Nemeton [Codren & Nico]

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    • Nemeton [Codren & Nico]




      Die Taverne “Zum tanzenden Kreuzritter” war eines der wenigen Häuser in Cheynia mit einer Tür vorne dran. Es war ebenso eines der wenigen, in dem die Tür nicht nur dem Zweck, von Wind und Regen zu schützen nachkam. Es musste, im Sinne der Sicherheit, eine Tür haben und außerdem musste diese Tür aus einem festen Material bestehen - im besten Fall aus Holz, im schlimmsten Fall aus getrocknetem Lehm. Die wenigen Tage, in denen die Tür aber aus Lehm bestand, weil die alte Tür zerbrochen, zerstört oder gar gestohlen wurde, waren die schlimmsten Tage. Dann wusste Danyara, die sich von allen nur Dany nennen ließ, dass eine unangenehme Zeit auf sie zukam. So wie ein schlechtes Omen, das den nächsten Sturm ankündigte, der die Ernte zerstören würde. Eine Lehmtür ließ immer darauf schließen, dass nicht einmal genug Holz übrig war, damit man ein paar Bretter davon zusammenschreinern und das Innere der Taverne vom Äußeren trennen konnte.

      Cheynia war, was Materialien anbelangte, dabei gar nicht so schlecht beschaffen. Die Stadt war, vor dem in Cheynia genannten "Letzten Tag", einmal ein Hafen gewesen, mit ihrer Anbindung zum Wasser und den langen Stegen, von denen etwa 13 zusammengebrochen und drei noch halbwegs intakt waren. Die Schiffe, die hier in der alten Welt einmal angelegt hatten - wobei Dany sich nicht vorstellen konnte, weshalb man so lange Stege für ein simples Schiff brauchte - hatten auch am Katastrophentag noch dort gestanden, mittlerweile aber vollständig geborgen und vom Grund des Wassers gerettet. Ja, Cheynia hatte einmal viel Holz zur Verfügung gehabt, wenn es auch morsch und durch die Nässe kaum gut zu gebrauchen gewesen war. Dann hatte sich allerdings der damals amtstragende Bürgermeister dazu entschieden, das Holz im Sinne des Handels einzutauschen und nachdem auch die letzten Überreste dieser sagenumwobenen, riesigen Schiffe geborgen und in Nahrung, Werkzeug, Waffen oder Kleidung eingetauscht worden waren, war nichts mehr nachgekommen, um eine Tür zu ersetzen. Damit hatte das Zeitalter der Lehmtür begonnen, auch wenn Dany damals noch nicht geboren worden war.
      Heute war durch die damalige, unvorteilhafte Entscheidung ein gewisses Misstrauen zwischen der Stadtverwaltung und den Einwohnern entstanden, das sich auch jetzt, drei Bürgermeister später, immer noch hielt. Nachdem der betreffende Bürgermeister abgedankt hatte - natürlich auf friedlichem Weg und nicht mit einem Messer durch die Brust, wir sind schließlich keine Barbaren, hatte Danys Mutter immer gesagt und dann gelacht, als hätte sie einen Witz gemacht - hatte der nächste Bürgermeister die mit Holz auszubessernden Konstruktionen durch Lehm ersetzt. Beim nächsten Regen war dieser Lehm dann wieder eingegangen und weil er einen tragenden Pfeiler mit sich genommen hatte, der einen Großteil des aufgezogenen Daches über der Stadt hielt, hatte der Bürgermeister abgedankt. Friedlich natürlich und mit keinem Messer im Auge, denn sie waren schließlich keine Barbaren. Sein Vermächtnis bestand allerdings in der gelegentlichen Lehmtür in der Taverne, die sämtliche Einwohner daran erinnerte, dass es einmal eine Zeit gegeben hatte, in der Cheynia genug Holz zur Verfügung gehabt hatte, um Türen daraus zu bauen.
      Zumindest das Dach war nicht vollständig zerstört worden und nachdem der lokale Schreiner einen neuen Pfeiler gehauen hatte, hatten sie die Plane wieder über Cheynia ziehen können, die den Großteil des immer wiederkommenden Regens abhielt und an manchen Ecken schimmelte. Es war nicht viel, aber etwas. Besser als die Lehmtür.
      Die Taverne hatte nur eins von vielen Relikten, die aus älteren Zeiten zurückgeblieben waren. Eigentlich war sie mal eine Kaserne gewesen und deswegen waren auch die Wände recht stabil geblieben. Urzeitlich war außerdem noch das Rathaus, das größte Gebäude, in dem sich bei Zeiten Flüchtlinge aufhielten und das in der Zeit der Schiffe mal eine Lagerhalle gewesen war. Ein paar lose Bauten verbanden die beiden Gebäude, die hauptsächlich Wohnhäuser darstellen, dann gab es auch noch eine Schule, die mal ein Wachturm gewesen war und einen zugebauten Stall, der als Lager fungierte. Die Grenzen bildeten auf einer der vier Seiten das Wasser und auf allen anderen drei die Ruine der damaligen Stadt, in die der Hafen integriert worden war. Es gab Fallen, es gab Barrikaden und es gab einen Haufen Schutt, der jeden unliebsamen Besucher lange genug fernhielt, bis einmal Verstärkung angerückt war. Und natürlich gab es auch die Wachmänner der Stadt, die durch diese Ruine pilgerten und möglichst furchteinflößend aussahen.

      Dany stand in der Taverne ihrer Eltern, als die gottlose Lehmtür aufprallte und den lokalen Bootsbauer hereinließ, der dicke alte Siliester, der auch dann torkelte, wenn er mal nicht völlig zugekifft war. Natürlich brauchte Cheynia keinen Bootsbauer - mit welchem Holz auch bei Lehmtüren - aber genauso wenig ließ sich Siliester aus der Stadt entfernen. Er war wie Unkraut und Dany war ganz sicher keine Gärtnerin.
      Er kam durch den Mittelgang geschlurft, vorbei an dem Tisch mit Raemis dem Nachtwächter und Tald dem Bauern, der ein kleines Feld an der Ruinengrenze bewirtschaftete, welche zusammen Karten spielten. Er schleppte sich auch vorbei an Yaris der Schrottmeisterin, die ihre Hände in Leinen gewickelt hatte und über ihren Krug gebeugt dasaß, als hätte sie etwas zu betrauern. Er kam bis an die Theke nach vorne geschlurft und ließ sich dort auf einen der freien Hocker fallen. Dann fing er an zu jammern.
      “Dany! Oh, Dany, es is furchtbar! Ich ha- urgh.” Er rülpste ihr einmal ins Gesicht und redete dann weiter, als wäre nichts geschehen. “Ich hatt es, ja wirklich! Das kannse mir glauben! Aber es is mir weggetrieb’n, glaubse mir das? Weggetrieb’n! Schon auf dem Wasser, aber weg!”
      Dany wedelte unbeeindruckt seinen Algengeruch fort - weshalb auch immer der Alte Algen gefressen hatte - und tauchte den Krug in ihrer Hand in die Schüssel entsalzenes Meerwasser. Sie musste neues, entsalzendes Mittel besorgen, weil ihr das alte langsam ausging, und so wie es aussah, würde sie vermutlich Raemis damit beauftragen. Der Nachtwächter wich gelegentlich zu einem anderen Posten aus, um dort ungesehen sein Zeug zu verkaufen, und solange er - und in diesem Fall Yaris - nicht dabei von den Wachen der Stadtverwaltung erwischt würden, wollte Dany sich an diesem ungesehenen Handel durchaus noch beteiligen. Ihre Mutter hatte immer zu sagen gepflegt, dass eine vergeudete Chance vergeudetes Potential wäre und beim Teufel, Dany ließ kein einziges Potential ungenutzt verschwinden.
      Ah. Schade, ja. Ganz furchtbar ist das.
      Sie sah wieder zu der Lehmtür hinüber, die über der Klinke schon einen feinen Riss bekommen hatte. Wenn es die Tage nicht regnete, würde sie vielleicht noch eine Woche halten. Die Zeiten der Lehmtür eben, sie hatten wieder begonnen und solange niemand Dany beweisen konnte, dass sie kein Omen für etwas schlechtes waren, würde sie jedes Mal bei dem Aberglauben verweilen, dass es keine guten Zeiten waren.




      @NicolasDarkwood
    • Cheynia - viel zu früh für Freude und viel zu spät für Nachsicht


      Das Pferd, das schlapp machte, hieß Walter.
      Nun, eigentlich wohl eher "Gott, Walter!", aber das mochte in das Reich des Kleinwissens gehören. Wir beginnen mit einem Pferd, dessen Energie sich dem Ende neigte, da es einen Karren ohne Räder daran zog. Wobei man auch dieses nicht mehr getrost "Karren" nennen konnte. Das Planengestänge war entfernt worden und eigentlich - wenn man ehrlich war - war es lediglich eine Holzplatte mit einem Rollschutz, damit man nicht hintenüber fiel, sofern man einen vorwitzigen Stein passierte. Eine Konstruktion, die ihresgleichen hoffentlich noch suchen mochte, aber durchaus nicht unüblich für die Wilderer der Ruinen. Man schlief, wo man Platz fand. Im Zweifel auf seinem eigenen Pferd.
      Der Mann, der ächzend und fluchend vor dem Pferd stand und an dessen Zügeln zog, hieß Rufus.
      Rufus war ein Mann von geringgeschätzter Höhe und gleichsam kinderhaftem Aussehen. Sein weiches Gesicht und sein blanker Kiefer erschien einem nicht passend für einen Reliktjäger in Ausbildung. Das zarte, blonde Haar klebte ihm verschwitzt im Gesicht während er die Fersen in den Schlamm grub und kräftig an dem Zügel zog. Doch Walter war, wie er nun einmal war: Stur. In erster Linie war dieser Gaul sturer als ein betäubtes Maultier und so launisch wie die Huren, die Rufus kennen gelernt hatte. Seufzend unterband er den Versuch eines weiteren Zuges und sank erschöpft neben dem Tier zusammen.
      "Verfluchter Eselsdreck", murmelte er genervt und sah an dem Pferd vorbei auf die Platte.
      Denn dort schlief ein weiterer Mann schnarchend den Schlaf der Gerechten. Sein Ausbilder und gleichsam Kompanion und Anführer hieß Prysk. Und so nervig die Schreibweise dieses Namens für so manch Unterfangen auch war, so ähnlich waren sich Herr und Gescherr, wenn es um die Frage der Sturheit ging.
      "Würdest du mir vielleicht helfen?", fragte Rufus laut und erhob sich ächzend, dass Buch an seiner Seite richtend.
      Mit einem Mal wurde das Schnarchen unterbunden und ein stechend dunkles Augenpaar öffnete sich, um den Himmel unter den fauligen Gerüchen der Stadt wahrzunehmen. Und ja, der Gestank war so widerwärtig, dass er ihn sehen konnte!
      "Ah, Cheynia", murmelte Prysk mit dunkler Stimme und streckte sich genüsslich, sodass die Holzplatte knarrte und Walter mühsam wieherte. "Moloch meiner Zunft. Perle von Scheißhaufen-Hausen. Es stinkt noch immer so sehr wie ich es verlassen habe, meinst du nicht auch, Rufus?"
      "Das könntest auch du sein", keifte der junge Mann und trat an die Seite der Holzplanke. "Ich finde es gar nicht so übel. Schau, dort ist ein Schreiner! Vielleicht finden wir sogar einen Krämer oder Mittelsmann, dem wir das ganze Zeug, das du mitgeschleppt hast, verkaufen können."
      "Dein Sarkasmus ist wie immer unübertrefflich, mein unerfahrener Freund", bemerkte Prysk und erhob sich langsam von seiner Bettstatt. "Hallo, Liebes!"
      Er grüßte eine Frau, die ihnen entgegen kam und offenbar schwer an ihrem Tagewerk lastete. Sie trug zumindest schwer aussehende Eimer und war nicht wirklich für eine Annäherung eines stinkenden Reliktjägers zu haben. Freilich nicht, nachdem sie sah, welche Kleidung er trug. Das Wams erschien beinahe ledern, so sehr hatte sich der Dreck eingefressen und die lederne Jacke starrte ebenso vor Schmutz und anderen Spuren, die man nicht erörtern wollte. Prysk stemmte die Fäuste in die Hüfte und schüttelte das Haar, sodass die darin eingewobenen Perlen aneinander rasselten.
      "Vielleicht sollten wir erst einmal die Vorräte auffüllen und sehen, was es zu tun gibt. Vielleicht gibt es ja ein Gesuch, das wir erfüllen können", bemerkte Rufus und sah sich in der Stadt um. "Schaut! Dort ist eine Taverne. Vielleicht können wir dort ja Informa-"
      "Bier!", donnerte Prysk und hinterließ einen starrenden Rufus, als sich sein Ausbilder zielstrebig in Bewegung setzte.
      Freilich nicht, ohne vorher an Walters Kopf zu halten und dem Pferd mit dem Ellenbogen an den Kiefer zu knuffen.
      "Sturer Gaul", grunzte er. "Mach das noch einmal und ich werde dich essen."
      "Das darf doch alles nicht sein...", flüsterte Rufus und schlug sich mit der Hand vor die Stirn. "Warum tu ich mir das an?"
      Er beschloss dennoch, seinem Herrn und Meister zu folgen, auch wenn die Dinge mit Alkohol nicht besser standen. Die Schritte bis zur Taverne waren schnell überbrückt und innerlich verfluchte der Auszubildende den Tag, an dem er dachte, dass Relikte vom letzten Tag zu sammeln, eine gute Idee war. Jetzt kam es ihm falsch vor, als sie vor die Lehmtür traten und Prysk sie regelrecht aufschmiss.
      "Was für eine lockere Tür", bemerkte er anerkennend, als er die wackelige Konstruktion ansah.
      "Was man hätte sehen können, wenn man nicht wie ein Wilder hinein gestürmt wäre"; murmelte Rufus und versuchte, die Tür einigermaßen anzulehnen, sodass nicht auffiel, dass sie vermutlich bei einem Hauchen zusammen brechen würde.
      Er musste unbedingt verhindern, dass Prysk nicht wieder über die Strenge schlug. Denn jetzt fehlten noch die Schutzmänner der Stadt und sie würden vermutlich das Chaos erneut lostreten.

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    • Siliester war in hohes Wehklagen verfallen, das sich anhörte, als würde eine Mutter um ihr Kind weinen - nur dass er die Theke anweinte und sich dabei so weit nach vorne lehnte, dass er beim kleinsten Windhauch vom Hocker fallen würde - als die Tür ein weiteres Mal aufsprang. Als hätte sie es beschworen, dachte Dany triumphierend, die als einzige in der ganzen Stadt am Lehmtüren-Theorem festhielt und sich darin jetzt bestätigt sah, als sie die beiden Schmutzgestalten betrachtete, die durch den Türrahmen marschierten. Die Scharniere wackelten beängstigend, als die Tür von der Wand abprallte und wieder ein Stück zurück zuckelte. Der vordere der beiden konnte wohl weniger als Gestalt und mehr als Schmutz beschrieben werden, denn seine Weste war vom Dreck so starr wie ein Brett und baumelte äußerst klobig herum, als er zielgerichtet den erstbesten Tisch anpeilte, der sich ihnen präsentierte. Der hintere schien sich zumindest Mühe gegeben zu haben es wenigstens so aussehen zu lassen, als hätte er sich in den letzten Tagen gewaschen, was Dany auch gar nicht allzu genau wissen wollte. In Cheynia gab es keinen Wassermangel per se, wenn man das Risiko auf sich nehmen wollte, dass die Haut von zu viel Salzwasser eintrocknete, riss und sich dann entzündete, aber groben Schmutz konnte man hier durchaus leicht loswerden.
      In diesem Sinne hätten die beiden Besucher erstmal einen Umweg über den Ozean machen müssen, bevor sie hereinspaziert waren. Aber das war der Fluch der Lehmtür und Dany musste es als Besitzerin über sich ergehen lassen.
      Sie umrundete die Theke, ließ Siliester mit seinem Elend alleine und machte sich daran, den Neuzugang um sein Hab und Gut zu bringen. Normalerweise vertrieb sie keine Wucherpreise für ihr Angebot, aber Lehmtürzeiten erforderten harte Geschütze und bei dem Dreck, in den die Männer gehüllt waren, war es sowieso fraglich, wie viel sie ihnen abknöpfen konnte.
      Beim Tisch begrüßte sie ein Gestank, der Siliesters fragwürdigen Algen-Auflauf vom Mittag noch weitaus übertrumpfte und Dany rümpfte ungeniert die Nase. Sie hatte heute eigentlich selbst noch nichts getrunken, aber jetzt stellte sie diese Entscheidung in Frage, als sie sich der Herausforderung stellte, diesen Misthaufen zu bedienen.
      "Tag, die Herrschaften. Süßwasser kostet einen Ring, Met drei Ringe und mein Spezialmix fünf, da ist selbstgebrannter Schnaps mit drin. Ich nehme entweder das oder..."
      Sie kniff die Augen zusammen, dann stützte sie die Hände auf dem Tisch auf und lehnte sich nach vorne, als wollte sie die beiden Besucher in eine Verschwörungstheorie einweihen. Der Gestank verstärkte sich und wurde jetzt ganz eindeutig von dem größeren der beiden abgesondert, bei dem Dany sich nicht sicher war, ob seine Haare einfach nur dunkel, oder völlig fettig waren. Sie entschied sich dazu, es nicht herausfinden zu wollen.
      Stattdessen öffnete sie den Mund und formte mit den Lippen das Wort, das sie sich in diesem Raum nicht laut auszusprechen wagte. Nachdem sie es ein zweites Mal versucht hatte und die Männer sie immer noch unverständlich anstarrten, gab sie frustriert auf und wiederholte so leise, dass es kaum mehr als ein Hauchen war:
      "H-o-l-z."
      Von hinten kam sofort ein Knall, als Siliester von seinem Hocker fiel oder ihn vielleicht auch umwarf, vom Nebentisch riss Yaris den Kopf hoch, als wäre sie aus einem Albtraum erwacht und dächte, sie befände sich noch mittendrin. Nur die beiden Kartenspieler schienen Dany nicht gehört zu haben, wobei Raemis dennoch ein paar Blicke zu den Besuchern warf, weil er sich entweder nicht ganz von seinem Beruf fernhalten konnte oder abschätzte, ob er sie vielleicht in eine seiner Schweinereien einweihen könnte. Dany war das egal, sie bemühte sich nach Leibeskräften, so zu tun, als wäre nichts.
      "Eins von beidem. Ich lege für letzteres sogar noch ein Freibier oben drauf, wie wäre das?"
      Sie sah zwischen beiden hin und her und dann an ihren schmutzstarren Kleidungen hinab.
      "Und sogar noch Waschwasser. Kein Trinkwasser, aber Waschwasser. Das kommt vom Ozean, ist aber nicht ganz so salzig."
    • Es dauerte nicht lange, bis sie einen Tisch in der Taverne ausfindig gemacht hatten. Schweigsam hatten sich die beiden Neuankömmlinge niedergelassen und nach den Leuten umgesehen, die in der Taverne einhergingen. Die meisten wirkten wie die normalen Bewohner einer Stadt in diesem Jahrtausend. Immer etwas zu verrichten und doch nicht genug, um dem Trunke zu entgehen. Oh grausiges Schicksal.
      Prysk lehnte sich in den Stuhl und streckte die müden Beine aus, sodass es zu Boden staubte. Rufus indes legte sein Buch auf den Tisch und begann darin zu blättern.
      "Was tust du jetzt schon wieder?", fragte Prysk unwirsch nach.
      "Ich schlage die gängigen Preise nach", verkündete der Auszubildende. "Ich halte es für ungut, wenn man uns um unsere Ringe bringt, weißt du?"
      "Ach, Paperlapapp, Humbug. Stuss, wie man hier sagt!", trompetete Prysk und lachte keifend. Kurz wollte er noch Luft holen, um weitere Weisheiten in die Prärie zu spucken, als eine junge Dame hinter dem Tresen hervor kam und beträchtlich zielgenau ihren Tisch ansteuerte. Und Rufus wusste in der Sekunde, was geschehen würde. Sorgsam klappte er das Buch zu und stützte den Kopf auf die Hand, während er Prysk beobachtete.
      Dieser straffte sich im Stuhl und grinste breit, als Dany an den Tisch kam und warf sein Haar ein wenig zurück, damit er freie Sicht hatte. Und sie freie Sicht auf ein dreckiges Gesicht und einen schmuddeligen Bart.
      "Einen wunderschönen guten Tag, Liebes", begrüßte sie Prysk und unterstand sich, weiteres zu sagen. Gott, wie viele wunderbare Dinge würde er ihr ins Ohr flüstern können, wenn sie nur eine Nacht lang...
      Ihre Preisangebote waren gesalzen! Selbst der Reliktjäger mit einem Sinn für das Schöne und Alltägliche konnte nicht umhin zu bemerken, dass die Preise durchaus angehoben waren. Auf ein Niveau, das er mit Ringen kaum bezahlen konnte.
      Kurz tauschte er einen Blick mit Rufus, der die Augen verdrehte und seufzte.
      "Und wenn wir besagtes Gut hätten?", fragte der junge Mann und beäugte die Schankmaid eher misstrauisch. "Ein Bier und ein wenig Salzwasser für derart teures Gut in Eurer Stadt erscheint mir doch ein wenig übertrieben. Legt noch etwas drauf und vielleicht sind wir im Geschäft."
      "Wenn wir es hätten"; bemerkte Prysk grinsend. "Und sagt mir: Seid ihr vielleicht bereits verspro-"
      So schnell wie der Satz gedacht war, flog das Buch über den Tisch und mitten in das Gesicht des Reliktjägers, dessen Kopf nach hinten schnappte. Schneller als man es gedacht hätte, schoss eine seiner Hände nach oben und find das Buch als Abpraller von seinem Gesicht auf und knallte es auf den wackeligen Holztisch.
      "Was er sagen wollte: Habt Ihr vielleicht eine Ahnung, ob man hier ein paar Ringe verdienen kann? Unsere Vorräte sind recht karg und wir haben noch eine lange Reise vor uns."

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    • Die Aussicht darauf, dass dieses wandelnde Abfall-Duo tatsächlich Holz dabei haben könnte, glich das Geflöte aus, mit dem der eine von ihnen Dany begrüßte. Er hatte sich die Haare aus dem Gesicht gewischt und präsentierte jetzt ein äquivalent schmutzerstarrtes Gesicht, wobei Dany sich nicht sicher war, ob oberhalb seiner Lippe ein Scheißhaufen oder ein Bart wuchs. Sie entschied sich dazu, dass das ebenfalls in die Kategorie Möchte-Ich-Nicht-Wissen gehörte.
      Trotzdem konnte sie ihre Neugier nicht verhehlen und richtete sich ein bisschen besser aus, dass sowohl Yaris, als auch Siliester von ihrem Körper verdeckt wurden.
      "Hier sind alle Preise höchst angemessen. Als ich das letzte Mal geschaut habe, gibt es auf der ganzen Strecke von Cheynia zu Triuce kein einziges Met. Solange ihr also nicht darauf hoffen wollt, dass ihr dem nächsten fahrenden Händler begegnet, der dann auch noch zufällig Met dabei hat und nicht schon alles verkauft hat, würde ich vorschlagen, wir machen einen Deal daraus."
      Sie sah aufmerksam zwischen beiden hin und her, weil sie dachte, dass sie tatsächlich einwilligen würden. Stattdessen fing der eine an, bevor der andere ihm sein Buch ins Gesicht donnerte. Dany grinste. Sie zwinkerte dem Buchschmeißer zu, weil er sich das durch diese höchst unterhaltsame Darbietung echt verdient hatte.
      "Mir würden schon ein paar Dinge einfallen, wie man hier seine Ringe verdienen kann. Kommt ganz darauf an, welche Dienste ihr anbieten könnt."
      Sie sah wieder zwischen beiden von ihnen hin und her, sprach aber dieses Mal mehr zum Buchschmeißer, weil sie glaubte, brauchbareres Zeug von ihm zu bekommen als von dem anderen mit dem Scheiß-Schnurrbart.
      "Wie es der Zufall will, habe ich nämlich selbst ein paar Ringe, die ich loswerden könnte. Also."
      Sie sah sich um, schnappte sich einen leeren Stuhl, zog ihn klappernd heran und ließ sich darauf fallen. Im Hintergrund machte Siliester ein paar unschlüssige Schritte in die Richtung ihres Tisches, entschied sich dann aber wohl dazu, die Herrscherin über das Bier nicht allzu sehr zu nerven.
      Dany zog eine kleine Schatulle aus der Tasche ihrer dünnen Jacke, öffnete sie und enthüllte einen Haufen Merch, die von der gleichnamigen mutierten Pflanze entstandene Droge, die ihre Wirkung am besten entfaltete, wenn man sie sich unter die Fingernägel schob. Gleichzeitig - oder vielleicht auch genau dafür - verbargen die dunklen, winzigen Blattteilchen, ob man am Arkanfluch leidete, der die Nägel bluten ließ.
      Sie schob sich die Krümelchen unter die davon bereits dunkle Nägel, während sie die beiden Männer musterte.
      "Wer seid ihr, woher kommt ihr, wo wollt ihr hin, was macht ihr? Raus mit der Sprache, dann können wir weiterreden."
    • Prysk nutzte die Gunst der Stunde und sah am Körper der jungen Frau hinauf und hinab. Sie machte nicht den Eindruck einer geübten Soldatin, soviel stand fest. Vielleicht mochte er sich irren, aber zumeist ließ ihn sein Auge nicht im Stich. Sicherlich, sie war durchaus wohl geformt und zu anderer Zeit wäre er ihr sicherlich verfallen, aber derzeit spielte sich die Rolle des überheblichen Einfaltspinsel recht gut.
      Rufus indes schien es zu genießen, die Aufmerksamkeit der jungen Frau auf sich gezogen zu haben. Immerhin konnte der Junge auch so mal etwas Erfahrung gewinnen. Zumindest das Erröten auf das Zwinkern hin hätte er abstellen können.
      Dennoch - der Jäger kam nicht umhin zu bemerken, dass sie sich klug postierte. Er hatte die Gesichter der beiden Herren bereits vorher gesehen, jedoch wurden sie nun geschickt verdeckt. Ein Schelm, wer Böses dabei dachte. Schweigsam sah er der jungen Frau zu wie sie redete und redete, ohne dabei allzu viel preis zu geben. Sie wusste zumindest wovon sie sprach, das musste man ihr lassen.
      Neugierig fiel der Blick der beiden Neuankömmlinge auf das Merch, das sie sich schamlos unter die Fingernägel rieb. Gott, dieses Höllenzeug, dachte Prysk und wandte den Kopf kurz ab, ehe er zum Gespräch zurückkehrte. Rufus indes ballte die Fäuste kaum merklich und seufzte schließlich.
      "Ich denke..."
      "Wir sind Reliktjäger", offenbarte Prysk mit veränderter, nicht mehr so lauter Stimme. Vielmehr klang nun nach einem Knurren und seltsam bedacht. Als befänden sich Zwei in Einem. "Woher wir kommen ist egal und wir suchen nach Arbeit, nachdem man uns beim letzten Auftrag ein wenig über den Tisch zog."
      Rufus nickte eifrig und griff nach seinem Buch. Kurz sah er zur Schankmaid hinüber, ehe er sich räusperte.
      "Und wer seid-"
      "Ja, wer seid Ihr, Teuerste?", grinste Prysk und sah hinter dem dümmlichen Grinsen mit wachen Augen in ihr Gesicht. Komm schon, dachte er. Verrat dich.
      "Ist dieses Zeug hier verbreitet?", fragte er und wies mit dem Kinn auf das Merch.
      Rufus hielt sich bedeckt, während Prysk sich leicht über den Tisch lehnte.
      "Ich sage Euch etwas: Wie wäre es, wenn ihr uns zwei Met bringt und uns anschließend verratet, wer Ihr denn seid und was Ihr an Arbeit für uns hättet, wenn wir denn in Frage kämen."
      Rufus nickte erneut, dieser nutzlose Idiot, und Prysk sah genervt zu ihm hinüber. Anstatt einfach die Dame in ein weiteres Gespräch zu verwickeln, zählte dieser Holzwurm von einem Manne die Seiten seines Buchs.
      "Also, um es einfacher zu machen: Ich bin Prysk", sagte er und wies mit der Hand auf die schmutzige Brust. "Und das ist Rufus."

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    • Eins stand schon recht früh fest: Der eine ließ sich von einem einfachen Zwinkern betören und der andere hatte gerademal genug Hirnmasse, um zwei Brüste auseinanderzuhalten, wenn er nicht gerade von einer schwankenden Hüfte abgelenkt wurde. Was diese Verhandlung anging, lag Dany schon im Vorteil, ohne den Mund zu öffnen, wie sie bemerkte.
      Das Merch sandte einen frischen, prickelnden Schauer durch ihre Fingerspitzen, die sich für einen Moment anfühlten, als würde das Blut in ihnen gefrieren. Drei Sekunden später verging das Gefühl schon langsam wieder und sie musste enttäuscht feststellen, dass der hiesige Heiler rechtgehabt hatte: Sie hatte in letzter Zeit zu viel von dem Zeug genommen. Sie spürte schon gar nicht mehr richtig, dass sie high war.
      Sie sah zwischen beiden Männern hin und her, die ihr jetzt zumindest offenbarten, Reliktjäger zu sein. Der Tonfall des Einfältigen änderte sich dabei merklich, was Dany dazu veranlasste, ihm zwei Blicke zu würdigen. Er war nicht dumm - nicht, dass sie jemals den Fehler gemacht hätte, bei einem Fremden gleich davon auszugehen - aber woher seine abweisende Haltung kam, konnte sie auch nicht entschlüsseln. Womöglich hatte der andere ihm eingebläut, was er offenbaren konnte und was nicht, oder vielleicht war das Misstrauen von dem angesprochen letzten Auftrag hoch genug, um dem nächsten mit größerer Vorsicht zu begegnen.
      In jedem Fall offenbarte es Dany, dass die beiden sich über den Tisch ziehen ließen, wie es ja wohl schon einmal der Fall gewesen war. Das, gepaart mit der offensichtlichen Schwachstelle, die beide gleichermaßen zu besitzen schienen, machte es ja geradezu lächerlich einfach, sie ein wenig auszuwringen. Es kam nicht oft vor, dass Dany ihren Vorteil als Frau ausspielte, aber in diesem Fall wollte sie sich geradezu ins Zeug dafür legen.
      Dafür nötig war nur ein wenig Umpositionierung auf ihrem Stuhl, bis sie einen Arm über die Rückenlehne hinter sich legte und die Brust dabei ein wenig heraus reckte. Sie trug nichts aufreizendes, aber bei den Blicken, die der Einfältige ihr schenkte und der roten Gesichtsfarbe, die der Buchschmeißer zur Schau trug, dachte sie nicht, dass das nötig sein würde. Nur ein wenig in Pose setzen und lächeln. Und Dany strahlte geradezu, als sie ihnen ein gewaltiges Lächeln präsentierte.
      "Reliktjäger. Wie interessant. Ihr könnt bestimmt mit Waffen umgehen, oder? Wir bräuchten hier durchaus noch ein paar anständige, starke Männer - ganz ohne jemanden dabei über den Tisch zu ziehen, das garantiere ich euch. Von mir sowieso nicht, ich habe keine Ahnung von Waffen, ich weiß nur, wie man Bier in Ringe umwandelt."
      Wieder ein Zwinkern, diesmal für den Einfältigen. Dany hatte noch nie Schwierigkeiten mit Lügen gehabt, ein bisschen lächeln, ein bisschen mit den Augen klimpern und schon konnte sie ihre Geschichten als Wahrheiten verkaufen. Sie glaubte sogar, dass es ihr möglich wäre, wenn sie keinerlei Mimik dabei aufsetzte.
      Ihr Zwinkern schien gewirkt zu haben, denn der Einfältige wollte gleich etwas mehr von ihr wissen. Als Belohnung dafür, dass er sich so schön von ihr beeinflussen ließ, überschlug sie die Beine, richtete sich nach ihm aus und streifte ganz zufällig sein Schienbein mit ihrem Stiefel.
      "Verbreitet? Nein, nicht unbedingt. Die meisten nehmen hier lieber Chrom oder was von dem schwächeren Zeug. Das benebelt sonst den Kopf zu sehr, nicht wahr?"
      Oh, Dany, heute bist du echt wieder in Hochform. Vielleicht hatte die Lehmtür-Theorie ja doch ihre Schwachstellen? Es wäre ihr nichts lieber, als das herauszufinden.
      Die Stinkwolke, und mit ihr die Gestalt dahinter, kam etwas näher, und Dany hätte jetzt doch fast den Fehler begangen, zurückzuzucken. Das durfte sie sich jetzt doch nicht mehr erlauben, nicht nachdem sie den Beschluss gefasst hatte, die beiden Männer ein wenig übers Ohr zu hauen. Dafür mussten sie ihr vertrauen und daher setzte sie gute Miene zum bösen Spiel.
      "Das hört sich nach einem guten Anfang an. Dafür mache ich euch sogar ein Sonderangebot: Nur fünf Ringe für beide Mets anstatt sechs. Weil ihr so nette Jungs seid. Normalerweise würde ich da keinen Unterschied machen."
      Normalerweise verkaufte sie ihr Met für zwei, wenn nicht sogar einen. Das kam ganz darauf an, ob die betreffende Person tatsächlich "nett" war und ob eine Lehmtür im Türrahmen stand.
      Wenn sie es ganz geschickt anstellte, könnte sie aus dieser Sache sogar noch mit einem Gewinn herauskommen, sofern sie die beiden richtig übers Ohr hauen konnte.
      "Also?"
      Sie streckte die geöffnete Hand zur Tischmitte aus, dann wartete sie, bis die betreffenden Ringe ihre Handfläche berührte, bevor sie ein geradezu entzücktes Lächeln von sich gab.
      "Freut mich. Nennt mich doch Dany, alle meine Freunde nennen mich so."
      Wieder ein Zwinkern, diesmal für die Allgemeinheit, dann stand sie auf, ließ die Ringe in derselben Tasche verschwinden, in der auch ihre Schatulle lag und bemühte sich um Hüftschwung auf ihrem Weg zurück zur Theke. Erst, als sie von dem rissigen Holz halb verdeckt war, ging sie wieder normal.
      "Und?", eiferte Siliester, der sich an die Theke schmiss, kaum war sie wieder da. "Ham se Holz dabei?"
      "Nein. Das sind Reliktjäger, keine Ruinenjäger."
      "Sie könnten trotzdem Holz dabei ham. Würd' ich ihnen abkaufen."
      "Von welchen Ringen?"
      "Werd' jetzt nich frech, Mädchen!"
      Dany wandte sich ihren Fässern zu, während Siliester sich entweder darüber ereiferte, wo er Ringe herbekommen könnte oder wie dringend er das Holz für seine Schiffe brauchte. Sie füllte drei Krüge bis zum Rand, dann kam sie zurück zum Tisch getänzelt, wobei ihr das jetzt schon auf die Nerven ging. Hätte sie nur beim ersten Gang nicht so viel Hüfte reingelegt, jetzt konnte sie nicht nochmal anders gehen.
      Sie stellte zwei der Krüge vor jeweils einem ab, den dritten behielt sie für sich selbst. Met vertrug sich nicht gut mit Merch, das wusste sie selbst, aber sie hatte in letzter Zeit so viel von dem Zeug genommen, dass sie die Wirkung vermutlich erst beim zweiten Krug spüren würde. Aber das wussten die anderen immerhin nicht. Die Tatsache, ob sie sie darauf hinweisen würden, würde ihr einen ersten Ausblick darauf geben, mit welchem Job sie sie betrauen konnte.
      "Lasst es euch schmecken."
      Sie brachte ein weiteres Grinsen zur Schau, während sie dabei zusah, wie die beiden von ihren Krügen tranken. Sie trank selbst auch einen ersten, großen Schluck, weil sie das kurze Schwindelgefühl mochte, das sich immer beim ersten Schluck Met mit Merch einstellte.
      "Ich habe genauso wenig Interessantes zu erzählen wie ihr. Ich komme aus Cheynia und werde in Cheynia sterben. Die Taverne gehört mir und auch der Wohnbereich darüber. Wenn ihr eine Unterkunft sucht, müsst ihr schon zum Rathaus gehen und euch da melden. Ich kann aber nichts garantieren, weil der Bürgermeister ein ganz schönes Arschloch ist."
      Der auch mal abdanken sollte - friedlich natürlich. Aber so viel vertraute sie ihren neuen Gästen noch nicht, um sie darin einzuweihen, genauso wenig wie sie ihnen genug vertraute, um auch nur einen Fetzen mehr über ihre Vergangenheit preiszugeben.
      "Ich bin hier außerdem die erste Anlaufstelle für Händler, wenn ihr also eure Sachen loswerden wollt, macht ihr das am besten über mich. Ich verdiene nichts dabei, nur, dass man sich zum Handel hier trifft und mir Ringe für das Bier dalässt. Ich habe eigene Zimmer dafür."
      Die Herren verstanden vermutlich, dass sie nicht die gewöhnlichen fahrenden Händler meinte, die sich standardmäßig im Rathaus melden mussten. Wenn Dany Geschäfte machte, ging es dabei entweder um Bier oder um Dinge, bei denen man selbst dem Schutz einer Holztür nicht vertraute. Ganz zu schweigen von einer Lehmtür.
      Sie setzte wieder ihr entzücktes Lächeln auf, dann musterte sie die beiden Männer, die sie in ihrem Kopf trotz ihrer Namen noch immer anders nennen würde.
      "Wenn ihr also an einem Geschäft teilnehmen wollt, setzen wir das Gespräch lieber in einem anderen Zimmer fort. Ansonsten bräuchte ich Entsalzungsmittel für das Meerwasser, das ist mir ausgegangen. Ich bräuchte auch jemanden, der ein paar Erledigungen für mich macht, weil ich logischerweise hier nicht weg kann. Oh, und jemanden, der mir die Lehmtür da vorne repariert, die hat nämlich einen Riss über der Türklinke und wenn es das nächste Mal regnet, wird die vermutlich zusammenfallen."
      Ein aufgesetzt freundlicher Blick ging wieder in die Runde.
      "Was darf es also sein, Prysk und Rufus?"
    • Rufus erstickte beinahe an seinem eigenen Geifer.
      Man mochte dem jungen Mann sein nicht sehr hohes Alter zwar ansehen, doch zumeist stellte er sich geschickter an als gerade. Doch als Dany sich in Pose warf und ihre Brust derart prominent in Szene setzte, konnte der Bücherling nichts anderes als zur Seite zu schauen. Zu schamhaft war die Vorstellung, diese wunderbaren Errungenschaften menschlichen Wachstum in Händen zu halten und zu -
      Prysk derweil betrachtete die junge Frau mit unverhohlener Neugierde. Hier stank etwas. Entgegen der landläufigen Meinung war Prysk nicht vollends beschattet, wie sein Vater zu sagen pflegte. Er wusste selbst, dass er bestialisch stinken mochte. Ein Kunsttrick den er gerne anwendete, um zu erreichen, das Menschen ihn nicht lange ansahen. Doch hier stimmte etwas nicht.
      Die Frau zuckte nicht zurück. Der Gestank musste widerlich sein. Er sah selbst das Runzeln auf Rufus' Gesicht und sie hatten drei Tage in einer Höhle verbracht um sich gegen den Dung abzuhärten. Doch sie lächelte nur und machte Komplimente. Selbst für den Dümmsten aller Einfältigen musste klar sein, dass sie etwas im Schilde führte.
      "Wir können mit Sicherheit ein wenig an den Waffen aushelfen", bekundete Rufus schließlich lächelnd und legte seine Hand auf das Buch. "Allerdings sind wir nicht allzu lange in der Stadt. Allenthalben eine Nacht."
      Prysk nickte einträchtig und sah sich in der Taverne um. Erstaunlicherweise stank hier alles nach Bedarf. Das per se war nicht verwunderlich, es begegnete ihm in jeder Stadt oder Siedlung in die er kam. Jedoch stimmte hier etwas nicht. Es lag ein Warten in der Luft, das er förmlich schmecken konnte.
      Hinsichtlich ihrer Ausführungen zu den Drogen musste Prysk nickend lächeln. Ihre Auffassung stimmte in seinen Augen zwar, dennoch würde er diesem Zeug nichts abgewinnen können. Rufus indes schluckte und sah zur Seite, ehe Dany sich erhob und nach den Ringen bat. Schweigsam legte der Bücherling die geforderte Menge in ihre Hand und beide sahen der Dame hinterher, während sie mit wiegenden Hüften zurück zu ihrer Tat schritt.
      Seufzend atmete Rufus aus und beugte sich leicht zu Prysk hinüber.
      "Warum sagst du, wir sind Reliktjäger?", fragte er zu neugierig.
      Prysk grunzte und verzog das Gesicht.
      "Weil hier etwas stinkt, Junge. Die Bardame ist zu freundlich. Außerdem erscheint mir der Preis wirklich hoch für einen Met, findest du nicht? Dazu eine halb zerfallene Tür, ein Dorf an der Lebenskrise und wild auf Holz?"
      "Erscheint mir eine normale Stadt?"
      Rufus zuckte mit den Achseln.
      "Sicher, und ich tanze abends in der Schänke zu Fidel und Gaukelei."
      "Verdächtigst du Dany?"
      Prysk schmunzelte.
      "Ich verdächtige sie nicht. Ich glaube nicht, dass sie uns per se übel gesonnen ist. Ich glaube nur, dass sie uns über den Tisch zieht. Ich weiß es nicht sicher, aber irgendwie sagt mir meine Nase..."
      "Die Nase, die vermutlich in der Höhle abgestorben ist?"
      "Vermutlich. Nichtsdestoweniger: Sei auf der Hut. Und glotz ihr nicht so auf die Brüste, Mann. Wir sind keine Tiere!"
      "Sagt der Richtige. Du hast sie angesehen wie ein Lüsterner, lüsterner..."
      "Rammler?"
      "Ja! Rammler!", ereiferte sich Rufus und schlug mit der Faust auf den Tisch, just als Dany zurückkam und die Krüge auf den Tisch stellte.
      Wahrlich, es war schön. Nach all der Zeit des Darbens und des Staubfressens endlich wieder Flüssiges zu sehen und zu riechen. Gott, wie gut es roch! Klimpernd neigte Prysk den Kopf über den Krug und nahm einen Zug von dem Met. Die Perlen in seinen Haaren klimperten lustig während er den Kopf in den Nacken hob und einen tüchtigen Schluck des Mets trank. Angenehm kühl flutete es seine verstaubte Kehle und richtete wieder einen Menschen aus ihm her.
      Rufus indes schüttelte mit dem Kopf und sah Dany an.
      "Das ist schon in Ordnung. Wir sind es gewohnt, draußen zu schlafen", bemerkte er grinsend und nippte an seinem Getränk. "Ihr verdient nichts, obgleich ihr die erste Anlaufstelle seid?"
      "Entweder seid Ihr dumm oder beachtlich klug, Madame", murmelte Prysk in sein Getränk hinein. Das Grinsen auf seinen Lippen erschien dümmlich, jedoch durchstachen seine Augen ihr Gesicht beinahe. "Ihr könnt mir nicht erzählen, dass Ihr nichts verdient. Eine Kneipe mitten im Nirgendwo, kaum Gäste die zahlungskräftig sind und überall Mängel. Und dennoch seid Ihr hier. Bevor ich meinen Hintern in Euren Dienst stelle, will ich wissen, wer Ihr seid, Dany."
      Er betonte den Namen genauso sehr wie sie die Ihren. Rufus indes verschwand regelrecht in seinem Getränk. Na das konnte was werden. Eine Frau, die es faustdick hinter den Ohren hatte und einen Meister, der paranoider als ein Merchsüchtiger war.

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Für einen Moment war das einzige vorherrschende Geräusch das Rasseln der merkwürdigen Perlen, die im Haar des einfältigen Prysks saßen und sich so anhörten, als würden Ringe über die Tischplatte fallen. Weil das ein so absonderliches Geräusch in dem sonst recht auf Tauschhandel besonnenen Cheynia war, gewonn er damit temporär die Aufmerksamkeit jedes Tavernenbesuchers, der sich in irgendeiner Weise zu ihrem Tisch umdrehte.
      Dany hob den Blick und begegnete wie zufällig dem von Raemis. Der Nachtwächter und Dealer hob leicht eine Augenbraue in ihre Richtung. Seine Haut war von zu wenig Sonne ganz bleich und seine Augen einen Stich zu dunkel, sodass er ein wenig kränklich wirkte, aber sein Blick, mit dem er Dany taxierte, war aufmerksam. Sie zuckte knapp die Schultern in einem Vielleicht, vielleicht auch nicht und da wandte er sich wieder ab, als hätte er das Interesse verloren. Sein Gegenüber gab ein abschätziges Geräusch von sich und stierte dann in seine Karten, als wolle er sie für was auch immer gerade vor sich ging verantwortlich machen.
      Dany wandte sich wieder ihren Gästen zu, als wäre nichts gewesen. Niemand hatte sie darauf hingewiesen, dass Merch und Met eine schlechte Kombination waren. Sie machte sich eine gedankliche Notiz davon und trank dann noch einen Schluck.
      "Wenn es regnet, kann es selbst unter dem Dach draußen feucht werden. Aber bei einer Nacht werdet ihr das wohl überleben."
      Sie lächelte wieder, wobei das Lächeln bei der Erwähnung des einfältigen Prysks etwas in sich zusammensackte. Vielleicht hatte sie sich von seinem dummen Grinsen etwas ablenken lassen, bemerkte sie, während seine Augen sie gleichermaßen nur so durchbohrten. Für einen Moment fühlte es sich betrügerisch sehr danach an, dass er geradewegs an ihren Lügen vorbeisehen und sich die Wahrheit aus ihrem Gehirn herausholen konnte. Vielleicht konnte er durchschauen, dass ihr Lächeln nicht ganz aufrichtig war? Vielleicht hatte er gemerkt, dass sie sich absichtlich in Szene geworfen hatte? Vielleicht hatte er sogar den Blick zu Raemis bemerkt?
      Aber was hätte er von diesen Informationen? Er kam nicht von hier, denn dann wüsste Dany in irgendeiner Art und Weise von ihm. Er wirkte auch nicht wie ein Außenseiter, der sich damit über Wasser hielt, sich von Ort zu Ort zu schlafen und nebenbei mit Tageslöhnen über Wasser zu bleiben. Er wirkte wie... ja, wie was wirkte er eigentlich? Sein Grinsen sprach davon, dass sein Gehirn kleiner war, als der Kopf hergeben konnte. Sein Blick sprach davon, dass dieses zu kleine Gehirn von primitiven Gedanken gesteuert wurde. Aber seine Augen... seine Augen kamen ihr manchmal raubtierartig vor. Berechnend und vielleicht durchtrieben. Vielleicht spielte er genauso ein Spiel wie sie, aber Dany waren bisher nur wenige untergekommen, die sich ihren Spielen ernsthaft anschlossen. Und keiner von ihnen war Reliktjäger gewesen.
      Sie neigte den Kopf ein wenig und schob sich schwarze Haarsträhnen beiseite, um ihren Hals zu entblößen. Vielleicht sollte sie doch mal wieder aufreizendere Klamotten anziehen. Nicht, dass einer in der Stadt es sowieso gewagt hätte, sich an ihr zu vergreifen.
      "Ich möchte doch sehr bitten, das ist keine besonders nette Art, sich mit einer Madame unterhalten. Würdest du mir da nicht zustimmen, Rufus?"
      Sie blickte zu seinem Kumpanen, der ganz eindeutig noch empfänglicher für ihre Spielchen war als der andere, dann wandte sie sich wieder zu Prysk.
      "Ich verdiene meine Ringe durch Bier, das habe ich doch schon recht deutlich gemacht. Oh, und durch meinen Schnaps natürlich, der auch ein bisschen teurer ist. Ich verdiene dadurch, dass Leute wie ihr hereinkommt, sich bei der Suche nach Arbeit ein Bier genehmigen und andere Leute, die sie mit gesuchter Arbeit beauftragen, sich hier auch ein Bier holen. So einfach ist das, mehr gibt es über mich nicht zu wissen. Oder möchtest du etwa hören, dass ich das Haus hier von meinen Eltern geerbt habe? Das geht natürlich auch, tut aber vermutlich nichts zur Sache."
      Jetzt musste sie langsam vorsichtig sein. Wenn diese Männer ebenso ein Spiel spielten, wie sie es tat, konnten sie ihr früher oder später auch auf die Schliche kommen. Die Beobachtung, dass kaum einer der hier Anwesenden wirklich für sein Bier bezahlen konnte, war schon scharf genug und wenn sie nicht aufpasste, könnten sie womöglich noch in Frage stellen, weshalb Dany ganz allein eine Taverne bewirtschaftete in einer Stadt, in der es ganz sicher nicht genug Frauen für jeden Mann gab. Jetzt war sie doch froh, nichts aufreizendes angezogen zu haben, dann das könnte dieses ganze Konstrukt vielleicht zum Schwanken bringen.
      Die Gäste hinterfragten zu viel. Dass die Einwohner Cheynias davon wussten, war noch in Ordnung, aber sollte irgendein dahergelaufener Tagelöhner auf die Idee kommen, hier herumzuschnuppern, würde Dany ihn ganz entschieden davon abhalten.
      Dann also doch lieber schnell einen Auftrag raushauen und sie vondannen ziehen lassen. Man musste ja nichts riskieren.
      "Ah - jetzt ist mir tatsächlich eingefallen, was ihr tun könnt. Dafür braucht ihr auch keine Waffen und das ist eine Beschäftigung für einen Tag."
      Sie setzte sich nach vorne, verschränkte die Hände auf dem Tisch und sah zwischen beiden hin und her.
      "Ihr geht nach draußen, ihr holt euer Holz und wenn es genug ist, baut ihr mir davon eine Tür zusammen. Genau so eine wie die Lehmtür da vorne, aber nur aus Holz. Wäre das was? Für etwas anderes hätte ich es gar nicht hergenommen, aber dann kann ich mir die Arbeit sparen und ihr zwei bekommt jeweils ein Met aufs Haus. Ich bezahle euch sogar sechs Ringe dafür, wenn ihr Glück habt, könnt ihr davon auf dem Marktplatz noch echtes Fleisch erhaschen, wenn nicht schon alles weg ist. Wie wäre das?"
    • Bei den heiligen Sandsäulen, wie schnell eine Stimmung kippen konnte.
      Mit einem Mal war es Rufus nicht nur unangenehm, dass sein Meister begann, die Schankmaid ins Verhör zu nehmen. Viel eher schien er zumindest den ein oder anderen Kern zu treffen. Ihre Reaktionen wurden ruhiger, abgehackter, als suche sie nach einem Ausweg, den es nicht wirklich gab. Und Rufus spielte einen merklichen Teil davon.
      Ihre erste Bemerkung über die Nacht im Freien hatte er noch mit einem Nicken und einem freundlichen Lächeln kommentiert. Doch bei dem zweiten Kommentar der jungen Frau prustete er in seinen Met und begann leicht zu husten.
      "Also ich, ich denke...Ich sollte..."
      "Den Rand halten", brummte Prysk und drehte den Krug in seinen Händen. "Es mag vielleicht keine gute und rechte Art sein, mit einer Dame zu sprechen. Aber Eure stumpfen Posierungen sind es genauso wenig. Glaubt einem Mann, der mehr Huren verprellt hat als er Haare im Gesicht besitzt: Ich habe talentiertere Versuche erlebt."
      Er beugte sich leicht vor und sah in den Krug hinein, der bereits halb leer war. Ein trauriger Anblick, besann man sich der Tatsache, dass ihr Gastspiel dem Ende zuneigte. Und je mehr er trank, umso unleidlicher wurde er.
      Rufus, der die Wut bemerkte, die sich durch das Antlitz seines Meisters kämpfte, hielt inne und sah auf die Hände des Anderen. Ein leichtes Zittern. Vielleicht kaum bemerkbar, aber es mussten die Nebenwirkungen sein. Die Wirkungen dieser verfluchten Mutation, die er unter Kontrolle halten musste. Vielleicht war es das Merch, vielleicht war es aber auch das andere Mittel, das er nahm. Letzten Endes mussten sie ihr Gastspiel beenden.
      Rufus eilte sich und trank einen Schluck. Sie würden weit reiten müssen.
      "Wir wissen beide, dass Ihr in dieser Kaschemme kaum Jemand die Mittel für ein tägliches Bier hat. Zudem sind alle ganz wild auf Holz", murmelte Prysk, dessen Stimme mehr ein Zischen denn eine Stimme wurde. Eine Ader erschien auf seiner Stirn. Fein, aber sichtbar. Als würde er einen Wutanfall unterdrücken. "Ich habe in der ganzen Stadt kaum Holzwaren gesehen. Der Schreiner, den wir fanden, hat nicht gearbeitet und Holzverarbeiter sitzt offenbar hier am Tresen, denn sie reagieren auf das Wort wie die Motten auf das Licht. Also sind Eure Preisvorstellungen für eine Holztür nicht mal ansatzweise angemessen, Frau Dany. Aber das nur am Rande..."
      Prysk hob den Krug und stürzte ihn hinab, wobei er den Kopf nach hinten warf und mit den Perlen an den Stuhl schlug. Gott, es schmeckte himmlisch...So wunderbar himmlisch.
      "Ich mache Euch einen Gegenvorschlag, denn mich interessieren Eure Ringe nicht", begann er erneut und rülpste unwirsch vor sich hin, ehe Rufus auch nur die Hand heben konnte. "Ihr könnt alles HOLZ", er rief das Wort in den Raum, "haben, was ich auf dem kläglichen Rest meines beschissenen Karrens habe. Das Einzige, was ich verlange, ist eine Information und Wasser zum Waschen. Und versucht nicht, mich zu belügen, ich würde es merken."
      Schnauze, du Idiot, mahnte sich Prysk und seufzte schwer, während er sich zurück lehnte.
      "Haben wir eine Abmachung, Frau Dany? Oder wollt Ihr weiterhin versuchen, meinen Schüler zu becircen, der im Übrigen so unerfahren ist wie ein Jungfrauenschoß."
      "Prysk!", donnerte Rufus mit hochrotem Kopf und versank anschließend in seinem Getränk. "Man hätte das wirklich freundlicher sagen können..."
      Wer auch immer diese Frau war, dachte Prysk, er mochte sie. Er mochte intelligente Frauen, die zumindest ihre Waffen einzusetzen wussten. Es zeugte von Mut, in einer Stadt voller Männer wie es schien als einzige Frau eine Taverne zu betrieben. Sie musste etwas haben, was die anderen brauchten. Körperliche Vorzüge waren vorhanden, jedoch nicht ausreichend. Und an dem Bier mochte es auch kaum liegen. Schnaps vielleicht, das mochte ein Handelsgut sein. Aber dieses Dorf lebte durch etwas anderes. Und irgendwie sagte Prysks Instinkt, dass es diese Frau war.
      Gott, dieses Zittern machte ihn wahnsinnig. Er musste raus an die Luft. Schnellstens, ehe er diese Bude aus Frust zerlegen würde.

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    • Dany lernte in wenigen Sekunden zweierlei: Zum einen, dass der Mann, der sich Prysk nennen konnte oder nicht, der Reliktjäger sein konnte oder nicht, sie schon früher durchschaut hatte, als Dany angenommen hatte. Zum anderen, dass er derjenige war, der bei diesem Duo das Sagen hatte und damit war sie ihm gehörig in die Falle getappt. Sie hatte angenommen, dass - wenn überhaupt - der Buchschmeißer Rufus die Führung in gewissermaßen übernahm, aber damit hatte sie falsch gelegen. Dann hatte sie auch mit ihrer Wahrnehmung falsch gelegen, dass sein Lächeln gänzlich dümmlich war. Und dass er eine vertrocknete Rosine als Gehirn besaß.
      Die Frage war nur, ob das alles nur ein sehr blöder, unglücklicher Zufall war: Zwei Reisende, die sich nach Cheynia verirrten, genau zur Lehmtüren-Zeit, und die Dany mit einer simplen Unterhaltung schon in Bredouille brachten. Die letzten Reisenden hatten ihre zwei-Ringe-zu-viel Bier bezahlt, hatten ein bisschen um Danys Merch gefeilt, waren am zweiten Abend in eine Schlägerei geraten, hatten am darauffolgenden Tag um ein bisschen Leder mit Yaris gefeilt und waren dann wieder abgereist. Keine sonderlich angenehme Zeitgenossen, von denen einer dem Geruch nach zu urteilen an den selben Orten wie dieser Prysk hatte sein müssen, aber sie hatten keine unangenehmen Fragen gestellt. Sie hatten sogar mit Raemis Karten gespielt, bevor sie sich gegenseitig verprügelt hatten, und waren ansonsten recht unbeteiligt gewesen. Sie hatten großmäulig damit geprahlt, ein paar Mutanten zerlegen zu wollen, weil manche eine lederähnliche Haut hatten, die man gut nutzen konnte, aber nachdem sie abgereist waren, hatte Dany nie wieder etwas von ihnen gehört. Sie hatten in drei Tagen für weniger Aufruhr gesorgt als Prysk in kaum einer halben Stunde.
      Das konnte kaum ein Zufall sein. Diese Fremden verbargen etwas und Dany hätte ihre Hand dafür ins Feuer gelegt, dass sie aus einem bestimmten Grund in die Stadt gekommen waren. Es lag alles an der Lehmtür, sie hatte es von vornherein gewusst. Die Lehmtür war Schuld an allem.
      Jetzt ihrer offensichtlichen Maske beraubt, ließ Dany das großartige herum Geräkel auf dem Stuhl bleiben und legte die Arme fest auf dem Tisch ab. Dann waren die Spiele schon vorbei. Eigentlich schade, sie konnte nur mit Leuten spielen, die sie nicht schon kannten.
      "Gut, keine stumpfen Posierungen mehr. Wir haben hier schon seit geraumer Zeit einen vorherrschenden Holzmangel, deshalb würde ich mit gewissem Nachdruck sämtliches Holz, das uns zugestellt würde, gleich haben wollen. Das hat rein privaten Zweck. Ich mag Lehmtüren nicht."
      Sie sah zwischen beiden hin und her. Rufus hielt, wie angewiesen, den Rand, während Prysk zunehmend sein dümmliches Grinsen bleiben ließ und stattdessen ein grimmiges Gemüt zur Schau stellte. Vielleicht noch die aufgeriebenen Nerven ihrer Reise? Vielleicht hatte Dany ihm nicht geliefert, was er hatte haben wollen? Egal was es war, Dany würde sich nicht zum Sklaven seiner Stimmung machen lassen.
      Bei seinem Gegenvorschlag, der auch die Aufmerksamkeit der restlichen Schenke auf sich zog, wurde sie dann doch selbst aufmerksam. Das war es dann also, das Zeichen auf das sie gewartet hatte. Sie wussten davon und deswegen waren sie hier. Das war kein zufälliger Besuch. Sie hatten eine Spur und die hatten sie bis vor Danys Lehmtür geführt.
      Die Frage war, wer geplaudert hatte. Vielleicht war es ja der dumme Siliester gewesen, der sich vielleicht irgendwo verplappert hatte. Vielleicht war Tald bestochen worden. Vielleicht Yaris. Vielleicht hatte der Bürgermeister selbst davon Wind gekriegt. Obwohl, dann stünden er und seine Männer vermutlich selbst auf der Matte. Also doch nicht der Bürgermeister.
      Aber irgendeiner war es gewesen, da war sich Dany ganz sicher. Und jetzt war dieser Mann hergekommen, um seine "Information", wie er es nannte, zu bekommen.
      Sie beobachtete die kleine, feine Ader, die sich auf dessen Stirn bildete und wohl der einzige Beweis dafür war, dass er tatsächlich kurz davor stand, sich einfach das zu nehmen, weshalb er gekommen war. Mit grausiger Kaltblütigkeit, die vielleicht auch vom Merch kommen konnte, dachte Dany, dass sie versuchen würde, ihn mit bloßen Händen davon abzuhalten, wenn er versuchen sollte, es zu erreichen. Sie war sogar gewillt, dafür zu sterben. Das war sie seit Anfang an gewesen.
      Aber noch schien er gewillt, diese Farce einen Moment weiter aufrecht zu erhalten. Sollte er doch, dachte sie sich grimmig, während sie ihn fixierte. Jede Sekunde, die sie sich weiter vorbereiten konnte, würde ihm zum Nachteil sein.
      "Einverstanden."
      Sie streckte ihm die Faust hin, weil man sich mit Merch nicht die Hände gab, und überging dabei geflissentlich den Kommentar über Rufus, der sich davon gleich aufbringen ließ. Gehörte das alles zu dem Schauspiel, das sie hier vortrugen? Vielleicht, vielleicht war es auch echt. Dany war das egal, solange sie ihr Hab und Gut beschützen konnte.
      Sie stand auf.
      "Wasser bekommt ihr gleich. Informationen bekommt ihr morgen früh. Das soll die Lehre dafür sein, dass man eine Dame nicht darauf hinweist, wie sie sich zu Posieren hat oder eben nicht - Herr Prysk. Ich wünsche einen angenehmen Aufenthalt in Cheynia, jedes weitere Bier kostet wieder drei Ringe."
      Damit kehrte sie dem Tisch den Rücken zu und ging unter den neugierigen Blicken des restlichen Raumes zurück zu ihrer Theke. Raemis sah wieder auf und dieses Mal nickte sie ihm fast unmerklich zu.
    • Noch während Prysk der Bardame hinterher sah und nicht wirklich Hemmungen kannte, seufzte er schwer. Wären sie sich nur unter anderen Umständen begegnet. Vielleicht früher? Vielleicht auch später? Und weshalb zum Donner klang er selbst in seinen Gedanken wie ein Vollidiot, obgleich er gerade Jemanden vor sich hatte, der sie über den Tisch ziehen wollte?
      Der innerliche Kampf mit sich selbst richtete ihn noch zu Grunde, wenn er nicht bald diese verteufelte Mutation in den Griff bekam. Da konnte ein wunderschöner Frauenhintern auch nicht mithalten, so gern er dies zugeben mochte. Selten hatte er Jemanden vorgefunden, der ihn hübscher hatte über den Tisch ziehen wollen.
      Dennoch hatte gleich mit der Ansprache des Holzes und seiner Forderungen etwas in ihrem Gesicht verändert. Als wüsste sie von etwas. Konnte er tatsächlich einen Volltreffer gelandet haben.
      "Wir warten draußen auf das Wasser", rief Rufus und nickte Prysk zu.
      Es war Zeit zu gehen. Das Zittern seiner Hände wurde stärker und auch das Dämmerlicht der Taverne vermochte es langsam nicht mehr zu verstecken. Schweigsam ergriff der Bücherling seinen Krug und nahm noch einen Schluck, ehe er den Krug zu Prysk herüber schob. Er konnte ihm ansehen, dass er dürstete und sie brauchten seine Erfahrung und Kraft mehr als die Scheinweisheit seiner Bücher. Prysk nickte dankbar und kippte auch den zweiten Becher hinunter.
      Es wurde Zeit, sich einen Plan zurecht zu legen.

      Cheynia - Abseits der Marktstraße, früher Abend

      Das Wasser tat das, was die Welt ihnen nicht geben konnte.
      Zumindest hieß es so in den Dörfern, die sie durchquert hatten. Prysk hatte seinen dreckstarrenden Körper in das Wasser getaucht und all den Dreck und Dung von der Haut gewaschen. Zum Vorschein war tatsächlich ein recht ansehnlicher Mann gekommen, der sich jetzt aus den trüben Fluten des Zubers erhob, den sie aufgestellt hatten. Tatsächlich hatte Dany ihr Wort gehalten und Wasser gebracht. Es war nicht viel, als dass man sie hätte tränken können, aber es reichte, um sich zu waschen und nach all der Kriecherei durch Ruinen und Grenzen sich wieder wie Menschen zu fühlen. Der kleine Platz, den sie bezogen hatten, lag außerhalb der Marktstraße und nicht allzu weit von der Taverne entfernt. Sie hatten die kläglichen Reste des Karrens (eigentlich nur die Bodenplatte und den vermaledeiten Gaul) hinüber geschafft und sich nun im Schatten des Tieres eine kleine Lagerstatt aufgebaut. Prysk wrang gerade sein Wams aus und ließ die Überreste der Feuchtigkeit in den Zuber gleiten, während Rufus seinen Kopf vom Feuer hob. Zwei kleine Ratten brutzelten darauf und drehten sich an schmalen Stöcken. Zumindest hoffte er, dass es Ratten waren.
      "Geht es dir besser?", fragte er besorgt und klappte das obligatorische Buch zu,.
      Prysk hing das Wams auf den Sattel des Pferdes und seufzte. Sein Oberkörper wirkte erstaunlich drahtig für den Fall, dass er kaum etwas gegessen hatte in den letzten Tagen. Sorgsam griff er an die Seite des Sattels und förderte unter der Satteltasche zwei Kurzschwerter zu Tage, die er sich in eine Schlaufe an seinem Gürtel hing.
      Ihre Form ähnelte im Gesamten eher einer Art von Schlange, die sich beinahe perfekt an seine Unterarme anpasste. Die Klingen selbst bestanden aus einem Stahl, der nicht leicht zu finden war. Bei Tageslicht wirkten die Schwerter wie normale Eisenkonstrukte. Jedoch bei Nacht erschienen wie rötliche Tupfen auf dem dunkler werdenden Stahl. Niob war eine der seltensten Legierungen, die man finden konnte. Angeblich gestählt durch das Blut von Dämonen wurde diese Legierung nur an wenigen Orten hergestellt. Obschon sie in der alten Welt eine Alltäglichkeit war, glt sie hier als Artefakt, das es zu beherrschen galt. Leicht blitzten die Klingen im Widerschein der untergehenden Sonne auf, während er die Hände in die Hüften stemmte.
      "Mir geht es besser", sagte er langsam und strich sich durch den nun sauberen Bart. Seine Augen fuhren umher, als suchte er etwas.
      "Stimmt was nicht?"
      "Ungutes Gefühl", murmelte Prysk. "Weshalb gibt uns Dany die Information erst zum neuen Tag?"
      "Weil sie sauer war, dass du sie hast auffliegen lassen?"
      "Humbug", knurrte Prysk. "Da ist mehr. Aber sei's drum. Nimm du den Stein an dich."
      "Ich?"
      Gehorsam griff er an Prysks Jacke, die vor ihm im Sand lag und förderte einen schwarzen, undurchsichtigen Stein zu Tage. Bei genauerem Hinsehen wurde einem Beobachter klar, dass es sich um ein herausgebrochenes Stück handelte. Trotz der Bruchstellen besaß es eine fast perfekte runde Form und schien einem größeren Konstrukt entrissen zu sein.
      "Ich finde das nicht gut"; murmelte Rufus und steckte den Stein in die Tasche.
      "Ist mir gleich. Aber ich habe so das Gefühl, dass Dany etwas sucht. Und ich möchte nicht, dass sie es bei mir findet", kicherte Prysk. "Was gibts zu essen?"

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    • Dany stellte ihnen das Wasser draußen hin. Als die beiden Männer ihre Taverne verlassen hatten, war es das letzte Mal gewesen, dass sie sie an diesem Tag gesehen hatte.
      Natürlich ging sie ein Risiko ein, wenn sie sie stellen wollte, aber es war das erste Mal in sieben Monaten, dass Dany tatsächlich die Befürchtung hatte aufgeflogen zu sein und sie würde nicht noch einen Fehler in dieser Richtung begehen. Diesmal würde sie vorsichtig sein, das hatte sie sich geschworen, als sie zurück nach Cheynia gekommen war und daran wollte sie sich mit allen Mitteln halten.
      Sie blieb den Tag über in der Taverne und als die Sonne sich sehr langsam dem Horizont zuneigte, verabschiedeten sich die gewöhnlichen Tagesgäste, um den Nachtgästen Platz zu machen. Dany wusch die Krüge, putzte die Theke mit einem Tuch von demselben Wasser, kehrte den Boden und sah zwischendurch immer mal wieder auf die verteufelte Lehmtür, deren Riss über der Türklinke sich durch den stürmischen Eindrang der beiden Fremden vergrößert hatte. Die Lehmtür war an allem schuld, das wusste sie. Immer war es die Lehmtür.
      Die Wachmannschaft des Bürgermeisters kam pünktlich zum Feierabend und füllte den Schankraum mit Lärm und Gestank. Weil Dany schlechte Laune hatte, knüpfte sie allen zwei Ringe für ihr Bier ab und schob es nüchtern auf Lieferengpässe, als sich ein paar beschwerten. Einer drohte ihr damit, sich Zugang zu ihrem Lager zu verschaffen und selbst einmal nachzusehen, woraufhin sie ihm drohte, das letzte Fass Met über seinem Kopf auszuschütten und ihn dazu zu bringen, es vom Boden aufzulecken. Weil Dany das tatsächlich einmal getan hatte - nicht der Teil mit dem Auflecken, aber ein zerbrochenes Fass zu Beginn ihrer Amtszeit, um schnell und effektiv klar zu machen, dass sie in ihren Räumen das Sagen behielt und sich von keinem dazwischenreden ließ - machte der Kerl eine verdrießliche Miene und gab den Versuch auf. Das befriedigte sie, aber es beruhigte sie nicht. Ein Auge behielt sie immer auf der Lehmtür, nur darauf wartend, dass sich das Schicksal verschlimmern würde.
      Aber das tat es nicht, zumindest nicht an diesem Abend, und als sie ein paar Stunden später in einem ihrer Hinterzimmer verschwand, um sich mit ihren Leuten zu bereden, war der Abend eigentlich recht gewöhnlich.
      "Ich habe etwa fünf Minuten, dann muss ich wieder nach vorne. Was habt ihr herausgefunden?"
      Zwei Frauen und ein Mann saßen vor ihr auf dem recht kleinen, runden Tisch, der früher mal ein Schild gewesen war, aber zu rissig war, um als solches noch benutzt zu werden. Das Tischbein war ein simpler, dünner Baumstamm, der zudem noch wackelte und weshalb es Dany verbot, hier hinten zu trinken.
      "Die beiden sind wirklich alleine gekommen. Keine zusätzlichen Gefährten, niemand, der sie vor der Stadt abgesetzt hat. Sie haben auch keinerlei Spuren hinterlassen, die ein Zeichen für andere sein könnten."
      "Also zu zweit. Ganz sicher nur zu zweit?"
      "Sehr sicher. Sie haben mit niemandem mehr geredet, als nötig war."
      Dany wusste nicht, ob sie das nur noch misstrauischer machte oder erleichterte.
      "Okay." Sie warf sich ihr Putztuch über die Schulter. "Was noch?"
      "Sie haben ein Pferd und einen Karren, aber der Gaul sieht aus, als würde er bei der nächsten Brise umfallen und der Karren ist auch nicht mehr wirklich ein Karren, eher ein..."
      "Eine Platte. Mehr ist's nicht. Die hinterlassen eine richtige Spur im Boden."
      Also nicht gerade auf Undurchsichtigkeit bedacht. Das war schon etwas komisch, würde Dany aber kaum davon abbringen.
      "Woher sind sie gekommen, wenn es eine Spur gibt?"
      "Vermutlich aus Nordosten, wenn sie nicht einen Schlenker gemacht haben. Das sagt eigentlich nicht viel aus."
      Tat es auch nicht, aber sie hatte sich trotzdem etwas davon erhofft.
      "Und was machen sie jetzt?"
      "Sitzen und essen wahrscheinlich. Sie haben ein kleines Lager etwas abseits von der Marktstraße aufgebaut, das werden sie kaum unbeabsichtigt lassen."
      Dann hatten sie auch nicht vor, heute Abend noch irgendwo hinzugehen. Irgendwie beruhigend und irgendwie auch nicht.
      "Okay. Ihr zwei", sie deutete auf zwei, "kümmert euch darum, heute Nacht, wenn es dunkel ist."
      "Jetzt also doch? Wir lassen sie nicht ziehen?"
      "Nein, ganz sicher nicht, das ist mir zu riskant. Ich will zumindest wissen, wo sie herkommen."
      "Also dann... nicht um sie kümmern kümmern...?"
      Dany kniff die Augen zusammen, warf einen Blick über die Schulter den Gang hinaus und sah wieder zurück zu den drei.
      "Doch. Also ich meine, nein. Also..."
      Die vier starrten sich für einen Moment an, dann schnaufte Dany und zog einen der Stühle heran, um sich darauf fallen zu lassen. Es war wesentlich anstrengender mit Amateuren zu arbeiten, als sie es gewohnt war.
      "Wenn wir uns um sie kümmern kümmern, müssen wir sie auch beseitigen und wer von euch will das mitten in der Stadt machen? Wo die Jungs des Bürgermeisters Feierabend haben? Ich werde kein Risiko eingehen, nicht bevor wir nicht wissen, wer die beiden geschickt hat. Deswegen... kümmern wir uns nur um sie."
      "Du hast gut reden, du musst es ja auch nicht machen!"
      "Ich würde es machen, wenn mir der Bürgermeister egal wäre!"
      Sie senkte die Stimme wieder, bevor sie noch Aufmerksamkeit von draußen auf sich ziehen würden.
      "Ihr besorgt mir die Männer und bringt sie in meinen Lagerraum - und außerdem noch alle Besitztümer, die sie dabei haben. Ich kümmere mich um sie, sobald ich hier den Laden zumache. Alle einverstanden?"
      Einvernehmliches Nicken.
      "Gut. Dann raus mit euch und lasst euch nicht erwischen!"
      "Sowieso nicht."
      Sie gingen nach draußen und Dany kehrte zurück zur Theke, wo sie sich eine doppelte Dosis Merch unter die Fingernägel drückte.

      Der Abend verging und als lediglich die Nachtwächter auf der Marktstraße herumlungerten, der Mond hell am Himmel strahlte und die Taverne, als auch das Rathaus die einzigen Plätze waren, in denen vereinzelte Kerzen brannten, schlichen sich zwei vermummte Gestalten auf das kleine, aufgebaute Lager etwas abseits zu. Sie waren mit Dolchen bewaffnet und hatten sich schon eine geraume Weile im größeren Bereich um das Lager herum aufgehalten, um zu beobachten, bevor sie jetzt zuschlagen wollten. Sie hatten die zusätzlichen Schwerter unter der Satteltasche nicht gesehen und waren der festen Überzeugung, dass die beiden Reisenden schon auf ihren Lagerstätten schliefen. Die Nacht war zwar nicht sonderlich kalt, aber es lag eine Feuchtigkeit in der Luft, die das Hemd an der Brust kleben ließ.
    • Sie kamen bei Nacht.
      Als das Tuch der Nacht sich gnadenvoll über die Stadt ausbreitete, war es ruhig geworden auf den Straßen. Die Stimmen, die man vereinzelt hätte hören können, waren verklungen und auch die Stadtschreier waren nicht mehr zugegen. Einzelne Lichter in den Häusern (oder eher Barracken) zeugten noch von den schläfrigen Überresten der Stadt.
      Rufus Voltest war ein leichter Schläfer. Eigentlich schlief er des Nächtens beinahe gar nicht, sondern hielt sich förmlich damit auf, sein Buch weiter zu studieren. Erst bei genauem Hinsehen konnte man erkennen, dass auf den Seiten keine Buchstaben zu erkennen waren. Und doch flogen die hellen Augen des braunhaarigen Mannes über die Seiten, als habe er die spannendste Geschichte des Jahrhunderts vor sich.
      Prysk hatte sich derweil zum Schlafen nieder gelegt und trotz seines schlechten Gefühls das Land der Träume erobert. Schnarchend umarmte er seine Schwerter während sich Rufus fragte, was genau dieser Mann eigentlich für Probleme hatte. Sie kannten sich beriets seit geraumer Zeit, aber kaum etwas war über diesen Mann wirklich bekannt. Keine Herkunft oder Vergangenheit, wenn man es so wollte. Nur der Mann, der aus dem Sandsturm auftauchte vor so langer Zeit.
      Rufus klappte das Buch zu und bemerkte die Schritte der vermummten Gestalten zu spät.
      Sicherlich war Prysks Gefühl zumeist richtig, aber das verräterische Knarzen der Stiefel hätte ihm früher auffallen müssen. So tat es das erst, als sie bereits in der Nähe waren. Zu spät für einen Hinterhalt.
      So blieb ihm nur, zu Prysk herum zufahren. Jedoch wurde Rufus, ehe er ein Wort tätigen konnte, von hinten umgerissen und gegen die schmale Lagerstatt geworfen, sodass Sterne vor seinen Augen tanzten. Einem Ächzen folgte eine weitere Hand auf seinem Mund und ein Dolch an seiner Kehle. Freilich gelungen, so viel stand fest.
      "Kein Wort", wisperte der Vermummte, der ihn mit einer Urgewalt an Kraft zu Boden drückte.
      Nicht, dass der Lehrling sich hätte wehren können. Rufus war kein Kämpfer. Das waren andere.
      Die zweite vermummte Gestalt nahm ihren Weg zu Prysks Lagerstatt auf sich, der noch immer genüsslich vor sich her schnarchte. Zumindest zu dem Moment, wo die vermummte Gestalt ihm nahe genug war.
      Mit einer fließenden Bewegung katapultierte der Reliktjäger aus der Liegestatt und riss seine Schwerter hervor. Zugegeben, die Vermummten waren nicht ganz unerfahren, bedachte man die Situation. Gut und instinktiv riss der Mann seinen Dolch hervor und stach drei mal in schneller Abfolge zu. Und jene Stiche wären bereits letal gewesen, wäre Prysk nicht elegant auf den Sattel des Pferdes aufgesprungen und hinten über gekippt.
      Walter wieherte missbilligend, bewegte sich jedoch keinen Zentimeter, dieser verteufelte Gaul. Mit einer schnellen Rückwärtsbewegung wehrte er einen weiteren Hieb des Angreifers ab. Klirrend stießen die Klingen aufeinander und glitten voneinander ab, während Prysk zu grinsen begann. Der Mann war gut, aber unerfahren.
      Und dies nutzte er.
      Bei einem erneuten Angriff mit einem Ausfallschritt des Vermummten, glitt Prysk beinahe schlangenhaft um die Klinge herum und hieb mit der flachen Seite seiner Klingen von oben wie unten auf das Handgelenk des Angreifers. Nicht tödlich, aber schmerzhaft, wenn mit genügend Kraft ausgeführt. Mit einem Zischen ließ der Vermummte seinen Dolch fallen und hatte einen Schritt zurück machen wollen. Ohne jedoch die Geschwindigkeit des Jägers einzuberechnen, der sich seitlich von postiert hatte. Es brauchte eine kurze Bewegung und er hielt ihm nun seinerseits die Klinge an die Kehle.
      "Gar nicht übel", murmelte er. "Noch zehn Jahre und ihr könntet beinahe gut sein."
      Kichernd sah er zu dem Anderen hinüber und musterte Rufus. Offenbar handelten beide in einem Auftrag. Wenn es nur um einen Raub ging, wäre das Töten des Schwächsten die einfachste Wahl gewesen. Es steckte mehr dahinter und Prysk begann zu erahnen, wer genau.
      Grinsend führte er den Angreifer an ausgestrecktem Arm und mit hervorgehaltener Waffe an seiner Kehle um den Gaul herum und trat ins verblassende Halblicht des Feuers.
      "Nun. Ihr wart mutig", grinste er und löste seinen Griff. "Nehmt. Und bringt uns wohin ihr uns bringen wollt."
      Mit ausgestrecktem Arm hielt er seinem Angreifer die Schwerter entgegen. Die Perlen raschelten im Wind, während auch Rufus wieder losgelassen wurde. Er verstand Prysk manchmal nicht. Wirklich nicht.

      Rufus verstand Prysk nun wirklich nicht.
      Eine gute halbe Stunde später waren sie in ein Lager eingekehrt. Das Augen verbinden hätte keinen Sinn gemacht, da Prysk ohnehin schon ahnte, wer sie hier gefangen hielt. Unsanft hatte man sie auf zwei im Raum platzierte Stühle gesetzt und unnötigerweise festgebunden. Erst danach hatte man sich an sie heran getraut und sie entsprechend um ihre Habe erleichtert. Unnötig, dachte Rufus und blickte verärgert zu seinem Buch, das man achtlos fortgeschmissen hatte und das nun als Stütze für die Schwerter diente.
      "Das ist wirklich schlecht", murmelte er und seufzte.
      Prysk indes grinste breit und sah sich neugierig im Raum um. Das war schon interessant. Jemand, der so weit ging um eine simple Information zu schützen, hatte durchaus Dreck am Stecken.
      "Hätte schlimmer sein können. Immerhin waren sie nicht sonderlich talentiert."
      "Für mich hat es gereicht. Ich war gerade an einer guten Stelle..."
      "Für dich reicht eine Ameise", kommentierte Prysk und kicherte. "Du solltest dir etwas Kampfgeschick antrainieren, Junge. Sonst wirst du jedes Mal so überrumpelt."
      "Du hast ihnen deine Waffe gegeben!"
      Prysk nickte und sah mit wachen Raubtieraugen durch den Raum.
      "Das stimmt. Reines Kalkül."
      "Natürlich...Kalkül...Genau wie das Kalkül mit der Dirne damals in Vercheg?"
      Da war endlich das missmutige Grunzen.
      "Sie war keine Dirne, sie war eine Ortsvorsteherin."
      "Und Dirne."
      "Die ihre Aufgabe zur vollsten Zufriedenheit erfüllte."
      "Oh bitte. Ihr habt euch schlimmer vergnügt als Frischverliebte. Man hat euch beide im ganzen Dorf gehört..."

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    • Dany konnte ihren Ohren kaum trauen.
      "Sie haben was?"
      Das war jetzt eine Spur zu laut gewesen. Die beiden Tische nahe der Theke wandten sich ihr neugierig zu, aufmerksam nach Gerüchten lauschend, die sie hier vielleicht aufschnappen konnten. Dany bemerkte sie aus dem Augenwinkeln, lehnte sich nach vorne und senkte die Stimme.
      "Was haben sie? Hab ich das richtig gehört?"
      Die Helferin nickte unsicher. Sie sah selbst noch ganz verdattert drein, so als hätte sie die Lage noch nicht richtig erfassen können. Kein Wunder, sie war auch losgeschickt worden um eine Entführung durchzuführen und hatte stattdessen… ja, was hatte sie eigentlich getan? Eine Einladung ausgesprochen? Mit Waffen anstatt Worten?
      "Aber sie sind hinten? Ganz sicher?"
      "Ja."
      "Und sie sind unbewaffnet?"
      "Ja."
      "Und sie sind gefesselt?"
      "Ja."
      "Und sie sind auch ganz sicher alleine?"
      "Mhm."
      "Und sie sind freiwillig mitgekommen?"
      "Jap."
      "Was haben sie gesagt?"
      "Ich zitiere: Bringt uns, wohin ihr uns bringen wollt. Das war der Kerl mit dem Haarschmuck."
      Prysk, der Einfältige, der nicht einfältig war.
      "Was hat der andere gesagt?"
      "Nichts, oder zumindest nicht viel. Der war eigentlich recht einfach, aber der erste hat echt Schwierigkeiten gemacht. Ich glaube, Klim würde nicht mehr hierstehen, wenn der sich nicht freiwillig ergeben hätte."
      Das passte alles nicht zusammen. Hatten sie damit gerechnet? Aber woher? Dany hatte drei Leute eingeweiht und sie vertraute allen drei von ihnen. Hatten sie sie belauscht? Woher? Und wieso hätten sie dann nicht etwas dagegen unternommen?
      Außer sie hatten es vielleicht bereits getan. Außer es gehörte zu ihrem eigenen Plan. Immerhin waren sie jetzt Danys Besitz näher als zuvor.
      Sie wusste, dass das plötzliche Kribbeln in ihren Fingern von dem Merch kam, aber es fühlte sich dennoch an wie eine Vorahnung, als ihr bewusst wurde, vielleicht einen Fehler begangen zu haben. Sie hatte den Feind ins Haus geholt, wie wurde sie ihn jetzt wieder los?
      "Scheiße. Pass mal kurz hier auf."
      Sie warf ihr Tuch auf den Tresen, schlängelte sich an den Fässern vorbei zur Hintertür, eilte durch den kurzen Gang, an dessen Ende sie die klapprige, morsche Tür aufsperrte - ihre Finger zuckten, als wollten sie sich ihrem Dienst verweigern - und die brüchige Treppe hinauf sprintete. Sie nahm zwei Stufen auf einmal, um in ihren kleinen Wohnbereich zu kommen, der hauptsächlich Schlaf- und Kochplatz war. Vor Urzeiten mal als Dachboden der Taverne genutzt, waren die Wände hier nicht ganz so dicht und die Zeit - als auch Termiten - hatten Löcher in sie hineingefressen, aber sie hielten den meisten Wind auf und es wurde drinnen nur an manchen Stellen nass, wenn es regnete. Es war wahrscheinlich, wenn man vom Rathaus absehen wollte, der best geschützte Raum in der ganzen Stadt.
      Sie lief zu ihrer Matratze, zog ihren Lederbeutel aus der Ecke heraus und stierte hinein. Es war noch da, unberührt. Ganz leicht leuchtete es, obwohl kein Licht darauf fiel.
      Sie konnte ein Seufzen nicht unterdrücken, dann schob sie es sich unter den Hosenbund, warf ihr Hemd darüber, um die leichte Ausbeulung zu verstecken, und kam wieder herunter.
      Die Schenke war unverändert, aber trotzdem war Dany in der kurzen Zeit fast schon paranoid geworden.
      "Danke. Bewacht sie jemand?"
      "Ja, Klim steht vor der Tür Wache."
      "Ich mache hier gleich zu, dann komme ich."
      "Okay, Dany."
      Die Frau setzte sich zu einem der Tische, als sei nie etwas gewesen und Dany starrte die Lehmtür an, während sie auf Geräusche aus dem Lagerraum achtete.

      Es kamen keine Geräusche und es gab auch sonst keine Unterbrechungen, als sie später absperrte. Die letzten Zecher hatte sie grob auf die Straße scheuchen müssen, weil sie darauf beharrt hatten, dass Dany sonst nie so früh dicht machte - was auch der Wahrheit entsprach, aber was sollten sie schon dagegen tun? - aber danach war Ruhe eingekehrt. Sie stellte die Stühle hoch und wischte über einen undefinierbaren Fleck auf dem Boden, damit man sehen konnte, dass sie wenigstens etwas geputzt hatte, aber dann verriegelte sie die Lehmtür und ging in den Gang nach hinten, von wo aus sie die Treppe vor ihrer Wohnungstür nach unten nahm. Wie angedeutet stand Klim neben der Tür und hielt gelangweilt Wache.
      "Alles in Ordnung?", flüsterte sie ihm zu, als sie unten war. Irgendwie war sie nervös. Über ein halbes Jahr war schon nichts passiert, dann war das unweigerliche eingetroffen und sie spürte die Unruhe hochkriechen wie winzige Ameisen, die unter ihrer Haut herumwuselten. Oder vielleicht war das auch nur das Merch? Ziemlich sicher hatte es seinen Einfluss, das half trotzdem nicht, ihre Gedanken unter Kontrolle zu bringen.
      "Alles bestens. Sie quatschen die meiste Zeit nur, mehr nicht."
      Er beugte sich ein wenig zu ihr vor, als könnten die beiden sie durch die Holztür hindurch trotzdem verstehen.
      "Ich fühle mich fast ein bisschen schlecht, sie gefesselt zu haben. Immerhin sind sie freiwillig hier."
      Dany legte ihm dafür die Hand auf die Schulter. Wenn er gehofft hatte, aufmunternde Worte bei ihr zu finden, wurde er enttäuscht.
      "Wir werden noch herausfinden warum. Geh nach draußen und pass auf, dass niemand sich der Taverne nähert. Wenn mich jemand sprechen will - warum auch immer - dann lenk ihn ab. Verstanden?"
      Klim nickte gehorsam, auch wenn ihm der Großteil davon vermutlich recht egal war. Er würde tun, wonach sie verlangte, aber auch nur, weil es besser war, als gar nichts zu tun.
      Er ging nach oben und Dany trat dafür in den Lagerraum.

      Das erste, was ihr auffiel, war, dass die beiden Gestalten wieder richtige Männer waren. Die Unförmigkeit ihrer Körper war mit dem Schmutz verschwunden und an ihrer Statt lagen zwei helle, offene Gesichter, denen der Zahn der Zeit anzusehen war. Prysk der Einfältige hatte zwar seine Haare nicht ganz gereinigt, oder sie sahen auch einfach immer nur schmutzerstarrt aus, aber die Perlen darin stachen deutlicher hervor und außerdem wusste Dany jetzt, dass er tatsächlich keinen Scheißhaufen unter der Nase trug, sondern einen sogar recht ordentlichen Bart. Rufus der Buchschmeißer sah dafür sündhaft jung aus, als wäre er gerade erst aus dem Schoß seiner Mutter gekrochen. Irgendwie konnte Dany Prysks Bemerkung über seine Jungfräulichkeit verstehen, als sie jetzt seine weichen Gesichtszüge erkennen konnte.
      Es würde nicht schaden, sich diese beiden Gesichter einzuprägen.
      "Abend, die Herrschaften."
      Sie schloss die Tür hinter sich und kam in die Mitte des Raumes, wobei sie noch immer etwa zwei Meter Abstand zu ihnen hielt. Das Lager war voll von Fässern, aber nur wenige davon waren benutzt, im Rest lagerten Lebensmittel und sogar Baumaterialien.
      Sie stellte sich auf, verschränkte die Arme vor der Brust und musterte beide abwechselnd.
      "Ich hätte mich ja für diese... Aufmachung entschuldigt, aber vorher müsst ihr mir erklären, was das ganze soll. Wieso lasst ihr euch freiwillig entführen? Ich muss schon zugeben, dass mir das auch noch nicht untergekommen ist. Steckt da irgendwie eine besondere Strategie dahinter? Denn ich weiß", sie beugte sich zu ihnen nach vorne und stützte sich auf ihren Knien auf, "dass ihr zwei alleine hier seid. Es wird niemand kommen, um euch zu helfen. Niemand interessiert sich dafür, wohin ihr gegangen seid und warum ihr euer Lager zurückgelassen habt. Niemand außer ich und meine beiden Helfer."
      Drei Helfer, aber das mussten sie ja nicht so genau wissen.
      Dany richtete sich wieder auf.
      "Wieso erzählt ihr mir also nicht einfach, weshalb ihr [b]genau hierhergekommen seid? Was sucht ihr in der Stadt? Wieso gerade Cheynia?"
      Sie wandte den Kopf, als ihr Blick auf das Bündel Habseligkeiten fiel, das ihnen anscheinend abgenommen worden war. Ganz obendrauf lagen lange, geschwungene Schwerter, die Dany auf den ersten Blick sogar als recht edel vorkamen. Neugierig geworden ging sie hinüber, hockte sich zu dem Haufen, richtete sich nach den Männern aus, um sie trotzdem im Blick zu behalten und kramte ein wenig darin herum.
      "Sind das eure Sachen? Sehen ja sogar recht hochwertig aus."
    • Noch ehe die Tür aufging, waren die lauten Stimmen der Gefangenen zu hören. Sie stritten sich noch immer wie die Kesselflicker über diverse Zustände und es schien beinahe, als wäre Prysk regelrecht beratungsresistent.
      Rufus saß beim Hereinkommen der Schankdame regelrecht in Richtung von Prysk gebeugt, der demonstrativ in die andere Richtung sah und seinen noch immer freien Oberkörper versuchte, nicht in die Druckstellen der Seile zu drücken.
      "Und ich sage dir, Estella war eine Dirne!", rief Rufus. "Sie fragte mich, wie viel ich zu geben bereit wäre wenn sie mir einen bl-"
      "Na, na!", mahnte Prysk. "Keine Obszönitäten, ich muss doch bitten. Estella war eine ehrenhafte junge Frau mit ehrenhaftem Beruf!"
      "Na klar! So ehrenhaft, dass man euch hören musste? Mal wieder? Ich habe vier Nächte nicht geschlafen!"
      Prysk machte ein missbilligendes Geräusch und schüttelte den Kopf. Diese prüde Gesellschaft. Grässlich, dachte er und wurde jetzt erst der jungen Frau gewahr, die durch die Tür marschiert war. Und wie erwartet war es Dany, die sie erneut begrüßte. Und der Jäger ließ es sich nicht nehmen, sie mit einem freundlichen Lächeln zu begrüßen, während Rufus seufzte.
      "Na fantastisch", murmelte er. "Natürlich ist es die hübsche Schankdame, der wir auf den Leim gegangen sind..."
      "Das würde ich so jetzt auch nicht sagen..."
      "Du hast ihnen deine Waffen gegeben!", ereiferte sich Rufus und schien einem Wutausbruch nahe zu sein. "Und Ihr! Wir könnt Ihr das ehrbaren Händlern antun?"
      "Ehrbar...", murmelte Prysk glucksend und sah zur Seite, als er Rufus' Blick spürte.
      Schweigsam warteten sie eine Weile, ehe die Dame ausgesprochen hatte und Prysk seinen Blick von ihren Schenkeln genommen hatte und grinste ihr frech ins Gesicht.
      "Es war mir klar, dass Ihr es seid, Madame Dany", murmelte der Langhaarige. "Und erstaunlicherweise habt Ihr stark überschätzte Wachen. Grüßt doch Klym von mir, sofern er seine Hände wieder heben kann."
      Rufus schüttelte nur den Kopf und sah zur Seite.
      "Es ist zutreffend, dass wir alleine sind. Mutterseelenallein sozusagen. Keiner weiß wer und wo wir sind und es wird Niemand kommen. Die Gegenfrage wäre jedoch-"
      "Kannst du nicht einfach ihre Fragen beantworten?", keifte Rufus und wehrte sich gegen die Fesseln. "Es ist nicht gerade angenehm mit Armfesseln. Mir tun die Hände weh."
      "Halt den Mund", murmelte Prysk und räusperte sich. "Ich habe mich freiwillig entführen lassen, da unnötige Leben zu nehmen die Situation nicht verbessert. Offenbar wollt Ihr unser Hab und Gut stehlen und ich kann Euch sagen, dass Ihr beinahe alles haben könnt. Mit Ausnahme der Schwerter!"
      "Ich glaube es hackt!", grunzte Rufus. "Ihr könnt gar nichts davon haben! Es geht Euch einen feuchten Kericht an, warum wir hier sind und was wir suchen! Wir wollten einfach Handel treiben und ein wenig die Zeit totschlagen und was erwartet uns? Schlechter Met und eine unfreundliche Entführung!"
      Während die Dame ihre Habseligkeiten begutachtete, kämpfte Rufus gegen die Fesseln an.
      "Finger weg von unseren Sachen!", donnerte er. "Prysk! Wie wäre es wenn du mal etwas tust?!"
      "Ich tue etwas. Ich verhandele."
      "Natürlich. Verhandeln. Und ich heiße Estella und schlafe mit Männern! Ich habe Durst!"
      Keifend lehnte sich Rufus zurück und wunderte sich im nächsten Moment, als Prysk ihm einen Becher reichte, der auf einem der Kisten stand. Gefüllt war er offenbar mit Wasser und der Jäger grinste breit, als er ihm den Becher hinhielt.
      "Klar...Du bist frei...", murmelte Rufus und ließ den Kopf hängen. Warum war er mit diesem Idioten unterwegs?
      "Seit 15 Minuten, ja", nickte Prysk und erhob sich aus dem Stuhl um seinen Körper zu strecken. "Nun...Frau Dany, wie wäre es, wenn Ihr ein paar unserer Fragen beantwortet? Warum habt Ihr uns entführen lassen? Wir wollten nur Information und Wasser. Ich finde das eine recht unfreundliche SItuation. Oh, und bitte fasst die Schwerter nicht an. Ich müsste Euch sonst die Gedärme entfernen."
      Das liebenswürdige Grinsen und der sanfte Ton passten nicht zu dem Gesagten und würde vermutlich auch noch eine ganze Weile widerhallen, während Prysk die Arme vor der Brust verschränkte.

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    • Was sich anfangs noch wie eine Komödie angefühlt hatte, in die Dany reingestolpert war, entpuppte sich jetzt als wahrhaftige Theateraufführung, als Prysk der Einfältige doch tatsächlich einfach von seinem Stuhl aufstand, als hätte es nie Fesseln gegeben. Hinter ihm raschelten die Seile zu Boden und sie war für einen Moment so von dieser absurden Szene verdattert, dass sie ganz vergaß, sich über Klim oder sich selbst aufzuregen.
      War das etwa ein Spiel für die zwei? Was steckte dahinter, dass sie sich erst mit Ausführungen über irgendwelche Huren die Zeit vertrieben, anstatt auf ihr kommendes Schicksal zu bangen? Oder dass Rufus der Buchschmeißer auch noch die Frechheit besaß, Danys Met schlecht zu nennen? Hatten sie etwa Todeswünsche? Wollten sie freiwillig sterben, steckte das dahinter?
      Aber wieso dann die ganze Aufmachung davor, wieso diese für Dany so offensichtliche Suche nach etwas, die sie ziemlich sicher bei sich trug? War es doch Ablenkungsmanöver? Aber welches Ablenkungsmanöver sah vor, dass die beiden Ablenkenden erst eine Show hinlegten, bevor sie starben?
      Sie starrte auf Prysk, während sie versuchte die Situation zu begreifen - zugegeben, das Merch war nicht unbedingt hilfreich, aber was sollte man machen - bevor sie langsam aufstand. Ihr Blick huschte einmal flüchtig über Prysks gestählten Oberkörper, den sie lediglich der Vorsicht halber in Augenschein nahm - obwohl sie zugeben musste, dass seine definierten Muskeln einen gewissen Reiz auf sie ausübten; sie mochte Männer, die ihre Kraft gezielt nutzten und nicht einfach Muskeln um der Muskeln willen aufbauten - bevor sie wieder zu seinem Gesicht hochsah. Dieser Mann war ein Rätsel für sie. Was sie vorher einfach nur als angetäuschte Einfältigkeit wahrgenommen hatte, war vielmehr ein ständiger Umschwung zwischen Witz und Seriosität, jetzt der lockere Komiker, im nächsten Moment vielleicht ein grimmiger Auftragsmörder, so wie sie ihn in der Schenke ein wenig erlebt hatte. War das Teil des Spiels? Spielten sie überhaupt immer noch? Sie musste gestehen, dass er sie verwirrte.
      "Die Unerfreulichkeit ist ganz auf meiner Seite, das kannst du mir glauben. Und lass endlich diese hochgeschwollene Anrede bleiben, ich bin Wirtin und keine Königin."
      Es hätte nichts unwichtigeres geben können, aber Dany musste erstmal ihre Gedanken sortieren.
      "Du wirst dich jetzt zurück auf den Stuhl setzen und wenn ihr beide brav seid und mir meine Fragen beantwortet, werde ich euch vielleicht belohnen und auch eure beantworten. Wie wäre das, Herr Prysk? Oder soll ich dich lieber", sie hockte sich neben dem Haufen wieder hin, ohne den Blickkontakt zu brechen, "dazu bringen?"
      Sie ergriff provokativ beide Schwerter und richtete sich damit bewaffnet wieder auf.
    • Heilige Einfalt.
      Während Prysk sich immer mehr an den Gedanken gewöhnte, sich frei zu bewegen, rumpelte Rufus mit dem Stuhl herum. Es konnte nicht angehen, dass sein Meister frei und er angebunden wie ein Straßenköter war!
      "Gut, lassen wir die Förmlichkeiten", sagte Prysk und zuckte die Achseln. "Ich dachte, man könnte ein schönes, lockeres Gespräch in Gang setzen, die Ungereimtheiten ausräumen und sehen wie weit man kommt. Aber gut, wenn du meinst..."
      Rufus seufzte.
      "Kannst du vielleicht einmal eine Minute lang ernst bleiben? Sie hat uns bei den Eiern!"
      "Sie hat einen Scheiß bei den Eiern, du unerfahrener Klotzkopf! Sie kniet bei unseren Sachen und droht uns! Und nein, Frau Dany, ich werde mich nicht hinsetzen. Schlicht und ergreifend aufgrund der Tatsache, dass du ein Artefakt berührst, dass du nicht kennst und vermutlich so benebelt bist, dass du nicht einmal merkst, wie ich Schritte auf dich zu mache."
      Ob es stimmte, wusste er nicht wirklich, aber zumindest rührte sie sich nicht, während er drei relativ große Schritte auf sie zu machte.
      "Weißt du, das Problem mit herkömmlichen Räubern ist dies: Sie sind meist zu unerfahren, um eine Kampfreichweite einzuschätzen."
      Ein weiterer Schritt.
      "Klim machte denselben Fehler. Kurze Schwerter, kurze Reichweite. Er verlor dafür für Stunden das Gefühl in den Händen. Und wenn ich dir jetzt sage, dass du in meiner Reichweite bist, wirst du mir nicht glauben, denn ich bin ja noch drei Schritte entfernt oder nicht?"
      "Prysk...Komm zum Punkt."
      "Unterbrich nicht meine Erklärung, du dummer Lehrling", donnerte Prysk nach hinten und seufzte.
      "Wo war ich...Ach ja. Reichweite."
      Und dann geschah es in Sekunden. Mit drei schnellen Schritten, die zumindest in rascher Abfolge erfolgten, durchmaß er den Rest der Strecke und stand beinahe direkt vor Dany. In der nächsten hatte er sich hingehockt und eines der Schwerter in die Hand genommen. Eine weitere später fand sich das Messer an ihrem Hals wieder.
      "Nun...Ich denke, es erübrigt sich zu sagen, aber bitte nimm deine drogenverseuchten Finger von meinen Messern", grinste er breit, während seine Raubtieraugen auf ihren ruhten. "Und bitte rufe keine Hilfe. Ich mag kein Blut auf der Legierung. Können wir dann reden?"

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    • Rufus der Buchschmeißer war von den beiden der einzige mit halbwegs Verstand. Wenn Dany allein mit ihm gewesen wäre, hätte sie ihm sicherlich schon sämtliche Geheimnisse entlocken können, die das Duo innezuhaben schien, womöglich auch ganz ohne den Einsatz von Waffen und lediglich durch ein paar Drohungen - und vielleicht ein paar zweideutigen Blicken. Mit Prysk war das aber unmöglich. Prysk war ein Sturkopf, der eine unüberwindbare Mauer zwischen Dany und Rufus darstellte.
      Dementsprechend hätte sie eigentlich vorsichtig gegenüber allem sein müssen, was Prysk sagte, um sich nicht von ihm hereinlegen zu lassen, aber als er von einem Artefakt sprach, traf es sie so unvorbereitet, dass sie überrascht die Augen aufriss. Artefakt? Die beiden Schwerter? Aber sie hatte doch... aber das waren... aber wie konnte...
      Sie blinzelte und vergaß dabei tatsächlich, Prysk weiterhin im Auge zu behalten, so sehr war sie abgelenkt von der gewaltigen Bedeutung, die sie gerade in den Händen hielt. Natürlich hätte sie erkennen müssen, wie gepflegt diese Klingen waren, wie fein sie gearbeitet waren, wie unverrostet sie gegenüber sämtlichen Schwertern waren, die noch aus der Vorzeit kamen. Sie hätte gleich fühlen müssen, dass das Leder der Griffe markanter war als gewöhnliches Leder, das sie leicht in der Hand lagen und sich nicht klobig anfühlten, dass sie perfekt ausgeglichen waren. Womöglich hätte sie es auch gemerkt, wenn sie nicht seit drei Wochen so viel Merch nahm, dass ihr die Fingernägel schmerzten. Ja, sie spürte die Wirkung schon gar nicht mehr, aber das bedeutete nicht, dass ihr Gehirn nicht völlig Matsch davon geworden war. Und Prysk belehrte sie dessen gerade eines besseren.
      Sie sah zu ihm auf, was einer Ewigkeit gleichkam wenn man bedachte, dass die Schwerter das eigentliche Zentrum ihrer Aufmerksamkeit waren. Prysk war nur eine Nebensache, ein Nebenprodukt der Realität, die sich in diesem Kellerzimmer zusammengefunden hatte. Ein Produkt der Lehmtüren-Zeit, Dany hatte es gewusst.
      Sie konnte nicht reagieren, das war unmöglich bei der Schnelligkeit, die der Mann plötzlich hinlegte. Mit einem Mal war er vor ihr, hatte sich ein Messer geschnappt und hielt es ihr noch in der gleichen Bewegung so dicht vor den Hals, dass die Klinge zwar nicht drückte, sie sie aber deutlich spüren konnte. Die Waffe war ruhig an ihrer Haut, das konnte sie fühlen, die Klingenführung war die eines ausgebildeten Kämpfers. Hätte sie eine Chance gegen ihn gehabt, wenn sie nur ein bisschen schneller gewesen wäre? Gut möglich, aber die Antwort darauf herauszufinden konnte ein Leben kosten.
      Sie schluckte, was sich unter der Klinge gar nicht gut anfühlte, dann hob sie langsam und in abwehrender Weise die Hände nach oben. Sie öffnete die Finger, bis sie die Klingen nur noch mit dem Daumen festhielt, während sie Prysk fest in die Augen sah.
      "Waffenstillstand. Okay? Ich werde sie dir auf den Boden legen und du wirst dein Messer wegnehmen - und dann reden wir. Einverstanden?"
      Sie ging zum Zeichen ihres guten Willens langsam in die Hocke, dann legte sie die Schwerter mit einer Vorsicht ab, als wären sie aus Glas gemacht, bevor sie sich langsam wieder erhob. Jetzt konnte sie das Merch tatsächlich spüren, wie es ihr eh schon rasendes Herz befeuerte und einen unangenehmen Druck in ihrem Kopf verursachte, der sich nicht so schnell wieder lösen lassen würde, wie Dany wusste.
      Sie behielt den Blick auf Prysk gerichtet, als sie eine Hand langsam zu ihrem Hosenbund senkte. Er sollte die Bewegung sehen, nicht denken, dass sie etwas im Schilde führte, während sie das Risiko einging, die nächsten Worte auszusprechen.
      "Ich habe auch eins. Ich dachte es wäre... einzigartig oder sowas. Vielleicht ist es das auch, aber ich glaube nicht, dass das ein Zufall ist."
      Lehmtür.
      Sie zog ihr Hemd etwas an und holte das Artefakt, ihr Leben, hervor.



      Es hatte ein leichtes Leuchten an sich, das niemals verschwand, auch nicht im dunkelsten Raum. Auch jetzt glimmte es leicht und Dany spürte, wie schon all die Male zuvor, wie sich der Griff in ihre Hand schmiegte, als wäre er eigens für sie geschaffen worden.
      Sie präsentierte den Dolch Prysk, die Spitze auf ihn gerichtet, aber die Finger nicht um den Griff geschlossen. Sie hatte kein Bedürfnis mehr nach Drohungen oder irgendwelchen Spielchen; jetzt wollte Dany tatsächlich reden.
      "Nicht anfassen - das soll keine Drohung sein, das ist zu deinem eigenen Wohl. Lass uns reden, denn jetzt habe ich wesentlich mehr Fragen. Woher kommt eures?"
    • Nun wurde es tatsächlich merkwürdig.
      Prysk war nicht verwundert, dass sie sich kaum mit einer Klinge an der Kehle fürchtete. Aber zumindest hatte er sie erstaunt. Das war schon einmal ein Gewinn, betrachtete man die Situation. Aber dass sie um Waffenstillstand bat, wunderte ihn doch. Sie war eindeutig in der schlechteren Situation. Er hätte sich wohl ergeben, aber was wollte man machen? Die Zeiten änderten sich.
      Schweigsam ließ er die Waffe sinken und vergaß nicht, nach der anderen zu greifen, um sie sicher in seiner Hand zu verwahren. Beinahe automatisch drehte er die Waffe in der linken Hand, sodass ihre Klinge angenehm an seinem Unterarm lag. Die andere ruhte ruhig in seiner Faust, machte jedoch keine Anstalten mehr, an ihren Hals zu fahren.
      "Waffenstillstand", nickte er und nahm einen Schritt abstand, um sich zu erheben.
      Ein wütender Schüler rumpelte noch immer auf dem Stuhl und wurde langsam ein wenig ungehalten in seinem Seufzen. Schweigsam schnitt er jedoch nicht die Fesseln mit den Messern durch sondern klemmte sich eines der Messer ungehalten in den Mund, um den Knoten mit einer Hand zu lösen, während er Dany im Auge behielt. Er traute ihr nicht einen Zentimeter weit über den Weg.
      "Herrgott, danke!", donnerte Rufus und wirbelte aus dem Stuhl auf Dany zu.
      Doch anstatt sie anzugreifen, stürzte er neben sie und riss sein Buch an sich, um sich wie ein wütender Hamster in eine Ecke des Raumes zurück zu ziehen und Dany regelrecht anzufauchen.
      Prysk indes drehte isch wieder kopfschüttelnd zu Dany und wollte gerade wieder zu ihr gelangen, da sie das Schwert hervorzog. Und welch schönes Leuchten sich in den Raum ergoss. Selbst Rufus unterließ sein Knurren und sah gespannt auf die Klinge in ihrer Hand.
      "Was ist das..:", murmelte Prysk und kam wieder näher. Doch just in dem Moment, in dem er elegant wissend heranschreiten wollte, verfing sich sein Fuß in der Schlinge der Fessel und bereits einen Schritt später erschien der Mann sich in seiner eigenen Schrittfolge zu verfangen.
      Mit einem Ächzen schmetterte er auf den Mund und kam mit einem "UMPH!" auf den Boden auf, von welchem er sich eilig aufrappelte um näher an die Klinge heran zu kriechen.
      "Was würde passieren, wenn ich es berührte? Was kann es? Woher hast du es?", fragte er und in seinen Augen erschien eine merkwürdige Sehnsucht nach diesen Dingen.
      Die Klingen an seinen Armen wurden wärmer, was nie ein gutes Zeichen war. Diese Klingen sollten ihn nicht verletzen können. Hoffentlich.
      Rufus indes hatte sich auch erhoben und kam wieder näher, den Blick auf das rötliche Leuchten gerichtet.
      "Woher...", murmelte Prysk.
      "Sag es ihr nicht"; sagte Rufus und sah Dany an. "Sie hat uns einmal betrogen, sie wird es wieder tun."
      "Das hast du auch mal zu mir gesagt."
      "Weil du mich beschissen hast. 378 Mal!"
      "379, wenn man bedenkt, dass du mir hierhin gefolgt bist. Also halt den Rand, Schüler", murmelte Prysk und setzte sich vor Dany auf den Boden. "Es kommt aus der Zeit des Letzten Tages...Und Deines?"

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell