Marius Rosegard
Aufbruchbereit ging ich mit Lisbeth zu dem besagten Treffpunkt, an dem ich auch schon meine Mutter erblickte, die meine Pünktlichkeit scheinbar übertroffen hatte. Lis drückte meine Hand etwas fester, als wir näher kamen, da sie aufgeregt war, sie zu treffen. Mir war es jedoch egal, was sie für einen Eindruck von ihr haben würde.
"Schön, dass du gekommen bist, mein Sohn..", begrüßte sie mich herzlich. Hätte nur noch gefehlt, dass sie mich umarmte und sie dachte ihren Gesichtsausdruck zu urteilen auch darüber nach, aber da schon ein paar Ritter in der Nähe waren, unterließ sie es zum Glück. Wie sähe das aus, wenn ein erwachsener Mann von seiner Mutter umarmt wurde? Peinlich.
Dann wandte sie sich sehr schnell meiner Frau zu und lächelte, als würde sie sich freuen, sie zu sehen.
"Wie hübsch du bist! Ich bin Gabrielle.. Ich muss zugeben, dass ich ein wenig gekränkt war, dass wir nicht zu eurer Hochzeit eingeladen wurden, aber das wichtigste ist, dass ihr glücklich seid."
Sollte ich ihr das abkaufen? Lis glaubte es allem Anschein nach.
"Es.. freut mich Sie kennenzulernen, Lady Gabrielle-"
"Oh bitte. Nicht so förmlich, Liebes. Du gehörst doch jetzt zur Familie", unterbrach sie Lis, die unsicher war, wie sie sich ihr gegenüber verhalten sollte. Nun wurde sie jedoch lockerer.
"Gabrielle! Ich bin Lisbeth!" Lis wollte ihr eigentlich nur die Hand reichen, doch sie wurde in eine Umarmung gezogen.
"Mutter... du bist doch nicht hier, um Lisbeth kennenzulernen, oder?"
"Marius! Sei doch nicht so unhöflich!", maßregelte Lis mich und schlug mir mit dem Handrücken auf die Brust, weshalb ich erst sie und dann wieder meine Mutter ansah, die vor sich hin schmunzelte.
"Nun! Was hast du dir eigentlich gedacht, Praha einfach so zu verlassen?!", begann sie und stemmte ihre Hände in die Hüften.
"Sei doch nicht dumm!"
Ich dachte, sie wollte mich davon abhalten, zu gehen.
"Wo wollt ihr denn leben? Wie willst du deine Frau und meine zukünftigen Enkelkinder denn versorgen? Du hast ja nicht einen einzigen Gulden in deinen Taschen!"
Jepp, klang immer noch danach, als wolle sie mich abhalten, weshalb ich schweigend auf sie herabblickte.
"Hier!"
Nun war ich etwas überrascht, als sie mir ein Pergament reichte.
"Was ist das...", murmelte ich leise und rollte es auf und.. war ein wenig verdutzt. Soll das ein Scherz sein?
"Deine Rettung oder wolltest du deine Frau in einem Stall leben lassen, hm?"
Ein offizielles Schreiben meines Vaters, dass er die Kosten für unser Heim übernehmen würde..
"Du hast ihn weichgeklopft, oder?"
"Aber natürlich! Also enttäusch mich nicht, hörst du? Werde ein starker Ritter und mach deinen Vater stolz", sagte sie mit einem sanften Lächeln, während Lis sprachlos neben mir stand.
"Danke, Mutter...", sprach ich leise und legte meinen Arm um Lis.
"D-danke.."
"Aber schreibt mir, ja? Jeden Monat einen Brief, verstanden?"
"Ja!" Nachdem Lis diese frohe Botschaft verdaut hatte - schneller als ich - war sie ganz aus dem Häuschen und ergriff die Hände meiner Mutter.
"Ihr müsst uns dann auch besuchen kommen."
Als ob mein alter Herr so eine Reise aufnehmen würde, nur um mich zu sehen. Höchstens wenn Mutter ihn damit nervte, dass sie mich oder unsere Kinder sehen wollte.
Aber sie hatte leider Recht.. Ohne seine Hilfe würde es deutlich schwerer werden, irgendwo Fuß zu fassen. Ich war dankbar, erleichtert, dass es Lis gut gehen wird, aber auch genervt, dass ich nicht auf diese Hilfe verzichten konnte.
_______________
Lorae
Ich sah Baldr kurz nach, als er verschwand und widmete mich meinem Frühstück. Meine Gedanken waren für einen Moment ruhig, was in letzter Zeit selten vorkam. Als Basim mir nach Baldr's Rückkehr jedoch eine, oder eher zwei Fragen stellte, kehrten ein paar von ihnen zurück.
Wie die letzte Nacht war? Was genau wollte er denn wissen? Ich würde jetzt weder ins Detail gehen noch überschwänglich frohlocken.
"Gut?", fragte ich viel mehr und sah anschließend lächelnd zu Baldr.
"Sehr gut."
Mit seiner zweiten Frage konnte ich weitaus mehr anfangen.
"Ja. Ich werde alles geben, um den Aufklärungstrupp zu stärken", antwortete ich entschlossen und ohne Furcht vor den harten Bedingungen, die mich erwarten würden. Training bis zum Umfallen war ich schließlich gewohnt. Ich freute mich wirklich darauf, dass mir jemand zeigte, was ich tun sollte, als das ich mir dabei selbst überlassen und viel zu ineffektiv ausgebildet wurde. Sich selbst an seine Grenzen zu treiben war schwierig, wenn einem die Ideen für neue Trainingseinheiten ausgingen. Das würde im Aufklärungstrupp hoffentlich nicht passieren.
Ich bedankte mich bei den beiden und verabschiedete mich von Meredith, wobei ich ihr nur alles erdenklich gute für die Zukunft wünschte. Sie hatte es in meinen Augen verdient, mehr Anerkennung für ihre Arbeit zu bekommen. Das sah auch Dimitri so.
Dimitri...
Ich fragte mich, was er wohl gerade tat und ob er wirklich den König stürzen wollte. Aber warum? Was war denn nur in ihn gefahren? War er etwa dem Wahnsinn verfallen? Würde Baldr das auch drohen, wenn ich ihn nicht vor emotionalem Schaden bewahre? Würde mir das passieren, weil ich zu wenig Empathie hatte? Neue Fragen, die sich in meinem Kopf einnisteten.
Mein Blick ging zu Marius, neben dem ich stand, als wir uns aufreihten sollten. Er sah.. eigenartig aus. So als wüsste er nicht, was er von etwas halten sollte. Wovon, war die Frage. Irgendwie interessierte mich das.. Doch ich schwieg, denn es wäre respektlos in diesem Moment zu reden, was sich zeigte, als Levi Baldr und seinen Nachbarn ermahnte.
_______________
Valerius Hazen
Als Baldr mir in das Schlafzimmer folgte, sah ich ihn kurz an. Ich beobachtete ihn und hoffte, dass er mir bloß nicht zu nahe kam. Sonst würde ich aus dem Fenster springen! Okay, das war etwas übertrieben. Aber ich mochte keine körperliche Nähe. Naja, schon, aber.. nein.. Auch wenn Baldr ein hübscher Junge war.. Nein!
Warum war es nur so schwer dieses Wort auch auszusprechen?
"Gerne.. freut mich, dass es euch geschmeckt hat.."
Ich war froh, dass er mir fern blieb.
Nachdem ich also die Wohnräume so hergerichtet hatte, wie sie waren und mich von der kratzbürstigen Schmiedin verabschiedet hatte, machte auch ich mich auf den Weg zum Treffpunkt.
So. Viele. Menschen.
Ich konzentrierte mich nur auf den Hauptgefreiten, blickte nach vorn und versuchte einfach alles um mich herum zu ignorieren. So konnte ich mir einreden, dass mich niemand ansah. Vielleicht war das auch so.. aber ich wollte es nicht wissen!
Das Training eines Bogenschützen war so angenehm... Man musste nicht gegen andere kämpfen und ständig mit ihnen zusammen sein. Warum hatte ich überhaupt zugestimmt? Mhh.. weil dieser Levi mich dazu überredet hatte.. Und um mich zu überreden, brauchte es nur ein paar nette Worte und eine Bitte. Vielleicht würde mich die Ausbildung im Aufklärungstrupp ja etwas widerstandsfähiger machen..
Aufbruchbereit ging ich mit Lisbeth zu dem besagten Treffpunkt, an dem ich auch schon meine Mutter erblickte, die meine Pünktlichkeit scheinbar übertroffen hatte. Lis drückte meine Hand etwas fester, als wir näher kamen, da sie aufgeregt war, sie zu treffen. Mir war es jedoch egal, was sie für einen Eindruck von ihr haben würde.
"Schön, dass du gekommen bist, mein Sohn..", begrüßte sie mich herzlich. Hätte nur noch gefehlt, dass sie mich umarmte und sie dachte ihren Gesichtsausdruck zu urteilen auch darüber nach, aber da schon ein paar Ritter in der Nähe waren, unterließ sie es zum Glück. Wie sähe das aus, wenn ein erwachsener Mann von seiner Mutter umarmt wurde? Peinlich.
Dann wandte sie sich sehr schnell meiner Frau zu und lächelte, als würde sie sich freuen, sie zu sehen.
"Wie hübsch du bist! Ich bin Gabrielle.. Ich muss zugeben, dass ich ein wenig gekränkt war, dass wir nicht zu eurer Hochzeit eingeladen wurden, aber das wichtigste ist, dass ihr glücklich seid."
Sollte ich ihr das abkaufen? Lis glaubte es allem Anschein nach.
"Es.. freut mich Sie kennenzulernen, Lady Gabrielle-"
"Oh bitte. Nicht so förmlich, Liebes. Du gehörst doch jetzt zur Familie", unterbrach sie Lis, die unsicher war, wie sie sich ihr gegenüber verhalten sollte. Nun wurde sie jedoch lockerer.
"Gabrielle! Ich bin Lisbeth!" Lis wollte ihr eigentlich nur die Hand reichen, doch sie wurde in eine Umarmung gezogen.
"Mutter... du bist doch nicht hier, um Lisbeth kennenzulernen, oder?"
"Marius! Sei doch nicht so unhöflich!", maßregelte Lis mich und schlug mir mit dem Handrücken auf die Brust, weshalb ich erst sie und dann wieder meine Mutter ansah, die vor sich hin schmunzelte.
"Nun! Was hast du dir eigentlich gedacht, Praha einfach so zu verlassen?!", begann sie und stemmte ihre Hände in die Hüften.
"Sei doch nicht dumm!"
Ich dachte, sie wollte mich davon abhalten, zu gehen.
"Wo wollt ihr denn leben? Wie willst du deine Frau und meine zukünftigen Enkelkinder denn versorgen? Du hast ja nicht einen einzigen Gulden in deinen Taschen!"
Jepp, klang immer noch danach, als wolle sie mich abhalten, weshalb ich schweigend auf sie herabblickte.
"Hier!"
Nun war ich etwas überrascht, als sie mir ein Pergament reichte.
"Was ist das...", murmelte ich leise und rollte es auf und.. war ein wenig verdutzt. Soll das ein Scherz sein?
"Deine Rettung oder wolltest du deine Frau in einem Stall leben lassen, hm?"
Ein offizielles Schreiben meines Vaters, dass er die Kosten für unser Heim übernehmen würde..
"Du hast ihn weichgeklopft, oder?"
"Aber natürlich! Also enttäusch mich nicht, hörst du? Werde ein starker Ritter und mach deinen Vater stolz", sagte sie mit einem sanften Lächeln, während Lis sprachlos neben mir stand.
"Danke, Mutter...", sprach ich leise und legte meinen Arm um Lis.
"D-danke.."
"Aber schreibt mir, ja? Jeden Monat einen Brief, verstanden?"
"Ja!" Nachdem Lis diese frohe Botschaft verdaut hatte - schneller als ich - war sie ganz aus dem Häuschen und ergriff die Hände meiner Mutter.
"Ihr müsst uns dann auch besuchen kommen."
Als ob mein alter Herr so eine Reise aufnehmen würde, nur um mich zu sehen. Höchstens wenn Mutter ihn damit nervte, dass sie mich oder unsere Kinder sehen wollte.
Aber sie hatte leider Recht.. Ohne seine Hilfe würde es deutlich schwerer werden, irgendwo Fuß zu fassen. Ich war dankbar, erleichtert, dass es Lis gut gehen wird, aber auch genervt, dass ich nicht auf diese Hilfe verzichten konnte.
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Lorae
Ich sah Baldr kurz nach, als er verschwand und widmete mich meinem Frühstück. Meine Gedanken waren für einen Moment ruhig, was in letzter Zeit selten vorkam. Als Basim mir nach Baldr's Rückkehr jedoch eine, oder eher zwei Fragen stellte, kehrten ein paar von ihnen zurück.
Wie die letzte Nacht war? Was genau wollte er denn wissen? Ich würde jetzt weder ins Detail gehen noch überschwänglich frohlocken.
"Gut?", fragte ich viel mehr und sah anschließend lächelnd zu Baldr.
"Sehr gut."
Mit seiner zweiten Frage konnte ich weitaus mehr anfangen.
"Ja. Ich werde alles geben, um den Aufklärungstrupp zu stärken", antwortete ich entschlossen und ohne Furcht vor den harten Bedingungen, die mich erwarten würden. Training bis zum Umfallen war ich schließlich gewohnt. Ich freute mich wirklich darauf, dass mir jemand zeigte, was ich tun sollte, als das ich mir dabei selbst überlassen und viel zu ineffektiv ausgebildet wurde. Sich selbst an seine Grenzen zu treiben war schwierig, wenn einem die Ideen für neue Trainingseinheiten ausgingen. Das würde im Aufklärungstrupp hoffentlich nicht passieren.
Ich bedankte mich bei den beiden und verabschiedete mich von Meredith, wobei ich ihr nur alles erdenklich gute für die Zukunft wünschte. Sie hatte es in meinen Augen verdient, mehr Anerkennung für ihre Arbeit zu bekommen. Das sah auch Dimitri so.
Dimitri...
Ich fragte mich, was er wohl gerade tat und ob er wirklich den König stürzen wollte. Aber warum? Was war denn nur in ihn gefahren? War er etwa dem Wahnsinn verfallen? Würde Baldr das auch drohen, wenn ich ihn nicht vor emotionalem Schaden bewahre? Würde mir das passieren, weil ich zu wenig Empathie hatte? Neue Fragen, die sich in meinem Kopf einnisteten.
Mein Blick ging zu Marius, neben dem ich stand, als wir uns aufreihten sollten. Er sah.. eigenartig aus. So als wüsste er nicht, was er von etwas halten sollte. Wovon, war die Frage. Irgendwie interessierte mich das.. Doch ich schwieg, denn es wäre respektlos in diesem Moment zu reden, was sich zeigte, als Levi Baldr und seinen Nachbarn ermahnte.
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Valerius Hazen
Als Baldr mir in das Schlafzimmer folgte, sah ich ihn kurz an. Ich beobachtete ihn und hoffte, dass er mir bloß nicht zu nahe kam. Sonst würde ich aus dem Fenster springen! Okay, das war etwas übertrieben. Aber ich mochte keine körperliche Nähe. Naja, schon, aber.. nein.. Auch wenn Baldr ein hübscher Junge war.. Nein!
Warum war es nur so schwer dieses Wort auch auszusprechen?
"Gerne.. freut mich, dass es euch geschmeckt hat.."
Ich war froh, dass er mir fern blieb.
Nachdem ich also die Wohnräume so hergerichtet hatte, wie sie waren und mich von der kratzbürstigen Schmiedin verabschiedet hatte, machte auch ich mich auf den Weg zum Treffpunkt.
So. Viele. Menschen.
Ich konzentrierte mich nur auf den Hauptgefreiten, blickte nach vorn und versuchte einfach alles um mich herum zu ignorieren. So konnte ich mir einreden, dass mich niemand ansah. Vielleicht war das auch so.. aber ich wollte es nicht wissen!
Das Training eines Bogenschützen war so angenehm... Man musste nicht gegen andere kämpfen und ständig mit ihnen zusammen sein. Warum hatte ich überhaupt zugestimmt? Mhh.. weil dieser Levi mich dazu überredet hatte.. Und um mich zu überreden, brauchte es nur ein paar nette Worte und eine Bitte. Vielleicht würde mich die Ausbildung im Aufklärungstrupp ja etwas widerstandsfähiger machen..
~ ♦ ~ Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche; sie ist Kühnheit und Erfindung. ~ ♦ ~
- Eugene Ionesco
- Eugene Ionesco