Nemeton [Codren & Nico]

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    • Eres war schnell und flink wie eine Katze, wo es ihm an Muskelmasse fehlte, glich er mit ungeahnter Präzision und Geschmeidigkeit wieder aus. Er war ein durchaus nicht zu unterschätzender Gegner, wenngleich seine größte Kampfkraft offensichtlich von den Gegenständen kam, die er mitzuführen schien und die eine unbekannte Herkunft aufwiesen. In einem Faustkampf wäre er wohl unterlegen gewesen, aber hier wurde schließlich nach seinen Regeln gespielt.
      Allerdings hatte Eres eine einzige, allzu lächerlich offensichtliche Schwäche: Unbekanntes. Der Mann war ein Sammler und ein solcher hörte niemals auf, seinen Besitztum zu erweitern.
      Sein Blick huschte zu Rufus, der sein Buch wieder zur Hand genommen hatte und jetzt allzu deutlich unter Beweis stellte, dass das alles andere als ein gewöhnliches Buch mit gewöhnlichen Seiten war. Diese kleine Ablenkung hätte für Prysk womöglich schon gereicht, um zu dem Mann durchzukommen, wäre da nicht noch die unablässig schwingende Peitsche gewesen, die die Luft zwischen ihnen zerschnitt. Aber dann war auch dieses Hindernis weitaus hinfällig, als der Kampf in einem Krachen unterging.
      Der dürre Mann wurde von den Füßen geschleudert und segelte durch die Luft, ein zu großer Druck auf einem zu dünnen Körper, der dem Knall zu wenig Widerstand leistete. Die Wand brachte seinen Flug schließlich zum Stoppen und er glitt an ihr herab wie ein nasser Sack Kartoffeln.
      Im selben Augenblick hatte Dany die oberste Stufe erreicht und musste jetzt über eine Soldatenleiche hinwegsehen um zu der Stelle zu gelangen, an der sie den Kampf von unten bereits beobachtet hatte. Der plötzliche Knall klingelte noch in ihren Ohren und wenn man gemeint hätte, dass das ohrenbetäubende Geräusch den Tumult unten etwas lockern würde, hätte man sich stark geirrt. Die Aufstände gingen weiter und jetzt hatte sich auch noch Massenpanik darunter gemischt.
      "Prysk!"
      Ihre Stimme klang für einen Moment gedämpft, solange es noch in ihren Ohren klingelte, dann hatte es sich soweit beruhigt, dass sie auch wieder die Geräusche gut wahrnehmen konnte. Mit unumstößlicher Entschlossenheit marschierte sie auf die beiden Männer zu, den Blick voll von Stürmen und Gewittern.
      "Was soll das werden?!"
      Sie war nicht high genug für sowas. Scheiße, konnte sie überhaupt high genug sein für das, was hier vor sich ging?
      "Mit dir fang ich gar nicht erst an!", fauchte sie in Eres' Richtung, der sich zwar nicht regte, der aber doch ganz sicher noch am Leben war. Wenn Eres eines Tages sterben würde, dann durch einen rachsüchtigen Geist oder weil ihm ein Buch auf den Kopf gefallen war, nicht durch einen einfachen Kampf.
      Sie ging an den beiden Jägern vorbei und stellte sich dann in der Mitte auf. Jähzornig und mit grimmiger Wut sah sie von einem der beiden Fremden zum nächsten, wobei sie Eres den Rücken zudrehte.
      "Zwei Tage! Zwei Tage seid ihr hier und was ist das?"
      Sie machte eine vage Geste zu dem Aufstand im unteren Geschoss, sehr wohl wissend, dass die beiden kaum etwas damit zu tun gehabt hatten. Aber irgendjemand musste die Schuld tragen, denn die Lehmtür konnte, so allmächtig sie auch war, keine Kriege einleiten.
      "Habe ich euch nicht gesagt, dass ich keinen Ärger dulde?! Dass ihr Cheynia nicht in eure Angelegenheiten ziehen sollt?!"
      Sie ließ jedem einen besonders giftigen Blick zukommen, ein persönliches Geschenk von ihr an die beiden höchst freundlichen, zuvorkommenden Männer.
      "Nach was sieht das hier aus?! Nach einer störfreien Stadt?! Nach Frieden?!"
      Hinter ihr regte sich ein Schatten. Eres regte sich.
      "Ich habe euch gewarnt, oder nicht?! Habe ich das nicht?!"
      Etwas in Prysks Gesichtsausdruck veränderte sich, vielleicht bildete Dany es sich aber auch nur ein. Als sie sich allerdings umdrehte zu dem Bündel auf dem Boden, das Eres' Statur und Haarfarbe trug, riss der Sammler mit einer beachtlichen Geschwindigkeit den Arm unter dem Körper hervor und warf etwas in die Luft, was aussah wie ein paar Kugeln. Die Geschosse flogen auf Dany zu; bevor sie sie allerdings erreichen konnten, gingen sie in der Luft auf und versprühten feinen, wenn auch irgendwie schweren Dunst, der sich über die drei und den Gang legte, eine Art kleiner Nebel. Für eine Sekunde geschah gar nichts, dann klackte etwas bei Eres und der feine Nebel ging mit einem Mal in einer einzigen, raumhohen Stichflamme auf.
    • Als das Klingeln seiner Ohren zunahm fühlte Prysk erst den leichten Schmerz in seiner Brust.
      Hammerartig schlug sein Herz und erfüllte seinen Brustkasten mit einer ungeahnten Fülle an Leben, das er eigentlich nicht haben mochte. Er hasste die Tatsache, wenn sein Schüler dieses benutzen musste und doch rettete es ihnen zumeist den Hintern. Davon abgesehen, dass dieser Sammler noch immer keine Ruhe zu geben schien, war er zumindest erst mal weg.
      Zu allem Übel gesellte sich auch noch zu seinen bohrenden Kopfschmerzen und den Schmerzen in der Brust die nicht so liebliche Stimme der Schankdame, die ihren Weg offenbar auch in das Rathaus gefunden hatte. Schlussendlich mochte man meinen.
      "Jetzt beruhig dich erst mal, bei den verfaulten Klöten der Heiligen!"; donnerte Prysk und fuhr sich über das staubverschmierte Gesicht. "Es ist nicht gerade so, als würden wir uns diese wunderbare Situation aussuchen! Dein toller Bürgermeister dieser verflucht tollen Bruchbude von einer Stadt ist an diesem Fiasko schuld. Und dieser merkwürdige Hanswurst von einem Blumenfetischist da vorne, den DU uns empfohlen hast, Teufel noch eins!"
      Mittlerweile war es auch um Prysks Beherrschung geschehen, denn nichts als Wut stand in seiner Visage, als er sich auf die Beine kämpfte.
      "Also komm mir nicht mit deinen Warnungen und geh mir aus dem Weg, Mädchen!", zischte er. In seinen Augen funkelte es merkwürdig angriffslustig. "Ich hätte beinahe meine Messer verloren. Und das nehme ich persönlich. UNd wenn du noch länger zwischen mir und diesem Bastard da vorne stehst, hängst du mit an der Außenwand dieser verfluchten Lehmkaschemme!"
      "Prysk!", mahnte Rufus und hielt sich ein Auge.
      "Was?!"
      "Es reicht. Du hast genug gebellt. Dany hat schon Recht. Wir sollten hier verschwinden und diese Stadt sich selbst überlassen."
      Verflucht sei dieses Erwachen, dachte der Schüler und klaubte das Buch zusammen. Prysks Körperspannung veränderte sich und er richtete sich zur vollen Größe auf, ehe er Dany abschätzig ansah.
      "Und ich dachte, ich hätte mehr in dir gesehen als dieses hier", flüsterte er und breitete die Arme aus. "Was willst du noch sein? Die Königin von Scheißhaushausen? Herrin von Staub und Lehm? Ja, dreh dich nur fort! Ich kann verstehen, dass du A-"
      "PRYSK!"
      Rufus Schrei erklang zu spät.
      Da waren merkwürdige Kugeln bereits geworfen worden und hatten den Raum zu Dany verkürzt. Mit einem Zischen zerbarsten sieh und hüllten den schmalen Korridor in Nebel.
      Prysk hasste viele Dinge.
      Aber mehr als alles andere hasste er, der Held einer Geschichte sein zu müssen. Vor allem wenn der Held dermaßen schlecht platziert war. ALs das Klicken ertönte schaffte er es gerade noch einen Ausfallschritt in Danys Richtung zu machen und nach ihren Klamotten zu greifen. Mit einem Ruck riss er sie nach hinten, ehe die Luft vollkommen explodierte und sich in einer Art Dampfwolke selbst entzündete.
      "Rufus!";
      Der Schüler warf sich bereits auf den Boden. Der Nebel konnte ncith genug Zeit haben, um sich zu setzen, sodass zumindest sein Rücken bedenklich schnell bedenklich warm wurde.
      "TU WAS DU NUTZLOSER SCHÜLER!", schrie Prysk zwischen Rauch und Flammen und trat mit seinem Bein einen Striemen des Geländers aus dem Trägerbrett. Immerhin genug für einen schmalen leichten Körper. Und er war keines davon. Sorgsam und ächzend schob er Dany mit Widerworten in Richtung des Lochs, während Rufus sich an die Wand presste.
      Eine dumme Idee, aber er brauchte den Raum in seinem Rücken um erneut seine Augen zum Leuchten zu bewegen. Dieses Mal wirkte der Raum wieder enger als zuvor, aber was viel bedenklich war:
      Die Luft verschwand. Die Atemluft wurde gering und Prysk begann regelrecht nach Luft zu schnappen, während er versuchte, Dany nach unten zu schubsen.
      Indes begann Rufus mit der Kasernierung der Flammen und presste mit beiden Hände eine Art Ball. Die Luft um ihn herum gehorchte seinem Willen und den geflüsterten Worten, während er unter großer Anstrengung die Flammen von den anderen Beiden wegholte und vor sich in eine Art melonengroße Kugel presste.
      Dem Schweiß auf der Stirn und dem verzerrten Gesicht nach zu urteilen würde er sie nicht lange halten können.
      Was tun?, fragte ich Prysk während seine Lungen nach Luft schrien, die es nicht mehr gab.
      Rufus entschied sich für die denkbar schlechteste Idee. Zumindest wenn es um den Grad der Zestörung ging. Prysk hatte keine Ahnung von derlei Spitzfindigkeiten, aber selbst er wusste, dass Feuer gepaart mit Luft eine schreckliche Mischung ergab. Vor allem wenn man die Luft dazu nutzte, einer Bombe eine Richtung zu geben. Und so öffnete der Schüler nach einem kurzen Blick zu Prysk mit einem schwachen Grinsen den gepressten Ball in Richtung von Eres.
      Mit einem Brüllen erging der Feuersturm, den der Sammler ausgelöst hatte, aus seiner Hand und schoss pfeilartig auf den Händler zu. Mit etwas Glück würde er ein Loch in die Wand sprengen und dem Typen ein für alle Mal die Lampe ausblasen. Mit Pech würde er die Kontrolle verlieren und der Ball in seiner Hand explodieren.
      Kein leichter Tag für Rufus.

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    • Eine Stichflamme mit der geschätzten Kraft von 100 Großbränden - zumindest kam es Dany in diesem Bruchteil der Sekunde so vor - schoss über ihre Köpfe hinweg, gespeist von dem namenlosen Puder, das sich bereits auf ihre Haare und Kleidung abgelegt hatte. Dany verlor fast zur gleichen Zeit den Boden unter den Füßen, als sie nach hinten gerissen wurde, nur einen Herzschlag davon entfernt, selbst in Flammen aufzugehen.
      Eres war ihr eigentlich nie ein großes Problem gewesen. Sicher, er war merkwürdig, er trank nie Met und redete meistens mit der Luft, wenn er nicht gerade jemandem irgendeine Theorie erklärte, die er irgendwo gelesen hatte, aber sonst war der Sammler ganz erträglich. Er wusste viel, weil er eine perfekte Mischung als Intelligenz und dem Drang, Müll anzuhäufen bot. Eres sah Potential in Dingen, die ein anderer sonst weggeworfen hätte und er setzte sein bisheriges Wissen ein, um dieses Potential herauszuholen. Das machte ihn zu einer verlässlichen Informationsquelle. Ganz anscheinend machte es ihn aber auch zu einer heimtückischen Gefahr.
      Vielleicht war es wirklich Danys Schuld, dass sie hier gelandet waren. Schließlich hatte Prysk recht, Dany hatte sie zu Eres geschickt, auch wenn sie ihm ihr eigenes Artefakt niemals offenbart hätte. Ja, vielleicht war es Danys Schuld. In der wenigen Zeit, in der sie zurückgerissen wurde, überkam sie diese allesergreifende Klarheit.
      Sie wäre gefallen, wenn nicht ein überraschend fester Arm in ihrem Rücken gegen ihr Körpergewicht angestemmt hätte. Vor ihr zuckte die gleißende Stichflamme durch die Luft, einem Monster gleich, das sich verselbstständigt hatte und dessen Meister noch nicht die Kontrolle zurückerhalten hatte. Irgendwo in den Flammen, in dem Licht und dem Rauch erhob sich Eres, eine schmächtige Gestalt in dem Inferno, die sich von der Hitze nicht beeindrucken zu lassen schien. Er glich einem Engel, einem Feuerengel, der aus den Untiefen seiner Herkunft emporstieg, um seine vernichtenden Flammen über sie alle zu bringen. Für so eine Vorstellung war Dany high genug, die ziemlich viel gaffte und ziemlich wenig unternahm. Erst, als der Arm in ihrem Rücken sie in eine andere Richtung drängte, kehrte sie einigermaßen in die Realität zurück.
      Sie verpasste dem hinter ihr - sie wusste nicht, welcher von beiden es war aber wenn sie gekonnt hätte, hätte sie beide erwischen wollen - einen ausfallenden Schlag mit dem Ellbogen, der höchst unkoordiniert kam, bevor sie begriff, dass er sie auf das Loch im Geländer zuschieben wollte. Panik machte sich in ihrem Verstand breit, der die Verbindung zwischen Flammen und Loch noch nicht gezogen hatte. Der Mann hinter ihr wollte sie umbringen.
      Aber nicht mit Dany. Ganz Cheynia wusste, dass man sich nicht mit Dany anlegte. Und warum nicht? Weil sie die Königin von Scheißhaushausen war, Herrin von Staub und -
      Nein, warte, das waren die falschen Titel. Irgendwas war sie aber ganz sicher und das würde sie ihrem Attentäter mit allen Mitteln weis machen.
      Sie hechtete mit einem Satz nach vorne, kam dem Loch gefährlich nahe, sogar soweit, dass sie für einen Moment fast die Balance verloren hätte, dann wirbelte sie herum und bekam das Handgelenk des Mannes zu fassen, als er sie gerade das letzte Stück nach hinten bugsieren wollte. Es war der einfältige Prysk, natürlich war es er. Etwas anderes hätte mit dem Lehmtür-Theorem nicht zusammengepasst.
      "Hände weg du verfluchter Mist-"
      Ihre Worte wurden regelrecht erstickt, als sie mit dem nächsten Atemzug erkannte, dass es keine Luft mehr gab, die hätte eingesaugt werden können. Sie schnappte nach dem wenigen Bisschen, mit dem auch der andere zu kämpfen schien und dann fiel ihr Blick auf das Geschehen im Hintergrund. Die Flammen bewegten sich in einer abartigen Bewegung von ihnen weg, als Rufus etwas veranstaltete, was aussah wie ein Exorzismus. Vielleicht war es das auch, zumindest hätte Dany in keinster Weise daran gezweifelt, wenn man ihr erzählt hätte, dass der Mann Feuergeister bändigte. Und ganz anscheinend schien Eres das auch zu glauben, denn der Sammler machte große Augen und schien dann nach etwas zu suchen - vielleicht nach einem Gegenstand, vielleicht aber auch nach einem Ausweg. Dany blieb die wenige Sekunde, in der sie noch mit Prysk darum rang, ihr Leben zu schützen, um zu beobachten wie die unmöglich geformten Flammen mit einem Schlag auf ihren ursprünglichen Erschaffer zusausten. Das Spektakel war groß und Danys Augen noch größer. Der Feuerball kam und traf auf die schmächtige Gestalt des Sammlers - und auf den Boden, auf das Geländer und auf die Wand hinter ihm. Ein Ruck ging durch die Struktur, als sie unter der Wucht erhebliche Schäden einfahren musste und ehe Dany hätte reagieren können, verlor sie doch noch die Balance. Sie kippte, ihr Schwerpunkt verlagerte sich und mit einem letzten Aufbegehren, das sie nicht mehr retten konnte, griff sie nach Prysk. Ihre Finger verkrallten sich in seinem Hemd, aber anstatt, dass er ihr einen felsenfesten Anker bot, riss sie ihn mit sich durch das Loch im Geländer.
      Für den kurzen Zeitraum, in dem sie fielen, schien das Leben in den Hintergrund zu rücken. Schwerelosigkeit ergriff sie, beruhigend und versöhnlich, ein Gefühl, als könne sie fliegen. Kein Merch der Welt hätte eine derartige Empfindung hervorrufen können und während Dany auf den fallenden Prysk starrte, der mit seinen fliegenden Perlenhaaren wirklich lächerlich aussah, aber der doch irgendwie ein Verbündeter in dieser merkwürdigen Lebenslage war, empfand sie eine ungewohnte Seelenruhe. Für einen Moment war alles in Ordnung. Für einen Moment stand die Welt still.
      Dann drehte die Welt sich weiter und Dany kam hart auf dem Boden auf, bevor das Gewicht von Prysk auch noch auf sie stürzte. Schmerz explodierte in ihrem Rücken und ihrer Hüfte und für einen Moment verlor sie die Orientierung. Gepeinigt grunzte sie auf, dann schlug sie ohne besondere Koordinierung auf das Schwergewicht auf ihrem Körper, entweder um Prysk zu erwischen oder ihn vielleicht an den Haaren zu ziehen, ganz so sehr hatte sie sich noch nicht entschieden. Die Bewegung sandte eine Welle aus Schmerzen durch ihre Rückseite.
      "Runter von mir...!"
      Das Chaos von unten war jetzt um sie herum, aber es war schnell von ihrem Punkt aus weggeflohen, sodass Dany jetzt einen wunderbaren Ausblick auf den ersten Stock hatte, in dem wesentliche Schäden durch den Flammenball entstanden waren. Sogar soviel, dass der Gang den Geräuschen nach zu urteilen auseinanderzubrechen drohte, so sehr wie es krachte und zitterte.
      "Prysk...!!!"
    • Also wirklich!
      Da versuchte man, einer holden, nach Bier und schlechtem Met stinkenden Maid das Leben zu retten und was bekam man als Dank? Ein Schlag ins Gesicht. Und auch wenn Prysk ein gekonnter und geübter Jäger war, so manch mannigfaltiger Gefahr bereits ausgesetzt wurde und so manche davon überlebt hatte, so war er nicht schmerzgefeit für einen gekonnten hieb mit dem Ellenbogen, der seine Nase zielsicher traf.
      Beinahe zeitgleich schoss Blut daraus empor, während er sich krümmte und auf den Rücken drehte. Dieses verteufelte Weib! Einmal nur wollte man einen guten Abschluss finden und dann das! Sie hätten niemals in dieses Loch von einer Stadt kommen sollen! Dann wären sie von dieser Hexe verschont geblieben.
      Und anstatt einer Entschuldigung und eines vielleicht wunderbaren Gefallens körperlicher Natur bekam er auch noch mit, wie der Feuerball den Händler Eres aus dem obersten Stock schleuderte und das Stockwerk beinahe einriss. Nur um gleich danach selbst Kopf zu stehen.
      Eine zarte Hand vergriff sich in seinem wunderbaren Wams und riss ihn mit sich in die nicht ganz so tiefe Tiefe. Jedoch reichte selbst der kleine Sturz aus, um sämtliche Entscheidungen seines bisherigen Lebens misstrauisch zu hinterfragen. Während Blut und Geschrei um seine Ohren tosten und sein eigenes Blut in einer herrlichen Spirale hinter ihm her flog, fragte er sich, warum die junge Frau so verklärt aussah, während sie in die Leere starrte. Sicherlich, dsas Gefühl zu fliegen, war prächtig und wundersam, jedoch war es meist der Aufprall, der sie aus dem herrlichen Traum zu holen wusste.
      So auch hier.
      Der Aufprall wurde durch den Lärm nicht gebremst und schwer fielen die Körper zu Boden. Zu Prysks Unwohlsein spürte er seinen nicht ganz leichten Leib auf den zierlichen der jungen Frau fallen und wollte sich abrollen, um ihr das Leid zu ersparen. Bis ihm einfiel, dass sie ihm auf die Nase gehauen hatte, als er sie retten wollte. Sollte sie ruhig ein bisschen leid-
      Der zweite Hieb auf die Nase.
      Jaulend vor Schmerz hielt er sich dieselbe Stelle, wo ihn bereits einmal ein Hieb getroffen hatte und rollte sich von ihr hinab. Inmitten von Schlägerei und liebevollen Backpfeifen mit einem Kantholz erblickte er nach dem Aufschrei der holden Maid das obere Stockwerk, dessen Risse sich als weitaus mehr als Setzrisse entpuppten. Viel eher rieselten bereits der Putz aus den Ritzen und hüllte sie in einen feinen Nebel. Es würde nicht mehr lange dauern und der ganze Krempel würde auf sie hernieder regnen wie schlechter Regen.
      "Ei verflucht"; murmelte Prysk und fuhr sich durch den Bart.
      Es galt zu handeln. Heldenhaft!
      Also sprang der Jäger auf die Beine und ignorierte den Blutschwall, der ihm über die Lippen lief und sah hinauf. Nur um gleich darauf einem heraneilenden Mann auszuweichen und ihm frontal ins Gesicht zu schlagen, nachdem dieser seinen Hieb verfehlt hatte.
      "Die Leute müssen hier raus!"; rief er Dany zu. "Nun steh schon auf, du drogensüchtiges Etwas und tu was! Dachte, das ist deine Stadt?!"
      Sicherlich provokativ. Vielleicht ein bisschen zu sehr,. Aber vielleicht regte die Wut ja die Lebensgeister an.
      Rufus indes erholte sich schwer atmend von seiner Tat und sah das klaffende Loch im Übergeschoss. Und wie es die Struktur schwächte. Mit eiligen Schritten ging er zur Treppe und sah hinab.
      Ein Meer aus prügelnden Leibern und Schreien und KNarzen hallte ihm entgegen. und inmitten dessen Prysk, wie er gerade einer Dame das Bein stellte und einen anderen mit einem erbeuteten Kantholz versohlte. Warum endete es immer in einer Schlägerei?
      "PRYSK!"; rief rufus über die Schreie und das Lachen (?) hinfort.
      "Was ist?!"; donnerte sein Meister zurück und schmiss das Kantholz achtlos von sich.
      Zwischenzeitlich hatte er Dany nach einigem Gezeter auf die Beine gezogen und ihnen beiden ein wenig Raum erkämpft.
      "Hier oben!", rief Rufus und deutete auf das LOch. "Hab es übertrieben."
      "Ich weiß! Alles gut. Bleib ruhig!", rief Prysk grinsend und winkte.
      Ehe er sich zu Dany umdrehte und besorgt in ihre AUgen sah.
      "Nun, Königin von Scheißhaushausen: Wird Zeit, dass du deine Majestät unter Beweis stellst. Es ist gar nichts gut und bald hat dieses Gebäude eine Etage weniger wenn du verstehst. Wäre echt fantastisch, wenn du eine Idee hättest, wie wir diesen Haufen von Irren hier raus kriegen."

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    • Das Gewicht verschwand von Dany und für eine halbe Sekunde etwa, kehrte alles in die Normalität zurück. Dann regte sie sich und der Schmerz in ihrem Rücken blies ihr sämtlichen Lebenswillen aus.
      Dafür hatte sie sich nicht angemeldet. Dafür war sie nicht hergekommen. Welchen Fehler hatte sie in ihrem Leben begannen, um hier zu landen? Es müssen gravierende Fehler gewesen sein, denn das war auch ein gravierender Ausgang. Wo war die Dany von vor einer Woche, die in ihrer Kammer gesessen und Buch über ihre Finanzen geführt hatte, bei der schon wieder Krüge kaputt gegangen waren? Wo war die Dany, die ihre Zeit hinter der Theke verbrachte, hässliche, stinkende oder unförmige Männer anstarrte und ihre Fantasie darüber schweifen ließ, an einem anderen Ort mit anderen Personen zu sein? Die sich mit Raemis über den Preis des Merch stritt? Wo war diese Dany nur abgeblieben und wieso hatte es nicht dieses Miststück getroffen, wieso hatte es die jetzige Dany sein müssen? Schicksal, schätzte sie. Lehmtür vielleicht.
      Eine Stimme aus dem Hintergrund holte sie in die Realität zurück, eine ätzende, kratzige Stimme, von der sie sich sicher war, sie nur noch ein, vielleicht zwei Mal hören zu müssen, um sie hassen zu lernen. Sie rief ihr zu und Dany regte sich tatsächlich erneut, jetzt darauf abgezielt, dem Besitzer dieser Stimme ihre Faust ein drittes Mal ins Gesicht zu donnern. Sie wollte Blut spritzen sehen. Sie wollte ihn im Dreck kriechen und um Gnade winseln sehen.
      Stöhnend rollte sie sich auf die Seite und versuchte, unter dem Aufbegehren der Schmerzen sich nach oben zu stemmen. Ihre Schultern funktionierten, der Rest ihres Rückens hatte sich in ein Nadelbett verwandelt. Ihre Hüfte pochte dumpf, in den Tiefen ihrer Hosentasche schien sie ihr Artefakt nach sich rufen zu hören. Komm und benutz mich. Ich werde dich besser machen. Nimm dir von meiner Macht. Dany grunzte als Antwort, eine andere Sprache sprach sie im Moment nicht.
      Ein Körper stolperte über sie, oder lief vielleicht auch in sie hinein und holte sie von den wackelnden Füßen, nur damit sich einen Moment später ein eiserner Griff um ihren Oberarm schloss und sie davor bewahrte, ins Getümmel zu fliegen. Prysk machte sich mit einer erstaunlichen Willenskraft den Platz frei, wie ihr auffiel, als sie sich unter Schmerzen mit seiner Hilfe aufrichtete. Über ihre Köpfe flog ein Stuhl hinweg und zerschellte an der Wand, das Holz morsch und brüchig. Cheynia-Holz eben.
      "Scheiße."
      Sie streckte ihren Rücken durch und fuhr zusammen. Um sie herum tobte es, aber Prysk leistete erstaunliche Arbeit darin, ihnen den Platz freizuhalten.
      "Was?"
      Unwillig drehte sie sich wieder um, um einen zweiten Blick auf das Obergeschoss zu werfen. Eigentlich hatte sie Prysk dafür bezahlen lassen wollen, sie so genannt zu haben, aber vielleicht würde das noch einen Moment warten müssen. Zum Wohle der Gemeinschaft, verstand sich.
      "Ah... scheiße."
      Ein Mann taumelte gegen sie und Dany stieß dafür gegen Prysk. Der Schmerz in ihrem Rücken explodierte erneut und das Artefakt rief nach ihr.
      Nur ein Mal. Ein letztes Mal. Ein wirklich, ganz wahrhaftig letztes, einziges Mal.
      Sie packte Prysk mit einer Hand an der Schulter, hielt sich an ihm fest und angelte zu ihrer Hose nach unten, um nach dem Dolch zu fischen. Es dauerte einige zerreißende Sekunden lang, in denen das Obergeschoss knarrte und rüttelte, bis sie die Finger um den Griff geschlossen hatte. Der Griff schien eigens für ihre Hand gemacht. Er schmiegte sich mit einer Zärtlichkeit in ihre Handfläche, als wäre es keine Waffe, sondern zarter Stoff. Ihre vom Merch dunklen Fingernägel kratzten über das Leder und dann ließ sie es zu. Mehr bedurfte es nicht, lediglich das Öffnen ihrer Mauern, um die Macht zu empfangen. So war es schon immer gewesen und so würde es immer sein, leichter als ein Schnippen mit den Fingern. Das Artefakt zulassen und schon konnte sie sich daran bedienen.

      Der Effekt trat sofort ein, auch wenn es einen weiteren Moment benötigte, bis er sich vollständig aufgebaut hatte. Die Venen von Danys Hand aus, die den Dolch in der Tasche umfasste, färbten sich mit einem Schlag schwarz und schossen ihr erst den Arm hinauf und dann durch den Rest ihres Körpers, eine gar visuelle Darstellung ihrer Blutbahnen, die sich deutlich unter ihrer Haut abhoben. Sie spürte das Prickeln, das mit dem Effekt einher kam und den warmen Schauer, der sie ergriff und sie von ihren Leiden erlöste. Die Schmerzen in ihrem Rücken verschwanden, das Pochen in ihrer Hüfte, selbst das dumpfe kratzige Gefühl in ihren vollgestopften Fingernägeln. Sie fühlte sich schlagartig wieder normal, besser sogar, gesund und zehn Jahre jünger. Zu den tiefschwarzen Bahnen ihres Blutes gesellte sich ein rötlicher Schimmer, der unter ihrer Haut hervorzuscheinen schien und dann war beides mit einem Schlag verschwunden. Das ganze hatte kaum drei Sekunden gedauert, aber das war trotzdem wieder langsamer als beim letzten Mal. Beim aller ersten Mal hatte es sogar gar keinen Effekt gegeben, Dany wusste gar nicht mehr, seit wann sich ihre Venen während der Aufnahme so deutlich abhoben. Es war eigentlich auch egal, sie hatte es genutzt und jetzt wollte sie das beste daraus machen.
      Sie löste sich von Prysk, indem sie ihn achtlos beiseite schob - Widerstand gab es keinen, Dany hätte vermutlich einen Berg verschieben können, wenn sie es gewollt hätte - und trat zielgerichtet in die Menge herein. Ihr Schmerz war verschwunden, ihr Kopf war klar und ihre Muskeln wurden von einer unsichtbaren Hand gestärkt. Sie packte das nächstbeste, kämpfende Paar, entging um Haaresbreite einem Schlag nach ihrer Halsbeuge und schob die beiden Zankenden so kräftig in Richtung Ausgang, das beide nach vorne taumelten und zu Boden fielen.
      "Raus!"
      Ihre Sinne waren verstärkt, ihre Augen erfassten drei Richtungen gleichzeitig. Sie hätte einen Windhauch in ihrem Nacken gespürt, wenn sie es gewollt hätte, selbst hier drinnen inmitten all des Getümmels. Sie musste dafür ihren Dolch nicht einmal in der Hand halten, das hatte sie sogar erst vor wenigen Wochen herausgefunden. Umso besser, die Kräfte damit angemessen zu nutzen.
      Sie packte gleich den nächsten, der sonst an ihr vorbeigelaufen wäre, und stieß auch ihn zu Boden Richtung Ausgang. Sie ging weiter, schob sich durch die Menge, erntete Schläge auf den Rücken und den Kopf, spürte gar nichts und riss zankende Leiber auseinander, stets begleitet von einem herrischen "Raus!". Diejenigen, die häufig in der Taverne verkehrten, kannten diesen Ausruf schon und wichen ihr aus, wenn sie näher kam. Andere wollten es trotzdem darauf anlegen und stachen mit rostigen Waffen nach ihr. Aber man legte sich nicht mit Dany an. Und keine Waffe hatte die Macht dazu, ihre Haut zu verletzen.
      Sie stob durch das Gedränge mit der natürlichen Herrschaft einer Wirtin, die ihr Hab und Gut zu beschützen suchte und die pöbelnde Besucher nach draußen warf. Sie schob Paare auseinander, entwaffnete Wachmänner mit ihren bloßen Händen und stieß sie auf den Ausgang zu. Über ihnen allen krachte es und vereinzelte Steine rieselten herunter. Dany scherte sich nicht darum, außer dass sie irgendwann wieder bei Prysk landete und ihn mit derselben Intensität nach draußen schmiss. Die Halle leerte sich und über ihnen knackte es. Sie sah nach oben auf der Suche nach dem anderen der beiden Reisenden - und nach Eres. Soweit sie es mit der ihr verliehenen Macht schaffte, würde sie jeden von hier nach draußen bugsieren, selbst gemeingefährliche, merkwürdige Sammler und jungfräuliche, buchhungrige Schüler. Ja, selbst einfältige, blutende Jäger hätte sie nach draußen geschafft, zumindest um sie dann dort im Dreck kriechen zu lassen. Aber erst, wenn der Rest erledigt war.
    • Prysk purzelte von dannen als er von Dany regelrecht achtlos beiseite gestoßen wurde.
      Man konnte davon halten was man wollte. Prysk war kein leichter oder kleinwüchsiger Mann. Mit einer Größe von über anderhalb Ellen war er sicherlich nicht als klein zu bezeichnen. Beachtete man sein Gewicht von 14 und ein paar zerquetschen Steinen galt er auch nicht als leicht. Und doch flog der Jäger beinahe spielerisch durch die Luft und vollzog elegante Rückwärtsrollen, um dem Druck auszuweichen, ehe er mit dem Hinterkopf gegen die Treppe schlug und Sterne vor den Augen sah.
      Das hatte man davon, ein Held zu sein.
      Eine blutende Nase und einen schmerzenden Kopf. Auf eine erschreckende Weise erinnerte es ihn an die Sauerei mit den zwei Huren in dieser einen Stadt, wie war noch gleich der Nam-
      "Prysk! Alles in Ordnung?"
      Dieser Rufus. Selbst bei Tagträumen störte er. Ehe der Jäger antworten und sich kopfreibend beschweren konnte, gewahrte er der Situation um Dany herum und lachte triumphierend auf. In ihrer Hand befand sich dieser merkwürdige Dolch, den sie ihnen gezeigt hatte und war seltsamerweise mit ihr verschmolzen. Selbst hier war eine Veränderung der Schwingungen zu bemerken, während die Wirtin die Leute beinahe mühelos aus dem Rathaus scheuchte. Sie gehorchten wie von Fäden gezogen oder von Angst gepeinigt. Vielleicht auch beides, wenn man es genau nahm.
      "Siehst du das?"
      Rufus' Stimme war ihm nah. Der Schüler war die Treppe hinab gestiegen und hielt sich mit einer Hand am Geländer fest, während die andere das zitternde Buch hielt.
      "Jep. Hatte doch Recht", grinste der Jäger und sah zu seinem Schüler hinauf.
      Dieser erschrak beinahe und hielt sich die Hand vor den Mund.
      "Was ist passiert?"
      "DIese Verrückte ist passiert. Mich ärgert es noch mehr, dass sie das Erwachen ist. Da wäre mir beinahe der merkwürdige Blumenfritze lieber. Aber erstaunlicher ist, was das Artefakt mit ihr anstellt. Sie scheint nicht verletzt zu werden..."
      Genau dies beobachteten die beiden, während sie zusammentrafen und der MEute langsam folgten. Nicht eine Sekunde lang zeigte sich in dem Blick des Jägers eine Angst wie sie in den Gesichtern der anderen stand. Fast so, als wäre er es beinahe gewohnt derartige Artefakteffekte zu sehen. Selbst Rufus betrachtete die Wirtin mit neu entfachter Neugierde und gemeinsam traten sie an sie heran. Prysk überragte sie noch um eine gute Haupteslänge aber dennoch wirkte er neben ihr merkwürdig klein. Ein erstaunlicher Effekt. Das Artefakt würde einen gigantischen Preis erzielen.
      "Gut gemacht, Scheißhaus", grinste er und lachte meckernd. "Freut mich, dass ich mich doch nicht geirrt habe. Wollen wir?"
      Er wartete gar nicht ab, dass sie ihn nochmals schlagen konnte, sondern wanderte in aller Seelenruhe hinaus, während das obere Stockwerk zu brechen begann.
      Erst fraßen sich die Risse in der Struktur durch den Lehmstein und brachen ihn regelrecht auf. Mit einem Knirschen und Knarzen rieselte der Staub aus der oberen Etage, während die ersten Planken und Balken unter dem dräuenden Gewicht zu ächzen begannen. Als würde ein Feuer die Struktur schwächen, beugten sich erst die Querbalken unter dem Dach unter der Last, ehe sie krachend barsten und den INhalt der Decke in die obere Etage ergossen. Hierfür nicht ausgelegt, gab der Boden gleich mit nach und krachend sank das obere Geschoss ein und verteilte Staub, Dreck und Stücke von Lehmziegeln auf den Wegen, während die Meute der Zerstörung gewahr wurde.
      Selbst der Jäger schien ruhig zu verbleiben, ehe er die Hände in die Hüften stemmte und die Zerstörung ansah.
      "Nun..:Das war antiklimatisch", murmelte er trocken und sah zu Rufus. "Gehts dir gut, Junge?"
      "Ja, Meister."
      "Gut, gut. Und dir, Scheißhauskönigin? Alles im Lot oder brauchst du noch eine Minute?"

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    • Der Rausch war nicht annähernd so stark wie der Effekt von Merch oder wie die anfänglichen Ekstasen, die Dany mit dem Dolch erlebt hatte. Irgendwann war der ekstatische Effekt einfach weniger geworden und ja, sie fühlte sich dennoch noch immer gut, frisch, belebt, energetisch, aber es war nicht mehr mit damals zu vergleichen. Heute ließ sich alles nicht mehr mit damals vergleichen.
      Entsprechend viel bekam sie daher von ihrer Umwelt noch mit und musste geschehen lassen, dass sie die nächste Beleidigung von Prysk einsteckte. Ihre Augen verengten sich, ihre Lippen pressten sich aufeinander, ihr Blut kochte. Sie hätte ihn geschlagen, ja das hätte sie wirklich, sie hätte sämtliche eventuellen Knochenbrüche auf seiner Seite in Kauf genommen, um ihm dieses potthässliche Grinsen aus dem Gesicht zu schlagen. Sie hätte vielleicht sogar einen Mord in Kauf genommen.
      Was sie dafür nicht in Kauf nahm, war den Rest der Versammlung dadurch zu vernachlässigen und so musste sie ihn schweren Herzens ziehen lassen, diesen Sandsack, an dem sie sich hätte abreagieren können, um auch die restlichen Leute nach draußen zu schaffen. Eres war unauffindbar, der Mann befand sich nicht im ersten Stock und auch nicht unten, er musste sich in Luft aufgelöst haben, oder das große Feuer hatte ihn bereits in Asche verwandelt. Dany war es egal, sie räumte das Gebäude und dann ging sie selbst nach draußen.
      Unter ohrenbetäubendem Gepolter und Krachen stürzte das Rathaus in sich zusammen. Zunächst konnte man die Zerstörung nur vage erblicken, so wie das Dach nachgab und einbrach, aber dann folgte auch der ganze Rest des Gebäudes. Irgendwie war es schön, auf eine gruselige, verschrobene Art hatte der Anblick etwas weltenschönes an sich. Dany hätte sich für diesen Moment gewünscht, high genug zu sein, um es ordentlich wertschätzen zu können, aber man konnte schließlich nicht für alles vorbereitet sein.
      Die Menge ließ auch größtenteils von sich ab, um dem Einsturz des Jahrzehnte alten Gebäudes zuzusehen. Es war eines der wenigen gewesen, das noch Reste aus der Zeit vor dem Zusammenbruch in sich trug und auch, wenn es heutzutage wie jeder andere billige Bau ausgesehen hatte, hatte es doch einen gewissen Wert besessen. Jetzt allerdings nicht mehr, jetzt war es nur noch Schutt und Trümmer.
      Als letzten Endes Ruhe einkehrte und der aufgewirbelte Staub sich einigermaßen gelegt hatte, schwoll der Lärm von neuem an, jetzt angefeuert von der vermeintlichen Tragweite dieses Aufstands. Man würde sicher sagen, dass die Cheynias an diesem Tag so hart gefochten hatten, dass ein ganzes Gebäude unter ihrer Kraft zusammengestürzt wäre und keiner würde es in Frage stellen.
      Nur Dany wusste, was wirklich geschehen war. Und wer dafür verantwortlich war.
      Langsam wandte sie sich zu dem Ursprung dieser verhassten Stimme zu, die sich ihr jetzt durch das Gehirn zu bohren schien. Nicht einmal die Macht des Dolches war mächtig genug, um die unliebsamen Schallwellen aufzuhalten, die ihr dort zu den Ohren hineinströmten. Ihr Blick landete auf dem Perlenhaar, das sich über zwei kräftig, geschmeidige Schultern nach unten wellte, eine besondere Betonung der unbekümmerten Haltung, die der Besitzer des Haares an den Tag legte. Unter Danys Haut brodelte es. Zwei Tage nur und sie hatte mit dem Einsturz des Rathauses diese Figur gänzlich zu hassen gelernt.
      Sie holte aus und bevor auch nur eine Fliege hätte reagieren können, rammte sie die geballte Faust in seinen Bauch. Zu ihrer eigenen Befriedigung flog er nach hinten und kaum als das geschehen war, verschloss sie sich der Macht des Dolches. Augenblick sackte ihr Bewusstsein um eine Stufe herab und der Schmerz von vorhin kehrte zurück, die Dornenstiche in ihrem Rücken und das Pochen in ihrer Hüfte, denn obwohl das Artefakt sicher mächtig war, hatte es doch keine heilenden Fähigkeiten.
      Dany krümmte sich vornüber und stützte sich keuchend auf den Knien ab, dann hatte sie sich soweit wieder aufgerichtet, dass sie ihre giftigen Blicke auf Prysk schießen konnte. Ihr Rücken protestierte.
      "Du... Scheißkerl!"
      Sie kam auf ihn zugewankt und holte erneut aus, nur um dann unversehens nach ihm zu treten. Das Manöver schmerzte ihr sicherlich viel mehr als ihm, denn jetzt war es ihre Hüfte, die damit nicht ganz mitmachen wollte
      "Au! Scheiße! Du Mistkerl!"
      Einen weiteren Schlag verabreichte sie ihm noch, dann warf sie sich mit vollstem Körpereinsatz auf ihn, um ihn mit Händen und Füßen zu malträtieren.
      "Du Hund! Du fratzengesichtiger Sohn eines Mutanten! Was habe ich gesagt! Was habe ich gesagt!!!"
      Wie eine Furie schlug sie auf ihn ein, getrieben von Adrenalin, das die Schmerzen in ihrem Rücken ausblendete. Wie sehr sie jetzt doch ihr Merch vermisste, wie sehr sie es gebraucht hätte. Stattdessen musste sie sich damit zufrieden geben, den Schwall ihrer Gefühle durch ihre Fäuste nach draußen zu lenken.
      "Du dreckiger Saftsack! Sauhund!"
    • Eine weise Frau hatte immer gesagt, dass alles einem positiven Zwecke unterliegt.
      Alles, was geschah, geschah aus einem spezifischen Grund, der sich normalen Menschen nicht wirklich erschloss, sofern sie keinen Draht zu Göttern oder sonstigen Heiligtümern besaßen. Nicht, das Prysk derartiges besessen hätte. Es war viel eher die Auffassung, dass doch nicht alles Schlecht war, was einem begegnete.
      Zumindest wenn man von der Faust absah, die ihn wie einen nordischen Federball durch die Gegend schleuderte. Vielleicht war es der Erschöpfung drer Wirtin zuzurechnen, dass er nur ein paar Meter flog und hart auf dem Boden aufschlug. Stöhnend und ächzend wand er sich und hielt sich den Rücken, während er gleichsam seine Moral hinsichtlich Heldentum und Selbstlosigkeit überdachte.
      Da versuchte man, einer Frau das Leben zu retten und fing sich dafür eine blutige Nase (vermutlich gebrochen) und ein paar sicher gebrochene Rippen ein. Bei den verlausten Klöten des Heiligen, das war ein Tag!
      Noch ehe er sich aufrappeln konnte spürte er einen Fuß in seiner Rückengegend, der zielsicher die gebrochene Stelle malträtierte und ihn nochmals auf den Rücken warf. Die Flüche der jungen Dame hörte er bereits nicht mehr, denn jetzt setzte auch bei ihm das merkwürdige Piepen hinter seiner Stirn ein, als er rote schmerzverzerrte Blitze sah. Und just in dem Moment wo Rufus das Wort erheben wollte, warf sich die Frau auch noch auf ihn.
      Nicht, dass er etwas dagegen hatte, warmes zartes Fleisch an seiner Haut zus püren, aber die Schläge waren nicht ganz die von der Sorte die er gerne hatte. Eine kurze Weile hob er die Arme gegen ihre doch recht laschen Hiebe und ließ es einen Moment lang über sich ergehen.
      Bis er einen Moment abpassen konnte.
      Eilig griff er zu und ergriff Dany an den Handgelenken und behielt diese in einem Schaubstockgriff fest vor seiner Brust und atmete durch.
      "Bist du fertig?", knurrte er. "Wenn ja, wäre es schön, wenn ich mich erheben dürfte, ehe meine Hose an den Stellen eng wird, an denen du sie nicht haben willst, Scheißhaus."
      Auch wenn die Worte mit einer Art Humor unterlegt schienen, so forderte doch der Blick ein umgehendes Gehorchen. Denn auch wenn er ihre Wut verstand, bieten lassen wollte der Jäger sich dieses Unterfangen mitnichten.
      Mit einer wegwerfenden Geste gab er ihre Hände frei und schälte sich unter ihr fort, um sich auf die Beine zu hieven. Sein ganzer Körper schrie und brannte und wutentbrannt wischte er sich das Blut vom Mund.
      "Es ist echt erstaunlich, wie du einem deine Lebensrettung dankst", murmelte er. "Hätte dich auch in der Feuerwolke verdampfen lassen können. Wäre vielleicht weniger aufwendig gewesen."
      Rufus eilte zu den beiden Streithähnen und postierte sich taktisch unklug zwischen ihnen.
      "Geht es euch gut?", fragte er besorgt und sah von Dany zu Prysk.
      "Mja", murmelte er und zog geräuschvoll seine Nase hoch. "Nase und ein paar Rippen gebrochen, aber sonst alles im Lot. Wo ist der Blumenpflücker? Wir sollten ihm den Garaus machen, ehe er noch mehr Schaden anrichtet mit diesem Ding da."
      "Ich weiß es nicht. Ist hinaus geschleudert worden. Vielleicht sollten wir suchen?"
      "Wenn unsere Scheißhausprinzessin es erlaubt?", fragte Prysk nicht ohne Wut in der Stimme. "Dürfen wir wohl in DEINER Stadt einen gefährlichen Mann suchen, damit er DEINER Stadt nicht noch mehr Schaden zufügt, den du uns anhängen kannst?"

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    • Den einfältigen Prysk zu verprügeln, hatte definitiv eine lindernde Wirkung. Es war nicht wundheilend, es war auch nicht sonderlich regenerativ oder in sonstiger Weise fördernd, aber es hatte etwas an sich. Ein ganz kleines bisschen konnte es vielleicht sogar besser als Merch sein, wenn man mal davon absehen wollte, dass Dany sich mit jedem Schlag gegen ihre eigenen Schmerzen stemmen musste und ihr schließlich die Fingerknöchel brannten. Aber letzten Endes war es definitiv eine Wohltat. Eine gute Entscheidung, eine einzige gute an diesem Tag.
      Als der Mann dann aber auf den Rücken fiel, wurden selbst Danys Schläge lascher. Sie waren von Anfang an nicht besonders stark gewesen, schließlich war sie jetzt auch noch vom Artefakt erschöpft und hatte noch immer mit erheblichen Rückenschmerzen zu kämpfen, aber jetzt wurden sie umso schwächer, als das Adrenalin schließlich versiegte. Es erlaubte dem anderen, ihr in einem unbedachten Moment die Hand festzuhalten.
      Dany starrte keuchend auf den Jäger unter ihr hinab, der von einer sicherlich gebrochenen Nase, wirrem Haar und zerknittertem Hemd fast unkenntlich geworden wäre. Sie saß rittlings auf seinen Beinen, was ihr womöglich noch die Oberhand gegeben hätte, aber mittlerweile schwand ihre Kampfeslust zunehmends und wurde ersetzt von dem unsättlichen Drang, ein wenig Merch zu schieben, nur um die Stimme des Artefakts wieder in den Hintergrund zu zwängen. Das hieß aber noch lange nicht, dass sie dem Mann unter sich nicht noch eine verpasst hätte.
      Aber im Gegensatz zu seinem zerrupften Aussehen und dem malträtierten Gesicht, lagen Prysks Augen gänzlich frei und starrten mit einer Schärfe zu ihr empor, die sich direkt durch ihre eigene Augen und in ihr Gehirn zu bohren schien. Es bereitete ihr Unbehagen, dieser Blick, der zu suggerieren schien, dass hier noch immer alles danach lief, was der Jäger eigentlich wollte, nicht was Dany wollte. Es gab ihr das Gefühl, dass er nur mit sich machen ließ, wenn es nach seinem eigenen Willen ging und nicht etwa, weil sie ihn übertrumpft hätte und das gefiel Dany ganz und gar nicht.
      Also kniff sie die Augen zusammen und wägte ab, ob ein letzter Schlag nicht schlecht gewesen wäre. Eine letzte Warnung. Mit Dany war nicht zu spaßen.
      Stattdessen fauchte sie ihm aber nur ein "Mistkerl" zu, bevor sie ihr Handgelenk aus seinem Griff herausriss und sich zurücklehnte. In ihrem Rücken tanzten die Dornen und spielten Fangen mit ihrem Schmerzempfinden.
      "... Ja, ich bin fertig."
      Sie erhob sich ächzend und rieb sich gleichermaßen den Rücken und die Hände, immer ein Auge auf den anderen haltend, der auch auf die Beine kam. Er sah wirklich scheiße aus.
      "Lebensrettung?! Ein Scheiß war das! Mordversuch, wenn überhaupt!"
      Merch - wo hatte sie ihr Merch? Sie hatte es doch mitgenommen, oder nicht? Sie hatte es doch nicht verloren?
      Aber ihre Finger fanden die Schatulle und sie zog sie heraus, während Rufus sich zwischen den beiden Streitenden aufbaute, als wolle er sie mit der Macht seines schmächtigen Körpers auseinanderhalten. Dany schnaubte nur in seine Richtung und platzierte die Schatulle auf ihrer Handfläche, während sie mit der anderen Hand ein paar der mittlerweile farblose Blätter unter ihren Fingernägeln hervorholte, um wieder neue hinzuzustopfen. Alles in einer leicht gebeugten, gekrümmten Haltung, als würde ihr die Last des Lebens die Schultern herabziehen.
      "Fick dich", zischte sie gereizt in Prysks Richtung, bevor ihr doch etwas auffiel und sie den Kopf hob. Ihre Fingerspitzen kribbelten, ein kalter Schauer floss durch ihre Hände, aber das Merch war schon lange nicht mehr stark genug, um ihr dabei zu helfen, einen kühlen Kopf zu bewahren.
      "Was soll das heißen, damit er in meiner Stadt noch mehr Schaden anfügt?! Der Feuerball kam ja wohl von dir, oder nicht?! Du hast das Oberschoss zerstört, wegen dir ist alles eingebrochen!"
      Jetzt entflammte ihr Zorn doch noch einmal und diesmal auf Rufus. Sie interessierte sich noch nicht einmal dafür, woher der Feuerball gekommen war oder wie es gerade diese schmächtige Gestalt von einem Mann geschafft haben sollte, eine derartige Kunst zu vollbringen, aber sie interessierte sich sehr für die Auswirkungen davon, die sie alle gerade am eigenen Leib zu spüren bekamen. Der Aufstand ging um ihnen herum weiter und hatte sich nur auf die Straße verlegt.
      "Ihr seid verantwortlich für das alles! Ihr und euer dummer Fund!"
      Sie trat einen Schritt auf Rufus zu, die Schatulle verschwand unter ihrem Gewand. Sie kochte wieder, wenngleich nicht mehr ganz so sehr wie zuvor.
      "Also nein, ihr dürft nicht in meiner Stadt nach einem gefährlichen Mann suchen, der auch noch Teil dieser Stadt ist! Ihr dürft allerhöchstens diese Stadt verlassen, auf der Stelle!"
      Und sie zog einen Dolch hervor, nicht ihren eigenen, nicht ihr Artefakt selbst, aber einen herkömmlichen Dolch, den sie dennoch mit der gleichen Entschlossenheit jetzt auf Rufus zeigte. Sie würde sie im Zweifel alle beide holen, darin bestand gar keine Frage. Der nicht-so-einfältige-Einfältige sollte selbst herausfinden, ob man sich wirklich mit der Scheißhausprinzessin anlegen sollte.
    • Seufzend zog sich der Jäger noch einen halben Schritt nach dem liebevollen "fick dich" zurück, ehe er die Hände wieder in die Hüften stemmte. Das Blut aus seiner Nase tropfte ihm in den Bart und dennoch störte es ihn nicht. Im Gegenteil, es gab ihm beinahe das Gefühl des "Zuhauses", da er mit Blut unter seiner Nase aufgewachsen war. Es brachte es mit sich nicht wahr?
      "Natürlich", murmelte er und schüttelte beinahe amüsiert grinsend den Kopf. "Mordversuch. Sicher. Ich würde dir raten, weniger von deinem Dreckszeug zu nehmen und ausnahmsweise mal die Realität zu sehen, Scheißhaus! Dann würdest du vielleicht erkennen, dass wir deinen verfluchten Hintern gerettet haben."
      Seufzend drehte er sich um und suchte nach seinem Schüler, der sich erneut die beiden Streithähne besah.
      Jedoch bevor er etwas sagen konnte, entlud sich der Zorn der Bardame auch noch auf Rufus. Derjenige, der sie sogar alle gerettet hatte. Wie viel von diesem verdammten Zeug hatte sie eigentlich intus, das man derartig daneben liegen konnte?
      "I-ich, a-also...", stammelte Rufus und tat einen Schritt nach hinten, wärhend er sich hilfesuchend an seinen Meister wenden wollte, der sich jetzt erst wieder herum drehte, als Dany ihren Dolch zu zücken gedachte.
      Mit zwei schnellen Schritten stand der Jäger vor Rufus und drückte sein schmächtiges Körperlein hinter seinen Rücken. Man konnte den Blick Prysks nicht anders als rasend beschreiben. Beinahe einfältig zielgerichtet bohrten sich die Pupillen fast schwarz in ihre Augen, wärhend sie den Dolch hob und auf Rufus zeigte.
      "Fürs Erste...", begann er und seine Stimme war gefährlich leise. "Wirst du den Dolch herunter nehmen, da ich dir sonst deine Hand abreiße und sie in deinen drogenverseuchten Hintern schiebe, Scheißhaus..."
      Noch ehe sie eines Widerspruchs fähig war, tat er einen weiteren Schritt und stand nunmehr nur einen vor ihr. Sie war in seinem Kreis. Seiner Reichweite. Es brauchte nicht viel und es würde auch nichts weiter ausmachen. Wenn da nicht die Tatsache gewesen wäre, dass sie offenkundig das Erwachen war.
      "Zum Zweiten...Der Feuerball kam nicht von Rufus. Er kam von deinem tollen Händler, der vermutlich irgendwo herum stromert und weitere Opfer sucht. Erneut würde ich dir raten, von deinem tollen Schatulleninhalt fortzukommen, damit deine verquollenen Augen einmal mehr als die verteufelte Lehmtür in deinem Geist sehen. Denn das obligatorische Brett hast du ja bereits vor dem Kopf. Mach dir keine Sorgen..."
      Prysk hob leicht die Hände. Hoch genug, um noch an die Dolche heran zu kommen und nicht niedrig genug, um bereit da zu stehen. Sein Gesicht zeigte keinen Funken von Ironie oder Freude an dem was er tat. Vielmehr war es der Blick eines Raubtiers, das sich in Gefahr wähnte. Und wenn er über die Jahre eins gelernt hatte, dann das man Raubtiere niemals in die Ecke drängte. Lieber tötete man sie gleich.
      "Wir werden gehen", sagte er schlussendlich. "Wir verlassen dieses Kaff und deine Welt. Glaub weiterhin, dass deine Lehmtür dein einziges Problem ist und verrotte in diesem Kaff. Aber wenn du irgendwann einmal erkennst, dass nicht alles so ist, wie du es gerne hättest...Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. Komm, Rufus!"
      Mit einem kurzen Rucken seines Kinns setzte sich Rufus in Bewegung und klammerte das Buch an sich. Auf der Höhe von Dany kam er kurz zur Ruhe und sah sie an.
      "E-Es tut mir Leid", murmelte er. "A-Aber Ihr irrt..."
      Kopfschüttelnd eilte er weiter. Es galt sich zu sputen.

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    • Dany kniff die Augen zusammen, als Prysk sich jetzt auch noch vor Rufus aufbaute. Im Gegensatz zu seinem Schüler hatte Prysks Blick etwas schnittiges an sich, etwas festes, von dem Dany instinktiv wusste, dass es nicht vor ihr zurückweichen würde. Sie könnte ihre Drohung wahr machen, sie könnte riskieren, sich mit dem Mann - mit beiden Männern - anzulegen und dabei vielleicht sogar zu gewinnen, aber sie bezweifelte, dass es ein sehr angenehmer Kampf werden würde. Viel eher versprach dieser Blick ein Massaker, bei dem es auf allen Seiten Verluste gegeben hätte.
      Deswegen rührte sie sich nicht, als er noch näher kam. Ihre eigenen Augen waren starr auf Prysk gerichtet, ihr Blick scharf, unnachgiebig. In ihren Fingerspitzen kribbelte es, das Artefakt an ihrer Hüfte rief nach ihr.
      "Einen Scheiß werde ich tun."
      Sie reagierte nicht mehr darauf, dass der Feuerball wohl von Eres gestammt hatte - wie hätte sie auch nachweisen können, welche Seite nun recht hatte? - gab aber durchaus ein Schnauben von sich, als die beiden Männer zumindest einzuwilligen schienen, die Stadt zu verlassen.
      "Bild dir nichts darauf ein, dass du hergekommen bist! Sei lieber froh, rechtzeitig einen Rückzieher gemacht zu haben!"
      Auch Rufus richtete einige zögerliche Worte an sie und Dany stellte sicher, dass die beiden wirklich verschwanden, bevor sie sich schlussendlich dem Chaos zuwandte, das sich auf der Straße entfaltet hatte.


      2 Monate später…

      Dany erwachte an einem warmen, friedlichen Tag im Sommer. Die Sonne schien ihr wohltuend ins Gesicht, eine leichte Brise umgarnte sie, der Duft nach Natur, Leben und nach Frieden spülte ihre Sorgen weg. Sie konnte Blätter rauschen und Wasser plätschern hören, eine Idylle, wie man sie nur selten miterleben durfte. Für einen kurzen, wunderschönen Moment fühlte sie sich gänzlich im Einklang mit sich selbst und allem um sie herum.
      Dann wachte sie tatsächlich auf und die Sonne verwandelte sich in ein brennendes Lagerfeuer, der friedliche Sommertag verwandelte sich in einen lärmenden, wolkenverhangenen Tag und der Geruch von Natur und Freiheit verwandelte sich in den Gestank von Pisse und Abfall. Die Idylle verschwand und an ihre Stelle trat die Realität wie ein Schlag in den Magen: Triuce.
      Dany war vor zwei Wochen erst angekommen und wusste jetzt schon, dass sie dieses Kaff hasste. Nichts hätte sie lange hier halten können; die Straßen stanken, die Leute pöbelten, das Essen schmeckte nicht. Wo es in Cheynia einen hübschen Ausblick auf das Meer, auf die vielen Möwen und die schönen Teile des Lebens gab, gab es hier nur Müll und Unrat und damit meinte sie nicht unbedingt den tatsächlichen Müll. Nein, Triuce war keine schöne Stadt und Dany konnte nicht behaupten, dass sie ihren Aufenthalt hier genoss.
      Aber sie musste und der Grund, weshalb sie das musste, kam gerade mit wedelnden Armen auf sie zugelaufen.
      “... kommen! Dany! Steh endlich auf, sie kommen, sie sind schon fast hier!”
      Dany ächzte, rührte sich aber nicht. Sie hatte sich ein paar Met zu viel genehmigt - das passierte schnell, wenn man seine weiblichen Züge ausnutzen und sich von einem betrunkenen Opa ein paar Drinks ausgeben lassen wollte - und jetzt vertrug der Alkohol sich schlecht mit dem Merch in ihrem Körper. Sie spürte ihre Hände und ihre Füße nicht und über ihr Gehirn hatte sich ein sanfter, wenn auch beständiger Schleier gelegt, der ihre sämtlichen Sinne lahmlegte, eingeschlossen ihrer Denkfähigkeit. Sie starrte die leicht verschwommene Gestalt an, die dort durch die Ruine eines Raumes auf sie zugelaufen kam. Ganz definitiv weibliche Natur, das hätte sie eigentlich von der Stimme erkennen müssen, aber jetzt bemerkte sie es erst, als die Gestalt auch da war.
      “Sie kommen! Dany!”
      Eine flache Hand traf sie auf der Wange und durchbrach den Schleier, der sie im Griff hielt. Dany zischte und zuckte zur Seite weg.
      Scheiße, ja. Ich komme ja!
      Sie rollte sich auf den Bauch und kämpfte sich auf die Beine hoch, während die Frau - Sylvia hieß sie - in vollster Hast ihrer beiden Sachen zusammenpackte.




      Gut anderthalb Monate war es jetzt her, dass sie den Haufen, der sich einst Cheynia genannt hatte, zurückgelassen hatte. Eine Woche lang war sie mit Yaris der Schrottmeisterin nach Norden gereist, dann war es dazu gekommen, was gar nicht hätte verhindert werden können und sie hatten wohl irgendwo Aufmerksamkeit auf sich gezogen, die sie nicht hätten gebrauchen können. Eins hatte zum anderen geführt und zwei Wochen später waren Artefaktjäger aufgetaucht, die Dany ursprünglich geglaubt hatte, abgewimmelt zu haben. Anscheinend hatten sie ihre Fährte nie ganz verloren und nachdem die Frau die Sicherheit ihres einstigen Zuhauses verlassen hatte, hatte sie wohl mit dem Artefakt an ihrer Seite so hoch in den Himmel gestunken, dass man sie über ganz Halcyon hinweg hatte erkennen können. Und dann war sie dort gelandet, wo sie ursprünglich vor Cheynia gewesen war - nur, dass es jetzt keine Gruppe mehr in ihrem Rücken gab, mit der sie vor ihren Verfolgern hätte flüchten können. Yaris hatte einen anderen Weg eingeschlagen, weil sie sich nicht dazu hatte überreden lassen wollen, Dany bei ihrer Flucht zu helfen und dann war Dany auf sich allein gestellt gewesen. Nur das Merch, das sie mittlerweile täglich stopfte, hätte gewusst, wie sehr sie das hasste.
      Und wer war Schuld daran? Ein verfluchter, unheilbringender Name, der mit einem P begann. Und einer mit einem R.
      Sie kam auf die Beine und strauchelte, während sie versuchte, die wenigen Kleider, die sie aus Cheynia gerettet hatte, in ihren Sack zu stopfen. Sylvia packte hastig die verbliebenen Essensreste weg und zog bereits ihren Dolch hervor. Gute, brave, fleißige Sylvia. Dany schrieb es ihrem eigenen Talent, Leute hinter sich zu versammeln, zu, dass sie einen so guten Fang wie Sylvia gelandet hatte. Die Frau war eine Kämpfernatur aus Triuce, die irgendeinen Zoff mit irgendeinem Vorsitzenden hatte und deswegen Existenzkrisen durchleiden musste. Und wer durfte das ebenfalls? Diejenige, die jetzt nach ihrer Schatulle suchte und anfing, sich Blätter nachzustopfen.
      “Dany! Beweg dich, heiliger Untergang!”
      Ja! Ja ja. Wo lang?
      “Da! Hinterausgang!”
      Sie setzte sich stolpernd in Bewegung, Sylvia direkt hinter ihr.
      Sie brachen in die Gasse hinaus und Dany blinzelte gegen das Licht an. Ihr war übel und ihr fehlte die Koordinierung, als sie sich in beide Seiten drehte und darum bemühte, ihr Gehirn zum Laufen zu bringen. Ohne Sylvia hätte sie sich mittlerweile bestimmt schon zweimal erwischen lassen.
      “Da lang!”
      Die Frau schoss voraus und Dany schloss sich ihr an.
    • But this is all I ever was
      And this is all you came across those years ago
      Now you go too far
      Don't tell me that I've changed because that's not the truth
      And now I'm losing you

      Mumford & Sons - Ditmas



      Zwei Monate des Dreckfressens waren eine Zumutung.
      Wann auch immer die Meute beschlossen hatte, nach dem verlotterten Cheynia mit ihren drogensüchtigen Scheißhausköniginnen und Königen in die nächste Bruchbude einer Stadt zu marschieren, war Prysk noch immer ein Rätsel. Als sie Cheynia verlassen hatten, waren sie schnell auf die Gruppe um Lysander gestoßen, der sie nicht gerade erfreut wieder aufgenommen hatte. Die folgenden Wochen der Reisen durch das Land und die Suche nach etwas, das es augenscheinlich seltener gab als Niob, das schwarze Metall, aus dem die Dolche des Jägers gefertigt waren, hatte sie alle aufgefressen.
      Triuce war der einzige sichere Hafen, den man sich hatte vorstellen können. Auch wenn die dreckigen Steinstraßen der Stadt einen weniger freundlich begrüßten.
      So begab sich auch an diesem Morgen, dass ein Karren auf den Marktplatz von Triuce vor. Walter, der klapprige Gaul der Gruppe von Reisenden wieherte und schien sich dabei beinahe zu übergeben. Geiferfäden troffen dem Pferd aus dem Maul und statt des Wieherns brach sich eine Art wieherndes Husten durch. Klopfend scharrten die Hufe auf dem Kopfsteinfplaster des Marktplatzes ehe der Wagen rumpelnd zum Stehen kam und Prosteste aus dem Inneren strömten. Rufus Halbstark blickte in die Sonne des Tages und atmete die stinkende Luft des Platzes begierig ein. Passanten und Bürger blickten beinahe aufrichtig erschrocken zum Wagen, aus dem nun zwei vermummte Gestalten ausstiegen.
      Die Eine groß, die andere beinahe winzig. Beide trugen einen schweren Reiseumhang, der sich mit einer langen Kapuze sondierte. Der Größere der beiden schlug die Kapuze zurück, während der KIeine sich neugierig umsah.
      "Gott, ich hasse dieses Kaff", grunzte Prysk während er seine Haare ausschüttelte und sich umsah. "Hier stinkts wie auf einer Kuhweide."
      "Wir haben nicht das beste Zeitgeschehen erwischt", kommentierte der Kleine und tappste beinahe holpernd die Stufen des Planwagens wieder hinauf. Hierbei war es bemerkenswert, dass er die Stufen nicht erklomm wie ein Mensch, sondern beinahe hüpfte, um diese erreichen zu können.
      Rufus sah sich auf dem Marktplatz um und winkte einem Händler, ehe er sein Buch wieder an sich drückte.
      Die Garderobe des Schüler hatte sich merklich verändert. In den letzten zwei Monaten hatte Rufus seine Zeit damit verbracht, das Kämpfen neu zu erlenen. Aus dem verhalten gekleideten Mann war ein Recke geworden, der eine Art ornamentiertes Wams trug, was sich nur schwerlich von dem Umhang verbergen ließ. Das Gesicht des Mannes zierte ein leiser Bartschatten und unter den hellen Augen lagen dunkle Schatten.
      Prysk indes hatte sich kaum verändert. Die Schnittwunde an seiner Hand war gut verheilt, aber brannte noch und ärgerlich stemmte er die Hand in die Hüften.
      "Gut, was jetzt? Ich meine, das prophezeite Artefakt war nicht am Ort und selbst hier haben wir keine Spur", murmelte er.
      Der Kleine hatte das Innere des Planwagens erreichte und schlug unter Protest seiner eigenen Bewegung den Umhang zurück. Darunter kam eine kaum anderhalb Meter große Eule zum Vorschein, die menschliche Züge besaß. Die Flügel glichen Armen und die Füße waren deutlich kräftiger entwickelt. Auf dem Kopf lag eine Feder wirr sodass es beinahe einer Speerfrisur gleichkam.
      Lysander von den Mondkrallen war missgelaunt.
      "Bei den Kötteln meiner Goßmutter!", schimpfte die kleine Eule und seufzte schwer, wobei dies eher einem Twitschern gleich kam. "Es riecht wirklich schlimm."
      "Wenn du das schon sagst..."
      "Ich habe wirklich keine Ahnung, was wir hier wollen. Die anderen haben im neuen ein neues Artefakt ausgemacht und ich möchte dem Erwachen eigentlich nachjagen."
      "Das Erwachen kannst du vergessen", grunzte Prysk und legte den Umhang ab. Müde kratzte er sich über den muskulösen Brustkorb und gähnte. "Das Erwachen war eine merchversuchte Scheißhauskönigin."
      "Du hättest netter sein können"; warf Rufus ein und machte Walter fest.
      "Klar. Wann genau? Als sie uns beschissen hat, dem Wucher zugeführt oder uns beinahe diesem Irren ausgeliefert hätte? ODer als sie uns die Zerstörung des Rathaus anhängen wollte?"
      Rufus zuckte mit den Achseln und klemmte das Buch in ein Holster an seinem Gurt.
      "Rufus hat Recht", bemerkte Lysander und baute sich vor Prysk auf. "Das Erwachen ist wichtig. Shuhu, wir haben eine Aufgabe, Prysk und ich lasse nicht zu, dass du sie mit deiner Arroganz torpedierst!"
      Gott wie er diese kleinen arroganten Augen hasste, die sich in seine bohrten. Von allen Jägern war Lysander gefürchtet. Als skrupelloser Bastard von einem Raubritter. Als Herr über Tod und Leben in der Schlacht. Und wenn man sich diesen laufenden Meter ansah, bekam man doch Zweifel an seinem eigenen Verstand.
      "Aber..."
      "Nichts aber, shuhu!", piepste Lysander. "Du hast dich über die Jahre unseres Reisens nicht einmal geändert, Prysk aus den Nebeltälern! Und ich kann über deine Arroganz nur lachen. Tschilp tschilp tschilp!"
      Und das Lachen dieses kleinen Staubfängers hasste er auch. Wann würde man der Eule erzählen, dass er klang wie ein verfluchter Vogel?
      "Ist ja gut. Das nächste Erwachen wird freundlicher behandelt!"
      "Dein Wort in der Götter Ohr", murmelte Rufus.
      "Amen, shuhu!"



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      The more you drag me to hell
    • Der Weg durch Triuces Straßen war lang und beschwerlich, nicht nur deswegen, weil es hier viele Ruinen und wenig lange Straßen gab. Kreuzungen waren teilweise mit Obdachlosen bestückt - sowas hätte es in Cheynia nicht gegeben, pah! - und mit Überresten von abgebrochenen Lagern. Für Danys drogenverseuchten Körper ein Albtraum.
      Sie stolperte über ein leeres Fass, dessen Holzplanken jung und gesund aussahen - auch sowas gab es in Cheynia nicht, so ein Dreck - und wäre fast gefallen, wenn Sylvia sie nicht am Oberarm gepackt und zurückgerissen hätte.
      "Pass doch auf, Frau! Was ist mit dir?!"
      Sie erhielt als Antwort ein unverbindliches Brummen.
      Fünf Minuten lang hetzten sie durch verschlungene Straßen von Triuce, aufgehalten von niemandem, verfolgt von niemandem und so langsam ging Dany die Puste aus. In ihrem Kopf dröhnte es, sie konnte die einzelnen Poren in ihrem Körper spüren wie kleine Löcher - wie ekelhaft - und ihre Gelenke hatten kiloschwere, zusätzliche Gewichte an sich. Sie wollte nicht mehr. Wo gingen sie eigentlich hin? Sie hatten sie schon gestern versucht abzuwimmeln.
      "Vi…"
      Sylvia hechelte selbst hinter ihr. Entweder die Frau war genauso unsportlich oder Dany hatte etwas von ihrem alten Schneid behalten.
      "Huh?"
      "Wohin… ah… wohin?!"
      "Was?"
      Eine Hand schloss sich um ihren Unterarm und als Dany dieses Mal strauchelte, zog sie die andere Frau mit sich nach unten. Beide Frauen krachten zu Boden und fluchten im Chor, als wären sie schon Jahre lang zusammen unterwegs und nicht erst zwei Wochen lang.
      "... Ich dachte… du wüsstest… wo!"
      Dany spürte genug von ihrem Körper, um sich ihr Knie zu halten und zu zischen. Der Drang nach mehr Merch stieg in ihr auf.
      "Ich dachte… du führst!"
      "Du bist voraus… gelaufen!"
      "Weil wir… es eilig… haben!"
      "Nicht eilig genug für dein… Merch! Junkie!"
      "Denk nicht… dass du was besseres bist… nur weil du kiffst!"
      "Hundertmal besser!"
      Ein Geräusch ließ sie zusammenzucken und dann waren es ganz sicher und unmissverständlich Schritte, die sich ihnen näherten. Laufende Schritte. Danys Herz setzte aus.
      "... Marktplatz!"
      "Echt jetzt?"
      "Wir mischen uns… unter die Leute!"
      "Wie high bist du?"
      Dany rappelte sich auf.
      "... Ja?"
      "Wie? Ja?"
      "Naja… ja!"
      "Heiliger Untergang."
      Sylvia stand auch auf und dann rannten sie weiter.
      Der Marktplatz war groß und geräumig, einer der wenigen Plätze in Triuce, an denen man sich ernsthaft aufhalten konnte, ohne an den Verfall der restlichen Stadt erinnert zu werden. Die Händler fanden hier allesamt einen geräumigen Platz, mehrere sogar, nachdem man auch in die angrenzenden Straßen ausweichen könnte. Besonders morgens, so wie jetzt, war es hier voll und unübersichtlich.
      Dany stolperte noch einmal über Füße, die sie selbst nicht spüren konnte, und dann übernahm Sylvia die Führung. Die Frau schob sich gezielt durch die Menge hindurch, bis sie einen Fleck gefunden hatte, an dem sie einen Blick zurück riskieren konnte. Dany tat es ihr gleich.
      Am Rande des Marktplatzes traten fünf Gestalten heraus, die wohl genauso wenig aufgefallen wären wie Dany und Sylvia, wenn sie nicht unbedingt auffällig das gleiche getragen hätten. Sie trugen alle fünf denselben Umhang mit demselben Emblem, das für alle fünf abgeranzt und alt aussah. Aber zumindest hatten sie es noch, mehr als Dany wohl von sich hätte behaupten können.
      "Weiter, hier lang."
      Sie fügte sich Sylvias Anweisung, während sich ihr Herzschlag in ihrer Brust verstärkte, bis sie drohte zu explodieren.
      Die Frau blieb irgendwann stehen und deutete auf etwas.
      "Da! Perfekt!"
      "Huh?"
      "Der Wagen!"
      "Und?"
      "Wir klauen den Wagen!"
      "Und dann?"
      "Haben wir die Wachmänner am Hals!"
      "Und dann?"
      "Dürfen sich die anderen nicht mehr einmischen!"
      "... Aber dann haben wir… die Wachmänner auf dem Hals."
      "Mit denen werden wir fertig. Mit den anderen nicht."
      "... Wie high bist du?"
      "Ähm… nein?"
      "... Okay. Keine Ahnung. Mach, was du für richtig hältst."
      "Dann komm. Wir warten, bis die Besitzer sich ein bisschen aufteilen, dann gehst du hinten in den Wagen, machst zu und ich treib das Vieh vorne an."
      "Okay."
    • Was taten sie hier eigentlich?
      Seufzend schmiss Prysk die Ladung aus dem Karren auf die Straße. Nicht, dass es etwas von Wert gewesen wäre. Zumeist waren es Ausgrabungsstücke von kleinem Wert, die sich gut zu Geld machen ließen. Oder vielleicht zu anderen Waren. Rufus hatte derweil seinen Umhang ebenfalls zurück geschlagen und sammelte den Sack auf, der sich schwerer anfühlte als vorher.
      "Gute Güte", wisperte er und schulterte die Last. "Alles klar, ich gehe zum Krämer!"
      "Shuhu, mach das!", krakeelte die kleine Eule und nickte. "Und lass dich nicht übers Ohr hauen. Sonst tu-hu ich ihm weh."
      "Keine Sorge", grinste Rufus und begann sich in Bewegung zu setzen.
      Es dauerte eine Weile, da trat Prysk aus dem Wagen heraus und zog seinen Umhang aus. Mit einem kurzen Schleudern warf er den Unrat in den Karren und sah die Eule an, ehe er seinem Schüler hinterher sah. Die Perlen seiner Haare glitzerten im Sonnenlicht und ein schmales Lächeln durchzog das kernige Gesicht.
      "Was ist?", fragte Lysander und sah neugierig zum Jäger hinauf, der ihm nun seinen Arm darbot.
      Die Eule ließ sich nicht bitten. Schnell und geschickt hüpfte sie flink den Arm hinauf, um sich auf seiner Schulter zu platzieren.
      "Er ist erwachsen geworden in den zwei Monaten...", murmelte Prysk und lehnte sich an den Karren. "Hätte ich nie gedacht..."
      "Bei einem Meister wie dir? Ich auch nicht."
      "Du weißt, dass ich ein guter Meister bin", lachte der Jäger und schüttelte den Kopf.
      "Du bist ein guter Sucher. Und Finder. Ich befürchte, im Rest hast du noch Luft nach oben, shu-hu."
      "Was für ein Irrsinn."
      Kopfschüttelnd setzte sich der Jäger mit der Eule in Bewegung, die jedoch in merkwürdige Piepsgeräusche verfiel, sodass er zumindest den kleinen Schnabel zudrückte.
      "Bist du verrückt?", flüsterte Prysk.
      "Tschuldigung!", schimpfte Lysander. "Aber wer achtet auf den Karren? Der Gaul sieht nicht wirklich stabil aus.."
      "Niemand achtet darauf. Wer den Karren stiehlt, muss erst mal Walter bändigen", lachte der Jäger und wies mit dem Kinn zum Pferd. "Walter ist nicht gerade zimperlich mit Fremden und meistens fällt er eh nach ein paar hundert Metern in Ohnmacht, wenn man ihn zu stark antreibt. Also weit kommen Diebe nicht. Und jetzt lass uns endlich die Taverne aufsuchen. Mich dürstet nach leichtem Wein und üppigen Frauen!"
      "Du nun wieder...", wisperte die Eule und schüttelte den Kopf.
      "Na, sei nicht so", grunzte Prysk. "Vielleicht finden wir auch eine schöne kleine Spatzdame für dich."
      "Arschloch."

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    • Mit Sylvia als Führerin schlichen sich beide an den Karren heran, oder zumindest so nahe, bis sie erkennen konnten, welche Personen aus der Menge die Besitzer waren. Dany war noch immer höchst skeptisch, was diese ganze Wagensache anging, aber was sollte sie machen, etwa umkehren? Weiterlaufen und darauf hoffen, dass ein Wunder geschah? Dany hatte ja noch nie Probleme damit gehabt zu fliehen, aber irgendwann musste einmal Schluss damit sein, irgendwann musste sie wieder selbst in den Angriff übergehen. Es war schon wieder viel zu lange her für sowas.
      Also raffte sie sich ein wenig auf, straffte die Schultern und schloss zu Sylvia auf. Die beiden Frauen beobachteten gerade, wie der Wagen sich leerte und dann -
      "WAS?!"
      Sylvia wirbelte sofort herum und Dany glotzte, bis sie das Gefühl hatte, ihre Augen würden ihr aus dem Kopf fallen. Allerdings konnte sie sich nicht täuschen, nicht bei dem vielen Licht, das hier auf den Platz fiel, nicht bei dem Funkeln in den hässlichen Haaren. Das war der Mann mit P, ganz sicher, absolut hundertprozentig. Seinen dummen Perlenschmuck im Haar hätte sie auch über den Ozean hinweg erkennen können. Plappernder, Respektloser, Y... Ypsilon? Saudummer Klugscheißer. Oder auch Prysk, wie man ihn wohl in manchen Breitengraden nennen würde.
      Dany starrte den Mann so offen ungläubig an, dass Sylvia für einen Moment gar nicht verstand was vor sich ging.
      "Was? Wieso? Was ist?"
      Dany antwortete nicht, stattdessen beobachtete sie, wie dieser Hund von einem Mann mit einem Zwerg plauderte, der kaum größer war als ein Bierfass. Die Szene wirkte absolut surreal: Der elendige Prysk mit seinem noch viel elendigeren Haarschmuck, der Winzling, den man wohl mit dem Stiefel hätte zertreten können und der alte, klapprige Karren daneben, der ihr eigentliches Ziel der Begierde sein sollte. Wäre das ein Theaterstück gewesen, hätte Dany sicherlich irgendwie Tränen gelacht.
      So beobachtete sie aber nur starr, wie die beiden sich von dem Wagen entfernten. Vermutlich war auch Rufus irgendwo in der Nähe, er war schließlich nie weit weg von dem anderen, gegen ihn hegte sie aber nicht ganz so viel Unmut. Rufus war auch anstrengend gewesen, aber er hatte sich Prysks wahnsinnigen Machenschaften angeschlossen, bei denen er Cheynia vernichtet und nebenher auch noch Dany fast umgebracht und in jedem Fall aus ihrem Zuhause gejagt hatte. Ja, Rufus war sicherlich auch in gewisser Weise unangenehm, aber zwischen ihm und Prysk lagen Welten.
      "Dany!"
      "Ja?"
      "Hör auf zu starren und komm, es geht los! Beeilung!"
      Sylvia verschwand schon in der Menge, da eilte Dany ihr holprig nach.
      Sie erreichten den Wagen ohne aufgehalten zu werden und Dany verschwand in seinem stickigen Inneren. Viel konnte sie nicht sehen, nachdem er innen recht gut geschützt war, aber sie konnte genug ausmachen, um zu erkennen, dass sie alleine waren. Umso besser, dann konnte sie nämlich gleich damit anfangen, sich durch Prysks Sachen zu wühlen. Vielleicht konnte sie ihn ja sogar um das eine oder andere Schmuckstück erleichtern.
      Zumindest bis von draußen ein Aufschrei kam.
      "Ah!"
      "Vi?!"
      "Das Mistvieh hat mich gebissen! Ahh! Es hat mich angerotzt!!"
      "Worauf wartest du?! Beeil dich, weg von hier!"
      "Es will nicht!"
      "Wie?!"
      Sie erhielt keine Antwort, stattdessen war es für ein paar Sekunden still und dann ruckelte der Wagen einmal, zog sich vielleicht einen, vielleicht auch zwei Meter nach vorne und blieb dann wieder stehen. Sylvia fluchte draußen und Dany tat es ihr schließlich nach. So hatten sie sich dieses Ablenkungsmanöver - oder Rettungsmanöver? - nicht vorgestellt.
      Sie streckte den Kopf mitsamt Körper nach draußen und versuchte einen Blick nach vorne zu erhaschen. Sylvia rang sich mit dem Zugtier eins ab, aber das Tier schien dabei ganz eindeutig zu gewinnen - auch wenn man das wohl nicht gewinnen nennen konnte, wenn das Vieh rotzte, rülpste und mit trüben Augen Sylvia anstierte.
      Soviel also dazu.
      "Es bewegt sich nicht!"
      Dany biss sich in die Lippe, dann begann sie auf das Dach zu klettern. Der Wagen war zwar nicht sonderlich groß, aber er war groß genug, dass sie automatisch über die Menge hinweg blicken konnte. Sie konnte ihre Verfolger ausmachen, die sie auch selbst sahen, und sie konnte auch Prysk sehen, Prysk mit seinen funkelnden Perlen, als wäre er irgendetwas besonderes, ein König oder sowas. Ohh, wie sehr sie ihn doch verabscheute. Er würde noch den Tag bereuen, an dem er sich mit Dany der Schankfrau angelegt hatte. Wenn sie aber schon nicht den Wagen stehlen konnte, konnte sie doch wenigstens etwas anderes tun.
      "Planänderung!"
      Sie wartete gar nicht auf Sylvias Bestätigung, sondern sprang wieder hinab, griff sich blindlings aus dem Wagen die ersten paar Blätter, die sie finden konnte, und zog ihren Feuerstein aus der Tasche. Drei Schläge und zwei Sekunden brauchte es, dann ging die kleine, selbstgebastelte Fackel in Flammen auf. Grinsend stieg sie wieder auf das Dach empor und hielt die brennenden Blätter in die Luft. Sylvia starrte sie an, dann erhellten sich ihre Züge und sie nickte bekräftigend. Dany sah erst zu ihr hinab, dann zu ihren Verfolgern, dann zu dem verschwindenden Prysk und ließ zum Schluss die brennenden Blätter auf das Dach fallen - hauptsache es würde ein Inferno ausbrechen, hauptsache man würde sie dafür verantwortlich machen, hauptsache sie konnte sich damit dem Plan widmen, die Stadtwachen zu alarmieren, um sich vor den anderen zu schützen. Hätte sie nicht am Vortag so viel getrunken und wäre ihr Gehirn nicht völlig Matsch, wäre ihr vermutlich selbst aufgefallen, wie hirnrissig dieser Plan doch war, aber so sah sie nur eine befriedigende Rache vor Augen.
    • Der Weg zur nächsten Taverne war in der Tat nicht allzu weit oder gar beschwerlich. Vielmehr war es nur eine kurze Strecke über eine recht unwirtliche Kopfsteinpflasterstraße, die bereits bessere Tage gesehen hatte. Die Steine glänzten von einem neuerlichen Regenschauer (Prysk hoffte, dass es ein solcher war) und die Menschen, die ihnen entgegen kamen, waren mehr von der missmutigen Sorte. Einem besonders behaarten Exemplar rempelte der Jäger an die Schulter, dass es diesen beinahe von den Füßen hob. Mit einem Laut der Entrüstung wandte dieser sich um und starrte unter einem versifften Bart und beinahe kugelrunden Bärenaugen zu dem Jäger hinab.
      "Ey!"
      "Selber "ey"", murmelte Prysk und sah zu ihm hoch. Gleich um sich einen Schlag mit einem scharfen Flügel an seinem Hinterkopf zu fangen. "Aua!"
      "Entschuldige dich gefälligst!", zischte die Eule und schlug nochmals zu.
      "Ich entschuldige mich einen Dreck! Hast du mal gesehen wie dieser Typ aussieht?!""
      "Meine Frau sagt, ich bin schön, kleiner Mann."
      "Hat er gerade..."
      "Hat er", schuhute die Eule.
      "Er hat mich gerade klein genannt, oder?"
      "Eindeutig definitiv."
      "Und dann hat er noch gesagt ich bin hässlich."
      "Das hat er nicht"
      "Das hab ich nicht", krakeelte der Mann und wandte sich voll und ganz um. ZWischenzeitlich war die Eule auf die andere Schulter gewechselt, ahnend, was folgen mochte,.
      "Ich glaube, mein Herr, wir haben ein Problem mit den Manieren, nicht wahr? Man kann nicht einfach einen Mann klein, hässlich und fett nennen, ohne die Konsequenzen zu tragen, Sire", grunzte Prysk und eine Ader wurde auf seiner kantigen Stirn sichtbar.
      "Ich habe dich nicht fett genannt", sagte der Mann.
      "Aha!", Prysk nahm einen Halbschritt Abstand und wies mit dem Finger auf ihn. "Hab ich dich erwischt! Du hast mich also wohl hässlich genannt, oder wie-wa-was?"
      "Hab ich gar nicht?!"
      "Gott, was für ein Irrsin", piepste die Eule und sprang auf das nächste Fensterbrett. "Würdest du deinen Anfall von Eierzeigen bitte hinter dich bringen? Wir haben Aufgaben zu erledigen und wenn du noch ein Weib bespringen willst, sollten wir uns ranhalten."
      "Er hat mich hässlich genannt...", murrte Prysk während der dicke Mann deutlich Anstalten machte, mit dem Arm auszuholen. "Und ich finde wirklich, ich bin recht ansehnlich..."
      "Vielleicht eine 2 unter den Zehnen", kommentierte die Eule und seufzte. "Von Links, shuhu."
      Wie berechnet traf der erste Schlag von links aus ein. Schmetternd schlug die Faust des Riesen durch die Luft und landete krachend in dem Fensterbrett links von der Eule, während Prysk sich elegant fortduckte und in einem Schmerzgeheul zu lachen begann.
      Lysander derweil betrachtete das Fensterbrett gelangweilt.
      "Alles klar, mein Freund...", begann Prysk und erhob die Fäuste. "Dann wollen wir mal sehen, ob du drei Hiebe einstecken kannst, was?"
      Noch ehe es zu besagtem Schlagabtausch kam, wurde der Tumult von Seiten des Marktplatzes durchaus lauter. Stimmengewirr und eilige Füße erschallten in der Klamm der Straßenschluchten und Schreie gellten durch den Tag. Menschenmassen (nun...Massen?) eilten die Straße in entgegen gesetzter Richtung zum eigentlichen Verkehr hinunter und drückten sich in einer Entfernung an die Wand. Vermutlich, um dem grazilen Feuerball auszuweichen, der einem Pfeile gleich durch die Straße schoss. Gerade noch rechtzeitig drückten sich die Menschen vor dem heranrasenden Wagen, der von einem edlen Schlachtross gezogen wurde fort, sodass selbst Prysk einen guten Blick auf das Gefährt hatte.
      Zumindest für zwei Sekunden, ehe es in einem Affenzahn an ihm vorbei schoss und weiter in Richtung Stadtinneren gallopierte. Und wenn er sich nicht täuschte, dann hatte er in Walters verängstigtes Pferdegesicht gesehen...
      "War das..."
      Lysander, der seine Kapuze gelüftet hatte und mit großen Knopfaugen dem brennenden Karren hinterher sah, schüttelte nur seinen Federkopf und seufzte.
      "Eindeutig definitiv, shu-hu."
      "Also war das Geheimnis offenbar Feuer...", sinnierte Prysk und schüttelte den Kopf. "Nun, mein Großer, habe die Ehre. Es war mir ein inneres Blumenpflücken, aber ich fürchte unsere Auseinandersetzung muss warten. Ich muss meinen komatösen Gaul einfangen, der mein brennendes Zuhause entführt. Wir sehen uns!"
      Ohne auf die Eule zu warten (die es dennoch elegant auf seine Schulter schaffte), eilte der Jäger dem Karren hinterher. Und ließ zumindest einen übergroßen Raufbold staunend zurück, der seine geschwollene Hand rieb. Ein Irrsinn, diese Jäger...

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    • Der Wagen ging ganz vorzüglich in Flammen auf. Dany hatte schon fast vergessen, wie gut richtiges, gesundes, volles Holz brennen konnte.
      Zuerst verlief alles noch genau wie vorhergesehen. Das Dach fing Feuer, Dany tänzelte ein bisschen herum auf der Suche nach einer Stelle, wo sie nicht unbedingt gleich selbst in Flammen aufgehen würde, und die ersten Marktbesucher deuteten bereits mit besorgten Gesichtern auf die nichtmal hüfthohen Flämmchen, die in den Himmel emporleckten. Sylvia lachte hämisch und Dany blickte in die Richtung, in der Prysk mit seinen dummen Perlen und seinem dummen Watschel-Schritt verschwunden war. Zu ihrer nicht geringen Enttäuschung, bemerkte er den aufkommenden Trubel nichtmal ansatzweise und drehte sich daher auch nicht nach seinem Wagen um.
      Dann ging aber alles mit einem Mal äußerst schnell und damit auch äußerst unvorhersehbar. Zumindest war Dany sich sicher, dass sie nichts an der Situation hätte aufhalten können.
      Die Wachmänner kamen aus dem Nichts und waren beim Wagen, bevor sie noch hätte reagieren können. Zwei stellten sich vor Sylvia und den rotzenden Gaul, um das eine beim Wegrennen zu hindern und das andere festzunehmen - Dany hätte nicht sagen können, welches für welches - die anderen drei kamen zu ihr und dem ausbrechenden Feuer. Jemand griff nach ihrem Knöchel und wollte sie vom Dach herunterziehen und Dany, in ihrer vollsten Blüte und Grazie, strauchelte, fiel aufs Gesicht und fast in die Flammen hinein und schaffte es dann, die zupackende Hand mit einem beherzten Ruck, gefolgt von einem noch viel beherzteren Tritt wegzustoßen. Auf der anderen Seite begann einer der Männer, das Dach zu erklimmen.
      Doch dann ging ein Ruck durch den ganzen Wagen und der Mann, als auch Dany, wurden beinahe wieder nach unten befördert. Jetzt kam deutlicher Lärm auf, nicht nur von den umstehenden Zivilisten, sondern auch noch ein nasales Krächzen, was in einer anderen Welt vielleicht mal ein Wiehern hätte sein können, und dazu Sylvias aufgeregte Stimme. Dany richtete sich auf, der Mann zog sich über den Wagenrand nach oben. Die Flammen breiteten sich aus und verringerten den Spielraum, der ihr auf dem Dach zustand.
      Dann ging noch ein Ruck durch den Wagen und als wäre das der Startschuss für irgendwas gewesen, setzte das ganze Gefährt mit einem Mal nach vorne. Der Wachmann fiel prompt herab und Dany purzelte selbst über das Dach und durch Flammen hindurch, die sie fluchend von ihren Kleidern klopfte, bevor sie sich gerade noch am Wagenrand festhalten konnte und sich - natürlich höchst elegant und geschmeidig - nach unten in die Wagenöffnung schwingen konnte. Dort hatte sie jetzt besseren Halt, denn der Karren hatte mit einem Mal eine Geschwindigkeit aufgenommen, die allen anderen noch lebenden, nicht-rotzenden Zugtieren in nichts nachgestanden wäre.
      Und es funktionierte. Unaufhaltsam bretterten sie über den Marktplatz hinweg, die kleine Truppe an Wachmännern schon im aufkommenden Staubwirbel verschwunden, genauso wie die uniformierte Gruppe, die ja noch weiter weg gewesen war. Zivilisten sprangen beiseite oder wurden auch zur Seite geschleudert, ganz genau konnte Dany das von ihrem hinteren Sitzplatz auch nicht erkennen, aber es funktionierte. Sie entfernten sich mit bahnbrechender Geschwindigkeit und das von beiden Einheiten und dem Ärger, den sie hier gleichzeitig verursacht hatten.
      "HAH! FRESST MEINEN STAUB, IHR WÜRMER! VI?! VIII!"
      Etwas umständlich bei der berauschenden Geschwindigkeit, die sie jetzt aufgenommen hatten, lehnte Dany sich zur Seite vom Wagen und warf einen Blick nach vorne - und da war ihre Begleiterin, auf dem klapprigen Gestell von einem Zugtier und hielt sich in panischer Angst an dem Geschirr fest, das dem Tier aufgespannt war. Als sie Danys Stimme hörte, warf sie aber einen kurzen Blick zurück und präsentierte ein wildes, energetisches Grinsen.
      Das war das letzte, was Dany von ihr zu Gesicht bekam, bevor die Dinge wirklich außer Kontrolle gerieten.
      Das Tempo mochte zwar gut und schön sein, aber es fachte auch die Flammen an, die durch den Wind noch schneller an dem Holz leckten und sich ausbreiteten. Schnell stand das ganze Dach in Flammen, noch schneller ergriffen sie auch die Wände und streckten ihre glühend heißen Fühler nach Dany aus. Dany fluchte, kauerte sich ein wenig zusammen und hielt sich am untersten Rand des Wagens fest, während er zunehmend von dem Feuer vereinnahmt wurde. Hatten sie abgesprochen, wie sie das Ding wieder zum Stehen bringen wollten? Sie befürchtete nicht, es war improvisieren angesagt.
      Lange waren sie nicht unterwegs, höchstens ein paar Minuten, aber es reichte dafür aus, dass der Rauch sie umschlang und die Hitze unerträglich wurde. Es waren nicht nur die Flammen, die das Holz verzehrten, es war die Hitze allein, die das übrige Holz, an dem auch Dany sich festhielt, zum Glühen brachte. Sie fluchte mehrmals, während sie sich zunehmends die Finger dabei verbrannte, sich festhalten zu wollen. Und bei dem Tempo abzuspringen, schien ihr noch nicht als sehr gute Idee. Vielleicht ja, wenn sie etwas mehr gestopft hätte.
      Dann krachte es aber plötzlich und es ging ein weiterer Ruck durch den Wagen, als er um einen Schlag langsamer wurde, über die Straße schlingerte und Dany schließlich von sich schleuderte. Die ehemalige Wirtin flog für etwa zwei Sekunden durch die Luft, dann schlug sie sich auf der Steinstraße die Nase blutig und schürfte sich Hände und Ellbogen auf, während sie zum Stillstand kam. Vor ihr stieß der Wagen gegen eine Hauswand, die erstaunlich stabil war, und kam schließlich doch endlich zum Stehen. Das Feuer hatte eine beachtliche Größe eingenommen und vereinnahmte das Holzgestell vollkommen.
      Dany rappelte sich auf, auf der anderen Seite erschien Vi und brachte sich auf Abstand. Beide starrten für einen Augenblick, dann setzte Dany sich stolpernd in Bewegung.
      "Wasser! Hilf mir Vi, vielleicht können wir das Ding noch retten!"
      "Hä?!"
      Vi starrte, während Dany planlos in die eine Richtung und dann die andere lief. In Cheynia hätte sie genau gewusst, wo Wasser zu finden war, weil es immer am gleichen Ort war. Hier verlief sie sich zwei Mal, bevor sie einen Brunnen fand.
      Mit vereintem Willen beförderten sie genug Wasser heran, um das Feuer erst einzudämmen und dann tatsächlich zu löschen. Was darunter allerdings übrig blieb, hätte man wohl kaum für einen Wagen halten können - vielleicht für den Grundriss eines Wagens. Der Boden war noch vollständig intakt und schien wohl auch begehbar, das Dach war allerdings komplett abgebrannt und von den Wänden war nicht mehr übrig als das vereinsamte Gestell, das etwa drei Sekunden lang hielt, bevor auch das schlussendlich zusammenbrach. Was auch immer vorher noch in dem Wagen gewesen war, es fand sich jetzt zumindest als vereinter Rußklumpen auf dem Boden wieder, eine Mischung aus der Asche und dem Wasser, das sie herangeschafft hatten. Zumindest das Pferd war noch heil und außerdem das Geschirr, mit dem es befestigt war.
      "... Sieht doch gut aus?"
      Dany stemmte die Hände in die Hüften, Vi legte sich nachdenklich einen Finger an die Lippen.
      "Wenigstens könnte man das Vieh noch essen."
      "Willst du das ernsthaft kochen? Das hat sicher 20 Krankheiten, davon stirbst du, noch bevor du alles runterhast."
      "Ich hab einen starken Magen, ich wette, ich könnte das aushalten."
      "Ich verzichte, vielen Dank."
    • Während der Karren vor den beiden Jägern hinfort sauste, fragte sich Prysk erneut, welche Götter er in seinem vorherigen Leben eigentlich erzürnt hatte.
      Nicht nur, dass der komatöse Gaul mit einem Mal unter die Lebenden gefunden hatte, sondern auch, dass der Karren, der ihrer aller Zuhause darstellte, immer schneller wurde. Unter dem Gezeter des Vogels auf seiner Schulter eilte Prysk mit schnellen Schritten dem Holzbarrikad hinterher und kam doch nicht einen Meter näher heran. Nur das Wiehern, beinahe Kreischen des alten Pferdes schallte durch die Straßen, wenn man die Schreie der Passanten und seltsame Rufe außen vor nahm.
      Aus einem merkwürdigen Grunde heraus dachte Prysk sogar, diese Stimme zu kennen...
      Nach einer kurzen Weile bereits hatten sie den Karren und Anhang aus den Augen verloren und folgen unter Gekeuche und Gezeter weiterhin den Spuren der Verwüstung durch die Stadt. Man mochte sich nicht ausmalen, welche Schäden ein harmloser Holzkarren mit lockeren Rädern ausrichten konnte, wenn man ihn nur lange genug brennend durch eine Stadt schleifte. Doch sie waren hier...
      Geraume Zeit später, als die Schreie verklangen und eine schwarze Rauchwolke sich am Himmel aufgetürmt hatte, erschien ihm die Zeit das erste Mal relativ.
      Wie lange sie gelaufen waren, wusste der Jäger nicht mehr, aber er schmeckte Blut zwischen seinen Lippen. Schwer atmend und verschwitzt klimperten seine Haare um seinen Kopf, als er an einer Hausecke inne hielt. Die Hand lehnte er schwer gegen den Abschlussbalken und blickte auf den kleinen Platz, der sich ihm auftat.
      Offenbar war der Karren ins Schleudern gekommen, als die gerade Straße passiert wurde. Ein Kopfsteinpflasterstein musste den Ausschlag gegeben haben. Das Rad hatte sich verfangen und sich gelöst und zurückgeblieben war nicht mehr als ein Haufen Asche. Wie ein zerrissenes Schandbild der einstigen Behausung türmte es sich auf dem kleinen Platz auf und verscheuchte die Neugierigen alleine mit dem Geruch nach Rauch und verbranntem Fleisch. Zu ihrer beider Bestürzung schwiegen sowohl Prysk und Lysander, als sie das Auskommen begutachteten. Immerhin war der aufgeregte Walter zu hören, als dieser keuchend, triefend und rotzend am Straßenrande stand und beinahe traumatisiert auf das Wrack starrte.
      Und beinahe wäre es dieser Dinge gut gewesen, wenn da nicht zwei Gestalten vor den Trümmern gehockt hätten, die sich lautstark darüber stritten, ob man den Gaul auch noch essen konnte.
      Das wesentlich schlimmere an der Frage (Nein, Walter schmeckte nicht. Prysk hatte es probiert!), war die Tatsache, dass er eine dieser Gestalten kannte!!
      Dany!
      Die Königin von Scheißhaushausen! D wie Dämlich, A wie Arrogant, N wie natureingebildet und Y wie...Ypsilon? Egal! Der Jäger konnte nicht umhin keuchend und beinahe hypnotisiert auf den Rücken der jungen Frau zu starren und sich in der Wut zu verlieren, die in ihm hoch kochte.
      "Prysk, beruhig dich...", wisperte die Eule auf seiner Schulter und fand sich sogleich in einem Klammergriff um seinen Schnabel wieder.
      "Nur dieses eine Mal...", knurrte Prysk und setzte sich in Bewegung. "HAlt den Schnabel."
      Er sprach zu ruhig, um wirklich nicht wütend zu sein. Wenn Prysk wütend wurde, wurde er ruhiger und besonnener. Und dies war gerade zu vernünftig, als er langsam in den Rücken der beiden Frauen trat und auf die Trümmer starrte.
      "Hallo Scheißhaus", knurrte er und blickte mit einem eiskalten Blick zu ihr hinab. Nicht ein Funken Wärme, Amusement oder Gnade stand darin als er Dany ansah. Erneut fiel es nicht schwer zu erkennen, dass sie ihrer Droge noch immer erlag. Erbärmlich, dachte er schweigsam und schüttelte den Kopf.
      "Hab ja schon viel gesehen...Aber das haut mich echt aus der Furche...Nicht nur, dass du mich aus einer Stadt mit einer Vorhaltung fortjagst, die ich nicht begangen habe, sondern heute zündest du mein Zuhause...Meinen Besitz...an? Ich muss sagen, deine Todessehnsucht ist beachtlich, bedenkt man deine mangelhafte Entscheidungsfähigkeit..."
      Anschließend warf er einen Blick zu der anderen, unbekannten Frau.
      "Und eine Warnung nur vorab: Solltet ihr gedenken, mein Ross zu essen, wird es Euch das Leben kosten, Teuerste."
      Erstaunlich, bedachte man, dass diesem Satz nicht ein Funke Emotion inne wohnte, während er zu den Trümmern schritt und sich diese genauer besah.

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    • "Lass mich das nur mal austesten."
      Das hätten die letzten Worte von Sylvia sein können, die gerade auf den kränkelnden Gaul zuhielt, wenn sie sich da nicht nach der Stimme umgedreht hätte, gleichsam mit Dany, die so schnell herumwirbelte, als erwarte sie einen Dolch im Rücken. Kein Wunder bei dem Besitzer der Stimme, der sich ungehört hinter ihr aufgebaut hatte.
      Prysk hatte sich in den vergangenen Wochen kaum verändert. Seine Haare waren noch immer fettig und strähnig, seine Perlen dumm und kindisch und schienen sich mit ihrem Glitzern über Dany lustig zu machen ("Ha ha, sieh uns an, wir sind auf seiner Seite und nicht auf deiner!"), seine Kleidung war dafür nicht mehr ganz so schmutzig, anders als der Flaum um seinen Mund, den vielleicht ein Blinder als Bart beschrieben hätte. Auf seiner Schulter saß das vermummte Bierfass, das aus der Nähe viel mehr wie ein Vogel wirkte. Seine Anwesenheit kam abrupt, genauso wie das Gefühl, das dabei in Dany emporschoss und ihr bis unter die Haut fuhr. Vielleicht war es Zorn, vielleicht war es Ekel, vielleicht war es Abneigung, vielleicht war es auch einfach nur Aufregung, Aufregung darüber, diesem Mistkerl jetzt doch wieder gegenüberstehen zu müssen, aber dieses Mal ohne die Oberhand zu haben, ohne eine Stadt in ihrem Rücken, die sie für sie in den Krieg hätte schicken können. Nicht einmal Met hatte sie noch, um eine Verhandlungsbasis zu bieten, auf der man etwas anderes hätte aufbauen können als den heranbahnenden Ärger, der wohl mit Prysk einherzukommen schien. Nein, Dany hatte gar nichts, alle ihre Habseligkeiten befanden sich in dem Beutel auf ihrem Rücken und an ihrem Körper. Und natürlich Sylvia.
      "Du!"
      Mit loderndem Blick starrte zu ihm auf. Dany war nicht gerade klein, aber Prysk war es genauso wenig. Es trennten sie nur wenige Zentimeter von einer ebenbürtigen Augenhöhe, aber diese paar Zentimeter schienen ausschlaggebend zu sein, dass er sie mit seinem Blick aufspießte. Seine Augen waren dunkel, die Muskeln in seinem Gesicht angespannt, als würde er jeden Moment den Mund aufreißen und zubeißen wie ein Raubtier. Dany hätte es gar nicht in Frage gestellt, sie sah bei diesem Blick quasi schon den tiefschwarzen Rachen, der sich vor ihr auftat und sie zu verschlingen drohte.
      Sie trat einen Schritt zurück, natürlich nur, damit sie etwas mehr Freiraum zum atmen hatte und nicht unter seinem Gestank leiden musste.
      "Aus einer Stadt? Aus einer Stadt?! Du meinst aus meiner Stadt, aus meinem Cheynia, das du auseinandergerissen hast! Du musstest ja den Bürgermeister beleidigen, oder was auch immer du angestellt hast! In meinem Zuhause! Also ja, ich zünde deinen Besitz an!"
      Sylvia starrte die beiden nur etwas perplex an, in keinster Weise eingeweiht in die Vorgeschichte, die sie teilten.
      "Willst du wissen, was du angerichtet hast?! Willst du es wissen?!"
      Dany zog Prysk unbeeindruckt nach, als er auf die Überreste seiner Sachen zuschritt. Jetzt war es definitiv Zorn, der durch ihre Venen floss und in ihren Fingerspitzen kribbelte.
      "Wir haben kein Rathaus mehr! Es gibt kein Rathaus mehr in Cheynia! Wir haben keine Schule und meine Taverne - ohh, meine Taverne!! Das Feuer war hoch genug, dass man es bis über den verschissenen Ozean hätte sehen können! Das ganze Holz - verbrannt! Weg! Und alles nur wegen dir und deinem kleinen, schlauen Klugscheißer! Alles weg!"
      Eigentlich hätte es sich gut anfühlen müssen, die Energie aufzubringen, Danys angestaute Wut auch einmal herauszulassen. Der Wagenbrand war schon gut gewesen, notwendig sogar, aber nichts ging doch über eine ordentliche Schimpftirade - dachte sie eigentlich. Aber die Erleichterung kam nicht. Wenn überhaupt, fühlte sie sich mit einem Mal erschöpft, so als hätten die letzten Wochen der Flucht jetzt endlich zu ihr aufgeholt. Sie wusste nicht, was sie wollte. Eigentlich war es Rache gewesen, aber jetzt auch irgendwie nicht mehr.
      "Ich hätte es wissen müssen", zischte sie daher, als wäre die nachfolgende Information brisant genug, um nicht in den Himmel hinauf gebrüllt zu werden. "Die Lehmtür hat es mir vorausgesagt und ich habe nicht darauf gehört. Ich habe nie darauf gehört und es hat mich immer eingeholt. Und jetzt auch."
      "Äh..." Sylvia machte aus dem Hintergrund einige Schritte auf sie beide zu, blieb dann aber wieder stehen. Die Frau war ganz offensichtlich überfordert mit dem plötzlichen Zusammenstoß und Danys unüblicher Energie. "Wir sind noch nicht fertig, Dany. Wie wär's also, wenn wir irgendwie... abdampfen?"
      "Nein."
      Dany beugte sich zu Prysk vor, ihr Blick auf seinen fixiert.
      "Wir sind hier nicht quitt, wenn überhaupt. Ein Zuhause für ein Zuhause, aber du hast keine Stadt, die ich hätte abfackeln können. Du wirst mir also helfen - uns wirst du helfen. Sonst ist dein Wagen nicht das letzte, das wir anbrennen."
    • Prysk hörte sie gar nicht richtig, während sie mit einem Mal auf ihn einschimpfte. Und auch wenn die Königin von Scheißhaushausen durchaus ein beeindruckendes Pensum an Lautstärke erreichte, so vermied er jeglichen weiteren Augenkontakt, während er sich der Trümmer besah. Aus dem Ohrenwinkel hörte er Fetzen wie "Kein Rathaus mehr" und "keine Taverne mehr". Wäre sie vielleicht etwas freundlicher seinerzeit gewesen, hätte er sich wohl um Ersatz bemüht und aufrichtige Anteilnahme gezeigt. So war es nur wieder der erneute Versuch einer Rechtfertigung oder einer Auslassung von zielloser Wut, die der Jäger schlicht und ergreifend verabscheute.
      Schweigsam vergrub er die Hände in den schweren Lederhosen und seufzte, als er die verkohlten Überreste sah und ging wortlos an der keifenden und schimpfenden Dany vorbei und wanderte zu Walter, der immer noch keuchend und rotzend an der Seite der Straße weilte. Beinahe sanft strich er dem Gaul über die Schnauze und täschelte die Wange des Pferdes, ehe er sich zu Dany umdrehte, die gerade ihren letzten Satz von sich gab.
      "Es ist erstaunlich", begann er schließlich und drehte sich ihr zu. "An diesen Sätzen war beinahe alles falsch. Mir die Zerstörung einer Stadt zu unterstellen, weil der liebe Händler, den du uns vermittelt hast, nicht mit magischen Artefakten umgehen kann, ist schon eine besondere Höhe. Dass ich dir das Leben gerettet und deinen drogenverseuchten Hintern aus einer Feuerwalze bugsiert habe, ist auch nebensächlich. Aber ich kann nichts dafür, wenn du derart dumm und kurzsichtig bist und meine Hilfe ablehnst, wenn ich dir sage, dass wir nach diesem Eres, diesem verfluchten Feuerteufel suchen sollten. Ihr wolltet es alleine regeln! Also mach mich nicht fpr deine Unzulänglichkeiten verantwortlich. Ich habe deine Dreckskaschemme nicht angefasst."
      "Prysk", pieopste die Eule und schüttelte den Kopf.
      "Nein, es ist nicht "Prysk!". Ich sage es dir ehrlich, Scheißhaus: Wenn du dein verteufeltes Merch mal ein paar Tage weglassen würdest, würdest du vielleicht klarer sehen, was deine Fehler angeht. Und mein Zuhause niederzubrennen, ist wirklich sehr erwachsen. Die Hilfe, Scheißhaus, kannst du dir an die Backe nageln. Komm und fackel noch mehr ab. Das nächste Mal werde ich nicht gnädig sein und meine Messer in deinen aufgedunsenen Leib rammen, damit ich wenigstens Ruhe vor deinem Gekeife habe!"
      "Was habt ihr vor?", fragte Lysander nachdem Prysk den Kopf schüttelte.
      "Wirklich?"
      "Fragen kostet nichts."

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell