[2er RPG] Der Mythos

Auch in der Schule hielt Mayu ihre Füße still. Sie würde einfach nicht mehr auf die Stichelein von Harutora eingehen. Vielleicht würde er dann ja auch wirklich einmal aufhören, wenn sie Glück hatte. Alles könnte so entspannt sein. Wenn er nur aufhören würde. Ihr Leben wäre so viel entspannter. Sie setzte sich auf ihren Platz und wartete darauf, dass der Unterricht begann. Als der Lehrer in die Klasse kam, überlegte sie kurz, ob sie vielleicht nicht doch etwas sagen sollte, entschied sich aber schnell wieder dagegen. Nach einer Weile sah sie dann auch einmal zu Harutora hin. Er schien sichtbar nervös zu sein. Ob er wohl angst hatte, dass sie ihn verriet? Sie sah wieder weg. Gerade über ihn sollte sie sich doch keine Gedanken machen. Immerhin war er stets gemein zu ihr. Er hatte es einfach nicht verdient!

Er versuchte ruhig zu blieben und dennoch schlug Harutora das Herz bis zum Hals als der Lehrer den Raum betrat. Unsicher sah er immer mal wieder zu Mayu hinüber, die jedoch keine Anstalten machte es zu melden. Doch wann würde er wirklich sicher sein, denn sie könnte es auch immer noch ihren Eltern petzen. Vielleicht war er doch zu weit gegangen diesmal. Ruhig wartete er diese Stunde ab und als der Lehrer den Klassenraum verlassen hatte ging er zu Mayus Platz hinüber. "Wenn du was sagst bekommst du echt Ärger. Wollte nur sicher gehen, dass du es weißt.", meinte er so cool es ging, denn er wollte wirklich nicht, dass sie seine Schwäche sah.

Mayu sah ihn leicht skeptisch an. "Ich habe dir doch gesagt, dass ich nichts sagen werde, oder? Wenn du weiterhin so paranoid bleibst Quatschst du es bloß noch selber aus, also pass lieber auf!" Sie seufzte und Stand von ihren Tisch auf. Auf das alles hatte sie einfach keine Lust. Sie ging zur Mädchentoilette. Nicht weil sie musste. Nein, sie wollte nur ihre Ruhe haben. Sie betrachtete sich im Spiegel. Ihr Gesicht. So oft kam es ihr einfach nur fremd vor. Sie hatte diese Träume. Träume in denen sie jemand anderes war. Sie waren so real. Wenn Sie aufwachte wusste sie oft nicht, wer sie wirklich war. Es waren immer die gleichen zwei Gesichter die sie dann hatte und in den vergangenen Wochen hatten sich ihre Träume gehäuft. Sie fragte sich, ob dies wohl etwas zu bedeuten hatte. Da klingelte es auch schon zur nächsten Stunde und Mayu ging zurück in ihr Klassenzimmer.

Noch immer stand Harutora an Mayus Tisch als diese aufstand. Sie sagte zwar, dass sie dicht halten würde, aber er hatte bedenken quasi ein Geheimnis mit einem Mädchen zu teilen, besonders wenn sie es war. Grummelnd sah er ihr hinterher und als sie den Raum verlassen hatte ließ er sich wieder auf seinem Platz nieder, wo er die Arme auf dem Tisch verschränkte und seinen Kopf mit dem Gesicht nach unten drauf legte. Sein Schlaf war zur Zeit nicht der Beste auch wenn er sich jeden Morgen an nichts mehr wirklich erinnern konnte.
"Tora? Spielst du heute Mittag mit uns?", fragte einer seiner Freunde, doch er schüttelte nur den Kopf. Er wollte nachdenken. Irgendwas sagte ihm, dass seine Träume wichtig waren und er sich an sie erinnern sollte. Aus dem Augenwinkel sah er Mayu wieder in die Klasse kommen. Eigentlich war sie ganz nett, wenn sie nur nicht ab und an so zickig wäre. Schnell schrieb er ein Zettelchen und warf es auf ihren Platz noch ehe der Lehrer den Raum betrat. Auf diesem Zettel stand nur ein kleiner Satz: "Es tut mir leid."

Tora war nun doch aber wirklich ein riesiger Idiot. Tat erst etwas und bettelte fast schon, nur damit sie niemanden davon verriet. Leise Seufzend setzte sie sich auf ihren Platz. Sie wollte gerade ihre Sachen für die Stunde heraus holen, da fiel ihr der Zettel auf ihren Platz. Vorsichtig faltet sie ihn auseinander und las die Worte, die darauf standen. Skeptisch hob sie ihre Augenbrauen an ehe sie zu Harutora sah. Verstand nur jemand diesen Jungen. Er wusste einfach was er wollte. Sie schob den Zettel in ihre Tasche und begann den Unterricht zu folgen.

Kaum hatte Mayu den Zettel in der Hand schielen Tora immer wieder zu ihr herüber. Hoffentlich würde es nun vergessen sein, denn er hatte echt keine Lust darauf noch mehr Strafen von seinem Vater auferlegt zu bekommen oder gar in dieser Angst zu leben, dass sie es doch noch petzte. Etwas enttäuscht war er schon als sie den Zettel doch nur in ihre Tasche steckte und nicht drauf antwortete, doch schmollend brachte nichts, da der Unterricht anfing. Leider gestaltete dieser sich als langweilig als sonst und so fielen ihm schon bald die Augen zu und er schlief seelenruhig im Unterricht bis der Lehrer plötzlich neben seinem Tisch stand und mit der flachen Hand drauf schlug. Harutora spang förmlich von seinem Stuhl auf uns salutierte. "Jawohl, Herr Hauptmann.", rief er ehe er langsam Begriff was hier vorging und etwas rot wurde und sich verlegen am Hinterkopf kratzte. Die ganze Klasse brach in Gelächter aus.

Auch Mayu musste über Harutoras Reaktion lachen. Hielt er sich jetzt etwa für einen Soldaten? Der Lehrer begann wütend mit den Jungen zu schimpfen. Ein Haucht von Schadenfreude kam in Mayu hoch. Er hatte es aber auch wirklich verdient gehabt. Nicht nur für das, was er ihr immer antat. Er war selber Schuld, wenn er im Unterricht schlief. Wenn sie sich vorstellte, dass ihr dies passieren würde... Nein, ganz bestimmt nicht! Sie könnte auch in der Schule diese realen Träume bekommen. Sie blickte zu Harutora. Ob er vielleicht auch einen realen Traum gehabt hatte und deswegen so reagierte?

Irgendwie war es schon logisch, dass alle ihn auslachten und wäre es jemand Anderes gewesen, so hätte der sicherlich auch über den gelacht, doch es war auch verdammt unangenehm und peinlich. Die Standpauke des Lehrers schien ewig zu gehen und Harutora musste die ganz Zeit stehen. "Und du wirst heute nachsitzen.", drangen die Schlussworte des Lehrers an sein Ohr, ehe dieser sich wieder nach vorne begab und die ganze Klasse zur Ruhe ermahnte. Mit einem deprimierenden Seufzen ließ Harutora sich auf den Stuhl fallen. Er hatte definitiv keine Lust auf die ihm auferlegte Strafarbeit, denn eigentlich wollte er nur schnell Heim und schlafen.

Mayu musste lächeln als sie die Bestrafung von Harutora hörte. Ein teil von ihr wäre am liebsten aufgesprungen und hätte den Lehrer umarmt. Aber das zu tun wäre eindeutig zu peinlich gewesen. Sie freute sich einfach nur so sehr, dass Harutora nachsitzen musste. Das würde bedeuten, dass er nicht mit ihr zusammen nach Hause ging. Er würde diesen Weg erst einschlagen, wenn sie schon längst zu hause angekommen war. Das hieß, dass es niemanden gab, der sie auf den Weg ärgern würde. Eine fast schon paradiesische Vorstellung in ihren Augen. Lächelnd machte sie sich wieder an ihre Aufgaben. Er war einfach nur ein wunderschöner Tag.

Harutora war natürlich alles andere als begeistert davon, denn wegen dem Nachsitzen würde er seine Serie verpassen und noch schlimmer war, dass es seiner Mutter auffallen würde, dass er zu spät kam und er würde es erklären müssen. Deprimiert seufzte er und beschloss, dass ihm dies nicht wieder passieren sollte. Den Rest des Tages würde er sich nun zusammenreißen müssen um nicht noch mehr Strafen zu bekommen. Finster sah er zu Mayu rüber, die sich sicherlich freute und das Lächeln auf ihrem Gesicht verriet ihm, dass er Recht hatte. Am liebsten hätte er ihr jetzt grade wieder einen Ball gegen den Kopf geworfen.

Mayus Blick wechselte zwischen Harutora und ihren Freundinnen hin und her. Die Mädchen schienen sich ebenfalls zu freuen, aber wer konnte es ihnen dann auch schon verübeln? Mit Harutora hatten sie immer nur Stress auf den Schulweg. Ein ruhiger Tag hatte fast schon etwas von Ferien. Als Mayus Blick sich wieder einmal zu Harutora richtete, sah sie, wie er sie böse anfunkelte. Sofort verschwand ihr Lächeln von den Lippen und sie senkte ihren Blick. Ein wenig fühlte sie sich schuldig. Auch wenn er es verdient hatte. Sie war nun einmal nicht so wie er. Auch wenn sie ihn nicht mochte, so wünschte sie ihn ja eigentlich tief im Inneren doch nichts schlechtes.

Zum Glück verging Mayu ihr dummes Lächeln recht schnell wieder als ihre Blicke sich trafen und doch war es jetzt grade keine Hilfe für Harutora und auch kein Ausweg. Diesmal würde er sich sicherlich nicht einfach rausreden können und auch wenn Mayu eigentlich nicht dran Schuld war so kochte die Wut in ihm immer höher und er machte sie dafür verantwortlich. Wenn nur dieses dumme Mädchen nicht immer so ätzend wäre, dann würde er sicherlich viel weniger Ärger Zuhause haben und somit auch sicherlich in der Schule. Kurz schenkte er ihr noch einen finsteren Blick und streckte ihr die Zunge raus ehe er sich von ihr abwand. Je weniger er mit ihr zu tun hatte umso besser für ihn und doch würde, die Beiden sicher noch mal aneinander geraten. Endlich kam die ersehnte Klingel und doch freute Haru sich darüber nicht wirklich.

Mayu verließ zusammen mit ihren Freundinnen den Klassenraum. Sie machten sich zusammen auf den Weg um sich in der Cafeteria etwas zu Essen holen. Zunächst waren die Mädchen noch ganz leise, jedoch kaum außer Hörweite des Klassenzimmers fingen sie damit an sich über alles zu unterhalten, was eben noch mit Harutora passiert war. Natürlich konnten die Mädchen nicht anders als dabei immer wieder laut zu kichern. Nur Mayu war dabei recht leise. Sie wollte sich nicht noch mehr Probleme bereiten. Immerhin hatte Harutora es ja schon auf sie abgesehen und schikanierte sie, wo er nur konnte. Sie war einfach an den Punkt angekommen, an den Sie ihnen nicht noch mehr Angriffsfläche bieten wollte. Recht still suchte Mayu sich aus, was sie essen wollte und setzte sich dann mit ihren Freundinnen zusammen an einen Tisch um dort gemeinsam zu essen.

Nach einigem Seufzen wobei Harutora seinen Kopf auf den Tisch gelegt hatte, hatten sich auch seine Freunde zu ihm gesellt und redeten ihm Mut zu. Natürlich kamen auch hier und da einige gemeine Sprüche, dass er doch wirklich viel Mist geredet hatte und sich nicht wundern musste, dass er nun eben nachsitzen musste. Mit einem Grollen erhob er sich nun und ging ebenfalls zur Cafeteria um sich etwas zu holen, gefolgt von seinen Freunden, die ihn immer noch aufzogen. Doch irgendwie gab er insgeheim Mayu die Schuld, auch wenn sie sicherlich nichts dafür konnte. Doch ganz sicher würde er sie dies noch bereuen lassen, so wie sie ihn ausgelacht hatte.

Als Harutora mit seinen Freunden ebenfalls in die Cafeteria kam, wurde es an den Tisch von Mayu und ihren Freundinnen schlagartig leiser. Neugierige Blicke drehten sich zu den Jungen, der augenscheinlich von seinen eigenen Freunden ausgelacht wurde. Nur Mayu traute sich nicht wirklich. Sie hatte das Gefühl, dass er sie böse ansehen würde. Bestimmt tat er das. Und bestimmt gab er ihr auch die Schuld an allen. Sie kannte ihm mittlerweile lang genug und wusste ungefähr, wie der Junge tickte. Das machte alles aber nicht unbedingt besser. Das Mädchen versuchte sich in den Stuhl möglichst klein und unauffällig zu machen. Das würde noch eine harte Woche werden.

Natürlich gefiel es Harutora nicht, dass seine Freunde ihn aufzogen und doch konnte der Blonde nun grade nichts dagegen unternehmen und musste es über sich ergehen lassen. Mit leicht gesenktem Blick und einem Lächeln als würde es ihm nichts ausmachen ging er zum Tresen und suchte sich sein Essen aus, ehe sich die Jungs dann am Tisch neben den Mädchen nieder ließen. Noch immer ging es laut und lustig bei ihnen zu und doch hatten sie inzwischen das Thema erstmal gewechselt, jedoch hatten sie immer noch nichts gutes im Sinn. "Ey... Mayu...", kam es plötzlich von Harutora, der sich nun rüber lehnte. "Ich kleb dir eine." Sogleich fing er an zu lachen und klebte ihr einen Werbungsaufkleber in die Haare worauf hin alle anderen Jungs mit ins Lachen einstimmten.

Es war natürlich von Vornherein klar gewesen, dass Harutora das nicht einfach so stehen ließ. Mayus Herz hämmerte wie verrückt, als er sich zu ihr rüber lehnte. Seine Worte jagten ihr Tierische Angst ein und für einen Moment dachte sie wirklich, dass er jeden Moment die Hand erhob um sie zu schlagen. Sie schloss ihre Augen in der Erwartung des folgenden Schmerzes. Doch der blieb aus. Sie vernahm bloß sein lachen und eine leichte Berührung in ihren Haaren. Schließlich öffnete sie ihre Augen und erkannte was er getan hatte. Warum tat er ihr das nur immer an? Was hatte sie ihn denn so furchtbares getan, dass sie immerzu seine Schikane ertragen musste. Tränen schossen ihr in die Augen. Nein, sie wollte nicht vor ihn anfangen zu weinen. Wütend ballte sie ihre Hände zu Fäusten und sprang auf. "Du bist so ein Blödmann, Harutora! Kein Wunder, dass dich kein Mädchen mag!" Mit den Worten rannte sie schließlich aus der Cafeteria direkt los zum Mädchenklo.

Auch wenn Harutora wusste, dass er bei Mayu oft übertrieb so konnte er nicht anders. Eigentlich fand er sie ja ganz nett und als noch kleiner gewesen waren hatten sie auch miteinander gespielt, doch irgendwas war anders geworden und er mochte Mädchen partout nicht. Als sie nun jedoch aufsprang hatte er fast ein schlechtes Gewissen. Jedoch war er noch nicht reif genug um dies zu erkennen und einzulenken, sondern stattdessen rief er ihr nach: "Da bin ich auch froh und bei dir besonders. Dich mag nämlich auch kein Junge." Kurz danach verließen die Jungs, welche noch einige Sprüche von den Mädchen zu hören bekommen hatten, auch die Cafeteria. Harutora war nun wieder besser gelaunt, auch wenn er noch immer nachsitzen musste.

Es störte Mayu nicht, als die Glocke klingelte. Es war ihr alles egal. Dann wurde ihr halt eine Fehlstunde eingetragen. Das würde nun auch nichts mehr verschlimmern. Hier war sie wenigstens sicher. Jedenfalls sah sie niemand. So waren die paar Tränen, die ihr über die Wangen liefen gar nicht so schlimm. Sie wusste nicht mehr, wann Harutora so gemein wurde. Als sie kleiner waren haben sie noch miteinander gespielt. Doch nun... Sie wurden vermutlich älter... Als die Glocke noch einmal klingelte kamen wieder Mädchen auf die Toilette. Darunter waren auch die Freundinnen von Mayu. "Mayu... geht es dir gut? Du musst wieder in den Unterricht kommen! Sensei war ganz schön böse..." Mayu ließ ihren Kopf hängen. Sie hatte ein schlechtes gewissen. Dennoch wollte sie heute Harutora nicht sehen. "Geht wieder zurück in den Klassenraum. Sagt einfach, dass mir schlecht geworden ist... Ich gehe ins Krankenzimmer." Sie wartete bis es erneut geklingelt hatte und alle wieder im Klassenzimmer waren, ehe sie die Klokabiene aufschloss. Sie betrachtete sich im Spiegel. Sie sah wirklich nicht gut aus, aber das war vollkommen in Ordnung. Das war besser um auch wirklich nicht mehr zurück in die Klasse zu müssen.

Sicher entgingen Harutora die finsteren Blicke der Mädchen nicht, ebenso wenig wie die Abwesenheit von Mayu, doch er machte sich nichts draus. Es war ihm nicht wirklich egal, dass er sie verletzt hatte, doch begriff er ganz sicher nicht das Ausmaß seiner Aussagen und Taten von heute. Noch immer gut gelaunt saß er nun in der Klasse und ignorierte wie immer den Lehrer, da er seine Zeit lieber damit verbrachte irgendwelche Monster auf seine Unterlagen zu malen. Als es nun erneut klingelte und die Mädchen abhauten kamen auch die anderen Jungs zu ihm. "Denkst du nicht, dass du bei Mayu etwas übertrieben hast heute? Sicher heult die... ist mir zwar egal, aber wenn sie es dem Lehrer petzt, dann hast du noch mehr Ärger.", meinte einer seiner Kumpel und die Anderen stimmten nickend mit ein. "Mir doch egal. Die traut sich schon nicht.", kam es prompt von dem Blonden, der nun die Arme hinter dem Kopf verschränkt hatte und dumm grinste.