Das schwarze Siegel [Feuermaid&RoyalMilkTea]

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    • Das schwarze Siegel [Feuermaid&RoyalMilkTea]

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      Diabla van Ainsworth

      Die Sonne bahnte sich ihren Weg durch die großen, deckenhohen Fenster, welche einen direkt Weg in den Garten darstellten, da das mittlere Fenster eine Glastür war, doch noch war der Wind zu kalt, zu mild, als dass ihre Gouvernante ihr erlauben würde einen Spaziergang durch den Garten zu machen. Doch das war in Ordnung... irgendwie. Diabla war daran gewöhnt, sich die Zeit in ihrem Zimmer zu vertreiben, mit einem dicken Buch in der Hand, wie auch heute, träumend von der Welt da draußen, hoffend, dass die Anfälle bald ein Ende hatten, doch nichts schien helfen zu wollen.
      Kein Ingwertee, keine Kräuter oder ausländische Gewürze, kein Arzt wusste zu helfen, oder auch nur, was ihr denn fehlen könnte, denn abgesehen von diesen mysteriösen Anfällen, schien es ihr gut zu gehen.
      Nicht nur einmal hatte sie mit entsetzten hören müssen, dass sie diese Anfälle eigentlich nicht überleben sollte. Dass ein Mensch nicht in der Lage sein sollte, so hohe Temperaturen auszuhalten, und doch war sie noch immer hier. Und fürchtete sich bei jedem neuen Anfall es dieses Mal nicht zu schaffen.
      Diabla schüttelte bei diesen Gedanken den Kopf. Nein, daran durfte sie gar nicht erst denken. Sie musste positiv bleiben. Hoffnungsvoll. Dass es irgendwann ein Heilmittel geben würde. Dass man es nur noch nicht gefunden hatte. Dass sie nicht verloren war. Sonst wüsste sie nicht, was sie eigentlich noch tun sollte.
      Mit einem Seufzen schloss sie letztendlich das Buch, schaffte es doch nicht sie abzulenken.
      Diabla war einsam. Ihre Mutter starb als sie jung war, ihr Vater hatte sich schon seit Jahren nicht mehr sehen lassen und als es noch lebhafter in dem großen Anwesen war, hörte sie Gerüchte, dass er nicht mehr zurückkam, weil er den Tod seiner Frau nicht verkraften konnte. Weil er eine neue hatte. Oder weil er in der Fremde gestorben war.
      Aber letzteres konnte nicht der Fall sein. Wer sonst würde ihr all diese liebevollen Briefe und Geschenke schicken, das Geld, mit dem ihre Gouvernante das Anwesen aufrecht zu erhalten versuchte?
      Letztendlich beschloss die junge Frau ihr Zimmer zu verlassen und betrat die Küche, wo der Koch des Hauses, der älter war, als er eigentlich aussah, gerade einen Tee aufsetzte. Als hätte er mit ihrem Besuch gerechnet.
      „Ah, das junge Fräulein! Hättet ihr auch gerne eine Tasse?“, erkundigte sich der rothaarige, dessen Haar jedoch deutlich heller war als ihr eigenes und mehr der Farbe orange glich, trotzdem fühlte sie sich ein wenig mit diesem Mann verbunden.
      Wie oft hatte sie sich schon anhören müssen, sie sei eine Hexe, weil sie mit rotem Haar geboren worden war?
      „Gerne. Kann ich dir bei ihr irgendetwas helfen, mir ist langweilig.“, seufzte die junge Dame und setzte sich an den Tisch, während dem Koch ein schiefes Lächeln auf seine Züge kroch.
      „Ah... ich glaube nicht, dass das...“
      „Hast du Angst, dass ich es wieder vermassel?“, schmollte die junge Frau genervt.
      „Nun, was erwartest du auch? Der Salat war so matschig, dass ich ihn kaum servieren konnte. Mrs. Williams hätte sonst sofort gewusst, dass du die Tomaten geschnitten hast und du weißt doch, was sie davon hält, wenn ich dich in der Küche helfen lassen.“, setzte er ihr den Tee vor die Nase.
      „Das ist nur passiert, weil du mir nicht gezeigt hast, wie man Tomaten richtig schneidet...“, murmelte sie etwas beschämt und wagte es nicht ihm in die Augen zu sehne.
      „Zu meiner Verteidigung: ich wusste nicht, dass man da so viel falsch machen kann.“
      Koch
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      George Smith

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      @Feuermaid
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    • Pollux Vidál

      Die ersten Sonnenstrahlen krochen langsam durch die Fenster des Gasthauses und verkündeten den Anbruch eines neuen Tages. Noch war es still auf den Straßen, doch schon bald würden allerlei Menschen aus ihren Häusern treten, um am alltäglichen Geschehen teilzunehmen, ihren Pflichten nachzugehen und Besorgungen zu machen.
      Pollux Vidál war keiner dieser Leute. So etwas wie Alltag oder Gewohnheit existierte für ihn kaum. Nicht, dass er sich daran hätte stören wollen. Im Gegenteil; der junge Mann genoss den steten Tapetenwechsel, war er doch schon immer recht sprunghaft gewesen.
      Schon Stunden vor dem ersten Vogelgezwitscher hatte er sich damit abgefunden in dieser Nacht keinen Schlaf mehr finden zu können. Stattdessen saß er seitdem in einem alten, durchgesessenen Ohrensessel vor dem Kamin und starrte in die Glut, die nur noch sporadisch darin knisterte.
      Ein zaghaftes Klopfen an der Zimmertür riss ihn aus seinen Gedanken.
      „Die Tür ist offen.“, rief er und wenige Sekunden später schwang die Tür auch schon auf. Ein schüchternes Paar Augen spähte in den dunklen Raum; die Frau des Gasthausbesitzers. Nach kurzem Zögern trat sie schließlich ganz aus dem Schatten und räusperte sich. Sie war noch gekleidet in ihr Nachtgewand und trug die langen, braunen Haare geflochten unter einer Haube. Offenbar war sie noch nicht lange auf den Beinen. In einer Hand hielt sie eine Tasse mit dampfenden Inhalt, die andere umklammerte eine Zeitung.
      „Guten Morgen.“, murmelte sie scheu und stellte beides auf den kleinen Beistelltisch neben dem Sessel, ehe sie rasch wieder nach draußen verschwand.
      Mit einem leichten Schmunzeln sah Pollux ihre nach. Er konnte der Dame nicht verübeln, dass sie sich unwohl in seiner Gegenwart fühlte. Nur wenige Menschen hatten Verständnis für seine Arbeit mit dem Paranormalen, einige verabscheuten ihn sogar dafür. Umso dankbarer war er, dass sie und ihr Mann ihn in ihrem Gasthaus aufgenommen hatten.
      Neugierig griff er nach dem Nachrichtenblatt und schlug es auf. Viel passierte sicher nicht in dieser kleinen Gemeinde, aber es schadete auch nicht, sich mit den hiesigen Gepflogenheiten etwas vertrauter zu machen.
      Seite für Seite bestätigte ihn in seiner Annahme über die Vorhersehbarkeit dieses Ortes und der Schlafmangel der letzten Nacht schien sich nun doch bemerkbar zu machen. Immer wieder entwickelten seine Augenlider ein Eigenleben und drohten zu zu fallen.
      Gerade als er die Zeitung wieder zuschlagen und sich stattdessen seiner dampfenden Tasse widmen wollte, blieben seine Augen an einer unscheinbaren Anzeige hängen. Beinahe hätte er sie übersehen.
      Gesucht wurde die Heilung für ein junges Mädchen mit Adelstitel, dass unter mysteriösen und immer schlimmer werdenden Schwächeanfällen litt. Selbst die zu Hilfe gezogenen Experten schienen ratlos angesichts ihrer Problematik, denn offenbar gab es keinen körperlichen Auslöser dafür.
      Datiert war die Anzeige auf einen Zeitpunkt, der schon mehrere Jahre in der Vergangenheit lag. Bestand das Leiden des Mädchens also weiterhin, oder hatte man lediglich vergessen das Hilfegesuch zu entfernen?
      Dies war nicht die Art Auftrag, die er sonst innerhalb seines Zuständigkeitsbereiches sah, aber irgendetwas daran verursachte ein komisches Gefühl in seiner Magengegend. Er konnte nicht leugnen, dass diese veraltete Anzeige sein Interesse geweckt und ihn in seinen Bann gezogen hatte.
      Warum also der Sache nicht eine Chance geben? Er hatte schließlich nichts zu verlieren, oder? Immerhin lag das beschriebene Anwesen der Familie nicht weit von seinem momentanen Aufenthaltsort und seinen letzten Fall hatte er gestern Abend abgeschlossen. Er hätte sich also so oder so bald auf einen neuen Job einlassen müssen.
      Motiviert schwang Pollux sich aus der gemütlichen Umarmung des Sessels, leerte seine Tasse mit einem Zug und machte sich dann wehenden Saumes daran seine sieben Sachen zusammen zu packen und seine wilden silbrig gesträhnten Haare probeweise zu bändigen. Schließlich musste er präsentierbar aussehen, wenn er einem Adelshaus gegenüber trat.



      Ein paar Tage später:

      Das war es also - das Anwesen der Familie Ainsworth. Er konnte nicht genau sagen, was er erwartet hatte, aber es war nicht das, was er nun vor sich sah. Das Gebäude war groß und in architektonischer Feinstarbeit gebaut, eine wahre Augenweide keine Frage, aber es wirkte geradezu leblos. Pollux hatte sich auf die Anwesenheit wuseliger Diener, Hausmädchen und anderen Angestellten eingestellt. Stattdessen empfing ihn nun eine leere Einfahrt und ein paar dürre Rosenbüsche. Es gab kaum etwas, dass darauf hingedeutet hätte, dass das Haus noch jemandem als Wohnort diente. War er womöglich tatsächlich zu spät gekommen und das Mädchen seinem Leiden inzwischen erlegen?
      Trotz seiner Zweifel schritt er langsam auf die einladende Eingangstür am Ende des Weges zu und nutzte schließlich den bronzenen Türklopfer um sich bemerkbar zu machen. Er konnte hören, wie das Klopfen im Inneren des Anwesens widerhallte.
      "Mister Ainsworth?", rief er in der Ansprache an den vermeintlichen Titelsträger und trat einen Schritt von der Tür zurück. "Ich habe Ihre Anzeige in der Zeitung gefunden. Womöglich kann ich helfen."

      "Dreck an den Schuh'n und Freiheit im Haar -
      Dir eil'n Gerüchte voraus, Flüche dir nach."

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    • Diabla van Ainsworth

      Verwirrt blickte die junge Frau auf, als ein seltenes Geräusch durch das Anwesen ging: der Türklopfer. Der letzte Besuch musste mindestens ein Jahr her sein, ein Ausländer aus dem Osten, dessen ungewöhnliches medizinisches Wissen ihr jedoch ebenfalls nicht weiter helfen konnte, im Gegenteil, Diabla hatte sich von diesen komischen Kräutern nur noch kränker gefühlt, tatsächlich hatte sie sich vielleicht das erste Mal so richtig krank gefühlt, wenn man von den Anfällen absah, denn wenn sie keinen hatte, schien ihr auch nichts zu fehlen.
      „Erwarten wir jemanden?“, wandte sie sich an Smith, welcher jedoch mindestens genauso verwirrt den Kopf schüttelte. Die Lebensmittellieferung war vor einigen Tagen eingegangen, außerdem wurden diese nur am Hintereingang abgestellt... er hatte viel diskutieren müssen, dass man sich überhaupt dazu überreden hatte lassen dem Anwesen so nahe zu kommen.
      Neugierig erhob sich die junge Frau, in Begriff persönlich nachzusehen, wer sich traute dem Anwesen einen Besuch abzustatten, hoffend, dass es nicht wieder irgendwelche Kinder waren, die sich zu einer dummen Mutprobe hatten hinreißen lassen.
      Mrs. Williams musste erst letzte Woche ein Gruppe von jungen Kindern aus ihrem Garten scheuchen, die einen Blick auf die vermeidlich verfluchte hatten werfen wollen.
      Dabei hätte sich Diabla nur zu gerne mit ihnen unterhalten, aber sobald sie aufgetaucht war, waren die Kinder nur umso schneller weg gerannt, wobei Mrs. Williams trotz ihres hohen Alters unglaublich angsteinflößend sein konnte, wenn sie wollte.
      Sogleich erhob sich ebenso der Koch des Anwesens, konnte er das junge Fräulein doch nicht alleine an die Tür gehen lassen, wenn sie es hier mit Fremden zu tun hatten, als die Stimme hinter der Tür verkündete, weshalb der mysteriöse Besucher hier war.
      Wahrscheinlich sollte die Rothaarige glücklich darüber zu sein. Wahrscheinlich sollte sie mit diesen Worten hoffnungsvoll an die Tür rennen, doch sie wusste es besser. Jedes Mal, wenn sie begann Hoffnung zu schüren, dass ihr ein Arzt, selbsternannter Experte oder gar eine Hexe – irgendwann hatte Mrs. Williams angefangen selbst so eigenartige Leute rein zu lassen, sicherlich war auch die alte Frau verzweifelt aufgrund des Zustandes ihres Schützlings – helfen konnte, denn sie konnten es nie.
      „Ich seh mal nach, wer da ist, kannst du Mrs. Williams holen?“, erkundigte sich Smith, doch Diablas Blick verriet ihm sogleich, dass sie ganz andere Pläne hatte und der Rothaarige Mann seufzte mit einem Lächeln. Die alte Frau würde ihm sicherlich den Hals umdrehen, wenn er ohne Erlaubnis der Gouvernante Fremde in das Anwesen ließ, aber wenn es das junge Fräulein selber war, die die Tür öffnete, sollte es doch wohl kein Problem sein, nicht wahr?

      „Guten Morgen. Diabla van Ainsworth mein Name. Ich nehme an in der Anzeige geht es um mich?“, begrüßte sie den Fremden sogleich, nachdem sie die Tür geöffnet hatte, bevor Smith auch nur auf die Idee kommen konnte es selber zu tun und nur im letzten Moment erinnerte sich die junge Dame an ihre Manieren und machte einen leichten Knicks, der wohl etwas ungeschickt wirkte, so selten wie sie die Gelegenheit dazu hatte einen zu machen, und sie sah keinen Sinn darin diese Geste zu üben, wenn sie nicht wusste, ob sie jemals einen Ball oder ein Fest besuchen können würde.
      „George Smith, wie lautet ihr Name und Berufung? Sind sie Arzt?“, erkundigte sich der Koch, hinter der jungen Dame stehend wie ein Wachhund und hob fragend eine Augenbraue.
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    • Pollux Vidál

      Als sich die schwere Tür schließlich öffnete, sah er sich nicht etwa dem Gutsbesitzer gegenüber, sondern einer zierlichen, jungen Frau mit langen roten Haaren, die sich selbstbewusst als Diabla van Ainsworth - die Leidtragende der ganzen Sache - vorstellte. Sie war also doch noch am Leben und wenn Pollux ehrlich war, machte sie auf ihn auch nicht den Eindruck, als Stünde sie an der Schwelle des Todes. Viel mehr schien sie in der Blüte ihres Lebens zu stehen, nichts deutete auf den vermeintlichen Fluch hin, dessen Gemunkel er in den vergangenen Tagen aufgeschnappt hatte.
      Ihr Anblick löste eine alte Erinnerung aus den Tiefen seines Verstandes. Eine Erinnerung, die er eigentlich längst daraus verbannt hatte, weil sie nichts als Schmerz mit sich brachte. Einen Augenblick war er wie vor den Kopf gestoßen, rang um Kontrolle und atmete einmal tief ein und aus, als er sich wieder gefangen hatte. Peinlich berührt strich er sich eine Strähne aus der Stirn und betete inständig, dass die Adelstochter es schlichtweg übersehen hatte.
      Erst als er ihren unbeholfenen Knicks mit einer höflichen Verbeugung erwiderte und zu einer Antwort ansetzen wollte, bemerkte er den hochgewachsenen Mann, der wie ihr persönlicher Leibwächter im Hintergrund lauerte. Auch er stellte sich vor und schien dann fragenden Blickes Pollux' Qualifizierung für die Aufgabe eruieren zu wollen. Seine eigene Stellung im Hause Ainsworth verriet der Rothaarige aber nicht.
      Etwas perplex über das ungleiche Paar vor ihm straffte der die Schultern.
      "Mein Name ist Pollux Vidál. Ich bin kein Arzt, nein.", sprach er dann und beobachtete das Gesicht seiner Gegenüber, suchend nach einem Anzeichen dafür, dass man seine Bemühungen aufgrund dessen bereits als unzureichend erachten würde. "Ich bin mir nicht sicher, ob es eine fachliche Bezeichnung für meine Arbeit gibt. Ich beschäftige mich mit dem Übernatürlichen, also allem, was für den menschlichen Verstand ungreifbar ist." Seine grauen Augen richteten sich auf die Diabla. "Und, mit Verlaub, das scheint bei Ihnen wohl der Fall zu sein, nicht?"

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    • Diabla van Ainsworth

      Fragend legte die junge Frau ihren Kopf schief, als ihr gegenüber sichtlich nach Luft schnappen und sich fangen musste. Hatte er etwa... Angst vor ihr? Hatte er von den Gerüchten gehörte und glaubte nun auch, dass sie verflucht war? Oder eine Hexe? Oder was sonst noch so in der Stadt über sie gemunkelt wurde?
      Vielleicht hätte sie doch nicht selber die Tür öffnen sollen... aber wenigstens war er nicht davon gerannt. Diabla wusste ja nicht, dass sie die Situation vollkommen falsch auffasste.
      Fragend hob der Koch hinter ihr eine Augenbraue, als Pollux verkündete, dass er kein Arzt war.
      Wenn er kein Arzt war, was dann? Aber lange mussten sie nicht auf eine Antwort warten und instinktiv wich die Rothaarige einen Schritt zurück.
      „Das... sie müssen sich irren. Das kann nicht sein.“, gab sie ohne zu zögern von sich, vielleicht viel zu schnell, denn sie wollte nicht wahrhaben, dass ihre Krankheit womöglich keine Krankheit war, sondern ein Fluch. Denn dann stellte sich doch die Frage: wieso?
      Was hatte sie getan, um einen solchen Fluch zu verdienen? Wer hatte sie verflucht? Aus welchem Grund? Und vor allem: wieso hatte dann bisher niemand etwas dagegen tun können?
      Und wenn es kein Fluch war... was dann, wenn es mit dem Übernatürlichen zu tun haben sollte?
      „Es ist einfach nur... eine unheilbare Krankheit. Mehr nicht. Irgendwann... irgendwann wird es schon noch ein Heilmittel geben...“, war Diabla deutlich anzuhören, dass sie die Hoffnung eigentlich schon verließ, aber an irgendetwas musste sie sich doch klammern.
      „... wieso bitten wir den Herrn nicht erstmal rein und dann kann er sich die Sache ja mal ansehen? Einen versuch ist es doch wert, nicht wahr?“, legte Smith lächelnd die Hände auf die Schultern des jungen Fräuleins, im Versuch ihr Mut zu machen und er hatte recht.
      Ein Versuch war es wert. Welche anderen Optionen blieben ihr denn?
      „Kann ich ihnen einen Tee anbieten, Mr. Vidál?“, erkundigte sich der Rothaarige mit einem Lächeln, während die beiden aus dem Weg gingen, damit der angesprochene in das Anwesen eintreten konnte.

      Ein paar Minuten später saßen sich die beiden in einem der Aufenthaltsräume gegenüber, jeweils mit einer dampfenden Tasse Tee und etwas Gebäck, während sich der Koch mit den Worten „Ich seh mal, wo sich Mrs. Williams herumtreibt.“ verabschiedet hatte.
      Smith wusste sicherlich genauso gut wie sie, dass es sich in ihrem Stand nicht gehörte mit einem fremden Mann alleine zu sein, aber solche Regeln wurden mit der Zeit immer nichtiger.
      Es gab nun einmal nicht genug Personal, das immerzu an ihrer Seite sein könnte.
      „... nun? Wie wollen sie herausfinden ob... mein Zustand etwas mit dem übernatürlichen zu tun hat?“
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    • Pollux Vidál

      Die Reaktion auf die Art seiner Spezialisierung überraschte Pollux nicht. Wer weiß, hätte seine Vergangenheit anders ausgesehen, als sie es tat, würde er eine solche Profession vermutlich ebenso ablehnen oder als Scharlatanerei abtun.
      Was ihn jedoch verwunderte, war die Dringlichkeit, mit der die junge Dame sich an den Gedanken einer einfachen Krankheit klammerte. Sicher war er nicht der erste, der an die Möglichkeit einer paranormalen Ursache gedacht hatte. Andererseits, wer war er schon, dass er darüber urteilen konnte, mit welchen Mitteln das Mädchen sich an die Hoffnung klammerte? Sicher war es nicht leicht, jahrelang an ein und den selben Ort gefesselt zu sein, abgeschottet vom Rest der Welt. So schön das Anwesen auch war, auf Pollux wirkte es eher wie ein goldener Vogelkäfig.
      Dankbar nickte er Diablas rothaarigen Begleiter zu und trat zwischen den beiden hindurch ins Innere des Hauses. "Ein Tee wäre wunderbar, ich danke Ihnen.", nahm er das Angebot an und erwiderte das Lächeln des Mannes höflich.
      Während man ihn durch das Gebäude führte, sah Pollux sich aufmerksam um und hielt Ausschau nach Dingen, die ihm einen Hinweis auf die Ursache des Geschehens geben könnten. Erstmal jedoch, schien alles normal zu sein. Das einzige, das ihm erneut auffiel, war die Leere, die in den Gängen herrschte. Wo waren nur die ganzen Angestellten?

      Als das Trio sich schließlich in einem weitläufigem Raum mit hoher Decke eingefunden hatte, verabschiedete Smith sich mit dem Vorhaben eine gewisse Misses Williams aufzusuchen. Ungewöhnlich, dass man eine Adelsdame allein mit einem Fremden zurück ließ, aber dem jungen Außenseiter sollte es recht sein. So konnte er in Ruhe arbeiten.
      "Nun, zwar habe ich Ihre Anzeige sorgfältig gelesen, aber ich würde es gern aus ihrem eigenen Mund hören; Wann haben diese Anfälle angefangen? Gab davor ein besonderes Ereignis oder ähnliches?" Seine Aufmerksamkeit richtete er ganz auf sie. Es war wichtig jede Regung während ihrer Erzählung wahr zu nehmen.

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    • Diabla van Ainsworth

      Mit dem Tee in der Hand legte die junge Frau den Kopf schief, sichtlich über die Fragen des Fremden nachdenkend.
      „Ich... glaube nicht, dass es ein besonderes Ereignis davor gegeben hat...“, überlegte Diabla angestrengt, konnte sich jedoch nicht daran erinnern. Die einzigen Dinge, welche sie als besondere Ereignisse deklariert hätte, waren Jahre vorher geschehen und sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass der Tod ihrer Mutter oder das Aufbrechen ihres Vaters irgendetwas mit ihrer Krankheit zu tun haben könnte.
      „Der erste Anfall passierte vor ungefähr vier Jahren, ein paar Wochen nach meinem 13.Geburtstag. Mir wurde heiß, schrecklich heiß, ich konnte mich kaum auf den Beinen halten, bekam kaum Luft und konnte für einige Stunden das Bett nicht mehr verlassen, doch danach war es auch schon vorbei, als wäre nie etwas passiert. Ein starkes Fieber, die Ärzte konnten es sich zwar nicht erklären, aber meinte, dass es vielleicht durch Stress ausgelöst hätte worden sein. Das nächste Mal passierte es erst ein halbes Jahr später. Ein weiteres halbes Jahr verging, ohne, dass etwas passierte, aber ab da hegte Mrs. Williams, meine Gouvernante, den Verdacht, dass etwas nicht stimmte. Mit der Zeit wurden die Anfälle immer öfter. Alle paar Monate. Jeden Monat. Jede zweite Wochen und heutzutage... passiert es ungefähr alle drei Tage. Nicht auf den Punkt genau, manchmal sind es auch vier oder fünft, manchmal nur zwei oder einer, die Anfälle kommen nicht in einem regelmäßigen Abstand, so dass ich sie vorausahnen könnte... und nicht nur einmal musste ich befürchten, es nicht mehr zu schaffen.“, hielt sie den Henkel ihrer Tee Tasse fester bei der Erinnerung, „Es tut weh. Die Hitze. Viele Ärzte hatten gemeint, dass ich ein solches Fieber eigentlich nicht überleben sollte. Mrs. Williams hat sich einmal an meiner Stirn verbrannt. Ich... weiß nicht, wie das möglich ist und ich... ich habe Angst, dass ich irgendwann doch daran sterbe...“, wurde ihre Stimme leiser und Diabla musste sich erst wieder beruhigen, einmal tief ein und aus atmen und sich in ihrem Sessel zurücklehnen, um es sich bequemer zu machen und sich wieder zu beruhigen.
      „Viele Ärzte haben bereits versucht mir zu helfen, herauszufinden was mit mir nicht stimmte. Kräuterkundler aus dem Ausland, selbst eine Hexe ist hier mal aufgetaucht, aber genauso schnell wieder verschwunden. Sie glauben doch nicht wirklich... dass es ein Fluch sein könnte, wie die Leute sagen, oder?“, lag die Hoffnung nach einem Nein in ihrer Stimme.
      Mit einer Krankheit konnte die junge Frau umgehen. Es war nichts ungewöhnliches. Manche hatten einfach das Pech eine unheilbare Krankheit zu besitzen. Und mit etwas Glück würde ein paar Jahre später ein Gegenmittel erfunden.
      Aber ein Fluch? Wie sollte sie damit umgehen? Was sollte sie dagegen tun? Beten? Noch mehr, als sie es sowieso schon tat? Und was sollte sie getan haben, dass sie soetwas verdient hatte?
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    • Pollux Vidál

      "Haben Sie oder ihre Familie denn jemandem einen Anlass dazu gegeben Sie zu verfluchen?", antwortete er mit einer Gegenfrage und hob dabei eine Augenbraue. Er verkniff sich mühsam ein amüsiertes Grinsen, dass sich während ihrer Erzählung über all die gescheiterten Spezialisten auf seine Lippen hatte schleichen wollen. Nur zu gut konnte er sich vorstellen, dass die Menschen sich anfangs um den Posten des Wunderheilers geradezu gerissen hatten. Wer würde sich auch nicht über den Titel als Held und viel mehr noch ein dickes Preisgeld freuen?
      Einen Fluch hielt Pollux für unwahrscheinlich, von denen hatte er nämlich schon einige kennenlernen dürfen und nichts hier, weder das Haus noch Diabla selbst ließen im Moment darauf schließen. Mit einer alten Fehde oder gar einem Bann hingegen sähe es da schon ganz anders aus. Wesentlich schwieriger aufzuspüren und fummelige Kleinstarbeit die Sache wieder in Ordnung zu bringen. Aber dennoch höchst Interessant, ohne Zweifel.
      Gedanklich versuchte der Grauäugige sich Notizen zu dem Erzählten zu machen. Immer öfter eintretende Schwächeanfälle, Atemnot, extreme Hitzeentwicklung.. Irgendetwas kribbelte in den Tiefen seines Verstandes, nur um direkt wieder zu verschwinden, wenn er danach zu greifen versuchte. Es war frustrierend. Angestrengt trommelte Pollux mit den Fingern auf der Armlehne seines Sitzmöbels herum. Warum nur fiel es ihm heute so schwer seine Gedanken ordentlich zu sortieren?
      "Nein, ich denke nicht, dass es ein Fluch ist.", sagte er schließlich, doch seine Miene war Ernst. "Flüche sind allerdings bei weitem nicht die einzigen, oder gar die gefährlichsten Dinge im übernatürlichen Raum, die an Ihnen haften können, fürchte ich." Langsam ließ er den Blick durch den Raum gleiten, nahm dann einen beherzten Schluck aus seiner Tasse und fuhr dann fort:
      "Ich kann mir vorstellen, dass Ihnen mein Vorhaben nicht sonderlich zusagen wird, Miss.. Aber ich muss einen Ihrer Anfälle sehen, um mir ein Bild davon machen zu können, welche Kräfte hier im Spiel sind."
      Immerhin würden sie nicht lange warten müssen, wenn der Rotschopf die Wahrheit sagte. Diesen Gedanken behielt er allerdings für sich, schließlich besaß er sowas wie Anstand, auch wenn ihm einige Leute einfallen würden, die diese Aussage bestritten hätten.

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    • Diabla van Ainsworth

      „Ich... nicht soweit ich weiß.“, stockte die junge Dame und zögerte für einige Momente deutlich diese Frage zu beantworten. Nicht, weil ihr etwas derartiges, was als Grund hätte herhalten können, eingefallen wäre, oder sie etwas zu verbergen hätte, schlicht und einfach, weil sie sich in dieser Angelegenheit nicht sicher sein konnte. Sie hatte nie die Zeit gehabt, ihre Eltern kennen zu lernen.
      Ihr Mutter war gestorben, als sie gerade einmal drei Jahre alt gewesen war, ihr Vater war kurze Zeit später auf eine Geschäftsreise aufgebrochen und war seitdem nie wieder zurück gekehrt.
      Mehr als die Briefe und das Geld, dass er ihnen täglich schickte, hatte er nicht mehr von ihm gehört.
      Doch er versicherte ihr immer und immer wieder, dass es nicht mehr lange dauern würde. Dass er nach Hause kommen würde. Und Diabla glaubte ihm.
      Auch deswegen durfte sie auf gar keinen Fall dieser Krankheit erliegen, wie würde sich ihr Vater fühlen, wenn er es letztendlich nach Hause schaffte, aber er seine Tochter nirgends mehr fand? Wenn sie vor ihm gestorben war? Bevor er sie ein letztes Mal hätte sehen können?
      Auch Diabla sehnte sich nach ihrer Familie. Und ihr Vater war der einzige, den sie noch hatte.
      Die Rothaarige atmete sichtlich erleichtert aus, als Mr. Vidal meinte, dass es kein Fluch war. Erst jetzt merkte sie, wie angespannt sie aufgrund dieser Frage war. Und wie erleichtert sie nun war, ein Nein von jemandem zu hören, der zumindest behauptete sich damit auszukennen.
      „... nicht das gefährlichste?“, kam es vorsichtig über Diablas Lippen und die Erleichterung schwand so schnell, wie sie gekommen war. Was könnte noch schlimmer sein? Dämonen? War sie besessen?
      Allein bei dem Gedanken begann ihre Hand mit der Tasse zu zittern, weshalb sie sie letztendlich wieder auf den Tisch stellte, aus Angst, sie doch noch fallen lassen zu können.
      „Ich... verstehe.“, nickte sie. Nichts einfacher als das. Ihre Anfälle waren nichts, was sie hätte aufhalten können, selbst, wenn sie wollte und bei so vielen Leute, die sie in diesem Zustand bereits gesehen hatten, fragte sie sich, warum es ihr nicht zusagen sollte.
      Es war ja nicht so, als könnte sie einfach bestimmen, dass es gar nicht er dazu... mit einem Mal spürte Diabla, wie ihr wärmer wurde.
      Hah? Bildete sie sich das nur ein, oder begann der Raum sich zu drehen?
      Nach Luft schnappend, um der Hitze wenigstens mit der kühlen Luft entgegen zu wirken, auch wenn es sich nur wie ein Tropfen auf dem heißen Stein anfühlte, fasste sich die junge Frau an die Brust.
      Ihr Herz raste vor Panik, ihr Gesicht rötete sich, sie begann zu schwitzen und am liebsten hätte sie sich das Kleid vom Leib gerissen, um der Hitze zu entkommen, doch selbst dafür fehlte ihr die Kraft und Diabla konnte nichts anderes tun, als sich vorn über gebeugt an den Stoff ihres Kleides zu klammern, nach Luft ringend, sich darauf konzentrierend nicht vom Stuhl zu fallen, denn es fiel ihr schwer in diesem Zustand zu denken, oder auch nur ein Wort von sich zu geben.
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    • Pollux Vidál

      "Na, na.", sagte der Dunkelhaarige wohlwollend, als das leise Klirren der Tasse ihn auf Diablas Erregungszustand hinwies. Nicht, dass eine solche Reaktion ungewöhnlich für Gespräche wie dieses wären. Doch irgendwie schaffte sie es, Pollux' Mitgefühl zu erwecken. Er war nicht kaltherzig oder boshaft. Aber zumeist kümmerte seine Kundschaft nicht auf einer persönlichen Ebene. An erster Stelle stand zumeist seine Bezahlung. Dass er Menschen mit seinen Bemühungen half, war lediglich ein lascher Bonus in seinen Augen. Die junge Dame mit den roten Haaren und den traurigen Augen jedoch bildete eine Ausnahme, so verloren und einsam wie sie hier wirkte. Auch machte sie den Eindruck wie jemand, der viel zu schnell hatte erwachsen werden müssen. Also versuchte er sie mit den Worten, "Kein Grund jetzt schon den Teufel an die Wand zu malen. Noch habe ich nichts gesehen, dass mir großen Grund zur Sorge machen würde.", etwas zu beruhigen, verschwieg dabei aber das ungute Gefühl, dass ihm mit jeder Sekunde höher den Rücken hinauf kroch.
      Diabla reagierte unerwartet gelassen auf seinen Vorschlag einem ihrer Anfälle bei zu wohnen. Andererseits war er wohl nicht der erste, der ihr eine solche Idee unterbreitete. Eine Zeit lang waren sie und ihre Anfälle vermutlich sowas wie eine Attraktion gewesen. Bis den Experten die Ansätze und den Normalbürgern der Gute Wille ausgegangen war. Nun schien sie nur noch als Geistergeschichte zu dienen, das arme Mädchen.

      Plötzlich, als hätte er es herauf beschworen, fing sie an nach Luft zu schnappen und griff sich panisch an die Brust. Zeitgleich lief sie rot an und schien kaum noch ganz bei sich zu sein. Hastig stellte Pollux seine Tasse ab und griff nach einer ihrer Hände, obwohl er die zunehmende Hitze auch so schon spüren konnte. Es war irre auf welche Temperatur die Haut seines Gegenübers stieg. Noch schmerzte es ihn nicht, aber es würde nicht mehr lange dauern, bis er sie nicht mehr würde berühren können.
      Da sie sich kaum noch auf ihrem Stuhl halten zu können schien, bemühte er sich ihr in eine Position zu helfen, die sie weniger Anstrengung kosten würde. Behutsam legte er ihr eine Hand auf den Rücken und gab ihr mit sanftem Druck zu verstehen, dass sie sich auf den Boden legen sollte. Gleichzeitig fuhr er mit seinem Blick immer wieder über ihren Körper. Irgendwo musste es doch einen Anhaltspunkt darauf geben, was sie plagte. Dunkle Mächte hinterließen immer ein Mal auf dem Körper ihrer Opfer, ein Zeichen des Triumphes, ähnlich einem gehässigen Lächeln.

      "Dreck an den Schuh'n und Freiheit im Haar -
      Dir eil'n Gerüchte voraus, Flüche dir nach."
    • Diabla van Ainsworth

      Während Pollux seine Hand auf ihren Rücken legte, könnte er spüren, dass die Hitze an einem Punkt zwischen Diablas Schulterblättern besonders stark ausgeprägt war, als würde sich diese dort sammeln, oder als wäre es gar der Ursprung der Hitze, die sich durch ihren Körper verbreitete und es ihr immer schwerer machte, sich auf den Beinen zu halten, so dass diese einfach unter ihr nach gaben, als der werte Herr ihr dabei helfen wollte, sich auf den Boden zu legen.
      Diabla hasste diesen Schmerz. Diese Hitze, die ihr den Atem zu rauben schien, mit jeder einzelnen Sekunde unerträglicher wurde, so dass sie sich wünschten, sie hätten tiefsten Winter und sie könnte einfach hinaus gehen und sich in den Schnee legen, um der Hitze zu entkommen, doch sie wusste auch, selbst wenn sie eine andere Jahreszeit hätten, dass ihre Gouvernante ihr das niemals erlauben würde... geschweige denn, dass ihre Beine sie weit genug würden tragen können.
      Wie auf Stichwort betraten die alte Frau und der Koch das Zimmer.
      Erstere stellte erschrocken fest, wie es um ihren Schützling stand und wies Smith an Wasser und eine Decke zu holen. Woher hätte sie wissen sollen, dass letzteres nicht half, dass die junge Dame unter mehr litt, als einem einfachen Fieber?
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    • Pollux Vidál

      Die junge Dame vor ihm bot wirklich einen erbarmungswürdigen Anblick. Das arme Ding konnte sich kaum auf den Beinen halten und sackte einfach in sich zusammen, als wäre mit einem mal sämtliche Kraft aus ihrem Körper gewichen. Zeitgleich rang sie um Luft, während ihre Körpertemperatur ins Unermessliche stieg. Würde er es nicht gerade mit eigenen Augen sehen, könnte er selbst kaum glauben, dass sie Diabla dennoch mit ihrem Leben davon kam.. zumindest bis jetzt. Die Lage war ernst - ernster als er anfangs gedacht hatte. So wie es aussah, blieb ihr wohl tatsächlich nicht mehr viel Zeit. Sie war stark, doch selbst der stärkste Mensch dieses Planeten könnte dieser Prozedur nicht ewig Stand halten.
      Gerade als seine Finger eine besonders heiße Stelle auf dem Rücken der Rothaarigen erspürte und sich nur knapp davon abhalten konnte, erschrocken die Hand in die Luft zu reißen, kam Smith mit der besagten Dame, Mrs. Williams, in den Raum gestürmt. Zwar war Pollux froh darüber, dass Diabla, sobald ihr Anfall vorüber war, bekannte Gesichter um sich hatte, allerdings musste das Bild, das sich ihnen gerade bot einen denkbar schlechten Eindruck bei Mrs. Williams und ihrem Begleiter hinterlassen. Immerhin hatte man ihn nur einen Moment mit der jungen Dame allein gelassen und augenscheinlich schon einen Anfall ausgelöst. Doch jetzt war nicht der Zeitpunkt sich darüber Sorgen zu machen.

      "Ich muss ihren Rücken sehen. Jetzt.", rief er den beiden Neuankömmlingen vorwarnend zu, bevor er sich daran machte, Diablas Kleidung von ihren Schultern zu streifen. Er musste sehen, wo diese unsagbare Hitze scheinbar ihren Ursprung fand.

      "Dreck an den Schuh'n und Freiheit im Haar -
      Dir eil'n Gerüchte voraus, Flüche dir nach."
    • Mrs. Williams

      „Wa-?! Ich muss sie doch nun wirklich bitten! Sie können in ihrem Zustand doch nicht ihre Kleidung öffnen, das arme Ding hat Fieber! Sie braucht die Wärme! Welche Art von Arzt sind sie denn bitteschön, dass sie das nicht wissen?!“, kam es jedoch empört von der alten Dame, um den jungen Mann von seinem Vorhaben abzuhalten. Ihrer Meinung nach konnte er das genauso gut später tun, wenn Diabla nicht gerade wirkte, als würde sie unter Feuer stehen.
      Sie brauchte Bettruhe, eine warme Decke und musste viel Trinken, davon war die alte Frau überzeugt, auch wenn es sich mit ersterem wahrscheinlich schwer tun würde, schien die Rothaarige bereits in einem Zustand zu sein, in dem sie niemand mehr in ihr Zimmer tragen konnte, wenn man keine leichten Verbrennungen riskieren wollte.

      Doch der fremde Mann schien ihr gar nicht zuzuhören, streifte ihr das Kleid von den Schultern und konnte einen Blick auf einen schwarzen Kreis zwischen ihren Schulterblättern werfen, an dem sich scheinbar die Hitze zu versammeln schien.
      Vielleicht wäre nichts besonders daran, man hätte es als Muttermal abtun können, die verstärkte Hitze an diesem einen Punkt als Zufall abtun können, zumindest wenn es sich bei diesem Muttermal nicht um einen abstrakten Kopf mit Hörnern gehandelt hätte, umgeben von einem schwarzen Ring, Zeichen die kaum zu erkennen waren und für das ungeübte Auge nichts mehr als zufälliges Gekrakel wäre, jedoch jenen, die auch nur den Hauch einer Ahnung von diesen Dingen hatten, einen Schauer über den Rücken jagte und jedem deutlich machte, dass das nichts war, mit dem man sich auseinandersetzen wollte.
      Es reichte ein Zeichen oder zwei zu erkennen, dass man es hier mit Dämonen, oder der Hölle persönlich zu tun hatte, etwas in dieser Richtung.
      Auch die Zeichen wurden von einem sauberen Kreis umgeben und damit war das Siegel komplett. Ein fremdes Siegel, das vielleicht einem Dämonen gehören könnte, oder einem anderen Biest aus der Hölle, doch es war so unbekannt, dass es mit einem Blick schwer zu erraten war, wem es gehören könnte.
      Und bevor Pollux einen genaueren Blick darauf werfen konnte, war die alte Dame auch bereits an seiner Seite angelangt und bückte sich, um das Kleid zu richten und damit das Siegel wieder hinter dem Stoff zu verbergen, mit einen warnenden Blick auf den jungen Mann gerichtet.
      Wäre sie ein paar Jahrzehnte jünger, hätte sie vielleicht versucht ihn von der jungen Dame zu ziehen oder sich gar mit ihm anzulegen, doch als alte Frau in ihren siebzigern wusste sie es besser, als sich mit einem jungen Mann anzulegen.
      Es dauerte auch nicht mehr lange, bis Smith mit einer Decke unter dem Arm, einer Kristallkaraffe und einem Glas mit Wasser in jeweils einer Hand den Raum betrat und Mrs Williams machte sich daran die junge Dame des Hauses fast schon mütterlich, aber bestimmt, in die Decke zu wickeln und sie vorsichtig dazu zu bewegen das Glas Wasser auszutrinken.
      Diabla wirkte, als würde sie sich die Decke am liebsten wieder von den Schultern reißen, beließ es jedoch dabei, nachdem die Gouvernante ihr die Decke wieder über die Schultern zog, bestimmter, fester, im Glauben dass es das war, was ihr Schützling brauchte um so schnell wie nur möglich wieder gesund zu werden, doch für das Glas Wasser war die Rothaarige mehr als dankbar und trank geradezu gierig.
      Es tat gut, auch wenn es nicht mehr zu sein schien als ein Tropfen Wasser auf den heißen Stein.
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    • Pollux Vidál

      Er hörte noch, wie Mrs. Williams ihm einen Einwand entgegen rief, doch er hatte den Blick auf Diablas nackte Haut bereits frei gelegt und die Worte der alten Frau rückten in den Hintergrund. Sie waren bedeutungslos im Angesicht dessen, was sich zwischen den Schultern des Mädchens abzeichnete. Unscheinbar wirkte es zuerst, doch bei genauerer Betrachtung, wich ihm das Blut aus dem Gesicht. Das hier war kein läppischer Fluch, keine einfache Hexerei - etwas viel Mächtigeres hatte Anspruch auf sie erhoben. Pollux war sich sicher; das musste die Ursache für Ihre mysteriösen Anfälle sein.
      "Das ist kein Fieber. Jedenfalls kein irdisches..", murmelte er geistesabwesend eine Antwort. "Und weder Ihre wärmsten Decken, noch Bettruhe oder dergleichen werden ihr jemals Linderung verschaffen können."
      Angestrengt starrte er auf den dunklen Kreis, der auf Diablas Rücken prangte. Ein dunkles Siegel, höllischen Ursprungs und nicht das erste, das er sah. Vor langer Zeit hatte er schon einmal ein ähnliches Zeichen gesehen und genau das war es, was ihm nun einen eisigen Schauer über den Körper jagte. Der Fall verfolgte ihn bis heute. Es war der einzige, den er nicht hatte lösen können.. Das einzige Mal, dass er versagt hatte.

      Als Mrs. Williams ihm nur einen Augenblick später den Blick auf das Siegel versperrte um sich um Diabla zu kümmern, ließ er sie gewähren ohne zu widersprechen. Er hatte fürs erste genug gesehen. Er verharrte noch eine Weile auf dem Boden, während Smith und Mrs. Williams fürsorglich um die junge Dame kümmerten. Er brauchte noch einen Moment um sich zu fangen, war aber wieder ganz der Alte, als er sich schließlich erhob.
      "Ich bitte inständig um Verzeihung.", sagte er und neigte höflich den Kopf. "Mein Name ist Pollux Vidál. Ich bin kein Arzt, aber ich befürchte ein solcher wird Ihrem Schützling ohnehin nicht helfen können.", fuhr er an die Ältere gerichtet fort. Offensichtlich lag ihr viel an Diablas Sicherheit und wenn sie ihn als Bedrohung für sie wahrnehmen würde, würde das seine Arbeit und die Überlebenschancen der Rothaarigen deutlich schmälern. Also hielt er respektvollen Abstand, ohne jedoch die junge Dame aus den Augen zu lassen.

      "Dreck an den Schuh'n und Freiheit im Haar -
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    • Mrs. Williams

      Die alte Dame wurde kreidebleich, als sie die Ausführungen des jungen Mannes hörte. Kein... irdisches Fieber? Sie hatte es ja geahnt, denn egal wie gut sie sich um die junge Dame gekümmert hatte, egal wie viele Decken sie stapelte, wie viel Wasser sie sie trinken ließ oder wie viel Medizin sie ausprobiert... nichts schien zu helfen. Nichts außer die Zeit. Nichts außer Ruhe und Schlaf konnten dafür sorgen, dass die Anfälle aufhörten... zumindest bis der nächste kam. Und je kleiner die Abstände, desto mehr sank der alten Frau das Herz und sie musste fürchten, dass man ihren Schützling vor ihr zu Grabe tragen würde, dabei war sie noch so jung... so unglaublich jung.
      Allein ihr Anblick zeriss Mrs. Williams das Herz. Nicht einmal ihre Eltern waren hier, um dem Kind die Hand zu halten und ihr damit wenigstens etwas an Trost zu spenden, ihre Angst zu nehmen.
      Weshalb sie diesen Platz einnehmen musste, so gut ihr eben möglich war.
      Doch so direkt zu hören, dass der Rothaarigen wirklich nichts helfen würde... war niederschmetternd. Dennoch riss sich die alte Frau zusammen. Es würde Diabla nicht helfen, wenn sie sich in Mitleid für das Kind verlor. Sie musste wenigstens den Schein wahren, wenn auch nur, damit die junge Dame des Hauses die Hoffnung nicht verlor.

      Als sich Pollux erhob, um sich offiziell der Gouvernanten vorzustellen, setzte sich auch diese wieder auf und überließ die Rothaarige damit Smith, welcher ein Kissen von einem Sessel stibitzte, um diesen der jungen Dame unter den Kopf zu schieben.
      Es war vielleicht nicht die beste Lösung, die junge Frau auf dem Boden schlafen zu lassen, doch da keiner der im Raum Anwesenden bereit war sich Verbrennungen zuzufügen, musste sie wohl mit dieser Notlösung leben.
      Wenigstens war der Boden mit einem Teppich bedeckt und kein kalter Fußboden aus Holz oder Stein. Glücklicherweise schien weder ihre Kleidung, noch die Decke, das Kissen oder der Teppich von der Hitze beeinflusst zu werden, zumindest brannte nichts.
      Mrs. Williams nahm eine strenge, aber gerade Haltung ein, auch ihr Gesichtsausdruck wirkte nicht gerade freundlich, aber Pollux konnte ja nicht wissen, dass die alte Frau mit dem grauen Haar und dem strengen Dutt immer so aussah.
      Sie musterte den Neuankömmling von oben bis unten, schien jetzt schon ein Urteil über ihr zu fällen. Wenigsten war seine Kleidung sauber und gepflegt. Nicht wie bei so manch anderen Scharlatanen.
      "Wenn sie kein Arzt sind, was sind sie dann? Und wie gedenken sie Diabla zu helfen? Haben sie... irgendetwas heraus gefunden? Wissen Sie etwa, woran Sie leidet?", war die alte Dame ganz Ohr, wagte es jedoch nicht Hoffnung zu fassen. Dass kein Arzt in der Lage war ihr zu helfen, hatte sie bereits schmerzlich feststellen müssen.
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    • Pollux Vidál

      Der junge Mann nahm den abschätzenden Blick der alten Dame nur allzu gut war, doch machte er sich nicht viel daraus. Es war immerhin keine Überraschung, dass sie ihn nicht freudestrahlend und mit offenen Armen empfing. Nicht, angesichts des traurigen Anblickes zu ihren Füßen und ebenso wenig im Hinblick auf die vielen erfolglosen Männer und Frauen, die bereits vor ihm hier gewesen waren. Er ließ sich Zeit mit seiner Antwort, da er wusste, dass sie nicht einfach zu verdauen sein würde. Ähnlich wie die Prognose, die Diablas Zustand erahnen ließ.
      "Ich beschäftige mich mit eben solchen außerweltlichen Vorkommnissen.", sagte er schließlich und deutete mit einem bedauernden Nicken auf das erschöpfte Mädchen. "Auch wenn ich gestehen muss, dass ich lange keinen Fall solchen Ausmaßes mehr gesehen habe." Das war keine Übertreibung; das letzte Mal, dass er sich in einer solch ernsten Lage befunden hatte, war er selbst nichts als ein kleiner Junge gewesen. "Sie wurde mit einem Siegel belegt. Einem sehr mächtigen. Ich hatte schon mal mit einer ähnlichen Sigille zu tun."
      Dass er damals kläglich, bei dem Versuch einen Ausweg aus diesem Leiden zu finden, versagt hatte, behielt er geflissentlich für sich. Er wollte Mrs. Williams ja nicht ihren letzten Funken Hoffnung nehmen. Stattdessen lenkte er die Unterhaltung von sich zurück auf die Betroffenen.
      "Ehrlich gesagt, bin ich höchst überrascht ein solch bösar-, ich meine, starkes Siegel auf dem Körper der jungen Dame zu sehen. Es fällt mir schwer zu glauben, dass sie so einfach in Kontakt mit den dunklen Mächten der Hölle geraten sein soll.. Ist Ihnen, oder ihren Eltern, womöglich ein ungewöhnliches Ereignis in Erinnerung geblieben, bevor die Anfälle anfingen?"
      Pollux wunderte sich ohnehin, wo die Herren des Hauses blieben. Dass der Großteil der normalen Angestellten sich aufgrund der sich immer weiter zuspitzenden Situation das Weite gesucht hatten, konnte er sich inzwischen zusammen reimen. Doch, dass Smith und Mrs. Williams Diablas Fürsorge übernommen zu haben schienen, kam ihm etwas seltsam vor.

      "Dreck an den Schuh'n und Freiheit im Haar -
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    • Mrs. Williams

      „... ein Siegel? Aber... wozu? Welchen Sinn hat dieses Siegel? Und wie kommt es, dass ich es noch nie zuvor gesehen habe?“, war es für die alte, gottesfürchtige Frau nicht gerade einfach diese Neuigkeiten zu verdauen, dem jungen Mann ihr gegenüber gar zu glauben und die Gouvernante teilte die Verwirrung ihres Gegenübers, woher sollte die junge Dame so etwas haben?
      „Nun, ihre Eltern... moment.“, wollte Mrs. Williams gerade die Umstände der Besitzer dieses Anwesen aufgreifen, als ihr bewusst wurde, was Pollux ihr da gerade gesagt hatte.
      den dunklen Mächten der Hölle...
      Hölle? Hatte sie das gerade richtig gehört? Sie konnte nicht anders als instinktiv an ihren Rosenkranz zu fassen, den sie immerzu um ihren Hals trug, und wenn sie vorher schon bleich war, dann wurde sie mit einem Mal kreidebleich und wäre der Koch nicht mit einem Mal an ihrer Seite gewesen, wäre die alte Frau aufgrund solcher Neuigkeiten gar gestürzt.
      Es war schon schlimm genug zu hören, dass Diabla an außer weltlichen Dingen litt, dass sie mit irgendeinem Siegel belegt wurde... aber dann waren es ausgerechnet Mächte der Hölle? Ein Dämon? Oder womöglich der Teufel selbst? Daswar bei weitem zu viel für eine alte Frau wie sie und Smith half ihr dabei sich zu setzen.
      „... ich bringe ihnen ein Glas Wasser.“, bot der Rotschopf an und verschwand damit, während sich Mrs. Williams langsam wieder beruhigte. Vielleicht gab es noch Hoffnung. Vielleicht konnte dieser junge Mann helfen. Auch wenn sie sich beim besten Willen nicht erklären konnte, wie es zu all dem hatte kommen können. Diabla war doch immer ein so liebes Mädchen gewesen...
      „... ihre Mutter... starb an einer unbekannten Krankheit.“, atmete die alte Frau noch einmal tief ein, um ihrer schwachen Stimme wieder zu Stärke zu verhelfen. Mag dies womöglich... irgendetwas damit zu tun haben? Mrs. Williams fürchtete sich darum, was womöglich alles in diesem Haus passiert war, bevor sie hier zu arbeiten begonnen hatte. Dabei hatte immer alles so normal gewirkt.
      Sie nahm die Hände ineinander wie zum Gebet.
      „Die Krankheit besaß nicht die selben Symptome wie jene von Diabla. Es gab keine Anfälle. Weshalb von einer erblichen Krankheit abgesehen wurde. Mrs. Ainsworth hat irgendwann begonnen an Kraft zu verlieren, sie wurde immer schwächer, bis... bis sie das Bett nicht mehr verlassen konnte und irgendwann starb. Es gab keine Heilung. Kein Arzt konnte ihr helfen. Glauben sie... glauben sie ihre Umständen mögen vielleicht ähnlich gewesen sein...?“, ob jemand wie Mr. Vidal sie hätte retten können? Die alte Frau betete dafür, dass die Diablas Mutter sicher im Himmel verweilte.
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    • Pollux Vidál

      "Nun, wie es aussieht, scheint die Sigille besonders prominent zu sein, während der Anfälle. Und in solchen Momenten hatten Sie bis jetzt vermutlich größere Sorgen, als nach ominösen Zeichen auf ihrem Körper Ausschau zu halten, schätze ich. Ganz zu schweigen von dieser unfassbaren Hitze.", beantwortete der Okkultist eine von Mrs. Williams Fragen und runzelte nachdenklich die Stirn. Was den Rest betraf, so war Pollux sich da selbst nicht so sicher. Der Sinn eines Siegels lag darin etwas oder jemanden in einem Gegenstand, oder wie in diesem Fall, in einer Person einzuschließen. Doch warum musste ausgerechnet das so unschuldig wirkende junge Ding als Gefäß her halten; wer hatte sie für diese Bürde auserwählt?
      Was ihm jedoch besondere Sorgen bereitete war die Frage, welche unfassbare Macht in Diablas Inneren gefangen sein musste, wenn nicht mal ein Siegel dieser Stärke sie zuverlässig unter Verschluss zu halten vermochte. Schließlich waren ihre wieder kehrenden Anfälle lediglich die Folge des Bösen in ihr, das scheinbar unerbittlich einen Weg nach draußen suchte.
      Die düsteren Aussichten, die diese Erkenntnis mit sich brachte schien zu viel für die alte Dame, denn jegliche Farbe schwand aus ihrem Gesicht und ließ sie noch einmal um einige Jahre altern. Pollux war froh, dass Smith sofort zur Stelle war um sie zu stützen. Als der Rothaarige aus der Tür verschwand, um ein Glas Wasser zu besorgen, ließ er selbst sich gegenüber von Mrs. Williams auf einem Stuhl nieder und faltete die Hände in seinem Schoß. Mit gedämpfter Stimme und einem Blick auf Diabla versuchte er sein Gegenüber zu beruhigen. "Auch, wenn es gerade aussichtslos wirken mag, noch haben wir nichts verloren. Aber wir müssen so schnell wie möglich handeln und des Übels Ursprung finden, bevor die junge Dame zu schwach ist ihm weiter stand zu halten."
      Anschließend lehnte er sich zurück und lauschte dem, was Mrs. Williams zu erzählen hatte; saugte jede Information auf. Das Schicksal der Dame des Hauses schien ein ähnlich dramatisches gewesen zu sein, wie das, was ihre Tochter nun anzunehmen drohte. Keine Anfälle, aber ebenso unerklärlich und scheinbar unaufhaltsam; bis zu ihrem Tod.
      "Könnte ein trauriger Zufall sein.. Aber in diesem Fall halte ich das leider für unwahrscheinlich. Das Innehaben solch dunkler Energien fordert viel Kraft und zehrt an ihren Wirten. Ich würde also nicht ausschließen, dass Mrs. Ainsworth unter einem ähnlichen Phänomen litt.." Ein flaues Gefühl rumorte in seiner Magengegend. "Was geschah nach ihrem Tod? Und was ist mit dem Vater, ist er ebenfalls ums Leben gekommen?"

      "Dreck an den Schuh'n und Freiheit im Haar -
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    • Mrs. Williams

      Die alte Frau konnte nicht anders als gegenüber den Worten Pollux, die sie aufheitern oder gar beruhigen sollten, zu nicken. Es war noch nicht zu spät. Diabla lebte noch. Und womöglich war dieser junge Mann gerade noch rechtzeitig gekommen... die alte Frau kam sich töricht vor, so viel Hoffnung auf einen Fremden zu setzen, über den sie gar nichts wusste. Der ihr alles mögliche erzählen konnte, eigentlich wusste sie es doch besser. Wie oft hatte man schon versucht die junge Dame des Hauses um ihr Geld zu bringen, mit leeren Versprechungen von Besserung? Doch Mrs. Williams hatte keine große Wahl. Und bisher hatte er auch kein einziges Mal nach Geld gebeten, im Gegenteil. War es gar Sorge, die sie in den Augen des jungen Mannes lesen konnte, während er zu der Rothaarigen blickte, die noch immer fast schon verzweifelt nach Luft rang, um dieser starken Hitze zu entkommen, der man die Schmerzen im Gesicht ablesen konnte wie aus einem Buch?
      Die alte Frau betete dafür, dass Mr. Vidal ihr tatsächlich helfen können würde, auch wenn sie nicht wusste, wie viel ihr Gebete noch bringen würden, wenn sie es mit solchen Mächten zu tun hatten.
      Wieso kam Gott nicht, schickte einen seiner Engel und erbarmte sich dem jungen Ding, das nichts falsches in ihrem Leben gemacht hatte? Und das konnte die Gouvernante, welche fast das gesamte Leben der jungen Dame an ihrer Seite gewesen war, beurteilen, da war sie sich sicher.
      Nicht, dass sie jemals eine Chance gehabt hatte auf die falsche Bahn zu geraten. Wie auch, wenn sie kaum das Haus verlassen durfte?
      Wie Mrs. Williams es befürchtet hatte. Auch ihr Gegenüber hielt die Tatsache, dass das Schicksal der Dame des Hauses etwas mit dem von Diabla zu tun haben könnte, für wahrscheinlich und für einen Moment versank die alte Frau in Gedanken, mit dem Rosenkranz zwischen den Fingern, wie zum Gebet gefaltet, versuchte sie sich an etwas zu erinnern, irgendetwas, was sie damals als nichtig angesehen hatte, was ihnen helfen könnte dieses Rätsel zu lösen. Doch ihr schien nichts einzufallen.
      Nichts, außer der Tatsache, dass...
      „Verzeihung. Das mag vielleicht nichts zu bedeuten zu haben, aber es gab etwas, das mir schon damals ungewöhnlich vorgekommen ist. Obwohl Diablas Mutter im sterben lag, hat sie sich kein einziges Mal darüber beschwert, oder diesen Umstand gar bedauert. Bis zum letzten Moment... hat sie gelächelt. Ich dachte mir, vielleicht wollte sie ihrer Umgebung damit so wenig Probleme bereit wie nur möglich, vielleicht wollte sie aber auch nur ihrer Tochter keine Angst machen... doch da sind diese vier Worte, die mir nicht aus dem Kopf gehen. Es ist besser so. Das hat sie ein paar trauernden Dienstmädchen gesagt, bevor sie uns darum gebeten hat in Zukunft auf ihre Tochter aufzupassen. Es klang fast so... als wüsste sie, dass sie sterben würde.“, richtete die alte Frau nun ihren Blick auf die junge Dame, ihr Blick voller trauer, aufgrund der Erinnerung an die letzten Momenten einer Toten. Vielleicht hätte sie es auch gar nicht erst erwähnen sollen. Was brachte es schon, wenn die Dame des Hauses nun tot war? Selbst wenn sie etwas gewusst hätte?
      „Nach ihrem Tod... nein, ihr Vater ist noch am Leben... zumindest glaube ich das. Kurz nach dem Tod der Dame des Hauses, kaum war die Beerdigung vorbei, ist der Herr auf eine Geschäftsreise aufgebrochen... und ist seitdem nicht mehr aufgetaucht. Er schickt noch immer Geld und Briefe, Geschenke für seine Tochter. Immer wieder beteuert er, dass er schon bald wieder nach Hause kommen würde... doch ist dies nun schon vierzehn Jahre her. Wer weiß ob er wirklich wieder nach Hause zurückkehren wird, oder nicht vielleicht sogar schon Tod ist, wie manche Gerüchte es behaupten, und die Briefe von einem Freund kommen, der darum gebeten wurde uns hier zu unterstützen... vielleicht haben sie die Gerüchte gehört. Manche sagen, vielleicht hat der Herr des Hauses den Tod seiner Frau nie verkraftet... aber wenn dem so ist, was ist mit seiner Tochter? Hätte er nicht wenigstens für sie da sein können?“, seufzte die alte Frau und ihre Schultern sanken, was sie noch älter wirken ließ.
      „Ich wünschte ich könnte ihnen sagen, wo er ist. Ich wünschte wir könnten ihn Fragen, womöglich könnte er etwas wissen. Doch ich fürchte ich kann da nicht weiter helfen.“, wünschte sich die alte Dame wirklich, sie hätte mehr tun können, als die tragische Geschichte dieser Familie zum besten zu geben.
      Mrs. Williams erinnerte sich noch an eine Zeit, wo alles so friedlich, so glücklich gewirkt hatte.
      Ein fröhliches, lachendes Kind, eine Mutter, die sich um das Kind kümmerte, als gäbe es nichts wichtigeres in ihrem Leben, so sehr, dass sich die alte Frau oftmals gefragt hatte, wozu sie überhaupt eine Gouvernante brauchte, wenn sie sich selber um das Kind kümmern wollte. Ein liebevoller Vater, der mit Geschenken von seinen Geschäftsreisen wieder kam.
      Und nun... war davon nicht mehr übrig, als eine junge Frau ohne Familie und mit einem Siegel, das wer wusste schon was versiegelte und ihr womöglich noch das Leben kosten könnte.
      Was ist nur schief gelaufen?
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    • Pollux Vidál

      Konzentriert lauschte Pollux dem, was die besorgte Gouvernante über die Familienumstände ihres Schützlings zu erzählen hatte. Das alles klang mehr als ungewöhnlich in seinen Ohren. So wie es sich anhörte, schien die verstorbene Dame des Hauses von ihrem nahenden Ende gewusst und es geradezu herbei gesehnt zu haben. Aber wieso? Welche liebende Mutter, und das schien sie gewesen zu sein, fürchtete sich nicht vor dem Gedanken ihr Kind zurück zu lassen. Sicher hatte sie damals nicht geahnt, dass auch ihr Gatte sich bald nach ihrem Tod aus dem Staub machen und Diabla elternlos zurück lassen würde. Dennoch konnte der junge Mann sich kaum vorstellen, was sie zu einer solchen Gleichgültigkeit dieser Tragik bewegt hatte.
      "Ich denke, Sie haben Recht, Mrs. Williams.", stimmte er ihr zu. "Mrs.' Ainsworths Verhalten vor ihrem Ableben ist alles andere als üblich.. Besonders wenn man bedenkt, wie ähnlich ihr Leiden dem ihrer Tochter war. Und dann auch noch das Verschwinden des Herren... Meiner Meinung nach stimmt da etwas nicht."
      Natürlich hatte Pollux schon viele Väter gesehen, die sich nur während öffentlicher Affären um ihren Nachwuchs kümmerten und sich abseits davon kaum geringeres Interesse hätten aufbringen können. Sein eigener bildete da keine Ausnahme. Aber dem harmonischen Bild, dass Mrs. Williams ihm beschrieben hatte, passte einfach nicht dazu. Selbst in Hinblick auf einen solch schrecklichen Verlust wie den, den Mr. Ainsworth erleben musste, so war ein übereilter Aufbruch ins Blaue dennoch eine höchst unkonventionelle Art und Weise damit umzugehen. Die meisten Adelsmänner suchten Trost eher in Alkohol und freizügigen, jungen Dingern.
      Der Okkultist konnte sehen, wie angeschlagen die ältere Dame von diesem Thema war. Sie schien aufrichtig an diesem Anwesen und dessen Besitzern zu hängen. Offensichtlich war sie eine der letzten früheren Angestellten des Hauses, die nicht das Weite gesucht hatten. Stattdessen kümmerte sie sich, vielleicht etwas zu überfürsorglich, aber mit der Gewissenhaftigkeit einer Glucke um die mehr oder weniger verwaiste Rothaarige.
      "Wie lange dauert es zumeist, bis sie wieder einigermaßen bei Sinnen ist?", fragte er mit gesenkter Stimme und wechselte damit das Thema. Pollux hielt es für das Beste, die Sache erstmal auf sich beruhen zu lassen und später, wenn sich die Gemüter etwas abgekühlt hatten, etwas nach zu forschen. Jetzt widmete er seine Aufmerksamkeit vorerst wieder dem armen Mädchen, dass seinen Anfall hoffentlich bald überstanden hatte. Kaum vorzustellen, wie schmerzhaft diese sein mussten.

      "Dreck an den Schuh'n und Freiheit im Haar -
      Dir eil'n Gerüchte voraus, Flüche dir nach."