nacht. Ich musste nicht mal viel tun. Nur ein paar winzige Kinder erschrecken, und schon seid ihr hier."
      Die Stimme klang, als wäre sie nicht gänzlich in dieser Dimension, fast so als ertönte sie in einer leeren Kirche.
      "Wer oder was bist du? Was willst du?", fragte Ryo, um etwas Zeit zu schinden. Er überlegte, wie er die Geistfrau am schnellsten vernichten konnte. Mit seinem Schwert war das machbar. Aber, es kostete etwas, nicht materielle Wesen damit zu erledigen. Sofern sie datsächlich ein Geist war.
      Lange krallenartige Finger bewegten sich sachte, als spielten sie mit der Luft. Das Gesicht, nun deutlicher zu erkennen, schien nicht menschlich zu sein.
      Der Saum des Kleides bewegte sich, wie Nebel oder Rauchwolken, die sich in Luftströmungen umwälzen.
      "Hahaha, wer ich bin? Das brauchst du nicht zu wissen. Aber verraten werde ich dir den Zeitraum deines Todes ... haha, ... heute Nacht. HEUTE NAAAACHT! Gib sie mir ..... deine Seeleeee, und auch duuuu, kleine nutzlose Vampirin .... gib mir deine verdorbene Seele. Ich will sie mir schmecken lassen .... WUUAAAHHHHRRR...."
      Das Geistwesen schnellte vor und vier weitere Arme tauchten schemenhaft hinter ihr auf, griffen nach vorn, um ihre Beute zu greifen.
      "Verflucht ... hau jetzt bloß nicht ab, Azora. Du hilfst gefälligst mit!", knurrte Ryo und sprang zur Seite, als diese Kreatur ihn packen wollte.
      Die Ereignisse dienten also dazu, ihn und Azora anzulocken? Dann machte er sich wohl bereits einen Namen, mit seiner Tätigkeit. Wer weiß, vielleicht gab es ja Kopfgeld auf ihn. Oder diese Kreatur fühlte sich nur bedroht, und wollte einen Feind auslöschen, um danach ungehindert wüten zu können. Eine Seelenfresserin.
      Der ersten Umarmung war er entkommen, drehte sich und schlug mit dem Schwert zu, um herauszufinden, ob es etwas gab, das man treffen konnte. Tatsächlich gab es Widerstand, und die Kreatur fauchte kurz auf. Ein Schnitt hatte sich seitlich durch ihr Kleid abgezeichnet, dieser aber versiegelte sich kurz darauf auch schon wieder, was ihr ein schallendes Gelächter entlockte, das überlegen klang. Ihre Wunden heilten also sofort. Das machte die Sache gleich noch komplizierter.
      "Mist. Azora, finde einen Schwachpunkt. Du gehörst doch eh dazu. Sicher weißt du mehr."
      Glaubte er zumindestens, das Vampire sich da besser auskannten.
      Ein erneuter Angriff, und Ryo wehrte eine dieser Geisterhände ab, die kurz verpuffte, dann aber erneut erschaffen wurde, während die Kreatur genervt fauchte. Dann bewegte sie sich überraschend auf Azora zu, und wollte es zunächst mit ihr versuchen.
      Alle sechs Klauen schossen vor, um die Vampirin zu ergreifen.
      "Hahahahaaa komm her ....", lachte die Seelenfresserin.

      Ryo wusste nicht, das Azora schonmal leuchtende Augen gesehen hatte. Ob der Dämon im Park etwas mit diesem Geist zu schaffen hatte? Vielleicht eine Art Lakai, um herauszufinden, was der Jäger drauf hatte. Oder alles nur ein Zufall? Nicht selten waren andere Kreaturen Zeuge, wenn sich zwei Feinde trafen und gegenseitig auslöschten. Gern fiel man danach auch über die Reste her, wenn es was zu erbeuten gab.
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    • "Stell keine dummen Fragen, wenn du keine dummen Antworten haben willst. Natürlich kann ich etwas gegen Geister ausrichten! Ich habe doch keine 300 Jahre auf dieser Welt verbracht, ohne mit ihnen umzugehen!"
      Azora ließ ihren Blick auf den Augen geheftet, aber ihre Worte waren so scharf wie ihre Zähne, denn wirklich! Wie konnte er es nur wagen, sie anzuzweifeln?! In ihrem Metier hatte sie schon mit Wesen zu tun gehabt, von denen Ryo nur träumen konnte!
      Mit allzu geisterhaften und sicherlich auch in einem anderen Leben gruseligen Bewegungen kamen die Augen dann aus den Schatten hervor, begleitet von einem Körper, der in ein zugegebenerweise recht ansehnliches Kleid gehüllt war, wenn man mal davon absehen wollte, dass dieses Kleid ganz eindeutig von den Spuren des Todes gezeichnet war. Da war Azoras neues Stück doch wesentlich schöner.
      "Heute Nacht wird gar keiner sterben, weil du sicherlich schon seit 1.000 Jahren tot bist, so wie du aussiehst, und ich auch schon seit 500 und der da", sie warf ihre Hand in Ryos Richtung, "nicht sterben wird, solange er unter meiner Fittiche ist! Verstanden?"
      Der Geist gab ein gar schauerliches Heulen oder Lachen oder was auch immer es sein mochte von sich und schnellte dann vor. Die Bewegung war kaum menschlich und viel eher ein verschwimmen von Körperteilen, bevor er vor den beiden auftauchte. Vier weitere Arme erschienen hinter ihm, um bei seinem Angriff behilflich zu sein.
      Ryo griff gleich nach seinem vertrauten Schwert, das aber in dieser Situation wohl kaum von Vorteil sein würde, immerhin gab es nicht genug Materie, um sie damit zu zerschneiden. Trotzdem musste Azora diesen einen Moment wahrnehmen, um den Mut zu schätzen, mit dem er sich diesem Wesen stellte.
      Dann kam auch schon der erwartete Angriff und Azora schoss selbst vor, bereit dazu einzuschreiten, sollte der Geist zu weit gehen und Ryo tatsächlich berühren. Sie hielt sich aber dennoch außer Reichweite, denn wenngleich sie ihm helfen würde, wollte sie doch nicht unter die Klinge geraten, die nach ihrem Aussehen her ganz gut aus Silber bestehen mochte. Es wäre vermutlich dumm als Jäger keine Silberwaffen zu tragen, nachdem Silber bei den meisten Wesen schließlich effektiver war als gewöhnlicher Stahl.
      Der Angriff missglückte und Ryo konnte tatsächlich einen Hieb gegen den Geist verzeichnen, der deutlich machte, dass es doch irgendwo unter diesen schwebenden Hüllen genug Materie gab, die durchschnitten werden konnte.
      Das gab zumindest etwas Aufschluss über die Herkunft des Geistes.
      Bevor Azora diese Erkenntnis aber weiterspinnen und ihr Gehirn danach durchforsten könnte, wo genau besagte Schwachstelle war, verlor der Geist Interesse an dem Menschen und wandte sich stattdessen ihr zu. Sechs dieser Klauen tauchten auf und rauschten auf sie zu.
      "AH! Hey. Lass -"
      Sie zog sich abrupt zurück, zog ihre Glieder nach, alle außerhalb der Reichweite dieser ziemlich schnellen Klauen. Sie war schnell genug, dass ihre eigene Bewegung nicht mehr als eine Viertelsekunde benötigte, schnell genug, dass sie sich gleich wieder ausrichten konnte, um dem nächsten Vorstoß zu entgehen. Die Krallen schossen nicht einzeln vor, sie versuchten zu ergreifen, was auch immer sich ihnen noch entgegen bog: Haare, der Saum ihres Kleides, Gelenke. Dann versuchten sie auch, Azora zu umzingeln, ihr den Fluchtweg abzuschneiden und es benötigte ihre vollste Geschwindigkeit, um auch dem zu entgehen.
      Sowohl die Vampirin, als auch die Arme des Geistes verschwammen in einem Wirbel undeutlicher Bewegungen, die zu schnell vor sich gingen, um mit dem menschlichen Auge erfasst zu werden. Azora sprang und lief und verbog sich und zuckte, ein einziger Schemen in höchster Geschwindigkeit, der versuchte, seinem Angreifer zu entgehen. Und sie hatte Erfolg damit, denn wenngleich alle sechs Klauen aufeinander abgestimmt waren, war doch ihr Befehlshaber nur ein einziger und das wäre nicht das erste Rodeo, das Azora veranstaltet hatte. Sie war immerhin nicht umsonst so alt geworden.
      Dann kam es aber, wie es mit der Zeit kommen musste und eine kleine Unachtsamkeit führte dazu, dass die Klauenspitze einer dieser Hände ihre Haut streifte. Sie spürte die Berührung, weil sie einen Schauer kalten Eises über ihre Haut schickte und sie momentär stocken ließ. Die Verzögerung war aber lange genug, dass eine Klaue ihre Haare ergriff.
      "AHH! AUA! LASS MEINE HAARE DU HÄSSLICHES VIEH!"
      Jetzt warf sie sich ganz willentlich dem Geist entgegen; bevor sie ihn aber erreicht hätte, hatte eine Klaue ihr Handgelenk und eine andere ihre Wade erwischt. Sie blieb in der Bewegung hängen und wappnete sich auf das bevorstehende Eindringen.
      "VERSUCH ES! VERSUCH ES NUR! KOMM HER!"
      Der Geist kam und die tiefroten Augen trafen auf Azoras, im selben Moment als sie begriff. Sie presste noch hervor: "Die Augen! Ryo!" in der Hoffnung, er würde sie verstehen, bevor ihr der Mund offen hängen blieb. Der Geist drang mit einer Wucht in ihren Geist ein, die fast schon erfrischend war.
      Sie ließ ihn. Sie gewährte es ihm. Sie eröffnete ihm alles, was er haben wollte, all die dunklen Ecken ihrer 500 Jahre und mehr, die sich in ihr versteckten, genug, um selbst dem größten Seelenfresser ein Festmahl zu gewähren. Gleichzeitig wusste sie, dass er es nie so weit schaffen würde. Selbst, wenn er bis an ihren Grund gelänge, ohne dass Ryo es schaffte einzuschreiten, hatte sie immernoch ein Ass im Ärmel, dem auch der älteste Geist nicht gewachsen war. Nein, dies war definitiv kein Tag, an dem Azora Takima, alias Zeta, einem Geist unterliegen würde.
    • Die Geisterkreatur hatte Azora im Griff, und für Ryo sah es schon fast so aus, als würde der Geist Azora vernichten können. Das würde aber wohl auch sein Ende bedeuten. So ein Dreck. Das Alles nur wegen einem Fluch einer selbsternannten Möchtegernhexe.
      Er würde dazwischengehen, und der Kreatur die Arme abschlagen, Azora dann mit sich reißen, sofern man die Arme auch abbekam. Sicher würde der Geist sie regenerieren.
      "Hahahaa, jaaaaaaa, deine Seeleeee .... sie ist so .... KÖSTLICHHHH ...mehr MEHR MEEEHHR...", lachte die Kreatur und grub sich tiefer in Azoras Geist hinein.
      Diese aber hatte schon eine Schwachstelle enttarnt, und zwar die Augen. Sie blickten Azora tief in ihre Augen, und saugten sie förmlich auf. Oder sie versuchten es zumindestens. Der Geist war wohl in eine Futterfalle geraten, auf die er sich gänzlich konzentrierte.
      Dann sprang Ryo vor, als Azora ihm von den Augen erzählte.
      Er hechtete zwischen Azora und Geistwesen hindurch, und dann sah man kurz das Schwert aufblitzen und man vernahm ein **Dssschhhiiinnng**, und dann brüllte der Geist plötzlich auf, warf sich jaulend nach hinten, griff sich mit allen Klauen an den Schädel, über den Ryo sein Schwert gezogen hatte. Die augen waren mittig durchtrennt, und erloschen. Das Licht war in wabernden Nebel umgewandelt worden, der aus den nun leeren Höhlen quoll.
      Aber damit war Ryo noch nicht ferig. Eine schnelle Drehung und sein Schwert glitt sauber durch den Hals und trennte Kopf vom Körper.
      Mi einem wütenden Schrei schwor der Geist ewige Rache, während seine Hände nach dem Kopf auf den Schultern suchten, aber nichts mehr fanden.
      Dann ein letzter Schrei und der Geist verbrannte in einer roten Flamme.
      Übrig blieb das Amulett, das er getragen hatte, welches nun klimpernd zu Boden fiel und dort liegen blieb. es dampfte noch etwas in rötlichen Schwaden nach, die wenige Sekunden darauf gänzlich verschwanden.
      Ryo begutachtete das Schwert, keine Schäden. Auch er war unberührt. Gut. Außerdem lebte er noch, also ging es auch Azora gut. Kein Grund weiter nachzufragen. Aber das Amulett schien wertvoll zu sein.
      "Hm, was das wohl für ein Amulett ist? Wir sollten es mitnehmen, und später bewerten lassen. Sicher bekommen wir was dafür."
      Er hob es auf, begutachtete es kurz im Schein der Lampen, stellte für sich aber fest, das es nur ein gewöhnliches Amulett war, ohne besondere Dinge wie Kristalle oder Dergleichen.
      "Hier."
      Er warf es zu Azora. "Mach dich zur Abwechslung mal nützlich und verwahre es. Keine Sorge, ist kein Silber dran."
      Ihre Zunge war grantelig wie immer. Auch ein gutes Zeichen, wenn sie Konter gab oder wie gewohnt nervte.
      Den Auftrag jedenfalls hatten sie in der Tasche. War gar nicht so schwer, wenn man mal drüber nachdachte. Und die Nacht war noch jung. Ein paar Stunden Patroullie brachten möglicherweise noch weitere Beute.
      "Wir sollten weitergehen. Gehen wir doch nocxh mal in den Park von gestern. Vielleicht ist da noch so ein Dämon versteckt. Ein kleiner Zusatzbonus wäre doch nicht verkehrt, oder was meinst du?"

      Wenig später erreichten sie dann auch schon wieder den Park, wo sie den Echsendämon erledigt hatten. Der Getränkeautomat ein Stück weiter hatte auch heute wieder etwas gegen den Durst gespendet. Er hatte Azora sogar selbst wählen lassen, wobei er ihr gern dieses Minz-Cheesecake Gesöff angeboten hätte, nur um zu erfahren, das es ihr womöglich auch schmeckt, weils grässlich ist.
      Wer erfindet eigentlich so einen Mist? Und noch viel wichtiger, wer zur Hölle säuft sowas?

      Der Himmel hatte sich mit dichteren Wolken zugezogen. Regen würde es keinen geben, aber der Wind frischte etwas auf, wirbelte ein paar Blätter hoch, ließ Bäume und Buschwerk rascheln. Bisher schien alles ruhig zu sein.
      "Willst du eine Pause machen?"
      Sie näherten sich einer Bank. "Hast du schon etwas Verdächtiges gesehen?", fragte er sicherheitshalber noch nach.
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    • Der Geist zwängte sich in Azora hinein, von der es viel gab, sehr viel sogar, über 500 Jahre an Erfahrungen, Erinnerungen - wenn auch verwaschene - Gefühle, Emotionen, Begegnungen, Entdeckungen, alles, was das seelische Herz nur begehren konnte. Vermutlich wären gleich mehrere Seelenfresser an ihr satt geworden und es wäre immernoch etwas von ihr übrig geblieben, wenn nur genug Zeit gewesen wäre.
      Allerdings hatte er die Rechnung gänzlich ohne Ryo gemacht, denn der Jäger war anscheinend alles andere als auf den Kopf gefallen. Mit einer wagemutigen Bewegung warf er sich zwischen sie beide, das Schwert gleich bei sich, ein Hieb, der nur von jahrelanger Erfahrung so ausgeführt werden konnte. Er traf den Geist ganz zielgenau in die Augen und dessen Verbindung mit Azora riss so abrupt, dass sie fast schon spürte, wie er aus ihrer Seele wieder austrat. Sie keuchte auf, aber dann war es auch schon vorbei und er hatte sich ganz zurückgezogen, völlig dem Angriffszorn des Jägers ausgesetzt. Keine Minute später verpuffte der Geist und hinterließ lediglich ein Amulett, das zu Boden fiel.
      Azora steckte es ein, aber auch nur, weil die Kette einigermaßen hübsch war. Dafür hatte sie aber auch eine wüste Beschimpfung für Ryo bereit, dafür, dass er sie einfach als Packesel ausnutzte.
      Also war der Dämon - bzw. Geist - der Schaukel beseitigt und würde keine Kinder mehr auffressen; Auftrag erfüllt. Sie würden ihren Lohn erhalten, vielleicht noch etwas zusätzlich obendrauf, wenn das Amulett irgendwelche besonderen Eigenschaften hatte, und hatten auch noch die restliche Nacht, um vielleicht einen zweiten Störenfried aufzutreiben. Alles in allem eigentlich ganz gute Aussichten, die Azora wiederum fröhlicher stimmten. Sie schloss sich Ryo ganz ohne Proteste wieder an und gemeinsam gingen sie zum Park zurück, um zu sehen, ob die Niederlage des vergangenen Dämons vielleicht schon den nächsten angelockt hatte. Ryo genehmigte sich auch hier wieder etwas zu trinken, aber Azora verneinte, weil sie noch den Geschmack der reifen Erdbeermilch betrauerte. Sie hätte sich mehr Zeit damit lassen müssen, sie zu trinken.
      Sie einigten sich auf eine Pause und weil das doch wieder relativ langweilig war, triezte Azora den Jäger damit, dass sie sehr wohl Verdächtiges gesehen hätte: Nämlich die Abwesenheit einer Blutmahlzeit für sie. Dabei starrte sie ihm ganz ungeniert auf den entblößten Hals, bis der Jäger damit drohte, sie zu verstümmeln, sollte sie es auch nur wagen. Sie ärgerte ihn weiterhin damit und freute sich daran, dass er sich davon aufregen ließ.
      Ihre Unterhaltung wurde von der Tatsache unterbrochen, dass das Amulett in ihrer Tasche plötzlich zu vibrieren begann.
      "Huh?"
      Sie holte es hervor, starrte es an und zeigte es dann Ryo, weil er hier schließlich der Experte war. Er nahm es in die Hände und plötzlich -
      "Zeta."
      "WUAAAH!"



      Der Geist, der mit einem Mal vor ihnen schwebte, kam ganz eindeutig aus dem Amulett hervor; was durchaus merkwürdig war, nachdem das Amulett vorher einem anderen Geist gehört hatte, womöglich auch dessen Seele gespeist hatte. Jetzt war der andere Geist aber tot und dieser war hier und Azora verfiel so schnell in Kampflaune, dass sie erst gar nicht begriff, was er zu ihr gesagt hatte.
      "Los, Ryo! Noch ein Geist! Auf die Augen, versuch die Augen!!"
      Aber gerade, als Ryo dieser Aufforderung nachkommen wollte, fiel es ihr doch auf und sie stürzte sich fast auf ihn bei dem Versuch, ihn doch noch abzuhalten.
      "NEIN! Nein, warte!"
      Halb zwischen Jäger und Geist drehte sie sich zu letzterem um.
      "Wer bist du?"
      Der Geist legte den Kopf schief. Irgendwas sah daran merkwürdig aus, so als wäre der Kopf nicht mit dem Körper verbunden und würde sich frei einfach zur Seite rollen.
      Wenn Geister blinzeln würden, hätte er das vermutlich getan.
      "Omega."
      Da begriff sie erst, bevor sie ausatmete und Ryo freiließ.
      "Den töten wir nicht. Das gibt Probleme."
      Sie drehte sich dem Geist jetzt ganz zu und dieser neigte den Kopf weiter, bis er etwa einen 45° Winkel besaß, bevor er anfing, sich langsam wieder in die andere Richtung zu neigen.
      "Zeta. Nicht allein."
      Die beschwörerischen Augen hefteten sich auf Ryo und Azora hatte mit einem Mal das Bedürfnis, jetzt den Geist davon abzuhalten, Ryo etwas anzutun. Aber Omega war unwichtig; Omega war meist nur, wem Botenaufträge zugeordnet wurden.
      "Er gehört zu mir. Für die nächste Zeit zumindest. Wenn du etwas willst, wird er es auch erfahren müssen."
      Omega betrachtete Ryo für weitere Sekunden, die sich ganz schön in die Länge zu ziehen schienen, dann bewegte sich sein ganzer Körper in einer merkwürdigen Schlangenbewegung und in der Luft vor ihnen tauchte ein Stück Papier auf. Es dauerte einen kurzen Augenblick, bis es sich vollständig materialisiert hatte, dann schwebte es langsam auf Azoras ausgestreckte Handfläche hinab. Die fing ihn auf, faltete ihn aber noch nicht auseinander, sondern beobachtete Omega weiterhin.
      "Delta."
      Sein Kopf wackelte ein bisschen. Vielleicht versuchte er etwas zu übermitteln, was Azora verstehen sollte, aber die hatte ehrlicherweise noch keinen Unterricht in merkwürdige-Geister-Sprache erhalten. Und Ryo auch nicht, wie es schien.
      Dann verpuffte der Geist, so schnell wie er aufgetaucht war, und das Amulett in Ryos Händen verkohlte. Es fiel zu Boden und beide sahen betrübt auf den möglichen Gewinn hinab, der ihnen hier durch die Lappen gegangen waren.
      Oder auch nicht, nachdem dieser Zettel einen weiteren Auftrag versprechen könnte. Diesmal wohl aber ganz offensichtlich für Azora.
      Sie faltete ihn auseinander und las. Es stand aber sowieso nur ein Wort dort geschrieben: Purgatorium.
      "Ah."
      Azora grinste. Sie grinste zu Ryo auf.
      "Ich werde einberufen. In die Höllenkneipe. Pack deine Sachen, weil wir uns ein bisschen unter Dämonen mischen werden."