I wanna be a knight, no matter what [Kiimesca & Haruka]

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    • Martin

      Wie angekündigt, tauchten wirklich alle Schüler der Akademie im Gemeinschaftsraum auf, um uns zu begrüßen. Ich erhob mich aus dem Sessel und stellte mich zu den anderen, wobei ich die Arme vor der Brust verschränkte und das Mädchen ansah, dass sich uns als erstes vorstellte. Danach sorgte sie dafür, dass sich auch die anderen vorstellten. Entweder stand sie gern im Mittelpunkt oder sie wurde von den anderen in diese Rolle gesteckt.
      Auf mich wirkten die Schüler wie Aasgeier, die sich um uns versammelten.
      "Das klingt toll, Cirilla. Meine Freunde sind auch dem Aufklärungstrupp beigetreten und nächstes Jahr werden Martin und ich ebenfalls beitreten", antwortete Ruven streberhaft mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht. So musste ich wenigstens nicht auf ihre Frage antworten, weshalb es mich nicht störte, dass Ruven auch für mich sprach. Unsere Namen hatten wir ja schon genannt. Die Namen der anderen hatte ich schon wieder vergessen. Da ich nichts besseres zutun hatte, ließ ich meinen Blick über die anderen schweifen und blieb bei einem Mädchen hängen, dass uns anglotzte und breit lächelte, als ich sie ansah. Alis war ihr Name, den ich mir nur merken konnte, weil ich sie für einen Jungen gehalten hatte, bis ihre Stimme ihr Geschlecht verriet. Im Gegensatz zu dieser Lorae hatte sie nichts zu verstecken. Dabei schien sie alt genug zu sein, um Brüste haben zu müssen.
      Mein Blick hatte sie offenbar ermutigt, näher an mich heranzutreten.
      "Ihr wollt also zum Aufklärungstrupp?", fragte sie, wobei ihr Grinsen mir so vorkam, als würde sie sich unheimlich darüber freuen. Komisches Mädchen.
      "Ja."
      "Ihr könnt bestimmt gut mit Waffen umgehen, oder?"
      Ihre Aufregung schien zunehmend zu wachsen.
      "Ja."
      "Dann.. werdet ihr das letzte Jahr bestimmt nutzen, um viel zu trainieren, oder?"
      "Ja."
      "Du bist nicht sehr gesprächig, oder?"
      "Nein."
      "Na egal. Ich wollte fragen, ob ich mit euch trainieren kann."
      "Wieso?"
      "Na, weil ich auch nächstes Jahr zum Aufklärungstrupp will. Aber ich hab niemanden, der mit mir trainieren will.."
      "Hm.."
      Glücklicherweise hatte Ruven sein Gespräch mit Cirilla offenbar beendet und wandte sich uns zu.
      "Lasst mich mitmachen! Biiiiiiiiiiiitteeee~"
      Sie meinte das wirklich ernst.
      "Klar kannst du mitmachen", meinte Ruven mit einem sanften Lächeln, dass Alis' Augen fast zum Leuchten brachten.
      "Danke! Ich bring euch dafür auch alles bei, was ich von meinem Vater weiß!"
      Da Ruven da war, musste ich zumindest nicht mehr antworten.
      "Ist dein Vater etwa beim Aufklärungstrupp?"
      "War er. Aber er hat nur noch ein Bein. Trotzdem kann er noch ganz gut kämpfen und er will auch wieder zurück! Deshalb hab ich ihm ein neues Bein gebaut, mit dem er besseren Halt haben wird."
      Wenn Ruven sich weiter so mit ihr unterhielt, würde sie uns noch ihre ganze Lebensgeschichte erzählen..
      "Wow, das klingt echt beeindruckend."
      "Für irgendwas muss diese Ausbildung ja gut sein", meinte sie und kicherte leise.
      "Also interessiert du dich gar nicht für Technik und sowas?"
      "Nicht wirklich. Aber ich hab ein paar nützliche Dinge gelernt. Es ist also schon ziemlich interessant."

      ________

      Lorae

      Sven war immer noch zu gut für mich, aber ich hatte das Gefühl, dass ich mich schon gebessert hatte. Das Kampftraining vor der Schlacht half mir auch dabei.
      Als Baldr sich uns näherte, hielt Sven bereits inne, bevor er sich hinter mir räusperte und ich mich zu ihm umdrehte.
      "Hey Baldr. Natürlich", antwortete ich mit einem Lächeln.
      Für Baldr hätte ich immer Zeit.
      Sven nickte ihm grüßend zu und löste Valerius gegen Tyler ab, der sich dann setzte und etwas Wasser trank.

      "Hast du das Buch schon durchgelesen?", eröffnete ich das Gespräch mit ihm und legte meine Hände auf den Rücken, da ich nicht wusste, wohin damit und vermeiden wollte, Baldr's Hand zu halten. Immerhin wollte ich Levi nicht unnötig aufbringen. Zumindest hatte er Baldr die letzten Tage in Ruhe gelassen, was mich sehr erleichterte.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco
    • Ich erwiderte Sven´s Nicken und entfernte mich ein Stück von den anderen.
      "Das Buch hab ich noch nicht fertig...irgendwie ist mir heute nicht nach lesen". Ich seufzte und formulierte mir im Kopf einen Satz vor: "Ich will mit dir ein wenig Zeit zu zweit verbringen. Also kein Sex oder so, sondern einfach...ein wenig...Spazieren?", fragte ich ein wenig unsicher.

      -----

      Franz lauschte dem Gespräch von Ruven und dieser Alis. Einige jüngere Schüler kamen auf ihn zu.
      "Und du? Unser Schulleiter wird dich bestimmt in unsere Klasse stecken. Du hast Glück, dass wir noch ganz am Anfang sind, sodass du noch nicht viel verpasst hast. Ich lass dich auch abschreiben."

      "Danke..wie war dein Name nochmal?"
      "Njord. Und das sind meine Freunde Vitya und das ist Jean-Pierre."
      "Du kannst mich auch JP nennen, wenn dir das Aussprechen einfacher fällt."
      "Tschann-Pier?"

      "Nein, Jean-Pierre. Meine Eltern kommen aus Francia."
      "Und meine aus Ruthenia", entgegnete Vitya mit ruhiger Stimme, in der ein auffälliger Akzent lag, "auch wenn es mir lieber wäre, du nennst mich Victor. Vitya ist ein Kosename, den nur Freunde und Familie in den Mund nehmen dürfen."
      Franz fielen die strengen orangenen Augen von Victor auf.
      "Es freut mich, euch kennenzulernen"
      , entgegnete er, dann wandte er sich wieder Njord zu: "Sind nur wir in einer Klasse?"

      "Nein. Wir haben noch Gabriel, Heath und Acker. Gabriel kommt aus Iberia und die anderen beiden aus Britannica."
      "Britannica? Wo ist das?"
      "Du hast in Geographie wohl nicht aufgepasst, wie? Das ist die Insel nordlich von Francia. Interessierst du dich denn für Technik oder bist du nur hier, weil du keine Wahl hattest?"
      Arion verschränkte die Arme vor der Brust.

      "Naja...ich, ich weiß nicht. Bisher war ich nur Knappe und derjenige, der mir viel beigebracht hat ist jetzt Ritter und im Aufklärungstrupp. Von Technik hab ich nicht viel Ahnung, schätze ich."
      "Nun, dann hast du Glück, dass du noch ganz am Anfang stehst. Deine Compañeros hingegen werden es hier schwer haben, so völlig ohne Grundwissen", sprach ein hübscher Junge mit längeren pinken, zu zwei Zwöpfen gebundenen Haaren und herrlich blauen Augen, der gemeinsam mit zwei anderen Jungs an die kleine Gruppe um Njord und Co. herantrat.
      "Ich bin übrigens Gabriel. Gabriel Garçia. Aber du kannst mich auch Gabi nennen. Die beiden Bellezas neben mir sind Acker Reese und Heath Moore."

      "Hello." "Hii~", wurde Franz von den Beiden begrüßt, jedoch war er noch mit diesen fremdartigen Worten beschäftigt, die dieser Gabriel ihm zuwarf.
      "Hallo...ähm, was bedeutet das, was du gesagt hast? Companjeros? Bellezas?"
      "Ah, das sind Worte aus meiner Muttersprache Hispanic. Compañero ist der Begleiter oder Weggefährte und Belleza die Schönheit. Wenn du willst, bring ich dir meine Sprache näher. Vielleicht können dir die anderen auch ihre Sprachen näherbringen."


      Cirilla lauschte den Gesprächen des Kennenlernens und nachdem die wichtigsten Dinge geklärt waren, räusperte sie sich und wandte sich an alle.
      "Nun, nachdem ihr euch einigermaßen kennengelernt habt, wird es Zeit, die Neuen in die bestehenden Gruppen einzubinden."
      Die Gruppenverteilung erfolgte ähnlich wie im Aufklärungstrupp und bedurfte keiner weiteren Ausführung.
      "Wir werden jetzt im Esszimmer eine Kleinigkeit essen und dann setzen wir uns im selben Raum an die Hausaufgaben. Die Neuen können gerne zuschauen oder sich auf dem Gelände aufhalten. Das Abendessen findet immer etwa zur siebten Abendstunde statt. Seit pünktlich oder es gibt nichts."
      Das Essen bestand aus Kohlrabi- und Möhrenstiften, die man in selbst hergestellten Quark tunken konnte. Dazu gab es Wasser.
      I'm a shape shifter at Poe's masquerade.

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    • Lorae

      Als Baldr meinte, dass ihm nicht nach lesen wäre und er seufzte, war ich ein wenig besorgt. Ob er es bereute, hierher gekommen zu sein? Vielleicht fühlte er sich hier unwohl..
      Bei seiner Frage, musste ich lächeln und spürte wieder dieses angenehm unangenehme Gefühl in meinem Bauch.
      "Gerne..", sagte ich leise und kämpfte gegen den Impuls nach seiner Hand zu greifen.
      "Mir gefällt es hier...", murmelte ich und betrachtete die Gegend, wobei ich an den seltsamen Gestellen hängen blieb, die weder wir, noch die älteren in den vergangenen Tagen benutzt hatten. Ich fragte mich, wozu sie gut waren, aber viel mehr fragte ich mich, wie es Baldr ging, weshalb ich mich zu ihm wandte.
      "Und dir? Geht es dir wieder besser?", fragte ich und sah in seine Augen.

      _______

      Ruven Avenor

      Alis erinnerte mich ein klein wenig an Lis. Nicht nur von ihrem Äußeren, hatte sie ebenso dunkles Haar und blaue - eher graublaue - Augen, sondern auch vom Charakter. Sie wirkte wie ein sehr lebhaftes Mädchen. Ich mochte sie sofort. Auch die anderen Schüler waren alle ziemlich nett. Franz hatte auch gleich eine ganze Schar um sich versammelt, was mich zum Schmunzeln brachte. Ein aufgeschlossener Junge wie Franz, würde hier schnell Anschluss finden.

      Dann wurden wir in Gruppen eingeteilt. Ein interessantes Konzept, dass es bei uns an der Wolfsakademie nicht gegeben hatte. Anschließend gab es etwas zu essen. Ich hätte mir nach dem anstrengend Aufstieg zwar etwas richtiges gewünscht, aber das war auch in Ordnung.
      Während Martin es wohl vorzog, sich auf das Gelände zu begeben, sah ich den anderen ein wenig über die Schultern. Ich wollte meine Zeit hier so sinnvoll wie möglich nutzen und lernen, so viel ich konnte.
      "Dein Freund ist wohl nicht so gesellig, hm?", fragte mich Alis, als ich bei ihr stehen geblieben war und sah kurz zu mir auf.
      Sie war schließlich in meinem Jahrgang, aber ich verstand rein gar nichts von dem, was sie sich da ansah.
      "Nicht wirklich. Aber er ist voll in Ordnung. Du solltest ihm keine Fragen stellen, zu denen du keine ehrliche Antwort willst, denn er ist extrem ehrlich. Zu ehrlich manchmal. Und wenn er denkt, dass seine Antwort zu verletzend sein könnte, schweigt er. Wenn du das weißt, weißt du, dass er nichts gutes denkt, wenn er dir nicht antwortet...", meinte ich und kratzte mich verlegen am Hinterkopf. Ich kannte ihn zwar nicht besonders gut, aber so viel wusste ich über ihn.
      "Ah, verstehe. Dann war er wohl auch nie besonders beliebt, oder? Es ist Gang und Gebe sich gegenseitig zu belügen oder zumindest ein wenig zu flunkern, um niemanden zu kränken."
      Ihre Hausaufgaben sahen für mich nach Mathematik aus, aber nach sehr wirrem Zeug.
      "Wenn du mich fragen würdest, wie ich deine Haare finde, würde ich mit gut antworten. Auch wenn sie mir nicht gefallen."
      Blinzelnd sah ich auf ihren Hinterkopf und rieb eine meiner Strähnen zwischen meinen Fingern.
      "Was gefällt dir daran denn nicht..?"
      Wollte ich die Antwort wirklich wissen? Warum erwähnte sie es überhaupt?
      Sie legte ihren Kopf in den Nacken und blickte zu mir rauf.
      "Sie sind viel zu ordentlich. Sehr glatt. Und sie glänzen wie Seide. Wahrscheinlich sind sie auch noch total weich."
      "Äh.."
      Ich wusste so schnell keine Antwort darauf, doch sie lachte leise.
      "Mach dir nichts draus. Ich mag halt Jungen mit struppigen Haaren lieber. Ist doch nur meine persönliche Meinung. Das heißt nicht, dass deine Haare niemandem gefallen."
      "Okay.."
      Sie widmete sich weiter ihren Hausaufgaben. Auch wenn sie etwas seltsam war, so mit Fremden zu sprechen, mochte ich sie irgendwie. Deshalb setzte ich mich neben sie und ließ mir ein wenig über ihre Hausaufgaben erzählen.

      _______

      Martin

      Das Essen war ganz in Ordnung, aber ich käme mir irgendwie seltsam vor, wenn ich dort herumlungern und die anderen beobachten würde. Deshalb beschloss ich auf das Gelände zu gehen, welches ich glücklicherweise recht schnell gefunden hatte. Dort sah ich mich einen Moment lang um, bis mir zu kalt wurde und ich nach einem vermutlich sehr großem Umweg in den Gemeinschaftsraum zurückkehrte, um mich vor den Kamin zu setzen.
      Ich konnte mich nicht so wirklich damit anfreunden, den Rest meiner Ausbildung an diesem Ort zu verbringen. Ich fühlte mich wie ein Bauernjunge, der sich in einem Schloss verlaufen hatte, wo er nicht hingehörte. Um mein Ziel zu erreichen, müsste ich mich allerdings nicht wohl fühlen und auch keine Freunde finden. Wobei das Mädchen nicht unrecht hatte. Mit einem Trainingspartner übte sich das Kämpfen wesentlich besser. Deshalb würde ich mich diesem Schicksal fügen und mit den beiden trainieren, um meinem Ziel näher zu kommen.
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      - Eugene Ionesco
    • "Es geht...die ersten Tage waren echt hart, auch wegen Levis Sonderbehandlung. Aber irgendwie scheine ich danach nicht mehr negativ aufgefallen zu sein. Keine Ahnung, was das sollte. Jedenfalls geht es mir wieder gut, auch wenn mir etwas Zweisamkeit fehlt."
      Als wir außer Sichtweite der anderen und damit völlig für uns alleine waren, drückte ich Lorae sanft gegen einen Baum und fing ohne Vorwarnung an, sie zu küssen. Für einen Moment überkam mich wieder diese Lust und obwohl ich wusste, dass es riskant war und wir Ärger bekommen könnten, fiel es mir schwer, diesem Gefühl zu widerstehen.
      Dennoch gelang es mir nach einer Minute inniger Küsse, sodass ich mich mit roten Wangen und diesem Kribbeln im Bauch von ihr lösen und mich wegdrehen konnte.
      "Ich..es tut mir Leid...das war nicht geplant...ich....wir sollten weiterlaufen, ja?"

      ------

      Am Abend betrat Janne wieder den Gemeinschaftsraum und zitierte die Neuen heran.
      "Herhören! Franz, du wirst ab Morgen in die Klasse unseres neuen Jahrganges gehen. In der ersten Stunde wirst du bei einer Helena Unterricht im Raum 06 Unterricht in der Mathematik haben. Die anderen werden in der Abschlussklasse in allen Fächern unterrichtet werden, die ihr bereits an der Wolfsakademie gehabt haben solltet. Das bedeutet Latein, Mathematik, Geographie, Astronomie und die Naturwissenschaftlichen Fächer. Da ihr jedoch die schwerpunktfachlichen Grundlagen der unteren Jahrgangsstufen nicht absolviert habt, werdet ihr euch diese in der Klasse des neuen Jahrganges aneignen. Der dafür zuständige Lehrer werde ich sein. Der Unterricht beginnt zur achten Morgenstunde. Ihr werdet jeden Tag sechs Einheiten mit je sechzig Minuten absolvieren. Nach jeder werdet ihr zehn Minuten Pause haben, nach der vierten dreißig zum Mittagessen. Am Sonntag findet kein Unterricht statt."
      Dann drückte er jedem der Neuen einen Stundenplan in die Hand. Für Ruven und Martin würde es morgen mit Latein bei einem Lucius im Raum 04 losgehen. Da diese Sprache ohnehin schon die ganze Zeit von ihnen und Jedem gesprochen wird und sich auf von Iberia im Westen bis nach Ruthenia im Osten auf dem ganzen Kontinent Laurasia ohnehin als eine Lingua Franca, eine Verkehrs- und Handelssprache zur einheitlichen Verständigung der unterschiedlichen Länder etabliert hat, sollten sie im besten Falle schnell Anschluss finden können.
      "Habt ihr noch Fragen?"
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    • Lorae

      "Ich glaube, er wollte dich testen.. Und ich denke, dass du den Test bestanden hast.."
      Eine andere Idee dazu hatte ich nicht. Wäre Levi sadistisch, hätte er Baldr noch weiter gequält.
      Gerade, als ich ihm sagen wollte, dass wir das durchstehen müssten, überraschte Baldr mich schon mit einem Kuss, währenddem ich den Baum in meinem Rücken spürte. Auch wenn ich ihn gerne küsste, sollten wir uns lieber zurückhalten. Andererseits war ich ganz anderer Meinung, als Levi, was Beziehungen im Trupp anging. Ob man seine Gefühle zeigte oder sich gegen sie wehrte, änderte nichts daran, dass man diese Gefühle hatte. Sich dagegen zu sträuben, wäre möglicherweise noch schlimmer. Baldr hielt es ja nicht mal eine Woche aus und auch mir fiel es nicht sehr leicht.
      Deshalb erwiderte ich seinen Kuss, hätte ihn jedoch selbst unterbunden, wenn Baldr sich nicht von mir gelöst hätte.
      "Es muss dir nicht leid tun..", sagte ich und gab ihm einen Kuss auf die Wange, bevor wir weitergingen.
      "Wenn wir uns genug anstrengen, toleriert Levi es ja vielleicht.."
      Wir mussten uns nur auf das Wesentliche konzentrieren, wenn es darauf ankam. Ich sah keinen Nachteil darin, warum sollte es bei Baldr anders sein?

      _____

      Ruven Avenor

      Nach kurzer Zeit hatte ich begriffen, worum es bei Alis' Hausaufgaben ging. Um mich zu prüfen, überließ sie mir sogar die letzte Aufgabe und beobachtete mich dabei.
      "Siehst du? Gar nicht so schwer, oder?"
      "Stimmt. Danke, Alis."
      Sie lächelte mich an und widmete sich den nächsten Hausaufgaben, wobei ich ihr wieder aufmerksam zusah.

      Am Abend saßen Martin, Alis und ich zusammen an einem Tisch, wobei Martin wie erwartet kaum ein Wort sprach. Alis hatte allerdings sehr viel zu erzählen und er hörte ihr genau so aufmerksam zu, wie ich. Sie erzählte uns von ihrem Vater, dem Aufklärungstrupp und ihrem Training. Das war sehr interessant und vielleicht konnte man unseren Schulwechsel auch als Glück bezeichnen, da wir so Alis kennengelernt haben.
      Später bekamen wir weitere Informationen zu unserem neuen Leben hier. Ich betrachtete den Stundenplan kurz, ehe Janne nach weiteren Fragen fragte.
      "Nein, Sir. Vielen Dank."

      Anschließend zogen wir uns nach draußen zurück. Es war kalt, doch nachdem wir eine Weile trainiert hatten, wurde uns warm genug, dass wir die Kälte für den Moment nicht mehr spürten. Alis zeigte uns ein paar wirklich interessante Kampftechniken, unter anderem einige Wurftechniken und worauf man alles achten müsste. Ihr Vater hatte ihr offenbar wirklich viel beigebracht. Ich fragte mich, wer hier wen trainierte, doch gemeinsam könnten wir uns wesentlich schneller verbessern. Hin und wieder hatte ich Lorae und Valerius beim Training zugesehen und das sah viel effektiver aus, als einfach nur gegen eine Holzpuppe zu kämpfen. Ein Jahr war viel Zeit, um sich auf unseren Beitritt beim Aufklärungstrupp vorzubereiten. Beim Training erinnerte Alis mich sogar ein wenig an Lorae. Sie war ähnlich ehrgeizig und sehr entschlossen. Dabei war sie aber nicht ganz so verbissen, wie sie. Martin hingegen übertraf selbst Lorae. Ich wusste nicht, was seine Beweggründe waren, aber er war überaus ambitioniert.
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    • "Ich denke nicht, dass er es tolerieren würde", entgegnete ich und nahm ihre Hand, um sie mit meiner zu umschließen. "Du hast ihn doch neulich gehört.."
      Langsam schlenderte ich mit ihr an meiner Seite die Strecke entlang, an der wir uns normalerweise immer aufwärmen und auslaufen sollen.
      "Wobei er wohl ohnehin bald sterben wird. Und wie es danach weitergeht bleibt abzuwarten."

      Wir waren noch eine ganze Weile händchenhaltend nebeneinander hergelaufen, dabei jede Menge geredet und gerade wieder die Stube erreicht, als Bertholdt uns bereits im Gemeinschaftsraum empfing.
      "Ihr seid spät und wart fast zwei Stunden weg. Euch ist schon bewusst, dass nach der zehnten Abendstunde Ausgangssperre ist? Inzwischen ist es fast 11."
      Er trat näher an uns heran und kniff seine Augen zusammen.
      "Habt ihr das getan, wovon ich ausgehe, dass ihr es getan habt? Ihr wisst schon, S-E-X?"


      -------

      Franz beobachtete unterdessen seine künftigen Klassenkameraden bei ihren Hausaufgaben und versuchte, sich ein wenig des ihm dabei zur Verfügung stehenden Wissens aufzuschnappen.
      Eine Weile später wurde von Cirilla und einigen anderen das Abendessen vorbereitet, wobei sie als eine des Abschlussjahrganges das Kommando innehatte.
      Um Franz gleich an die für ihn neuen Lebensumstände zu gewöhnen, wurde er bereits mit eingespannt und mit Kartoffeln und Möhren schälen sowie kleinschneiden beauftragt.
      Die Schalenreste würden später an die Schafe und Bergziegen auf dem Freigelände des Schlosses - welches an das Trainingsgelände anknüpfte - verfüttert.

      Das Abendessen wurde etwa eine Stunde später serviert. Im Gemeinschaftsraum hing eine größere Glocke, die manuell geläutet werden konnte um alle innerhalb des Wohnbereiches darauf hinzuweisen. Wer sich außerhalb davon aufhielt, musste sich an eine Uhren des Schlosses orientieren, um nicht zu spät zu kommen. Glücklicherweise gab es davon reichlich: in der Bliblothek eine, eine in jedem Klassenraum, eine große Pendeluhr im Eingangsbereich, in jedem Schlafzimmer, im Gemeinschaftsraum und der Küche, in der Klinik und sogar eine auf dem Trainingsgelände.
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    • Lorae

      "Ja.. wohl nicht..", murmelte ich und lächelte dennoch. Ich zweifelte nicht daran, dass Levi etwas so meinte, wie er es sagte, aber er brauchte Leute. Ich war nicht überheblich, aber selbstbewusst genug, um zu sagen, dass ich eine gute Soldatin für den Aufklärungstrupp werden würde.
      "Ja.." Die Frage, wer Levi's Nachfolger werden würde, wollte ich mir nicht stellen. Ich würde es sehen, wenn es so weit wäre. Es war schon frustrierend genug, dass er sterben wird. Abgesehen davon, wie er Baldr schikanierte, bewunderte ich ihn sehr.

      Es war schön, Zeit mit Baldr zu verbringen. So schön, dass wir dabei wohl die Zeit vergessen hatten, woran Bertholdt uns freundlicherweise erinnerte, als wir die Stube betraten. Entschuldigen brachte wohl nichts, weshalb ich von der Uhr wieder zu ihm sah, als er näher kam.
      "Nein, wir hatten keinen Sex. Wir sind nur über das Gelände spaziert und haben uns unterhalten", meinte ich und erwiderte seinen Blick. Vermutlich würde er es uns eh nicht glauben.
      "Willst du es überprüfen?", fragte ich, ohne mein Gesicht zu regen. Ich wollte ihn nicht provozieren oder mich lustig machen. Aber mir wäre es auch nicht peinlich, wenn er wirklich wollen würde, dass ich meine Hosen herunterlasse. Es wäre schon eigenartig, wenn er nach Baldr's Samen schauen würde, aber wenn es ihn glücklich machte. Das bezweifelte ich allerdings.

      ______

      Alis Støldahl

      Ich war ganz aus dem Häuschen, dass ich diese beiden Jungen getroffen hatte. Das war Schicksal! Ruven war unglaublich nett. Ein höflicher Typ, der bestimmt noch nie etwas gemeines in seinem Leben gesagt hatte. Er war aber auch gar nicht so schwach, wie er aussah. Und Martin war sehr schweigsam, aber zumindest höflich genug, dass er antwortete, wenn man ihn etwas fragte. Auch er war ziemlich stark, auch wenn beide nicht so geschickt waren wie ich. Sie würden es schnell lernen und dann würden wir gemeinsam stark werden. Ruven schien außerdem auch ziemlich intelligent zu sein und begriff sehr schnell, wenn ich ihm etwas erklärte. Bei den Hausaufgaben und beim Kampftraining. Womit ich nicht gerechnet hatte, war, dass Martin auch ein schlaues Köpfchen war. Ich mochte die beiden jetzt schon. Wir würden gute Freunde werden.

      "Das war großartig!"
      Leider viel zu kurz und am liebsten hätte ich noch weiter trainiert, aber ich hatte Hunger und die beiden sicher auch. Die Uhren, die nur schwer zu übersehen waren, zeigten uns schließlich, dass es bald essen gäbe.
      Beim Essen geriet ich irgendwie zwischen die beiden. Ruven hatte sich zuerst gesetzt - auf den linken Platz von 3 freien. Kurz darauf, nahm sich Martin allerdings den rechten und nicht den, in der Mitte, sodass dieser mir übrig blieb.
      Martin war ein langsamer Esser und ich war bereits fertig, als er noch die Hälfte auf seinem Teller liegen hatte. Ruven hatte kurz nach mir aufgegessen.
      "Das war lecker. Ich bin pappsatt", meinte ich lächelnd und lehnte mich zurück.
      "Ja, aber ich hätte noch mehr essen können..", antwortete Ruven und zuckte mit den Schultern.
      Daraufhin schob Martin seinen Teller an meinem Platz vorbei.
      "Du kannst den Rest haben."
      "Was? Bist du etwa schon satt?"
      "Ja."
      "Sicher?"
      "Ja."
      "Okay.. danke.."
      "Bitte."
      Ruven hatte etwas gezögert, ließ es sich dann aber schmecken. Ich blickte Martin an, etwas verwundert darüber, was da gerade geschehen war.
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      - Eugene Ionesco

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    • "Nein. Ich glaube euch. Außerdem riecht ihr nicht nach Sex und seht auch nicht so aus. Und jetzt Abmarsch, sonst muss ich den Hauptgefreiten informieren", sprech Bertholdt sanft aber bestimmt.
      Dann trat er ab und zog sich in den Schlafraum zurück, in dem inzwischen nur noch unsere Betten leer waren.

      Nach einigen Augenblicken - wir hatten uns noch ein wenig gewaschen und umgekleidet - verabschiedete ich mich mit einem Kuss auf den Mund und den Worten "das war schön, fand ich. Schlaf gut" von ihr und legte mich in mein Bett.
      Jedoch fand ich noch eine ganze Weile lang keinen Schlaf. Mich beschlich ein ganz komisches Gefühl...

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      Franz zeigte sich von Martins Aktion während des Abendessens relativ unbeeindruckt. Zum einen war das Abendessen zu lecker und für seinen, nach Wachstum strebenden, Körper längst überfällig und zum anderen war er zu sehr in die Gespräche mit seinen Klassenkameraden beschäftigt.
      Leider waren die Themen nicht sonderlich tiefgründig und dadurch, dass er bereits früh schlafen gegangen war - die lange, kräftezehrende Reise hatte ihren Tribut gezollt - endete der Abend für ihn früh doch auch die anderen seines Jahrganges blieben nicht viel länger auf.

      -----

      Irgendwann in der Nacht - alles was keine Nachtwache war, schlief bereits - erreichten Dimitri und sein Gefolge die Mauern der Eulenakademie.
      "Na endlich! Lasst uns nicht noch mehr Zeit verlieren, ja? Ich will bis zum Sonnenaufgang wieder unten im Tal sein."
      "Bedeutet das...?"
      "Ja! Ausschwärmen!"
      "Verstanden!"
      Die beiden Bogenschützen Saizew und Pawlitschenko warfen ihre Enterhaken aus und zogen sich an der Außenmauer hoch und teilten sich auf.
      Saizew eilte die Mauer links entlang, seine Verlobte die andere Seite.
      Ihre Aufgaben waren es, die Nachtwachen zu eliminieren und von innen das Falltor zu öffnen, damit Dimitri und die anderen nachziehen konnten.
      Jedoch war die Gegenwehr erstaunlich gering und es dauerte keine zwei Minuten, bis die Handvoll Wachen eliminiert sowie das Tor geöffnet waren und sich die gesamte Truppe auf dem Platz vorfand.
      "Gute Arbeit. Falco, du hältst dich zurück, ja?", er drückte ihm einige Rauchbomben in die Hand, "sollten wir in Schwierigkeiten geraten, gebe ich dir ein Zeichen und ich hoffe, du weißt, was du zutun hast."
      Falco nickte entschlossen und verstaute die Rauchbomben, dann begab er sich in eine sichere Postion. Dimitri wandte sich nun den anderen zu:
      Pawlitschenko und Saizew suchen nach einer Möglichkeit, den Eingang freizulegen und geben uns von der Mauer Rückendeckung, sollte uns der Fluchtweg versperrt werden und egal, was passiert, ihr bleibt auf eurer Positon. Der Rest kommt mit mir."
      Dann teilten sich die Mitglieder entsprechend Dimitris Vorgaben auf.
      Schnell war eine Mechanik in einer Nische innerhalb der Mauer gefunden, welche es ermöglichte, immerhin einen der beiden massiven Türholzflügel mittels eines Drehrades zu öffnen. Das sollte genügen.
      Auf diese Weise verschaffte sich Dimitri mit Karpow und Kasparow Zutritt und fanden sich in der pompösen Eingangshalle wieder.
      "Nicht schlecht", murmelte Karpow, wurde von Dimitri jedoch mit einem "Schh"-Fingerzeichen daran erinnert, ab hier nur noch mit Handzeichen zu kommunizieren.
      Da sie nicht so recht wussten wo sich die Werkstätten befanden, suchten sie nach und nach die einzelnen Bereiche in unmittelbarer Nähe zum Eingangsbereich ab und fanden sich schließlich vor den verschlossenen Türen von Janne´s Labor, den Lagern und Werkstätten wieder.
      "Hier muss es sein", gab der blonde Anführer mittels Handzeichen zu verstehen und deutete auf die Werkstatt des Schulleiters, in der diverse Prototypen gelagert waren.
      Das Schloss mit einer Säure verätzt bis es einfach abfiel und die Tür mit einem Tritt gewaltsam geöffnet, betraten sie besagtes Zimmer und krallten sich blindlings jeden Prototypen, den sie dort finden konnten - die verbesserten Apparaturen, die Leuchtrevolver und die Donnerspeere und verstauten sie in großen Ledertaschen, die sie sich am Rücken befestigen konnten. Außerdem durchsuchten sie die anderen Werkstätten und Lager. Nach fünf Minuten hatten sie alles abgesucht, sich mit ausreichend Ausrüstung eingedeckt und waren gerade dabei, durch die Eingangstür nach draußen zu verschwinden, als von oben plötzlich Janne mit seiner Apparatur von der Decke stürzte und dabei Karpow einen harten Tritt verpasste, sodass er ächzend nach hinten taumelnd auf den Boden knallte.
      "Darf ich fragen, wohin die Herren gedenken, mit meinen Prototypen und meiner Ausrüstung zu verschwinden?"
      Janne blieb dabei gewohnt gelassen und entspannt, während er den Ausgang blockierte.
      "Ich will mich für den Verlust meiner geliebten Schwester und den Verlust der Akademie meines Vaters bei den Verantwortlichen rächen."
      "Rache, hm? Amüsant. Wer sind denn die Schuldigen?"
      "Ein Haufen Leute, einige von ihnen aus dem inneren Kreis der Königsfamilie."
      "Und du willst sie töten, selbst König werden und dann alle anderen zur Rechenschaft ziehen?", mutmaßte Janne.
      "Ja."
      "Amüsant. Was ist, wenn du den König ermordet hast? Glaubst du, die Bürger wollen einen Königsmörder als dessen Nachfolger? Du hast im
      Geschichtsunterricht nicht aufgepasst, Junge."

      "Lass das mal meine Sorge sein. Ich kann mich auch zum Kaiser krönen oder eine Diktatur gründen. Mir stehen herrschaftspolitsch alle Türen offen."
      "Sicher", sprach Janne mit herablassender Geste. "Du klingst genauso naiv wie mein Sohn. Du glaubst, für das Gute und die Gerechtigkeit einzutreten, ziehst damit aber am Ende dein ganzes Land ins Verderben. Ein König sollte im Interesse seines Volkes handeln und nicht, um eigene Rachegelüste zu befriedigen und damit seiner eigenen Definiton von Gerechtigkeit Genüge zu leisten. Für einen Kaiser gilt dasselbe. Lass mich dir einen Rat geben: Der Weg der Rache ist niemals ein gerader Weg, sondern ein Wald in dem man sich schnell verirren kann. Und wie mir scheint, hast du dich auf deinem Rachefeldzug in meine Akademie verirrt und ich hoffe, du erwartest nicht, dass ich dich jetzt so ohne weiteres gehen lasse, oder?"
      "Doch...genau das erwarte ich." Dimitri erhob sein Schwert: "Asaruludu, leih mir deine Kraft!", dann begann die Klinge zu glühen, ehe sie in Flammen aufging.
      "Faszinierend."
      "Lass uns gehen!"
      Janne begab sich nun in Kampfposition: "Dieser Bitte kann ich nur nachkommen, wenn ihr euer gesamtes Diebesgut vor euch auf den Boden legt. Du magst vielleicht dieses seltsame Schwert dein Eigen nennen, doch ich habe diese verbesserte Apparatur hier, meine Donnerspeere und die Erfahrung des Aufklärungstrupps. Wollt ihr es wirklich mit mir aufnehmen?"
      Ohne Janne eine weitere Antwort zu würdigen, machte Dimitri einen Satz nach vorne und griff ihn an, jedoch schoss er mit dieser Apparatur nach oben, vollführte in der Luft eine Drehung und trat dem Blonden das Schwert aus der Hand, wo es mehrere Meter weit durch die Luft flog und ein Stück über den Steinboden schlitterte, ehe er Dimitri mit einer weiteren Drehung ins Gesicht trat und ihm einen Zahn ausschlug.
      Mit einem Sturzflug sauste er nun auf Kasparow zu, während er seine Klingen zückte und mit einem Wisch zu einem Angriff ausholte. Jedoch konnte er ausweichen und zückte seinerseits eine Armbrust.
      "Eine Armbrust? Nett", rief Janne. Dann kam der erste Bolzen herangerauscht, dem er ausweichen konnte, ehe ein Gegenangriff folgte der Kasparow am Bein verletzte und zu Boden warf.
      Gleichzeitig hatte Dimitri sein Schwert zu sich beschworen und griff den Leiter erneut an, jedoch vergeblich.

      Minutenlang tobte ein unerbittlicher Kampf, der bis in den Wohnbereich zu hören war.
      Janne war ein unglaublich zäher Kämpfer und wusste genau, was er tat und Dimitri wurde irgendwann klar, dass es so nicht weitergehen konnte, auch weil er Asasruludus volle Macht nicht ausspielen konnte, da er sonst Karpow und Kasparow in Gefahr bringen würde.
      Hektisch griff er daher nach einem dieser Leuchtrevoler und zielte auf den freien Ausgang.
      Eine rötliche Kugel sauste aus dem Lauf durch den Eingangsbereich bis auf den Platz, wo sie irgendwann in den Schnee fiel und erlosch,
      Das würde wohl das Zeichen sein, dachte sich Falco und machte sich auf den Weg.
      Als er schließlich ins Gebäude trat und einige Rauchbomben verteilte, die den gesamten Eingangsbereich in dichten Nebel hüllten und Janne für einen Moment die Orientierung beraubten, schafften es DImitri, Karpow und Kasparow mit Falco hinaus ins Freie.
      Als er schließlich wieder klar sehen konnte, waren die Eindringlinge bereits mit der gestohlenen Ausrüstung auf den Platz mit der Statue vorgeprescht.
      Blitzschnell schloss Janne auf, machte in der Luft eine vertikale Drehung um die eigene Achse um einigen Pfeilen zu entgehen, dann feuerte er zwei Donnerspeere ab, ehe erneut Pfeile von Pawlitschenko und Saizew auf ihn einprasselten, verletzten und zu Boden zwangen.
      Mit einem charakeristischen Surren feuerten die beiden Speere unmiittelbar vorher dennoch ab und flogen direkt auf die drei zu.
      Dann explodierten sie. Kasparow wurde direkt von einem Speer durchbohrt und bei dessen Detonation einfach zerfetzt. Karpow wurde umhergeschleudert und knallte gegen eine Wand. Dimitri hechtete hinter eine Hauswand und schaffte es gerade noch, den schlimmsten Folgen der Explosionen zu entgehen.
      Dann war der Kampf entschieden. Die beiden Bogenschützen eiten zu Karpow und Dimitri und halfen ihnen auf die Beine.
      Falco, der sich zurückgehalten hatte und damit der Aufmerksamkeit des Schulleiters entgangen war, schloss zu ihnen auf.
      Schließlich verschwanden sie mit mehreren der Taschen im Schneegestöber und ließen einen verwundeten Janne alleine im Schnee zurück.
      I'm a shape shifter at Poe's masquerade.

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    • Lorae

      "Jawohl. Wird nicht wieder vorkommen", versprach ich ihm und machte mich bettfertig. Zum Glück glaubte Bertholdt uns auch so und war dabei auch noch recht freundlich. Diese Freundlichkeit würde ich jedoch nicht überstrapazieren wollen. In Zukunft sollten wir die Uhrzeit nicht aus den Augen lassen.
      "Fand ich auch.. Gute Nacht, Baldr..", hauchte ich lächelnd nach dem Kuss und legte mich anschließend in mein Bett. Auch wenn ich nicht viel sehen konnte, lag ich mit dem Gesicht zu Baldr gewandt und stellte mir einfach sein Gesicht vor. Wir waren nicht mal eine Woche hier und hatten schon so viel Ärger auf uns gezogen. Irgendwie müsste ich das besser unterbinden, aber wie? Ich wollte Baldr's Gefühle nicht verletzen. Ein Spaziergang war ja wohl kein Verbrechen, solange wir auf die Zeit achteten.

      ______

      Martin

      Wir - oder besser Ruven - unterhielten uns noch eine ganze Weile mit Alis. Sie redete wirklich viel.. Aber es war durchaus interessant. Kein Wunder also, dass Ruven und ich fast an ihren Lippen hingen und ihren Worten mit Faszination lauschten.
      Irgendwann wurde es jedoch uninteressant, als Alis uns wohl alles über die Ausbildung beim Aufklärungstrupp erzählte, was sie wusste und es deshalb etwas privater wurde. Ruven erzählte von seiner Familie, der Bäckerei und auch von seinen Freunden, die jetzt gerade die Ausbildung absolvierten, die wir anstrebten.
      "Wirklich? Sie hat sich als Junge verkleidet?"
      "Ja. Marius meinte, dass sie einfach ihre Brust abgebunden hat. Sie war auch immer so früh wach, vermutlich, damit sie sich beim Waschen keine Sorgen machen musste."
      "Ich wär auch gern an der Wolfsakademie gewesen.."
      "Dafür hättest du dich nicht mal verkleiden müssen."
      Stille. Die beiden schauten mich an. Ruven etwas fassungslos, aber Alis sah nicht wütend aus.
      "Ahja? Große Brüste sind doch vollkommen überbewertet."
      "Du hast aber nicht mal kleine Brüste..", meinte ich, ohne böse Absichten.
      "Ich mag keine Brüste."
      Erneut war Stille, während wir nun Ruven ansahen, dessen Augen zwischen uns umhersprang. Wollte er sie damit beruhigen? Dieses Gespräch nahm seltsame Wendungen, aber es schien keinem von beiden irgendwie unangenehm zu sein. Mir auch nicht.
      "Ich auch nicht."
      Alis legte ihren Kopf schief und sah nun zu mir.
      "Ihr seid schon komische Vögel.."
      "Bist du sauer?", fragte ich, obwohl sie nicht so aussah.
      "Nein!", lachte sie.
      "Gut."

      Ich schlief schnell ein, damit hatte ich noch nie Probleme. Doch der Lärm, der nachts zu hören war, weckte vermutlich nicht nur mich.
      "Bleib hier..", sagte ich zu Lars und ging auf den Flur, wo ich auch einigen anderen Schülern begegnete.
      "Was.. war das?", fragte mich Ruven, der noch direkt vor seiner Tür stand, um Franz zu beruhigen, der im Zimmer bleiben sollte.
      "Willst du nachsehen?"
      "Und dabei draufgehen?"
      "Du bist ja mutig...", murmelte ich.
      "Das hat nichts mit Mut zutun. Es ist dumm, sich Gefahren auszusetzen, denen man noch nicht gewachsen ist."
      "Ja.."
      Also sollten wir einfach hier bleiben? Ob die Lehrer sich darum kümmern würden?
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco

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    • Irgendwann war ich eingeschlafen und wurde erst wach, als Levi zum üblichen Appell aufrief. Auch dieser Tag verlief genau wie die vorherigen.

      ------

      Franz war gerade ins Land der Träume entschwunden, als er ein weit entferntes Poltern hörte. Augenblicklich schreckte er hoch. Entgegen seiner Vermutung war es kein Produkt eines Traumes, sondern real, da dieses Gepolter nun wieder ertönte. Irgendwie erinnerte das Gepolter ihn an Kampfgeräusche...
      "Was ist das?", murmelte er zu Ruven, der bereits vor der Tür stand, ihn beruhigte und bat, im Zimmer zu bleiben.
      Jedoch dachte er gar nicht dran. Als Ruven sich entfernt hatte, zog er sich an und schlich aus dem Zimmer.
      Zumindest war dies sein Plan, der jedoch durch das Auftauchen von Cirilla vereitelt wurde.
      "Geh zurück in dein Zimmer, ja?"
      "Ich bin schon stark und kann kämpfen."
      "Nein, du bist ein Kind und Kinder gehören um diese Uhrzeit ins Bett. Außerdem...woher willst du wissen, dass das ein Kampf ist?"

      "Solches Geklimper hab ich an der Wolfsakademie fast jeden Tag gehört."
      "Das bildest du dir nur ein und jetzt geh wieder rein, ja?",
      sprach Cirilla sanft und legte eine Hand auf seine Schulter.

      "Fang mich doch",
      entgegnete Franz, riss sich los und rannte in den Gemeinschaftsraum und den Gang entlang bis an die Plattform, wo die beiden Treppen hinab in die Eingangshalle führten. Er hockte sich hinter das Geländer, spähte durch die Lücken und bekam beim Anblick von Dimitri einen großen Schock.
      "D..Dimitri?", murmelte er und es wurde nicht besser, als er mit Falco ein weiteres bekanntes Gesicht sah.
      "F..Falco, was macht ihr denn da?". murmelte er vor sich hin.
      "Sag nicht, du kennst diese Typen", murmelte Cirilla, die ihm nicht direkt hinterhereilen konnte, da die anderen Schüler ebenfalls aus ihren Zimmern getreten waren und sich über die nächtlichen Geräusche wunderten.
      "Doch. Der große blonde ist Dimitri, der Sohn vom Leiter der Wolfsakademie und der Junge, der gerade die Rauchbomben wirft ist Falco, ein ehemaliger Schüler."
      "Unfassbar..."
      , murmelte sie, dann kamen die Lehrer angeeilt.
      "Was ist hier für eine Unruhe?", fragte einer von ihnen.
      "Der Schulleiter wurde von Fremden angegriffen", entgegnete Cirilla und deutete hinab in den Rauch, der sich gebildet hatte.
      "Was redest du, Mädchen?", entgegnete eine andere ungläubig.
      "Geht zurück in eure Zimmer und zwar alle und augenblicklich!", sprach die älteste Lehrerin mit strenger Miene und machte eine eindeutige Handbewegung.
      "Jawohl, Miss Minerva", sprach Cirilla und packte Franz am Arm, der keinen Widerstand leistete. In ihm arbeitete es.
      Die Lehrer eilten nach unten und als sich der Rauch einen Moment später lichtete, schoss Janne hinaus in die Nacht, um die Diebe doch noch zu fassen.

      -----

      "Das werdet ihr bereuen", keuchte Janne, nachdem er sich langsam aufgerichtet und die Pfeile aus dem Körper gezogen und weggeworfen hatte.
      Er wusste nicht, woher sie kammen, wer sie schickte und kannte nicht einmal ihre Namen. Das einzige, was er wusste war, dass der blonde Anführer der Sohn des Leiters der Wolfsakademie sei. Janne blickte nachdenklich in den Himmel und ballte seine Fäuste. Die Spitze eines Pfeils, den er noch in einer Hand hielt, bohrte sich ein Stück in die Handfläche. Blut trat aus, floss aus seinem Handgelenk und tropfte auf den schneebedeckten Boden. Seine grauen Haare wehten im Wind umher und bedeckten seine Augen.

      Ein Lehrer trat nach draußen und blickte sich entsetzt um.
      "Janne? Ist alles okay?"
      "Harald...wir wurden überfallen und unserer Prototypen beraubt."
      "Bitte was? Ich...hat dieser Ragnar damit zutun?"

      "Neein...Ich denke nicht, dass er etwas damit zutun hatte....Ragnar würde die anderen Wachen nicht einfach so töten und dann noch die Dreistigkeit besitzen mich zu bestehlen. Er wollte die ganze Zeit nur meinen Skalp und mehr nicht."

      Janne drehte sich zu seinen Kollegen um: "Der Anführer dieser Schweine deutete an, der Sohn des Leiters des Wolfsbaus zu sein und dass er den König seines Landes stürzen wolle."
      "Der Sohn von Wladimir? Dimitri?"
      "Dimitri, sagst du? Schmeiß die Druckerpresse an. Ich brauche bis morgen Vormittag einige Flugblätter. Und sag unserem Gast, er soll sich morgen nach dem Frühstück bei mir im Büro melden. Und sattel sein Pferd und gib ihm Vorräte."
      "Was hast du vor?"
      "Rache ist ein Gericht, dass man am Besten kalt serviert, findest du nicht auch?"
      Janne lächelte Harald überzeugt an.


      ---

      Eine ganze Weile herrschte betretenes Schweigen, während die Gruppe um Dimitri auf den Pferden, die sie in der Nähe der Akademie zurückgelassen hatten, den steilen Weg ins Tal hinabritt.
      "So eine Scheiße", fluchte Karpow aufgrund des Verlustes von Kasparow und seinen eigenen Verletzungen.
      "Immerhin haben wir unser Ziel erreicht..", entgegnete Saizew.
      "Was sagst du eigentlich dazu, Dimitri? Du hast die ganze Zeit nichts dazu gesagt, sondern pfeifst nur diese seltsame Melodie. Was ist das überhaupt für eine?", sprach Pavlitschenko mit säuerlicher Miene über Dimitris äußere Kühle wegen des Todes seines Kameraden.
      "Das mit Kasparow tut mir Leid. Doch wie Saizew bereits sagte, haben wir unser Ziel erreicht und das ist am Ende alles was zählt. Und was die Melodie angeht, sie heißt Teufelskreis. Ich hab sie von meiner Mutter."
      "Was werden wir jetzt tun?"
      "Nachdenken und uns irgendwo einmieten. Außerdem muss Pavltschenko unsere Ausrüstung überprüfen."
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    • Ruven Avenor

      Franz' Neugierde schien größer zu sein, als ich dachte. Er redete nicht nur gern, sondern ließ sich auch nicht davon abhalten, davonzulaufen.
      Cirilla kümmerte sich zwar um dieses Problem, doch ohne sie, befürchtete ich, würden die anderen Schüler hier unruhig werden. Aus irgendeinem Grund schien Cirilla hier eine große Autorität zu besitzen. Martin würde sich so weit wie möglich raushalten. Scheinbar blieb es also an mir hängen.
      "Okay, geht alle wieder ins Bett, ja? Ihr habt Cirilla gehört. Sie macht das schon, also gibt es keinen Grund, dass noch mehr Leute nachsehen. Na los", verlieh ich Cirilla's Worten, bevor sie Franz hinterher eilte, noch etwas Nachdruck.
      Falls sich doch nicht jeder daran halten und wie Franz türmen wollen würde, blieb ich mit Martin und zwei anderen älteren Schülern im Gang stehen.
      "Du kannst ja sogar einigermaßen streng klingen..", meinte Alis, eine von den beiden älteren, und lächelte, während ihre Arme auf ihrem Rücken lagen.
      Was sollte das denn wieder heißen? Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass mich alle für ein Weichei hielten.. Lag das an meinem Aussehen? Vielleicht weil ich die meiste Zeit über einfach nur nett zu den anderen war.
      "Da kann man sich ja fast in dich verlieben."
      Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und sah sie kurz mit hochgezogener Augenbraue an. Sie schmunzelte ein wenig.
      "Das würde ich dir nicht empfehlen."
      "Hmm.. weil du auf Jungs stehst? Scheint ja ziemlich verbreitet zu sein. Hab mal zwei knutschen sehen. Und dann meint ihr beiden, dass ihr keine Brüste mögt. Sehr eindeutig."
      "Ich steh nicht auf Jungen", meinte Martin, der sich an eine Wand gelehnt hatte und nicht weit von uns stand.
      "Weil Beziehungen im Aufklärungstrupp nicht geduldet sind."
      "Wer sagt denn sowas?"
      "Der Hauptgefreite Levi."
      "Ja, der soll wohl ziemlich speziell sein, sagt Paps."
      Speziell traf es wohl ganz gut, wobei ich selbst gar nicht so viel von ihm mitbekommen hatte. Marius hatte mir aber einiges über ihn erzählt.
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    • Wenig später befand sich Franz wieder im Zimmer. Nachdem sie ein letztes Mal nach den anderen geschaut und sich ihres Gehorsams vergewissert hatte, begab sie sich zu Ruven, Martin und Avis.
      "Die Lehrer und die Krankenschwestern kümmern sich um die Verletzten. Ich hoffe nur, dass es dem Schulleiter gut geht und er diese Leute schnappen konnte."
      Dann packte er sich Ruvens Arm und lächelte seinen Begleitern zu: "ich bring ihn euch gleich wieder."
      Als sie sich weit genug entfernt hatte, verfinsterte sich ihre Miene ein Stück und wurde zu einem besorgten Blick.
      "Diese Leute...Franz kannte zwei davon. Den einen konnte er als Dimitri identifizieren, den anderen als Falco. Was weißt du über die Beiden?"

      -----

      Kurz darauf trat Janne zurück in die Akademie. Begleitet wurde er von Harald.
      "Du weißt, was du zu tun hast, ja?"
      "Ja. Verlass dich auf mich. Wir werden es diesen Bastarden heimzahlen und seinen Traum vom König sein kräftig versalzen."

      Unterdessen eilten hastig zwei Krankenschwestern umher, um nach den Wachen zu sehen, jedoch war es bereits um sie geschehen.
      Mit seiner Apparatur sauste er die Plattform hinauf und schwang sich über das Treppengeländer, um sich in den Wohnbereich der Lehrer und des Leiters zurückzuziehen. Die Verletzungen waren nicht weiter gravierend, da die Schützen mehr auf Tempo statt auf Kraft der Pfeile geachtet hatten. Andernfalls hätten sie ihn wohl nicht getroffen.
      "Geht ins Bett!", rief er in die Dunkelheit des Ganges hinein in Richtung Gemeinschaftsraum, dann bog er ab und lief die Treppe hinauf, die zu seinem Ziel führte.


      Am nächsten Morgen wurde das Beste versucht, Normalität aufrechtzuerhalten.
      Nach dem Frühstück wurden die Neuen von den älteren in den jeweiligen Unterrichtsraum gebracht und dort von ihrem jeweiligen Lehrer begrüßt.
      Im Fall von Ruven und Marius ist das Lucius, ein mann mit kurzen braunen Haaren und ebenso grauen Haaren.
      Sein fortgeschrittenes Alter wurde anhand der hohen Stirn und den Ansätzen grauer H aare deutlich. DIe edel wirkende und saubere Kleidung war beinahe völlig in braun gehalten und hob sich durch einige dunkelgrüne und schokoladenbraune Nuancen ab.
      Beim Anblick von Ruven und Martin erhob er sich von seinem Pult, welches vor einer großen Tafel stand und kam auf die Beiden zu.
      "Ah, ihr müsst die neuen sein. Herzlich willkommen in meinem Alchemie-Unterricht. Mein Name ist Lucius, wobei ihr mich Mister Lucius nennen solltet. Aber setzt euch erstmal."
      Er deutete auf zwei freie Plätze in der zweiten Reihe, auf der bereits für jeden ein Satz aus Tinte, Federkielen und Papieren bereitlag. Insgesamt fasste ein Klassenraum zwölf Schüler, in diesem Jahrgang gab es imsgesamt sieben. Jedes Klassenzimmer hatte einen kleinen Kamin, einige Pflanzen und dekorative Elemente und zwei Fenster, die genügend Licht in den Raum ließen, damit man alles deutlich erkennen konnte. Darüber hinaus gab es für den Fall Kerzenständer und Öllampen.
      Als alle Schüler anwesend waren, sollten sich die Schüler zur Begrüßung hinstellen.
      Dann begrüßte er seine Schüler mit einem knappen "Guten Morgen" und als sich alle gesetzt hatten, fuhr er seine Rede fort.
      "Wie ihr bereits wisst, begrüßen wir ab heute zwei neue Schüler in dieser Klasse. Es ist mir wichtig, dass sich alle vorstellen, damit sich die Neuen ein wenig wie Zuhause fühlen. Da die Zeit knapp ist und mir bereits zugetragen wurde, dass ihr bereits einander vorgestellt habt, fass ich mich kurz und werde dann mit dem Unterricht beginnen."
      In knappen Sätzen erzählte Lucius über seinen Werdegang. Ursprünglich kam er aus Britannica und war dort an einer Akademie, welche jedoch den Folgen eines Eroberungskrieges zum Opfer fiel, weshalb seine Familie über Umwege zu Verwandten nach Scandia übersiedelte. Auch wenn er nie Schüler der Eulenakademie war, verschlug es ihn eines Tages hierher.
      "Nun, erzählt was über euch. Wer seid ihr? Wo kommt ihr her? Wo wollt ihr hin, wenn ihr hier fertig seid?"
      Nachdem die Neuen sich vorgestellt hatten, stellte er ihnen weitere Fragen, um deren Wissensstand einschätzen zu können: "Was könnt ihr Beiden mir über Alchemie sagen?"
      Er schritt zu einem Regal und griff nach einer Kupelle: "was ist das für ein Gefäß und was macht man damit?"
      Dann schrieb er die Formel F = 1000 * m2/m1 an die Tafel. "Wofür braucht man diese Formel und für was steht wie Variable m mit ihren entsprechenden Indizes?"

      Für Franz lief es ganz ähnlich ab. Nach einer Vorstellung wurde auch er sofort mit einigen Fragen geprüft. Zuerst sollte er die ersten zwanzig Primzahlen nennen, dann das Startglied sowie die ersten neun Folgeglieder der Fibonacci-Folge und dann erklären, was der Entdecker dieser Formel damit beschrieb und wo man die Fibonacci-Zahlen überall findet.
      Zum Schluss musste er an der Tafel einige Brüche multiplizieren, in dem man den ersten Bruch mit dem Reziprok, den Kehrwert des zweiten multipliziert.
      Diese Aufgaben meisterte er größtenteils gut, auch wenn er die Fibonacci-Folge nicht kannte und einige Zahlen fälschlicherweise als Primzahlen nannte, die 1 etwa.
      "Naja, das war gar nicht schlecht. Weißt du, was Mathematik ist?"
      "Rechnen, Miss Helga?"
      "Nein. Rechnen ist nur ein Teil davon. Mathematik ist die Wissenschaft von Mustern und Strukturen. Es geht darum, Systeme zu analysieren, zu modellieren und zu optimieren. Was meinst du, wo kommt die Mathematik vor?"
      "Ich weiß nicht."
      "Sie umgibt uns überall, sogar in der Natur. Die Fibonacci-Folge ist eine Zahlenfolge des Mathematikers Leonardo Fibonacci. Er beschrieb damit zuerst das Wachstum einer Kaninchenpopulation im Verlauf eines Jahres, doch unabhängig davon wirst du überall Dinge finden, wo sich diese Folge mathematisch nachweisen lässt, zum Beispiel beim Betrachten von Muscheln, Blumen, Blattstrukturen oder Buchvorderseiten."
      Dann zeichnete sie eine Spirale an die Tafel:

      Fibonacciphoto.png

      Darunter schrieb sie die Ziffern 0;1;1;2;3;5;8;13;21;34 an die Tafel und daneben eine Formel: an = an-1 + an-2 für n > 2 ; a0 = 0 ; a1 = 1

      "Das sieht kompliziert aus", sprach Franz.
      "Deshalb ist es wichtig, dass du nicht einfach nur Rechenwege auswendig lernst, sondern verstehst, wie deine Rechnung funktioniert und wie die Dinge miteinander verknüpft sind. Besonders, weil du in Zukunft das Tor zur höheren Mathematik aufstoßen und all diese Grundlagen, die du bereits kennst und noch kennen lernen wirst brauchst und anwenden können musst. Das bedeutet für dich üben, üben, üben. Das gilt im Übrigen auch für euch."
      Helga wirkte äußerst motiviert, als sie noch über den goldenen Schnitt sprach und darüber auf mathematische Weise philosophierte, warum der Kreis eine optimierte geometrische Struktur ist, jedoch musste sie sich zusammenreißen, da sie merkte, dass sie ihre Schüler offensichtlich überforderte.

      -----

      "Sie wissen, was Sie zu tun haben, Fynn?", sprach Janne zum Begleiter von Franz und Co. während die anderen im Unterricht waren.
      "Ja."
      "Dann wiederholen Sie es mit eigenen Worten."
      "Ich soll jetzt sofort aufbrechen, diese Flugblätter gemeinsam mit diesem Brief in einer bestimmten Druckerei in Praha abgeben und dann zum Aufklärungsztrupp reiten, um dem Hauptgefreiten diesen Brief hier zu geben."
      "Korrekt."
      "Und wenn Levi nicht da ist?"
      "Das wird er. Schließlich muss er seine Kadetten schinden. Und jetzt brechen Sie auf. Das Schicksal Bohemias lastet auf Ihren Schultern, Fynn. Reiten Sie zuerst direkt zum Ausbildungslager des Truppes. Wenn Sie sich ranhalten, sind sie bereits morgen da."
      "Darf ich mich noch verabschieden?"
      "Dafür ist keine Zeit. Die anderen sind im Unterricht. Ich kann ihnen aber etwas ausrichten."



      Eine Stunde später hatte Fynn zu Pferde das Tal erreicht und galoppierte im hohen Tempo in Richtung des Ausbilungslagers.
      -----

      Währenddessen war für mich auch der nächste Tag im Aufklärungstrupp unspektakulär und irgendwie fühlte ich mich von all der Tristesse und den immer gleichen Abläufen zunehmend gelangweilt. Außerdem wirkte Levi mit jedem Tag ein Stück müder und erschöpfter.
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    • Ruven Avenor

      Das Cirilla mich von den anderen wegzog, um mit mir allein zu sprechen, sah sie ziemlich ernst aus. Den Grund dafür musste ich gar nicht erst erfragen.
      "Dimitri und Falco? Dimitri ist der Sohn des Generals und war Ausbilder an der Wolfsakademie. Falco ist einer der diesjährigen Absolventen."
      Was genau sich auf dem Hügel nach der Schlacht zugetragen hatte, wusste ich nicht. Weder Marius, noch Lorae hatten mir davon erzählt. Vermutlich wäre es für die beiden keine große Überraschung, dass sie hier eingefallen waren. Für mich ergab das keinen Sinn.
      Ich konnte Cirilla lediglich ein bisschen von dem erzählen, wie ich die beiden an der Akademie erlebt hatte und das war nicht besonders viel. Ich hatte mit beiden nicht sehr viel zutun.

      Am nächsten Tag grübelte ich noch ein wenig über die vergangene Nacht, ehe wir auch schon zum ersten Unterricht an der neuen Schule mussten. Wir nahmen auf unseren vorbereiteten Sitzen Platz und lauschten den Worten des Lehrers, nachdem wir ihn begrüßt hatten. Anschließend sollten wir uns vorstellen, wobei das für die anderen Schüler nichts neues war, doch der Lehrer kannte uns noch nicht. Vermutlich müssten wir das heute nicht nur einmal erzählen.
      "Mein Name ist Ruven Avenor und ich bin der dritte Sohn eines Bäckers in Praha. Ich war an der Wolfsakademie und möchte nächstes Jahr dem Aufklärungstrupp beitreten, Mister Lucius."
      Ich verneigte mich knapp vor ihm und setzte mich, ehe Martin sich erhob, um sich vorzustellen.
      "Ich heiße Martin. Meine Mutter lebt auf einem Hof in Riesfeld, wo ich aufgewachsen bin. Ich werde mich ebenfalls dem Aufklärungstrupp anschließen, Mister Lucius."
      Auch er verneigte sich höflich und nahm Platz, sodass der Unterricht beginnen konnte.
      Allerdings gab es an der Wolfsakademie das Fach Alchemie nicht, weshalb wir bis auf das einfache Grundwissen, das so gut wie jedes Kind hatte, nichts wussten. Ich wusste nicht, wie Martin darüber dachte und ob er sich Mühe gab, die Dinge zu verstehen, die uns Mister Lucius erzählte, aber er machte sich nur die nötigsten Notizen, zu denen wir aufgefordert wurden, während ich meiner Schreibfeder kaum eine Pause gönnte. Martin schien sich alles auch ohne Notizen merken zu können, was mich ein wenig verwunderte. Ich dachte erst, er wäre faul und hätte keine Lust auf diesen Unterricht - was vielleicht auch irgendwo stimmte - aber er war viel intelligenter, als er aussah. Möglicherweise wäre er an dieser Akademie sehr gut aufgehoben gewesen, doch er interessierte sich schon von Anfang an nur für den Aufklärungstrupp.

      _________

      Lorae

      Mir machte es nichts aus, das wir jeden Tag gleich verbrachten. Im Gegenteil. Wir taten zwar immer das gleiche, aber ich wurde jeden Tag besser und mein Ziel war es, den Parkour so schnell wie Bertholdt zu durchqueren und besser als Valerius zu sein.
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      - Eugene Ionesco

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    • Die jeweiligen Lehrer führten ihren Unterricht fort und achteten dabei darauf, die Neuen auf den aktuellen Wissensstand zu bringen. Nachdem jede Stunde endete, ertönte ein Gong, dann endete diese und die Schüler hatten zehn Minuten Pause, während sie den Stundenplänen entsprechend den Raum wechselten.
      Das Mittagessen fand im Esszimmer des Gemeinschaftsraumes statt, wo eine Köchin, die in einer Hütte auf dem Platz lebte, immer Mittagessen kochte.
      Heute sollte es Rehbraten mit Klößen und Rotkohl sowie brauner Sauce geben.

      Nach der Schule hatten die anderen Hausaufgaben und tauschten sich untereinander angeregt aus, wobei die Klasse von Franz am engagiersten war.
      "Was habt ihr bei 3b?"
      "44."
      "Dann hab ich das richtig."


      ....

      Spät am Abend, ich hatte gerade mit Lorae einen weiteren Spaziergang beendet und in die Hütte zurückgekehrt, als Fynn an das geschlossene Tor des Ausbildungslagers heranritt, welches von einer Wache auf einem Wachturm aus bewacht wurde.
      "Guten Abend, ich muss mit dem Hauptgefreiten sprechen!", rief er nach oben.
      "Zu so später Stunde? Wer bist du und worum geht es?"
      "Ich bin Fynn, ehemals Ausbilder der Wolfsakademie und im Moment im Auftrag von Janne, dem Leiter der Eulenakademe, unterwegs. Es gab dort einen Notfall und er bat mich, unverzüglich mit dem Hauptgefreten in Kontakt zu treten."
      "Um was für eine Art Notfall handelt es sich?"
      "Es wurde gewaltsam Ausrüstung entwendet?"

      "Und was hat das mit uns zu tun?"
      "Einer der Angreifer war der Sohn des Leiters der Wolfsakademie."

      Ein paar Minuten später befand er sich mit Levi im Gespräch.
      "Du hast es innerhalb eines Tages hierher geschafft?", murmelte er, während er den Brief Jannes laß. Darin wurde detailliert das Problem beschrieben und auch, dass der vermeintliche Anführer der Angreifer Dimitri waren, was Levi wenig verwunderte, hatte er damals doch angedeutet, die Verantwortlichen hinter des Todes seiner Schwester und der Zerstörung der Wolfsakademie jede nur erdenkliche Gräuel antun zu wollen. Dieser Überfall war wohl Teil der Vorbereitung.
      "Ich bin größtenteils Luftlinie geritten und hab dabei keine Pause gemacht."
      "Gut. Wir werden morgen früh aufbrechen und du wirst uns begleiten, verstanden?"
      "Ich kann nicht, Hauptgefreiter Levi. Janne bat mich, einige Flugblätter in einer Druckerei in Praha abzugeben."
      "Gut. Dann kümmere dich darum. Falls du eine Unterkunft für die Nacht brauchst, auf der anderen Seite des Flusses ist eine Siedlung. Sag dem Wirt der Taverne dort, dass der Hauptgefreite dich geschickt hat, dann macht er dir einen guten Preis."



      Am nächsten Morgen wurde der allmorgendliche Appell abgehalten. Statt wie danach jedoch zu verschwinden, trat er noch einen Schritt an uns heran.
      "Herhören!", sprach der Hauptgefreite daraufhin mit strenger Stimme und erzählte uns vom Problem, ohne jedoch Dimitri zu erwähnen. Lediglich, dass gefährliche Ausrüstung, die dem Aufklärungstrupp zugedacht war, gestohlen wurde.
      "Neben meinen regulären Truppen werde ich die folgenden Schüler für diese Expedition mitnehmen: Marik, Theodor, Ricardo. Ihr drei seid in eurer Ausbildung weit genug fortgeschritten, um das Nest zu verlassen. Bertholdt bleibt hier und hütet die Herde. Außerdem nehme ich Vincent und Lorae mit, ich gehe davon aus, dass ihr reif genug seid, um mich nicht zu blamieren. Also enttäuscht mich nicht in meinen Erwartungen, sonst werdet ihr den ganzen Winter über jeden Morgen Schnee schippen bis euch die Hände abfrieren und das auf dem gesamten Gelände. Der Rest bleibt hier und wird sich weiter dem Training widmen."
      Eulenakademie? Von dort kam doch Flavius....das war meine Chance, ich musste unbedingt mitkommen...
      "Hauptgefreiter Levi! Ich möchte mich Eurer Expedition anschließen!"
      "Nein. Ich kann nur kompetente Kadetten gebrauchen."
      "Geben Sie mir die Chance, mich zu beweisen!"
      "Wovon willst du mich überzeugen? Dass du so nutzlos bist wie ein Arschloch hier?", er klopfte sich auf den rechten Ellenbogen. "Warum sollte ich dich mitnehmen?"
      "Es gibt da jemanden, mit dem ich unbedingt sprechen muss", murmelte ich unsicher und blickte auf den Boden.
      "Das wird eine Expedtion unter der Flagge des Aufklärungstrupps und keine Klassenfahrt."
      "Ich werde alles machen, was Sie von mir verlangen, Hauptgefreiter. Wenn ich auch nur einen Fehler mache, dürfen Sie mich nach unserer Rückkehr solange schinden, bis mir nicht nur aus dem Arschloch Buttermilch läuft."

      Levi seufzte. "Weißt du, was du da redest?" Ich nickte.
      "Wenn dir das so wichtig ist...aber ich hoffe, du bist dir bewusst, worauf du dich gerade einlässt. Das hier ist kein Kindergarten. Wenn du auch nur einmal meinen Anweisungen nicht unverzüglich Folge leistest oder auf andere Art und Weise mich und meinen geliebten Trupp blamierst, wirst du sofort umkehren, deine Sachen packen und nach Hause gehen."
      Er trat an mich heran und blickte mit strenger Miene zu mir auf.
      "Bist du dir wirklich sicher, dass du dieses Spiel spielen willst, Kadett Baldr?"
      "Ja, Hauptgefreiter LevI!", sprach ich überzeugt.
      "Wie du willst...", er wandte sich nun allen zu, "und jetzt abtreten und packt euch warme Kleidung ein. in einer Stunde ist Abreise. Wer zu spät kommt, wird zurückgelassen. Wer nicht mitkommt, macht sein Training weiter und wendet sich an Furlan!"
      Ich spürte ein warmes Gefühl in meiner Brust...endlich könnte ich Flavius wiedersehen und mit ihm sprechen...über mich, ihn und Lorae.
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    • Ruven Avenor

      Diese Akademie war wirklich extrem strukturiert. Gemeinsam nach dem Unterricht an den Hausaufgaben sitzen, gab es bei uns nicht. Allgemein war unser Gemeinschaftsraum nicht so gut besucht, wie dieser hier.
      Mein Blick ging kurz zu Franz, was mich zum Lächeln brachte. Durch diese Gemeinschaft fand er wirklich schnell Anschluss und würde nicht zum Außenseiter werden.
      "Du sorgst dich sehr um andere, kann das sein?", fragte mich Alis, die neben mir saß und mich anblickte.
      "Ist das schlimm?", gab ich zurück und sah dabei in ihre Augen. Sie fing an zu lächeln und schüttelte ihren Kopf.
      "Nein. Aber du solltest dich selbst dabei nicht vergessen."
      Mich selbst vergessen? Ich hatte keine wirklichen Wünsche, die auf mich selbst gerichtet waren.
      "Du hast Franz die Entscheidung überlassen, mit wem er sich ein Zimmer teilt. So hast du die Chance vertan, mit Martin allein zu sein..", meinte sie mit einer eindeutigen Betonung und einem Schmunzeln.
      "Ich steh nicht auf Jungen", wiederholte Martin, der auf Alis' anderer Seite saß.
      "Achja? Und warum magst du dann keine Brüste?"
      Wieder kam ich nicht dazu, es abzustreiten oder zu bestätigen.
      "Weil Frauen sich den Männern präsentieren und die, mit großen Brüsten, ihren Fokus dabei auf ihr Dekolleté richten. Männer, die darauf anspringen sind armselig. Bei einer Frau kommt es nicht auf die Größe ihrer Oberweite an."
      Ich blinzelte etwas und sah zu Alis, die verlegen ihren Blick senkte.
      "Also magst du Frauen mit kleinen Brüsten lieber?"
      "Nein. Es ist mir egal, wie groß ihre Brüste sind oder wie hübsch sie ist. Nur die innere Schönheit zählt."
      "Achso."
      Mit so einer Antwort hatte Alis scheinbar nicht gerechnet und auch ich war etwas überrascht, dass Martin sich überhaupt so viele Gedanken über dieses Thema gemacht hatte. Das seine Mutter der Grund für diese Denkweise war, wusste ich nicht, denn ich wusste nichts über sie oder Martin generell.
      Danach schwieg Alis und Martin sprach sowieso fast nur, wenn er angesprochen wurde, sodass wir uns wieder mehr auf unsere Hausaufgaben konzentrierten. Wir hatten uns darauf geeinigt, dass wir vor dem Abendessen mit Alis lernen, um zumindest einigermaßen nachzuholen, was wir an Lernstoff versäumt hatten. Nach dem Abendessen wollten wir dann für den Aufklärungstrupp trainieren.

      ______

      Lorae

      Wie es sich gehörte, stand ich so lange stramm, bis der Hauptgefreite den Raum verlassen hätte. Dieses Mal hatte er uns jedoch noch etwas mitzuteilen. Ein Diebstahl an der Eulenakademie?
      Mein Blick war weiterhin nach vorn gerichtet, selbst als mein Name fiel, wahrte ich meine Haltung. Innerlich war ich aufgeregt und freute mich darüber, ausgewählt worden zu sein, aber äußerlich rührte ich nicht einmal einen Gesichtsmuskel. Auch nicht, als Baldr den Hauptgefreiten darum bat, mitkommen zu dürfen.
      Erst als er sich verabschiedete, wandte ich mich Baldr zu und lächelte. Ich freute mich, dass er mitkommen durfte. Nicht, weil er dann an meiner Seite wäre - ich hätte mich auch gefreut, wäre ich nicht ausgewählt worden - sondern weil Baldr überhaupt den Mut hatte, seinen Wunsch beim Hauptgefreiten durchzusetzen. Und weil er dort vielleicht Flavius treffen würde, um mit ihm zu reden.

      Ich packte meine Sachen, aß schnell zu Frühstück und putzte mich noch ein wenig heraus. Immerhin schien Levi mehr Wert auf unser Aussehen zu legen, als auf unsere Fähigkeiten, auch wenn diese natürlich nicht unwichtig waren. Dann ging ich in den Stall, um mein Pferd vorzubereiten, ehe ich damit pünktlich am Treffpunkt erschien.
      Vincent und die anderen waren auch schon da. Vincent wirkte allerdings wie ein ganz anderer Mensch, hatte ich den Eindruck. Er war sonst immer fröhlich, locker und alberte auch gern herum. Wie er sich beim Training verhielt, wusste ich nicht. Aber jetzt war er sehr ernst und fokussiert. Wie ausgewechselt.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco
    • Nach den Hausaufgaben folgte das Waschen, dann gab es Abendessen und nach den anschließenden Putzdiensten machte jeder sein Ding. Franz entschied sich, ein wenig mit Gabriel und Njord abzuhängen, wobei Ersterer ein seltsames Interesse an ihm zeigte, jedoch konnte Franz das noch nicht einordnen. Er wollte nur auf dem Trainingsplatz mit einigen Holzschwertern, die in einem Schuppen unweit des Platzes gelagert wurden, und seinen Freunden Schwertkampf spielen.

      Cirilla zeichnete im Gemeinschaftsraum einige Häuser und ließ sich dabei nicht von ihren neugierigen Beobachtern stören, die ihr Talent zu bewundern schienen.

      Der nächste Tag verlief für sie wie der gestrige. Am Vormittag Unterricht, dann Mittag, dann wieder Unterricht.

      -------

      -derselbe Tag-

      Ich erwiderte Loraes Lächeln und bereitete mich nach dem Frühstück vor.
      Mit einer Tasche in der Hand trat ich hinaus auf den Hof zu den Ställen, wo bereits einige Pferde vorbereitet wurden. Ich befestigte meine Tasche am Sattel und striegelte mein Pferd, während Lorae, Vincent und die anderen Auserwählten nach und nach eintraten.
      Irgendwie fühlte ich mich unheimlich motiviert. Zum Einen konnte ich mal eine andere Akademie und einen Teil Bohemias besuchen, den ich noch nicht kannte, zum anderen hatte ich die Gelegenheit, Flavius wiederzusehen und mit ihm zu reden. Abhängig von diesem Gespräch könnte ich im besten Falle eine Entscheidung treffen, ob ich Lorae meine Liebe schenke oder mich doch ihm hingebe. Im schlimmsten Falle jedoch würde ich ihn nicht treffen und würde weiter mit meinem Dilemma leben.

      Nachdem alle bereit waren, brachen wir auf. Levi ritt vorweg, die anderen hinterher.
      Unser Weg führte uns direkt in Richtung Norden auf das Gebirge am Horizont zu. Nach einigen Stunden des ereignislosen Reitens machten wir einen kurzen Halt, wo wir unsere Blasen in einer Taverne leeren und unsere Mägen füllen konnten.
      Während wir also an einem Tisch saßen und uns Bratkartoffeln schmecken ließen, unterhielt sich Levi mit einem Wirt.
      "Ich gebe euch das Essen umsonst, wenn ihr mir helft, einigen umliebsamen Banditen den Garaus zu machen", sprach dieser, als Levi sich nach dem Preis für all diese Portionen exklusive Getränken erkundigt hatte.
      "Eigentlich sind wir nur auf der Durchreise. Aber gut...erzähl mir davon", Levi nahm am Tresen Platz und verspeiste nebenbei seine Portion, die ihm eine Dame aus der Küche soeben hingestellt hatte.
      "Nun...es begann vor einigen Wochen. Aus dem Westen kamen Leute und bestellten einige Becher Met, weigerten sich jedoch zu bezahlen. Also wollte ich sie rausschmeißen, als jeder eine Armbrust zog. Diese Typen, meine Wachen und ich."
      "Du hast Wachen?"
      "Ich hab hier öfters Gäste, die unangehem auffallen. Gäste, die nicht bezahlen wollen. Gäste, die sich hemmungslos die Kante geben und danach einfach meine Kellnerin angrabschen, solche Gäste eben. Und diese Wachen greifen dann ein und treten deren fetten Ärsche mit Anlauf zum Fenster raus. Keine lieben Worte der Warnung, nein. Einfach bäm und raus. Früher hätte ich solche Gäste mal eben selbst fertiggemacht, aber seit meinem Hüftschaden komme ich kaum noch die Treppe hoch und brauche jemanden, der mir hier die Ratten vom Laib hält."
      "Sprich weiter", murmelte der Hauptgefreite, während er einen Schluck Wasser aus dem Becher trank.
      "Naja, dann standen wir da mit unseren Armbrüsten und haben aufeinander gezielt. Ich stand ungefähr hier wie jetzt auch, eine Wache dort, die andere da drüben am Klavier. Und diese Typen standen dort am Tisch beim Fenster. Wir schwiegen uns an und wussten, wenn jetzt irgendjemand eine hektische Bewegung macht, sind wir alle am Arsch."
      "Wie ging es aus?"
      "Wir standen noch eine Weile und haben uns grimmig angeschaut, doch irgendwann musste ein Gast husten. Da wir alle angespannt waren, ist der Wache am Klavier wohl der Finger abgerutscht und hat einem der Typen einen Bolzen durchs Hirn gejagt und der Rest...ist Geschichte."
      "Und was genau soll mein Trupp jetzt machen?"
      "Diese Leute gehörten zu einer Bande, die unser Dorf unterdrückt und ausbeutet und wir brauchen jemanden, der uns von diesen Wichsern erlöst."
      "Macht denn die Militärpolizei nichts? Was ist mit den Rittern?"
      "Niemand da, der uns helfen kann. Die Ritter wurden neulich von der Kaserne östlich von hier abgezogen. Wir hatten mal einen Polizisten, aber der ist schon vor Wochen an Altersschwäche gestorben. Wir haben zwar einen von uns nach Praha geschickt, in der Hoffnung, einen neuen zugeteilt zu bekommen, aber unser Abgesandter kam bis heute nicht zurück und ohne diese Wachen sind wir komplett aufgeschmissen."
      "Fein. Wir werden helfen. Ich brauche mehr Infos."
      Dann beugte sich der Wirt nach vorne und plauderte los. Unter der Hand erzählte man sich, der Anführer der Bande feiert heute Abend in dessen Lager seine Vaterschaft. Levi erachtete dies als einen optimalen Zeitpunkt für einen Hinterhalt, sofern die Gerüchte denn stimmen.

      Nach dem Essen trat der Hauptgefreite an unseren Tisch heran und klärte uns auf. Es sollte am Abend losgehen. Die Bande hatte ihr bewachtes Lager am Rande des Dorfes, doch da sie bewaffnet waren, wäre ein Aufstand seitens der Dorfbewohner sinnlos. Selbst mit den beiden bewaffneten Wachen wären sie in der Unterzahl gewesen.
      "Doch zum Glück sind wir ja jetzt hier, richtig?"
      Natürlcih könnte Levi einfach weiterreiten, doch fühlte er sich dazu verpflichtet, diesen Leuten zu helfen, auch um dem Ruf des Aufklärungstruppes nicht zu schaden.
      "Wir besprechen alles weitere später. Ich werde mich im Dorf umsehen und einen Blick auf das Lager werfen. Und ihr verhaltet euch unauffällig und blamiert mich und den Trupp nicht, klar?"
      Dann verließ Levi die Taverne und lief mit aufmerksamen Augen durch das Dorf, das gerade einmal aus zwei Dutzend Holzhäusern und einigen Feldern bestand.
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    • Alis Støldahl

      Ob die beiden wirklich alles aus den letzten 5 Schuljahren aufholen könnte, wagte ich anfangs zu bezweifeln. Doch mit ihrem bisherigen Wissen und meiner Hilfe sah das gar nicht mal so schlecht aus. Natürlich reichte meine Nachhilfe nicht, damit die beiden einen vollwertigen Abschluss machen könnten, aber sie konnten zumindest dem Unterricht leichter folgen.
      Eine Hand wäscht die andere, sagt man. Ich half ihnen beim Lernen und sie mir beim Trainieren, wobei jeder von uns in beiden Fällen was davon hatte. Ich war eine gute Schülerin, aber nicht die fleißigste. Mit der Nachhilfe frischte ich also auch mein eigenes Wissen auf. Wenn ich mit den beiden zusammen war, fühlte es sich an, als wäre es nie anders gewesen. Als wären wir schon immer ein unzertrennliches Trio gewesen. Auch wenn wir sehr verschieden waren, befanden wir uns irgendwie dennoch auf einer Wellenlänge.

      Ich konnte es kaum erwarten, die beiden meinem Vater vorzustellen, der mich an diesem Wochenende besuchen kam. Heute Nachmittag war es soweit. Mit seiner Apparatur kam er recht problemlos hierher und ich fand, dass er verdammt cool aussah. Sein Gesicht war zwar schon ein wenig durch Falten gealtert, aber mit seinem gepflegten, kurzen Bart, den kurz getrimmten Haaren an der Seite und den längeren Haaren die zu einem hohen Zopf gebunden waren, aus denen nur ein längerer Teil seines Ponys herausfiel, sah er einfach gut aus. Es wunderte mich nicht, dass es immer noch junge Frauen gab, die ihm hübsche Augen machten. Mama sagte, dass es nicht einfach war, ihn sesshaft zu machen. Sie war zwar fast 10 Jahre jünger, aber sehr selbstbewusst und durchsetzungsfähig. Außerdem war sie wunderschön, wie könnte Papa ihr also widerstehen?
      Mit einem breiten Lächeln empfing ich ihn und hatte natürlich auch Ruven und Martin im Schlepptau.
      "Papa, das sind Ruven und Martin. Sie wollen ebenfalls zum Aufklärungstrupp und trainieren mit mir. Sie waren auf der Wolfsakademie."
      "Achja?"
      Er strich mir kurz über den Kopf und musterte die beiden, vor allem Ruven.
      "Der Blonde sieht ganz passabel aus, aber der andere erscheint mir doch eher wie eine Memme."
      Ihm war durchaus bewusst, dass ihn die beiden hören konnten..
      "Ruven ist stärker, als er aussieht. Das passt schon, Papa. Ich muss dir noch was anderes zeigen!"
      Ich brachte ihn auf mein Zimmer, wo ich alles bereits auf meinen Tisch ausgelegt hatte. Eine Nachbildung eines Beines mit einem Fuß, das sogar über ein Gelenk verfügte. Er könnte den Fuß zwar nicht so bewegen wie seinen richtigen Fuß, doch ihm wäre damit möglich beispielsweise in die Hocke zu gehen oder einen besseren Halt beim Laufen zu haben. Das ganze war aus robustem und rostfreiem Stahl angefertigt. Um es an seinem Bein zu befestigen, habe ich ihm auch einen passenden Strumpf gemacht.
      "Hast du das gebaut?"
      "Klar, wer sonst? Probier es schon an!"
      Ungeduldig wartete ich darauf, dass er seine Hose auszog, wofür er erstmal die Apparatur entfernen musste. Den Anblick seines Beines war ich schon gewohnt. Glücklicherweise blieb ihm sein Knie erhalten.
      Zuerst zog er den Strumpf über, der komfortabel und stabil sein musste. Dafür hatte ich einen weicheren, leicht dehnbaren Stoff genommen. Mit Lederstriemen schnürte man es am Bein und zusätzlich an der Hüfte fest. Die Kappe war ebenfalls aus Leder. Mit den Schrauben konnte er das Bein daran befestigen.
      "Nicht schlecht", meinte er und ging ein paar Schritte, ehe er auch in die Hocke ging. Das Holzbein rutschte gerne weg, wenn man falsch damit auftrat.
      "Ich bin beeindruckt", gab er zu und zog seine Hose wieder an, die am fehlenden Bein nun nicht mehr lose herumhing.
      Nun holte ich den entsprechenden Stiefel aus dem Schrank und hielt ihm diesen grinsend hin.
      "Da ist also mein Stiefel.."
      Beim letzten Besuch hatte ich ihn heimlich eingepackt, damit er ihn hier anziehen könnte. Vorher hatte er ihn ja nicht gebraucht.

      Nachdem er auch wieder die Apparatur angelegt hatte, gingen wir auf das Trainingsgelände, wo er sich ein Bild von meinen Trainingspartnern machen wollte. Und der Gegner war er. Er machte die beiden ruckzuck fertig und kam wieder zu mir, um seine Hand auf meine Schulter zu legen.
      "Mit diesem Bein kann ich mich beim Hauptgefreiten zurückmelden und wieder meine Pflicht erfüllen."
      Ich wusste, dass er sich wünschte, wieder an der Seite des Hauptgefreiten kämpfen zu können und er hat viel trainiert, um es auch mit seinem alten Bein hinkriegen zu können, aber nun hatte er nicht nur einen besseren Stand und konnte besser kämpfen, sondern sah auch noch wie ein normaler Mensch aus. Vor einem Einbeinigen würden die Gegner immerhin kaum erzittern, schätze ich.

      ______

      Lorae

      Beim Essen war es ziemlich ruhig. Nicht einmal Vincent versuchte eine Unterhaltung anzufangen. Das war wirklich ungewöhnlich für ihn. Als er mich ansah, grinste er weder breit, noch lächelte er. Sein bekanntes Verhalten galt eindeutig als nicht unauffällig, also nahm er diese Sache einfach nur sehr ernst. Das zeugte tatsächlich von Reife, die Levi bei uns voraussetzte.
      Nach dem Essen erzählte uns der Hauptgefreite von der Situation dieses Dorfes und das wir ihnen helfen würden. Ein unterdrücktes Dorf befreien. Ich hätte mich auch dazu entschieden zu helfen. Das zu ignorieren wäre unehrenhaft.
      Baldr und ich hatten zwar nicht diese Apparatur, aber irgendeine Aufgabe bekämen wir sicher dennoch vom Hauptgefreiten. Schlimmstenfalls würde er uns auftragen, hier zu warten.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco

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    • Nach dem Essen blickte ich mich um, konnte jedoch nichts aufregendes entdecken. Es gab neben der Taverne noch ein Dutzend einfacher Holzhütten, einige Felder auf denen gerarbeitet wurde und eine Kirche. In Letztere ging ich und setzte mich in eine der zwei Kirchenbänke.
      "Hallo", sprach ich nach einer Weile des Schweigens in Richtung des Altars, über dem die Nachbildung eines gekreuzigten Mannes hing.
      "Ich habe das Verlangen, einen Segen einzuholen...es gibt da jemanden, den ich unbedingt sprechen muss. Also wenn du mich zu ihm führen könntest, wäre ich dir dankbar..."
      Jedoch passierte nichts, kein göttliches Zeichen, nur Stille. Ich saß noch eine Weile in der Kirche und dachte an den Abend vor der Schlacht, wo ich über Lorae und Flavius sprach.
      Nach einer Weile kehrte ich in die Taverne zurück, wo man uns Zimmer gestellt hatte.

      Am Abend stand der Plan, welchen Levi am Tisch der geschlossenen Taverne verkündete. Levi bildete mit den Dritten und seine regulären Truppen den Hauptangriffstrupp, Vincent sollte mit Lorae die Verstärkung bilden und ich...ich sollte hier in der Taverne warten, um die anderen nicht zu gefährden. Ich fühlte mich wie das fünfte Rad am Wagen, dennoch erhob ich keinen Einspruch, da ich noch die mahnenden Worte des Hauptgefreiten im Ohr hatte.
      Dann brach die Truppe auf, während ich alleine in der Taverne zurückblieb.
      "Haben sie dich zurückgelassen?", fragte der Wirt, der gerade einige Becher abspülte.
      "Ja", murmelte ich und blickte gelangweilt zur Tür.
      "Mir scheint, als würde der Hauptgefreite mir nicht vertrauen. Wenn ich so darüber nachdenke wundert es micht nicht, immerhin war er schon die ganze Zeit dagegen, dass ich in seinen Trupp eintrete."
      Das Ziel war eine ehemalige Kaserne der Ritter, in der sich die Banditen niedergelassen hatten. Die Mission verlief erfolgreich, da knapp eine Stunde später alle zurückkamen und da niemand verletzt wurde, war sie wohl nicht sonderlich anspruchsvoll, kein Vergleich zu dem Einsatz damals im Dorf.
      Der blutbefleckte Kleidung der anderen bei ihrer Rückkehr zu urteilen, war es dennoch ein ziemliches Gemetzel gewesen.
      Nach dem Waschen und dem vom Wirt zur Verfügung gestellten Abendessen, das dem Trupp nichts kosten würde, packte ich Lorae am Arm, zog sie nach draußen und fragte, wie die Mission lief, da weder beim Waschen noch beim Abendessen über den Einsatz gesprochen wurde und ich mich nicht getraut hatte zu fragen, aus Angst, in Levis Ungnade zu fallen und zurückkehren zu müssen. Man spürte meine Verunsicherung wegen des seltsamen Schweigens bezüglich des Auftrages.
      "Und erspar mir kein Detail, ja? Ich bin genauso ein Teil des Truppes wie du und die anderen und verdiene es, eingeweiht zu werden", sprach ich enttäuscht, während ich mich auf die kleine Bank vor der Taverne setzte und für Lorae Platz machte.

      -----

      Wir brachen bereits früh am nächsten Morgen auf. Von hier aus dauerte es kaum zwei Stunden, dann hatten wir das Gebirge erreicht.
      Gegen Mittag standen wir am Fuß des Monte Blanco, den wir mühsam zu Fuß erklimmen mussten, während wir die Pferde an den Zügeln führten.
      Andernfalls hätten wir wegen des hohen Schwerpunktes Probleme, sollten wir den steilen Anstieg auf den Rücken unserer Pferde zurücklegen wollen, zudem die Pferde dadurch noch größeren Belastungen ausgesetzt wären.
      DIe erste Hälfte verlief trotz der Anstrengungen gut und man merkte, dass Levi sich hier auszukennen schien, als wäre das nicht sein erster Besuch an der Eulenakademie.
      Zuversichtlich tauschte ich mit Lorae optimistische Blicke und ein Lächeln aus; jedoch verflog jeglicher Optimismus direkt wieder, als wir nur wenig später in einen Schneesturm gerieten, der unseren weiteren Anstieg erschwerte.
      Zudem schien mein Pferd zunehmend Probleme zu bekommen und nicht mehr auf mich hören zu wollen. Vielleicht war es ängstlicher Natur und von dem starken Schneefall und den immer wieder den Schnee aufwirbelnden Windböen genauso überfordert wie ich. Vielleicht lag es aber auch an den Höhenunterschieden, die unsere Atmung erschwerten, allerdings hätte das dann alle Pferde betreffen müssen und nicht nur meines.
      "Wir sollten uns beeilen!", rief Levi und eilte mit seinem Pferd voraus, das Gesicht mit einem Arm bedeckt, um nicht die Orientierung zu verlieren, da man nur ein Dutzend Meter weit sehen konnte.

      -----

      Unterdessen lernte Cirilla, die mit Ruven und Martin in einer Klasse war, im Unterricht einiges über die Entstehung und Geschichte des Kontinents Laurasia, auf dem die Länder Bohemia, Iberia, Francia, Oinotria, Ruthenia und andere lagen. Laut der Lehrerin, Miss Lindström, war dieser Kontinent mal Teil eines Kontinentes namens Pangaea, bevor er sich teilte und neben ihm noch einen Kontinenten namens Gondwana, sowie kleinere Landmassen und Inselgruppen, darunter Yamato, bildete, die von den Ozeanen Tethys und Panthalassa umgeben wurden.
      Draußen wütete derweil ein Schneesturm. Der Wind peitschte gemeinsam mit Schnee gegen die Fenster des warmen Klassenzimmers, während alle ihren Blick in alte Karten gerichtet hatten, die auf einem großen Tisch ausgebreitet waren, um den sich alle versammelt hatten. Die Schüler sollten eine Gruppenübung absolvieren und die klimatischen Veränderungen der Länder Laurasias aufgrund der Kontinentalbewegungen mit denen von damals vergleichen, als Pangaea noch existierte.
      "Versteht ihr das?", fragte sie in einer Mischung aus Unwissenheit und dem Gefühl, prüfen zu wollen, wie es um die Auffassungsgabe der Neuen bestellt war.
      "Wenn in Iberia heute sehr viel die Sonne scheint und es warm ist...dann müsste es dort in der Vergangenheit oft geschneit haben und es kalt gewesen sein, da wegen der Kontinentalbewegungen das Land damals weiter im Norden gelegen hat und langsam an seine heutige Stelle wanderte. Andernfalls könnte Bohemia damals eine Wüste gehabt haben, denn das lag damals am Äquator, ehe es weiter nach Norden wanderte und mit einer anderen Landmasse kollidierte, woraus das Gebirge hervorging, das heute Scandia von Bohemia trennt."

      Eine Schneeeule saß am Fenster und pickte mit ihrem Schnabel gegen die Scheibe, begleitet von einigen "Huuh"-Geräuschen. Nachdem die Lehrerin Miss Lindström mit ihrer Hand sachte gegen die Scheibe geschlagen hatte, spreizte sie ihre Flügel und erhob sich wild mit den Flügeln schlagend in die Lüfte und flog einmal langsam um die Eulenakademie herum, dann umkreiste sie Rufe ausstoßend den angrenzenden Berggipfel und trotzte dabei unbeeindruckt den Schneesturm.
      Anschließend witterte sie etwas und setzte zu einem Sturzflug an, ehe sie knapp über dem steinigen Boden schwebend mit ihrem Krallen eine Maus packte, im Anschluss daran wieder abhob und nur knapp über Levis Kopf hinwegrauschte.
      "Elendes Federvieh", fluchte er und machte eine genervte Armbewegung, um die Eule zu verscheuchen. "Beeilung! Wir sind bald da!", rief er uns über die Schulter hinweg zu, um die Geräusche des Schneesturmes zu übertönen, der uns bereits seit fast einer Stunde begleitete.
      Gott sei Dank war die WInterkleidung, die wir vom Aufklärungstrupp vor unserer Abreise bekommen hatten, warm genug, sodass mir der schneidende Wind und der Schnee keine allzugroßen Probleme bereiteten. Dafür schien mein Pferd mit den widrigen Bedingungen hier oben nicht klarzukommen und war aufgrund der Winde immer wieder davor durchzugehen, während es sich scheinbar gestresst wegen jeder größeren Windböe auf die hinteren Hufen aufrichtete und wieherte.
      "Krieg endlich dein Pferd in den Griff", rief Levi mir zu, während ich alle Mühe hatte, es mithilfe der Longe zu führen, obwohl ich den Großteil der Leine um meine Hand gewickelt und sie zur Faust geballt hatte und dabei den Zügel an der Trense halten konnte, was ich auch tat.
      "Ich versuchs ja, aber dieser blöde Gaul hört einfach nicht mehr auf mich!", entgegnete ich mit lauter Stimme, als ich die Kontrolle endgültig verlor und das Pferd schnaubend einige Schritte nach hinten machte, sich umdrehte und im Begriff war, davongallopieren. Ich sah, wie der schneebedeckte Boden bereits nach einigen Metern unter meinem Pferd wegbrach und es panisch wiehernd in die Tiefe stürzte.
      "Was machst du denn, du unfähiges Schwein?", rief der Hauptgefreite sauer. Da ich die Longe noch in der Hand hielt wurde ich einfach mit in die Tiefe gerissen, da ich sie nicht schnell genug loslassen konnte.
      Ich blickte nach hinten.
      Das letzte, was ich sah, war Loraes Gesicht und das Letzte, was ich hörte, war Levis Fluchen: "du verdammter Idiot! Du hattest eine verdammte Aufgabe und hast es versaut!"
      Dann rauschte ich hinab; Schneemassen umgaben mich und raubten mir die Luft zum Atmen.

      "Wir haben jetzt keine Zeit für eine Bergungsaktion! Wir sollten in die Akademie und dort mit Janne sprechen! Er wird wissen, was zutun ist!", rief der Hauptgefreite und wandte seinen Blick in Richtung des Berggipfels zu. Die Erschöpfung war ihm ins Gesicht geschrieben, nicht nur wegen der aktuellen Umstände, sondern auch wegen des Kataklysmus. Außerdem schien er Schmerzen zu haben.

      Die Schneeeule rauschte über die Köpfe der kleinen Gruppe hinweg und an etwa der Stelle, wo ich mit meinem Pferd in die Tiefe gestürzt war, hinab ins Tal.
      Unten angekommen flog sie über den großen Schneehaufen hinweg, in dem mein Pferd und ich begraben waren, durch einen Tannenwald, wo sie einige Rentiere und Polarfüchse aufscheuchte und erreichte schließlich ein kleines Dorf auf einer kleinen Anhöhe, wo ein junger Mann mit silbernen Haaren gerade zwei große Hunde vor einen Schlitten spannte.
      Sie rauschte direkt auf ihn zu und setzte sich auf seinen bekleideten, ausgestreckten Arm.
      "Ah, hier bist du, Kari. Warst du wieder an der Akademie? Du sollst doch vor den Jagden keine Ausflüge unternehmen."
      Der Junge streichelte lächelnd mit seine behandschuhten Händen durch ihr Gefieder, während sie auf seinem, durch die dicke braune und grüne Winterkleidung bedeckten Arm hockte und ihn mit ihren hellgrünen Augen betrachtete.
      Da der Schneesturm aufgrund der Berge, wo sich die tief hängenden Wolken stauten und damit gewissermaßen als Schutzschild diente, nicht diese Seite des Gebirges erreichte, war der Himmel hier strahlend blau, die Luft klar, die Sonne schien angenehm auf die schneebedeckte Landschaft,
      Der Junge setzte sich auf den Schlitten und sprach mit sanfter Stimme einen kurzen Befehl, dann setzten sich die beiden Hunde in Richtung Wald in Bewegung.
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    • Lorae

      Ich musste akzeptieren, dass Levi Baldr nicht dabei haben wollte und fügte mich. Er war der Hauptgefreite, wie könnte ich ihm da widersprechen?

      Nachdem wir zurückgekehrt und uns gewaschen und gestärkt hatten, begleitete ich Baldr nach draußen. Auch in meinen Augen hatte er das Recht, über den Einsatz in Kenntnis gesetzt zu werden. Es war nichts, womit man prahlen konnte, warum hätten wir uns also weiter darüber unterhalten sollen? Also erzählte ich Baldr alles, was ich wusste, nachdem ich mich neben ihn gesetzt hatte.
      Vincent und ich sollten vor der Tür warten und uns um diejenigen kümmern, die fliehen wollten. Die anderen stürmten währenddessen die Kaserne. Ich wusste weder, wieviele darin waren, noch wie gut sie gekämpft hatten. Zwei von ihnen kamen allerdings tatsächlich heraus, die von Vincent und mir gnadenlos getötet wurden. Ich hatte das Gefühl, dass sie gegen uns völlig machtlos waren, aber ihr Vergehen rechtfertigte den Tod.
      Viele Details hatte ich für Baldr also nicht.

      Der Aufstieg war kein Kinderspiel, doch ich war ebenso optimistisch wie Baldr. Bestimmt wuchs seine Freude darüber, Flavius eventuell wiederzusehen, mit jedem Schritt. Das sein Pferd allerdings immer unruhiger wurde, machte mir Sorgen. Ich ging dicht an meinem Pferd und hatte meine freie Hand immer an dessen Kopf, um es zu beruhigen.

      Als Baldr in die Tiefe stürzte, sah ich erschrocken zu ihm. Ich zögerte, da ich keine Apparatur hatte, um ihn zu retten. Sonst wär ich ihm hinterhergesprungen, egal was der Hauptgefreite gesagt hätte. Man konnte doch nicht einfach seinen Kameraden im Stich lassen. Doch Levi unternahm nichts. Keine Zeit...? Sagte er das nur, weil es Baldr war oder hätte er bei jedem anderen auch so gehandelt? Als Vincent an mir vorbeiging und seine Hand auf meine Schulter legte, ging ich weiter. Der Schnee war weich, also könnte er das überlebt haben. Das hoffte ich zumindest inständig.
      Die Tränen, die mir schon die ganze Zeit gelegentlich über die Wangen liefen, weil mir der Wind ins Gesicht blies, vermehrten sich. Ich wischte sie weg und versuchte mir weiterhin einzureden, dass ich ihn wiedersehen würde. Nur weil er von der Schneelawine erwischt worden war.. Das musste ja nicht auch bedeuten, dass er tot war!

      ______

      Alis Støldahl

      Ruven lernte unfassbar schnell. Er war zwar nicht so kreativ wie die Schüler hier, da er sich nie mit solchen Dingen auseinandergesetzt hatte, aber den meisten Themen konnte er ziemlich gut folgen. Er meinte, dass er gerne liest, also vermutete ich, dass es daran lag. Wenn er seine Ausbildung hier begonnen hätte und sich Mühe geben würde, würde er vielleicht sogar annähernd an Cirilla ran reichen. Es war schwer sie zu übertreffen. Mir war das aber auch nicht so wichtig. Die beiden wollten genau wie ich, einfach nur dieses letzte Jahr hinter sich bringen und dann zum Aufklärungstrupp.
      Martin war jedenfalls nicht so der Theoretiker, aber alles andere als auf den Kopf gefallen. Er interessierte sich nur kaum dafür, wusste jedoch trotzdem oft, worum es ging.
      ~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
      - Eugene Ionesco
    • Levi preschte mit schnellen Schritten nach vorne und wollte so schnell wie möglich ins Trockene. Als er nach einer Weile schließlich die Mauern der Eulenakademie erblickte, rief er verzweifelt, als Antwort erhielt er jedoch eisiges Schweigen.
      Erst als sich die Truppe vor dem herunterlassenen Fallgitter wiederfand, welche das Tor blockierte, hörte er Stimmen.
      "Hauptgefreiter Levi?"
      "Ja!"
      "Wir haben euch erwartet! Kommt rein!"
      Dann wurde das Gitter hochgelassen und die Truppe konnte passieren.
      "Ich bin Harald, einer der Lehrer hier. Da unsere Wachen von diesen Barbaren getötet wurden, mussten wir Lehrkräfte uns aufteilen und bis zu eurer Ankunft stets das Tor im Auge behalten. Gut, dass wir nicht alle zeitgleich unterrichten."
      "Danke", entgegnete Levi.
      "Ich bringe euch direkt zum Schulleiter Janne. Der wird euch alles erklären."

      Harald brachte die Truppe ins Gebäude, führte sie durch den prunkvollen Eigangsbereich die Treppe hinauf und durch einige Gänge, bis sie schließlich eine Tür erreichten, gegen die Harald klopfte.
      "Herein!", ertönte eine strenge Stimme, dann öffnete Harald die Tür und gab den Blick auf einen großgewachsenen Mann mit grauen Haaren und Augen frei.
      "Ah, der Aufklärungstrupp. Ihr seid schneller als erwartet."
      "Wir wären noch schneller, aber es gab einige Probleme auf den Weg hierher. Wir haben einen Kadetten verloren. Er stürzte mit seinem Pferd in die Tiefe, als dieses durchging und auf unsicheren Boden trat.
      "Ah, ja sowas passiert öfter. Die Wege hier oben sind tückisch, besonders bei Schneestürmen. Schnee sammelt sich an den Steilklippen und rutscht irgendwann als Lawine hinab ins Tal. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, das zu überleben relativ gering. Da müsste eurem Kadetten schon ein Wunder wiederfahren sein."
      Nun blickte er die Kadetten an. "Das ist also der Nachwuchs, hm? Du hast sogar ein Mädchen dabei, sieh an."
      Er blickte nun zu Lorae und beugte sich zu ihr hinab: "Warum so traurig, junges Fräulein?"

      ------

      Ich wusste nicht, wie lange ich fiel, wurde aber wild umhergewirbelt und spürte einen heftigen Ruck durch meinen Körper, als die Lawine unten aufprallte. Außerdem wusste ich nicht, wie viel Schnee mich umgab und wie tief ich verschüttet wurde. Dafür spürte ich jedoch einen tierischen Schmerz im Nacken und im Kopf.
      Instinktiv spuckte ich, um anhand der Fallrichtung zu wissen, wo oben und unten ist. Die Spucke tropfte über mein Gesicht, also lag ich mit dem Gesicht nach oben.
      Da der Sauerstoff knapp und mir schwindelig wurde, grub ich mich so schnell ich konnte nach oben und hatte scheinbar Riesenglück, denn knapp ein halber Meter über mir brach die Sonne durch und schien in mein Gesicht. Jedoch war ich zu erschöpft, um auch noch meinen restlichen Körper befreien zu können. Außerdem drückte der Schnee auf meinen Brustkorb, was meine Atmung erschwerte.
      Innerlich hatte ich mit meinem Leben bereits abgeschlossen. Ich schloss meine Augen und dachte an Lorae. Wie es ihr wohl gerade geht? Ob sie sich Sorgen macht? Ich hoffte, sie ist nicht dumm genug mir einfach zu folgen. Das wäre vermutlich ihr sicherer Tod. Mir wurde kalt, meine Atemluft kondensierte.
      Schließlich schlief ich ein.

      Etwas leckte mir über das Gesicht. Es fühlte sich an wie...eine raue Zunge? Ich schlug meine Augen auf. Zwei große Hunde blickten mich hechelnd an, die Augen blau, das Fell schwarz-weiß. Warmer Speichel tropfte mir ins Gesicht. Erschrocken raffte ich mich auf...ich konnte Hunde noch nie leiden, zumindest keine großen.
      "Ganz ruhig, Baldr. Die tun dir nichts."
      Mir war trotz meiner dicken Kleidung kalt. Eiskalt sogar. Ich drehte meinen Kopf in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war und spürte augenblicklich wieder die Schmerzen im Nacken.
      Ein junger Mann mit silbernem Haar kniete neben dem großen Hund.
      Er reichte mir seine Hand: "Hat dir denn keiner erzählt, dass man im Schnee vorsichtig sein muss?"
      Meine Augen weiteten sich beim Klang dieser sanften Stimme: "Flavius? Bist du das?"
      Er lächelte sanft und nickte: "Baldr. Lange nicht gesehen, nicht wahr?"
      "Was...was ist mit deinen Haaren passiert? Und was machst du hier?"
      "Ich lebe hier, das ist gewissermaßen mein Revier.", er zupfte sanft an seinem Haar, "und das ist meine normale Haarfarbe. Ich hab sie mir braun gefärbt, um bei euch nicht aufzufallen, da meine bei euch nicht vorkommt. Wer als Assassine aufällt, hat verloren.
      Allerdings ist es mir lieber, wenn du mich fortan bei meinem richtigen Namen nennst: Æshe."
      Ich griff nun nach seiner behandschuhten Hand und ließ mich von ihm aufhelfen.
      Dann wischte er mir grob den Schnee von der Kleidung und hievte eine dicke Wolldecke von einem Hundeschlitten, die er mir umwickelte.
      "Lass mich dich ins Warme bringen. Du siehst aus wie eine Leiche und hast unglaubliches Glück, dass überhaupt jemand in der Nähe war."
      "Woher wusstest du, wo ich bin? Und wo ist das Pferd, das mit mir fiel?"
      "Meine Hund haben während der Jagd etwas gewittert und mich hergeführt. Du solltest dich also besser bei Geri und Freki bedanken", er deutete auf die beiden hechelnden Hunde, die neben ihm saßen und mich mit neugierigen Augen ansahen, "und was das Pferd angeht...wir haben keines gefunden. Zumindest haben die Hunde nur bei dir ausgeschlagen, also wird es wohl tot sein. Was machst du hier draußen überhaupt?"
      "Ich muss in die Eulenakademie."
      "Ins Eulennest? Was willst du da?"
      Ich klärte ihn kurz über die Umstände auf, während ich die dicke Decke fest um mich wickelte.
      "Verstehe. Ich werde dich dorthin begleiten. Aber zuerst bringe ich dich ins Warme, damit du mir nicht erfrierst."
      "Warum bringst du mich nicht gleich zum Eulennest?"
      "Hast du dich mal angesehen? So jemand wie du gehört ins Warme. [b]Außerdem wird wegen des Schneesturmes der Weg hinab in dieses Tal eingeschneit sein. Aber das ist Aufgabe der Eulenakademie."
      "Wohin bringst du mich stattdessen?"
      "Es gibt ein kleines Dorf ganz in der Nähe. Ich hab dort Freunde, du wirst sie mögen. Außerdem gibt es dort eine warme Mahlzeit, einen warmen Ort zum Schlafen und sogar eine heiße Quelle."[/b]
      Æshe lächelte mich sanft an, in seinen grünen Augen dieser Funke. Dann strich er mir eine Strähne aus dem Gesicht.
      "Und morgen früh bringe ich dich zu deinen Kameraden, versprochen. Also mach dir keine Sorgen und steig auf den Hundeschlitten, ja?"

      Während ich mich auf diesen setzte, spannte er die beiden Hunde vor ihn. Dann setzte er sich vor mich und nahm die Zugleinen in die Hand.
      "Halt dich an mir fest."
      Dann trabten die Hunde los und zogen den Schlitten über den weißen Schnee.
      "Danke", hauchte ich und legte meine kalten Hände um seine Hüften.
      "Gerne", entgegnete er. "Du kannst deine Hände auch in meine Taschen schieben, wenn sie dir zu kalt sind."
      Ich folgte seiner Weisung und ließ sie tief in seinen Manteltaschen verschwinden, außerdem legte ich meinen Kopf auf seine Schulter. Dann schwiegen wir einige Minuten. Mein Bauch kribbelte wie verrückt, während er in meiner Nähe war.
      "Ich hab nachgedacht, Baldr", unterbrach er die Stille schließlich.
      Ich horchte auf: "Worüber?"
      "Wegen dieser Nacht in der Klinik und über das was du gesagt hast. Dass dir alles zu schnell ging, ist verständlich. Ich hab es übertrieben und wollte zu schnell zu viel. Trotzdem hat sich an meinen Gefühlen zu dir nichts geändert, Baldr.
      Obwohl wir uns noch nicht wirklich lange kennen, liebe ich dich, hörst du?"
      Ich antwortete nicht. Mir fehlten die Worte.
      "Ich..ich weiß nicht, ob ich deine Gefühle in dem Maße erwidern kann, wie du es dir wünschst."
      "Ist es wegen dieses Mädchens, zu dem du nach unserem letzten Treffen gehen wolltest?"
      "Ja...ich hab das Gefühl, dass sie und ich füreinander bestimmt sind. Aber ich will mich nicht entscheiden müssen... zwischen dir und ihr. Ich will keinen von euch enttäuschen. Vielleicht ist es daher besser, einfach keinen von euch zu nehmen und mir selbst jemanden zu suchen oder...für immer alleine zu bleiben."
      "Kennst du sie denn schon lange?"
      Ich erzählte ihm vom Verhältnis zwischen Lorae und mir und von meinem Wunsch, mit ihr eine Familie zu gründen.
      "Fast dein ganzes Leben? Respekt. Gleichzeitig fühl ich mich irgendwie schlecht, dass du dich wegen mir nicht entscheiden kannst. Ich meine, ich bin nichts besonderes. Diese Lorae kennst du so lange und ihr würdet sogar füreinander sterben und mich kennst du erst seit ungefähr zwei Monaten. Entweder bist du so wie ich oder einfach saudumm."
      "Was meinst du mit 'so wie du?' "
      "Ich steh nur auf Männer. Harte Schwänze sind mein Leibgericht. Deiner war übrigens der Leckerste, den ich bisher hatte...und der Härteste."
      Er drehte sich leicht zu mir um und zwinkerte mir verschmilzt lächelnd zu, dann wandte er seinen Blick wieder dem verschneiten Pfad vor ihm zu.
      "Du erinnerst dich doch noch an unser Treffen auf dem Dach, oder?"
      "Ja. Wie könnte ich das vergessen. Ich hab an deinem Schwanz herumgerieben und du hast meinen gierig verschlungen. Und dann hast du mein Nachthemd vollgesaut."
      "So ist es. Ich würde das gerne mal wiederholen, wenn du das möchtest und mit deinem Gewissen vereinbaren kannst."
      "Ich werde darüber nachdenken", hauchte ich in sein Ohr.
      "Wir werden heute Nacht ohnehin alleine sein und da niemand weiß, wo du bist...vielleicht kommt es ja dazu. Und morgen früh bringe ich dich zurück zu deinen Kameraden, ja?"
      "Okay...aber was wird danach aus uns?"
      "Ich weiß es nicht...lass mich dich erstmal aufpäppeln und danach schauen wir, wohin uns die Zeit bis morgen früh führen wird, einverstanden?"
      "Einverstanden", flüsterte ich, das Kribbeln in mir wurde stärker.
      "Ich hab dich vermisst...du hast mich einfach alleine gelassen und dich mal nicht von mir verabschiedet...du Idiot...", hauchte ich in sein Ohr.
      "Tut mir Leid, Baldr. Ich wollte dich nicht traurig machen. Ich mach es wieder gut, versprochen."
      "Warum bist du gegangen?"
      "Ich wollte nur noch weg, den Kopf freibekommen und mit allem abschließen, auch mit dir. Diese Sache mit dem Mädchen und dass du meine Gefühle nicht wirklich erwidert hast, hat mir wehgetan und naja, vielleicht bin ich dabei in alte Muster verfallen."
      "Alte Muster? Was meinst du?"
      "Das...werde ich dir später mal erklären", sprach er und rieb sich kurz sanft über den linken Unterarm.
      "Tut mir Leid", murmelte ich.
      "Was tut dir Leid?"
      "Das ich deine Gefühle nicht wirklich erwidert habe."
      "Gib dir nicht die Schuld daran. Gewisse Dinge kann man eben nicht erzwingen und wenn deine Gefühle für dieses Mädchen am Ende stärker sind, kann ich damit leben. Am Ende musst du glücklich sein, hörst du?"
      "Ja..", murmelte ich und rührte mich nicht. In der Ferne tauchten nun einige Holzhäuser auf.
      "Da vorne ist es schon. Árborg, meine aktuelle Heimat."
      Æshe fuhr mit dem Schlitten vor ein Haus, aus dem gerade ein groß gewachsener Mann mit langen blonden Haaren trat. In seiner Hand hielt er einen beeindruckenden Speer.
      "Scheint, als gäbe es heute Menschenfleisch", witzelte er, als er mich sah und sein Blick ernster wurde.
      "Nein, der ist nicht zum essen", entgegnete Æshe und drehte sich zu mir um. "Zumindest nicht für euch", flüsterte er mir zwinkernd zu, woraufhin ich errötete.

      "Du bringst einfach Fremde in unser Dorf? Was soll das? WIr hatten doch vereinbart, dass wir vorsichtig sind mit Fremden von außerhalb", entgegnete Ragnar.
      "Die Hunde haben ihn gefunden und ich kann ihn ja in der Wildnis wohl schlecht sich selbst überlassen. Er wird heute hier bleiben und morgen früh bringe ich ihn hoch zum Eulennest. Außerdem ist er kein Fremder, zumindest nicht für mich. Er ist ein guter Mann und ich bürge für ihn."
      "Wie ist dein Name, Bursche?"
      "Baldr."
      "Baldr, hm? Kommst du von hier?"
      "Nein, ich...ich weiß es nicht. Ich wurde in einem Waisenhaus in Bohemia groß."
      Er wandte sich nun wieder Æshe zu: "Gut. Dann kümmer dich um ihn. Lass den Schlitten stehen, ich gehe eben selbst Fleisch holen."
      "Danke, Ragnar."
      Dann erhob Æshe sich aus dem Schlitten und reichte mir seine Hand. Gemeinsam liefen wir zu einer Hütte in der Nähe einer heißen Quelle. In einem Baum in der Nähe saß eine Schneeeule.
      Wir betraten die Hütte, sofort kam mir ein Schwall Wärme entgegen.
      "Willkommen in meinem Zuhause. Zieh am Besten deine nassen Sachen aus und wärm dich am Kamin. Ich werde gleich schauen, ob du verletzt bist und danach mach ich uns was zu essen, ja?"
      "Okay."
      "Wenn du magst, können wir danach ja in die heiße Quelle gehen. Das Wasser hier ist herrlich und wird dir guttun", rief er von der Küche aus, während er mit flinken Bewegungen Gemüse, Kartoffeln und ein wenig Fleisch kleinschnitt und einen Topf Wasser aufsetzte.
      "Hört sich toll an", murmelte ich und entledigte mich erst der Decke und danach Stück für Stück meiner Kleidung, welche ich erstmal auf den Boden legte.
      Dann setzte ich mich nackt auf das Bärenfell vor dem Kamin, als mir Æshe eine neue Decke um die Schultern legte und meine nasse Kleidung zum Trocknen auf eine, zwischen zwei Balken gespannte Leine hängte.
      "Ich werd mal schauen, ob ich was passendes zum Anziehen für dich habe. Oder magst du lieber nackt bleiben?
      "Was zum Anziehen wäre fein", sprach ich und blickte direkt in seine bezaubernden Augen, was leicht war, da er sich direkt neben mich hockte. Gleichzeitig musste ich jedoch auch an Lorae denken. Wahrscheinlich ist sie vor Sorge um mich ganz wahnsinnig.
      "Würdest du dir mal meinen Nacken anschauen? Igendwie muss ich mir da was verrenkt haben."
      "Klar", flüsterte er und setzte sich mit gespreizten Beinen hinter mich.
      Während in der Küche der Eintopf kochte, massierte er meinen Nacken.
      "Fühlt sich das gut an?", flüsterte er.
      "Ja", erwiderte ich ebenfalls flüsternd, als er plötzlich anfing, meinen Nacken zu küssen und sanft daran zu knabbern.
      "Und das hier?", hauchte er.
      "Auch", entgegnete ich hauchend und genoss diese Zärtlichkeiten sehr. "Allerdings würde ich jetzt gerne was essen. Und mir ist kalt", keuchte ich nach einem Moment, als ich merkte, dass er mit seiner freien Hand zwischen meinen Beinen verschwinden wollte.
      "Verstehe", hauchte er. Dann löste er sich von mir und kümmerte sich darum, mir passende Kleidung zu besorgen.
      I'm a shape shifter at Poe's masquerade.
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