Don't fall in love with a human (Kiimesca & Nordlicht)

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Timothy

      Ein so junges Leben wie das ihre... ich ging einfach davon aus, dass sie noch eine junge Frau war. Ausgelöscht auf so eine tragische Weise. Ich kannte diesen Nick, Samanthas Bruders, zwar noch nicht, aber ich empfand in diesen Minuten tiefes Mitgefühl. Auch dass er sich die Schuld an allem gab. Es musste auf seinen Schultern lasten, schwer wie Blei. Meistens waren derlei Vorwürfe unbegründet. Doch die Details dazu, kannte ich nicht, und ich bemerkte sofort, dass Samantha nicht darüber sprechen wollte. Das respektierte ich. "Es tut mir sehr leid für den Verlust deines Bruders... auch wenn es schon einige Jahre zurückliegt. Es macht es wohl nicht weniger schlimm", sagte ich leise und behutsam, während ich ihre Hand drückte. Sicher war es nicht nur ein Verlust für Nick, sondern auch für sie.
      Doch als das Frühstück kam, versuchten wir schnell das Thema zu wechseln und auf heiterere Theman zu sprechen zu kommen. Wir erzählten uns noch etwas über unsere Vergangenheit. Ich hörte Samantha gerne zu, als sie von ihren drei Geschwistern, deren Arbeit und der Leidenschaft zum Fotografieren erzählte. Auch ich berichtete ihr von meinen Kindertagen, ein paar lustigen Momenten und Sprüchen, die ich nie vergessen hatte. Die Zeit verflog rasend schnell.
      Als wir das Café verließen, stand die Mittagssonne schon hoch am Himmel. Leider - und obwohl ich mich auf die Reise seit Wochen freute -, fiel es mir schwer, Samantha zu erzählen, dass ich ab morgen für ganze drei Wochen in Australien bei meinen Eltern verbringen würde. Ellie begleitete mich. Auch sie hatte seit Wochen von nichts anderem gesprochen. Es war das erste Mal, dass wir unsere Eltern in Australien besuchten. Wir hatten sie also seit gut einem Jahr nicht mehr gesehen. Zu gern hätte ich Samantha mitgenommen... doch zum einen war es dafür noch zu früh, und zum anderen arbeitete sie erst seit drei Tagen in unserer Redaktion. Mr. Johnson hätte ihr niemals einen Urlaub von drei Wochen genehmigt. Ich war überzeugt, dass sie mich schon nach so kurzer Zeit bestens vertreten würde, und auch, dass sie dem cholerischen Mr. Johnson die Stirn bieten konnte.
      Schweren Herzens verabschiedeten wir uns voneinander, nachdem ich Samantha bis zu ihrer Wohnungstür brachte. Das Angebot, sie noch hinein zu begleiten, musste ich leider ablehnen, dar ich nicht ein einziges Kleidungsstück gepackt hatte. Ellie hingegen hatte bereits vor einer Woche ihren gesamten Kleiderschrank in zwei Koffer gepresst, um ja für alle Anlässe vorbereitet zu sein. So verabschiedeten wir uns mit einem butterzarten Kuss, versprachen uns aber, regelmäßig zu schreiben und zu telefonieren.


      Noah

      Auch wenn ich glaubte, dass wir uns bereits eine halbe Stunde früher verabredet hatten, schlenderte ich gemächlich zum Wohnkomplex meiner lieben Cousine, klingelte und wartete inmitten der angenehmen Brise auf sie. Eine Kippe im Mundwinkel und einen Blick zum bewölkten Himmel werfend, tippte ich ungeduldig mit dem Fuß auf den Asphalt. Als sie dann endlich herunterkam, schaute ich zu dem Gartenzwerg hinab. Sie sah wunderschön aus, so wie immer. Da es also nichts besonderes war und ich kein Schleimer, sagte ich nichts, nahm den Glimmstängel zwischen Zeige- und Mittelfinger und blies anständigerweise den Dampf nicht direkt in ihr hübsches Gesicht. "Na bereit, Sherlock?", fragte ich wenig begeistert von ihrem Plan, sich auf Spurensuche zu begeben. Ich wusste nicht so recht, was sie damit bezwecken wollte. SIE hätte sowieso keinerlei Chance gegen die Vampirin, deren Stärke ich durch die Erinnerung unseres dummen Blondchens gespürt hatte. Selbst meine Stärke würde nicht ausreichen, um im Ernstfall gegen sie anzutreten. Also wieso die Dinge komplizierter machen, als sie ohnehin waren? Manchmal dachte sie wirklich so töricht wie ein Mensch.



      Benjamin

      Die Todesfälle in der Kleinstadt Rainville, die nun schon einige Jahre meine Heimat war, hatten sich gehäuft. Die Medien berichteten darüber, in den Zeitungen, wie der Rainville Times war hingegen noch nichts darüber zu lesen. Es starben täglich so viele Menschen, überall auf der Welt. Die meisten interessierte die Tode anderer nur, wenn es spektakuläre Umstände waren, bedauerten sogar, nicht dabei gewesen zu sein, um das Spektakel zu filmen oder sich die Mäuler über das bedauerliche Geschehnis zu zerreißen und irgendwelche, an den Haaren herbeigezogenen, Vermutungen und Theorien aufzustellen. Die Stimmen wurden laut, dass es sich bei den Opfern um überwiegend junge Menschen handelte. Sie waren gesund, sportlich, fidel. Und ihr Tod auf merkwürdige Weise nicht zu erklären. Ich schnappte durch unsere Untergrundorganisation, bestehend aus einigen Werwölfen, die aus Rainville, aber auch aus anderen Teilen der USA stammten, so einiges auf. Vieles, was selbst den Ermittlern verborgen blieb. Und es hatte wieder Tode gegeben. Ich war mir sicher, dass bald auch die Zeitungen darüber berichten und Panik in der Kleinstadt einkehren würde.
      Ich brauchte mehr Informationen! Wir hatten weder einen Namen, noch wussten wir, ob es sich tatsächlich um Vampire handelte. Bis auf sehr wenige Ausnahmen, gab es hier in Rainville kaum Vampire. Werwölfe hingegen gab es schon seit jeher. Wir waren die Beschützer unserer Stadt, standen für Gerechtigkeit und Frieden, auch wenn unsere Methoden manchmal fragwürdig waren und die Menschen nichts von unserer Existenz wussten.
      Durch sichere Quellen hatte ich erfahren, dass sich die Vampirin, die mit den Todesfällen in Zusammenhang stand, in dieser Bar aufgehalten hatte. Da ich solche und ähnliche Bars und Clubs für gewöhnlich mied, fühlte ich mich nicht sonderlich wohl und wollte mich nur solange aufhalten, wie es unbedingt nötig war. So saß ich also mit meinem Bier, welches eine zugegebenermaßen beeindruckende Schaumkrone zeigte, an der Bar. Während ich einen Schluck des kühlen, goldenen Nass in mich hineinschüttete und den Barkeeper dabei beobachtete wie er die Gläser säuberte, ließ ich meine Sinne wandern. Meinen Geruch, mein Gehör, welches leider nicht so gut ausgeprägt war, wie das der Vampire. Aber mein Näschen funktionierte dafür ausgezeichnet. Ich roch einen Vampir auch in großer Distanz. Doch aktuell war das einzige, was ich neben Schweiß, vermischt mit übertrieben blumigen Parfum roch, einen Werwolf. Doch das interessierte mich nicht. Auch, dass es sich dabei ganz offensichtlich um eine sehr hübsche Rothaarige handelte, war keine Information, nichts, was mich wirklich weiter brachte. So wandte ich recht zügig den Blick von ihr ab und wartete. Vielleicht würde sich noch jemand in die Menge schleichen, der von Belang war...


      Ellie

      Ich musste den Kopf frei bekommen. Morgen stand die Reise nach Australien an, und obwohl ich mich sehr über genau diese Reise gefreut hatte, schwächte diese Freude ab, nachdem Nick... ich seufzte. Ich musste akzeptieren, dass er mich nicht wollte. Dass er nichts mehr als Sympathie für mich empfand. Dass er kein Mann war, mit dem man sich fest binden konnte, nachdem er diesen schweren Verlust hinter sich gebracht hatte. Sie - wer auch immer sie war - war wohl auch die Einzige gewesen, die einen Platz, tief in seinem Herzen behielt. Vielleicht für immer. Selbst wenn er sich auf eine neue Beziehung einließ... würde diese Frau jemals die Lücke füllen können?
      Auch den restlichen Tag ertappte ich mich immer wieder dabei, wie meine Gedanken um Nick kreisten. Die Vorfreude auf morgen war nun vollends verflogen, worüber ich mich selbst ärgerte. Um meinem Frust etwas Luft zu machen, ging ich ins Tanzstudio. Neben dem Klavierspielen, war das Tanzen meine größte Leidenschaft. Seit meinem zwölften Lebensjahr nahm ich an Tanzstunden teil. Klassicher Tanz. Wie gesagt, für das Ballett war ich zu korpulent und Gruppen-Tänze waren einfach nichts für mich. Und zum anderen war da ja auch noch Matt, mein Tanzpartner und bester Freund seit Kindertagen. Er wusste immer, die richtigen Worte zu finden, um mich aufzumuntern, brachte mich zum lachen, und schaffte es selbst an diesem Abend, mir ein Lächeln zu entlocken... oder zwei.
      Wir nutzten die Zeit, um nochmal die wichtigen Schritte zu üben, denn in einigen Wochen nahmen wir an einem wichtigen Tunier teil. Und da ich nun für ganze drei Wochen nicht trainieren konnte, traf sich dieser Abend wunderbar. Nach dem Training ging ich in die Dusche, bevor ich mir neben meiner Jeans, dem schwarzen Top und der leichten, hellgrauen Weste die weißen Sneakers anzog und wir uns vor dem Gebäude trafen. Es standen nur noch wenige Autos auf dem Parkplatz und der Himmel färbte sich in den wärmsten Farben. Ich tippte gerade ein paar Zeilen an Naomi, als ich Matt bemerkte, der kurz nach mir das Tanzstudio verließ. Ich beendete meinen Satz und schaute lächelnd zu ihm auf, nachdem ich das Handy wieder in meiner Handtasche habe verschwinden lassen. Ich ärgerte mich darüber, dass ich kurz darüber nachgedacht hatte, Nick zu schreiben. Diesen Ärger ließ ich mir aber nicht anmerken. Es wäre ohnehin nicht möglich gewesen, denn nur er hatte meine Nummer. Ich die seine aber nicht. Und da er sich sicher nicht wieder bei der irren, verliebten Blondine melden würde.. Ob man mir meine Müdigkeit ansah?
      "Hey... Danke, dass du heute nochmal die Zeit gefunden hast, Matt", sagte ich und strich mir das frisch gewaschene Haar hinters Ohr.

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von Nordlicht ()

    • Samantha

      Nach diesem wundervollen Vormittag mit Tim hatte ich nur wenig Lust auf die Nachforschungen mit Noah. Ich wollte diese Vampirin nicht zur Rede stellen, sondern lediglich herausfinden, wo sie sich aufhalten könnte und ob sie schon länger hier war. Bisher hatte ich nichts von ihr bemerkt, also hielt sie sich vielleicht hauptsächlich in der Bar auf. Dieses Etablissement zu betreten war keine Freude für mich.
      Als ich mich mit Noah traf, hatte er natürlich wieder eine Zigarette im Mund. Auch wenn er den Anstand hatte, mich nicht voll zu qualmen, mochte ich diesen Geruch nicht besonders.
      "Bereit", antwortete ich und stieß meinen Ellenbogen in seine Seite, wobei ich schon etwas schmunzeln musste. Sherlock. Oh Mann. Ich wäre jetzt lieber auf der Couch und würde einen Liebesfilm-Marathon starten, um dabei an Timothy zu denken. Wir haben zwar unsere Nummern ausgetauscht und würden uns schreiben, aber das Telefonieren dürfte sich bei der Zeitverschiebung von stolzen 15 Stunden doch etwas schwierig gestalten. Ich hätte kein Problem damit, zu nächtlicher Stunde wach zu sein.

      Wir brauchten uns der Bar nur nähern und schon erschlugen mich die unterschiedlichsten Gerüche. Die penetrantesten Gerüche waren natürlich der Alkohol und Zigarettenrauch. Widerlich.. Wenn mich der Geruch nicht stören würde, wäre es für mich leichter den gesuchten Geruch zu finden, doch mit etwas Konzentration würde ich das auch hinkriegen. Ich blieb draußen stehen und setzte einen ersten Blick auf. Rainville wurde zunehmend zu einem Ort, an dem wir nicht verweilen sollten. Ich roch nicht nur die Frau und einen männlichen Vampir, sondern auch Wölfe dort drin. Da es in Rainville häufig regnete, verwuschen sich die Gerüche außerhalb der Gebäude sehr schnell und mir war bisher nicht aufgefallen, wie ungeeignet diese Stadt für uns war. Ein Geruch war wirklich nur sehr schwach, was Nick und Noah vermutlich aus so einer Entfernung gar nicht wahrnehmen konnten. Mein Blick ging zu Noah, ehe ich zu der besagten Stelle ging, an der die Enthüllung vor Ellie stattgefunden hatte. Diese Vampirin muss wirklich stark sein, wenn ihr Geruch ein solches Unbehagen in mir auslöste.
      Ich legte meine Hände an die Ellenbogen und dachte, dass es vielleicht besser wäre, Rainville schnell wieder zu verlassen, aber das konnte ich nicht. Ich konnte Timothy nicht aufgeben. Vor meinem Treffen mit Noah hatte ich ausgiebig geduscht, damit nicht zu viel von Timothy's Duft an mir haftete.

      ______

      Nick

      Ich trat pünktlich meine Arbeit an und wirkte ruhig wie immer. Ausschau zu halten, wäre völlig unnötig, da ich es sowieso nicht verhindern könnte, dass diese Vampirin die Bar betrat. Bisher war sie nicht aufgetaucht und auch an meinem ersten Abend war sie nicht hier. Täglich kam sie also nicht. Kaum hatte ich die Tür geöffnet, drang der Geruch eines Wolfes in meine Nase. Er gehörte zu dem Kerl an der Bar, der sich ein Bier bestellt hatte. Ohne mir etwas anmerken zu lassen, ging ich schnurstracks an der Bar entlang, um nach rechts in den Personalbereich zu verschwinden, doch als ich mich einer wunderschöne, rothaarige Frau an einem kleinen Tisch passierte, bemerkte ich den schwachen Geruch eines weiteren Wolfes. Das ich ihn nicht schon bemerkt hatte, als ich den Raum betreten hatte, bedeutete, dass er nur sehr schwach war. Ich wusste nicht genug über Wölfe, um sagen zu können, warum dies so war.
      Sie war wirklich attraktiv und ihrem Auftreten nach eine Frau, die wusste, was sie wollte. Es sah ganz so aus, als würde sie mich interessant finden, allerdings wirkte es fast so, als würde sie nicht bemerken, dass ich ein Vampir war. Ein Werwolf hatte eine ähnliche Lebenserwartung wie ein Mensch, von daher war sie auch so jung, wie sie aussah. Vermutlich war sie noch nie bisher einem Vampir begegnet. Mit ihrem Drink in der Hand, saß sie an einem der erhöhten Tische in der Nähe der Bar, um sich den Männern hier zu präsentieren. Es war offensichtlich, dass sie offen dafür war, dass ich jemand zu ihr setzen würde. Ob sie zusammengehörten und etwas im Schilde führten? So oder so, wurde Rainville zu einem immer gefährlicheren Ort.

      ______

      Amber

      Ohne den Barkeeper Chris großartig Beachtung zu schenken, bestellte ich mir einen Drink mit dem ich an einem gut sichtbaren, aber kleinen Tisch ging, um mir einen Überblick der anwesenden Männer zu verschaffen. Bisher waren noch nicht sehr viele interessante Kerle hier, obwohl der an der Bar ganz süß aussah. Etwas zu viel Bart vielleicht. Doch er würdigte mich nur kurz eines Blickes, was ich wohl als Desinteresse abstempeln könnte.
      Später betrat jedoch ein wirklich gut aussehendes Exemplar die Bar. Wie es aussah, war er der neue Barkeeper hier im Franky's, was bedeutete, dass ich ihn öfter hier sehen würde. Der schien jedoch auch nichts von mir wissen zu wollen. Lag es an mir oder ihnen? Hatte ich an Charme verloren? Nein, das konnte nicht sein. Andere Kerle gafften jedenfalls sehr offensichtlich zu mir rüber, ehe einer es wagte sich zu erheben und sich zu mir zu gesellen. "Was dagegen, wenn ich mich zu dir setze?" Da er sehr attraktiv war, lächelte ich ihm verführerisch zu. "Nur zu..", säuselte ich, legte mein Kinn auf meine Rückhand, um in seine Augen zu schauen, als er neben mir saß. Verführerische blaue Augen, in denen sich seine Begierde widerspiegelte. "Ich bin Tom und wie heißt du?" "Amber." Ich mochte meinen Namen, da er sich so schön lasziv aussprechen ließ, was die Kerle ganz heiß machte. "Darf ich dir einen Drink spendieren?" Er setzte ein wirklich attraktives Lächeln auf, was mein Interesse wachsen ließ. "Wie könnte ich da nein sagen?" Ich hatte ihn längst am Haken und er machte einen guten Eindruck auf mich. Jedenfalls bis ich den kaum sichtbaren Abdruck an seinem Ringfinger bemerkte und jegliches Interesse auf einen Schlag erlosch. Ein Schwein, dass seine Frau betrügen wollte. Da spielte ich nicht mit. Da es hier jedoch gerade niemand interessanten gab, ließ ich mir Zeit damit ihn abzuservieren. So kam ich wenigstens an ein paar gratis Drink ran. Außerdem würde er sich keine andere suchen, solange er in meinem Netz war, womit ich ihm den Abend ruinieren könnte, was er verdient hatte.

      _____

      Matthew

      Natürlich war ich sofort zur Stelle, als Ellie mich fragte, ob ich Zeit hätte, um noch einmal mit ihr zu tanzen, bevor sie für eine ganze Weile zu ihren Eltern fliegen würde. Es gab nichts schöneres für mich, als ihr so nahe zu sein und die Leidenschaft in ihren Augen zu sehen. Nunja. Es gäbe da sicher etwas schöneres, wenn sie meine Gefühle erwidern würde, doch dazu müsste ich ihr wohl zuerst meine gestehen, was ich mich nicht traute. Ich war nicht unbedingt schüchtern oder zurückhaltend, aber wenn sie es nicht täte, könnte es nicht nur unsere Freundschaft beeinflussen, sondern auch unsere Partnerschaft beim Tanzen. Das konnte ich nicht so kurz vor dem Wettbewerb riskieren, weshalb ich es lieber für mich behielt. Vielleicht wäre es ein guter Zeitpunkt, wenn wir siegen würden und unsere Freude darüber miteinander teilten. Ich wusste nicht, wann und wie ich es ihr sagen sollte. Ob es dafür überhaupt einen richtigen Zeitpunkt gäbe?
      "Aber klar!", antwortete ich mit einem breiten Lächeln, da ich mich immer über ein spontanes Treffen freute. Sie sah ein wenig müde aus, doch das konnte ihre Schönheit nicht mindern. Ihr wundervolles blondes Haar, welches etwas nach Erdbeeren duftete, diese blauen Augen, strahlend wie der Himmel im Hochsommer und diese vollen Lippen, dessen Kuss mich in den 7. Himmel befördern würden. Ihr Lachen, hell und warm. Ihre Stimme, sanft wie die eines Engels. Ihre zarten Hände, die sich beinahe wie feine Seide in den meinen anfühlten.
      Ellie war das wunderschönste Geschöpft auf dem ganzen Planeten und das nicht nur äußerlich! Sie war klug, respektvoll, hilfsbereit, hatte immer ein offenes Ohr. Durch und durch liebenswürdig. Das sie noch keinen Freund hatte, war unerklärlich für mich. Außer es gab jemanden, den sie mochte und vielleicht nur darauf wartete, dass er sie erobern würde. Ob ich dieser jemand war?
      "Möchtest du auf dem Flügel spielen?", fragte ich und legte meinen Kopf schief. Ich wusste, dass sie es liebte und das es sie ebenso wie das Tanzen immer aufmunterte, wenn sie spielte. Da sie jedoch kein eigenes Klavier in der Wohnung ihres Bruders hatte, konnte sie so oft sie wollte auf unserem spielen. Außerdem liebte sie auch meinen Hund Scooby, der ihre Liebe erwiderte.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco
    • Noah

      Ungeachtet ihrem Seitenhieb, der mir nicht im Ansatz schmerzte, und dies wohl auch nicht ihre Absicht war, fuhren wir also zu dieser Bar. Genau die Bar, in der Nick arbeitete und in der klein Sherlock sich heute umhören wollte. Oh man, das konnte ja was werden. Wenn die Sympathie zu meinem Cousinchen nicht so groß wäre, dann wäre ich gar nicht erst hier. Ich hätte vermutlich den Abend Zuhause verbracht, mit einer anständigen Flasche Whiskey aus einem vergangenen Jahrzehnt. Vielleicht mit meiner neuen, durchaus verführerischen Nachbarin? Ich war mir sicher, heute Abend wäre sie gekommen. Und das in mehrerer Hinsicht. Mehrfach. Naja, wie auch immer.
      Ohne große Diskussionen befanden wie uns nach einer kurzen Anfahrt vor der unspektakulären Bar. Hier in Rainville wurde ein richtiger Hype darum gemacht. Auf den ersten Blick sah es für mich nach nicht mehr als einer runtergekommenen Bar aus. Dazu stank es hier ganz penetrant nach nassem Hund.
      "Na toll... Köter sind auch noch zu Besuch. Besser kann der Abend ja gar nicht anfangen...", grummelte ich und presste vor lauter Zorn wegen des zweiten vermasselten Abends mein Oberkiefer kräftig auf den unteren. Ich öffnete die Tür mit einer Hand über Samanthas Kopf und machte etwas Platz, damit sie als Erste eintreten konnte. Während sie hineinging zischte ich ihr zu: "Dafür bist du mir was schuldig, Sam..."
      Wir gingen hinein und im Inneren sah das Frankys tatsächlich einigermaßen passabel aus. Ich schaute mich um. Es war einiges los. Die vielen Stimmen und die Gerüche machten es nicht leicht, A von B tu unterscheiden. Das erste, was mir allerdings in die Nase stieg, war der Geruch von nassem Hund. Wie ich diesen Geruch hasste... und schnell war auch die Quelle des Gestanks identifiziert. Der grimmige Typ an der Bar. Bärtig, ziemlich gut gebaut. Er wirkte konzentriert. Nick war hinter dem Tresen noch nicht zu sehen. Unser Weg führte dann zu jener Bar. Und irgendetwas wölfisches lag zusätzlich in der Luft. Es war nur eine schwache Nuance, aber Werwölfe erkannte ich für gewöhnlich sofort.
      Kurz bevor wir uns auf den Barhockern niederließen, traf mein Blick tatsächlich den meiner notgeilen Nachbarin, die sich mit irgendeinem Typ unterhielt. Es war wohl eine etwas hitzigere Diskussion. Sie schien aufgebracht und der Typ aufdringlich. Natürlich könnte ich jetzt den Helden spielen, doch ich war bereits in bester Gesellschaft. Und schließlich mussten wir ganz nebenbei noch die Welt retten. Oder so ähnlich. Sie würde schon klar kommen, dachte ich mir, als dann endlich Nick hinter dem Tresen erschien.
      "Erstmal ein Bier, Barkeeper!", rief ich ihm grinsend zu, bevor ich zu Sam sah. "Was trinkst du? Ich habe heute meinen guten Tag... ich lade dich ein", schmunzelte ich. Warum sofort in Eile und Tatendrang ausbrechen, wenn man es ruhig angehen könnte?

      Benjamin

      Da war er plötzlich. Dieser Geruch von Vampir... das leicht süßlich-holzige. Ein Geruch, den ich unter tausend anderen sofort erkannte. Zuerst war es nur einer... ganz offensichtlich der Barkeeper, der neu dazu kam, und schnell außer Sichtweise in einem Nebenraum verschwand. Kurz darauf folgten zwei weitere. Ihre Gerüche unterschieden sich ganz eindeutig voneinander, aber ich spüre auch eine Art Verbindung zu dem Vampir hinter der Bar. Unauffällig betrachtete ich die beiden aus dem Augenwinkel, während ich mein kaltes Getränk zu mir nahm und das Glas mit beiden Händen umklammert hielt. Sie schien eine junge, dunkelhaarige Frau zu sein, er eine recht große, schlanke Erscheinung. Sie setzten sich unweit von mir entfernt an die Bar. Der Mann bestellte sogleich ein Getränk. Während ich mich darauf konzentrierte, jedes Wort zu verstehen, was bei dem ganzen Stimmengewirr gar nicht so leicht war, konnte ich aber nicht ignorieren, dass die schöne Rothaarige ganz offensichtlich von dem Typen bedrängt wurde, der ihr bereits den zweiten Cocktail spendierte. Seine Absichten waren eindeutig und wenig ehrenwert. Es war nicht die Tatsache, dass sie eine sehr schöne Frau war, sondern viel mehr, dass es sich bei ihr um einen Werwolf, und somit meines Gleichen handelte, was mich dazu veranlasste, etwas genauer hinzuhören. Gerade als das Gespräch der drei Vampir begann, schien der Typ immer übergriffiger zu werden, was meine Ermittlungen zusätzlich erschwerte...

      Ellie

      Mit Matt nach Hause gehen? Heute noch? "Ja... ich komme gerne noch kurz mit", antwortete ich lächelnd. Ich liebte es, bei ihm Klavier zu spielen, denn ein eigenes besaß ich nicht. Es passte einfach nicht in Tims Wohnung. So wie Matt mir vor einigen Tagen erzählt hatte, waren seine Eltern verreist, und so hatte er das riesige Anwesen für sich ganz allein. Naja zumindest wenn man seinen Golden Retriever Scooby außen vor ließ. Obwohl seine Familie viel Geld besaß, waren sie immer bodenständig geblieben. Ich mochte die beiden, vorallem seine Mam. Sie war eine wirklich herzliche Frau und hatte immer ein offenes Ohr für mich. "Deine Eltern sind auf Reisen... stimmt", erinnerte ich mich und warf einen Blick zu meinem besten Freund. Der Spaziergang tat gut. Das Auto mussten wir nicht benutzen, denn das Studio lag nur ein paar Minuten von Matts Zuhause entfernt. "Sag mal, Matt...", begann ich dann, bemüht, die richtigen Worte zu finden. "Denkst du, es macht Sinn, wenn Jemand jemanden ganz offensichtlich nur sympathisch findet, diesen Jemand dennoch davon zu überzeugen, dass man die Richtige sein könnte?"
      Matt war nicht nur mein Tanzpartner, sondern auch mein bester Freund. Mit ihm konnte ich über alles reden. Warum also nicht auch über Nick?

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Nordlicht ()

    • Samantha

      Noah hatte den Geruch natürlich auch bemerkt, wollte aber dennoch in die Bar. Es war ja nicht so, dass ich es unbedingt eilig gehabt hätte, doch ich hatte keine große Lust darauf. Ihm zuliebe ließ ich mich darauf ein und begab mich in diese Dunstwolke aus den verschiedensten, penetrantesten Gerüchen, die man finden konnte. Ich nahm schließlich nicht nur das gleiche wie Noah und Nick wahr. Die Menschen an diesem Ort kamen aus den unterschiedlichsten Gründen her. Manche wollten sich einfach nur entspannen und mit Freunden plaudern. Manche wollten jedoch etwas mehr aus dem Abend holen und jemand bekannten oder unbekannten mit ins Bett nehmen. So wie Noah es gerne tat. Hoffentlich würde er mich nicht sitzen lassen, sodass ich gezwungen wäre Nicks Arbeitszeit hier zu verbringen, obwohl ich dann bevorzugen würde zu laufen.
      "Ich möchte nichts, danke.." Ich mochte Alkohol nicht besonders und die meisten Cocktails waren außerdem viel zu süß. Stattdessen konzentrierte ich mich lieber auf die Gerüche der beiden Vampire. Sie war erst gestern hier und bei ihm muss es ungefähr eine Woche her sein. Als Nick mir plötzlich ungefragt etwas vor die Nase stellte, sah ich zu ihm auf und bemerkte sein Zwinkern. Da er mich sehr gut kannte, nahm ich an, dass es mir schmecken sollte oder zumindest nicht völlig gegen meinen Geschmack war. Und Alkohol konnte ich darin auch keinen riechen, weshalb ich es probierte. Man konnte es trinken.

      ____

      Amber

      Der Kerl machte seine Absichten beim zweiten Drink mehr als deutlich, weshalb ich beschloss es früher zu beenden, als geplant. "Sonst wärst du doch nicht hier", meinte er, sah mich lüstern an und beugte sich zu mir rüber, um seine Hand auf meinen nackten Oberschenkel zu legen. Natürlich sah ich so aus, als wolle ich hier jemanden abschleppen, aber so nötig hatte ich es nun auch nicht. Mir waren ehrliche Kerle lieber, als einer der mir irgendwas versprach. Unverbindlicher Sex war vollkommen in Ordnung. Der Kerl war aber nicht nur ehrlich - zumindest was seine Pläne mit mir betraf - sondern etwas zu aufdringlich und dachte wohl, dass ich ein Flittchen wäre. Dazu kam noch, dass er ein Lügner war - der seine Frau betrog und meinte, ich würde es entweder nicht merken oder aber ignorieren - was ich überhaupt nicht leiden konnte. "Und wenn du Brad Pitt, George Clooney oder sonst wer wärst.. Ich hab' es nicht nötig mich mit Fremdgängern abzugeben." Da er nicht gehen wollte, ging ich. Ich stand auf und wollte zum Tresen, wo ich meinen Nachbarn erblickte. Mit einer Frau. Seine Freundin? Das war's dann wohl mit heißen Nachbarn. Da ich mich nicht zu ihnen setzen wollte, musste ich mich neben den anderen Typ setzen, der einen stolzen Bart hatte. Kam der aus dem Wald? Er sah ja ganz gut aus, aber ich war eigentlich nicht so der Fan von Urwäldern im Gesicht. Allerdings war da ja noch der hübsche Neuling auf der anderen Seite der Bar, dem ich charmant zulächelte. "Hey, machst du mir eine Pina Colada?" Ruckzuck war mein Drink fertig und stand auf dem Tisch, wobei er die Zutaten blind gegriffen und eingefüllt hatte, was mich doch sehr überraschte. "Dankeschön..", schmunzelte ich und nahm einen Schluck, um mich davon zu überzeugen, dass er wirklich gut war. Dagegen war Chris ziemlich langweilig. Der neue gefiel mir.

      _____

      Nick

      Mein Blick ging zu Noah, der mich mit 'Barkeeper' rief, als wäre ich ein völlig Fremder. Doch wie er es wünschte, schnappte ich mir ein Glas und füllte dieses mit Hingabe und Perfektion, auch wenn es nur für Noah war. Er sollte keinen Grund zur Beschwerde haben, außerdem würde es kein gutes Licht auf mich werfen, wenn ich bestimmten Gästen nur halbherzig ihre Getränke gab. Als er Samantha fragte, was sie trinken wollte, schmunzelte ich. Sie antwortete wie erwartet, aber wie sähe das denn aus, wenn sie hier rumsitzt und nichts trinkt? Also machte ich ihr einen nicht so süßen Virgin Caipirinha. "Bitte schön." Ich zwinkerte ihr zu und wandte mich schmunzelnd ab.

      _____

      Matthew

      Als Ellie zusagte, freute ich mich sehr darüber noch etwas Zeit mit ihr vor ihrem Urlaub verbringen zu können. Das meine Eltern gerade nicht da waren - sie gönnten sich gerade einen romantischen Urlaub zu zweit, da ihre Söhne ja schließlich erwachsen waren - war eigentlich völlig unwichtig. Sie war immer willkommen und meine Eltern behandelten sie, als gehöre sie zur Familie. Vielleicht würde sie das eines Tages ja wirklich..
      "Hm?", fragend sah ich zu ihr, als sie mir eine ungewöhnliche Frage beim Spaziergang stellte. Wenn jemand jemanden nur sympathisch fände? Ich bezweifelte ehrlich gesagt, dass sie für eine Freundin fragte, aber meinte sie jemand bestimmten? Mich etwa? Ich fand sie mehr als nur sympathisch! Aber was meinte sie mit ganz offensichtlich? Womöglich ging es wohl doch eher um jemand anderen..
      "Ich weiß nicht.. Wenn es so offensichtlich ist, dann wohl eher nicht..", meinte ich und kratze verlegen, aber nachdenklich meine Wange. Wie könnte sie denn nicht die Richtige sein? Völlig unmöglich.
      Bei mir zuhause angekommen, war ich schon bereit meine Tasche fallen zu lassen, da Scooby mich immer stürmisch begrüßte, aber wenn Ellie dabei war, konnte er sich nie entscheiden, wen er zuerst begrüßen sollte. Meistens entschied er sich für Ellie, da ich keine Anzeichen machte, dass er zu mir kommen sollte. Ich sah ihr gern dabei zu, wie sie sich über Scooby's Aufmerksamkeit freute. Er wedelte freudig mit dem Schwanz und kam anschließend auch zu mir, nachdem ich meine Tasche ordentlich abgestellt hatte.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von Kiimesca ()

    • Noah

      Ich nickte Nick anerkennend zu. Egal was für ein melancholischer Idiot er war, und egal wie gerne er im Selbstmitleid badete - er machte seine Arbeit hinter dem Tresen wirklich ausgezeichnet. Das musste man ihm lassen. Dass Samantha offenbar nichts trinken wollte, was mich nicht verwunderte, kommentierte ich nur mit einem Schulterzucken, bevor ich mir das kalte Bier schmecken ließ. Nicht zu kalt, nicht zu warm. Die perfekte Temperatur. Als Sam dann gegen ihren Willen doch einen Cocktail vorgesetzt bekam, der aber sicher keinen Tropfen Alkohol beinhaltete, denn auf den stand das Engelchen ja so gar nicht, stieß ich kräftig mit meinem Glas an das ihre, sodass ein lautes Klirr zu hören war.
      Ich bemerkte aus dem Augenwinkel, dass sich meine rothaarige Nachbarin an den Tresen setzte. Offensichtlich war sie ganz ohne Begleitung hier. Natürlich. Sicher wollte sie jemanden aufreißen. In dem Outfit würde sich dies als sicherlich leichte Aufgabe erweisen. Irgendeinen Idioten würde sie sicher finden, mit dem sie die zwei Minuten auf der Toilette verbringen konnte. Vielleicht musste ihr nur jemand zeigen, was echter, leidenschaftlicher Sex, voller Hingabe und Individualität bedeutete? Vielleicht wartete sie nur auf diesen jemand? Ach... irgendwie tat mir die Vorstellung fast leid, dass das arme, hübsche Ding, welches ganz alleine und verlassen in diesem großen Haus lebte, schon so lange auf der Suche nach dem perfekten Sex war. Schnief.
      Doch genug von ihr. Auch wenn es mir etwas schwer fiel meinem Blick von ihren nackten Oberschenkeln abzuwenden. Ich wandte mich an Nick. "Und? Hast du was gehört?", wollte ich wissen und spielte natürlich auf die Vampirin an, die sich hatte heute noch nicht blicken lassen. Ihr Geruch war nicht frisch. Die einzigen Vampire, die ich neben dem dreckigen Werwölfen riechen konnte, waren Samantha und Nick.

      Benjamin

      Aufmerksam lauschte ich den Worten der drei Vampire, die unweit von mir entfernt an der Bar saßen. Ohne Zweifel wussten sie etwas. Das konnte ich spüren. Dass sie mir keine weitere Beachtung schenkten, das wunderte mich etwas. Normalerweise wurde ich in Gegenwart von Vampiren sehr schnell angefeindet. Doch wir, die Werwölfe, waren stärker und Rainville unser Zuhause. Auch wenn ich weit entfernt von Rainville das Licht der Welt erblickt hatte, so fühlte ich mich doch verantwortlich für die Stadt und deren Bewohner. Wir waren hier, um den Frieden zu gewährleisten. Und die vielen Todesfälle sorgten für ein Ungleichgewicht unseres hart erarbeiteten Friedens. Dieses Gleichgewicht musste wieder hergestellt werden!
      Ich versuchte, während ich den Worten der Drei lauschte, nicht zu angestrengt zu wirken, während ich an meinem Bierglas nippte und hin und wieder einen Blick zum menschlichen Barkeeper warf. Der andere war ein Vampir, zweifellos.
      Dann setzte sich die junge Frau neben mich, die dem Typ offenbar einen Korb verpasst hatte. Ich sah sie nur flüchtig an, bevor ich wieder die immer kleiner werdenden Schaumkrone meines Biers betrachtete und mich auf jedes einzelne Wort konzentrierte, welches mich potentiell weiter bringen könnte.

      Ellie

      "Mhh...", murmelte ich nur auf sein Gesagtes. Ja, ich hatte mir sicherlich eine andere Antwort erhofft. So etwas wie: "Ja, man muss für die Liebe kämpfen!", "Liebe kann entstehen! Es ist keine Sache von heute auf morgen!". Aber nein. So war es nicht. Ich seufzte, als wir das Anwesen erreichten, welches Matt sein Zuhause nannte. Es als normales Haus zu bezeichnen, wäre eine völlige Untertreibung gewesen. Es glich schon fast einer Villa. Wunderschöner Vorgarten mit einem Springbrunnen, Kirschbäume, die im Frühling ein traumhafter Anblick waren, ein riesiges Außengelände mit Pool und einer eigenen kleinen Parkanlage. Fast so wunderschön wie diese chinesische Gärten, die ich nur aus Film und Fernsehen kannte. Scooby, der Golden Retriever der Familie, hatte sehr viel Platz zum Toben und erlebte hier den Himmel auf Erden. Vielleicht war es deshalb so ein ausgesprochen liebenswürdiges Kerlchen?
      Nachdem wir durch den Vorgarten geschlendert waren, betraten wir das Anwesen, in welchem wir schon schwanzwedelnd von Scooby begrüßt wurden. Zuerst begrüßte er mich freudig und sehr feucht, während meine Hände durch sein weiches Fell glitten. Erst danach erwies er seinem Herrchen die Ehre, was mich zum Schmunzeln brachte. Unser Weg führte sofort auf die riesige Dachterrasse, auf der jenes Klavier stand, auf dem ich schon seit gut einem Jahr regelmäßig spielte. Als ich noch in meinem Elternhaus gelebt hatte, bevor Mam und Dad ausgewandert waren, hatte ich mein eigenes Klavier im Wohnzimmer. Doch da es in Timothys Wohnung dafür schlichtweg zu wenig Platz gab, verkauften wir es. Ein etwas kühler Luftzug wehte, aber meine graue Weste hielt mich warm genug, damit ich nicht fror.
      Ich setzte mich erstmal auf die gemütliche Sitzecke. Über ihr waren bunte Lichterketten angebracht, welche aber noch nicht die Nacht erhellten. Die Sonne stand noch an Himmel, auch wenn sie sich bald verabschieden würde.
      "Ein toller Sonnenuntergang, oder?", sagte ich lächelnd und sah zu dem orangenen Himmel, der mit den roten und blauen Fäden wie ein Kunstwerk von Monet wirkte. Es wurde aber immer dunkler und dunkler. Bald würde auch dieses Licht erloschen sein.
      Ich sah zu Matt und lächelte. Ich dachte darüber nach, ob ich ihm von Nick erzählen sollte, doch ertappte mich wieder dabei, dass es wieder viel zu sehr um mich und meine Gedanken ging. "Was ist eigentlich aus dir und... warte... wie hieß die noch gleich... Tiffany? Geworden?"
      Ich zog die Beine dicht an meinen Körper und legte das Kinn auf meine Knie. Mit meinem Armen umschlang ich mein Beinpaar und sah ihm mit einem neugierigen Blick entgegen.

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Nordlicht ()

    • Nick

      Ich beobachtete, wie Noah mit Sam anstieß und widmete mich den gespülten Gläsern. Eins musste man Noah ja lassen, er war geduldig und hartnäckig, was Sam anging. Auch wenn er mit jedem Techtelmechtel ihre Missgunst erntete. Keine Ahnung, was das zwischen ihnen war. Wenn Sam nicht von sich aus Abstand halten würde, hätte ich ihr wohl dazu geraten. Aus diesem Kerl wurde man nicht wirklich schlau.
      "Nein..", antwortete ich auf Noah's Frage und sah kurz zu dem bärtigen Wolf. Er verhielt sich eigenartig und es wunderte mich, dass er weiterhin in der Gegenwart von 3 Vampiren blieb. Entweder fühlte er sich immer noch überlegen oder er hatte einen guten Grund. "Mir wäre es lieber, wenn sie weiterzieht und nicht mehr auftaucht..", meinte ich leise. "Ich habe Artikel gefunden, die über die ungewöhnlichen Fälle berichten. Das waren bestimmt sie." Sam war sich ebenso sicher wie ich, dass die beiden anderen Vampire unter einer Decke steckten. "Ich mag Rainville.. Ich will hier nicht weg..", murmelte sie leise und blickte betrübt in ihr Glas. Und wie sie Rainville mochte... Vor allem diesen Kerl, den sie geküsst hatte. Noah wäre sicher gar nicht begeistert, obwohl er nicht das Recht hatte über sie zu bestimmen.
      Es war seltsam, wie die beiden Wölfe schon seit einer Weile nebeneinander saßen und sich einander keinerlei Beachtung schenkten. Gehörten sie etwa nicht zusammen? Mein Blick ging zu Samantha und als würde sie meine Gedanken lesen könnte, warf sie mir einen vielsagenden Blick zu, den ich ebenso gut verstand. Also konnte sie an den beiden keine Spuren des anderen aus vergangenen Tagen riechen, was bedeutete, dass sie sich wohl wirklich zum ersten Mal begegnet waren.

      _______

      Samantha

      Ich betrachtete mein Glas, welches ich schon halb ausgetrunken hatte und blickte auf, als die Rothaarige aufstand und auf Toilette ging. Mein Blick fiel auf den Wolf an der Bar, der zwar so aussah, als würde er uns nicht beachten, doch ich war mir sicher, dass er uns belauschen würde. Wölfe griffen Menschen nicht unbegründet an, weshalb ich davon ausging, dass er gute Absichten hatte. Außerdem konnte ich auch keine böswilligen Gerüche wahrnehmen. "Ich will mit dem Wolf sprechen..", sagte ich zu Noah, als uns niemand hören konnte. Da er das sicher gehört hatte, rutschte ich von meinem Stuhl und ging nach draußen, wo ich auf ihn wartete.

      _____

      Amber

      Nachdem ich meinen Drink ausgetrunken hatte, ging ich kurz auf Toilette und als ich zurückkam, waren der Kerl mit dem Bart, aber auch die Freundin meines Nachbarn verschwunden. Ich konnte nicht anders, als ihn aus dieser Nähe zu betrachten. Er sah wirklich verdammt gut aus, auch wenn er mir ohne Shirt besser gefiel. Wenn das jedoch wirklich seine Freundin war, dann müsste ich wohl darauf verzichten auch den Rest von ihm ohne Kleidung zu sehen. Irgendwie war dieser Abend etwas enttäuschend und ich war auch wieder etwas müde, weshalb ich beschloss an die frische Luft zu gehen.

      _____

      Matthew

      Eigentlich hatte ich erwartet, dass sie sich direkt an das Klavier unter der Glaskuppe setzen würde, doch sie setzte sich stattdessen auf die Sitzecke. Ich folgte ihr und setzte mich ebenfalls, ehe ich auf ihre Bemerkung in den Himmel sah. "Ja.." Dann fragte sie mich jedoch nach Tiffany. "Oh.. nichts.. Ich wollte ja eigentlich gar nicht mit ihr ins Kino, aber jemand hat mich ja dazu überredet..", meinte ich und sah sie mit hochgezogener Augenbraue an. Ich sollte es doch wenigstens mal versuchen, meinte sie. Dates waren einfach nichts für mich, außerdem gehörte mein Herz bereits Ellie, mit der ich schon etliche Male im Kino war, aber für sie war ich wohl nie mehr als ein Freund.
      Ich legte meine Arme auf die Rückenlehne und neigte mich etwas zu ihr. "Alles in Ordnung, Ellie?", fragte ich besorgt und strich ihr eine Strähne hinter ihr Ohr, die immer wieder mal nach vorne fiel.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco
    • Noah

      Zwar war es mir nicht wirklich recht, dass sich Samantha mit diesen Werwolf vor der Bar verabredete, konnte man dies denn so bezeichnen, denn sie hatte ihn nicht mal direkt angesprochen. Aber ich war hier und würde auf jedes Wort achten. Der Wolf würde ihr kein Haar krümmen. Vorher würde ich ihm alle Knochen einzeln brechen. So sah ich Samantha nur flüchtig hinterher, als sie die Bar verließ. Kurz darauf folgte ihr der bärtige Typ, dessen Gestank fast unerträglich auf mich wirkte. Wie ich diese stinkenden Köter hasste!
      Nick offenbarte ich meine Zweifel nicht. Ich trank einen Schluck von dem Bier, als ich die Blicke von meiner Nachbarin bemerkte, die gerade von dem Toiletten zurückkam. Ob sie dort schon jemandem aufgerissen hatte?
      Kurz überlegte ich etwas zu sagen. Doch ich ließ es. Wenig später verließ auch die Rothaarige die Bar und ich blieb mit Nick und den haufenweise nach Schweiß und Alkohol stinkenden, jämmerlichen Menschen allein zurück. Prost!

      Benjamin

      Die Rothaarige machte sich auf den Weg zur Toilette, oder wo auch immer es sie hin verschlug. Es interessierte mich nicht. Sie war zwar eine Werwölfin, und somit eine von uns, aber sie gehörte nicht unserer Organisation an. Ihr Gesicht war mir gänzlich unbekannt.
      Viel mehr interessierte mich, dass die braunhaarige Vampirin mit mir sprechen wollte. Verwundert darüber, aber nicht sofort feindselig gestimmt, verließ ich kurz nach ihr die Bar. Hatten ihre beiden Freunde keine Sorge, dass ich sie um die Ecke bringen würde? Jeder tote Vampir war schließlich ein besserer Vampir, denn auch wenn ich für einen Werwolf recht tolerant war, was man von meinen Artgenossen zum Teil nicht unbedingt behaupten konnte, hielt ich nicht viel von Vampiren. Oft stellte sich heraus, dass es genau diese blutsaugenden Bestien waren, wie sie in unzähliger Literatur und Filmen dargestellt wurden.
      Ich öffnete die Tür des Frankys und entgegen wehte mir eine kühler geworden Brise. Die Sonne war inzwischen untergegangen und es zeigte sich kein einziger Stern am Firmament. Es roch bereits nach Regen. Mein Blick wanderte zu der Braunhaarigen. Ich sagte kein einziges Wort, sondern folgte ihr etwas ins Abseits und schaute sie fragend an.

      Ellie

      Ein Seufzen entwich meiner trockenen Kehle. Ich hielt den Blick von seinen Augen abgewendet und überlegte, ob ich ihm tatsächlich von Nick erzählen sollte. Von dem Kuss erzählen sollte, der noch immer auf meinen Lippen brannte, auch wenn er unerwiderter hätte nicht sein können. Dieser Gedanke stimmte mich traurig. Ich konnte verstehen, dass er um den Verlust seiner verstorbenen Freundin trauerte, auch wenn ich die Hintergründe dazu nicht kannte. Es war immer schwer, einen Menschen zu verlieren. Oh wie dumm ich war, ihn so zu bedrängen! Aber der Funke, den ich da zwischen uns gespürt hatte... war dieser wirklich nur meiner Einbildung entsprungen?
      Nach einer kurzen Zeit der Stille, schaute ich auf und unsere Blicke trafen sich. "Ja, schon.. ", begann ich zögerlich, bevor es dann doch wie ein Wasserfall aus mir heraussprudelte. "Ich habe da so einen Typen kennengelernt. Er kam ins Café, wollte eigentlich nur in Ruhe seinen Schokoladenkuchen essen, aber Naomi meinte ja wieder, sie müsste ihm gleich meine Handynummer vor die Nase halten", seufzte ich und fragte mich dabei insgeheim, wie es ausgegangen wäre, hätte sie das nicht getan. Vielleicht wäre es dann öfter ins Café gekommen. Wir hätten uns jedes Mal nett unterhalten und er hätte gemerkt, dass die blonde, freundliche Kellnerin doch ganz in Ordnung war. Er hätte mich auf ein romantisches Dinner eingeladen, oder ins Kino, wir hätten uns verliebt, verlobt und geheiratet und ganz viele kleine, süße Babys auf die Welt gebracht. Vielleicht wäre es auch nie über ein nettes "Guten Tag" und "Auf Wiedersehen" hinausgegangen. Diese Frage konnte mir wohl niemand beantworten. In jedem Fall hätte mir es, wäre es so gekommen, vermutlich viel Kummer erspart. "Er meldete sich nicht bei mir und am nächsten Tag gingen wir dann ins Frankys, wo sich herausstellte, dass er als Kellner arbeitet. Naomi ist natürlich sofort hingerannt, um mich wieder zu blamieren...", kommentiere ich Augen rollend ihre Handlung und seufzte schwer. "Ich habe mir die Kante gegeben und der Typ hat mich mit nach Hause genommen, weil Naomi sich wieder mit irgendeinem Typ vergnügt hat. Morgens hat er mir ein so wundervolles Frühstück gemacht, und ja..."
      Ich wandte den Blick ab. "Und dann habe ich ihn geküsst."
      Von Scham überrollt, versteckte ich das Gesicht in meinen Händen. "Ach Matt! Er hat den Kuss nicht mal erwidert... er sagte, dass er mir nicht geben kann, was ich will und dann noch, dass seine Freundin verstorben ist und er diesen Verlust noch nicht überwunden hat."
      Ich hob mein Gesicht und biss mir auf die Unterlippe. "Ich kann ihm doch nie wieder unter die Augen treten..."

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Nordlicht ()

    • Samantha

      Ich war einerseits erleichtert, dass er mir folgte und andererseits ein wenig in Sorge, dass er nicht so einen Bedarf an einem Gespräch hatte, wie ich. Als wir uns etwas abseits der Tür befangen, drehte ich mich zu ihm um und bemerkte anhand seines fragenden Blickes zumindest Neugierde, was ich zu sagen hätte. "Da du hier bist, hast du sicher auch den Rest unseres Gesprächs mitbekommen.. Wir sind nicht deine Feinde.. Ich liebe Rainville und ich mag die Menschen.. Wir trinken gerade so genug, um davon leben zu können, wobei wir niemanden verletzen.." Ich hoffte, dass er offen dafür war und mir Glauben schenken würde, anstatt alle Vampire über einen Kamm zu scheren. "Nick, der Barkeeper, hat gestern eine furchterregende Vampirin getroffen und wir befürchten, dass sie Rainville nicht so schnell wieder verlassen wird. Sie hat noch einen Begleiter, das konnte ich da drinnen deutlich riechen. Die beiden sind mit Sicherheit für die gehäuften Todesfälle verantwortlich..", erklärte ich ihm und hoffte, dass er uns helfen würde. "Wir.. könnten deine Hilfe dabei gut gebrauchen.." Vampire dieser Stärke wären allerdings auch für ihn keine einfachen Gegner, auch wenn er uns überlegen war.

      _____

      Amber

      Ein wenig enttäuscht von diesem Abend verließ ich die Bar und nahm einen tiefen Atemzug von der frischen Luft. Es war kühler geworden, doch trotz meiner leichten Bekleidung fror ich noch nicht. Ich war leicht angetrunken und sah in den Himmel, der uns in Kürze wohl wieder wegzuwaschen versuchte. Um nicht direkt vor der Bar rumzulungern, ging ich ein Stück spazieren, während ich mir per Klick ein Taxi bestellte. In einer Großstadt gab es so viele Taxis, dass man nur den Arm heben müsste, aber in Rainville musste man gelegentlich ein paar Minuten warten.

      _____

      Matthew

      Ja, schon.. aber? Es dauerte nicht lang, bis Ellie mir von ihren Sorgen erzählte. Von einem Typen den sie geküsst hatte und es ihn völlig kalt ließ. Es war für mich unbegreiflich, wie man ihr auf diese Weise einen Korb geben könnte. Wie man ihr überhaupt einen Korb geben könnte! Naomi hätte sich da lieber raushalten sollen, was dachte sie sich dabei nur? Ich konnte es mir nur schwer vorstellen. Gut, wenn dieser Typ seiner verstorbenen Freundin nachtrauerte, schien er zumindest kein schlechter Kerl zu sein, aber wenn man Ellie in die Augen sah, konnte man all seine Probleme vergessen.
      Ich legte vorsichtig meinen Arm um sie, da ich nicht wusste, ob eine Umarmung für sie jetzt das richtige wäre. Als ich auch den anderen Arm um sie legte und mich ihr fruchtiger Duft einhüllte, fühlte ich mich wie im 7. Himmel. Ich wäre der glücklichste Mensch der Welt, hätte sie mich geküsst und nicht diesen Typen. Wenigstens würde sie nach dem Urlaub nicht mehr im Café arbeiten und so diesem Mann auch nicht mehr so oft begegnen, außer sie ginge wieder mit Naomi in die Bar. "Er ist ein Idiot, wenn er nicht sieht, was für eine tolle Frau du bist." Ich würde alles geben, wenn sie doch nur mich erwählen würde, statt diesem Kerl nachzutrauern. Mit einem sanften Lächeln hob ich ihr Kinn an, damit sie mir in die Augen sah. Wir waren uns oft sehr nahe, sodass es für mich auch jetzt nicht befremdlich war, ihr so nahe zu sein. "Ein Kuss von dir ist wie ein 6er im Lotto.." Auch wenn Ellie durchaus emotional war, wusste ich, dass sie darüber hinweg kommen und wieder lachen könnte. Wie viele Male zuvor, wünschte ich mir nichts sehnlicher, als das ich derjenige sein würde, der ihre Lippen schmecken dürfte. In ihrer jetzigen Stimmung wäre mein Geständnis jedoch äußerst unangebracht, weshalb ich doch lieber bis zum Wettbewerb warten sollte. Oder länger, denn ich wollte sie nicht verlieren, wenn sich wegen meiner Gefühle von mir distanzieren würde.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco
    • Benjamin

      Ich schaute in das Gesicht der Vampirin. Sie war makellos. Wunderschön. Und viel wichtiger noch: sie war ehrlich und aufrichtig. Das konnte ich spüren. Nicht nur die Vampire besaßen Gaben. Auch Werwölfe hatten Besonderheiten, die sie stärker machten als gewöhnliche Menschen, aber nicht besser. Viele meines Gleichen nutzen ihre Kräfte schamlos aus. Nicht um Gutes zu tun, sondern um noch mehr Leid zu verbreiten. Als gäbe es davon nicht schon genug auf der Welt...
      Doch obwohl ich spürte, dass ihre Worte die Wahrheit waren, würde ich mich niemals mit Vampiren zusammenschließen. Dafür traute ich den Blutsaugern dann doch zu wenig.
      Mein Blick hielt dem ihren Stand. Zunächst schwieg ich, auch nachdem sie ihre letzten Worte ausgesprochen hatte.
      "Ich glaube dir", war das erste, das ich sagte. "Doch wir schließen uns nicht mit Vampiren zusammen. Niemals. Aber ich glaube dir, dass du und deine beiden Kumpels nichts mit den Morden zu tun habt."
      Ich wandte meinem Blick flüchtig ab, denn ich spürte die Anwesenheit der anderen Wölfin. Nicht sehr weit entfernt stand sie an der Straße. Das Laternenlicht spiegelte sich in den Wasserpfützen wider. Dann sah ich wieder zu der zierlichen Vampirin vor mir. "Es wäre unter solchen Voraussetzungen sicher besser, ihr würdet Rainville wieder verlassen."

      Ellie

      Ich musste lächeln, denn seine Worte legten sich wie heilender Balsam auf meine Seele. Ich legte meine Hände an seine Wangen und drückte ihm einen sehr schnellen, aber kräftigen Kuss auf die Lippen. Wir hätten uns schon öfter auf die Wangen geküsst. Auf unsere Lippen noch nie, doch es war meinerseits nur eine überschwänglich, freundschaftliche Geste, nichts weiter. "Du bist süß, Matt" sagte ich lächelnd, bevor ich aufstand, um zu Klavier zu gehen und ein paar Melodien zum Besten zu geben. Inzwischen leuchtete die Lichterkette über der Sitzecke und erhellte die dunkle Nacht.

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Nordlicht ()

    • Samantha

      Das er mir glaubte, erleichterte mich. Wir konnten nicht noch mehr Feinde gebrauchen. Doch das er uns nicht helfen würde - jedenfalls nicht an unserer Seite - war wirklich schade. Ich folgte seinem Blick und sah die rothaarige Frau, die ebenfalls einer von ihnen war, ehe ich ihn wieder ansah und seufzte. "Ja, das wäre es.. aber ich will nicht.. Ich.." Das ich vielleicht endlich meinen Seelenverwandten gefunden hatte, musste ich ihm ja nicht auf die Nase binden. Er schien Vampire nicht besonders zu mögen, was ich verstehen konnte, aber wie würde er reagieren, wenn ich sage, dass ich mich in einen Menschen verliebt hätte? "Ich mag Rainville.. Es erinnert mich an die Kleinstadt in der ich vor über 100 Jahren geboren wurde." Die beiden Vampire würden bestimmt nicht sehr lange bleiben und wenn wir ihnen deutlich machen würden, dass sie hier nicht willkommen waren, würden sie ihre Abreise vielleicht vorziehen.

      _____

      Amber

      Ich war nicht sonderlich begeistert, als ich den Kerl aus der Bar auf der anderen Straßenseite erblickte, der von seinem Handy aufsah und mich ebenfalls entdeckte. Das er meinetwegen hier war, glaubte ich erst einmal nicht, doch als er die Straße überquerte, wandte ich genervt meinen Blick ab. Warum konnten manche Männer einfach nicht akzeptieren, wenn man nicht tat, was sie wollten? Er hatte schon Recht, dass ich mit einer gewissen Absicht überhaupt erst in die Bar gegangen war, aber es war nicht das erste Mal, dass ich sie wieder verließ, ohne jemanden gefunden zu haben, der es wert war, die Nacht mit ihm zu verbringen.
      "Hey Amber.. Es ist nicht so, wie du denkst. Sie hat mich vor kurzem verlassen und deshalb war ich heute Abend auf der Suche nach etwas Gesellschaft.." Bei dem Wort Gesellschaft ließ er seinen Blick über meinen Körper wandern, der ihm offensichtlich gefiel. Wie konnte ich ihm das auch verübeln? Ich hatte mich ja extra in Schale geworfen, um solche Blicke zu ernten. Dennoch konnte ich riechen, das er mich belog. Nicht wortwörtlich, aber ich war mir einfach sicher, dass es nicht die Wahrheit war. So einfach ließ ich mich nicht von den Kerlen blenden. "Ich fahre jetzt nach Hause, Tom. Ohne dich. Ich lass mich nicht verarschen", meinte ich lediglich und sah zu dem Bus, der gerade auf uns zusteuerte.
      Gerade als er vor uns hielt und die Sicht zur Bar blockierte, überlegte ich kurz, ob ich einfach einsteigen sollte, auch wenn er nicht in meine Richtung fuhr. Doch bevor ich mich in Bewegung setzen konnte, hatte er schon seinen Arm um mich gelegt und seine andere Hand in meinen Nacken um mich zu küssen. Ich hätte mich wehren können. Ich hätte schreien können, als er mit mir in der engen Seitenstraße verschwand, um mich weiter zu belästigen. Aber dafür war ich gerade zu stolz und dachte, dass ich mit ihm fertig werden würde.
      Er hielt mir eine Hand vor den Mund, bevor ich sah, wie der Bus weiterfuhr und dennoch kaum Licht in die Gasse drang. Ich spürte seine andere Hand an meinem Oberschenkel, die sich durch den Schlitz im Kleid auf meinen Hintern begab. Das wäre weitaus erotischer gewesen, wenn ich damit einverstanden wäre. "Du hast doch eh mehr Kerle rangelassen, als du an zwei Händen abzählen kannst. Warum servierst du mich also ab? Ich gefalle dir doch, sonst hättest du kein Interesse gezeigt." Ja, er hatte mir gefallen, aber es gab noch eine ganze Menge anderer gut aussehender Kerle in Rainville. Er war auch wesentlich stärker, als ich angenommen hatte. Mit seiner Hand an meinem Mund und seinem Körper dicht an meinen gepresst, war es schwierig für mich, mich zu befreien. Ich konnte nicht mal mein Knie anheben, um es in seine Kronjuwelen zu rammen, was ich tatsächlich schon ein, zwei Mal gemacht hab. "Komm schon. Es wird dir auch gefallen, das verspreche ich." Auf sein Versprechen konnte ich pfeifen. Kerle wie der waren nur an ihrem eigenen Glück interessiert. Ich war doch keine Hure, die zu der Beglückung solcher Mistkerle da war!
      Mein Blick verfinsterte sich und mein Herz schlug immer schneller, während er meinen Hals und meine Schulter mit seinen gierigen Lippen besudelte. Ich drückte ihn von mir, doch ich war nicht stark genug und mit den Schuhen könnte ich auch nicht wirklich wegrennen. Um Hilfe rufen? Die Leute, die mich hören könnten, wären doch sicher alle betrunken und wären keine Hilfe. Nachdem ich aber zumindest seine Hand von meinem Mund wegbekam und Luft holte, um es wenigstens zu versuchen, verpasste er mir eine saftige Ohrfeige. Ich könnte schwören, dass ich kurz Sternchen gesehen hatte, doch mir blieb im nächsten Moment schon die Luft weg, als er mich würgte. Was war denn das für ein Psycho?! Wollte er mich jetzt umbringen, weil ich seinen gottverdammten Stolz verletzt habe? Meine Augen weiteten sich, während ich meine Hände an seinen Arm legte und mein Herz immer wilder wurde. Ein seltsames Gefühl machte sich in mir breit, als wäre ich unheimlich wütend. Was ich auch war! Aber es fühlte sich an, als würde ich vor Wut gleich platzen, wenn ich nicht gerade damit beschäftigt wäre zu ersticken.

      _____

      Matthew

      Ein Kuss auf die Wange hatte ich ja schon öfter bekommen, aber auf den Mund?! Etwas perplex sah ich ihr nach, während mein Herz kleine Sprünge machte. Mir war klar, dass es nur ein freundschaftlicher Kuss war, aber ich konnte das blöde Ding nicht unter Kontrolle bringen. Deshalb blieb ich einen Moment auf der Sitzecke zurück, mit der Absicht ihr bald zu folgen, doch ich konnte nicht. Dieser klitzekleine Kuss hatte schon enorme Auswirkungen auf meinen Körper, der vollkommen erstarrt war. Damit hatte ich einfach nicht gerechnet..
      Ich lehnte mich zurück und betrachtete die kleinen Lampions, die meine Mutter liebevoll an diesem gemütlichen Örtchen aufgehängt hatte. Meine Eltern waren nach 31 Jahren Ehe immer noch am turteln, weshalb ich ganz froh war, dass sie mich nicht mit in den Urlaub genommen hatten. Sie brauchten auch mal Zeit für sich und kämen sicher strahlend aus ihrem Urlaub zurück.
      Um Ellie's Spiel in vollem Umfang zu genießen, schloss ich meine Augen und lächelte. Ich konnte zwar auch spielen, aber Ellie war so viel besser als ich. Dafür ließ ich mich von ihrer Musik immer zum Singen verleiten, was mir vor anderen peinlich wäre, aber nicht vor Ellie. Die Frau meines Bruder meinte einmal, ich würde wie Ed Sheeran klingen und großes Talent hatte, aber ich mochte es nicht so sehr, wenn mich alle anstarrten. In Ellie's Gegenwart fühlte ich mich sicher und hatte keine Angst davor, meine Gefühle in einem Song auszudrücken, auch wenn ich nie ein eigenes geschrieben hatte, so wie Ellie. Zum Schreiben hatte ich leider kein so großes Talent. Auch dieses Mal verzauberte ihr Spiel mich und als mein Herz sich beruhigt hatte, stieg ich mit meinem Gesang ein, nachdem ich mich hingelegt hatte und in den dunklen Himmel blickte. Ich liebte es mit Ellie hier oben zu sein, es gab nichts schöneres für mich. Mit ihr zu tanzen und mit ihr zu singen, waren für mich die größten Geschenke auf dieser Welt. Ich liebte es auch, wenn sie mit mir sang. Ihre Stimme war wunderschön, auch wenn sie anderer Meinung war. Sie könnte damit doch jedes Männerherz zum Schmelzen bringen..
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco
    • Benjamin

      Auch wenn mein halbes Gehör bei der Werwölfin ruhte, deren Unmut ich spürte, versuchte ich der Vampirin nicht weniger Aufmerksamkeit zu schenken.
      "Es tut mir sehr leid für dich. Aber Vampire einer gewissen Rangordnung, und das müsstest du ja am besten wissen, sind gefährlich und nicht zu unterschätzen. Sie richten unermessliches Verderben an. Und sie stellen nicht nur eine Bedrohung für die Menschen dar..."
      Das beklemmende Gefühl in meiner Brust wurde stärker, der stumme Ruf nach Hilfe lauter. Wir Werwölfe spürten eine tiefe Verbundenheit zueinander, ob wir uns kannten oder nicht. Waren mehrere Werwölfe zusammen, dann war es manchmal schwierig die genaue Quelle der Not zu orten. Doch da sich, außer dieser Rothaarigen, niemand meiner Art in unmittelbarer Nähe befand, spürte ich sehr genau, dass sie in der Klemme steckte. Somit wandte ich mich nur noch mit den kurzen Worten: "Tut, was immer ihr für richtig haltet. Aber auf das Bündnis der Wölfe braucht ihr nicht zu hoffen..."
      Ich ließ sie zurück, bevor ich in jene nahe, dunkle Gasse verschwand, in die mich der Geruch der unbekannten Wölfin leitete. Schnell hatte ich sie und den Typen, der sie kräftig am Hals gepackt hatte, ausfindig gemacht. Blitzschnell stand ich hinter dem Kerl, packte ihn mit Leichtigkeit von hinten am Kragen und warf ihn zu Boden, als sei er kein gestandener Mann von gut 80 Kilogramm, sondern ein Streichholz. Ein Streichholz, welches ich einfach brechen konnte, wenn mir danach war. Ich stellte mich vor ihn und sah bedrohlich zu ihm herab. Ich laß Überraschung und auch einen gewissen Ausdruck von Angst in seinen Augen. "Verschwinde! Und wenn ich dich noch einmal in ihrer Nähe sehe, dann...", sagte ich leise, aber bedrohlich, während sich meine Hände zu Fäusten ballten.
      "S-schon gut... beruhig dich!", antwortete er mit zitternder Stimme, bevor er sich eilig erhob und aus der Gasse lief, sich dabei durch einen Sturz fast ein Körperteil gebrochen hätte. Als er um die Ecke abgebogen war, drehte ich mich zu der Rothaarigen um. "Geht es dir gut?"
      Ich lächelte ihr nicht entgegen, wieso auch? Ob ich auf sie finster, grimmig oder einfach nur genervt wirkte? Das war mir eigentlich ziemlich egal.

      Ellie

      Ich setzte mich an das Klavier, auf dem ich, vorallem in dem vergangenen Jahr, besonders häufig gespielt hatte. Meine Finger tanzten über die Tasten. Es war eine Melodie, die in meinem Gedanken herumschwirrte. Etwas melancholisch angehaucht vielleicht. Es half mir aber dabei, jene Gefühle, die tief in mir schlummerten, zum Ausdruck zu bringen. Dabei sah ich Nicks Gesicht so glasklar vor mir, als würde ich immer noch vor dem kleinen, runden Tisch des Cafés stehen und seine Bestellung entgegen nehmen. Seine Stimme klang so rau und schwer in meinem Ohr, der traurige Blick seiner Augen, die so wenig über ihn preisgaben, so deutlich eingebrannt in meinem Gedächtnis, als würden wir uns schon Jahrzehnte kennen.
      Irgendwann stimmte auch Matt gesanglich mit ein. Ich liebte seine tolle Stimme. Er schaffte so viel damit auszudrucken. Und es stimmte. Deren Klang erinnerte tatsächlich an die des bekannten Sängers Ed Sheeran. Ich ließ mich zu einem liebevollen Duett hinreißen. Ich liebte es hier oben zu sein, mit Matt. Mit ihm zu singen und über alles reden zu können, was mich gerade bewegte. Er war zweifelsfrei einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben. Ohne ihn wären auch helle Tage dunkelgrau. Wir kannten uns fast schon ein ganzes Leben. So viele lustige, schöne, aber auch traurige Momente, die wir gemeinsam teilten. Momente, die ewig einen Platz in meinem Herzen tragen würden. Oft dachte ich an mein Meerschweinchen Sparky zurück. Er war der letzte Überlebende der Meerschweinchen-Gang und hatte mich viele Jahre meiner Kindheit begleitet. Als er dann gestorben war, verschanzte ich mich in meinem Baumhaus und weigerte mich, runterzukommen. Auch als ein heftiger Sturm wütete, hörte ich nicht auf das Wort meiner Nanny. Damals waren unsere Eltern verreist. Matt war derjenige, der sich in strömendem Regen auf das Baumhaus schlich und mit mir dort die ganze Nacht ausharrte. Er schaffte es, mich zu trösten und wir erzählten uns die ganze Nacht Gruselgeschichten, während das Baumhaus fast davon geweht wurde. Dieser, und viele andere Momente, hatten uns zu besten Freunden gemacht. Und diese Freundschaft wollte ich um nichts in der Welt missen.
      Wir sangen noch eine ganze Weile zusammen, und gerne wäre ich die ganze Nacht geblieben, doch die Zeit lag mir im Nacken. Timothy und ich mussten morgen sehr früh am Flughafen sein, von wo aus wir zur Riesenmetropole Sidney starteten. Also stand ich widerwillig auf und griff nach meiner Handtasche. "Ich muss leider los...", sagte ich und machte einem theatralischen Schmollmund.

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Nordlicht ()

    • Samantha

      Natürlich wusste ich, was für eine Bedrohung sie waren, doch allein käme niemand von uns gegen sie an. Ich verstand nicht, warum er unsere Hilfe nicht annehmen wollte, vielleicht war ihm diese Stadt auch egal. Keine Ahnung. Wir konnten nicht auf seine Hilfe bauen, das war alles, was ich in diesem Moment wissen musste. Seufzend sah ich ihm noch einen Moment nach, ehe ich zurück in die Bar ging und mich schweigend neben Noah setzte. "Ich hatte gehofft, er würde uns helfen, aber er will nicht mit uns zusammenarbeiten." Dabei betonte ich das uns so, dass offensichtlich war, dass er unsere Spezies damit meinte. Betrübt nahm ich das Glas, in dem die Eiswürfel schon beinahe vollständig geschmolzen waren, und trank es aus. "Lass uns gehen..", meinte ich zu Noah, damit wir zumindest herausfinden konnten, in welche Richtung sie verschwunden wär. Ich wäre schon nicht so dumm, um mich ihr zu sehr zu nähern. In unseren Wohngegenden und den Orten, die ich bereits besucht hatte, konnte ich jedenfalls nichts von ihr riechen.

      ____

      Amber

      Er hatte vielleicht nicht unbedingt die Absicht mich umzubringen, sondern mir lediglich einen Schrecken einzujagen, was ihm auch gelungen war. Als sich der Griff um meinen Hals löste, schnappte ich nach Luft und starrte zu den beiden Männern. Ich brauchte einen Moment um zu realisieren, dass es dieser Typ aus der Bar war, der etwas eigenartig gerochen hatte, als ich neben ihm saß. Also nicht unangenehm, aber seltsam. Der großkotzige Kerl lief, als würde er um sein Leben laufen, was er mehr als verdient hatte. Die Geschichte, dass ihn seine Frau verlassen hätte, klang auf einmal gar nicht mal so abwegig, wenn er so ein Psycho war und Gott weiß was mit ihr angestellt hatte.
      Mein Herz raste noch immer, als sich der Bärtige mit dem englischen Akzent nach meinem Befinden erkundete. "Ja.. ich denk schon..", erwiderte ich. Dafür das er mir gerade aus heiterem Himmel zur Hilfe kam, wirkte er ganz schön abweisend. Nachdem ich mich einigermaßen gefasst hatte, wollte ich ihm nicht respektlos erscheinen und bedankte mich bei ihm. "Vielen Dank für deine Hilfe.. Mein Taxi sollte bald da sein.." Ich wollte nur noch nach Hause und meine Ruhe haben. Dieser Abend war einfach nur furchtbar und so schnell würde ich wohl auch keinen Fuß in diese Bar oder irgendeine andere Lokalität setzen.

      _____

      Matthew

      Warum musste die Zeit mit Ellie nur immer so schnell vergehen? An sich war es etwas tolles, aber als sie diesen Moment beendete - wenn auch nur widerwillig - war ich schon etwas betrübt darüber. Ihr Schmollmund brachte mich jedoch zum Lachen, weshalb ich ihren Kopf tätschelte. "Ich bin hier, wenn du wieder kommst. Genieß die Zeit mit deinen Eltern und hab Spaß, ja?"
      Ich brachte sie noch zur Tür, wo Scooby und ich uns von ihr verabschiedeten. Anschließend schnappte ich mir die Leine und ging noch eine Runde mit ihm aus. Ich mochte es nicht, wenn sie traurig war und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als dass sie mehr als nur einen Freund in mir sah. Doch vielleicht machte ich mir einfach zu viel Hoffnung. Dennoch würde ich immer für sie da sein und ihr beistehen.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco
    • Noah

      Ich saß an der Bar und hörte jeden noch so unwichtigen Gesprächsfetzen. Dass es unserer kleinen Sam hier in Rainville gefiel - das spielte überhaupt keine Rolle. Sollte es notwendig sein, dass wir der verregneten Kleinstadt den Rücken kehren mussten, dann sollte es so sein. Das sollte sie auch wissen. Und ich sah hier an Rainville, außer meinem perfekten Eigenheim, nichts besonderes. Alle Orte, in denen wir die Jahrzehnte zuvor gelebt hatten, waren nicht schlechter, als es das Leben in Rainville auf Dauer sein würde. Ob wir nun weiterzogen, oder in spätestens zehn, vielleicht fünfzehn Jahren... was spielte das bitte für eine Rolle?
      Ich trank den letzten Schluck meines Biers, als sich Samantha durch die Menge tollwütiger Besoffener durchschlängelte, und auf dem Barhocker neben mir Platz nahm. Ihr erster Satz ließ mich schon in herzhaftem Gelächter ausbrechen. Dass ich mich nicht am letzten Tropfen meines Biers verschluckte, grenzte an ein Wunder. "Was hast du erwartet?", fragte ich und drehte mein Gesicht in ihre Richtung. "Hast du noch nie Vampirfilme gsehen? Oder irgendwelche Romane darüber gelesen? Die einzige wahre Tatsache in diesen ganzen Teenie-Filmen und schlechten Liebesromanen ist nämlich, dass sich Vampire und Werwölfe nicht ausstehen können! Wie kommst du überhaupt auf die lächerliche Idee, ihn um Hilfe zu bitten? Wofür!? Denkst du mit den Kötern hätten wir eine Chance? Pah! Dass ich nicht lache..."
      Die Empörung darüber, dass sie sich auf so eine niedere Stufe begab, war sicherlich aus meinem Tonfall herauszuhören. Zwar führten wir keinen direkten Krieg mit den Werwölfen, und es gab auch keine merkwürdigen Pakte, die wir vor Jahrhunderten abgeschlossen hatten. Dennoch waren sie Wesen, die sich in gleichem Maße erhaben fühlten. Und das war vielen Vampiren ein Dorn im Auge. Ich gehörte zu diesen Vampiren. "Ja... komm, lass uns gehen, Sherlock. Für heute hast du genug Nachforschungen angestellt!", murrte ich grimmig, warf Nick nicht mal einen Blick zu und bahnte mir den Weg zum Ausgang des Franky's.

      Benjamin

      Eine Frage brennte mir auf der Zunge, als ich die Rothaarige betrachtete, wie sie so dastand, in ihrem sehr engen, figurbetonten Kleid und der löwenartigen Mähne. Ganz allein. Ich runzelte die Stirn, was meiner Verwirrung in diesem Moment wohl einen etwas stärkeren Ausdruck verlieh. Ich fragte mich, warum sie sich nicht einfach selbst gegen die Fänge dieses Mistkerls gewehrt hatte. Warum sie nicht ihre Gestalt gewandelt und ihn in Stücke gerissen hatte. Normalerwiese war ich für Gerechtigkeit und möglichst wenig Blutvergießen. Doch Typen wie er, die Frauen Leid zufügten und offene, klaffende Wunden hinterließen, hatten keine Gnade vor dem Tod verdient. Um ihr jedoch keinen noch größeren Schrecken einzujagen, verschonte ich ihn, was ich allerdings im gleichem Atemzug schon wieder bereute.
      "Du hast keine Ahnung, wer oder was du eigentlich bist, oder?", fragte ich, und dem Ausdruck ihrer mitgenommenen Augen und dem etwas verwaschenen Make-Up zu urteilen, hatte sie wirklich keinen blassen Schimmer. Ich nickte und trat ein paar wenige Schritte zurück. "Okay... schönen Abend noch", waren meine Worte, bevor ich ihr den Rücken kehrte und den Asphalt entlang ging, der nur durch das einfallende Licht der Laternen am Straßenrand schwach beleuchtet wurde.

      Ellie

      Wir verabschiedeten uns voneinander. Ich würde Matt jetzt schon vermissen. Doch es waren nur drei Wochen, in denen ich meinen besten Freund nicht sah. Zumindest nicht vor mir, zum greifen nah. Sicher würden wir schreiben und uns im Videocall mit Naomi zusammenfinden. Doch hier oben, nur wir beide am Klavier. Das war wieder etwas ganz anderes.
      Ich machte mich auf den Weg zum Parkplatz, nachdem ich die beiden verabschiedet hatte. Auch Scooby, meinen vierbeinigen Freund, würde ich vermissen. Der alte Kerl begleitete uns immerhin auch schon einige Jahre. Er war seines Lebens etwas müder geworden. Nicht mehr ganz so wild und ungestüm wie noch vor ein paar Jahren. Dennoch tobte er hin und wieder gerne und er liebte, genau wie ich, den Strand und das Meer. Es überkam mich der Wunsch, als ich den Motor meines grauen Volvo startete, mit Matt und Scooby wiedermal zum Strand zu fahren. Das letzte Mal lag Wochen zurück. Viel zu lange für meinen Geschmack. Mit dem Gedanken an das goldene Fell meines Freundes, das mit der Brise tanzte, und das Lächeln meines rothaarigen Seelenverwandten - mit diesen schönen Bildern vor Augen, und nur wenige Gedanken an Nick verschwendend, fuhr ich nach Hause, um mich schlafen zu legen. Es waren nur noch wenige Stunden bis zum Flug, und allmählich kehrte die Freude zurück, morgen Mam und Dad in meine Arme schließen zu können.
      Es herrschte kaum noch Verkehr auf den Straßen. Allerdings begann langsam der Regen einzusetzen. Meine Scheibenwischer fuhren immer wilder über die Windschutzscheibe. Das Rot der Ampel tat fast weh in meinen müdem Augen. Ich hatte Mühe, mich wach zu halten, doch es waren nur noch eine kurze Landstraße, die mich von meinem warmen Bett trennte. Dann aber erschien wie aus dem Nichts eine Gestalt vor mir auf der Straße. Ich bremste stark und schlug fast mit dem Kopf auf meinem Lenkrad auf. Mit aufgerissenen Augen starrte ich auf die Straße, die von den Laternen nur schwach beleuchtet wurde. Es war niemand zu sehen. Zum Glück auch weit und breit kein anderer Wagen, denn wäre jemand hinter mir gewesen, wäre es ein kräftiger Auffahrunfall geworden. Da ich genau wusste, was in Horrorfilmen geschah, wenn man an dieser Stelle des Films ausstieg, beschloss ich meinen Herzschlag schnell selbst zu beruhigen - so gut es eben möglich war - und den abgewürgten Motor neu zu starten. Doch bevor ich den Schlüssel im Zündschloss drehen konnte, hörte ich ein quälendes Kratzen. Wie Fingernägel auf dem Blech, immer und immer wieder Linien ziehend. Schmerzhaft fühlte es sich an, wie quietschende Kreide an einer frisch gesäuberten Tafel. Das Herz sprang förmlich aus meiner Brust. Meine Hände zitterten und ich erstarrte vor Angst. All meinen Mut zusammennehmend, drehte ich den Schlüssel um, doch außer einem kurzen Klick geschah nichts. Er sprang nicht an. "Ach, komm schon! Echt jetzt!?", knurrte ich wie ein wütender Kojote. Und da war es wieder. Das fürchterliche Kratzen. "Nein... Bitte. Komm schon...", murmelte ich leiser, versuchte es immer und immer wieder. Doch dieser scheiß Wagen, der schon seit einigen Tagen Probleme machte, wollte partout nicht anspringen. Irgendwann gab ich es auf. Das Kratzen war nicht mehr zu hören. Seufzend legte ich meinen Kopf an die Rückenlehne und schloss meine Augen. Als ich diese nach kurzer Zeit wieder öffnete, um nach meinem Handy zu greifen und Tim anzurufen, sah ich etwas an meiner Fensterscheibe. Ganz lagsam drehte ich den Kopf nach links und sah eine flache Hand, deren Finger sich wie in Zeitlupe krümmten und die langen, gepflegten Nägel über die Scheibe fuhren. Ein lauter Schrei entfuhr meiner Kehle, während der Regen unaufhörlich auf die Erde hinabfiel.

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.
    • Samantha

      Nick seufzte, als Noah mich auslachte und ich gefühlt immer kleiner wurde. Ja, irgendwie hatte ich schon gedacht, dass man das Kriegsbeil begraben könnte, da wir nichts unrechtes getan hatten..
      Ich sagte nichts und rutschte nur wieder von dem Hocker, um Noah zu folgen. Nick hatte nichts gesagt, aber er war wohl weder meiner, noch Noah's Meinung, was den Werwolf anging. Dennoch wäre er auch dafür, Rainville einfach zu verlassen. Das wusste ich auch, ohne das er es mir sagte. Es ärgerte mich, dass ich nicht so stark wie die beiden und eigentlich nur das Nesthäkchen dieser Familie war.
      Ich konnte Rainville nicht verlassen! Ich wollte bei Timothy bleiben und.. ich weiß auch nicht.. Es fühlte sich so schön an, aber vielleicht wäre es besser, wenn ich mich zurückziehen würde und mir unsere Beziehung lediglich in meinen Tagträumen ausmalte. Vielleicht war er auch gar nicht so toll, wie ich dachte.. Doch.. das war er..
      Als es auch noch zu regnen anfing, legte ich meine Hände an die Ellenbogen und seufzte. In Rainville sollte man besser immer einen Regenschirm dabei haben, egal wie schön das Wetter war, wenn man das Haus verließ. Meine losen Strähnen flossen mit dem Regen über mein Gesicht, das nicht nur durch den Regen niedergeschlagen war.
      "Noah.." Ich wusste nicht, was das richtige war. War ich zu egoistisch? Ich habe zwar darüber nachgedacht, was Tim von mir halten könnte und wie es mit uns ausgehen sollte, aber die Entscheidung hab ich ganz allein getroffen.. Auch die Sache mit dem Werwolf zeigte mir wieder, wie naiv ich doch war. Vielleicht sollte ich aufhören zu träumen und mich der Realität stellen.
      Ich sah verlegen zur Seite und fragte mich, ob Nick und Noah recht hatten. David und Christine würden es vermutlich ähnlich sehen, also war ich eindeutig überstimmt und eventuell nicht mehr hier, wenn Tim aus dem Urlaub zurückkäme. "Was meinst du damit, ich.. wäre anders, als die anderen..?" Ich würde nicht nur eines seiner Spielzeuge sein, meinte er doch und dennoch war er gestern dabei zu 'spielen', als wir ihn gezwungenermaßen besuchten. Solange er nicht damit aufhören würde, könnte ich ihm das jedoch nicht glauben.

      ____

      Amber

      Wer oder was ich war? Natürlich wusste ich wer ich war. Amber Jones! Leidenschaftliche Mechanikerin und Blickfang. Doch im Moment war mein Selbstbewusstsein nicht stark genug, um dem Fremden zu widersprechen. "Ja.. dir auch..", meinte ich leise und völlig geistesabwesend. Mein Taxi kam gerade noch rechtzeitig, um vor dem Regen zu flüchten. Ich mochte den Regen zwar, aber jetzt gerade war mir nicht danach zumute. Zuhause wartete mein warmes, weiches Bett auf mich, nach dem ich mich sehnte. Dieser Typ war schon merkwürdig.. Beide! Nicht nur mein Retter, auch der Psycho. Mein erster Abend in der Heimat war alles andere als schön.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco
    • Noah

      Ich trat hinaus in die pechschwarze Nacht. Nur ein paar Laternen schienen auf den Asphalt hinab. Der Maserati stand zum Glück nicht weit entfernt, denn es begann nun allmählich zu regnen. Nicht, dass mich der Regen stören würde, aber die Damenwelt wurde schließlich nicht gerne nass... auch wenn Samantha anders war als alle anderen Frauen, denen ich in meinem langen Leben bisher begegnet war. Ich glaubte nicht, dass sie den Regen scheuen würde, obgleich ihr Gemüt so kotzerregend sanftmütig war... an jeder anderen Frau hätte mich genau diese Sanftmut gestört, denn eigentlich bevorzugte ich Frauen - ob Mensch oder Vampir -, die wussten, was sie wollten. Doch Samantha wusste das eben nicht. Sie war so grün hinter den Ohren wie ein unschuldiges Schulmädchen, das an ihren ersten Tag ganz alleine auf dem viel zu großen Schulhof stand, von durchbohrenden Blicken begleitet wurde und dennoch verloren aussah.
      Der Regen prasselte auf uns herab und in Windeseile waren meine Klamotten durchnässt. Mein etwas längeres Haar klebte an meiner Stirn und an meinen Wangen. Nass sollten meine Ledersitze nicht unbedingt werden, auch wenn so etwas wie Geld oder ein teueres Auto in einem ewigen Leben keinen materiellen Wert besaß. Trotzdem wäre es schade um das Leder. Als Sam allerdings das Wort ergriff und inmitten des Regens stehenblieb, dastand wie ein begossener Pudel, drehte ich mich um und schaute sie fragend an. Meine Augenbrauen zogen sich zusammen. Was genau sollte diese Frage jetzt? Doch dann erinnerte ich mich an jenes Gespräch, welches wir kürzlich in meinem Auto geführt hatten. Ja, natürlich war sie anders als alle anderen Frauen dieser Welt. Und keine gefiel mir so sehr wie sie. Nicht nur äußerlich, auch so war dieses unschuldige, reine, das sie besaß, und worauf ich für gewöhnlich überhaupt nicht abfuhr, eine Eigenschaft, die mich anzog. Ich trat langsam auf sie zu, und allmählich störte mich der Regen nicht mehr. Dicht vor ihr blieb ich stehen, verzog keine Miene, als ich meine Hand an ihre Wange legte und in das Braun ihrer Augen schaute.
      "Glaub nicht, dass ich dir Honig ums Maul schmiere... aber", kurz stockte ich, was für mich, der immer die passensten und gerissensten Worte fand, eher ungewöhnlich war. Doch in diesem Augenblick, wusste ich nicht recht, was ich sagen sollte. Ich war kein großer Romantiker, liebte eher schnellen, unverbindlichen Sex. Denn die Rasse Mensch - und somit auch wir: die bessere Version -, war nicht für ein monogames Leben geschaffen. Der Ansicht war ich schon zu Lebzeiten. Nur eine einzige Frau, neben Samantha, hatte andere Gefühle in mir geweckt, doch sie war lange tot. Tuberkulose. Tragisch. "Hör zu. Du... bist anders, ja. Und seit ich denken kann... liebe ich dich."
      Es fiel mir schwer diese Worte auszusprechen, auch wenn ich sie schon lange in meinem Inneren mit mir herumschleppte, aber meine unzähligen Versuche, Sam näher zu kommen, gescheitert waren. "Aber es wäre ein Spiel mit dem Feuer, Sam."
      Ich zog meine Hand von ihrer Wange zurück und schaute weiter in ihre Augen. "Vielleicht solltest du besser bei den Menschen bleiben."
      Auch wenn sie, so wie ich sie kannte, sicher versucht hatte, den Geruch dieses Idioten von sich zu waschen, so waren meine Sinne gut genug, um auszumachen, dass sie wohl engen Kontakt zu ihm gepflegt hatte. Ein Kontakt, der über einen "Guten Morgen" weit hinausging. Und ich war nicht bereit zu teilen. Dieser Mensch würde sich in ein paar Jahren erledigt haben. Ganz von allein. Und in einem Leben, das ewig währt... was machen da schon ein paar Jahre aus? "Vielleicht bin ich einfach noch eine Nummer zu groß für dich?"
      Ich wandte mich ab und ging weiter in Richtung des dunkelblauen Sportwagens. War die Frustration darüber, dass sie mit diesem Kollegen so innig wurde, aus meinem Stimmfall herauszuhören?

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Nordlicht ()

    • Samantha

      Als Noah zu mir zurückkam, sah ich zu ihm auf und wehrte mich nicht gegen die Hand an meiner Wange. Er schnitt einen Satz an, der mit aber endete und machte daraus einen kurzen Cliffhanger, der meine Neugier auf seine Antwort wachsen ließ. Dann sprach er weiter, wobei er mir nicht sagte, was genau anders an mir wäre, außer.. das er mich liebte? Wusste er denn überhaupt was Liebe bedeutete? So wie er sich immer aufführte.. Doch.. vielleicht war er wirklich in mich verliebt? Nicht jeder war ein Romantiker, der mit einer Rose in der Hand seine Gefühle in ein Gedicht steckte. Noah Verscheuchte andere Männer - was ich bisher gar nicht so schlimm fand, da ich noch nie an jemandem so sehr interessiert war, wie an Timothy. Außerdem hatte er uns gestern geholfen, weil ich ihn darum gebeten habe.. Oder bildete ich mir das ein?
      Ich konnte nicht anders als sprachlos seinen Blick zu erwidern, auch als er seine Hand wieder von meiner Wange nahm. Was meinte er damit, dass ich bei den Menschen bleiben sollte? Vielleicht war er noch eine Nummer zu groß für mich? Dachte er wirklich, dass mich seine prahlerische, egoistische Art eines Tages gefallen würde? Das ich genau so werden würde wie er? Das ich erkennen würde, das Romantik überbewertet war? Nun.. wenn man einen treuen Gefährten dafür bekäme und dafür nur auf ein wenig Romantik verzichten müsste, war das vielleicht gar nicht so schlecht, aber..
      Kurz sah ich ihm nach und war nicht weniger betrübt, wie vor meiner Frage. Ich konnte mir ein Leben mit Noah einfach nicht vorstellen. Also, ich hatte keine Vorstellung davon, wie so ein Leben aussehen würde. Er wollte reisen, was mir durchaus gefallen würde, aber wie genau würde es zwischen uns aussehen? Für Zärtlichkeiten bei denen man nicht am Ende nackt aufeinander endete, schien er mir nicht der Typ zu sein und ich sehnte mich nach mehr als nur Sex. Jemanden zum Reden, jemanden zum lachen.. jemanden bei dem ich mich wohl fühlte. Und dieser Jemand war Noah bisher nie und würde es sehr wahrscheinlich auch nie sein.
      Vorerst schweigend folgte ich ihm zum Wagen und setzte mich hinein, wobei ich ihn nicht ansah. Zumindest in einer Sache hatte er Recht.. das ich meinem Verlangen nicht ewig davonlaufen könnte. Dessen wurden wir heute morgen ja Zeugen, als ich beinahe mit Timothy.. im Büro! Was ich mir dabei nur gedacht hatte.. Nichts! Das war ja das Problem.. Wobei es für mich kein Problem gewesen wäre, aber es war so überstürzt und unüberlegt, weil ich mich nicht beherrschen konnte. Allein der Gedanke an Timothy's Lippen, nährte dieses Verlangen in mir. 3 Wochen würde ich nicht mehr die Gelegenheit haben ihn zu küssen..
      Ich wollte nicht mit dem Feuer spielen, aber tat ich es nicht längst, als ich Timothy's Nähe zuließ? Wie sollte es mit ihm ein Happy End geben? Entweder würde ich ihn verlassen müssen, sobald ich nicht mehr verbergen konnte, dass ich nicht alterte oder müsste ihm die Wahrheit über mich sagen. Das ich ein Vampir war und ihm beim Altern und Sterben zusehen oder.. verwandeln.. Ich konnte jedoch nicht gegen meine Gefühle ankämpfen. Ich bin einfach eingetaucht, ohne Rücksicht darauf, dass ich sehr wahrscheinlich ertrinken würde.
      Noah konnte ich nicht antworten, denn ich wusste nicht, was ich ihm sagen sollte. Auf seinen Zuspruch konnte ich nicht hoffen und ich wollte einen Streit vermeiden, da ich wusste, dass er mich für ein naives Dummchen halten würde. Wenn er mich allerdings wirklich liebte, dann tat es mir schrecklich leid, dass ich seine Gefühle nicht erwidern kann. So eine einseitige Liebe muss verdammt wehtun. Man merkte es ihm zwar nicht an, aber wie sollte ich wissen, was in seinem Inneren vorging?
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco
    • Noah

      Ich startete den Wagen und fuhr die überschaubaren Kilometer, die uns von Sams Zuhause trennten. Wir schwiegen. Auch ich sagte kein Wort. Ich hatte ihr alles gesagt. Sie stellte keine weiteren Fragen, also musste ich ihr nicht antworten. Ich wusste genau, dass dieser Tim, Tom, wie auch immer er hieß, in ihrem Kopf herumschwirrte. Und ich ließ ihr diese Schwärmerei, denn mehr würde es niemals werden. Sie konnte ihn verwandeln, wenn das ihr, und vorallem sein Wunsch war. Doch ich würde ihn töten, ohne Rücksicht auf Verluste. So war es für mich nur ein weiteres Warten in einem ewigen Leben. Darauf, dass sie endlich Einsicht zeigen. Einsicht darüber, dass ich der einzig Richtige für sie war, und niemand ihr das bieten konnte, was ich ihr bieten konnte. Sei es sexuell, aber auch zwischenmenschlich war ich keine Vollniete. Nur die Menschen und die Vampire, die mir in meinem Leben begegnet waren, und weit darüber hinaus, waren es einfach nicht wert, ihnen große Beachtung zu schenken. Lediglich mit Christine, die wohl meine engste Verbündete in dieser Konstellation war, die sich "Familie" nannte, hatte ich ein so gutes Verhältnis und bereits so innige Gespräche geführt, dass ich in ihren Augen wohl kein unsensibles Schwein mehr war, welches die Frauen nur schamlos ausnutzte.
      Vor dem Wohnkomplex von Sam blieb ich stehen und ließ den Motor weiter vor sich her knurren. "So. Da wären wir", sprach ich das Offensichtliche aus, vermied es aber, sie anzusehen. Meine linke Hand fest um das Lenkrad gekrallt und die andere auf meinem Schoß ruhend blickte ich zum Regen, der wiedermal in Strömen auf die Kleinstadt herabfiel und sie irgendwann sicher ertränken würde.

      Ellie

      Schnell hatte ich den Blick abgewendet, nachdem ich einen lauten Schrei ausgestoßen hatte und panisch versuchte, den Motor doch noch in Gang zu setzen. Und dann! Tatsächlich! Das Auto sprang an. Ich lachte freudig, was auf Außenstehende wohl fast etwas hysterisch wirken mochte. Doch es gab niemanden, der mich beobachtete, außer dieser Gestalt... wer war sie? Ich war mir sicher, dass es eine Frau war. Und die unzähligen Todesfälle der letzten Tage, über die im Fernsehen schon berichtet wurde, sorgten nicht unbedingt dafür, dass ich weniger Angst verspürte. Mit rasendem Herzen vermied ich es, noch einen Blick nach rechts oder links aus den Fenstern zu werfen. Ich gab Gas wie eine Irre. Die Reifen quietschten und das Tacho machte fast einen Salto, als ich nach zwei weiteren Minuten schon am Straßenrand zum Stehen kam, hinaus stürmte ins Haus, in welchem Timothy ein Apartment besaß. Seit gut einem Jahr, war es auch mein Zuhause nannte. Tim schlief schon. Ich wollte ihn nicht wecken und zog mich somit stillschweigend und mit einem pochenden Herzen auf mein Zimmer zurück.

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Nordlicht ()

    • Samantha

      Die Fahrt war ziemlich ruhig, aber was sollte ich auch sagen?
      Ich habe auch in den folgenden 3 Wochen nicht viel mit Noah gesprochen oder mich viel draußen aufgehalten. Mein Alltag bestand eigentlich nur aus der Arbeit, die ich zu Mr. Johnson’s vollster Zufriedenheit erledigte und Fernsehabenden, wobei ich so oft mit Timothy schrieb, wie es ging. Aufgrund unserer Zeitzonen war das nicht sehr viel, aber ich war glücklich, wenn ich doch mal seine Stimme hören konnte. Ich fühlte mich wie eines der Mädchen aus den vielen Filmen - mit riesigen Schmetterlingen im Bauch - was bewies, dass Vampire den Menschen eben gar nicht so unähnlich waren. Ja, wir waren unsterblich, wenn auch nicht unverwundbar, aber unsere Gefühle waren immer noch die gleichen.
      Timothy’s Rückkehr rückte mit jedem Tag näher, doch die Vorfälle, wofür die beiden Vampire verantwortlich sein mussten, nahmen nicht ab. Ich war allein losgezogen, um etwas herauszufinden, doch wegen dem Regen fand ich nie ihr Versteck. Vielleicht war das auch gut so, denn wer weiß, ob ich das überlebt hätte. Es musste jedenfalls irgendwo außerhalb von Rainville sein, dessen war ich mir sicher.

      Heute, Freitag Abend, würde Timothy endlich wieder kommen. Ich machte pünktlich Feierabend, verbrachte in den letzten Wochen mehr Zeit mit meinem Handy als jemals zuvor und hoffte auf eine Antwort, ob wir uns morgen Abend treffen würden. Ich wollte nicht zu aufdringlich sein, da er heute vielleicht lieber seine Ruhe haben wollte. Eine kleine Wanderung durch den Wald, fände ich schon. Oder Kino. Nur nicht unbedingt was essen gehen. Wie auch immer. Ich konnte es kaum erwarten, ihn in meine Arme zu schließen, denn die Zeit, die wir zumindest im digitalen Universum verbrachten, stärkte meine Gefühle für ihn nur noch mehr.

      ____

      Nick

      Ich wusste nicht, was ich Sam sagen sollte. Die Sache mit ihrem Menschenfreund machte mir etwas Sorgen. Ich wusste, dass sie sich viel zu sehr da reinsteigern würde und das keine nebensächliche Beziehung war, die sie bei unserem Umzug einfach beenden könnte. Sie könnte einem Menschen nicht 5-10 Jahre seiner Zeit rauben, in der er sonst vielleicht jemand anderen gefunden hätte. Ich könnte das auch nicht, auch wenn ich nicht so ein hoffnungsloser Romantiker war wie Sam. Allerdings spielte ich nicht mit den Gefühlen anderer. Ein One Night Stand war etwas anderes. Da wussten beide Seiten, dass nicht mehr draus werden würde. Meistens jedenfalls.
      Da Ellie für 3 Wochen fort war, besuchte ich täglich das Café, um mich durch die süße Speisekarte zu probieren. Mittlerweile kannte ich alles und hatte ein paar Favoriten. Unter anderem die Erdbeertorte.
      In diesem Augenblick saß ich wieder im Café mit besagtem Dessert, dass ich einen Moment ansah. Ellie's Geruch im Café war nach all der Zeit ihrer Abwesenheit verflogen, als wäre sie nie hier gewesen. Doch dieses Stück Torte erinnerte mich immer wieder an sie. An ihren süßlichen Geruch mit einer starken Note von Erdbeeren. Ihr fragt euch sicher, ob ich sie vermisste und deshalb so oft Erdbeeren aß. Ich weiß es nicht. Ich bekam sie irgendwie nicht aus meinem Kopf.
      Wie sie wütend in der Ecke verschwunden ist, bevor sie sich betrunken hatte. Wie sie mich berührte und mir verlockende Dinge zuflüsterte in ihrem Rausch. Wie sie sich am nächsten Morgen wieder umgedreht hat, um mich zu küssen. Ich hätte mir mehr Mühe geben sollen, damit sie sich nicht in mich verliebt.
      Wenn ich Sam davon erzählen würde, wüsste ich schon ganz genau, was sie sagen würde.. Beth würde sich für mich wünschen, dass ich glücklich werde und nicht mein ewiges Leben in meiner Melancholie verbringe. Ich konnte es sogar mit ihrer Stimme in meinem Kopf hören.

      Ich nahm das erste Stück in meinen Mund und dachte daran, dass Ellie heute zurückkommen würde. Es war nicht so, dass ich es mir gemerkt hatte, aber Sam war ganz aufgeregt wegen Tim und das bedeutete eben auch, dass sie zurück käme. Von den Vampiren hatten wir noch keine Spur. Sie ließen uns in Ruhe, also ließen wir sie in Ruhe. Solange wir ihnen nicht in die Quere kämen, wären wir nicht ihre Feinde. Auch wenn Sam die Todesfälle nicht ertragen konnte. Solange wir uns nicht verdächtig machten, könnten wir hier bleiben.
      Nun aber zurück zu Ellie.. Diese blauäugige, blonde Schönheit, die mir nicht aus dem Kopf ging. Es tat mir leid, wie ich sie behandelt hatte, auch wenn ich dabei versuchte nett zu sein. Wie sie mich im nüchternen Zustand - also bei klarem Verstand - geküsst hatte und ich nur wie eine Statue dort stand. Das Sam mir ein paar Dinge über sie erzählt hatte, die sie von Tim wusste, war auch keine Hilfe. Beim zweiten Bissen sah ich auf mein Handy und speicherte ihre Nummer ein. Den Zettel hatte ich längst weggeworfen oder viel mehr mitgewaschen, aber ich hatte ein sehr gutes Gedächtnis. Nachdem ich auf Nachricht schreiben gedrückt hatte, nahm ich noch einen Bissen und überlegte, ob das wirklich eine gute Idee wäre. Hatte Sam mich mit ihren Glücksgefühlen angesteckt? Sie strahlte jeden Tag und ich dachte immer wieder an das Gefühl, welches ich in Beth' Gegenwart hatte. Es war ein wundervolles Gefühl. Ob ich so etwas wirklich jemals wieder fühlen könnte? Ich wäre nicht der erste, der sich nach dem Tod eines geliebten Menschen neu verliebte. Sollte ich dieses Kapitel also endgültig abschließen? Zumindest wollte ich mich bei ihr entschuldigen…
      Also tippte ich, löschte es immer wieder und fing von vorn an, aß nebenbei mein Tortenstück und zögerte letztendlich beim Absenden.

      Hey Ellie, ich möchte mich für mein Verhalten entschuldigen. Es war falsch von mir, dich so gehen zu lassen. - Nick

      Ich hatte schon so oft etwas getippt und neu verfasst, das ich nicht wusste, ob ich es nun richtig ausgedrückt hatte. Jetzt gab es allerdings kein Zurück mehr und ich fluchte innerlich über mich selbst. Warum hatte ich das getan? Sie hätte mich nach ihrer Rückkehr sicher ignoriert, aber so? Was hab ich mir nur dabei gedacht? Dieser verdammte Erdbeerkuchen war Schuld.. Meine Nachricht klang doch so, als würde ich nach einer zweiten Chance fragen. Ich war einfach nicht so gut mit Worten.

      ____

      Amber

      Ich war nun seit gut 3 Wochen nicht mehr ausgegangen. Seit der Begegnung mit diesem Psycho und meinem eigenartigem Retter. Das Haus verließ ich nur noch zum Arbeiten und Einkaufen. Solange war ich noch nie daheim gewesen. Ich zog nicht täglich los, nicht mal jedes Wochenende, aber 3 Wochen waren wirklich lang.
      3 Wochen in denen ich mich zuhause mit Yoga ablenkte, mich in einer Decke eingekuschelt vor den Fernseher legte und mit mir selbst vergnügte. Jeden Morgen meinen Nachbarn auf dem Balkon zu sehen war nicht gerade hilfreich, ein Leben in Keuschheit zu führen. Doch da er an jenem Abend mit einer Frau in die Bar kam, versuchte ich nicht weiter mit ihm zu flirten. Das er mich hin und wieder nackt im Schlafzimmer sehen konnte, war etwas anderes. Ich würde mir meine Angewohnheiten nicht abgewöhnen, nur weil ich gerade etwas Abstand zu Männern brauchte. So langsam war ich auch drüber hinweg, war mir aber nicht sicher, ob ich ausgehen sollte.
      Also ging ich am Strand spazieren. Barfuß. Ich liebte es den Sand zwischen den Zehen zu spüren. Einen Strand hinterm Haus zu haben, war schon Luxus, auch wenn ich ihn mit anderen teilen musste. Obwohl ich nicht schwimmen wollte, trug ich meinen schwarzen Bikini und darüber ein langes, weißes Strandkleid, dessen Stoff so dünn war, dass man hindurch sehen konnte. Die Sonne war heute Abend noch sehr munter und es gab noch keinen einzigen Tropfen heute. Ich ließ meinen Blick über das Meer schweifen, während der Wind mit meinen roten Locken spielte und meine Wangen liebkoste. Heute Abend fühlte ich mich gut. Sehr gut.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco

      Dieser Beitrag wurde bereits 6 mal editiert, zuletzt von Kiimesca ()

    • Timothy

      Drei Wochen. Drei Wochen, in denen ich Samantha nicht sah. Nicht ihren blumigen Duft einatmen und ihre liebliche Stimme hören konnte. Drei Wochen waren eine unendlich lange Zeit. Fast so lange, wie sich drei Tage mit ihr anfühlten. So wie ein halbes Leben sich anfühlte. Aber im positiven Sinne! Es war nicht ein Gefühl, als wäre man mit einer Frau vierzig Jahre verheiratet, die man nur der Vorteile wegen geheiratet hatte. Sei es zum Beispiel, um finanziell besser dazustehen. Nein... es war das Gefühl von vierzig glücklichen und vollkommenen Jahren, von denen man keinen einzigen Tag missen wollte. Wenn ich an sie dachte, oder ihr wunderschönes Gesicht auf dem viel zu kleinen Display meines Handys sah, fühlte es sich an, als würde ich mit meinem Zuhause telefonieren. Und glaubt mir... nie in meinem Leben hatte ich so für eine Person empfunden, wie für sie. Es war das Gefühl von Ankommen, einem sicheren Hafen in einer so unsicheren Welt. Das klang verrückt, oder? So von einer Frau zu denken, die man gerade einmal drei Tage kannte? Doch länger hatte es nicht gedauert, um mich in sie zu verlieben.
      Diese Gefühle wurden mir immer bewusster, je mehr Zeit verging.
      Die Zeit in Australien war wunderschön. Und ich und meine Schwester freuten uns gleichermaßen, unsere Eltern wiederzusehen. Beide hatten viel zu erzählen. Immerhin lag zwischen unserem letzten Wiedersehen ein ganzes Jahr. Mam erzählte voller Begeisterung, dass sie sich hier um die Straßenhunde kümmerte und wie freundlich und zuvorkommend die Australier wären. Offen und für jeden Spaß zu haben. Dagegen seien die Menschen in Rainville verklemmte Spießer. Vater erzählte vorallem von der tollen Landschaft und den Sehenswürdigkeiten in Sydney. Das Opera House, welches 1973 eröffnet wurde, wäre so traumhaft schön wie auf den unzähligen Postkarten. Aber auch die Blue Mountains, die etwas außerhalb der Hauptstadt lagen, waren etwas, dass man mindestens einmal erlebt haben musste. Das erzählte er alles mit solch einer Inbrunst und Faszination, dass ich irgendwann nur noch zuhörte. Die schwierige Zeit seines Unfalls schien vergessen. Sie hatten sich ihren Traum von einem Leben in Australien verwirklicht. Und meiner Meinung nach, hatte es niemand mehr verdient, glücklich zu sein, als die beiden.
      In den drei Wochen wurde Ellie und mir nur wenig Ruhe gegönnt. Jeden Tag stand etwas neues auf dem Plan. Neue Sehenswürdigkeiten zu erkunden, neue Menschen kennenzulernen. Früher waren wir oft verreist. Zweimal davon verschlug es uns nach Sydney. Doch in keinem der beiden Urlaube, erlebte ich die Zeit so intensiv wie in diesem. Doch als ich am Abend, nach einem straffen Tagesprogramm, im Garten lag und zum Sternenhimmel schaute, dachte ich an Samantha. Und der Gedanke beruhigte mich, zu wissen, dass dieser Himmel immer der gleiche war. Wenn auch nur etwas azurblauer und strahlender als in Rainville.
      Auch Ellie genoss die Zeit. Auch wenn sie anfangs eher etwas depressiv gestimmt war, und ich mir denken konnte, dass Nick der Grund für ihr Trübsal war, schaffte sie es schnell, aus dem Urlaub und der Zeit mit Mam und Dad, etwas besonderes zu machen, zu lachen und sich an ihrem Leben zu erfreuen. Zu schätzen, wie wertvoll es war.
      Auch wenn ich Samantha in diesen drei Wochen schmerzlich vermisste, so verging die Zeit doch sehr schnell. Der Tag der Abreise war gekommen. Schweren Herzens verabschiedeten wir uns am Flughafen von Mam und Dad, versprachen ihnen aber, kein Jahr bis zu unserem nächsten Wiedersehen vergehen zu lassen. Über die Nachricht von Sam freute ich mich sehr. Und natürlich auch darauf, sie endlich wieder in meine Arme schließen zu können. In Rainville wäre es um die Nachmittagszeit, bis wir Zuhause ankommen würden. Ich schlief im Flieger, um für sie fit zu sein, was mir zwar nur mit mäßigem Erfolg gelang, aber ich wusste, sobald ich sie sah, wäre jede Müdigkeit verflogen.

      Ellie

      Nachdem wir eine wundervolle Zeit mit Mam und Dad in Sydney und anderen Teilen Australiens verbracht hatten, stand die Heimreise an. Nach drei Wochen. Ich flog mir einen lachenden und einem weinenden Auge nach Hause. Ich würde Mam und Dad schmerzlich vermissen, doch ich freute mich auch, wieder nach Hause zu kommen und meine Freunde wiederzusehen.
      Nachdem wir im Flieger eingecheckt hatten, unsere Plätze einnahmen und ich gerade ein paar Zeilen in unserer Freundesgruppe schrieb - bestehend aus Naomi, Melissa, Matt und mir -, bemerkte ich, dass ein gewisser Jemand sich bei mir meldete. Und kurz blieb mein Herz stehen. Ich wollte Tim fragen, ob er nachsehen könnte, dass da tatsächlich "Nick" stand. Doch da er friedlich schlief, mit dem Kopf auf seine Schulter gelehnt, beschloss ich, ihn nicht zu wecken und meinem Augen zu vertrauen. Ich öffnete die Nachricht und las die Zeilen. Er entschuldigte sich. Nach drei Wochen? Inzwischen hatte ich mich auch Tim anvertraut und in Erfahrung gebracht, dass er mit seiner Schwester... keine Ahnung, ob die beiden zusammen waren. Aber es ging mich auch nichts an. Es bedeutete auch nicht, dass ich ihm fortan regelmäßig begegnen musste.
      Nach langem hin und her überlegen, beschloss ich, ihm nicht zu antworten. Ich öffnete den Gruppenchat und stimmte dem Treffen heute Abend zu. Melissa konnte leider nicht teilnehmen. Sie war wegen eines tollen Jobangebots nach Manhattan gezogen. Ich vermisse sie. Sie war neben Naomi und Matt meine beste Freundin. Man konnte mit ihr über alles sprechen. Sie hatte immer ein offenes Ohr. So waren nur Naomi, Matt und ich übrig geblieben. Ich verwarf Naomis Unsicherheit, die sich Gedanken darüber machte, ob ein Treffen im Frankys für mich in Ordnung sei. Doch da das Frankys so ziemlich die einzige angesagte Bar in Rainville war, hatten wir nur noch die Möglichkeit, in eine andere Stadt zu fahren. Zum einen wäre ich dafür heute nicht mehr in der Lage, und zum anderen wollte ich nicht vor irgendetwas davon laufen.
      So beschlossen wir uns am Abend vor dem Frankys zu treffen. Nicks Nachricht blieb unbeantwortet.

      Noah

      Die Abendsonne neigte sich tiefer herab und würde bald gänzlich hinter dem Horizont verschwunden sein. Ich kam gerne an den Strand. Ja, mein Leben bestand tatsächlich nicht nur aus diversen Spirituosen und daraus, irgendwelche Frauen flachzulegen. Manchmal brauchte auch ein Noah Zeit für sich. Zeit zum Nachdenken. Ganz so melancholisch wie Nick war ich dabei zwar nie, aber hin und wieder tat es ganz gut, den kühlen Sand unter seinen Füßen zu spüren und die angenehme Meeresbrise, die einem um das Näschen wehte. Einen kräftigen Zug an meiner Zigarette ziehend, warf ich einen Blick dem großen Feuerball entgegen. Das Rauschen des Meeres hatte stets eine beruhigende Wirkung. Irgendwann blieb ich stehen und schaute zum unendlichen Ozean. Bis ich jemand aus dem Augenwinkel bemerkte. Das rote Haar, das im Wind wehte und der geschmeidige Gang, ganz ähnlich wie der eines Tigers auf Beutezug. Ich sah sie nicht an, als ich den Glimmstängel wieder zu meinem Lippen führte. Bevor diese ihn umklammern konnten, sagte ich: "Der Rotschopf. Auch theatralisch unterwegs heute? Niemandem zum Aufreißen gefunden?"
      Das weiße Hemd aufgeknöpft, spürte ich den immer kühler werdenden Wind auch auf meiner Brust. Die lockere Stoffhose flackerte wie das Feuer einer Fackel. Das Geschrei der Möwen ertönte, bekannt und vertraut, als würden alte Freunde nach mir rufen.

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Nordlicht ()

    • Samantha

      Mit einem langen, gemütlichen Strickpullover bekleidet, machte ich es mir auf dem Sofa gemütlich, umklammerte meine nackten Beine und sah mir - bestimmt zum hundertsten mal - Titanic an. Bis zu deren Untergang war ihre Liebe einfach unglaublich spannend und atemberaubend. Das Rose Jack allerdings sterben sah, betrübte mich dieses Mal viel mehr als sonst. Es erinnerte mich an Timothy und mich. Wie sollte ich ihm denn von meiner wahren Identität erzählen? Hätte ich mich ihm doch lieber mit aller Kraft entziehen sollen? Ich hätte alles stehen und liegen lassen können, um mit meiner Familie irgendwo frühzeitig ein neues Leben zu beginnen. Aber ich wollte nicht. Der Gedanke an Tim, seine Nachrichten, seine Stimme und sein Gesicht brachten mich immer wieder zum Lächeln und so legte ich meinen Kopf auf meine Arme, die auf meinen Knien lagen und schloss meine Augen, um an ihn zu denken. Morgen.. Morgen werde ich ihn wieder vor mir sehen und das nicht nur auf dem Handy. Ich war so aufgeregt.

      ____

      Nick


      Ellie hatte mir bis zu meinem Arbeitsbeginn nicht geantwortet, was hatte ich auch erwartet? Die Nachricht hätte ich mir auch besser verkneifen sollen. Ob sie mir inzwischen doch noch geantwortet hatte, wusste ich nicht, da mein Handy im Spint lag und ich wie jeden Tag mit Präzision meine Drinks servierte. Es tat mir schon etwas leid, dass die Gäste mich meinem menschlichen Kollegen oft vorzogen, vor allem die weiblichen. Eine sehr attraktive, selbstbewusste Frau schien vor ein paar Tagen sogar sehr interessiert zu sein, doch ich hatte nicht angebissen, obwohl mein letztes Mal schon eine ganze Weile her war. Was waren denn schon ein paar Monate oder Jahre im Leben eines Vampirs?
      Ich war gerade sehr beschäftigt, sodass ich sie zwar nicht sehen konnte, aber sofort strömte mir dieser zarte Erdbeergeruch in die Nase, was nur einen bedeuten konnte. Ausnahmsweise wandte ich meinen Blick also von der Dame ab, der ich gerade einen Cocktail machte und da war sie. Vielleicht hatte sich mein gutes Gedächtnis ja nur um eine Zahl vertan und die Nachricht ging an jemand anderes, versuchte ich mir einzureden. Bei ihr waren noch ihre Freundin und ein Typ. Erst als der Drink der Lady war, sah ich sie wieder an und stellte ihn auf den Tresen. Dann sah ich wieder kurz zu Ellie, doch was erhoffte ich mir davon?

      _____

      Amber

      Theatralisch? Niemandem zum Aufreißen gefunden? Für wen hielt er mich bitte? Dennoch lachte ich leise und war dabei immer noch guter Laune. Von wegen theatralisch. Ich genoss mein Leben auch ohne Männer. "Ich habe nicht danach gesucht", meinte ich schmunzelnd und hatte ihn nur kurz angesehen, bevor ich meine Augen schloss und mein Gesicht den letzten Sonnenstrahlen entgegenstreckte. "Und warum bist du allein am Strand und nicht mit deiner Freundin?", fragte ich, ohne die Augen zu öffnen und genoss die kühle Brise.

      ____

      Matthew

      Ich freute mich wahnsinnig darüber, Ellie nach 3 Wochen endlich wiederzusehen. Hätte sie an ihrem ersten Abend in Rainville lieber Ruhe gehabt, wäre das auch okay gewesen, aber so konnte ich ihr Gesicht noch einen Tag früher sehen. Gemeinsam mit Naomi gingen wir in die Bar, die die beiden meistens eher allein besuchten, da ich nicht so der riesige Fan davon war. Heute war allerdings Karaoke-Nacht und nach ein, zwei Drinks traute ich mich auch vor Fremden zu singen.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco
    • Benutzer online 7

      7 Besucher