Don't fall in love with a human (Kiimesca & Nordlicht)

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    • Timothy

      So fuhr mein ganzer Stolz auf vier Rädern fast wie von selbst los. Ach wie ich diesen Wagen liebte! Uns verband eine besondere Verbindung. Ich hatte das gute Stück quasi vor dem Schrott gerettet, ziemlich viel Geld hinein gesteckt und heute... Heute erstrahlte er in altem Glanz! So leise wie ein schnurrender Kater begleitete er mich nun schon einige Jahre. Er hatte mich überall hingebracht und noch nie wirklich im Stich gelassen. Natürlich bot er keine ausgetüftelte Technik mit massenweise Komfort, was bei den Fahrzeugen heutzutage eigentlich schon zum Standard gehörte. Doch auch wenn ich weder elektrische Fensterheber noch eine Sitzheizung zu bieten hatte, so gefiel den meisten mein rostfarbener Cadillac, der in jedem Fall ein Hingucker war.
      So brachte er uns auch dieses Mal ohne Murren und Grummeln ans Ziel. Ich hielt vor Samanthas Zuhause an. Darüber, dass sie morgen in der Redaktion erscheinen wollte, war ich mehr als überrascht. Meine Augenbrauen zogen sich in die Höhe. Ich schaute sie mit schief gelegten Kopf an, als ich den Motor ausgeschaltet hatte und ihr entgegen lächelte.
      "Du willst freiwillig Samstag morgen aufstehen, in aller früh, um zu arbeiten?"
      Ich musste lachen. Kurz aber herzhaft. "Dann hast du unseren Eric aber einiges voraus."
      Wenn ich an dessen Arbeitsmoral dachte... Naja. Eigentlich konnte ich Mr. Johnsons Entscheidung schon irgendwie nachvollziehen. Auch wenn es Tage gab, an denen sich der hagere Journalist bemüht hatte, so gab es auch Tage, an denen er hätte viel mehr leisten können. Doch das änderte nichts daran, dass er ein anständiger Kerl war. "Ich werde dich nicht aufhalten", sagte ich dann schließlich, auch wenn ich den Gedanken schöner fände, würde sie ihre freie Zeit genießen. Auch wenn ich mich natürlich darüber freute, sie sobald schon wiederzusehen.

      Ellie

      Ich ging mit Oliver hinaus und ab dann erschienen meine Erinnerungen nur noch bruchteilartig. Ich weiß noch wie ich an dem Gebäude stand, vor mir Oliver, der seine weichen Lippen an meinen Hals drückte, seine Berührungen aber etwas unbeholfen wirkten. Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, was ich empfand. Hatten mir die Berührungen von Oliver Freude bereitet? Oder verspürte ich den Drang wegzurennen? Wollte ich mich gegen jeden einzelnen Kuss, der nach Verlangen schreite, winden? Oder wollte ich dem lüsternen Spiel nachgeben, in welches er mich zu verwickeln versuchte?
      Eine Frau kam dazu. Ihre Stimme erklang in der finsteren Nacht, ließ Oliver innehalten. Im Gegensatz dazu, wie es ein anderer Mann getan hätte, auf die Situation verharrend, sich nicht vertreiben lassend, verschwand Oliver. Was die Frau zu ihm gesagt hatte... daran konnte ich mich nicht mehr erinnern. Ich wusste nur noch, dass es die Frau von der Bar war. Die schöne Frau in dem roten Kleid. Sie sagte etwas zu mir. Etwas von meinem Zuhause. Ja... Ja, ich wollte nach Hause. Doch dann... dann war da Nick. Ich sah nur seinen Rücken, seine breiten Schultern und der holzige Duft lag in der Luft. Ich wusste, dass er es war. Die spitzen Zähne der Unbekannten... sie waren so... unnatürlich. Sie leckte ihre Lippen, wie eine gierige Raubkatze, nachdem sie ihre Beute erspähte. Wollte sie mir tatsächlich etwas antun? Und dann Nick... Er hatte genau jene spitzen Eckzähne... Sie schauten sich an wie wilde Tiere, die sich gegenseitig töten würden, würde nicht einer dieses düstere Machtspiel beenden.
      Zum Glück verschwand die Frau, und ihre letzten Worte hörte ich so deutlich und sie drangen so eindringlich in mein Inneres, als hätte ich nicht einen Schluck Pina Colada zu mir genommen. Und ihre Worte bereiteten mir Angst. Ich sah mit aufgerissenen Augen zu Nick, realisierte nicht mal annähernd, was hier gerade geschehen war. War es der Alkohol, der mein Gehirn völlig vernebelte? Mich irgendwelche merkwürdigen, nicht existierenden Dinge sehen ließ?
      "M-mir geht's gut", log ich und rutschte langsam an der kalten Wand herunter. "W-was war das gerade?", fragte ich mit einem Blick ins Leere.

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.
    • Samantha

      Als er fragte, ob ich freiwillig an einem Samstag früh aufstehen würde, sah ich ihn an, als wäre es für mich etwas völlig normale an einem Samstag eben früh aufzustehen. Abgesehen davon, dass ich nicht viel Schlaf brauchte - eigentlich gar keinen, würde ich genug Blut trinken - nutzte ich die Zeit, die ich hatte sehr gerne. Von Nick wusste ich aber, dass es auch jene gab, die gern länger als nötig im Bett oder auf der Couch lagen. Als ich ihn kennenlernte, hasste er sein Vampirleben, wollte es jedoch auch nicht beenden. Er bestrafte sich selbst und doch vegetierte er irgendwie nur vor sich hin. Zwar spielte er auch oft auf seiner Gitarre oder dem wundervollen Klavier, doch er schien mir nie glücklich zu sein. Ich kannte seine Vergangenheit.. Doch das er nach all den Jahrhunderten noch immer so darunter litt, betrübte mich.
      "Gut. Dann sehen wir uns morgen, Timothy.. Gute Nacht..", verabschiedete ich mich lächelnd und blieb noch vor der Haustür stehen, um ihn noch ein letztes Mal anzusehen, bevor er weg fuhr. Ich seufzte, war glücklich und besorgt zu gleich. Mir blieb allerdings nicht viel Zeit ihm nachzutrauern, als mein Handy plötzlich klingelte. Es war Nick und ich begriff den Ernst der Lage, auch wenn er nicht viel sagte. "Ja..", sagte ich lediglich und legte auf, um direkt Noah anzurufen "Noah, wir brauchen deine Hilfe.. Nick ist einem anderen begegnet und wurde von jemandem gesehen..", erklärte ich leise, aber beunruhigt, doch es war nur die Mailbox und legte auch ziemlich schnell wieder auf. Das sollte ausreichen, damit er Bescheid wusste. Hoffentlich würde er sie abhören. Anschließend informierte ich auch David und Christine, nachdem ich in die Wohnung gegangen war und mir alles mögliche durch den Kopf ging. Wir waren gerade mal ein paar Tage hier und schon gab es Ärger. Wenn wir nun gezwungen wären weiterzuziehen, würde ich Timothy nie wieder sehen..
      David und Christine waren jedoch gerade auf der Arbeit und überließen uns Dreien die Sache. Sie vertrauten darauf, dass wir es hinbekamen. Das sie nicht sofort alles liegen ließen, um zu uns zu stoßen war zumindest ein gutes Zeichen dafür, dass das hier noch kein Super GAU war und mich ein wenig beruhigte.

      ________

      Nick

      Das sie mich anlog, war nicht schwer zu durchschauen, aber zumindest war sie in Ordnung. "Das erkläre ich dir in Ruhe.. Komm bitte mit mir..", bat ich sie und reichte ihr meine Hand, damit sie wieder wieder aufstand. Ich sah sie besorgt an und hoffte, dass sie nicht zu verängstigt war, um mir zu glauben, dass ich ihr nichts tun wollte. Mein Auto - ein völlig unbedeutendes Fahrzeug auf vier Rädern - stand nur wenige Meter entfernt auf einem Mitarbeiter Parkplatz. Es war ein älterer Kombi, der seinen Zweck erfüllte. Ich legte da keinen großen Wert drauf wie Noah.
      Mit der anderen Hand griff ich zu meinem Handy und rief Sam an. "Ich brauche Noah.. Wir sind nicht die einzigen hier.. Ich bringe sie mit nach Hause", murmelte ich kurzgebunden und legte direkt auf, um mich voll und ganz Ellie zu widmen.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco

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    • Timothy

      "Gute Nacht, Samantha...", sagte ich und schaute ihr etwas wehmütig entgegen. Auch wenn wir uns bereits in ein paar Stunden wieder sahen, so bedauerte ich doch etwas, dass der schöne Abend bereits endete. Morgen würde dir Arbeit wiedermal die erste Geige spielen, und obwohl ich meine Arbeit liebte, lebte für das, was ich tat, so wäre mir ein Abendessen, ein Spaziergang, ein Besuch im Autokino - irgendwas - mit Samantha lieber gewesen.
      Erst als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, startete ich den Motor und fuhr nach Hause, um den erholsamen Abend mit meiner Kollegin noch einmal gedanklich abzuspielen. Mir jede einzelne Besonderheit ihres wunderschönen Gesichts einzuprägen und zu versuchen, das Herzrasen dabei unter Kontrolle zu bekommen. Was war nur mit mir los? Ich war schon immer nervös und recht ungeschickt, sprach ich mit schönen Frauen. Doch dass mein Körper so heftig reagierte, das was mir neu. Über mich selbst verwundert, war ich froh, nach einer ersehnten heißen Dusche ins Bett zu fallen, denn in ein paar Stunden bereits, würde das grelle Läuten meines Weckers jeden noch so schönen Traum beenden. Doch war in dieser Nacht überhaupt an Schlaf zu denken? Vermutlich nicht, denn Samantha... diese wunderschöne Frau... sie raubte mir die Ruhe und den Schlaf, den ich so dringend brauchte.
      Als ich den Cadillac auf dem Parkplatz abgestellt hatte und die Wohnung betrat, wunderte mich etwas, dass Ellie schon zu schlafen schien. Ihr Zimmer betrat ich allerdings nicht. Sie war eine erwachsene Frau und konnte tun und lassen, was sie wollte. Auch wenn ich versuchte, so selten wie nur möglich den großen Bruder heraushängen zu lassen, fiel es mir manchmal schwer. Nachdem Mam und Dad vor gut einem Jahr nach Australien ausgewandert waren, war ich ihr nächster Verwandter. Ich fühlte mich in gewisser Weise für die verantwortlich, wollte aber niemals, dass sie sich bevormundet fühlte wie ein Kind.
      Ich folgte dem Ruf der heißen Dusche, bevor ich mich schlafen legte... Oder es zumindest versuchte.

      Ellie

      "O-okay..."
      , willigte ich ohne große Widerworte ein und folgte Nick etwas unbeholfen zum Auto torkelnd. Ich stützte mich bei ihm, denn der Alkohol ließ meine Sicht zunehmend undeutlicher werden und jeder Schritt fühlte sich an, als würde man auf Wackelpudding stolzieren. In diesem Moment, als die paar Meter zum Mitarbeiter-Parkplatz mir wie hunderte Meilen vorkamen, bemerkte ich nicht, wie ich Nick penetrant anstarrte. Lallend sagte ich zu ihm, während ich die Arme um seinen Hals legte, und wir so zum Stehen kamen: "Falls du ein Vampir oder sowas bist... Beiß mich... du darfst..."
      Mir stieß es kurz auf. "Du darfst alles mit mir machen."
      Spielerisch hielt ich ihm keine Kehle entgegen, während ich mich mit meinem ganzen Gewicht auf ihn stützte. "Du bist mein Retter. Du hast mich vor dieser... Frau... gerettet. Ich erfülle dir... jeden Wunsch."
      Ich grinste frech, während ich ihm wieder in die Augen sah und mit dem Zeigefinger Kreise auf seiner Brust zeichnete.

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    • Samantha

      Ungeduldig wartete ich auf der Couch und starrte auf die Uhr. Viel lieber würde ich mit meinen Gedanken an den schönen Abend im Bett liegen, aber der Anruf von Nick hatte einen Schalter umgelegt. Einen Schalter, der Timothy in diesem Moment beinahe nichtig werden ließ und mich nur noch an Nick, den Vampir und den Menschen bei ihm denken ließ.
      Es waren 12 Minuten seit dem Anruf vergangen und Nick war noch immer nicht hier. Ob ihm was passiert war? Er müsste eigentlich jeden Moment hier ankommen.. Da Noah noch immer noch geantwortet hat und auch bei einem zweiten Anruf nicht an sein Handy ging, beschloss ich unten an der Straße zu warten, um mit Nick zu ihm zu fahren.

      _____

      Nick

      Es erleichterte mich, dass Ellie freiwillig mit mir ging und kein Theater machte. Andernfalls hätte ich sie sonst gewaltsam mitnehmen müssen, was ich vermeiden wollte. Ich war noch nicht ganz an der Beifahrertür angekommen, als sie ihre Arme um meinen Hals legte und mich anrülpste.
      Falls ich ein Vampir bin, dürfte ich sie beißen? Alles mit ihr machen? Hatte sie überhaupt eine Ahnung, was das bedeutete? Ein Biss war ja keine kleine Spritze, die einem verabreicht wurde. So ein Biss tat scheiße weh, das durfte ich als Mensch selbst erfahren. Sie war wirklich sturzbetrunken.. Oh Mann.
      Nun hing sie an meinem Hals ohne sich selbst noch großartig zu stützen. Für mich war ihr Gewicht nichts, weshalb ich unter diesem auch nicht im geringsten nachgab und wie ein Fels in der Brandung stand. Ich legte lediglich einen Arm um ihren Körper, damit sie nicht fiel, sollte sie sich nicht mehr festhalten können. Wieviel davon war noch sie selbst und wieviel nur der Alkohol? Hätte ich sie nicht gestern im Café, sondern heute in der Bar kennengelernt, wäre ich ihrer Bitte vorhin vielleicht sogar nachgekommen. Wenn sie eine Frau wie ihre Freundin wäre, die gerne spielte und wusste, was sie wollte. Doch die zurückhaltende Kellnerin wirkte nicht wie eine Frau, die gern mit fremden Kerlen schlief. Ich war kein Herzensbrecher, aber auch kein Heiliger.
      "Dann steig jetzt in mein Auto, Ellie..", bat ich sie und sah in ihre blauen Augen, die zugegebenermaßen etwas sehr verführerisches an sich hatten. Ihre Berührungen machten es nicht besser, doch ich ignorierte sie, hob sie hoch und brachte sie endlich zur Tür, die ich mit dem Handicap etwas schwieriger aufbekam, bevor ich sie vorsichtig hineinsetzte.
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      - Eugene Ionesco

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    • Ellie

      "Dein Wunsch ist mir Befehl, mein grimmiger, kellnernder Freund"
      , kicherte ich belustigt, schlug ihm zweimal kräftig mit der flachen Hand gegen die Brust, was viel mehr ein Tätscheln sein sollte und setzte mich auf den Beifahrersitz. Oder besser gesagt: Nick setzte mich hinein. Wie ein kleines Hündchen, so zaghaft, als wolle man mir keine Fellspitze krümmen. Ich schaute Nick zu, als er auf die Fahrerseite ging und sich neben mich setzte. So verliebt musste mein Blick wirken und so dankbar, dass er sich doch tatsächlich neben mich setzte, als gäbe es noch weitere hunderte Fahrersitze zur Auswahl und noch mehr Frauen, neben die er sich hätte setzen können.
      "Weißt du eigentlich... wie schön du bist?", fragte ich und ein tiefes Seufzen entfuhr meiner Kehle. Ich beugte mich zu ihm vor und ließ meine Finger sachte über seinen Schritt greifen, der unter dem dicken Stoff seiner Jeans verborgen lag. Ich begann seinen Hals mit Küssen zu bedecken und atmete seinen holzigen Duft ein. Und egal wie betrunken ich in diesem Moment war, ich wusste genau, dass es derselbe Duft war, wie bei unserer ersten Begegnung am Tag zuvor. "Nick... Komm... Ich will dich...", hauchte ich verführerisch an seinem Ohr. Nicht ansatzweise ahnte ich, dass ich mit meiner Alkoholfahne und der Zunge, die kaum noch die Worte verständlich herausbrachte, überhaupt nicht verführerisch wirkte. Ich fühlte mich allerdings wie Marylin Monroe in ihren besten Jahren. Schnell, als hätte ich es besonders eilig, griff ich nach seiner Hand und legte sie auf meine Brust. Förmlich bebte ich vor Verlangen. Der Alkohol konnte schlimme Tage zu schönen machen. Er schaffte es, Trauer zu vertreiben, Belustigung zu schaffen und dunkle Wolken hinweg zu wehen. Doch egal wie hell das Sonnenlicht an jenen Tagen schien, in denen der Alkohol sich als Freund bekundete, im Grunde war er der schlimmste Feind, den man sich zu seinem Eigen machen konnte. Er veränderte die Menschen, ihr Verhalten, ihre Art zu denken. Doch in diesem Moment erschien mir alles richtig, genauso wie es lief.

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    • Nick

      Nachdem ich sie auch angeschnallt und die Tür geschlossen hatte, seufzte ich leise und ging um das Auto herum, um mich ans Steuer zu setzen. Ellie verzögerte meine Ankunft sehr und auch im Auto hatte ich keine Ruhe vor ihr, als sie meinte, dass ich schön wäre und ich kurz darauf ihre Hand an einer Stelle spürte, an der sie nicht sein sollte. So wie ich allerdings darauf reagierte, war es kein Wunder, dass sie dachte ich würde sie nicht hübsch finden. Denn ich blieb standhaft und steckte den Schlüssel ins Zündschloss. Ich hatte nichts gegen den Geruch von Alkohol, doch da sie so sehr danach roch, weigerte ich mich meinen Gelüsten hinzugeben, sodass es mir half, sie noch immer abblitzen zu lassen.
      Das sie dann jedoch anfing meinen Hals so zu liebkosen, war schon eine zunehmende Herausforderung. Ich konzentrierte mich auf den Geruch von Kuchen, der durch ihre Arbeit an ihr haftete, um mich an die nüchterne Ellie zu erinnern. "Ellie..", hauchte ich und legte meine Hand sanft in ihren Nacken und zog sie etwas von mir weg, um in ihre Augen zu sehen. "Du bist eine wunderschöne Frau und du bringst mich wirklich in Versuchung, aber ich will deine Trunkenheit nicht ausnutzen.." Ob sie das verstehen konnte oder gleich wieder eingeschnappt war, spielte keine Rolle. Sobald wir bei Noah wären, würde sie sich sowieso nicht mehr an dieses Gespräch erinnern. "Sei mir bitte nicht böse.." Solange sie so an mir hing, konnte ich nicht losfahren.
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    • Ellie

      "Was...?"
      , fragte ich, so als hätte ich die Worte, die er zu mir sagte, nicht verstanden. Doch ich verstand sehr gut. Und es ließ mich in einem lauten Gelächter ausbrechen. Ich nahm seine Wangen in meine Hand, presste seine Lippen zusammen, sodass er gezwungen war, einen Schmollmund zu machen, genau wie die Großmütter es gerne bei ihren Enkeln taten. "Du bist ja so süß!", kicherte ich, ließ ihn kurz darauf los, warf einen Blick zum Radio, an dessen Rädchen ich drehte und mich schwungvoll zu den 70ern und 80ern bewegte. "Dann lass uns tanzen!", lachte ich und sang zum Song. Nicht mal schief und frei aus purer Lebensfreude. "Then I get night fever, night fever. We know how to do it. Gimme that night fever, night fever... Komm! Tanz mit mir."
      Doch jene Lebensfreude, die letzte Energie, die meinen Körper in Höchstform brachte, dauerte genau zweieinhalb Minuten an. Dann wurde es stiller. Ich sank dämmernd im Beifahrersitz zusammen. Hätte es der Platz erlaubt, so hätte ich meine Beine dicht an meinen Körper gezogen und mich so klein gemacht wie eine Laus. Ich drehte den Kopf in Nicks Richtung und lächelte ihn sekundenlang schweigend an, bevor ich leise sagte: "Weißt du was, mein Retter in der Not? Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt..."

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    • Nick

      Sie ist hacke dicht, sagte ich mir immer wieder, als sie erst laut lachte und dann mein Gesicht verunstaltete. Ich war geduldig. Sehr geduldig. Deshalb konnte ich sie überhaupt ertragen. Schweigend sah ich mir an, wie sie nochmal voll aufdrehte und dachte mir, dass es bald vorbei war.
      Endlich.. Sie wurde ruhiger und ich könnte endlich losfahren, ohne dass sie mir ins Lenkrad greifen würde oder sonst etwas tat, das uns beide - naja, eher nur sie - gefährdete. Ich würde einen Autounfall überleben, es sei denn, ich hätte das Pech dabei enthauptet oder von einem Holzpfahl aufgespießt zu werden. Ganz unsterblich waren wir ja doch nicht.
      Ich startete den Motor und sah noch einmal zu ihr, als sie meinte, dass sie sich in mich verliebt hätte. Was wusste sie denn schon von mir, um zu etwas anzunehmen? "Das solltest du lieber nicht tun...", murmelte ich und fuhr endlich los.

      Vor dem kleinen Mehrfamilienhaus sah ich schon Samantha an der Straße stehen, was mich etwas verwunderte. Ich hielt neben ihr an und sie stieg in den Wagen. "Ellie, das ist Samantha, meine Schwester..", erklärte ich ihr und sah kurz zu ihr nach hinten. "Noah geht nicht ran.. Wir müssen zu ihm fahren..", meinte sie und betrachtete Ellie, wobei sie etwas seltsames in ihrem Blick hatte. Kannte sie sie? Sie konnte an ihr den Geruch von Timothy wahrnehmen, weshalb ihr klar wurde, dass es seine Schwester sein musste, da auch immer etwas von ihrem Geruch an ihm haftete. "Okay.."

      _______

      Samantha

      Nick hat wirklich lange auf sich warten lassen, doch als ich die Autotür öffnete, erkannte ich sofort, dass die Frau betrunken war. Ich setzte mich rein und betrachtete sie erst überrascht, dann besorgt. Timothy's Geruch haftete an ihr und ich erkannte den Geruch wieder, der an ihm haftete. Es bestand kein Zweifel daran, dass sie seine Schwester sein musste.
      Nick fuhr los und parkte vor dem Haus, wo ich unverzüglich ausstieg und zu ihm sah. Er war um das Auto gelaufen und öffnete die Tür, um ihr seine Hand hinzuhalten. "Kannst du gehen?", fragte er, was mich etwas zum Lächeln brachte. Nick war wie Timothy ein Gentleman. Ich wusste, dass er sie auch tragen würde, wenn sie dafür zu müde wäre. "Er ist zuhause..", informierte ich Nick, da ich ihn riechen konnte. Aber nicht nur ihn.. Ich konnte auch zwei Frauen riechen, weshalb ich meine Augenbrauen zusammenzog und zur Tür ging, um zu klingeln. In meinem Gesicht war nicht nur die Sorge um das Mädchen zu sehen, sondern auch die Enttäuschung, dass Noah sich schon wieder vergnügte. Dabei hat er mir gestern noch Honig um den Mund geschmiert. Er würde sicher nicht einmal damit aufhören, wenn ich mich auf ihn einlassen würde. Das ich gestern wirklich darüber nachgedacht hatte - wenn auch nur sehr kurz - bereute ich gerade zutiefst.
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      - Eugene Ionesco

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    • Ellie

      Plötzlich hielt der Wagen an und in das Auto stieg eine junge, wunderschöne Frau. Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, wie genau sie aussah. Nur ihre Schönheit hatte sich in mein Gedächtnis gebrannt. "Oh... Hallo... Ich heiße Ellie...", grüßte ich sie und wandte mich halb zu ihr um. Sie hatte auf der Rückbank Platz genommen. Dann allerdings überkam mich eine tiefe Müdigkeit. Meine Augenlider, genau wie meine Glieder... alles fühlte sich schwer wie Blei an. Gerade als ich dämmern wollte, und mich nicht mehr daran erinnern konnte, ob die junge Frau mir auch ihren Namen genannt hatte - geschweige denn, wer sie war -, hielt der Wagen ein zweites Mal an. Ich erinnerte mich sehr gut daran, dass Nick vor mir stand und mir die Autotür aufhielt, fragte ob ich alleine gehen konnte. Natürlich! Warum auch nicht!? Schweigend nickte ich, und neben der Müdigkeit, die mir mehr und mehr zu schaffen machte, wurde es mir allmählich übel. Auch wenn ich beteuerte, selbst gehen zu können und keine Unterstützung benötigte, immer und immer wieder, hielt ich mich auf dem Weg zum Wohnhaus an Nick fest. Nicht einen einzigen Moment fragte ich mich, was wir hier wollten, oder wo wir uns befanden. Es war eine Selbstverständlichkeit, hier zu sein. Kurz sah ich mich um, bevor wir stehen blieben und uns ein Mann mit nacktem Oberkörper die Tür öffnete. Seine Jogginghose hing sehr tief, sodass es fast mehr offenbarte, als es so manchem hier lieb gewesen wäre. Das Haus wirkte von außen sehr modern, mit großen Fensterfronten und hellen Strahlern am Boden, die den Weg erleuchteten. Doch es strahlte auch eine gewisse Kühlheit aus. In jedem Fall, hob es sich von den gewöhnlichen Bauwerken Rainville's ab. Und es bot einen ganz wunderbaren Blick auf die Küste. Auf die leichten Wellen, die ihr Ende am Riff fanden. Und die Möwen, die hin und wieder ihre kreischenden Kreise flogen.

      Noah

      Kurz nach dem Läuten der Klingel, öffnete ich die Tür. Ich war zu beschäftigt, um den Geruch von Samantha und Nick wahrzunehmen. Außerdem überdeckte der Geruch von Gras die ihren. Genervt lehnte ich mich in den Türrahmen meines modernen Eigenheims und schaute jeden der Drei flüchtig an, als sich zwei zarte Hände um meine Taille schmiegten und die hübsche Asiatin, die nur durch ein paar schwarze Dessous ihren perfekten Körper bedeckte, ebenfalls hinaus spähte und ihnen ein aufmerksames Lächeln schenkte. Ihr pechschwarzes Haar berührte fast den Ansatz ihres prachtvollen Hinterteils und ihre Augen erstrahlten wie die tiefschwarze Nacht selbst.
      "Was wollt ihr hier? Wie ihr seht, bin ich beschäftigt. Und außerdem..."
      Mein abschätzender Blick schweifte über die blonde Menschenfrau, die zweifellos eine attraktive Erscheinung war, aber auch völlig betrunken, nicht ansatzweise bei Sinnen. Außerdem waren mir Drei an diesem Abend zu viel. Auch wenn ich das nicht gerne offen zugab. "...gibt es hier keinen Platz für Alkohol-Leichen."
      Von hinten ertönte eine Frauenstimme: "Hey Noah! Wo bleibst du denn?"
      "Wer zur Hölle ist sie überhaupt!?"

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    • Samantha

      Was für eine unfreundliche Begrüßung.. Wir waren sicher nicht zum Spaß hier! Wenigstens hatte er eine Hose an, damit wir ihn nicht ganz nackt sehen mussten. Ich hatte ihn nur kurz angesehen und hatte genug, weshalb ich wieder wegsah. Dann fiel mein Blick auf die Frau, die sich an Noah schmiegte und einfach atemberaubend schön war. So perfekt, als wäre sie aus einem Katalog geschlüpft... Ob die andere Frau auch so wunderschön war? Ich sah wieder zu Noah und legte meine Hand unsanft auf seine nackte Brust. "Wenn du an dein scheiß Telefon gegangen wärst, wüsstest du wer sie ist! Wir sind hier, weil wir deine Gabe brauchen. Und damit meine ich nicht die Gabe, irgendwelche Frauen zu verführen. Sie hat Nick gesehen!" Mit meiner Hand übte ich genug Druck aus, um mich an ihm vorbei zu quetschen. "Schick deinen Besuch nach Hause, Noah", forderte ich und ging ins Wohnzimmer, wo ich mit verschränkten Armen auf ihn wartete.
      ____

      Nick

      Ich befürchtete, dass sie sich noch in Noah's Vorgarten übergeben würde, doch sie schaffte es zur Tür, wo wir nicht sehr herzlich begrüßt wurden. Mein Blick blieb kühl, denn ich hatte nicht viel übrig für diesen Kerl, schon gar nicht, wenn er so mit uns sprach. Samantha hingegen schien irgendwie aufgebracht zu sein. Ihre Stimme klang wütender als sonst. Wenn sie wollte, konnte sie eben doch ganz schön angepisst sein. "Und beeil dich damit...", fügte ich noch hinzu, als ich mich hinter Sam ebenfalls mit Ellie an ihm vorbeidrängte, um sie im Wohnzimmer auf seine Couch zu setzen.
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    • Noah

      Mit aufgerissenen Augen schaute ich Samantha hinterher, die sich zickig einen Weg ins Innere meines Hauses bahnte. Meine asiatische Freundin schien genauso verblüfft, doch hoffte sie wohl insgeheim, dass unsere kleine Dampfwalze mit uns das Bett teilte. Zwar verstand... Ming, Mei, Lee... keine Ahnung wie das Schlitzauge hieß, nur sehr wenig von unserer Sprache, aber das Wesentliche bedarf nicht vieler Worte. Eigentlich war ich ihr Ritter. Ein junges, verlorenes Ding, geflohen aus einer strengen Okiya, hatte es sie von den rauen Straßen Rainville's direkt in meine Arme getrieben, um ihr zu zeigen, was sie in ihrem Leben als Geisha, zwischen Teetassen und Badehäusern, so verpasst hatte. Zwar arbeitete sie als Kellnerin in irgendeinem asiatischen Restaurant... aber meine Geschichte gefiel mir wesentlich besser.
      "Ruhig Blut, Tiger", sagte ich mit erhobenen Händen, so als würde man eine Pistole direkt auf mich richten. Nick hingegen schenkte ich nur ein genervtes Drehen meiner Augen, die jede Frau in den Bann ziehen konnten... Und noch so manch andere Dinge. Der Grund, weshalb die beiden mich besuchten. Nicht etwa, weil sie das Verlangen hegten, mich wieder zu sehen. Oder Samantha endlich ihre Zuneigung bekundete. "Na klar, kommt rein! Kein Problem!", brummte ich genervt, als ich die Tür schnell und mit einem lauten Knall ins Schloss fallen ließ. Madame Ching Chong folgte mir wie ein lästiger Dackel, hinein ins offene Wohnzimmer, das neben einer modernen Einrichtung auch einen sagenhaften Blick aufs Meer bot. Genau aus dem Grund hatte ich es mir gekauft. Ich mochte das kleine, hochmoderne Häuschen. Es war sogar eines der schönsten Bauwerke, die ich in meinem langen Leben bewohnte, sah man von den Burgen und Schlössern ab. Nur wenige davon waren in meinem alleinigen Besitz gewesen. Dieses Häuschen hingegen schon. Aus dem Schlafzimmer trat mein zweiter Besuch. Fragt mich nicht nach ihrem Namen, solche unwichtigen Details merkte ich mir nicht. Ich wusste nur, dass sie eine scharfe Rothaarige war, recht groß, Traum-Maße, aber um Topmodel zu werden, Victoria's Secret oder sowas... Dafür war sie ein Stück zu muskulös und ihre Brüste könnten auch etwas üppiger sein. Aber sonst war sie ein Hingucker. Farblich passend mit roter Unterwäsche, trat sie aus dem Schlafzimmer und wirkte überrascht, als neben Noah noch ein paar andere Gestalten das Haus betreten hatten. Es war eine Schande, dass ich die beiden Ladies gehen lassen musste. Das Hiersein der Zwei, oder besser gesagt Drei, musste einen triftigen Grund haben, sonst würden sie mich kennenlernen!
      Ich schnappte eines der Kleidungsstücke, die alle verteilt im gesamten Wohnzimmer lagen, welches in warmen Beige- und Braun-Tönen gehalten war und zischte zum Pumuckl: "Los, verpisst euch!"
      "Was!?", fragte die Rothaarige aufgebracht. Die Asiatin sagte nichts, schaute nur fragend zwischen allen Gesichtern hin und her.
      "Du hast doch Ohren? Und du verstehst, was ich sage? Ihr sollt euch V-E-R-P-I-S-S-E-N."
      "Du kannst uns doch nicht einfach rauswerfen! Spinnst du!?"
      Und genau aus diesem Grund, hasste ich die Menschen. Diese Art, immer alles zu hinterfragen, Widerworte zu geben, und das mit einem Stolz, der einfach nur nach "Ich muss gleich kotzen"- schrie. Ich ballte meine Hände zu Fäusten, bevor ich die restlichen Kleidungsstücke aufhob und die beiden höchst selbst mit einem kräftigen Schups nach draußen beförderte. Man hörte noch, wie die Damen mit wilden Beschimpfungen um sich warfen, doch das war mir herzlich egal. Mit lang gezogener Miene kehrte ich zurück. Ich warf auf dem Weg zu meinem Spirituosen-Schrank der jungen Frau auf meinem Sofa einen kritischen Blick zu. Diese dämmerte vor sich hin, weiß wie die Wand und mit einer Fahne, die man auch ohne übernatürliche Vampir-Sinne gegen den Wind riechen konnte. "Wenn sie aufs Sofa kotzt, bringe ich sie um", zischte ich und es machte wohl nicht den Anschein, als würde ich scherzen, was ich auch nicht tat. Ich hatte keine Probleme damit, zu töten. Noch weniger, wenn ich einen Grund dazu bekam. Gemächlich nahm ich ein bauchiges Glas und eine Spirituose meiner Wahl, setzte mich auf den Sessel und stellte die Flaschen auf dem kleinen Wohnzimmertisch aus Holz ab. Ich schenkte mir seelenruhig etwas von der hochprozentigen Flüssigkeit ein, lehnte mich zurück und schwenkte das Glas etwas, bevor ich daran nippte. Ich bot den beiden nichts an, da ich mir denken konnte, dass sie ablehnen würden. Erwartungsvoll ruhte mein Blick auf Nick. Dieser erzählte mr dann alles, was geschehen war, ohne dabei auch nur einmal das Wort "Vampir" in den Mund zu nehmen.
      "Ah, so ist das...", grinste ich und stellte das leere Glas auf dem Tisch ab, nachdem ich mich aufrecht hingesetzt und etwas nach vorne gebeugt hatte. "Ihr kommt zu mir, damit ich Blondchen hier, die Erinnerungen nehme? So besoffen wie sie ist, kann sie von selbst nicht mal mehr alleine die Socken wechseln."

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    • Nick

      Samantha stand weiterhin schweigend da und hatte auch das Schauspiel mit seinem Besuch nur mit einer hochgezogenen Augenbraue kommentiert. Vermutlich wollte sie nicht, dass sie so unfreundlich rausgeworfen wurden, aber was sollte man von Noah schon anderes erwarten. Ich erzählte ihm also von der Vampirin und Ellie, wobei ich das Wort 'Vampir' tunlichst vermied.
      "Ich will nur auf Nummer sicher gehen.." Gut möglich, dass sie sich morgen ohnehin an nichts erinnern würde, aber das war keine Garantie und ich wollte nichts riskieren. Außerdem könnten die Erinnerungen auch zu einem späteren Zeitpunkt wiederkommen. Es war also besser, wenn wir sie einfach direkt löschen.
      Wenn man unser Trio beschreiben wollte, könnte man sagen, dass Samantha der Spürhund, ich der Wachhund und Noah der Kampfhund war. Das traf es eigentlich ziemlich gut. "Je schneller du fertig bist, desto schneller können wir dich auch wieder allein lassen." Ich hatte keine Lust länger als nötig hierzubleiben.

      _____

      Samantha

      Ich wollte zwar, dass er die beiden Frauen wegschickte, aber das verschlug mir vollkommen die Sprache. Für ihn waren sie doch nichts mehr als Spielzeuge und ich sollte mehr sein?
      Auch ich hörte die ganze Geschichte nun zum ersten Mal und biss mir leicht auf die Unterlippe. Diese Vampirin schien sich nicht in der Nähe der Redaktion oder unserer Wohnung aufzuhalten. Wenn sie ihre Opfer in der Bar aufsuchte, müsste ich wohl dort anfangen nach ihren Spuren zu suchen. Ich hoffte nur, dass es nicht zu einem Kampf kommen würde. Allerdings sollte ich lieber nicht allein gehen und da Nick und die anderen arbeiten mussten, müsste ich wohl notgedrungen mit Noah losziehen, um sie morgen Abend zu suchen. "Tu es bitte einfach, Noah.." Vermutlich hielt er sich für witzig, aber ich fand es ganz und gar nicht witzig. Ellie war ein Risiko und Noah wollte doch sicher auch nicht sein schickes Zuhause so schnell wieder verlassen müssen.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco
    • Noah

      Vorallem Nicks Auftritt erzürnte mich. Sie tauchten hier auf, vermasselten mir meinen Abend, der mich verdammt viel Honig, denen ich den Damen ums Maul schmieren musste, gekostet hatte, und dann sollte ich auch noch meine Gabe einsetzen. Dies war immer mit geistiger Anstrengung verbunden. Und das war sicher das Letzte, was ich wollte.
      "Und genau das ist der springende Punkt, mein lieber Nick!", zischte ich ihm entgegen. "ALLEINE! Ich hätte diesen Abend mit zwei hinreißenden Damen verbringen können. Und ihr platzt hier einfach rein und gebt irgendwelche Befehle. Für wen haltet ihr euch!? Die Queen? Ruhe in Frieden", verdrehte ich die Augen und schüttete mir noch etwas von der Spirituose ins Glas. Als mich Samantha darum bat, wurde ich etwas weicher. Ich leerte das Glas mit einem Schluck, verzog das Gesicht, als sei es eine widerliche Medizin und betrachtete im Anschluss das traurige, blasse Geschöpf auf meinem Sofa. "Jämmerlich...", beurteilte ich den Anblick und schüttelte den Kopf. Langsam erhob ich mich und ging auf das Blondchen zu. Ich kniete mich vor sie und betrachtete ihr Gesicht. Hübsch war sie ja, aber der Alkohol stand ihr nicht.
      Keine Ahnung, in welche Länder sie gerade abgedriftet war, jedenfalls schien sie nicht mehr bei Bewusstsein. Erst ein kräftiger Schlag gegen ihre Wange, ließ sie mehr oder weniger erwachen. Sie sah mich durch schlitzige Augen an und brummte vor sich her. Der Augenkontakt war unabdingbar. Ich sah ihre Erinnerungen so deutlich vor mir, als wären es meine eigenen. Sie lagen tief in ihr verborgen, doch sie waren glasklar. Gut möglich also, dass sie sich am nächsten Tag nochmal daran erinnern würde. Vielleicht auch nicht. Das war eine Frage, die ich - die niemand sonst - zuverlässig beantworten konnte, außer die Zeit. So versuchte ich meine Tentakel auszuwerfen, an jeder einzelnen Erinnerungen der letzten Stunden festzuhalten, doch meine Versuche prallten immer wieder ab. Ich fand keinen Halt. Ihr Wille war zu stark. Nach einer kurzen Weile presste ich meine Augen zusammen, senkte den Kopf und öffnete meine Augen erst wieder, als ich kopfschüttelnd zu Samantha, dann zu Nick sah. "Unmöglich. Ihr Wille ist zu stark. Ich komme nicht zu ihr durch."
      Ich erhob mich und sah zu den Drei herab. Verwundert war ich schon, dass eine so junge Frau, bereits einen so starken Willen besaß, um gegen meine Gabe zu bestehen. Doch ich äußerte diese Verwunderung nicht. Mein Blick wirkte ernst und meine Worte eiskalt: "Euch ist klar, was das heißt?"
      Meine Zähne blitzten hervor und der Ausdruck in meinen Augen wandelte sich zu etwas Bedrohlichem...

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.

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    • Nick

      Als er mich anzischte, funkelte ich ihn verständnislos an. Seine Familie sollte ihm ja wohl wichtiger sein, als irgendwelche Weiber. Er hatte sicher mehr als genug Chancen heiße Weiber zu vögeln. Da würde er einen Abend alleine schon aushalten. Nachdem Noah sich etwas abgeregt hatte, wurde auch ich etwas ruhiger und beobachtete ihn dabei, wie er sich vor Ellie kniete. Doch als er sie schlug, knurrte ich leise. Das wäre sicher auch etwas sanfter gegangen! So ein Bastard.
      Es hat nicht funktioniert? Kaum hatte Noah uns darüber informiert, war er auch schon bereit sie zu töten, was ich nicht gut hieß. Mein Blick wurde ebenfalls langsam bedrohlicher, als wolle ich gegen ihn kämpfen, wenn nötig. Samantha's Eingreifen hielt mich jedoch zurück. Hoffentlich konnte sie ihn vom Gegenteil überzeugen. Auf Samantha hörte er von uns allen am ehesten.

      ________

      Samantha

      Ich war angespannt und beruhigt mich erst, als Noah sich vor sie kniete. Etwas erschrocken sah ich zu ihm runter, nachdem er Ellie geschlagen hatte und sie ihn ansah. Er musste seine Wut nicht an ihr auslassen! Besorgt beobachtete ich ihn und ließ mich langsam neben ihr auf dem Sofa nieder, sodass Ellie nun zwischen Nick und mir saß. Ich hatte eigentlich keinen Zweifel daran, dass Noah's Gabe funktionieren würde, doch als er seinen Kopf schüttelte, schluckte ich etwas. Es war unmöglich?
      Er erhob sich, wobei mir sein Blick nicht gefiel und ich schon mit seiner nächsten Handlung rechnete. "Nein!" Nick war genau so dagegen wie ich, auch wenn ich schneller war zu protestieren. Ich stand auf und stellte mich vor ihn, um meine Hände an seine Brust zu legen und bittend in seine Augen sah. "Kannst du es nicht noch mal versuchen? Bitte..." Wenn er sich nur etwas mehr Mühe gab, käme er vielleicht durch. Und wenn nicht.. "Ansonsten.. hoffen wir einfach, dass sie sich durch den Alkohol nicht erinnert.." So wie Noah anfangs der Meinung war. Ich konnte nicht zulassen, dass er einen Menschen tötete und schon gar nicht Timothy's Schwester! "Bitte...", hauchte ich noch einmal und hoffte, ihn beschwichtigen zu können. Er musste ja nicht unbedingt alle Erinnerungen entfernen, sondern nur die, wo sie sehen konnte, dass die Frau und Nick Vampire waren. Dank ihres Rausches wäre so eine Erinnerungslücke nicht fragwürdig. "Versuch nicht alles zu löschen, nur die relevanten Erinnerungen..."
      Ich ließ mich wieder neben Ellie nieder, als Noah einen erneuten Versuch startete und eine Hand auf die von Ellie, die auf ihrem Bein lag und die andere auf Noah's Schulter, um ihn zu beruhigen. Wenn es wirklich nicht klappte, würde uns schon irgendetwas einfallen.
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      - Eugene Ionesco
    • Noah

      Auf Nicks Knurren, wie das eines räudigen Köters, hörte ich nicht. Erst als sich Samantha vor mich stellte und ihre weichen Finger meine Brust berührten, schienen meine Gesichtszüge wohl weicher, denn der Groll darüber, dass sie einen Menschen, die von Vampiren wusste, hier her schleppten, mir den Abend ruinierten und sich dazu aufspielten, als hätten sie auch nur ein Wort zu sagen, wich allmählich, war aber noch nicht vollends erloschen. Dennoch schien ich sehr reserviert, als ich kurz meine Hände auf die von Samantha legte, sie drückte, und sie sich dann zu dem bedauerlichen Menschenkind zurückzog. Was sie doch ein trauriger Anblick war, auch wenn sie mich nicht im Geringsten kümmerte. Eindringlich sah ich zu Nick, wenn auch nur für einen Moment. Für gewöhnlich waren ihm die Menschen ebenso egal wie mir. Er ging zwar nicht ganz so rabiat vor, aber der einfachste Weg - und das wusste Nick auch - war, sie zu töten. Manche Menschen, auch wenn es meistens ältere Menschen waren, die mit beiden Beinen im Leben standen, viel Lebenserfahrung aufwiesen, auch wenn es lächerlich war, dies zu betiteln, wenn man ewig lebte, hatten eine zu starke Willenskraft, um sie zu kontrollieren. Für eine junge Frau... keine Ahnung, wie alt sie war... 18, 19 vielleicht, war es mehr als unüblich, eine so starke Willenskraft zu besitzen. Aber ohne mir weiter den Kopf zu zermatern, hockte ich mich ein erneutes Mal vor die Blondine, die wieder begann, vor sich hin zu dämmern. "Hey! Aufwachen, Blondie!", fuhr ich sie scharf an, was sie kurz wieder erwachen ließ. Durch ihre glasigen Augen sah sie mich an. Wenig aufmerksam, aber hauptsache unsere Blicke trafen sich. Abermals drang ich in die Welt ihrer Erinnerungen ein, warf meine Tentakel wie Fangarme aus. Dieses mal funktionierte es. Ich pickte mir jene Erinnerung heraus, die wichtig war. Die wunderschöne Frau mit dem braunen Teint, dem pechschwarzen haar und dem verführerischen Blick. So deutlich wie ein Film spielte sich jene Szene vor meinem inneren Auge ab, die zeigte, dass unser Blondchen die Bar mit einem Typen verlassen hatte. Kurz darauf folgte die Vampirin. Sie vertrieb die Witzfigur und war gerade dabei, ihre Fangzähne in den Hals ihres wehrlosen Opfers zu bohren, als unser lieber Nick in stählerner Rüstung zur Rettung eilte... wie süß. Hatte er wirklich abgelehnt, sie zu vögeln? Oh man, was war nur aus ihm geworden!? Ich schloss meine Augen und spürte, dass die Erinnerung an jene Unbekannte erloschen war, genauso wie jene Erinnerung an das Gespräch danach, welches sie mit Nick geführt hatte. Ich sah auch, dass die Fremde wiederkommen und sich Ellie, so hieß sie wohl, schnappen wollte. Somit machte es meines Erachtens wenig Sinn, sie am Leben zu erhalten.
      Wieder presste ich meine Augen zusammen. Diese Gabe kostete viel Kraft, und da ich nicht, wie andere Vampire, den lieben langen Tag damit verbrachte, an meinen Fähigkeiten zu arbeiten, sondern das Leben viel lieber in vollen Zügen genoss, kostete es mich noch immer viel Kraft. Aber es war vollbracht. Ab dem Betreten der Bar, welche nur ein paar Stunden zurücklag, sah ich keinerlei Erinnerungsfetzen mehr. Es war so, als wäre sie der Dame in Rot nie begegnet. Doch bei dem Einsatz meiner Gabe, spürte ich etwas. Sam berührte mich und zeitgleich Ellie. Es fühlte sich an, als wäre ein Kribbeln durch meinen Körper gezogen, wie kleine, schmerzlose Stromschläge. Hatte sie etwas damit zu tun, dass die Gabe beim zweiten Versuch funktionierte? Hatte sie auch etwas gespürt? Ich schaute das bedauerliche Ding an, das zweifellos kurz davor war, mein Sofa mit ihrer Kotze zu beflecken. Ich stand auf und sah finster zu Nick. "So... bitteschön."
      Ich wandte mich ab, nahm wieder auf dem Sessel Platz, griff nach meinem Glas, welches ich mir abermals auffüllte und locker in meiner Hand schwenkte. "Ich habe keine Ahnung, was ihr an diesem jungen Ding findet - vorallem du, Nick. Aber euer komischer Gerechtigkeitssinn wird uns irgendwann alle umbringen. Ich sah in ihrer Erinnerung die Vampirin... Sie ist stark. Stärker als wir alle, auch wenn ich es nicht zugeben will. Sie wird zurückkommen, und sie wird sich euren Schützling greifen. Demzufolge war dieses ganze Szenario hier völlig überflüssig."
      Ich nippte an meinem Glas und lehnte mich locker zurück. "Und jetzt nehmt sie gefälligst von dem Sofa, bevor sie alles vollkotzt!", zischte ich wütend, als ich sah, dass sich die Hautfarbe der Blondine langsam von dem fahlweiß in ein leichtes Grün färbte.

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    • Nick

      Die Stille war kaum zu ertragen und ich wusste nicht, ob es dieses Mal funktionieren würde, aber ich hoffte es. Als Noah aufstand, sah ich kurz zu ihm hoch und folgte ihm mit meinem Blick. Was ich an ihr finde? Sie war eine Unschuldige und ich glaubte auch nicht, dass die Vampirin es wirklich auf sie abgesehen hatte, sondern eher auf mich. Auf uns. Sie könnte sich jeden Menschen schnappen, doch hat sich für Ellie entschieden, weil sie wusste, dass ich sie beschützen würde. Warum? Weil sie mir irgendwie leid tat, schätze ich.. Ich wusste es nicht.. Ich konnte sie nicht einfach sterben lassen und wollte auch nicht, dass sie diesen Abend bereuen würde, wenn sie mit irgendeinen Typen oder mir schlief. Daran sah ich nichts falsches.
      "Danke..", brummte ich etwas widerwillig und hob Ellie schnell hoch, um mit ihr nach draußen zu verschwinden. Ich wollte Noah's Gastfreundschaft nicht länger strapazieren, als nötig. Außerdem würde Ellie so nur die Straße verunreinigen, um die sich der häufige Regen schon kümmern würde.

      ______

      Samantha

      Ich war angespannt. Ich hoffte, betete, dass es dieses Mal funktionieren würde. Dabei hatte ich keine Ahnung, dass mein Wunsch es war, der Noah zum Erfolg führte und so sah ich überrascht, aber erleichtert zu Noah, als er sich erhob. Was für ein Glück. Wie hätte ich sonst Timothy unter die Augen treten sollen, wenn wir seine Schwester auf dem Gewissen hätten?
      Seufzend sah ich Nick hinterher und drehte mich zu Noah um. "Danke..", hauchte ich sanft und wirklich dankbar. "Es tut mir leid, dass wir deinen Abend ruiniert haben..", entschuldigte ich mich höflich, auch wenn ich nicht ganz verbergen konnte, dass mir sein Damenbesuch nicht sehr gefiel.
      Bisher wussten nur Nick und Noah, wie stark die Vampirin war, was mich etwas beunruhigte. Hatten wir dann überhaupt eine Chance? Sollten wir das Gespräch suchen oder uns einfach verdrücken und ihr freie Bahn lassen? "Würdest du.. mich morgen Abend begleiten?", fragte ich etwas hilflos und wandte meinen Blick von ihm ab, um mir sein Wohnzimmer anzusehen, Hauptsache nicht ihn. "Ich muss versuchen diese Frau zu finden.." Auch wenn sie stark war, würde sie uns nicht einfach so angreifen. Gerade weil sie so stark war, war sie sicher auch sehr klug und mit klugen Menschen - oder Vampiren - konnte man meistens sehr gut reden.
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      - Eugene Ionesco
    • Noah

      Ich sah Nick hinterher, als er mein Haus verließ, im Schlepptau das Blondchen. Dann warf ich meinen Blick zu Samantha, bevor ich den Rand des bauchigen Glases wieder an meine Lippen führte. Überrascht zogen sich meine Augenbrauen in die Höhe. Warum fragte sie ausgerechnet mich? Eigentlich waren sie und Nick doch das Dreamteam. David hätte sie auch fragen können... aber nein. Mir blieb wirklich nichts erspart. Doch selbst, wenn sie mich nicht gefragt hätte, wäre ich ihr vermutlich sowieso gefolgt, um ihren hübschen Arsch wieder mal aus irgendeinem Disaster zu ziehen. Grummelnd richtete ich mich auf und stellte das Glas auf dem Wohnzimmertisch ab, bevor ich mich erhob und zu ihr hinab schaute. Sie schien so klein und zerbrechlich im Gegensatz zu mir. "Nichts würde ich lieber tun", antwortete ich ihr voller Ironie. "So, also, wenn du dann nicht bleiben möchtest, um diesen Abend wieder gerade zu biegen, würde ich dich bitten, zu gehen."
      Mein Blick wirkte stählern, wenig amüsiert darüber, dass ich nun den ganzen Abend allein hier hocken konnte. So scharfe Ladies wie die beiden, würde ich nicht mehr auftreiben. Nicht mehr heute Nacht.

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    • Samantha

      Als er aufstand und mir meine Frage beantwortete, hatte ich sie fast schon wieder bereut. Davon abgesehen, dass die anderen keine Zeit hatten - ihre Jobs waren zwar nicht wichtiger, aber für's Erste wollten wir nicht alles wegwerfen - war Noah viel stärker als Nick und fast genau so stark wie David. Eine andere Wahl hatte ich also nicht.
      Mein Mund öffnete sich, nachdem er mich bat zu gehen - oder auch zu bleiben? - doch ich sagte nichts. Er glaubte doch wohl selbst nicht, dass ich ihm heute verfallen würde, nachdem ich ihn mit den Frauen gesehen hatte. Außerdem schienen die beiden.. erfahren zu sein.. Was sollte ich ihm also schon bieten können? Dennoch hing mein Blick kurz an seinem recht muskulösen Körper. Attraktiv war er ja, doch mir gefiel sein Inneres einfach nicht.
      "Tut mir leid..", entschuldigte ich mich noch einmal und sah wieder in seine Augen. "Hol' mich um 18 Uhr ab, okay?" Ich lächelte noch einmal entschuldigend und etwas beschämt, ehe ich mich umdrehte und Nick folgte.

      ___________

      Nick

      Während ich auf Samantha wartete, kümmerte ich mich um Ellie. Ich konnte Noah's Reaktion schon nachvollziehen, wobei ich auch eher dafür war, Opfer zu vermeiden, wenn es möglich war. Als meine 'Schwester' kam, saßen Ellie und ich bereits im Auto. Wir sagten nicht viel auf der Fahrt, erst als ich vor unserer Wohnung hielt und den Motor abstellte. "Sie schläft heute wohl besser bei uns." Ich hatte immerhin keine Ahnung wo sie wohnte, auch wenn Sam es herausfinden könnte, doch ich wollte sie nicht noch länger durch die Gegend schleppen und ihr Ruhe gönnen.
      Also brachte ich Sam in unser bescheidenes Apartment im 1. Stock und gab ihr noch etwas Wasser zu trinken, bevor sie sich in mein Bett legte. Ob sie zum ersten Mal so betrunken war? Das würde sie morgen früh mit Sicherheit bereuen.
      Mein Schlafzimmer war recht klein, kleiner als Sam's, doch ich brauchte auch nicht viel. Ein gemütliches, großes Bett mit einer Breite von 1,40m. Einen zweitürigen Schrank, in den all meine Sachen passten und ein kleiner Schreibtisch, an dem ich eigentlich so gut wie nie saß. Im Gegensatz zu meiner Mitbewohnerin hielt ich mein Zimmer schlicht. Ein dunkler Laminatboden, den es in der ganzen Wohnung gab und weiße, eher trostlose Wände. Kein Bild schmückte diese Wand und auch sonst gab es nichts dekoratives in meinem Zimmer.

      Anders als das Wohnzimmer, in das ich mich verdrückte. Ich entschied mich dazu wachzubleiben und verbrachte die Nacht mit Nichtstun. Ich lag einfach nur auf dem Sofa und starrte an die Decke. Langweilig, ich weiß. Aber um die Uhrzeit könnte ich nicht mal auf meiner Gitarre, die neben dem Bücherregal am Fenster stand, spielen. Auch nicht auf dem Klavier, das diesem gegenüber stand. Der Fernseher stand in der Mitte, zwischen zwei Fenstern und unsere Couch trennte den Raum vom Koch- und Essbereich, den wir eigentlich sowieso nie nutzten. Unser Kühlschrank war leer und lediglich die Schränke mit Geschirr und Besteck bestückt, um es nicht ganz so aussehen zu lassen, als wäre das ein unwichtiger Ort für uns.
      Der Esstisch war ein kleines Quadrat, der hinter dem Sofa stand und an dem 4 Stühle standen. Darauf stand eine breite, aber nicht sehr hohe Schüssel - gut, es war eher ein Blumentopf in der Form einer Schüssel - mit einem Arrangement aus unterschiedlichen Sukkulenten. Hier hatte Sam sich etwas ausgelebt. Es gab hier und da noch andere Zimmerpflanzen und die Wände waren auch mit ein paar Fotografien von Landschaften geschmückt.

      Als der Morgen endlich kam, ging ich eine Kleinigkeit einkaufen, um unserem Gast ein Frühstück anbieten zu können. Sam war zur Arbeit gegangen - warum auch immer sie an einem Samstag arbeiten musste. Da Ellie jedoch immer noch schlief, setzte ich mich an das Klavier und schlug die Tasten ganz sanft an, sodass sie nur leise Töne von sich gaben. Ich mochte nicht nur Rockmusik, sondern auch klassische Musik und da ich eher in nachdenklicher und besorgter Stimmung war, spielte ich heute eben auf dem Klavier, um diesem ruhige Melodien zu entlocken.
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      - Eugene Ionesco

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    • Noah

      "Na sicher", brummte ich Sam hinterher. Ich dachte mir ja schon, dass sie nicht bleiben würde. Ob sie mir das mit den beiden Frauen übel nahm? Einen Tag nach meinen aufrichtigen Worten? Kurz hatte es so den Anschein in mir geweckt... doch was grübelte ich schon wieder herum? Ich war ja schon fast so schlimm wie mein melancholischer "Cousin". Bald würde ich auch die Saiten meiner noch nicht vorhanden Gitarre zupfen, wie eine Harvenspielerin, und über das ewige Leben nachdenken, und was man Gutes auf der Welt vollbringen konnte, damit der eigene Name auch ja nie in Vergessenheit geriet. Kopfschüttelnd und in gewisser Weise auch enttäuscht über mich selbst, dass Samantha mir einfach nicht aus dem Kopf gehen wollte - ich sogar bereit war, mein federleichtes Leben aufzugeben, um ihr die ewige Treue zu schwören -, ließ ich mich auf das große Bett inmitten meines Schlafzimmers fallen und starrte an die Decke. Durch das offene Balkonfenster zog ein kalter Luftzug hinein. Ich hörte dem Rauschen des Meeres zu, während ich Samanthas Gesicht so deutlich vor mir sah, als wäre sie geblieben.

      Ellie

      Sonnenstrahlen kitzelten meine Nase. Langsam, wenn auch etwas widerwillig, öffnete ich meine Augen. Es dauerte einen Moment, bis ich realisierte, dass ich nicht in meinem eigenen Bett lag. Meine Augen weiteten sich, als ich steif wie ein Stock, wenige Sekunden darauf, im Bett saß. In irgendeinem Bett. Oh mein Gott! War es wirklich geschehen!? Und vorallem: mit wem!? Ich sah mich in dem etwas kahlen Zimmer um. Außer dem großen Bett, dem Kleiderschrank und dem Schreibtisch, gab es hier nichts zu sehen. Durch die Jalousien fiel gedämmtes Licht ins Innere. Langsam senkte ich meinen Blick, schlug die Decke von mir, als hätte eine riesige, flauschige Spinne darauf gesessen. Erleichterung machte sich in mir breit, als ich sah, dass ich noch voll bekleidet war. Das schwarze Kleid schien etwas zerknittert, aber es vertrieb die Gedanken, meine Jungfräulichkeit im besoffenen Zustand verloren zu haben, und mich nicht mal mehr daran erinnern zu können. Ich seufzte, bevor ich mir an die Schläfe fuhr. Diese fürchterlichen Kopfschmerzen! Leise stöhnend setzte ich mich an den Bettrand und ließ meine nackten Beine nach unten baumeln. Dann hörte ich plötzlich ein wunderschönes... Klavierspiel? Ich runzelte die Stirn, was meine Verwirrung deutlich machte. Vorsichtig rutschte ich vom Bett und schlich mich auf leisen Sohlen zur Zimmertür, die ich einen Spalt öffnete und hinausschaute in den offenen Wohnbereich. Ich fuhr mit meiner flachen Hand zu meinem offenen Mund, um keinen Schrei auszustoßen. Nick! Oh mein Gott! Was ist geschehen!? Egal wie sehr ich versuchte, mich an den gestrigen Abend zu erinnern... es funktionierte nicht. Ich wusste nur noch, dass ich mit Naomi in unsere Bar ging, wir Nick trafen, der dort als Barkeeper arbeitete. Und dass ich mich mit irgendeinem Typ unterhielt. Das wars. Ab diesem Moment nichts mehr. Und dann traf mich eine Frage wie ein Stich ins Herz: War Naomi okay!? Schnell sah ich mich im Zimmer um, erblickte meine Tasche neben dem Bett und griff sofort nach ihr. Es war noch alles darin zu finden. Auch mein Handy, dass mit 16% Akku zum Glück noch genug Kraft bot, um mir die unzähligen Nachrichten zu offenbaren, die mir Naomi seit gestern Abend geschickt hatte. Fünf verpasste Anrufe, diverse Sprachnachrichten.
      Schnell antwortete ich ihr, denn ich wollte nicht, dass sie sich unnötigerweise Sorgen machen musste.
      Hey Süße, mach dir keine Sorgen - mir gehts gut! ☺️ Habe gestern wohl etwas tief ins Glas geschaut... Nick hat mich mitgenommen. Ich rufe dich später an. Ellie
      Ich steckte das Handy nach dem Absenden in meine Tasche, ließ diese wieder auf den Boden fallen und ging zur Zimmertür. Nick hatte wahrlich Talent, was das Klavierspielen betraf. Ich liebte das Klavier. Dessen Klänge hatte stets etwas beruhigendes und schaffte es, eine Magie nach außen zu tragen, wie es sonst nur wenige Instrument vermochten. Vorsichtig, wie eine Katze auf Samtpfoten, schlich ich mich hinaus. Gerne hätte ich mich vorher etwas frisch gemacht, doch da ich nicht wusste, wo sich das Badezimmer befand, trat ich so auf Nick zu und blieb hinter ihm stehen. Ich sah zu, wie seine Finger sich gekonnt über die Tasten schwangen und jeder Druck seiner männlichen Finger, einen Ton, wundersamer als der vorherigen, erlauten ließ. "Du hast wirklich Talent...", sagte ich leise und verschränkte die Arme schützend vor meinem Körper, während sich ein Lächeln auf meine Lippen legte.

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    • Nick

      Ihre Bemühungen möglichst leise zu sein, waren völlig umsonst. Sie hätte sich genau so gut wie ein Elefant im Porzelanladen aufführen können. Dennoch unterbrach ich mein Spiel nicht und gab ihr die Zeit, die sie brauchte, um sich näher an mich zu trauen. Auch als sie hinter mir stand, setzte ich mein Spiel der wundervollen Mondscheinsonate fort. Ich kannte auch muntere Lieder, doch irgendwie spielte ich meistens etwas sinnliches oder melancholisches auf dem Klavier.
      Ein Schmunzeln legte sich auf meine Lippen, als sie mir ein Kompliment machte. Wenn sie wüsste, dass ich schon vor 400 Jahren gespielt habe.. Damals jedoch in einem feinen Sakko und heute in einer einfachen Jeans und einem grauen Shirt. "Findest du?", fragte ich leise und ließ meine Finger weiterhin sanft über die Tasten gleiten, um das Stück bis zum Ende zu spielen. "Wie geht es dir?" Am Klavier kam mein altes Ich zum Vorschein, dass mich zwar stets begleitete, jedoch von dem lässigen Barkeeper überspielt wurde. Ich war damals wirklich sehr beliebt bei den Damen - was heute wohl auch zutreffen mochte - und gehörte wohl zu den anständigsten Adligen überhaupt. Besonnen, zuvorkommend und vermutlich etwas zu hilfsbereit. Immer etwas ruhig, aber doch selbstbewusst. Beth liebte es, wenn ich ihr etwas vorspielte. Sie war so eine wundervolle Frau, die sich langsam in mein Herz geschlichen hatte. Meine Ehefrau - aus arrangierter Ehe - konnte wie andere Frauen einfach nicht darüber hinweg sehen, dass ich eine Affäre mit einem einfachen Mädchen, einer Magd hatte. Sie war uns beiden so nahe und doch ließ sie Beth aus Eifersucht eiskalt umbringen.. Wäre ich ihr damals nur gefolgt, würden mich meine Schuldgefühlte nicht seit Jahrhunderten plagen. Ich hätte mit ihr durchbrennen sollen, doch damals war das nicht so einfach wie heute. Oder doch? Ich wusste nicht wie es war, als Mensch in der heutigen Zeit zu leben.

      ______

      Samantha

      Ich ließ Nick nur ungern allein, doch er käme schon mit Ellie zurecht. Er brauchte mich nicht, auch wenn ich mir Sorgen um das Mädchen machte. Die Freude darüber, Timothy heute wiederzusehen, erfüllte mich erst wieder, als ich die Redaktion betrat und seinen einzigartigen Duft wahrnahm. In diesem Moment vergaß ich meine Sorgen für eine Weile und kam lächelnd in sein Büro, nachdem ich kurz angeklopft hatte. "Guten Morgen..", hauchte ich sanft, zu sanft, da ich mich von meinen Gefühlen mitreißen hatte lassen. Ich betrachtete sein Gesicht und atmete tief ein. Ohne darüber nachzudenken, hatte ich ihn einfach zu einem Date eingeladen. Das schlimme daran war, dass ich es wieder tun würde. Wieder und wieder. Ich konnte nicht aufhören an ihn zu denken, nachdem wir Ellie zu uns genommen hatten. Wenn ich nicht aufpasste, wäre ich verloren. Oder war ich es bereits? Nein, ich war ihm noch nicht gänzlich verfallen, denn ein Teil in mir wehrte sich noch und dachte gelegentlich daran, sich in Noah's Arme zu flüchten. Eine.. Beziehung mit Noah würde mich vielleicht vor Timothy's Charme beschützen. Allerdings war Noah nicht das, was ich suchte. Das konnte ich gestern Abend ja mit eigenen Augen sehen.

      _______

      Amber

      Nachdem ich aus dem Flieger gestiegen war, streckte ich mich ausgiebig und wartete auf meinen Koffer, der gerade so in den recht kleinen Kofferraum meines Ford GT passte, der die gleiche auffällige Farbe wie meine Haare hatte. Ich hatte eine Schwäche für schnelle, sportliche Autos und liebte mein Baby über alles. Wie ich es mir mit 24 leisten konnte? Nun.. Meine Großeltern waren sehr wohlhabend und dann kam ich und begann eine Ausbildung zur Kfz-Mechanikerin. Granny hatte mich immer unterstützt und war vermutlich froh, dass ich keine verzogene Göre geworden bin, die sich auf den Lorbeeren ihrer Familie ausruhte. Tatsächlich ging ich dem Job nur zum Spaß nach, denn ich besaß auch ein richtig schnittiges Häuschen am Meer, auf dessen Hof ich gerade fuhr. Meine Musik, gerade hatte ich Lust auf Heavy Metal, war nicht zu überhören, was die Nachbarn schon von mir gewohnt waren.
      Als ich ausstieg und zum Kofferraum ging, bemerkte ich, dass das Haus nebenan offenbar einen neuen Besitzer hatte und heilige Scheiße! Der Maserati war ja mal abgefahren! Ich konnte meinen Blick kaum abwenden, doch ich brachte meinen Koffer ins Haus und zog mich um. In meiner Freizeit trug ich gern lässige Kleidung und Hoodie, aber auch Latzhosen, die ich jetzt gerade trug, wobei ich nur einen Träger auf meinen Schultern trug und den anderen herunter hängen ließ. Darunter trug ich ein enganliegendes, bauchfreies Top in weiß.
      Es war mitten am Tag, da beschwerte sich eigentlich niemand, wenn ich die Musik in der Garage aufdrehte und mich um mein Goldstück kümmerte, dass ich zwei Wochen nicht gesehen hatte. Zwei Wochen in Spanien, die mir einen gesunden Taint verliehen hatten. Herrliches Wetter, aber ich war auch froh wieder zuhause zu sein. Es war gerade sogar trocken und die Sonne schien an diesem Mittag.
      Vorsorge ist besser als Nachsorge, weshalb ich meinem Schatz immer gern unter die Haube schaute. Doch zuerst reinigte ich die Scheiben mit einem Schwamm und trocknete sie, wobei ich meine Hüften zum Rhythmus der Latino Musik bewegte. Auch die ganzen widerlichen Kadaver von Mücken, Fliegen und sonstigen Insekten, die einem auf der Schnellstraße die ganze Front einsauten, entfernte ich sorgfältig. Als der Motor abgekühlt war, öffnete ich die Motorhaube und überprüfte - mal wieder - ob noch alles fein war. Meine Haare hatte ich auf die schnelle zu einem lockeren Zopf gebunden, der nach vorn über meine Schulter fiel. Ich liebte Motoren und hatte kein Problem damit mich schmutzig zu machen. Was ich noch mehr liebte als meinen GT war mein Motorrad. Es war ein ganz anderes Gefühl nur auf zwei Rädern zu fahren und sich in die Kurven zu legen. Wundervoll.
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      - Eugene Ionesco

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