Don't fall in love with a human (Kiimesca & Nordlicht)

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    • Benjamin

      Amber leistete meiner Bitte Folge und zeigte mit dir komplette Villa. Manche Räumen waren fast leer, und es schien mir, dass sie nur die Nötigsten wirklich bewohnte. Jeder Zimmer sah aufgeräumter und sauberer aus als das darauf folgende. Wahnsinn. Das schaffte sie doch neimals alleine, dachte ich mir, als wir von Zimmer zu Zimmer gingen. Sicher hatte sie eine Angestellte für die Hausarbeit... oder zwei. Ich war eigentlich nicht für eine altertümliche Rollenverteilung. Die Frau musste nicht am Herd stehen und eine reine Hausfrau und Mutter sein. Und der Mann musste nicht nur auf der faulen Haut liegen, wenn er von der Arbeit nach Hause kam. Ich mochte starke, emanzipierte Frauen. Das war irgendwie... sexy. Und mal ehrlich. Diese Bude konnte man niemals im Alleingang, neben einem Berufsleben, sauber und aufgeräumt halten. Als letztes kam der Raum mit dem Whirlpool und der daneben gelegenen verhältnismäßig kleinen Sauna. Es gab wirklich nichts, was es in dieser Villa nicht gab. Wirklich beeindruckend, auch wenn es für meinen Geschmack ein klein wenig to much war. Aber ich schätzte, dass man sich an einen gewissen Luxus gewöhnte konnte, vorallem wenn man es nicht kannte, wenn man - so wie Amber - hineingeboren wurde. Bei all dem Luxus schien sie aber mehr als bodenständig geblieben zu sein, was mich sehr erfreute.
      "Sogar einen Whirlpool... und eine Sauna. Ich glaub's ja nicht. Dann ziehen Hailey und Avery morgen vermutlich in ihren ganz persönlichen Himmel auf Erden", schmunzelte ich bei dem Gedanken an die Gesichter der beiden, die von dieser Bruchbude in dieses grandiose Bauwerk zogen. Es als gegensätzlich zu betrachten wäre völlig untertrieben.
      "Danke, dass du mir alles gezeigt hast, Amber. Es ist wirklich sehr schön hier", sagte ich am Türrahmen stehend und schaute zu ihr herab. ich ging stark davon aus, dass die Führung hier endete.

      Ellie

      Aufmerksam lauschte ich seinen Erzählungen. Von seiner Kindheit, seinen Geschwistern. Und sofort überkam mich der Wunsch, auch den Rest seiner Familie kennenzulernen, auch wenn es dafür natürlich noch viel zu früh war. Hier und da stellte ich ein paar Fragen und fand so einiges über Nick und seine Marotten heraus, die ihn aber nur noch perfekter machten. Nach seiner Erzählung sah ich in den Himmel und spürte, wie vereinzeote Tropfen meine Nasenspitze berührten. Doch der Regen, der von Minute zu Minute stärker wurde, störte mich nicht weiter. Es war warm. Und sommerliche Regentage konnten durchaus schön sein. Ich lächelte, während ich mich nach hinten lehnte, aber das kalte Metall nicht los ließ. "Ich mag den Sommerregen", lächelte ich mit geschlossenen Augen und störte mich auch nicht an meinen nassen Haaren, die nun fast den Boden berührten, so weit hatte ich mich nach hinten gelehnt. Kurze Zeit später setzte ich mich aber wieder aufrecht hin und sah zu Nick. Ich erhob mich, ging zu ihm herüber, legte beide Hände an seinen Hals und sah in diese unwiderstehlichen Augen. In diesem Augenblick, als der Regen so auf uns herab prasselte, fühlte ich mich ihm näher als je zuvor. Ging es ihm ähnlich? Sein herber, angenehmer Duft stieg in meine Nase und ließen die Schmetterlinge in meinem Bauch keine Ruhe finden. Ich spürte die Haarsträhnen, die an meiner Wange und an meiner Stirn klebten, und die einzelnen Wassertropfen, die über mein Gesicht rannen und an meinem Kinn ihr Ende fanden. Dann presste ich meine Lippen auf seine. Es war kein zaghafter Kuss. Nein. Er war stürmisch und leidenschaftlich. Voller Sehnsucht und gefüllt mit Begierde. Viel zu lange habe ich auf diesen "perfekten" Moment gewartet. Für mich war er das auf alle Fälle.

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.
    • Amber

      Ich lachte leise und verschränkte die Arme vor der Brust, als er meinte, dass meine neuen Mitbewohner wie im Himmel fühlen würden. Ich hoffte doch sehr, dass sie sich hier wohl fühlen würden. Und vielleicht würde ich mich dann auch nicht mehr ganz so einsam fühlen. Etwas mehr Leben im Haus könnte jedenfalls nicht schaden. "Meinen Lieblingsort kennst du noch nicht..", schmunzelte ich und ging an ihm vorbei. "Abgesehen von der Küche natürlich, wo es einen schier unendlichen Vorrat an Keksen gibt..", meinte ich, als ich mich kurz zu ihm herumdrehte und weiter ging. Romina backte immer wieder neue Kekse, wenn ich sie alle aufgegessen hatte. Das war wirklich ein Luxus, auf den ich nur schwer verzichten könnte. Mein Weg führte durch das Wohnzimmer auf die großzügige Terrasse von der aus man schon einen tollen Blick auf das Meer hatte. Nur ein paar Meter weiter und man konnte seine Füße darin baden. "Ich liebe den Strand.." Genau wie meine Mutter, die für meinen Wohnsitz verantwortlich war. Dank der Überdachung blieben wir trocken, auch wenn ich es irgendwie mochte im Regen zu stehen. Ihm zuzusehen war jedoch auch irgendwie beruhigend.


      Nick

      Als der Regen begann, dachte ich, dass Ellie nun vielleicht schnell irgendwo Unterschlupf suchen wollen würde, doch ihre Aussage, dass sie den Regen mochte, brachte mich zum Lächeln. Ich betrachtete sie, wie sie ihn regelrecht zu genießen schien, als wäre er eine herbeigesehnte Seltenheit. In diesem Moment war sie noch so viel schöner. Dann kam sie jedoch zu mir rüber, ehe ich ihre Hände an meinem Hals spürte und in ihre glänzenden Augen blickte. Die Frage, ob ich sie jetzt vielleicht küssen dürfte, erübrigte sich, als sie mir zuvorkam. Ihre Lippen waren so unglaublich weich und zart, obwohl sie nichts anbrennen ließ. Ich legte meine Arme um sie und erwiderte den Kuss mit einer Leidenschaft, die ich seit Jahrhunderten nicht mehr verspürt hatte. Meine Hände lagen auf ihren Hüften und zogen sie auf meinen Schoß, ehe ich meine Arme um sie schlang und sie fest an mich drückte und hoffte, dass dieser Kuss niemals enden würde. Dieser Kuss war so viel besser als jeder Kuchen, den man mir hätte servieren können. Ja, sorry. Ihr wisst doch, dass ich ein Zuckerjunkie bin. Und Ellie war gerade das köstlichste Törtchen auf Erden. Okay.. das klingt creepy.. Vergesst das wieder.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco
    • Benjamin

      Überrascht darüber, dass die Führung wohl noch ihren Höhepunkt erreichen sollte, folgte ich ihr verwundert zur Terasse, von der aus man einen herrlichen Blick auf den Sandstrand und die rauschenden Wellen genießen konnte. Ich folgte ihrem Blick hinaus aufs Meer und warf kurz darauf einen unwillkürlichen Blick zum Nachbarhaus, in dem gerade ein Licht eingeschaltet wurde und dieser - aus den Augen der Frauenwelt betrachtet - unglaublich gutaussehende Typ vor der großen Fensterfront stand. Natürlich oben ohne und mit einer Jogginghose, die gerade so Halt auf seinen Hüften fand, um nicht gleich alles freizulegen. Auch wenn ich den Blick sofort wieder abwendete, spürte ich seinen durchbohrenden Blick auf Amber und mir. Ich spürte förmlich jeden Zug, den er von seiner Zigarette nahm. Doch ich versuchte, ihn zu ignorieren. "Ich kann verstehen, warum das hier dein Lieblingsort ist", sagte ich lächelnd und schaute abermals in die Ferne, die Hände in den Hosentaschen.

      Ellie

      Ich genoss das Spiel unserer Lippen. Und schnell wurder der Kuss intensiver... fordernder. Und das von beiden Seite. Irgendwie stimmte es mich froh, dass Nick mich offenbar genauso sehr wollte wie ich ihn. Ich für meinen Teil wollte diesen unbeschreiblich schönen Kuss nie wieder enden lassen. Doch irgendwann lösten sich unsere Lippen dennoch, auch wenn es nur kurz war, um Luft zu schnappen.
      "Kommst du-", begann ich, doch wieder trafen sich unsere Lippen. "mit mir-", und wieder. "nach-", und wieder. "Hause?", beendete ich meine Frage schmunzelnd gegen seine Lippen, während meine Finger seinen Nacken kraulten, als sei er irgendein weicher, schnuckeliger Pudel.

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    • Amber

      Etwas gedankenverloren starrte ich auf das Meer und sah erst zu Benjamin, als er etwas sagte. Dabei bemerkte ich auch meinen Nachbarn und wandte meinen Blick wieder aufs Meer. Ich hätte Noah nicht so schnell wieder aufgegeben. Dafür war er einfach zu unwiderstehlich. Aber nur weil ich gern Sex hatte, war ich deswegen ja nicht abhängig davon. Es wäre nett gewesen, einen 'festen' Partner dafür zu haben, von dem man weiß, dass man befriedigt werden würde. Dennoch fühlte ich mich bei Benjamin einfach um einiges wohler. Sex hin oder her.
      Ich holte mein Smartphone aus der Hosentasche, um die Uhrzeit abzulesen. Es war schon fast 9. Ob er wohl bald nach Hause gehen würde, fragte ich mich und sah aus den Augenwinkeln zu ihm rüber. Je besser es mir ging, desto anziehender wurde dieser bärtige Engländer. Ja, generell stand ich nicht so auf Bärte, aber bei Benjamin war es, warum auch immer, völlig okay. "Hey Benjamin..", begann ich und wartete darauf, dass er mich ansah. "Verbringst du die Nacht mit mir?", fragte ich, bewusst zweideutig, wobei mein Gesichtsausdruck auch nicht auf die eine Seite meiner Frage hindeutete. Es war auch okay, wenn wir wie bei der Hochzeit einfach nur schlafen würden. Die Entscheidung würde ich ihm überlassen. Wobei er auch einfach gehen könnte.. Naja, dann wär das so. Ich konnte ihn ja auch nicht ewig beanspruchen.


      Nick

      Ich war erfreut, aber auch überrascht darüber, wie schnell dieser Kuss ausartete, als sie mich fragte, ob ich mit ihr nach Hause käme. Jetzt saß ich wieder in der Falle, oder? Wenn ich jetzt Nein sage, ist sie gekränkt und denkt wieder, dass ich sie nicht attraktiv genug finde, oder? Und wenn ich mitgehe, könnte sie noch denken, dass das alles wäre, was ich von ihr will.. Wobei ich letzteres sicher irgendwie vermeiden könnte, indem ich einfach die Nacht bei ihr verbringe und mich am nächsten Tag bei ihr melde. Ja, ich würde ihr einfach eine Nachricht schreiben, bevor ich zur Arbeit müsste.
      "Gern..", hauchte ich zwischen unseren Lippen aus und stand mit ihr auf meinem Schoß auf, um sie noch einen Moment länger zu küssen, ehe ich sie widerwillig auf ihre Füße setzte und den Kuss unterbrach. Ein gesundes Mittelmaß.. Jetzt einfach mit den Händen in den Taschen neben ihr hergehen, wäre voll uncool. Sie nach Hause zu tragen wäre aber auch zu viel des guten. Deshalb schenkte ich ihr ein Lächeln, gab ihr noch mal einen kurzen Kuss und nahm ihre Hand, um mit ihr nach Hause zu gehen. Ich wusste nicht, ob wir jetzt schon ein Paar waren, aber es schien mir angemessen zu sein, ihre Hand zu halten.
      Plötzlich fuhr jedoch ein kalter Schauer über meinen Rücken und ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, aber für den Bruchteil einer Sekunde hatte ich Ava's Geruch wahrgenommen. Beobachtete sie uns? Aber wieso konnte ich sie dann bis auf diesen kurzen Moment nicht riechen? War das irgendein Trick? Solange sie nicht näher kam, musste ich mir keine Sorgen machen.. Doch ich machte mir Sorgen! Natürlich! Aber jetzt durfte ich Ellie erst Recht nicht allein lassen. Und man kann es mir wohl auch nicht verübeln, dass Ellie gewisse Gelüste in mir geweckt hatte.
      Deshalb setzte ich unseren Kuss nur zu gern in ihrer Wohnung fort. Ich roch niemanden, da Tim bei uns war. Immerhin etwas erfreuliches. Ich legte meine Hand an ihre Wange und drückte sie gegen die geschlossene Wohnungstür. Ob sie wirklich.. Ja, sie wollte.. So wie sie mich küsste, wollte sie mich. Daran bestand kein Zweifel. Doch ich wollte nicht wie ein Raubtier über sie herfallen, weshalb ich es vorerst bei dem leidenschaftlichen Kuss beließ, dem meine Zunge allmählich beiwohnte und mich hoffentlich nicht zu gierig wirken ließ.
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      - Eugene Ionesco

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    • Benjamin

      Hatte sie mich gerade gefragt, ob ich hier blieb? Ja, ich hatte mich offensichtlich nicht verhört. "Das würde-", doch bevor ich meine Zustimmung aussprechen konnte, bemerkte ich das Vibrieren in meiner Hosentasche. Ohne ein weiteres Wort griff ich nach meinem Handy, um den Anruf eines Kollegen nach einem kurzen "tschuldige" entgegen zu nehmen.
      "Ja? Okay... verstehe. Schon gut. Ja... ja... Ja, das passt. Okay. Bis gleich", verabschiedete mich von meinem Kollegen, doch nicht, ohne vorher ein schweres Seufzen ausgetoßen zu haben. "Tut mir leid, Amber. Ich wäre gerne noch ein Weilchen länger geblieben, aber es haben sich gleich mehrere Kollegen krank gemeldet. Und meine Kollegen wurden zu einem Einsatz gerufen. Die Dienstelle wäre nicht besetzt, daher muss ich einspringen...", musste ich ihr mitteilen. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass sich das Licht im Nachbarhaus ausschaltete, wohl wissend, dass dieser Aasgeier jedes Wort unseres Gesprächs gelauscht hatte. Ich trat einen Schritt auf Amber zu. Sanft legte ich eine Hand an ihre Wange - und glaubt mir, Leute... es war mir scheiß egal, ob dieser verdammte Blutsauger uns beobachtete. "Darf ich?", fragte ich, bevor ich irgendwelche Anstalten machte, sie zu küssen.

      Ellie

      Wir gingen zurück nach Hause. Und oben angekommen, spürte ich sofort wieder die hungrigen Lippen von Nick auf meinen. Gerne erwiderte ich das Zungenspiel, denn küssen, das konnte ich ganz gut... schätze ich. Jedenfalls gab es mehrere Jungs, mit denen ich intimer geworden war. So richtig intim nur mit Matt, aber die Geschichte kennt ihr ja schon. Ich hielt seinen Nacken, und auch wenn die Situation zwischen uns immer hitziger wurde, fühlte sich seine Haut noch immer überraschend kühl an. Doch so völlig von ihm, seinem Charme und dem angenehmen Duft seines Körpers angezogen, störte mich diese Kleinigkeit gar nicht. Sachte drückte ich ihn in Richtung meines Zimmers, steuerte auf das Bett zu und krabbelte auf ihn wie eine Raubkatze, die sich gerade ihre Beute vorknöpfte. Allmählich ließen wir Kleidung. Hier flog ein Oberteil, da eine Hose, stets begleitet von wilden, hoffentlich nie enden wollenden Küssen. Bis wir an dem Punkt mit der Unterwäsche ankamen. natürlich war ich wiedermal nicht vorbereitet. Trug langweilige schwarze Basic Unterwäsche. Doch war diese jetzt so wichtig? Ich hielt inne, als er so über mir lag und wir einander in die Augen schauten. Ich wollte ihn, das stand noch nie zur Debatte. Aber dennoch war ich... aufgeregt. War mir nicht zu verübeln mit einem Mann wie Nick, oder? Mein Atem geriet ins Stocken, als ich jeden einzelnen Herzschlag spürte, sie förmlich mitzählen konnte. Bum. Bum. Bum. Schnell. Und dennoch gleichmäßig.
      Sanft strich ich mit meinen Fingern über seine unbehaarte Brust, während mein Blick jedem Strich folgte. "Ich glaube... ich habe mich in dich verliebt", gestand ich ihm dann. Nicht, weil es jetzt gut zur Situation und in diese Schmonzetten passte, wie Tim es nun beschrieben hätte. Nein... einfach, weil mein Herz es mir sagte.

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.
    • Amber

      Würde klang fast danach, als wolle er sich herausreden, doch die Arbeit blieb ihm erspart, als er in genau diesem Moment einen Anruf erhielt. Irgendwie war ich enttäuscht, obwohl ich nicht hätte enttäuscht sein dürfen. Es war ja nicht so, als würde ich mich nach ihm verzehren. Was? Danach klang es aber? Nun.. Ja.. vielleicht. Ich weiß auch nicht. Es war nicht nur Sex, den ich von ihm wollte. Puh. Okay, jetzt war ich fast etwas erleichtert, dass er nicht bleiben konnte. Am Ende bekam er von mir noch den gleichen Eindruck wie ihr.
      Lächelnd zuckte ich mit den Schultern, als er sich bei mir entschuldigte. Mir lag schon ein Spruch auf den Lippen: Ein Held muss tun, was ein Held tun muss. Doch er blieb mir im Hals stecken, als Benjamin mir näher kam und ich seine warme Hand an meiner Wange spürte. Ich konnte nicht anders, als in seine Augen zu starren. Wow, sie waren.. Nein, nein. Das sag ich jetzt nicht. Darf er? Was darf er? Mich.. küssen? Einfach so? Und dann verschwinden? Wieso.. "Ja..", antwortete ich leise und wartete sehnsüchtig darauf, dass sich unsere Lippen berührten. Wieso schlug mein Herz so schnell? Ich war nicht nervös, ich war.. Ich freute mich über diese Frage.


      Nick

      Es beruhigte mich ungemein, dass Ellie so viel Initiative zeigte und mich in ihr Zimmer führte. Andernfalls würde ich mir die ganze Zeit Sorgen machen, ob ich es nicht etwas überstürzte. Aber sie wollte mich und Gott verdammt ich wollte sie auch! Das mit Naomi zählt nicht und davor war es.. keine Ahnung.. bestimmt 3 Jahre her oder so. Okay, für Vampire nur ein Wimpernschlag, aber für Menschen vermutlich eine Ewigkeit. Ihr Herzschlag war wie Musik in meinen Ohren, der ich den ganzen Tag lauschen könnte. Wie im Rausch hatten wir uns ja fast schon die Kleider vom Laib gerissen, ehe ich mich von ihren Lippen löste und in ihre blauen Augen sah. Ich wünschte, meine Haut wäre empfindlicher, um ein noch stärkeres Kribbeln unter ihren Fingern spüren zu können, doch das war einer der Nachteile am Vampirsein.
      Ich lächelte bei ihren Worten, nahm ihre Hand, die mich streichelte, sanft in meine und küsste ihren Handballen. "Damit machst du mich zum glücklichsten Mann auf der Welt.. denn ich habe mich auch in dich verliebt, Ellie..", sprach ich leise und sah dabei in ihre Augen. Das war jetzt vielleicht etwas kitschig, aber das war ich: glücklich. Nach all der Zeit war ich zum ersten Mal richtig glücklich. Noch immer mit einem Lächeln auf meinen Lippen beugte ich mich zu ihrem Hals, küsste diesen und bahnte mir den Weg zu ihrem Schlüsselbein, ehe ich sie von ihrem BH befreite. Es war mir wirklich egal, wie er aussah. Sie war wunderschön, daran konnte Unterwäsche nun auch nichts ändern. Ich lauschte jedem Atemzug und jedem Herzschlag, während ich ihre Brüste liebkoste, die nicht perfekter hätten sein können. Ich war nicht oberflächlich, aber ich stand nicht so drauf, wenn die Dinger einen fast ins Gesicht sprangen.
      Meine Lippen wanderten ihren Bauch entlang und meine Hände an ihrer Taille, ehe sie Ellie von dem letzten bisschen Stoff befreiten, der ihren Körper bedeckte. Ob sie noch.. Nein, Mädchen in ihrem Alter waren heutzutage nur selten Jungfrauen. Aber das war okay. Es war vielleicht nicht ihr erstes Mal, aber unseres. Auch wenn ich mehr als bereit war, verwöhnte ich sie erst mit meiner Zunge. Jedes leise Keuchen, nein sogar ganz normale Atemzüge, klangen so furchtbar erregend mit diesem feinen Gehör. Fluch und Segen zugleich.
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      - Eugene Ionesco
    • Benjamin

      Ihr Antwort brachte mich zum Schmunzeln. Langsam beugte ich mich ein Stück zu ihr herab und vereinte unsere Lippen zu einem kurzen, aber vertrauten Kuss, so als sei es der tausenste, den wir uns gaben. Dabei hielt ich die Augen geschlossen. Es dauerte nur einen Moment, aber mir kam es wie eine angenehme Unendlichkeit vor. Was war nur in mich gefahren? Was hatte dieser Kuss zu bedeuten? Begann ich, ernsthafte Gefühle für diese Frau zu entwickeln? Ich? Der knallharte Cop, der eigentlich mit diesem festen Beziehungsding abgeschlossen hatte? Kurz verharrte ich. Dicht bei ihrem Gesicht. So dicht, dass ich ihren warmen Atem spüren konnte. Dann ließ ich sie los, trat einen Schritt zurück. "Wir sehen uns. Wenn was ist, melde dich bei mir. Tag und Nacht. Okay?"
      Ich wartete auf ihre Zustimmung, bevor ich das Haus verlassen würde und meinen Dienst antrat... heute schon zum zweiten Mal.

      Ellie

      Nick war wirklich... unwiderstehlich. Die Schmetterlinge in meinem Bauch drehten nun völlig durch, als er zugab, meine tiefen Gefühle zu ihm zu erwidern. Glück, Liebe... es war viel mehr als leere Worte. So viel mehr als das.
      Die rasche Tat der heft'gen Liebe rannte. Der zaudernden Vernunft zuvor, murmelte ich die Worte gedanklich. Es war eines meiner Lieblingszitate dieses wundervollen Menschens, als Nick mein Schlüsselblein mit Küssen benetzte, bevor er weiter voranschritt, meine Brustwarzen liebkoste, weiter hinab meinen Bauch passierte, bis hin zu den tiefsten Gefielden. Ich konnte nicht anders, als meiner Lust eine Stimme zu geben und meine Finger in seinem vollen Haar zu vergraben. Ich stöhnte seinen Namen, windete mich vor Lust, voller Erwartung gleich meinen Höhepunkt zu ereilen. Doch kurz davor beendete Nick sein talentiertes Zungenspiel, was mir nur noch schwerer zum Keuchen brachte. Ich sah zu ihm herab, verwickelte ihn wieder in einen heißen Kuss, schlang meine Beine um seine Hüften, als gäbe es kein Morgen mehr.
      Wir verbrachten diese Nacht gemeinsam. Keine Sorge - wir hatten natürlich an Verhütung gedacht! Der gleiche Fehler wie bei Matt passierte mir kein zweites Mal. Vorsichthalber hatte ich darum ein paar Kondome in meinem Nachtischschränkchen gebunkert... nur für den Fall der Fälle. Dass ich mit Nick so schnell so intim werden würde... nun, das hatte ich nicht geglaubt. Aber, seht da. So lange musstet ihr nun auch nicht darauf warten. Es war jedenfalls das Schönste, was ich jemals mit einem Mann erlebt hatte. Kein Vergleich zu meinem ersten mal mit Matt. So lagen wir nun da. Völlig außer Atem, aber voller Glück im Herzen. Ich drehte den Kopf in Nicks Richtung und strahlte ihn zufrieden an.
      "Es war unglaublich...", sagte ich leise, so als hätte ich Angst, dass uns jemand hören könnte. Ich drehte mich zu ihm und kuschelte mich an seine Seite, während meine Finger über seinen Bauch strichen. Immer noch fühlte er sich kühl an. Woran das nur lag?

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.
    • Amber

      Oh Gott, ich fühlte mich wieder wie ein Teenager. Als wäre dies mein aller erster Kuss mit.. ihr wisst schon wen..
      Doch als seine Lippen endlich die meinen berührten, fühlte es sich plötzlich ganz anders an. Als würde er sich lediglich von mir verabschieden und mich nach seinem Dienst zur Begrüßung erneut küssen. Wieso nur.. Ich wollte mich nicht verlieben. Ich durfte mich nicht verlieben. Schon gar nicht in Benjamin. Für ihn hatte das alles doch gar keine Bedeutung. Das hat er doch selbst gesagt. Naja sozusagen.
      Ähem. Ich zitiere:
      Hör mal, Amber... wir sind erwachsene Leute. Wenn du das wiederholen willst und mehr... du kannst mich einfach fragen, weißt du?
      Seite 14, Beitrag Nummer 271, falls ihr noch mal nachlesen wollt.
      Das war doch eindeutig, oder etwa nicht?
      Und doch verharrte er vor meinem Gesicht, als könnte er sich nur schwer von mir trennen. Sein Atem. Sein Geruch. Seine Wärme. Es fühlte sich auf einmal so kalt an, als er von mir wich, nachdem ich meine Augen langsam wieder geöffnet hatte. "Okay... Bis dann..", hauchte ich leise und sah ihm nach, als er sich in Bewegung setzte. "Wie wär's mit Samstag?", rief ich rasch fast etwas zu laut hinter ihm her und ermahnte mich selbst dafür. "Wenn du noch nichts vor hast..", fügte ich etwas leiser hinzu und lächelte.

      Was war nur in mich gefahren? Samstag? Mein Geburtstag? Ne, ich mache nichts besonderes an meinem Geburtstag, aber ein Date? Es war doch ein Date, oder?
      Seufzend ließ ich mich auf das Sofa fallen und drückte mein Gesicht in ein Kissen. OMG. Kann mir jemand dieses dämliche Grinsen aus dem Gesicht wischen? Ja ich weiß, ich bin noch jung. Nur weil eine Beziehung für'n Arsch war, müssen es nicht alle sein. Bla bla bla. Nur weil ich Benjamin auf einmal doch ganz attraktiv fand, hieß das ja nicht, dass ich eine Beziehung mit ihm wollte. Außerdem gehören da immer zwei dazu, schon vergessen? Und habt ihr die ganzen hübschen Frauen gesehen, von denen er umgeben ist? Diese Alexis zum Beispiel. Die stand doch eindeutig auf ihn und er hat ihr auf den Arsch geschaut. Natürlich hab ich das gesehen, hab doch keine Tomaten auf den Augen. Und Noelle war da ja auch noch.

      Irgendwann kuschelte ich mit dem Keksglas auf dem Sofa und starrte auf den schwarzen Fernseher, während ich mir einen Cookie nach dem anderen reinstopfte. OMG, ich hab wirklich ein Date, wtf. Jaja, schon gut. Seid doch endlich ruhig. Ihr denkt doch sowieso alle, dass ich in ihn verknallt bin.. Das seh' ich euch an. Nur weil ich happy bin, dass wir am Samstag ausgehen? Oh Gott.. was sollte ich bloß anziehen?! Ganz ruhig.. Hailey zieht doch morgen hier ein, ich kann sie um Rat fragen. Ich werde einfach eine Auswahl an Kleidung bereitlegen und ihr vorführen. Das war doch n super Plan. Mädels unterstützen einander in solchen Angelegenheiten doch.


      Nick

      Ich hatte mich etwas zu sehr mitreißen lassen, befürchte ich. Doch sie schien zufrieden zu sein, schmiegte sich an mich und sprach es dann auch noch laut aus. Lächelnd gab ich ihr einen Kuss auf die Stirn, wobei mein Arm unter ihr und meine Hand an ihrem Hinterkopf ruhte. Die andere Hand spielte ein wenig mit ihren langen, blonden Haaren, die bei unserem Liebesspiel ein wenig zerzaust wurden, was sie unglaublich heiß aussehen ließ. "Du bist unglaublich, Ellie..", säuselte ich sanft und strich nun über ihre Wange, ehe ich ihre Lippen erneut küsste, doch dieses Mal zärtlich und liebevoll. Am liebsten würde ich dieses Bett und diese Frau nie wieder verlassen.



      ~ Dienstag, 04.06.2023

      Nick hat bei Ellie übernachtet. Interessiert doch keine Sau, wie sie die ganze Zeit miteinander kuschelten und all das. Wirklich interessant wird es doch erst wieder wenn Tim nach Hause kommt und die beiden sieht! Ah, er musste ja heute arbeiten.. Aber vielleicht geht er vorher noch kurz nach Hause! Wir sind gespannt, was sich Nordlicht einfallen lässt..
      Außerdem musste Nick ja selbst noch heute zur Arbeit. An seinem ersten Tag im Supermarkt sollte er schließlich nicht zu spät kommen.

      Sam hatte auch eine wundervolle Nacht mit ihrem Liebsten, von dem sie nicht genug kriegen konnte und alle anderen taten irgendwelche langweiligen Dinge, die man nicht extra erwähnen muss.


      Schauen wir doch lieber, was Amber so treibt..

      Ahhhh... seht sie euch an.. unser lebensfroher Rotschopf. Ihre gute Laune hielt immer noch an. Normalerweise würde sie ja heute zur Arbeit gehen, aber sie nahm sich einfach mal spontan frei. Wie? Weil sie es kann. Sie war ja nicht auf das Geld angewiesen, oder? Okay, so war sie nicht drauf, aber heute war eben der Einzug von Hailey und Avery.
      Jedenfalls sang sie fröhlich unter der Dusche, was nicht besonders ungewöhnlich ist. Romina backte Kekse, weil Amber sie alle aufgefuttert hatte. Solche Sachen eben.

      Wie? Ich brabbel doch nicht lustlos vor mich hin. Wer ich überhaupt bin? Na, Kiimesca. Die Erzähl- Ich soll damit aufhören? Ist ja gut. Schauen wir mal, wie Amber diesen Tag heute erlebt.

      Trommelwirbel...
      Amber

      Da wir momentan nicht in Arbeit untergingen, gab Tony mir sofort frei. Kein Problem, hat er gesagt. Ich wollte die Stunden zwar nacharbeiten, aber er sagte, ich soll's stecken lassen. Wenn der Chef das sagt. Ich wusste nicht, ob die beiden viel Zeug hatten, aber ich bezweifelte, dass der Umzug eine riesengroße Sache werden würde. Vermutlich konnte sie wegen des Schimmels eh das meiste entsorgen.
      Wie verabredet erschien ich mit einem kleinen Transporter vor ihrer Wohnung, nachdem Avery zur Schule gegangen war. "Hey, Hailey." Ich lächelte breit und gab ihr eine kurze Umarmung. So begrüßten sich Frauen doch. Vielleicht lag das immer noch an den ganzen Endorphinen, die gerade im Überfluss in mir herumtanzten. Ja, auch wegen Benjamin, aber nicht nur. Auch wegen Hailey. Ich hatte heute sehr viel vor. Zuerst bringen wir ihr Zeug zu mir und dann gehen wir shoppen. Die Zimmer waren leer und sie müsste sie ja irgendwie einrichten, wenn sie nicht ihre eigenen Möbel mitnehmen wollte oder konnte. Ich hab doch nur ihr Wohnzimmer gesehen, ich hatte keine Ahnung, wie die Schlafzimmer der beiden aussehen. Auf jeden Fall sollten sie alles, was sie benötigten bekommen. Um die Kosten müsste sie sich auch keine Gedanken machen. Und wenn Avery aus der Schule käme, könnte sie gleich ihr neues Zimmer bewundern. Es gab natürlich auch ein paar Helfer, die bestimmt in Windeseile die ganzen Möbel zusammen gezimmert hätten. Anschließend gönnen wir uns was leckeres zu essen. Romina wusste schon Bescheid, dass sie heute mehr kochen musste und natürlich auch in Zukunft. Danach könnten wir Eis essen gehen und vielleicht hatten sie ja auch Lust mit mir Kleidung shoppen zu gehen. Dabei könnte ich ja auch Ausschau nach etwas hübschem für Samstag halten.
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      - Eugene Ionesco

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    • Hailey

      Heute war also der große Tag, was? Der Tag, an dem sich so einiges für Avery und mich verändern sollte. Ihr denkt, es sei nur eine andere Bude? Nein, denn es war viel mehr als das! Zum einen hatte ich in Amber bereits sowas wie ne Freundin gefunden. Okay... eigentlich war dieses Tussi-Freundschaftsding - ich meine das, wenn Frauen immer so furchtbar grell quicken, als hätten sie sich ein ganzes Jahrhundert nicht gesehen - nichts für mich. Ich meine, klar, es war schön, jemanden zum Reden zu haben, keine Frage. Und ich hörte ganz gerne zu, gab Ratschläge, wenn und wo und wann es angebracht war. Aber wirkliche Freundinnen hatte ich kaum welche. Ich kam eigentlich immer ganz gut alleine zurecht. Saufen und Feiern konnte ich auch mit Kerlen. Von ihnen hatte ich deutlich mehr Freunde und Bekanntschaften. Nein! Nicht, was ihr jetzt wieder denkt! Echte Freundschaften. Kerle waren viel umgänglicher als die meisten Frauen es je sein könnten. Fand ich zumindest. Amber schien aber ganz dufte. Und sehr hilfsbereit, nicht wahr? Mal ehrlich... wer ließ denn eine Fremde mit ihrer minderjährigen Schwester bei sich wohnen? Einfach so? Das war schon echt heavy... aber auch unglaublich nett, schtätze ich. Naja, wie dem auch sei. Der Morgen brach schnell heran und nachdem ich Avery mit dem 'ach so tollen' Schlitten zur Schule gefahren hatte, sollte der Umzug auch schon starten. Mein Vermieter, dieser Schleimsack, war natürlich nicht begeistert, dass ich den Mietvertrag ohne Umschweife kündigte. Ich würde einen Anwalt brauchen, denn ich kannte mich mit dem ganzen bürokratischen Scheiß nicht aus. Aber zum Glück gab es da ja schon diese nette Noelle, die mich vertreten wollte, sollte das Arschloch dumm spielen. Das beruhigte mich ungemein.
      Der Umzug ging überraschend zügig von Statten. Starke Männer, denen ich hin und wieder gerne auf den Arsch glotzte, halfen die wenigen Dinge, die Avery und ich besaßen, in den weißen Transporter zu laden. Später kam auch Benjamin dazu, der ja schon gestern seine Hilfe angeboten hatte. Ja, er war echt ein feiner Kerl. Ich half auch mit, wo ich konnte, auch wenn die meisten Dinge die Helfer erledigten. Gestern hatte ich noch unsere überschaubaren Klamotten in Kisten gepackt, welche ich selbst in das Haus trug. Haus war echt untertrieben. Es war ne 1 A Villa, Leute! Sowas hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Und ich merkte erst, wie lange mein Mund geöffnet gewesen sein musste, als er ganz trocken wurde.
      "Das ist ja wohl der WAHNSINN!", sagte ich und verlieh meinem Staunen eine Stimme. Die hohe Decke, die Möbel, die alle perfekt und stimmig zueinander passten, der Ausblick auf das Meer, direkt vor der fuckig Haustür! Leute. Ihr könnt euch das nicht vorstellen! Aus dem Staunen kam ich so schnell nicht mehr heraus.
      Der Umzug zog sich dann doch noch bis in den späten Nachmittag hinein. Avery besuchte nach der Schule noch eine Freundin aus der alten Nachbarschaft, weswegen sie bis zum Abend unser prachtvolles neues Zuhause nicht sehen konnte. Alter Schwede - die wird Augen machen! Ja, ja... ich weiß. Es war nur ein Zuhause auf Zeit. Und sicher würde das Zuhause, das uns danach erwartete, nichts sein im Vergleich zu dieser Luxusbude. Aber so viel Luxus brauchten wir auch nicht. Trotzdem beschwerte ich mich nicht, hier für eine Weile bleiben zu dürfen. Und Avery sicher auch nicht.
      Müde ließen wir uns auf das Sofa fallen. Benjamin unterhielt sich an der Tür noch mit dem Umzugshelfer über irgendein belangloses Fußballspiel. "Oh Mann! Ich kann wirklich nicht glauben, dass du mich und Avery hier wohnen lässt. Nochmal tausend Dank!", sagte ich überglücklich, aber auch geschafft vom Tag, während mein Kopf nach hinten an die Rückenlehne des Sofas fiel und ich die Augen schloss.

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.
    • Amber

      Ich fand es irgendwie süß, wie Hailey über mein Haus staunte. Klar, für mich war es ein ganz normales Haus, aber mir war schon bewusst, dass andere das nicht so sahen. Für manche war es das Traumhaus, welches sie sich niemals leisten könnten. Dafür staunte ich mehr oder weniger darüber, wieviele ihr beim Umzug halfen. Es war keine ganze Armee, aber sie taten es freiwillig. Für lau. Romina versorgte sie zwar mit Getränken und Sandwiches, aber dennoch.
      Obwohl ein paar ziemlich attraktive Kerle dabei waren, fehlte mir das Bedürfnis sie näher zu betrachten. Sie waren mir irgendwie vollkommen gleichgültig. Also aus rein sexueller Sicht, mein ich. Das war nicht gut..

      "Kein Problem.. Ihr könnt so lange bleiben, wie ihr wollt." Jetzt, wo ich wusste, dass die beiden ebenfalls mit den Werwölfen in Verbindung standen, war es sogar noch weniger verrückt, eine Fremde aufzunehmen. Benjamin hätte das an meiner Stelle bestimmt auch getan. Romina hatte uns einen leckeren Eintopf gekocht, den wir später, wenn Avery dazu käme, nur noch aufzuwärmen bräuchten. Da sie schließlich selbst Kinder hatte, war sie bereits nach Hause gegangen. Nach dem Essen könnte ich Hailey und natürlich auch Avery, den Rest des Hauses zeigen.
      "Ich weiß auch schon, wie du dich revanchieren kannst..", meinte ich etwas nachdenklich und sah sie dabei an. Ich erwartete keine Gegenleistung, aber ein paar Tipps könnten schon nicht schaden. Ich wusste genau, was ich in der Bar oder dem Club tragen musste, um den Männern zu gefallen. Am Samstag wollte ich Benjamin aber nicht zum Sabbern bringen, sondern ganz normal mit ihm essen gehen und vielleicht noch ins Kino oder so. Mal sehen. Aber ich wollte dabei auch nicht total langweilig aussehen. Wobei es vermutlich kaum langweilige Outfits in meinem Schrank gäbe. Dennoch: "Ich könnte deine Hilfe gebrauchen.." Mist. Ich hätte beinahe vergessen, dass Benjamin ein übermenschliches Gehör hatte. Aber von da hinten könnte er bestimmt nichts verstehen, wenn ich nur ganz leise flüsterte. "Ich gehe am Samstag mit Benjamin aus und weiß nicht, was ich anziehen soll..", flüsterte ich, ganz nah an ihrem Ohr, wobei ich mir etwas komisch vorkam. Als hätten wir ein Geheimnis. Aber vielleicht sah Benjamin das nicht als ein Date; ich wusste ja selbst nicht, ob man es so nennen konnte.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco
    • Hailey

      Shoppen? Na das war ja wohl das Mindeste, was ich für meine Retterin mit dem feuerroten Haar tun konnte, nicht wahr? Grinsend und mit weit geöffneten Augen sah ich zunächst schweigend zwischen ihr und dem Cop hin und her. Benjamin datete? Dabei dachte ich, er würde sich hier und da etwas Spaß gönnen, das wars. Nicht, dass mich sein Liebesleben auch nur im Ansatz interessieren würde. Ich mein... er war ein Bulle. Und Männer in Uniform sahen meistens gut aus. Sportlich, durchtrainiert, ohne Plauze. Aber wirklich mein Typ war er nicht. Dafür hatte er wohl ganz offensichtlich ein paar andere Interessentinnen.
      "Das ist... kein Problem!", grinste ich nur noch breiter. "Wir werden das perfekte Outfit für dich finden, damit du den bärtigen Holzfäller von den Socken reißt!", kicherte ich. An das gute Gehör dachte ich natürlich erst, als ich die Worte schon in annähernder Zimmerlautstärke ausgesprochen hatte. Doch was solls. War doch normal, dass man sich vor einem Date viele Gedanken um das eigene Aussehen machte. Man wollte sich schließlich in seiner Haut wohlfühlen und dem Gegenüber imponieren. Das würde bei Amber kein großes Problem darstellen. Also alles easy.
      Kurz darauf traf sich mein Blick mit dem von Benjamin, der den Umzugshelfer verabschiedet hatte, und wohl zum Dienst aufbrechen musste. Dieses fleißige Bienchen. Ich bedankte mich bei ihm, schenkte ihm eine kurze Umarmung, bevor er sich an Amber wandte und auch sie kurz, aber irgendwie... inniger umarmte. Wie süß. Ob er in sie verknallt war? Also seine Blicke sprachen irgendetwas, aber... es war wie eine fremde Sprache, versteht ihr? Man konnte den Ausdruck in seinen Augen erkennen, aber rein gar nichts daraus lesen.
      Am Abend stieß auch Avery zu uns, die natürlich vollends begeistert von ihrem Zimmer war, welches mehr einer von Lichterketten geschmückten Tigerhöhle glich. Die Steinwände in dieser traumhaften Villa waren besonders und voll mein Stil! Zu schade, dass es für uns nur ein Zuhause auf Zeit sein würde. Naja, nichts währt ewig, nicht wahr?
      Romina stellte sich auch als ausgesprochen freundliche Person heraus. Etwas schüchtern vielleicht. Also das krasse Gegenteil von mir. Aber nett war sie. Und sie konnte echt toll kochen und backen! Hier waren wir tatsächlich im Siebten Himmel gelandet.

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    • Amber

      Von den Socken reißen? Ich bezweifelte, dass Benjamin sich leicht von den Socken reißen ließ. Wir gingen doch nur Essen. Mit Noelle war er auch frühstücken oder war das auch ein Date? Selbst wenn wir am Ende gemeinsam im Bett landen würden, müsste das nichts bedeuten. Aber es brachte auch nichts, sich jetzt schon Gedanken darüber zu machen. "Danke", sagte ich lächelnd und freute mich irgendwie auch sehr auf die Zeit mit Hailey. Es ist Jahre her, dass ich das letzte Mal mit jemandem shoppen war.
      Nachdem Benjamin sich auch von mir verabschiedet hatte, sah ich ihm eine ganze Weile nach. Dann kümmerte ich mich mit Hailey noch um ein paar Kleinigkeiten, bevor Avery ihr neues Zuhause bewundern durfte. Nach dem Essen sah ich die beiden lächelnd an. "Wollen wir uns noch einen Film ansehen? Aber zuerst zeig ich euch das Haus." Solange sie hier waren, dürften sie jeden Raum nach Belieben benutzen. Vielleicht würde ich mit Hailey öfter die Saune oder den Whirlpool benutzen. Ich war gespannt, was sie zu den anderen Räumen sagte. Ein Heimkino hatte ich zwar nicht, aber ich war auch nicht so der Filmfan. Den Raum nutzte ich lieber als Tanzstudio. Wenn ich dann doch mal einen Film sehen wollte, konnte ich das auch im Wohnzimmer tun.


      Ich hatte meinen ganzen Kleiderschrank auf den Kopf gestellt, doch ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Ich wollte zwar sexy aussehen, aber nicht zu sexy. Außerdem wollte ich nicht wie ein junges Küken neben ihm wirken, da er einiges älter als ich zu sein schien. Älter? Männlich? Warum war ich nicht gleich darauf gekommen? Roger war am Mittwoch Abend nach Hause gekommen. Eineinhalb Wochen waren sie in Italien, um dort ihre Flitterwochen zu verbringen. Am Donnerstag traf ich mich nach der Arbeit mit ihm im Café. Zuerst tauschten wir ein paar unsere neuesten Erlebnisse aus. Er erzählte von seinem Urlaub und ich davon, dass ich eine Mitbewohnerin hatte. Und natürlich auch von dem Treffen mit Benjamin.
      "Angenommen du wärst Single.. Welche Kleidung würdest du dann an einer jungen Frau bevorzugen? Was sollte ich tragen, um dich zu beeindrucken?"
      "Hmm.. Ann ist meine erste und einzige Freundin.. Aber wenn ich single wäre.." Er kratzte sich nachdenklich durch den Bart und betrachtete mich.
      Ich reichte ihm mein Handy, damit er durch meine Galerie blättern konnte. Ich hatte kluger Weise alle Outfits fotografiert, um sie mir immer wieder ansehen zu können. Roger schien allerdings keine große Hilfe zu sein.
      "Guckst du denn nie einer anderen Frau hinterher, die dir gefällt?" So schwer konnte das doch nicht sein.
      "Nein."
      Etwas in mir zersprang in tausend Teile bei dieser Antwort und gleichzeitig fing ich an, Ann zu beneiden. Solange es nur Gucken war, wäre es ja in Ordnung, aber wie perfekt war Roger bitte?!
      "Es ist Sommer, daher würde sich ein kurzer Rock wohl am besten eignen. Wenn du deine Beine betonst, solltest du beim Rest aber etwas sparsamer sein. Vielleicht ein Kleid, dass auf den ersten Blick nicht sehr reizvoll aussieht?"
      Sowas besaß ich nicht.. Entweder waren meine Kleider viel zu heiß oder für langweilige Anlässe wie eine Spendengala oder sowas.
      "Okay.. Ich werde mit Hailey hoffentlich etwas passendes finden."


      Freitag Abend ging ich dann also mit Hailey shoppen. Ich sagte ihr, dass es etwas dezenter sein sollte und ich nicht so aussehen wollte, als wäre ich gerade volljährig geworden war. Außerdem gingen wir in ein hübsches italienisches Restaurant, dass ich jedes Jahr mit meiner Familie besucht hatte und es auch weiterhin noch tat, wann immer jemand von uns Geburtstag hatte. Den Tisch hatte ich also schon bevor ich Benjamin gefragt hatte.
      Mit anderen zu shoppen, machte wirklich viel mehr Spaß, als allein. Doch ich wollte nicht einfach nur meinen Kleiderschrank füllen, sondern etwas ganz bestimmtes haben. Es sollte nicht so aussehen, als wäre ich super reich. Aber wenn ich etwas reifer damit aussehen wollte, tendierte es schon ein wenig in diese Richtung.
      Am Ende hatte ich Hailey und Avery mehr Kleidung gekauft, als mir selbst. Ich wollte ja nicht die einzige sein, die etwas anprobierte. Ihr Lächeln war es wert und was sollte ich sonst mit meinem Geld machen? Okay, das klingt etwas hochnäsig, oder? Wenn ich mein Geld gegen Liebe tauschen könnte, würde ich es sofort tun. Meine Großeltern waren im Alter immer noch so vernarrt ineinander. So etwas als Kind zu sehen, weckt in einem ja schon den Wunsch, das gleiche zu finden. Aber ob Benjamin derjenige sein würde? Ich sollte lieber nicht zu viel erwarten.


      ~ Samstag, 10.06.23

      Hailey dürfte sich nach Herzenslust in der Küche austoben, wenn Romina nicht da war. Sie war jedenfalls geschickter als ich, da sie sich selbst und Avery jahrelang versorgen musste. Nach dem Frühstück fuhr ich zum Friedhof, wo ich unser Familiengrab besuchte. Es wurde regelmäßig gepflegt, was sich nicht nur auf die Blumen bezog, sondern auch dem Staub, der sich innerhalb der Krypta sammelte. Meine Familie sollte ja nicht unter Dreck begraben sein. Ich erzählte ihnen, was so in letzter Zeit passiert war und blickte dabei hinauf an die Decke. Dabei saß ich auf einem kleinen Sockel auf dem ein Kissen lag.
      "Ich weiß nicht, was ich tun soll.. Da ist dieser Mann.. Er ist wirklich nett, aber er ist zu jedem so nett.. Vermutlich bin ich gar nichts besonderes für ihn, sondern einfach nur ein Teil des Rudels." Sie waren tot, also konnte ich ihnen ja von der Werwolf Sache erzählen. "Ich bin wirklich gern in seiner Nähe.. wir haben uns auch schon geküsst.. Naja, es wäre beinahe auch mehr geworden, aber das bedeutet ja nicht, dass er Gefühle für mich hat. Aber ich glaube, dass ich.. Gefühle für ihn habe.. Ich muss dauernd an ihn denken und wenn ich Zeit mit ihm verbringe, bin ich so glücklich, wie lange nicht mehr.. Ich fühle mich wohl bei ihm. Ich wünsche mir, dass ich auch so jemanden wie dich finde, Grandpa. Eure Liebe war echt, da bin ich mir ganz sicher. Grandma mochte dich nicht wegen deines Geldes, sondern weil du so ein liebevoller Mann warst. Mama und ich hatten da leider nicht so ein Glück.. Vielleicht funktioniert es ja nur bei Männern.. Obwohl.. Nein, es gibt genug Frauen, die scharf auf reiche Männer sind. Ihr hattet wohl sehr viel Glück."
      Dann schwieg ich eine ganze Weile.
      "Ich werde einfach sein Herz gewinnen! Ich kann ja nicht aufgeben, bevor ich es versucht habe, oder?" Und das kam von mir, wo ich mich nach Jamie eigentlich nie wieder verlieben wollte.. Warum musste Benjamin auch in mein Leben treten? Wenn ich ein ganz normaler Mensch wäre, hätten wir uns nie kennengelernt. Ich hätte ihn nie angesprochen und er mich vermutlich auch nicht. Aber vielleicht war es Schicksal? An so einen Quatsch glaubte ich eigentlich nicht, aber ich war seinetwegen sehr durcheinander.

      Ich verbrachte noch ein paar Stunden am Grab und machte mich dann auf den Weg um Benjamin abzuholen. Wir leben im 21. Jahrhundert, warum sollte der Mann also immer die Frau abholen? Ich war ein wenig zu früh und wartete, bis er nach draußen kam. Ganz locker, Amber. Um mich zu beruhigen, machte ich ein paar Atemübungen, die mir dabei halfen einen kühlen Kopf zu bewahren. Es wäre super peinlich, wenn Benjamin bemerken würde, dass ich von ihm angetan war. Ich fragte mich allerdings, ob ich wirklich das richtige Kleid für diesen Anlass gewählt hatte. Ich hatte mich auch nur dezent geschminkt, wie im Alltag auch.
      Während ich wartete, sah ich auf mein Handy. Ein paar Nachrichten von Arbeitskollegen, ebenso von Roger, der mir alles gute und viel Spaß wünschte. Gefolgt von einem Grinse-Emoji und Daumen hoch. Er hatte sich ja schon ziemlich gefreut, dass ich mit Benjamin ausging. Das es aber nichts mit ihrem absurden Verkupplungsversuch auf der Hochzeit zutun hatte, konnte ich ihm allerdings schlecht sagen.
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      - Eugene Ionesco

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    • Benjamin

      Was wollt ihr wissen? Ob es ein Date war? Ehrlich gesagt... keine Ahnung. Ich mochte Amber. Sie war toll. Aber ich mochte viele Menschen, hatte viele Freunde, wurde ja selbst geschätzt als "Freund und Helfer". Ihr kennt ja dieses Bla-Bla. Aber wenn ihr mich direkt nach Amber fragt... ich wusste nicht, ob sie etwas Besonderes für mich war. Zurzeit war ich wegen der vielen Todesfälle und der Überstunden ohnehin am Limit und völlig durcheinander. Naja, wie dem auch sei. Heute war dieser spezielle "Dating"-Tag, wenn man es denn so nennen wollte. Untypischerweise kam mich Amber abholen. War das nicht für gewöhnlich der Part des Mannes? Wohl nicht in ihrer Welt. Daher war es für mich okay. Ich hatte nichts dagegen. Nachdem ich also in meinem kleinen Badezimmer fertig war und einen letzten Blick in den Spiegel warf, mir nochmals mit den Fingern durch das volle Haar fuhr und meinen Bart streifte, entschied ich mich, doch noch einen Spritzer mehr von dem herben Männerduft aufzutragen. Mein Weg führte kurz darauf ins Wohnzimmer, in welchem ich einen kurzen Blick aus dem Fenster warf, welches einen traumhaften Blick auf die befahrene Straße Rainvilles bot. Kein Meerblick wie bei der Milliardärstochter Zuhause, aber auch okay. Wie ich diese Abgase liebte. Auch wenn die Luft verhältnismäßig gut war. Kein Vergleich zu diesen Großstädten, in denen ich viele Jahre meines Lebens verbringen musste. Aber kommt schon, ich schweife schon wieder ab.
      Als ich Ambers Auto sah und ihr wallendes Haar, welches bis zu ihrer Brust reichte, hinter dem Lenkrad, verließ ich mit einem schwarzen Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln, einer dunklen jeans und schlichten schwarzen Sneakers meine Bude. Männer mussten sich ja bekanntlich nicht so viel Gedanken über ihre Kleidung machen. Zumal glaubte ich auch nicht, dass Amber offen etwas an mir bemängelt hätte, da ich doch sehr schlicht und nicht wie ein Paradiesvogel um die Ecke kam. Wäre ja noch schöner!
      Ich warf einen kurzen Blick nach rechts und links, als ich das Reihenhaus verließ, bevor ich die Beifahrerseite öffnete und mich auf den Sitz niederließ. Es war gutes Wetter. Blauer Himmel, die Sonne schien und - stellt euch das vor - keine Regenwolke war am Himmel zu sehen. Da hatten wir uns wirklich den perfekten Abend für unser "Date" ausgesucht. Es war Sommer, und es würde lange hell bleiben. Wirklich eine Idee, wohin uns die heutige Reise führte, hatte ich nicht. Ich wollte Amber das Ruder überlassen, schließlich hatte sie mich um das heutige Treffen gebeten, nicht wahr?
      "Hey. Danke fürs Abholen", begrüßte ich sie lächelnd, vermied es aber, ihr in irgendeiner Art und Weise zu dicht auf die Pelle zu rücken. Ich schenkte ihr mein wärmstes Lächeln, bevor ich mich ordnungsgemäß anschnallte. "Wohin geht's denn?"

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.
    • Amber

      Als Benjamin zu mir in den Wagen stieg - einen unauffälligeren schwarzen, aber fast genau so schön wie meiner - den ich mir für den heutigen Tag geliehen hatte, um nicht alle Blicke auf mich zu ziehen, lächelte ich glücklich. "Hey", begrüßte ich ihn und konnte nicht aufhören zu lächeln. "Nach Ophrawell zu meinem Lieblingsitaliener", verriet ich ihm und fuhr kurz darauf los. Vielleicht war das keine gute Idee ihn ausgerechnet heute einzuladen. Für mich war dieser Tag aber im Grunde wie jeder andere. Samstage boten sich eben perfekt für solche Anlässe an.
      "Das Haus fühlt sich viel lebendiger an... Ich mag Hailey und Avery. Sie sind wundervoll..", erzählte ich ihm mit einem verträumten Lächeln. Mit den beiden gab es immer Unterhaltung und ich lachte viel häufiger. Dennoch war ich mir unsicher, ob sie mich um meiner selbst Willen mochten oder nur, weil ich ihnen geholfen hatte. Ich war selbstbewusst, wenn es um banale Dinge ging. Sobald Gefühle ins Spiel kamen, hatte ich immer Zweifel. Diese wollte ich mir allerdings nicht anmerken lassen. Was Benjamin betrifft, war es doch auch egal, ob wir ein Paar werden würden oder nur Freunde oder auch einfach nur Artgenossen. Ich wollte nur einen schönen Tag erleben, ganz egal was in Zukunft passieren würde.

      Nach einer halben Stunde parkte ich vor dem Restaurant, blieb jedoch noch kurz sitzen. "Ich sollte dich wohl besser vorwarnen.. Heute ist mein Geburtstag.. Die Angestellten werden mir also vermutlich gratulieren. Aber mach dir bitte keine Gedanken. Das ist kein besonderer Tag", erklärte ich und lächelte ihm noch einmal zu. Möglicherweise wäre es ihm peinlich, wenn er erst im Restaurant davon erfährt und das wollte ich ihm ersparen.
      Wie befürchtet begrüßte mich der Herr am Eingang mit einem breiten Lächeln. Er war schon um die 50 und kannte mich schon, als ich ein Kind war. Er war direkt der erste der mir gratulierte und mir einen Kuss auf den Handrücken gab.
      Er lächelte auch Benjamin zu, ehe er uns an unseren Tisch führte. Der selbe Tisch wie immer. Etwas ruhiger gelegen am Ende des Restaurants. Auf dem Tisch war ein kleines Blumengesteck, das es nur auf diesem Tisch gab, und das Teelicht in einem hübsch verziertem Glas, das bereits brannte. Es war ein eher kleineres Restaurant, das von einer liebenswerten italienischen Familie geführt wurde. Es war gemütlich und das Essen schmeckte hervorragend. Besonders die Carbonara hatten es mir angetan. Da ich allerdings fahren würde, trank ich heute nur den selbst gemachten Traubensaft, der wirklich gut schmeckte.


      Nick

      Zwischen Ellie und mir lief es gut, würde ich behaupten. Heute begleite ich sie zu ihrem Tanzwettbewerb. Unsere gemeinsame Nacht war wunderschön und am Morgen danach weckte ich sie mit einem sanften Kuss. Ich könnte ihre Lippen den ganzen Tag küssen. Wenn ich bei ihr war, fühlte ich mich sorgenfrei, doch sobald ich mich von ihr verabschiedete, hatte ich Angst, dass Ava ihr etwas antun würde. Bisher hatte sie uns in Ruhe gelassen, doch ich hatte das Gefühl, dass sie uns im Auge behielt.
      Wir schrieben viel miteinander, doch sie hatte auch viel um die Ohren wegen des Wettbewerbs. Was mich anging.. Ich mochte meinen neuen Job nicht. Es lag nicht am Job selbst, sondern viel mehr den Blicken und dem Getuschel, das ich als Vampir nur sehr gut verstehen konnte. Sah ich denn wirklich so gut aus? In der Bar konnte ich damit umgehen, aber hier war mir das ziemlich unangenehm.

      Wir fuhren gemeinsam, weshalb die Stimmung im Auto irgendwie eigenartig war. Nicht unangenehm, aber eigenartig. Ihr Bruder und ich auf engem Raum. Ja, das war irgendwie schon seltsam. Matt fuhr bei mit seinen Eltern, die sich das natürlich nicht entgehen lassen wollten. Vermutlich würden sie das ganze sogar filmen.
      Ich wusste jedenfalls nicht so recht, wie ich mit Tim umgehen sollte. Zum Glück war Sam da, damit er nicht seine ganze Aufmerksamkeit Ellie und mir schenkte. Ich wagte es nicht einmal, sie vor seinen Augen zu küssen. Tim war ein guter Kerl, aber ich fühlte mich wie das Keil, das man zwischen die beiden trieb. Ellie war allerdings erwachsen und das musste er akzeptieren. Doch ich konnte auch verstehen, warum er mir misstraute.
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      - Eugene Ionesco

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    • Benjamin

      Zunächst unterhielten wir uns über belanglose Dinge. Bis zu dem Moment, als das Auto auf einem Parkplatz vor einem italienischen Resteraunt hielt, dessen Blumenkübel am Eingang und das gewisse altertümliche Ambiente, jeden einlud, der den Weg des Lokals kreuzte. Im Fenster stand Blumenschmuck, und über der Tür war ein weißes Schild mit großen Druckbuchstaben angebracht, auf dem man den Namen des Resteraunts erfuhr: "Raffaela's Cucina". Okay, es war mir neu, aber sah ganz nett aus. Als Amber dann allerdings offenbarte, dass heute ausgerechnet ihr Geburtstag war, sah ich sie mit großen Augen.
      "Was? Heute ist dein Geburtstag? Und das sagst du mir jetzt?", fragte ich sie. Ob eine gewisse Empörung aus meiner Frage herauszuhören war? Es war eine unangenehmes Gefühl für mich, denn sogleich überkam mich ein Schuldgefühl. Ich hatte nichts für sie, denn ich war nicht der Typ, der die Frauen gleich mit Geschenken überhäufte, um sie zu beeindrucken. In diesem Fall... da wäre es wohl angebracht gewesen, zumindest einen Blumenstrauß dabei zu haben. Doch sie tat es ab, als sei es nichts besonderes, und ein Tag wie jeder andere. Ich meine, ich war auch niemand, der ein Riesennummer aus einer Zahl machte. Und da waren sie wieder. Die Worte von Dad, dass man doch jedes Jahr, das man älter werden durfte, angemessen feiern sollte. Wenn es nach ihm ging, nur mit einem Whiskey-Glas und klassicher Musik auf der sonnenüberfluteten Veranda, aber okay. Jeder setzte seinen Maßstab von Feierlichkeiten anders, nicht wahr?
      Ich wollte nicht weiter auf dem Thema herumreiten. So betraten wir also das Resteraunt und wurden schon am Eingang von einem netten Herrn um die 50 Jahre begrüßt. Italienier waren schon ein herzliches Volk, das musste man ihnen lassen. Während er Amber in eine herzliche Umarmung verwickelte, die sie nur allzu gerne erwiderte, lächelte und nickte ich dem kleinen Mann freundlich zu und folgte der rothaarigen zu einem der dezent, aber stilvoll eingerichteten Tische. Alles recht rustikal hier, aber sehr gemütlich. Nicht wie ein typischer Gentleman es getan hätte, rückte ich Ambers Stuhl zurück. Ich fragte mich aber, als ich sogar als erstes Platz nahm, ob dies nicht angebracht gewesen wäre. Oh man. Dieses Dating war eben einfach nicht mein Ding. Um meine Gedankenwelt aber nicht gleich offenzulegen, oder das Grübeln zu verraten, setzte ich mich gerade hin, faltete die Finger ineinander und sah schmunzelnd in die Augen meines Gegenübers.
      "Du hast also heute Geburtstag und sagst kein Sterbenswörtchen, ja?"
      Meine Augenbrauen fuhren prüfend in die Höhe. "Hast du noch nie gerne gefeiert?", wollte ich in Erfahrung bringen, bevor auch schon einer der höflichen Kellner kam, völlig in Schwarz gekleidet. Eine große, hagere Erscheinung mit dunklem Haar, etwas grau meliert an den Schläfen und auffallend hervorstehender Nase. Durch seine fast schwarzen Augen sah er uns an, während er unsere Getränke aufnahm. Ich bestellte mir ein Wasser, bevor ich mich an Amber wandte, noch bevor sie ihre Bestellung aufgeben konnte. "Ich werde fahren, wenn du mir deinen Wagen anvertraust. Trink ruhig etwas. Es ist schließlich dein Geburtstag."
      Das letzte Wort betonte ich gekonnt provokativ, während ich mich etwas im Stuhl zurücklehnte.

      Ellie

      Heute war also der große Tag. Der Tag, auf den Matt und ich uns so lange vorbereitet hatten. Mein Herz schlug Wellen, und wäre es ganz still um mich herum - ich war mir sicher, dass ich hätte jeden einzelnen Herzschlag wie ein Trommelspiel hören können. Ich versuchte mich selbst zu beruhigen, während ich immer wieder mit dem Fuß wippte und von der Rückbank aus nach vorne schaute, auf den Wagen von Matts Eltern, denn sie wollten sich das Spektakel in der Waterfall Hall nicht entgehen lassen. Sicher würden sie die lautesten sein, und uns zujubeln, als sei es irgendein Football-Spiel. Oh, allein schon der Gedanke bereitete mir Bauchschmerzen. Ich bemerkte erst nach einer ganzen Weile, wie fest ich Nicks Hand drückte, schweißgebadet. Meine, meine ich. Seine war wie immer auffallend kühl und trocken. Ich bemerkte die Blicke meines Bruders im Rückspiegel, doch ich erwiderte sie nicht. Erst seine Stimme ließ mich seine Augen treffen.
      "Wenn du eine Tüte brauchst, zum hyperventilieren, meine ich, habe ich welche im Handschuhfach", scherzte er, was mich unwillkürlich die Augen verdrehen ließ. "Du kriegst das schon hin. Ist schließlich nicht dein erster Tanz", tat er es dann locker leicht ab, als sei es irgendein Abend in einer Disco, bei den es kein Mensch interessierte, wie man auf der Tanzfläche aussah.
      Ich sah kurz darauf zu Nick, bevor mein Blick unsere ineinander verschränkten Finger traf. Ob wirklich alles gut gehen wird?, fragte ich mich im Stillen und schluckte schwer. Erst einmal stand dort umziehen und die Maske auf dem Plan. Daher kam ich aktuell in Jeans und weißem Shirt, offenen Haaren und ungeschminkt sehr unauffällig daher. Das würde sich noch ändern. Die glitzernen, prunkvollen Outfits, die natürlich perfekt zum Partner abgestimmt waren, hüllten einen jeden in ein völlig anderes, strahlenderes Licht. Sicher würde man sich so schon wesentlich besser fühlen. Mit diesen Gedanken versuchte ich mich mehr und mehr zu beruhigen, was allerdings kaum gelang.
      "Wie lange dauert es denn noch?", fragte ich nach kurzer Zeit, für mich allerdings waren mehr als Minuten vergangen.
      "Wie alt bist du, Ellie? Zwölf? Wir sind gerade erst losgefahren", antwortete Tim und schaltete das Radio ein, doch die Worte des Nachrichtensprechers zogen wie weiße, ungezählte Wolken an mir vorüber.

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    • Amber

      Warum ich erst jetzt etwas sagte? Wer ging schon damit hausieren, wann er Geburtstag hatte? Als würde ich nach Aufmerksamkeit und Geschenken betteln. Wenn ich nicht mit ihm hierher gekommen wäre, hätte ich es gar nicht erst erwähnt. Naja, egal.
      Oder auch nicht. Er sprach es zumindest wieder an, als wir am Tisch saßen. "Ach mal so, mal so. Manchmal häng ich mit Roger und den Jungs ab und manchmal geh ich in den Club oder die Bar. Also nichts, was man nicht auch an jedem anderen Tag machen könnte", erklärte ich lächelnd und zuckte mit den Schultern, ehe wir unsere Getränke bestellten.
      Als Benjamin mir anbot, dass er fahren würde, verschränkte ich meine Finger ineinander, um mein Kinn darauf zu stützen und ihn anzulächeln. "Willst du mich etwa abfüllen? Du weißt, dass du mich auch so ins Bett bekommst, oder?", schmunzelte ich. Allerdings betonte er den heutigen Tag so sehr, dass ich nicht anders konnte, als ihn noch ein wenig mehr zu necken. "Wär doch ein schönes Geschenk zu meinem Geburtstag." Die Vorfreude auf diesen Tag hatte sich jetzt schon gelohnt. Man konnte mit Benjamin lockere, wie auch ernste Gespräche führen. Das gefiel mir sehr.


      Nick

      Tim hatte schon Recht, dass Ellie sich keine Sorgen machen müsste. Sie tanzte wunderbar. Aber ich konnte ihre Nervosität durchaus nachvollziehen. Alle anderen waren immerhin auch sehr talentierte Tänzer. Ich lachte leise, als fragte, wie lange wir noch bräuchten. "Du schaffst das", hauchte ich leise und gab ihr einen zarten Kuss auf ihren Haaransatz.
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      - Eugene Ionesco
    • Benjamin

      Etwas verdutzt musste ich anhand ihres amüsierten Gesichtsausdrucks schon gewirkt haben, als sie diese gewisse Bemerkung heraus haute. Für sie wäre es also ein schönes Geburtstagsgeschenk, wenn wir... verrückt. Meine Lippen zogen sich zu einem Schmunzeln, als ich die Arme vor der Brust verschränkte und den Kopf leicht in die Schräge legte. "So so. Dann weiß ich ja, was ich zu tun habe, um dich an deinem Geburtstag glücklich zu machen", sagte ich amüsiert. Ob es wirklich soweit kommen würde? Keine Ahnung. Ich war niemand, der gerne Dinge plante. Zumindest nicht dann, wenn es um meine Freizeit ging. Mein Berufsleben konnte man genauso wenig planen. Es war einen Moment zuvor noch nicht in Stein gemeißelt, wo und wann das Verbrechen zuschlug, und wo meine Kollegen und ich unser Leben auf Spiel setzen mussten, und das jeden Tag aufs Neue.
      "So, dann erzähl mal, woher du Roger kennst."
      Sie schienen sehr gute Freunde zu sein, und es war mir wichtig, mehr über Amber zu erfahren. So reihte sich ein Thema an das nächste. Es war ein aufschlussreiches Gespräch, in dem ich mehr über die hübsche Rothaarige erfuhr, die nicht nur ein makelloses Aussehen, sondern auch jede Menge Charakter und handwerkliches Geschick zu bieten hatte. Wir redeten und redeten. Und wir lachten auch viel. Es war eine ausgelassene Stimmung, gleich von Anfang an. Ich genoss die Zeit mit ihr. Jede einzelne Minute davon. Wir verstanden uns ausgezeichnet, harmonierten so gut, dass man den Eindruck gewann, dass wir uns schon ein halbes Leben lang kannten. Das Essen? Ja, das war auch ausgezeichnet. Eine Schande, dass ich heute das erste Mal hier zu Gast war. Es würde in jedem Fall nicht das letzte Mal sein.
      Als eine kurze Weile Stille zwischen uns herrschte, winkte ich den Kellner bei, um nach der Rechnung zu bitten. Natürlich hatte ich mich zuvor vergewissert, dass Amber auch nichts mehr bestellen wollte. Sie hatte ein paar alkoholreiche Getränke, doch wirklich betrunken schien sie nicht. Höchstens angeheitert.
      "Keine Widerrede. Das ist das Mindeste", gab ich gleich mit den Scheinen, die ich in das Mäppchen legte, kund. Ich hatte, wie es sich bei dem tollen Essen und Service gehörte, eine beachtliche Summe Trinkgeld beigelegt, und flüsterte dem Kellner zu: "Stimmt so", der sich herzlich dafür bedankte.
      Daraufhin richtete ich mein Augenmerk wieder auf das schöne Geschöpf gegenüber. "Danke für den schönen Abend, Amber. Es hat mich wirklich gefreut, diesen Tag mit dir zu verbringen, auch wenn ich in Anbetracht der Tatsache, dass dein Geburtstag für dich nichts besonderes ist, fast etwas beleidigt sein könnte. Aber du hast Glück: nur fast", scherzte ich schmunzelnd und trank den letzten Schluck meines noch dampfenden Espressos, um wieder wacher zu werden.

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.
    • Amber

      Was er zutun hatte, um mich heute glücklich zu machen? Er war ja ganz schön von sich überzeugt, meint ihr nicht auch? Blufft er oder glaubt ihr, dass er es wirklich drauf hatte? Davon durfte ich mich bisher ja leider noch nicht selbst überzeugen. Was nicht bedeutete, dass ich es darauf anlegte, es heute in Erfahrung zu bringen. Auf Knopfdruck ging doch irgendwie der Charme verloren, nicht wahr? Dennoch schmunzelte ich, als würde ich mich schon darauf freuen.
      Viel mehr genoss ich allerdings unser Gespräch. Es wäre vollkommen in Ordnung, wenn sich unsere Wege trennten, sobald wir in Rainville ankämen. Ein wenig reizen könnte allerdings nicht schaden. Nein, ich baggerte ihn nicht an, wie sonst was. Aber er bestand doch darauf, dass ich an meinem Geburtstag ruhig trinken könnte. Welcher Cop würde mich dann noch fahren lassen? Tja und dann wäre er in meinem Auto - ja okay, es war nur auf meinen Namen geliehen - aber das konnte er ja wohl nicht einfach mit nach Hause nehmen. Einer von uns könnte also durchaus bei dem anderen übernachten, bis ich wieder nüchtern wäre. Aber lassen wir das. Es war wirklich nicht so wichtig. Es wäre schön, aber das war es auch so. Ungewöhnlich, ich weiß. Doch wenn ich mich wirklich in ihn verliebt hätte, wäre das doch nachvollziehbar, oder? Wie auch immer..
      "Wir sind Kollegen. Er hat mich mehr oder weniger angelernt. Und irgendwie wurden wir dann mehr als Kollegen." Meine Liebe zu Autos erwartete vielleicht nicht jeder. Nicht wie die Lady's, die einfach nur auf schöne Schlitten und ihre Besitzer abfuhren. Das natürlich auch, aber das Auto interessierte mich tatsächlich mehr. Nicht nur die Oberfläche, sondern auch dessen Innenleben. In der Schule mochte ich schon den Werkunterricht. Sport natürlich auch. Tanzen, Cheerleading. Aber ich war auch in allen anderen Fächern eher überdurchschnittlich gut. Irgendwie hatte ich immer das Gefühl, dass ich nicht weniger geben dürfte, um meinem Namen gerecht zu werden. Doch ich entschied mich gegen ein Studium und tat eben, was ich tat. Klar, ich hätte auch Model, Schauspielerin oder Sängerin werden können, so wie viele andere weibliche Vorfahren, aber irgendwie war mir das zu abgedreht. Ja und das war gar nicht so ein easy life, wie man sich das manchmal so vorstellt. Man hatte einen vollen Terminkalender und enorm viel Druck. Da schraube ich doch lieber an Autos rum und genieße abends meine Freizeit. Ich musste mir auch nicht übermäßig Gedanken darüber machen, was ich aß. Ich hielt mein Gewicht schon und aß hin und wieder wohl einen Keks zu viel, aber es gab niemanden, der mir das verbieten oder schlecht reden würde. Wieso ich mir so sicher war, dass ein Promi-Leben so beschissen war? Meine Mutter war Schauspielerin und Model. Kein Zuckerschlecken sag ich euch. Grandma war Sängerin, aber sie zog es vor, nur im lokalen Umkreis zu singen. Bevor sie Grandpa kennenlernte, trat sie öfter im Franky's auf. In ihrer Jugend war sie sogar in einer Schulband. Das waren wilde Zeiten! Hach, ich vermisse sie. Granny war eine granatenmäßige Frau. Mum auch. Und Grandpa war einfach der perfekteste Traummann auf der Welt.

      Ich sprach eigentlich ungern so viel über mich, aber Benjamin entlockte mir einfach alles. Naja fast. Wer könnte seine gesamte Lebensgeschichte schon an einem Abend erzählen? Der Alkohol lockerte meine Zunge allerdings auch noch zusätzlich. Außerdem faszinierte es mich, dass wir doch die ein oder andere Gemeinsamkeit hatten. Ich wirkte zwar wie eine Party-Löwin - Ich feierte ja auch gern und wenn, dann richtig - aber ich war nicht wie die anderen Mädchen, die jeden Scheiß auf Twitter oder Insta posten. Ich musste der Welt nicht mitteilen, was ich zum Frühstück hatte oder zum Abendessen. Auch nicht, wieviel Alk ich intus hatte oder wo ich mit wem ein Selfie machte - Ich machte generell keine Selfie's. Also nicht das mit der Party-Löwin war unsere Gemeinsamkeit, sondern das wir beide nicht viel auf Social Media gaben. Man konnte da durchaus Bekanntheit erlangen. Positive, wie negative. Und als Amber Jones könnte ich bestimmt einen ganzen Arsch voll Follower an Land ziehen, aber wozu? Das war doch nur Schall und Rauch. Ich brauchte keine Bestätigung in Form von Likes und Followern. Mir war es scheißegal, was andere über mich dachten. Fast jedenfalls. Ich wollte nicht für eine verwöhnte Göre gehalten werden. Vielleicht spielte das auch eine gewisse Rolle bei meiner Berufswahl. Eine Prinzessin würde schließlich nicht in einer schäbigen Werkstatt schuften und sich die Nägel ruinieren!
      Apropos Nägel. Make-Up trug ich zwar schon regelmäßig, aber meine Nägel waren immer schlicht. Natürlich waren sie gepflegt, aber nie auffällig lackiert - außer bei einer Mottoparty, wie Halloween vielleicht - und ich hatte auch keine künstlichen Gelnägel oder son Zeug. Meine ganz natürlichen Nägel, lediglich mit ein wenig Klarlack aufgehübscht. Es gefiel mir, wenn sie zumindest ein wenig glänzten, wenn das Licht darauf fiel. Außerdem sah das einfach gepflegter aus. Oh Gott. Und ganz schrecklich fand ich lackierte Fußnägel. Bei dem Gedanken krieg ich schon Gänsehaut und das nicht im guten Sinne. Wieso.. Wieso zur Hölle trug man rote Fußnägel?! Wtf.. Pediküre und Maniküre gönnte ich mir natürlich regelmäßig. Ich mein.. auch normale Frauen nahmen diese Dienste in Anspruch, das war nicht nur den Reichen vorenthalten. Ein wenig Luxus gönnte ich mir ja schon.
      Aber auch wenn ich mir nie Sorgen wegen des Geldes machen müsste, war mir schon bewusst, dass es nicht selbstverständlich war und es leider viel zu viele Menschen auf der Welt gab, die sich gerade so ihre Grundbedürfnisse leisten konnten. In Rainville sollte es eine solche Armut nicht geben. Jedenfalls nicht aufgrund von übertrieben hohen Mieten. Zum Unverständnis meines Immobilienmaklers bestand ich darauf unter dem Mietspiegel zu bleiben. Wollen wir die Kirche doch mal im Dorf lassen. Wer will sich zu Tode schuften, um die Hälfte seines Einkommens in eine winzige Wohnung zu stecken? Es gab immerhin mehr als genug Faktoren, die einen in plötzliche Armut stürzen konnten. Wenn man krank wurde zum Beispiel. Arztrechnungen waren absurd hoch. Jedenfalls liebte ich Rainville und wollte es so erhalten, wie es war. Nicht nur, weil meine Vorfahren es gegründet hatten, sondern weil hier auch meine Nachkommen noch ein wundervolles Leben führen sollten. Jeder sollte das. Deshalb gab ich genau wie Grandpa immer gerne etwas ab. Unsere Schule war möglicherweise die bestausgestattetste im ganzen Staat, obwohl das hier nur ein winziges Kaff war. Gläubig war ich zwar nicht, aber auch die Kirche musste sich keine Sorgen machen. Ach, das hatte ich euch ja schon mal alles erzählt. Sorry, dass ich euch damit langweile. Wie ich sagte, lockerte der Alkohol meine Zunge und es sprudelt einfach so aus mir heraus.
      Das war ich. Amber. Einfach nur Amber.
      Ein fast gewöhnliches Mädchen mit einfachen Wünschen. Das Benjamin seine Zeit mit mir verbrachte, freute mich mehr als es ein Geschenk je könnte. Was sollte er mir auch schenken? Schmuck? Kleidung? Einen Gutschein?! Ja genau. Total absurd. Okay, Blumen waren schon okay. Aber dann doch lieber Topfpflanzen, die man nicht nach ein paar Tagen in die Mülltonne feuerte. Ah und Schokolade könnte man mir natürlich auch immer gut schenken. Am liebsten mit Nüssen. Oder Nugat. Oder Marzipan. Nur keine weiße. Weiße Schokolade mochte ich nicht. Zartbitter war auch nicht so mein Fall. Ach herrje. Ich habe an dieser Stelle schon mit 1200 Wörtern um mich geworfen.. Ich sollte wohl so langsam Schluss machen und weitergehen.

      Also.
      Benjamin wollte unbedingt die Rechnung übernehmen. Ich wusste zwar nicht wieso, aber meinetwegen. Ihr wisst schon. Männerstolz und so. Ich gab keine Widerrede, bis ich meinen Willen bekäme. Ich würde ja auch nicht wollen, dass mich jemand solange bequatscht, bis ich meine Meinung geändert hätte. Also ließ ich ihn bezahlen, wenn es ihn glücklich machte. Bitte. Mich machte es glücklich, dass er hier war. Sehr glücklich. Hui, ich war wohl wirklich ein wenig angeheitert. Betrunken war ich noch lange nicht, keine Sorge. Aber ich fühlte mich so.. Ich weiß auch nicht. So unbeschwert.
      "Warum denn? Alle machen immer so ein großes Trara darum. Am Ende liegt man besoffen unterm Tisch und alle, die zu deiner Party gekommen sind, interessieren sich eigentlich einen Scheiß für dich. Mein Geburtstag ist mein Tag und da geht es nur um mich. Also.. jedenfalls für mich.. Ich meine.. Ich mache halt das, was mir gefällt. Meine achsotollen Schulfreunde wollten doch nur feiern. Wieso und wo, war doch völlig Wurst. Ich wollte den Tag mit dir verbringen. Wobei ich dich auch gefragt hätte, wenn heute nicht mein Geburtstag wäre." Ohje, ich redete zu viel, oder? Ich hatte immer das Gefühl, dass ich schwer ausdrücken konnte, wie ich dachte und redete dann um den heißen Brei herum, in der Hoffnung, dass es nicht falsch rüberkam. Klang am Anfang so, als wollte ich im Rampenlicht stehen und die Aufmerksamkeit von ganz Rainville haben. Nein, so meinte ich das nicht. Ähm.. wo war ich? Achja.
      "Ich bin froh, dass du nicht beleidigt bist. Ich habe es sehr genossen", schmunzelte ich und leerte meinen Espresso mit einem seligen Lächeln. Das war mit Abstand der schönste Tag seit langem. Ich hatte öfter Spaß - nicht nur im Bett - sondern auch beim Karaoke oder so. Aber einfach nur ganz entspannt sein und reden. Benjamin schien mir zumindest wirklich zuzuhören und wtf.. Heute sah er irgendwie noch besser aus, als sonst. Hm.. könnte auch am Alkohol liegen. Aber! Benjamin sah auch ohne Alkohol schon gut aus. Ich meine nicht dieses oberflächliche Aussehen, sondern.. keine Ahnung.. seine ganze Ausstrahlung irgendwie. Ich mochte das. Vielleicht war ich doch nicht in ihn verliebt. Heute war alles ganz locker und ich war total gechillt. Oder sprach das genau dafür? Keine Ahnung.
      "Willst du nach Hause? Wir könnten auch noch einen Film schauen. Hier gibt's auch ein Theater. Autokino.." Was noch? Klar gab's hier auch Bars und so, aber ich wollte jetzt nicht feiern und tanzen. Ich wollte einen ruhigen Abend verbringen und das am liebsten mit Benjamin. Noch mehr Zeit mit ihm verbringen. Es war ja nicht einmal 20 Uhr.


      Matthew

      Ich war nervös. Nicht nur, wegen des Wettbewerbs, sondern auch wegen Ellie und Nick. Vor einer Woche hatte ich Ellie meine Gefühle gestanden, doch sie konnte diese natürlich nicht erwidern. Es war irgendwie anders zwischen uns. Hoffentlich nicht mehr so furchtbar wie zwischen unserem ersten und letzten Mal und meinem Geständnis, aber eben anders. Sie sollte mich deswegen nicht wie ein rohes Ei behandeln, immerhin schleppte ich das schon seit Jahren mit mir herum und kam damit zurecht. Und das würde ich auch weiterhin, auch wenn wir eine Nacht miteinander verbracht haben und Ellie nun von meinen Gefühlen wusste. Wenn Nick sie wirklich glücklich machen würde, dann würde ich mich für sie freuen.
      Drama? Von meiner Seite aus, gab es kein Drama. Natürlich war ich enttäuscht, aber ich wusste doch eigentlich, dass Ellie nicht mehr als Freundschaft für mich empfand. Wieso sollte sich daran jetzt also etwas ändern?
      Ich kannte aber Nick nicht. Vielleicht gefiel es ihm nicht, wenn sie mit mir tanzte. Er sah ja schon wie so ein Draufgänger aus. Ich würde ihm auch zutrauen, dass er Ellie den Umgang mit mir verbieten würde. Aber Fehlanzeige! Es gab einfach keinen verdammten Fehler an diesem Mann! Abgesehen davon, dass er mit Naomi rumgemacht hat. Ellie's Liebe muss wirklich stark sein, wenn sie das verkraften konnte.

      Während der Fahrt und den Vorbereitungen war ich ein wenig geistesabwesend, deshalb kann ich euch darüber nichts spannendes erzählen. Meine Eltern waren aufgeregt, aber sie würden sich wenigstens nicht peinlich verhalten. Dann war es so weit und wir gaben unser Bestes. Wie hart wir für diesen Tag trainiert hatten. Stunden hatten wir im Tanzstudio verbracht und literweise Schweiß und Tränen vergossen. Klingt eklig? Dachtet ihr das man beim Tanzen nicht schwitzt? Von wegen. Habt ihr gesehen, wie viel man sich da bewegt?
      Aber egal, wie sehr wir uns bemüht hatten, die älteren Profis waren einfach eine harte Konkurrenz. Wir Grünschnäbel, gerade mal volljährig, gegen Profis, die vermutlich fast doppelt so lange tanzten wie wir. Als ich all die anderen Tanzpaare gesehen hatte, hatte ich eigentlich keine großen Hoffnungen. Klar, die wirklich richtigen Profis nahmen an solchen kleinen Wettbewerben gar nicht teil, aber für die meisten war das nicht der erste.

      Enttäuscht, aber viel mehr erstaunt, reichte unser Können für den zweiten Platz. Den zweiten Platz! Das war ärgerlich und erfreulich zu gleich! Oh Mann. Meine Eltern rasteten völlig aus und meine Mutter erdrückte mich beinahe. Ich brauchte eine Weile, um runterzukommen. Meine Eltern wollten unbedingt mit allen gemeinsam essen gehen. Alle. Ja, auch Nick. Sie hatten ja keinen blassen Schimmer, was Nick Ellie angetan hatte und freuten sich für Ellie, als hätte ihre eigene Tochter einen prächtigen Schwiegersohn an Land gezogen. Mir war das irgendwie sehr peinlich. Etwas hilfesuchend verharrte mein Blick bei Tim, ihrem Bruder. Wenigstens einer, der meine Gedanken teilte, so glaubte ich. Aber Nick war so unverschämt charmant, dass meine Mum ganz hin und weg von ihm war. In den Augen anderer musste er wirklich perfekt rüberkommen...
      Ihr Anblick, wie Nick seinen Arm um sie gelegt hatte und sie anlächelte, ihren Scheitel küsste.. Es machte mich wütend, aber wenn ich Ellie's Lächeln sah, machte es mich auch irgendwie glücklich. Ich war kein starker Mann, aber wenn Nick ihr noch einmal wehtun würde, dann würde ich ihm wehtun. Noch spielte sich das alles eher in meiner Fantasie ab, da ich mich das am Ende wohl doch nicht trauen würde, aber dieses Gefühl, dass ich es tun wollen würde, war sehr stark.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco

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    • Benjamin

      Wir verbrachten einen sehr schönen Abend. Wie schon gesagt, ich erfuhr einiges über diese wunderschöne Frau, die nicht nur gut aussah, sondern auch Charakter besaß. Glaubt mir, das war inzwischen eine Seltenheit. Sowas wie das Ding mit der Nadel im Heuhaufen. Was? Ihr fragt euch, ob sie meine Nadel im Heuhaufen war? Jetzt macht euch nicht lächerlich. Das war viel zu früh, um... über so etwas nachzudenken. Außerdem wollte ich mich nicht mehr fest binden. Viel zu viel zu tun, zu viele Gedanken, die einem tagein tagaus in der Birne herumkreisten, wie ein Karussel mit dem lauten Gekicher der Kinder im Ohr. Jeder wollte was von einem, massenweise Überstunden und das Verbrechen, welches auch Einzug in die sonst so ruhige Stadt Rainville genommen hatte. Und dann kam da die feuerrote Amber mit einer Seele aus Gold und einem leichten Hang, den Samariter zu spielen. Nicht böse gemeint. Ich nahm ihr dieses Helfer-Syndrom zu einhundert Prozent ab. Ganz ehrlich. Irgendwie waren wir uns dahingehend ziemlich ähnlich, oder?
      Was ich noch an ihr schätzte? Defintiv ihre Ehrlichkeit. Ich mochte diese Eigenschaft, auch wenn ich... egal. Ein Lächeln schlich sich also auf mein Gesicht, als sie mir so offen gestand, den Tag aus freien Stücken mit mir verbracht zu haben, auch wenn ihr Geburtstag ein Tag wie jeder andere für sie war. Nichts besonderes. Aber trotzdem fühlte ich mich in gewissem Maße, nun ja... geschmeichelt. Ich antwortete nichts weiter darauf, bezahlte wie schon gesagt die Rechnung, die in Anbetracht des einwandfreien Service und dem köstlichen Essen, absolut gerechtfertigt war. Auf ihre Frage hin, ob ich denn noch was unternehmen wolle, lehnte ich mich leicht vor, stützte mich dabei auf meinen Unterarmen ab und faltete die Hände, während ich direkten Blickkontakt zu ihr aufnahm.
      "Wir können machen, was immer du möchtest. Ist schließlich dein Geburtstag."
      Wieder betonte ich das letzte Worte, aber nur um sie etwas zu necken. Dann lehnte ich mich zurück, spreizte etwas die Beine, so wie ein echter Kerl es nun mal tat. Ihr wisst schon: dicke Eier und so. Die Hände legte ich auf die von Jeansstoff bedeckten Oberschenkel. "Ich habe frei und gerade nichts besseres vor", scherzte ich schmunzelnd. Die Freude darüber, dass der Abend noch kein so frühes Ende fand, verbarg ich gerne hinter ein paar lockeren Sprüchen. Aufgeregt war ich nicht. Das war ich eigentlich nie, auch dann nicht, wenn es um das andere Geschlecht ging. Warum auch? Was sollte schon passieren?

      Ellie

      Der Tag war also da. Verrückt. In einer Woche kam es einem vor wie eine halbe Ewigkeit, in der anderen verging die Zeit wie im Flug. Manchmal war das Training und die damit verbundenen quälenden Stunden sehr anstrengend. An anderen Tagen war es wie Medizin, die man nahm, wenn es einem schlecht ging. Dazu kam schon dieses gewisse Drama. Mit Matt, ihr wisst schon. Die Beziehung zwischen uns war... abgekühlt. Ja, geradezu ein Eiskeller. Manchmal... nicht die ganze Zeit. In gewissen Situationen war da dieser alte, warme Ausdruck. Der Ausdruck, den ich seit unserer gemeinsamen Nacht vermisst hatte. Das Gefühl eben, das man empfand, wenn man einem alten Freund in die Augen sah. Wie ein sicherer Hafen. Oh man. Es war so kompliziert! Und so eine dämliche Idee von mir gewesen, mit ihm... Noch schlechter fühlte ich mich, als die beiden - Matt und Nick - aufeinander trafen. Versteht mich nicht falsch. Ich war froh, dass auch Nick bei mir war. Mir zusah, mich mit seiner zurückhaltenden Art anfeuerte. Es war alles noch so frisch. Und trotz dem Gefühlschaos, gaben wir unser Bestes. Ihr hättet die Tanzpaare - unsere Konkurenten - sehen sollen! Oh weia! Als ich die tanzen sah... ich dachte: nun ist es aus und vorbei. Wir fahren am besten gleich nach Hause. Wir haben doch keine Chance! Doch wir ließen uns nicht entmutigen. Die Familie redete auf uns ein, überzeugte uns schließlich zu bleiben und nicht vor dieser mörderischen Herausforderung davon zu laufen wie kleine Kinder. Und wir stellten uns dem. In dieser riesigen Halle, diesem Saal, so prachtvoll. Wie aus einer anderen Zeitepoche. Der perfekte, dunkle Parkettboden, die meterhohe Decke mit dem kunstvollen Stuck. Die grimmigen Gesichter der Jury, die jeden Schritt, jede Mimik und Gestik begutachtete, so streng, als würde es um ihr eigenes Leben gehen. Nur die Frau in der Mitte - Priscilla McOwen, eine sehr bekannte Persönlichkeit, die sich auf lateinamerikanische Tänze spezialisiert hatte, und trotz ihrer Mitte 50 noch eine echte Augenweide war - schenkte den aufgeregten Paaren ein Lächeln. Auch wenn sie mit dem schwarzen, nach hinten gekämmten Dutt und ihrem anthrazitfarbenen Hosenanzug im ersten Moment streng daherkam. Doch kein Vergleich zu dem älteren Herr zu ihrer Linken und dem jüngeren zu ihrer Rechten.
      Als ich dann mit meinem sehr gewagten Outfit mit den blauen Glitzer-Pailetten und den hohen Schuhen auf die Tanzfläche trat, setzte ich mein strahlenstes Lächeln auf. Auch Matt wirkte überhaupt nicht aufgeregt, als er mich gekonnt wie immer auf den Pakettboden führte. Ja, in gewisser Weise war die Kunst des Tanzes auch ein Schauspiel. Ein Traum von mir war es, eine Musicaldarstellerin zu werden. In die verschiedensten Rollen zu schlüpfen, zu sein, wer immer man möchte. Doch ob dieser Traum sich jemals erfüllen würde? Wer wusste das schon.
      Wir gaben also unsere Darbietung zum Besten und unter tosendem Applaus belegten wir dann einige Zeit später den zweiten Platz. Ich konnte es nicht glauben. War unendlich dankbar für diese tolle Resonanz, und schien weniger frustriert als Matt. Er freute sich, das sah man ihm an, als wir uns quietschend in die Arme fielen. Doch etwas geärgert hatte es ihn schon, dass wir nicht den ersten Platz gemacht hatten. Tim, Sam, Nick und natürlich auch Matts Eltern waren völlig aus dem Häuschen und bestanden darauf, dass wir noch gemeinsam Essen gingen. Der Abend war schön und ausgelassen. Wir redeten viel, tranken auch etwas und hörten uns auch zum tausensten mal an, wie toll wir zusammen ausgesehen hatten. Von Nick waren die beiden begeistert. Ein echter Gentleman, sagten sie. Irgendwie beruhigte mich das. Sie waren nicht meine Eltern, oder so... aber irgendwie waren sie mir sehr wichtig. Genau wie ihre Meinung. Ich hatte nicht einen Augenblick das Gefühl verspürt, dass sie bedauerten, dass nicht Matt es war, der auf Nicks Platz saß. Merkwürdig. Dabei redete doch Matts Mam seid wir fünf waren von nichts anderem. Nick musste schon ein echter Knaller sein. Das war er auch... ganz ehrlich. Okay, die Sache mit Naomi... Moment. Was war eigentlich mit ihr? So langsam machte ich mir echte Sorgen.
      Am Ende des Tages überkam mich neben der Sorge aber auch die Müdigkeit. Was? Matt? Oh... ja. Die Stimmung zwischen uns war okay. Ich meine... es gefiel ihm nicht - glaube ich zumindest -, dass Nick und ich... doch er sagte nichts dazu. Ich sah es ihm hin und wieder an. Die Seitenblicke, die er uns zuwarf, und die mehr sagten, als tausend Worte es je könnten. Darum war es mir wichtig, nach dem Essen, nochmal kurz mit Matt zu sprechen. Unter vier Augen. Während die anderen vor dem Resteraunt unterhielten, entfernte ich mich mit dem Rotschopf ein paar Meter, um etwas Ruhe zu haben.
      "Auch wenn du es heute Abend schon tausendmal gehört hast... du warst wirklich toll, Matt", sagte ich lächelnd, während ich so neben ihm die Hauptstraße entlang schlenderte, der untergehenden Sonne entgegen. Es wehte ein leichter Wind, doch in meinem weißen Shirt und der lockeren Jeans, die außer meinem Hinterteil nicht wirklich etwas betonte, fror ich keineswegs. Es war Sommer, und die Abendwinde angenehm.

      Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.

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    • Amber

      Was immer ich möchte? Ich zwang anderen ungern meinen Willen auf. Aber war es das? Fühlte Benjamin sich gezwungen? Sah jedenfalls nicht danach aus, schätze ich. Oder doch? Warum sonst betonte er ständig meinen Geburtstag. Als wäre er mir jetzt etwas schuldig.
      Als er sich zurücklehnte und meinte, dass er eh nichts besseres vorhatte, blickte ich aus dem Fenster. Es regnete ausnahmsweise mal nicht, wobei das in Rainville dennoch der Fall sein könnte. Aber ich fühlte mich irgendwie eigenartig.
      "Hmmm.."
      Ich betrachtete ihn und lächelte sanft. Was sollte ich jetzt sagen? Wenn ich jetzt einfach etwas beschließen würde, hätte ich ein schlechtes Gewissen, aber wenn ich jetzt plötzlich sage, dass ich nach Hause will, hätte er vielleicht eines. Er könnte denken, dass er etwas falsches gesagt hatte. Irgendwie hatte er das auch, aber irgendwie auch nicht. Soll ich also..
      "Ich war schon lange nicht mehr im Kino", meinte ich. Es wäre besser, wenn ich das schlechte Gewissen bekäme, anstelle von ihm. Ob ihm das Recht war? Es war ja nicht so, dass ich nicht mit ihm ins Kino wollte oder so. Nur irgendwie fühlte ich mich komisch. Hatte ich mehr Enthusiasmus erwartet? Möglich. So schien es ihm irgendwie gleichgültig zu sein. Also war er doch nur hier, weil er nett war? Mehr als diese Werwolf-Sache war es vielleicht nicht, dass uns verband.
      Warum machte ich mir eigentlich so viele Gedanken darüber? Was war schon dabei? Vielleicht lag es am Alkohol. Zuviel und gleichzeitig zu wenig, um sich keine Gedanken zu machen.
      Hoffentlich lief irgendwas gutes im Kino. Ich wollte keine Schnulze sehen müssen. Action oder Horror. Das würde Benjamin hoffentlich auch zusagen.

      Als wir jedoch soweit waren und ich ihm den Schlüssel überlassen hatte, sah ich aus dem Seitenfenster.
      "Eigentlich bin ich nicht so der Film-Fan.. aber ich wollte nicht, dass der Abend jetzt schon endet..", gab ich zu und wandte mich langsam zu ihm an. Dieses.. Gefühl.. Ich wollte ihm nah sein, aber gleichzeitig verspürte ich gerade den Drang wegzulaufen. Warum nur? Warum ging es mir so nahe. Warum wollte ich unbedingt gemocht werden. Von ihm gemocht werden. Wie albern. Aber nichts, was ich mir nicht wieder aus dem Kopf schlagen könnte. Schließlich wollte ich mich nicht verlieben... Na gut.. eigentlich schon.. Jemanden haben, der mich so liebte, wie Grandma und Grandpa sich geliebt haben. Aber warum ausgerechnet Benjamin? Das war doch zum Verzweifeln!
      Vielleicht.. Vielleicht war es doch nur körperlich. Schließlich hatten wir es auf dem Dach fast getan und seitdem musste ich oft daran denken. Außerdem hatte ich seitdem auch keinen Kerl mehr gehabt. Noah? Der kam nicht rüber. Vermutlich war das jetzt vorbei. Obwohl ich genau genommen ja noch keinen anderen außer ihm hatte. Keine Ahnung, wie er das sah. Vielleicht sollte ich die Sache mit Benjamin einfach vergessen und selbst die Initiative ergreifen und Noah.. Initiative.. Ich war doch weder feige noch schüchtern. Und was ich wollte, war klar. Ich wollte keinen Film, sondern Benjamin. Vielleicht ging es ja wirklich nur um das eine.
      "Ich will.. dich.. Benjamin..", gestand ich nun, während ich ihm in die Augen sah und beugte mich anschließend zu ihm rüber. Ich legte meine Hand an seine Wange und meine Lippen auf seine, wobei ich meine Augen schloss. Es war ja nicht unser erster Kuss, also war er davon hoffentlich nicht so überrascht.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco
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