Flirting with death [ Attari & Chaennie ]

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    • Salem hatte für die anderen beiden Personen im Raum nicht einmal einen Blick über. Seine Aufmerksamkeit war voll und ganz auf den Vampir gerichtet, der vor ihm in die Hocke gegangen war und dessen Blick er nun erwiderte. Wie konnte ein so grausamer Mensch mit solch einer schönen Augenfarbe wie Gold gesegnet sein?
      Als würde süßer Honig durch seine Irden wabern, nur war der Blick weder zuckrig noch mochte er die Schönheit der Farbe zu fassen. Und obwohl sich das Gesicht des Vampirs auf seine Antwort hin aufhellte, erkannte Salem keinerlei Regung in dem Gold. Wie es wohl war, mit beiden Augen sehen zu können und nicht eingeschränkt zu sein?
      Als der Vampir herumwirbelte und sich sein Gesicht aufhellte, zuckte Salem aufgrund der plötzlichen Bewegung zurück. Er hatte bereits damit gerechnet, wieder angepackt zu werden, doch noch blieb ihm ein Moment der Zeit, zu verschnaufen. Die beiden Personen, unter anderem der Verwalter, verließen auf den Wunsch des Vampirs hin den Raum und sie blieben alleine zurück. Salem sah die Gestalt des Wesens wortlos an, welches sich nun zu ihm umdrehte und ihn an den Ketten hochriss. Ungelenk und mit Schmerzenslauten, die er nicht unterdrücken konnte, folgte Salem dem Zug. Tränen rannen seine Wange hinab, als er unachtsam nach vorne geschubst wurde.
      So gerne er nicht geweint und es unterdrückt hätte, so wenig war es ihm möglich. Er hatte den Anderen darum gebeten, ihn angefleht wie er damals um sein Leben gefleht hatte. Doch der Vampir schien keinen Funken Respekt vor anderen zu besitzen und er war auch nicht darauf aus, Salem die Zeit hier zu erleichtern. Dem Blonden wurde das immer wie mehr bewusst. Er hatte eine naive Art und Weise an sich, wurde oft deswegen ausgenutzt. Aber die meisten, die mit ihm spielten, waren erst freundlich zu ihm. Auch wenn es eine falsche Nettigkeit war, eine die andere normalerweise erkannten und Salem nicht, es war ihm egal. Aber in diesem Schloss begegnete er nur Ablehnung, er wurde herumgestoßen wie ein lebloses Stück Fleisch und seine Seele war nichts wert.
      Es war Salem nicht möglich, falsches Vertrauen zu fassen oder erneute Hoffnung zu finden. Der Blonde stolperte auf das Sofa zu, kam dem Befehl nach und setzte sich auf die weichen Polster, die wahrscheinlich mehr wert waren als es seine gesamte Existenz je gewesen waren. Der ehemalige Magier biss sich auf die Unterlippe, spürte schon bald wie sich der metallische Geschmack von Blut auf seiner Zunge breit machte. Den Blick hielt er gesenkt auf seine Hände im Schoss, auf den Ketten, die sich in sein kaum vorhandenes Fleisch schnitten und unter deren Eisen seine Haut sich blauviolett verfärbt hatte wie ein stürmischer Abend im Sommer. Es passte nicht zu ihm. Alles hier passte nicht zu ihm.
      Der gewaltsame Tod, die protzigen Portraits, die teuren Kleider, die exklusiven Lebensmittel. Aber vor allem das viele Blut, die Verletzungen, die Demütigungen, das fehlende Leben und der nicht vorhandene Respekt, die Intoleranz, wie mit ihm umgegangen wurde. Salem war Sonnenschein, er war das strahlende Gelb einer Sonnenblume, er war tanzende Sterne auf weicher Haut, eine trostspendende Umarmung. Aber all dies wurde ihm hier genommen. Selbst als er sich auf der Straße mittels Prostitution durchs Leben gekämpft hatte, hatte er nie sein Lächeln verloren. Seit er hier war, hatte er noch nie auch nur den Ansatz eines solchen gezeigt. Salem wusste, dass er dabei war sich zu verlieren. Und dass er nicht hier und jetzt wieder umgebracht wurde, war Zeichen dafür, wie wenig Gnade man mit ihm hatte.
      Er war nicht dumm genug zu glauben, als Sklave hätte man ein schönes Leben. Aber er war eben blauäugig genug gewesen zu hoffen, man würde ihm wenigstens ein kleines bisschen entgegenkommen. Stumm starrte Salem noch immer auf seine Hände hinab, wartete auf einen weiteren Befehl des Vampirs, dessen Namen er nicht einmal wusste. Bald würde es hoffentlich vorbei sein...

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    • Das rote Sofa schmiegte sich an das herabgelassene Gewicht. Das Polster aus feinem Samt besessen von einer nicht recht dorthin passenden Figur. Vergnügtes Kind setzte sein neues Spielzeug zur Schau, stolz einen Blick darauf lassend… Hyacinthe fuhr sich ein wenig nachdenklich über das Kinn. Obwohl man ihn gewaschen hatte und neue Kleider gegeben hatte, passte etwas nicht. Sein Eigentum saß da, achtlos in der Ecke, als hätte der Müller sein Mehl dort abgestellt. Sein angsterfüllter Duft schmiegte sich stetig in die Nase des Sprosses. Es war eine vertraute Note vermischt mit dem Unwillen an diesem Leben zu halten. Er betrachtete, wie jener Sklave sich auf die Lippe bis und der Saft des Lebens aus der spröden Haut hervorquoll. Züge des rotes mischten sich auch in die Augen des vampires, als er sich vorlehnte, eine Hand gestützt auf die Armlehne des Sofas und die andere auf die Wange seines Spielzeuges legte.
      „ Lass das!“, grummelte er. Sichtlich unerpicht über diese Tatsache. Sein Gesicht kam näher, die Augen wurden roter, als er leicht grinste. Ehe der Sklave sich versehen konnte, fuhr die raue Zunge über dessen trockene Lippen. Dieses Blut war das Seine!
      Ein feines Rinnsal quoll die Kehle Hyacinthes hinab. Er genoss den kurzen Moment der Erquickung. Welch schönes Gefühl… welch schönes Gefühl… Er misste den Rausch, den es bringen würde nun seine Hand in diese Kehle zu jagen und sich an dem Blut darunter zu laben. Der stetige Schlag des Herzen erfüllte seine Ohren. Kraftvoll schlug es unter dieser Haut… Seine zweite Hand erreichte nun ebenfalls die Wange des Anderen, sie verweilte nur kurz und wanderte schon bald zu seinem Herzen.
      Hyacinthes Gesicht nahm Abstand. Er leckte seine Lippen, während er weiterhin stumm beobachtete.
      Dieses Gefühl…
      Seine kalte Haut war war, geworden. Sein kaltes Blut in Wallung gekommen.
      ja… da ist es!
      Nun ließ auch seine andere Hand, die den Blick des Sklaven in seinen gezwungen hatte, ab. Sie fuhr ebenfalls tiefer, verblieb jedoch auch an seinem Herzen. Er lauschte einen Moment… Ehe er den Blick wieder hob. „ Die passen nicht zu dir…“, sagte er dann voller Euphorie und verendend in einem Grinsen, welches seine weißen Zähne zeigte. Seine Hände fuhren auf die Ketten, N welchen er einmal mehr achtlos zog.
      Was folgte, war kein Akt von Kraft: er legte seine eine Hand um das enge Eisen. Wie durch einst auch die Haut des Sklaven, fuhr seine Krallen hindurch. Klirrend fiel das Eisen zu Boden und ließ nur die geschundene Haut zurück. Er wiederholte dies, sodass er letztlich zwei Hände in seinen eigenen hielt. Hyacinthes Augen glitzerten wie die eines kleinen Kindes, als er beide zu seinem Gesicht führte und seine weiße Haut darin versenkte. Sein Atem ging schwerer, mit jeder Sekunde, die er so da stand.
      Eigenrlich hatten Vampire wie er es nicht nötig zu atmen. Es war wie das schnurren einer Katze. Eine unnötige Handlung, die Sie tätigen, wenn sie sich wohl fühlten…

    • Angst war für Salem das Schlimmste aller Gefühle. Denn keine Emotion kontrollierte ihn so sehr wie die Furcht. Keine andere Empfindung drang mit so viel Macht in sein Herz, auf den innersten Grund seiner Seele. Ein Zittern ging durch seinen viel zu dünnen Körper und Salem biss sich fester auf die Unterlippe, spürte wie sie aufsprang und saugte an ihr, schmeckte das Blut auf seiner Zunge wie ein drohender Vorbote seines Schicksals. Wann würde es ihn einholen? Früher oder später, er konnte es nicht sagen, es war eine Wette, die er nicht zu spielen wagte.
      Eine kalte, leblose Hand legte sich auf seine Wange, unerfreute Worte wurden an ihn gerichtet. “Was?”,fragte der Blonde mit leiser, emotionsloser Stimme. Er wusste nicht, wovon der Andere sprach. Die Tragweite seiner eher unbewussten Aktion wurde ihm erst bewusst, als der Langhaarige sich vorbeugte. Ehe Salem sich versehen konnte, hatte der Vampir mit seiner Zunge über seine Lippen geleckt. Salem zuckte zusammen und spannte seine Schultern an. Sein Blick war nach oben gewandert und hatte sich auf das Gesicht des Anderen gelegt, der ihm nun wahnsinnig nahe war.
      Der Vampir berührte ihn weiterhin. Erst mit der zweiten Hand ebenfalls auf seiner Wange, dann wanderte sie herab und legte sich auf seine Brust, auf die Stelle unter der sein Herz schlug. Einsam, traurig, hoffnungslos. Konnte der Langhaarige dies spüren? Salem beobachtete ihn, spürte noch immer seine Zunge auf seinen Lippen während er ihn musterte und versuchte zu verstehen, was hier gerade passierte. Der Vampir erwiderte seinen Blick, beoabchtete ihn stumm und Salem wünschte sich, er würde ihn mit beiden Augen sehen können. Er war zu schön für diese Welt. Haut so weiss wie Schnee, eine ryoale Blässe die sich von den blonden Haaren abzeichnete. Seine Gestalt war gut gebaut, seine Gesichtszüge so schön, dass es wehtat.
      Wären da nicht diese roten Augen, die Salem so sehr Angst machten und der Charakter des Vampirs. Salem war sich sicher, dass ihm die Welt zu Füssen liegen würde. Er würde es sich nicht einmal erzwingen müssen. Aber die Geschöpfe der Nacht schienen sich an der Angst und der Verzweiflung anderer regelrecht zu laben. Ob es für sie ein Ersatz darstellte für das Blut, welches sie konsumieren mussten um zu überleben? Verfielen sie in einen Art Rausch, wenn sich jemand vor ihnen fürchtete? Salem konnte sich sogar vorstellen, das dann das Blut besser schmeckte. Aber was wusste er schon?
      Er war nur ein verstossener Zauberer, der nun als Sklave für seinen Tod bettelte.
      Nun liess auch die zweite Hand des Vampirs von seinem Gesicht ab und legte sich an an sein Herz. Salem schluckte leer. Ob er es ihm herausreissen würde? Konnte er überhaupt wiedergeboren werden, wenn es ihm entfernt wurde? Salem wusste, dass diverse Organe nachwachsen konnte und er dafür einfach Tage brauchte, wenn nicht Wochen. Aber war es auch möglich wieder zu erwachen, wenn ihm das Herz fehlte, so ein wichtiger Bestandteil seines Körpers? Er konnte es sich nicht vorstellen und plötzlich sah er es als schnellen Ausweg aus dieser fürchterlichen Situation. Hoffnung schimmerte in Salems Auge auf, die der Vampir aber nicht sehen konnte, der den Blick gesenkt hatte. Die passen nicht zu dir., sagte jener nur und Salem sah ihn verwirrt an. Er hatte keine zwei Herzen.
      Doch dann, in schnellen Bewegungen, klirrten die Ketten und keinen Moment später waren seine Hände davon befreit. Eine Welle der Erleichterung rollte durch Salems Körper, so stark, dass er darunter erzitterte und ein wenig in sich zusammensackte. “Danke.”, murmelte er, seine Stimme kaum mehr als ein Beben. “Danke, danke, danke.” Das Gesicht des Vampirs schmiegte sich an seine Hände und Salem, weinend wie er war, konnte den Blick nicht mehr von ihm lösen. Er verstand dieses Geschöpf nicht, noch weniger die Stimmungsschwankungen, die der Vampir zu haben schien. Vorsichtig, als getraue er sich erst gar nicht, strichen Salems Daumen sanft über die Wangen des Vampirs. Immer und immer wieder, während der Langhaarige herabgebeugt stand und seine Hände an seinem Gesicht hielt.
      Wie konnte ein so grausames Geschöpf so weiche Haut haben?
      Ein Tropfen Blut perlte über Salems Lippe, rann sein Kinn herab und fiel schliesslich auf die schöne Kleidung hinab, aber Salem hatte dafür gerade keine Aufmerksamkeit übrig. “Wie...”, begann er zögernd. “Wie fühlt sich Hunger für dich an?”, fragte er dann zögernd, mit leiser und brechender Stimme. Aber es interessierte ihn wirklich. Wie war es Hunger zu haben und nur trinken zu können, um sich selbst zu sättigen. Musste das nicht schrecklich sein?

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    • Des reinen Blutes Atem ging langsam und ruhig. Sein Gesicht passte perfekt in die kleinen Hände seines Sklaven. Die Haut des Naderen war von leicht rauer Natur, nicht weich und gepflegt. Trotzdem von einer lebendigen Wärme untermalt. Soetwas besaß ein Vampir nicht. Die Geschöpfe, weder lebend noch über die Schwelle des Todes getreten, lebten ohne zu leben. Die Atmung, ein schlagendes Herz, war eine unbekannte Anstrengung für sie.
      Hyacinthe le Amimain war ein besonderer Fall. Er hatte nie gelernt es zu kontrollieren. Sein Herz schlug, wenn er wütend war und sein Atem ging sanft und flach, wenn er sich wohlfühlte. Die unkontrollierten Reaktionen seines Körpers waren ein Spiel seiner einzigartigen Natur. Der Zustand, in welchem er geboren wurde, widerlegte sich den gängigen Gesetzen der Natur. Ein Wesen wie das reine Blut sollte es nicht geben können. Nichts totes sollte neues Leben kreieren können… Und dennoch, die Vereinigung der Sirene und Gregoires lebte, irgendwie…
      „ Danke, danke, danke.“
      Die Stimme des Sklaven erklang. Der freudige Untertöne machte der Müdigkeit in seinem Ausruf Konkurrenz. Hyacinthe vernahm eine sanfte Note der Entlastung. Die Muskeln des anderen entspannten sich teils und der Duft der Angst wurde übertönt. Es war angenehmer für die feine Nase des jungen Lords. Weniger penetrant… Er hatte seine Augen geschlossen, sich ganz den anderen Sinnen hingegeben. Erst als er einen sanften Griff auf seinen Wangen vernahm, offenbarte er das Gold wieder dem Licht. Stumm betrachtete er, wie unter seinem aufmerksamen Blick der Andere einen leichten Schock erfuhr und dennoch die Bewegung nicht aussetzte. Er machte es wieder. Vom Haaransatz auf seinen Backen in die Mitte der Wange, fuhren die Daumen.
      Hyacinthe blinzelte.
      Dieses Gefühl…
      Die Züge seines Gesichts sackten für eine Sekunde ab. Das wache Funkeln entwich den Augen. Sehend nach mehr dieser lebendigen Nähe, schmiegte er sich einseitig stärker in die Hand, während er langsam in die Hocke absackte. Sein Blick folgte dabei dem Blutstropfen. Er machte keine Anstalt den wertvollen Lebenssaft aufzufangen.
      Sein Blick glitt wieder hinauf, als er die Frage vernahm.
      Hunger? Für ihn…?
      Hyacinthes Blick fixierte den Riss in der Lippe des anderen. Wieder einmal quoll Blut daraus und der Duft wurde prägnanter. Er verlor den Fokus für alles andere, fühlte wie sein Herz zu schlagen begann und Schweiß sich bildete... Er schloss seine Augen, atmete tief aus. Dieses Mal fixierte er den leeren Ausdruck im Auge des Sklaven.
      „ Wie ein Messer…“, er grinste leicht, sodass seine Zähne zu sehen waren. „… Der süße Duft macht einen verrückt…“ Er griff nach einer der Hände, in welcher nicht das Gewicht seines Kopfes lag und führte sie zu seiner Brust. Sein Herz pochte, obwohl es keine Funktion hatte. „ Es ist aufregend… Die Erwartungen steigen…“ Er kam dem anderen wieder näher, leckte zärtlich den frischen Tropfen von dessen Lippen. „ … Das Verlangen ist unaufhaltsam…“, seine Stimme war leiser geworden. Hyacinthe legte seine Lippen auf die des Sklaven, wobei jener die spitzen Zähne spüren dürfte. Er nahm ein paar Schlücke aus der kleinen Öffnung und löste sich wieder.
      „ Es macht einen wahnsinnig…“, sprach er. Das pochende rot fest auf dem anderen liegend. Sein Grinsen verschwand, als er die Hände des anderen wieder auf seine Wangen führte. Er schloss seine Augen unter dessen Berührung und verbarg die bedrohliche Farbe. „ … Es ist unerträglich!“

    • Der Vampir sackte vor ihm in die Hocke und Salem lehnte sich etwas vor, damit er den Anderen weiterhin streicheln konnte. So surreal die Situation gerade war, der Blonde war darin gefangen, sie auf sich zukommen zu lassen. Er konnte sich nicht dagegen wehren. Stattdessen strichen seine Daumen weiterhin sanft über die weichen Wangen, liebkosten die Blässe. Er beobachtete, wie der Vampir scheinbar mit sich zu kämpfen hatte, bevor sich sein verzerrter Blick wieder auf Salem legte, der ihn erwiderte.
      Hm, wie ein Messer also... Brennender Schmerz, so würde Salem es wohl am ehesten bezeichnen. Stichverletzungen fühlten sich an, als würde Feuer in die offene Wunde gegossen werden. Das Grinsen konnte Salem nicht erwidern. Ihm was das Lachen längst vergangen und außerdem spielte es ja eh keine Rolle, was er tat. Er war lediglich eine Spielfigur auf einem Schachbrett, ein armer Bauer, der da war, um den König zu schützen und ihm mit seinem Leben zu dienen. In diesem Fall war der Vampir der König.
      Der Andere legte den Kopf leicht schief, drückte sich in seine Berührung und griff nun nach der anderen Hand, führte sie zu seinem eigenen Herzen herab. Salem zuckte leicht zusammen, als er den ersten Schlag fühlen konnte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass das Herz des Vampires schlagen würde und doch pumpte dieses Organ Blut durch seinen Körper als wäre er am Leben und nicht ein untotes Geschöpf der Nacht. Verwundert sah Salem ihn an, aber einmal mehr wurde er von der Schnelligkeit des Anderen überrascht.
      Ehe er sich versehen konnte, lagen Lippen auf der seinen, aufgeplatzten. Salem konnte spüren, wie der Andere an ihm saugte, wie Blut seinen Körper verließ und wie seine scharfen Zähne über seine weiche, dünne Haut schabten. Salem verspannte sich etwas, machte sich auf alles gefasst. Als aber nichts weiter Schlimmes passierte und der Vampir sich wieder von ihm löste, um die Hände des Blonden zurück an sein Gesicht zu führen, entspannte jener sich wieder. Kaum berührten seine Hände wieder die weiche Haut, machte er sich erneut daran über die Wangen zu streicheln, als hätte er nie etwas anderes getan.
      “Hast du jetzt gerade Hunger?”, fragte Salem flüsternd und musterte den Vampir aufmerksam. Jener hatte die Augen geschlossen, lehnte sich wiederum in seine Berührungen. Salem zögerte, bevor er auf dem Sofa etwas vorrutschte und nicht länger wie ein lebloser Sack auf dem edlen Material hing. “Wenn du Hunger...Durst hast, dann bitte trink.” Es war schrecklich Hunger oder Durst zu leiden und die Bedürfnisse nicht stillen zu können. Salem wusste dies aus erster Hand und auch wenn er diesem Vampir nichts schuldete, wollte er ihn dennoch nicht so sehr mit sich kämpfen lassen. Dabei war Salem gerade naiv genug zu glauben, es wäre für den Anderen tatsächlich eine schreckliche Situation. Salem konnte nicht unterscheiden, dass der andere mit dem goldenen Löffel im Mund aufgewachsen war, während er selber gelernt hatte Liebe von Messerspitzen zu lecken und sich durchzukämpfen.
      Der Blonde legte den Kopf schief, erneut hielt er unsicher inne, bevor er ein weiteres Mal seine Unterlippe zwischen die Zähne zog. Er zögerte, nur kurz. Dann biss er sich so fest darauf, dass der Riss noch weiter aufplatzte und Blut daraus hervorsprudelte. Salem zog zischend die Luft ein, ein scharfer Schmerz durchzog ihn und eine weitere Träne rollte über seine Wange. Blut rann über sein Kinn als er die Lippe freigab. Seine Zähne waren rot verfärbt, Schmerz spiegelte sich in seinem gesunden Auge wider, während das Blinde ausdruckslos, wie immer nur von dieser milchigen, weißen Leere erzählen konnte. “Trink.”, forderte Salem den Vampir auf, ließ die Daumen nun ruhen. “Mein Leben und damit auch mein Blut ist sowieso das deine. Du solltest dich nicht zurückhalten, wenn du Bedürfnisse hast.” Er würde schon nicht daran sterben, wenn er ihm nicht wieder bis auf den letzten Tropfen alles aussagte. Und selbst wenn...er hatte noch einige, jämmerliche Leben vor sich.

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    • Hunger empfand er als ein abartiges Gefühl. Es bohrte sich in jede Faser seines Körpers, jagte ihm den kalten Schweiß in Gesicht. Verzichtete seine Rasse zu lange, wurde es brenzlig. Ihre Wahrnehmung wurde gestört, ein Tunnel, fokussiert auf die Jagd und das Blut. Letztlich waren auch Vampire nur Monster, die jagten… Eben um zu überleben.
      Der Spross des reinen Blutes schmiegte sein Gesicht wieder in die raue Hand. Unaufhaltsam hatten die Daumen des Sklaven die zarte Streichung dieser wieder aufgenommen. Es machte ihm nicht, auf diese Art berührt zu werden, immerhin waren die Hände gesäubert worden und verströmten nun den Duft des frischen Wassers und der Parfüme, die man in die Kleidung gab. Die Bediensteten des Hauses waren bedacht, den jungen Lord nicht zu erzürnen. Sie trugen Sorge, seine Sinne nicht zu Fluten und ihm möglichst alles angenehm zu gestalten. Seine Grausamkeiten hörten immerhin nicht bei den Menschen auf…
      Der Sklave entspannte sich wieder. Sein rasendes Herz hüpfte kurz, ehe es sich dem Rhythmus der Streichung anglich. Auch Hyacinthes Atem folgte jenem. Ruhig und langsam… ein Moment der Innigkeit unter Fremden.
      Bei der Frage schlug er die Augen auf. Ihre goldene Farbe war nicht verblasst. Ruhig, wie die untergehende Sonne am Horizont lag sie auf dem anderen. Seine Lippen blieben geschlossen. Die Stimme des anderen war so rau wie dessen Hände… Leise und zurückhaltend, als hätte er nie gelernt jene zu erheben…
      Er blieb ruhig, musterte den anderen weiter.
      schwarz mischte sich in den Blick, dessen missmutige Natur bewunderte, wie ded andere seinen Lebenssaft offerierte. Sein Blick verengte sich mehr, rot trat auf die Bühne. Instinktiv bleckte er die Zähne, hob seine Hände… Auch Hyacinthe selbst erhob sich. Ein fassungsloser Blick auf seinem Sklaven liegend. Seine Lippe bebte, während die Hand zur Faust wurde. Fest genug hielt er sie zu, dass sich die Haut verfärbte.
      „ Du stinkst!“, fauchte er angewidert. Er hasste den Geruch des Leidens und der Schmerzen. Seine Klauen griffen in die Blonden Haare des anderen. Sie waren matter als sein eigenes, glänzten weniger und wirkten eher wie Heu. Er zog daran, des Sklaven Kopf in den Nacken. Sein Gesicht zu einer Grimasse verzogen, die sich nicht scheute sich mit den zähen zu schmücken, blickte er abwartend herab. Er ließ vom Haar ab. Seine Hände glitten über die Schultern herab, hinab zu den geschundenen Handgelenken. Er legte seine Krallen dahin, wo vorher die Fesseln gelegen hatten. Direkt auf die wunde Haut.
      Er kann sie nicht mehr benutzen, wenn ich sie breche…
      Hyacinthes Pupillen glitten hoch. Das Blut quoll noch immer hervor.
      Was für eine Verschwendung…
      „ Was maßt du dir an, mein Eigentum zu verschwenden?!“, fauchte er. Er kam näher, packte dabei fester zu. Seine Zunge fuhr über die Lippen des anderen. Ein inniger Kuss, hätte ein Betrachter mutmaßlich denken könne. So lehnte Hyacinthe sich dem anderen entgegen und nahm sich, was das seine war. Er trank was kam. Es quoll warm in seine Kehle hinab, trieb den Herzschlag einmal mehr in die Höhe. Was für ein gefühl…
      Erst als nichts mehr geflossen kam, ließ er ab. Den Mundraum des anderen wortwörtlich leer geleckt. Er hielt noch immer die Handgelenke fest. Sein Blick wanderte über diese hinab zu den Beinen.
      Er grinste.
      Das sollte genügen…
      Fröhlich summend begann er. Seine Krallen ließen von den geschundenen Gelenken ab. Er ging langsam in die Hocke, ebenso wie zuvor, bevor der Andere sich ihm offeriert hatte. „ Mach das nie wieder…!“, brachte er zwischen den Strophen hervor. Seine Krallen umfassten den Fuß des anderen. Ein lauter Knacks ertönte, als Hyacinthe das Gelenk über seinen Radius hinaus drehte.
      Er sah auf. Das leid trat wieder in das Gesicht seines Sklaven.
      „ Und… sag mir, wie fühlt Hunger sich für dich an?“

    • Er hatte es wirklich nur gut gemeint. Höflich. Ein Versuch, den Anderen besser zu verstehen. Aber seine wohl gemeinte Intention wurde nicht als solche erkannt. Der Vampir wechselte von der eben heraufbeschworenen Ruhe zurück in den Zorn und Salems Miene wurde müde, verlor nun ebenfalls die zuvor verspürte Neugierde. Er wurde nicht verletzt von den Worten des Anderen. Man hatte ihm noch nie Komplimente gemacht und schon immer war man ihm mit Missgunst begegnet. Was ihn allerdings durchaus schmerzte, waren die Berührungen und Handlungen des Vampirs. Sein Kopf wurde mit einem Ruck in den Nacken gerissen und Salem verschluckte sich an seiner eigenen Spucke, hustete.
      Die Hände verließen seine Haare, wanderten seinen Körper herab, bevor sich Krallen in die wunde Haut an seinen Handgelenken bohrte. Salem stöhnte auf und versuchte sich dem Griff zu entziehen, aber er hatte keine Chance, sich auch nur ansatzweise aus der Situation zu befreien und zu fliehen. Es gab kein Entkommen für ihn und je eher ihm dies bewusst wurde, desto besser. Und natürlich wusste er es eigentlich, die abartigen Schmerzen gerade führten aber dazu, dass sein Körper instinktiv versuchte, den Schmerzen davon zu rennen. Es war unmöglich.
      “Ich verschwende nichts.”, presste Salem hervor, der mittlerweile seine Lippen fest aufeinandergelegt hatte. Das Blut quoll aus der Wunde, benetzte seine helle Haut und die Kleidung, die er trug. Wahrscheinlich verärgerte es den Vampir, Salem hatte aber gerade andere Sorgen. Sein Kopf sackte wieder in den Nacken, dann war da Hyacinthe und trank. Dem Blonden kam es vor wie eine halbe Ewigkeit. Als der Langhaarige sich endlich von ihm löste, tanzten schwarze Punkte am Rande seines Sichtfeldes und sein ganzer Körper schien in Flammen zu stehen. Ihm war schwindlig, alles drehte sich und flatterhaft blinzelte er mehrere Male, versuchte seiner Welt vergeblich Konturen und Schärfe zu schenken. Die Worte des Vampirs hörte er schon gar nicht mehr, so laut rauschte das Blut in seinen Ohren, so laut hörte er sein eigenes Herz schlagen. Und dann war da ein neuer Schmerz, der sich wie gleißende Blitze durch seinen Körper zog. Salem schrie auf, sein ganzer Körper spannte sich an und wollte erneut fliehen. Dann aber gewann die Ohnmacht und zog den Blonden in eine düstere Finsternis, die ihn nicht wohltuend empfing, sondern mit abertausenden Alpträumen auf ihn wartete.

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      Als Salem das nächste Mal erwachte, war es dunkel.
      Sofort wurde er von unerträglichen Schmerzen empfangen. Ihm war schlecht und heiß sowie kalt gleichzeitig. Zitternd hob Salem, der sich auf einem Bett unter einer Decke wiederfand, eine Hand und legte sie auf seine glühende, verschwitzte Stirn. Bestimmt hatte er Fieber. Mühsam setzte er sich auf. Er zitterte am ganzen Körper und das Atmen fiel ihm schwer. Schwach schlug Salem die Decke zurück. Im hereinfallenden Licht des Mondes durch das Fenster konnte er nicht viel ausmachen, aber sein Fuß war auf jeden Fall doppelt so breit wie auch schon und war blau-violett verfärbt.
      Salem spürte, wie ihm erneut Tränen in das gesunde Auge stiegen. Dieser Mann, der Vampir, er war keiner, der seine Freundlichkeit zu schätzen wusste. Er spielte mit ihm, wie eine Katze mit ihrem Essen. Der Blonde hielt ein Schluchzen zurück, bevor sein Blick durch den Raum wanderte. Er konnte gerade so mittelmäßig gut sehen im Dunkeln. Zwar war seine Sicht ausgeprägter als die der meisten anderen Menschen, aufgrund seines blinden Auges und des Fluchs, war seine Sehkraft im Dunkeln aber nicht so gut wie die seines tierischen Familienbegleiters.
      Mit sehr viel Mühe schwang der Blonde nun seine Beine aus dem Bett. Seine nackten Fußsohlen trafen den kalten Boden und er versuchte aufzustehen, was allerdings sogleich scheiterte. Weiterer Schmerz zuckte sein Bein hoch und explodierte so sehr, dass Salem zu Boden ging, in sich zusammensackte. Es war ihm unmöglich seinen Fuß zu belasten und zu laufen. Aber er konnte auch nicht länger hierbleiben. Er war dabei ein weiteres Mal zu sterben, er merkte es. Sein Körper hielt all die Strapazen nicht aus, ganz davon zu schweigen, dass er seit Tagen weder gegessen noch getrunken hatte. Es ging zu Ende mit ihm und Salem wollte in Ruhe sterben können.
      Mit letzter Kraft robbte er also über den Boden und zu dem Fenster herüber. Er zog sich daran hoch, bevor er es öffnete. Mittlerweile schlotterte er so stark, dass er mehrere Versuche brauchte, um es überhaupt zu schaffen. Er lehnte sich hinaus, die eisig kühle Nachtluft spielte mit seinen Haaren, küsste seine Nasenspitze. Unmittelbar unter seinem Fenster befand sich ein Vorsprung, von dem aus man zu einem der Türme gelangte, wenn man sich geschickt anstellte. Salem bezweifelte, dass er dies schaffen würde. Aber ob er bei dem Versuch starb, weil er in die Tiefe stürzte oder in diesem stickigen Zimmer, machte eben schon einen Unterschied.
      Mit letzter Kraft zog der Blonde sich auf die Fensterbank und sackte dann gegen den Rahmen. Es war ein unglaublicher Kraftakt gewesen und er hatte kaum noch Energie übrig. Salem starrte hinab auf den schmalen Vorsprung. Es war eine unglaublich dumme Idee. So dumm, dass er nur seinem Fieber dafür die Schuld geben konnte. Davon abgesehen, dass er panische Angst vor der Höhe hatte. Der Blonde schloss die Augen, ehe er ein stummes Stoßgebet zum Himmel losschickte. Dann rutschte er von der Fensterbank und rauschte für einen kurzen Moment durch die Luft. Als seine Füße auf dem Vorsprung aufkamen, knickte sein gebrochener sofort weg und Salem konnte einen Schrei gerade noch so zurückhalten. Das größere Problem war, dass er zur Seite fiel und sich nirgendwo festhalten konnte. Die Schlossmauer war nicht gerade dazu gemacht, herabstürzende davor zu bewahren.
      Salems Körper sackte über den Vorsprung und verzweifelt versuchte er noch die Kante zu erwischen, was ihm auch gelang. Seine geschundenen Finger hatten allerdings keine Kraft, sich zu halten und ehe er sich versehen konnte, fiel er weiter nach unten. Erneut ein kurzer Fall, dafür war der Aufprall erneut umso schmerzhafter. Er war auf einer Art Brücke gelandet, direkt vor einer Tür, die in das Innere des Schlosses führte und die beiden Teile der Burg verband. Mit wirklich allerletzter Kraft öffnete der Blonde die Tür und schleppte sich nach innen, wo er auch gleich zusammenbrach. Er sah nicht, wo er sich befand. Es war dunkel, lediglich Kerzenschein flackerte hier und da durch die Finsternis.
      Salem robbte von der Tür weg in eine dunkle Ecke, wo er erneut das Bewusstsein verlor.

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    • Er hielt einen Sack in seinen Armen. Blut schmierte sich auf die hellen Ärmel seines Hemdes, in welche der Kopf des Sklaven gesackt war. Der Atem des Anderen war abgeflacht und das Leben auch aus dem gesunden Auge gewichen. Das Lied kam darüber und versperrte ihm die Sicht auf die Dunkelheit.
      Der Spross grinste unaufgehalten. Seine Hand fuhr einmal mehr in das blonde Haar und zog den schlaffen Corpus von sich herab. Der Sklave lebte noch, das fühlte er. Da Herz schlug, das übrige Blut wallte…!
      Hyacinthe erhob sich, blickte herab auf sein Spielzeug. Mit dessen schwindenden Bewusstsein, verlor auch er das Interesse daran. Das warme Gefühl, als jener sein Gesicht in die rauen Hände gehalten hatte, war dahingesiechten. Kälte erfüllte die nun wieder goldenen Augen.
      Er schnaubte abfällig, drehte sich zur Türe um und verließ das Zimmer…

      Winde tobten, kalt und unbarmherzig. Nacht war längst eingekehrt und das Schloss erwachte zu neuem Leben. Ein junger Oktober herrschte, auch wenn er hier dem Ruf des Herbstes keinen Namen verlieh. Die Natur hier stand still, Dürre Äste rechtens ich gen Himmel und sehnten sich nach farbiger Pracht. Die Winde spielten mit ihnen, doch trugen sie das Laub nicht mit sich. Die Wälder wogen sich sacht, dahinter die massiven Tannen, die den Weg des Leichenwarts reihten. Das Land im gewohnten Spiel, stand das Schloss da.
      Fowler stand vor dem hohen Fenster. Schwere Vorhänge verhinderten die Sicht hinaus und hinein. Der große Raum beherbergte nicht mehr als ein Becken. Warmes Wasser tropfte aus dem Maul einer Löwenstatue an der Wand und füllte jenes auf. Der Raum wirkte hell und groß. Die antiken Anspielungen waren ein gern gesehenes Bild. Stilistisch hob es sich ab vom sonst so schweren in dunklen Tönen gehalten Rest des Schlosses. Der blasse Marmor und die feinen Verzierungen darin passten jedoch besser zu dem jungen Lord. Man erzählte sich, das an der Küste ganze Städte sich so erstreckten. Weißer Stein und falsche Dächer. Sie säumten die Anhöhungen hinter den Stränden, jedes von ihnen mit einem Ausblick auf das endlose Meer. Lebione, die Perle des Ostens und laut den Berichten der Geburtsort Hyacinthes. Man könnte meinen der verantwortliche für die Ausstattung des Bades hatte sich einen Spaß daraus gemacht diese Stadt in fantasievoller Weise in den vier Wänden einzufangen.
      Fowler verengte seinen Blick. Sein junger Herr saß am Rande des Beckens. Die Blonden Locken, dunkel und schwer durch das Wasser, klebten auf seinen schmalen Schultern. Er summte ein Liedchen, dessen Text den meisten bekannt sein dürfte. In Gedanken ergänzte Fowler ihn zu den munteren Tönen. Die Ballade erzählte von einer Elfe, die sich in einen Menschen verliebte. Sie betonte die stetige Vergänglichkeit dieser Rasse. Es lag in ihrer Natur neben den anderen Geschöpfen dahin zu siechen…
      Die Wand ihm gegenüber war durch nicht mehr gesäumt, als einen großen Spiegel. Darin zu erkennen die schwarze Silhouette des Butlers und eine verschwomme Gestalt. Das reinste Blut unterschied sich von anderen Artgenossen. Jene würden sich kein bisschen darin spiegeln. Der Spiegel hingegen warf dem jungen Lord eine schattenhafte Gestalt entgegen. Ihre tatsächliche Form war nicht auszumachen. Hyacinthe hob seinen Blick in Richtung der Spiegel, was jenem Bildnis zwei leuchtende Punkte verpasste. Erst dann wandte er sich langsam zu seinem Bediensteten um.
      Fowler hielt ein großes Handtuch bereit, wohl gefaltet lag es noch über seinen Arm. Mit Schwung nahm er jenes herunter und hielt es so, dass es geschmeidig um die Schultern des jungen Herrn glitt.
      Der Butler begann zu reden während jener sich das weiße Tuch ein wenig mehr über zog: „ Euer Sklave ist versorgt worden…“, berichtete er kurz. Ohne Zögern glitten seine Hände an die Hüfte des Vampires und begannen mit dem abtrocknen des weißen Körpers. „ … mir wurde berichtet, er würde wieder aufwachen.“ er blickte auf in Hyacinthes goldene Augen. Teilnahmslosigkeit lag in ihnen. Dieses Geschöpf interessierte die andere Kreatur nicht, das war klar!

      Fowler schloss die Fenster zu dem Raum. Die langen Tage neigten sich dem Ende und zeichneten ihre Spuren im Gemüt seines Herrn ab. Wie ein kleines Kind wurde jener irgendwann abwesend und unruhig. Kein angenehmer Zustand für die Dienerschaft…
      Inzwischen lag Hyacinthe seelenruhig gebettet in die weichen Daunen. Bis zur Hüfte die schwere Decke aus Daunen über seinen Körper gezogen, umrahmten goldene Locken das zarte Gesicht. Bei diesem Anblick wollte man kaum daran glauben, dass es sich um eine herzlose Kreatur handelte. Das lose Seidenhemd offenbarte den Blick auf seine Brust. Sich selbst ermahnend, nahm Fowler den Blick davon. Egal welch himmlische Züge dieser Anblick auch hatte, er sollte sich nicht darin verlieren!
      Ein letztes Mal kam er näher, nahm die Decke und zog sie bis zur Schulter hoch. Der junge Lord regte sich bei dem vertrauten Geruch. Instinktiv, als könnte dessen Besitzer ihm nie etwas Böses wollen, grub er sich tiefer in die Decke.
      Fowler verließ das Zimmer. Eigentlich handelte es sich nicht um das gemach des Sprosses. Doch je mehr die väterliche Instanz wich und er sich selbst überlassen wurde, vermied er den Sarkophag, de Ruhm bereitgestellt war. Hyacinthe hatte es schon immer verabscheut sich wie ein Toter zu betten…
      Fowler schüttelte bei dem Gedanken nur seinen Kopf…

      Lennart fand ein bekanntes Gesicht, als er den Hof passierte. Das blasse Antlitz und die Blonden Haare hatte er nicht vergessen. Sein Hinken stoppte, als er vor der kauernden Gestalt zum stehen kam. Schweres seufzen verließ ihn, als er die Schaufel abstellte und behutsam in die Hocke ging. Man hatte ihn nicht gerufen…
      Dieses Mal auch atmete der Andere noch. Doch er wirkte schwach und ausgehungert. Blut war um seine Lippen verschmiert, als hatte er selbst davon getrunken. Die Fesseln fehlten und… Tatsächlich waren die Wunden versorgt worden. Verbände um beide Hände gewickelt und auch sein Fuß schien darin eingefasst zu sein.
      Lennart sah sich um. Es war keiner da. Er überlegte.
      Was tun? Ihn nehmen? Zurück bringen… oder…
      Er hob den leichten Körper in die Höhe. Vorsichtig griff er noch die Schaufel.
      erst einmal in die Kapelle…
      Sein Heim war noch warm. Das Feuer schnell wieder entzündet und sein neuer Mitbewohner fand einen Platz auf einer der alten Bänke. Im matten Licht der Flammen betrachtete er nun genauer, was er mitgenommen hatte. Die Wunden versorgt, der junge gewaschene… selbst die Kleidung wirkte nun ansehnlich. Wie die eines guten Sklaven, der seinem Besitzer viel bedeutete.
      Lennart nahm sich Suppe, begann zu essen. Dabei blieb sein Blick auf dem Jungen hängen. Ihn einen Mann zu nennen, wäre ein Frevel. Die gebrechliche Gestalt unpassierbar nicht zu diesem Ausdruck. Wohl genährt besäße er sicherlich ein ansehnlicheres Bild.

    • “Salem! Salem, nun komm doch!”
      Eine warme Stimme rief nach ihm, ein unschuldiger Klang in den fordernden Worten. Schläfrig drehte der Blonde seinen Kopf und öffnete seine moosgrünen Augen. Sie hatten die Farbe des Waldes, der Natur um sie herum. Und trotz der Schläfrigkeit, die sich gerade in ihnen widerspiegelte, wirkten sie so lebendig und herzlich, dass man sich direkt geborgen fühlte. Dichte Wimpernkränze säumten die Lider und verdeckten den liebevollen Ausdruck, als Salem seine Augen wieder schloss. “Hm, nein, ich bleibe hier.”, kommentierte er mit sanfter Stimme.
      Bereits seit den frühen Morgenstunden lag er zwischen den Sonnenblumen vor dem kleinen Haus seiner Familie und ließ sich von der Sonne die Nase kitzeln. Mal lag er auf dem Rücken, mal drehte er sich auf die Seite, dann lag er auf dem Bauch. Seine Position veränderte sich stets, aber treu blieb er an derselben Stelle liegen. Enttäuschung machte sich in Mai breit und sie verzog die Lippen zu einer Schnute. Egal wie oft sie versuchte Salem näher zu kommen, der Blonde war nur daran interessiert, zu faulenzen.
      “Aber schau doch, ich habe extra mein neues Kleid für dich angezogen. Du magst doch gelb, oder?” Das kastanienbraune Haar hüpfte ihr auf den Schultern, als die Hexe das Kleid leicht anhob und einen Knicks machte, dabei kicherte. Doch auch dies vermochte den Blonden nicht zu überzeugen, der nur abwesend eine unverständliche Antwort murmelte. Mai spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. “Du bist so gemein, Salem!” Der Rock bauschte sich auf als sie sich schwunghaft abdrehte, dann war nur noch zu hören, wie ihre Fußsohlen über den Boden trommelten und in der Ferne leiser wurden.

      “Du...du sagst mir, dass du keine Zeit mit Mai verbringen kannst, weil du....weil du...” Alatar konnte nicht glauben, was sein Sohn ihm gerade offenbart hatte. Eine Verbindung mit Mai wäre eine Ehre für beide Familien, ein starkes Bündnis, wo sie beide doch mit unterschiedlichen Kräften gesegnet waren. Alatar hatte es nicht glauben können als er gehört hatte, dass sein Sohn es heute wieder ausgeschlagen hatte, Zeit mit der Hexe zu verbringen. Und der Grund, den er ihm gerade nannte, machte es nicht besser. “Sag das nie wieder, Salem. Nie wieder.”
      “Aber Papa...Ich kann nichts dafür.” Nein, er konnte wirklich nichts dafür, dass er Mädchen nicht attraktiv fand und an Jungen interessiert war. Bevor er weitersprechen konnte, riss ihn ein so heftiger Schlag von den Füssen, dass er rücklings stolperte und auf sein Bett fiel. Sich fassungslos die Wange haltend, sah Salem zu seinem Vater hoch, der sich erzürnt vor ihm aufgebaut hatte. Sein Atem ging schnell und flach und seine Haut hatte sich vor Wut rötlich verfärbt. “Nie mehr, Salem.” Keinerlei Reue zeigte sich im Blick des Alten, der das erste Mal die Hand gegen seinen Sohn erhoben hatte und vor Wut nun kochte. Er warf dem Blonden einen vernichtenden Blick zu, bevor er aus dem Zimmer verschwand und ihn mit seinen Tränen alleine ließ.

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      Erneut erwachte Salem in Schmerz. Ein kehliger Laut, ein erbärmlicher Versuch eines Schreis, krabbelte über seine vollen Lippen. Sein Gesicht verzog sich zu einer schrecklichen Grimasse und seine Gestalt krümmte sich, noch bevor er überhaupt hatte die Augen aufschlagen können. Warum zum Teufel lebte er noch? Das war der erste Gedanke, den Salem hegt als er wieder zu Bewusstsein kam und in derselben Hölle erwachte, in der er eingeschlafen war.
      Den Gedanken konnte er allerdings nicht lange halten. Seine Gehirnmasse fühlte sich schwammig an und er schlotterte am ganzen Körper. Offenbar war das Fieber gestiegen. Wie konnte man aber auch nur so viel Pech haben. Oder hatte er es sich eingebildet, vom Vorsprung unter dem Fenster zu fallen? Salem öffnete die Augen, aber seine Sicht war verschwommen und selbst nach mehrmaligem Blinzeln war es ihm nicht möglich, klar zu sehen. Die Schmerzen machten ihn wahnsinnig, das Fieber riss und rüttelte an seinem Bewusstsein. Unkontrollierbare Schluchzer erschütterten den Körper des Blonden nun noch mehr als zuvor und er atmete abgehackt.
      “Linden...”, murmelte er den Namen seines Bruders undeutlich, konnte ihn kaum vollenden. “Linden, hilf mir.” Stummes Flehen, eine Art Mantra, welches er immer wieder wiederholte aber bald schon versagte, ihm die Stimme und er bewegte nur noch die trockenen Lippen, von denen schon bald wieder Blut tropfte, weil ihnen die Feuchtigkeit fehlte und die Haut sich dürr auseinanderzog. Wie Papier, welches einriss, wenn man die Form nur ein wenig zu ändern versuchte. Salem hatte heiß und kalt zugleich. Er faselte Nonsens vor sich hin. Schweißperlen rannen über seine Stirn, aber er fror zunehmend mehr.
      “Lass mich sterben...”, forderte er nun, immer und immer wieder, nicht einmal wissend, ob jemand da war, der ihn hören konnte. “Tötet mich.” Mal leiser, mal kaum verständlich, mal wahrnehmbar wurden die Worte gesprochen, während die erbärmliche Gestalt des Magiers die Schmerzen und das Fieber bekämpfte, welche der Vampir ihm geschenkt hatte.

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    • Die Sonne kroch den Himmel herauf. Langsam und schwer kämpfte sie sich durch die tiefhängenden Wolken. Ein glücklicher Tag für die Lichtscheuen, die noch die letzten Erledigungen tätigten, bevor sie sich zurück in ihre Welt der Schatten begeben würden. Eine solche Kreatur huschte so eben über den Hof. Die Kapuze tief über die blasse Haut gezogen und die Hände in den Ärmeln der Robe versteckt. Der Schritt ging eilig, fliehend vor dem Unheil, welches einzubrechen drohte. Den Kurrier hatten ungipfliche Gegebenheiten abgehalten.
      Für einen einzigen Brief überwand er seit Tagen Stock und Stein. Es erfüllte ihn mit Euphorie sein Ziel zu erreichen, sich in den Mauern des Schlosses zu finden und dem entnervten Verwalter die wichtige Kunde zu übermitteln. Dessen Ausdruck veränderte sich, mit jeder Zeile, die er dem Papier entnahm. Nicht einmal fertig gelesen, blickte er den Kurier an.
      „ Wie bitte?!“, entfloh es ihm empört.
      Das würde Hyacinthe nicht gefallen…!

      Ein winselndes Geräusch riss Lennart aus seinem Schlaf. Inzwischen drangen feine Strahlen durch die staubigen Fenster der Kirche und warfen das farbige Spiel jener Farbigen auf den Boden. Der Alte war in die Höhe geschossen, drehte sich um und musste in Trauer feststellen, dass die hilflosen Geräusche von seinem Gast auskamen. Er rückte sich auf die Beine, fiel die Schritte an die Bank, wo er des Fiebernden Hand ergriff. Seine großen Pranken umgriffen den dreckigen Verband. Die andere legte er auf die Schweiß perlende Stirn.
      Armes Kind…
      Sanft fuhr er darüber. Mehr wusste er nicht zu tun. Zwar hatte er einst schonmal ein krankes Kind gepflegt. Aber dies übersteigt das Wissen des Alten. Ein lebender war eben doch etwas anderes, als ein Toter. Je mehr die Zeit verstrich, desto sicherer war er, dass dieser Junge sterben würde, bekäme er nicht Hilfe!
      Lennart griff eine weitere Decke und zog sie über den zitternden Körper. In seinem Rücken knisterten die Reste des Feuers klamm heimlich. Mit ihm wurde nicht gesprochen. Die Namen kannten sie immerhin nicht…

      Als der andere sich beruhigt hatte, hob Lennart ihn vorsichtig in seinen Arm, mitsamt der Decken. So verließ er die Kapelle, auf der Suche nach jemanden, den das Schicksal des armen Jungen kümmern würde.
      Der Verwalter ist keine gute Wahl… Er würde ihn nur wieder treten und…
      Er schüttelte eifrig den Kopf. Das würde nicht gehen. Wer auch immer ihn gewaschen hatte, ihm Kleider gegeben hatte, der würde der richtige sein!
      über seine Schleichwege fand der Leichenwart ins Schloss. Türen, enge Gänge und schmale Treppen, die man für ihn und andere Bedienstete eingebaut hatte, damit sie abseits der Augen ihre Wege fänden. Auf dem großen Flur begann er sich durch die Räume des jungen Herrn zu schlagen. Die hohen Wände waren behangen mit Bildern allerlei Szenen. Einige zeigten wichtige Vampire, andere mythologische Darstellungen. Er verstand die meisten dieser nicht, hatte in diesem Moment auch keine Zeit sich darüber zu wundern, wer Stunden verbrachte diese zu malen.
      Lennart stoppte. Instinktiv wurde sein Griff um den Korpus fester. Vor ihm blickte ein paar Augen ihn prüfend an.
      „ Niemand hat Sie bestellt, Leichenwart!“, erklang die strenge Stimme des Butlers. Er verließ nur selten sie Seite des jungen Herrn, falls dieser nicht ruhte. Bestimmt war dies der Fall. Der Tag war eben erst begonnen und die Vampire legten sich zur Ruhe. Fowler kam näher. Er vermochte nicht zu sagen, was der Alte dort trug. Erst auf fünf schritt Entfernung erkannte er den Sklaven. Wie war der Alte an ihn gekommen?!
      Doch Lennart wäre nichts vorzuwerfen. Er wirkte sichtlich bemüht das Eigentum des Hausherren zurück zu bringen. So offenbarte er Fowler auch das Gesicht des fiebernden Jungen. Der Alte sah besorgt in die kühlen Augen.
      „ Folgen sie mir!“


      Der Spross lag mit dem Kopf auf der Kante des Bettes. Zwischen der Decke und ihm lag die noch immer verbundene Hand des Sklaven. Aus unerfindlichen Gründen befand jener sich in einem schrecklichen Zustand. Der Medikus hatte nach ihm gesehen…
      Der junge Lord hatte den Raum im Nachhinein gemieden. Die Gerüche der Öle und anderen Dinge, die diese Männer der neuen Wissenschaft verwendeten, waren ihm zuwider! Erst Tage später, kam er wieder herein, saß an dem Bett und lauschte dem Herzen. So wie auch jetzt…
      Hyacinthe schloss seine Augen. Wieder dieses angenehme Gefühl, welches seinen Körper umgab. Es war warm und irgendwie frisch. Je mehr er nach Worten suchte, es in seinem Kopf zu beschreiben, desto mehr versank er darin.
      Hinter ihm klapperte das Geschirr leise. Fowler deckte den kleinen Tisch ab, an welchem Hyacinthe soeben noch ein wenig genascht hatte. Nun saß er wieder fast regungslos am Bett…
      Es gab nicht mehr viel zu tun, seitdem keine Massen an Menschen mehr das Schloss erreichten. Tatsächlich war niemand mehr gekommen. Gregoire hatte seinem Wort alle Ehre gemacht, die verbliebene Sklaven mit sich genommen und nur diesen Menschen gelassen… diesen und… den alten Leichenwart. Wundersam, das der Lord noch nicht über diesen hergefallen war. Man wollte glauben, er wüsste seinen Blutdurst nicht zu kontrollieren… Doch er hatte dem alten noch nie Beachtung geschenkt…
      Fowler seufzte leise.
      „ Mein Lord, ihr solltet nicht in dieser Position schlafen…“
      Er trat an das Bett heran, wollte den zierlichen Vampir anheben, doch bemerkte in dieser Bewegung, dass ihr Patient erwacht war.




    • Blinzelnd öffneten sich Augen, deren Irden die Farben des Himmels trugen. Er lag in einem Himmelbett, dessen Vorhänge zur Seite gestoßen worden waren. Eine weiche Matratze stützte seinen Rücken, ein Kissen betete seinen Kopf und eine Decke schmiegte sich liebkosende an seine schmale Figur, die seine Schwäche offen zur Schau stellte. Salem tat einen tiefen Atemzug, bevor der Schmerz zurückkehrte, allerdings nicht mehr im selben Maß wie zuvor.
      Dennoch zuckelte er nun sein Bein hoch, dessen Fuß gebrochen war und Salem zog zischend die Luft ein, da erregte eine Bewegung im Augenwinkel seine Aufmerksamkeit. Der Blonde drehte den Kopf sachte und registrierte erst einen Mann, den er nicht so recht einordnen konnte und der gerade eben gesprochen hatte. Dann sah Salem den Vampir, der neben dem Bett kniete und seinen Kopf auf der Matratze abgelegt hatte.
      Wortlos hob der Blonde seine verbundene Hand und zögerte, bevor er sie vorsichtig auf das Haupt des Vampirs legte und sanft durch über das längliche Haar strich. Was machte er hier? War er hier, um ihm wieder etwas zu brechen, an ihm herumzureißen, ihn zu quälen, ohne ihn zu töten? Salem schluckte den Kloss in seinem Hals herunter und ein müder, trauriger Ausdruck trat in seine Augen. “Du hättest die Güte besitzen können, mir den Tod zu schenken.”, flüsterte er leise, seine Stimme rau und verzerrt von all den Strapazen der letzten Tage. Wie lange hatte er überhaupt geschlafen? Gestorben war er nicht, sein Fuß war nicht heile und seine Hände verbunden. Offenbar hatte der Vampir noch nicht genug mit ihm gespielt und diese Erkenntnis machte dem Blonden das Herz und die Seele schwer.
      Weiter streichelte seine Hand durch das blonde Haar, während sein Blick nun auf den Mann fiel, der eben noch den Vampir hatte wecken wollen. Konnte er ihn nicht schlafen lassen? Für wenige Minuten, damit Salem einen kurzen Moment verschnaufen konnte, bevor die Tortur losging? Er wagte es nicht zu fragen. Man begegnete ihm hier nicht mit Mitleid und es war wahrscheinlicher, dass der Vampir dann extra sofort aufgeweckt wurde, damit er ihn quälen konnte. “Bekomme ich etwas Wasser, bitte?”, fragte Salem, jedes seiner Worte brüchig vor Trockenheit. Er schob sich im Bett etwas hoch, löste dabei seine Hand aus dem Haar des Vampirs. Seine Arme zitterten, als er sich in eine sitzende Haltung aufrecht drückte.
      Man reichte ihm eine Schale mit Wasser und Salem mochte das Gewicht kaum in seinen schmerzenden Händen halten. Er zitterte, als er sie an seine Lippen zu führen versuchte und verschüttete dabei einen großen Teil der klaren Flüssigkeit über sich selbst und der Decke. Seine Handgelenke waren mittlerweile so schmal, dass er problemlos zweimal darum hätte greifen können. Er hatte also noch mehr Gewicht verloren. Wie viel brauchte es denn noch, dass er aus dieser Welt verschwinden konnte, sich in Nichts auflöste? Der Mann nahm ihm die Schale ab, füllte sie ihm auf und reichte sie ihm wieder. Erneut folgte dasselbe Trauerspiel und gerade mal ein kleiner Anteil an Wasser wurde tatsächlich von Salem getrunken.
      Frustriert senkte der zitternde Blonde die Schale in seinen Schoss hinab und schloss die Augen. Dann reichte er sie dem Mann schweigend zurück und wandte seine Aufmerksamkeit wieder auf den schlafenden Vampir. Er war so friedlich, wenn er im Land der Träumenden weilte. Friedlich und schöner. Salem wünschte sich, der Vampir könne sich selbst so sehen. Aber ob es einen Unterschied machen würde? Zögernd hob er wieder die Hand, streichelte weiter durch das seidige, gepflegte Haar. Wenn er sich nicht täuschte, mocht der Andere es, gestreichelt zu werden und solange er schlief, konnte er Salem zumindest noch nicht die Hand dafür abreissen oder brechen.

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    • Das Bett war von keiner bemerkbaren Höhe, sodass die Größe des jungen Lords ausreichte, um entspannt den Kopf auf den gefalteten Armen haben zu können. Eine ganze Weile saß er nun schon auf diese Art dort. Zu Beginn noch den schwarzen Blick auf dem Sklaven liegend und später die Augen verschlossen. Hyacinthe war in den letzten Tagen bemerkbar still geworden, das war niemandem entgangen. Fowler erlebte es, dass er des Öfteren schlief und deutlich weniger aß. Nicht auch zu letzt weil ihm die Vorräte fehlten. Doch in seinem Hang zur Aggression änderte sich nichts. Zwei Bediensteten hatten aus unbekannten Gründen ihr Leben gelassen und das Bad des Schlosses in ihr rotes Blut getaucht…
      Der Butler blickte nun in die Augen des Sklaven. Jener wirkte leicht verwirrt über die Anwesenheit Fowlers. Er musste nun mit Missgunst betrachten, wie die schmale Hand sich auf den goldenen Schopf legte und sanft darüber fuhr. Die Art der Bewegung wirkte auf eine beunruhigende Art vertraut auf Fowler. Er schnaubte leicht, wie konnte dieses Eigentum es sich nur anmaßen seinen Herrn auf diese Art zu berühren?!
      So schüttelte er bei seinen Worten nur den Kopf. Er stoppte seinen Versuch Hyacinthe zu überreden sich hinzulegen und ließ ihn vorübergehend in dieser Position liegen. „ Du hast kein Recht um die Güte des junge Lords zu bitten !“, fuhr Fowler den Sklaven an. Er wandte sich ab und trat an die gerade vom Tisch genommenen Dinge. Darunter befand sich auch eine eiserne Kanne, deren Inhalt inzwischen nur noch lauwarm war. Er füllte jenes in eine der dreckigen Schüsseln ab und brachte sie dem Sklaven zurück. Auch in sitzender Position zitterte dieser am ganzen Körper. Die Tatsache, dass er seit Wochen nichts gegessen hatte, zeigte sich einmal mehr.
      Als Fowler die zweite Schale zurück genommen hatte und Jene zurück auf den Tisch stellte, musste er feststellen, dass der Andere einmal mehr den jungen Herrn streichelte. Die Vertrautheit dieser Züge sollte eigentlich einer innigen Beziehung gelten und nicht einem puren Nutzenverhältnis!
      So unterband der Butler es dieses Mal. Achtsam seinen Herrn nicht zu verletzen, schlug er die verbundene Hand von seinem Kopf und warf dem Anderen einen strafenden Blick zu. Seine großen Hände fanden Platz auf den schmalen Schultern, was Hyacinthe letztlich aufweckte.
      „ Mein Lord, wenn ihr müde seid, legt euch hin!“
      Diese Worte klangen wärmer, als jene, die er dem Sklaven gab. Hyacinthe blinzelte seinen Butler an, rieb sich die Augen. Er gähnte leicht, was seine Zähne den anwesenden Betrachtern offenbarte. Erst in dieser Bewegung schien er das Erwachen des Sklaven bemerkt zu haben. Umgehend schoss er in die Höhe, schob seinen Kopf nah an den des anderen. „ Erwacht!“, stellte er fest. Seine Stimme klang noch ein wenig verschlafen. Hyacinthe sackte grinsend in die Hocke zurück, er saß nun auf der Kante des Bettes, wo er zuvor gelegen hatte.
      Fowler war zurück getreten. Sein wachsamer Blick verließ die Szene zwischen dem Verletzen und dem Vampir nicht.
      Der Herr des Hauses trug heute simplere Kleidung. Bequeme Gewänder, die er unter einer schweren Samtrobe verbarg. Sein Haar lag leicht auf seinen Schultern. Bei seiner plötzlichen Bewegung zuvor war es vom Rücken dorthin geflogen. Seine schwarzen Augen glänzten sichtlich, als er sich Fowler zuwandte.
      „ Essen!“, stieß er aus. „ Bring was zu essen!“
      Ein wenig erschrocken neigte er letztlich respektvoll den Kopf. Seinen Unmut über diese Aufforderung ließ er sich nicht anmerken.
      „ Was wünscht Ihr, mein Lord?“
      Hyacinthe überlegte. Dann sah er zu dem Sklaven. Sein angestrengter Blick durchbohrte dessen fragile Gestalt förmlich.
      „ Egal!“, sagte er dann und wank ab.
      Fowlee konnte sich denken, dass es für den Sklaven sein sollte. Dieser hatte vermutlich wochenlang nichts gegessen und würde vermutlich keine zu schweren Dinge auf seinen Magen vertragen.
      also etwas leichtes…
      Er wollte sich gar nicht ausmahlen, was Hyacinthe tun würde, wenn der Sklave sich übergeben würde oder das Essen verschmähte…
      „ Sofort, mein Lord!“
      Fowler verließ das Zimmer und Hyacinthe blickte zu dem Sklaven zurück. Dieser wirkte noch mitgenommener als zuvor und auch ein wenig übermannt durch die Situation. Er grinste ihn, was er für Aufmunterung hielt, an. Dabei zog er den Mund fast schon unnatürlich auseinander und kniff die Augen für einen Moment zusammen. Er lehnte sich ihm wieder entgegen.
      „ Wie war der Schlaf?“

    • “Aah...Natürlich.” Ein wissender Ausdruck tanzte durch seine Augen und Salem senkte den Blick. Manchmal tendierte er dazu zu vergessen, was seine Familie ihm vor vielen Jahren beigebracht hatte. Ein schmerzhafter Stich durchzog seine Brustgegend. Der Blonde konnte sich nicht einmal mehr an die Gesichter seiner engsten Angehörigen erinnern.
      Sie waren nur verwaschene Erinnerungen, die nach und nach an Schärfe verloren. Er trank also – so gut es eben ging – bevor seine Hand wieder den Weg in die weichen Haare des Vampirs fand. Ihm war die Gefahr bewusst, die von dem Geschöpf ausging. Es war dem Anderen ein leichtes, ihm erneut etwas zu brechen oder ihm die Kehle aufzureißen, wie er es bereits einmal getan hatte. Dennoch konnte Salem sich nicht davon abhalten, dem Wesen etwas Friedvolles zu schenken, und wenn es nur liebevolle Berührungen waren. Sein Gesicht nahm etwas Melancholisches an, während Salem so zitternd dasaß und über die feinen Strähnen streichelte. Warum waren es immer die schönsten Geschöpfe, die nach innen hin immer hässlicher wurden?
      Der Gedankenzug konnte gar nicht erst weiter fortfahren, da wurde seine Hand unwirsch weggeschlagen. Sofort zog Salem sie zurück und legte sie erschrocken an seine Brust. Ein strenger Blick traf ihn und wiederum senkte der Blonde den Blick. Er durfte sich nicht zu viel erlauben. Der kleine, aber feine Unterschied im Ton blieb Salem dabei nicht verborgen. Es hatte viel davon, wie seine Eltern früher mit ihm oder seinem Bruder Linden gesprochen hatten. Der Blonde linste zu dem Vampir herüber, der gähnte und dann zu bemerken schien, dass er erwacht war. So schnell wie Salem gar nicht reagieren konnte, schob sich das Gesicht des Langhaarigen vor seines und Salem zuckte erschrocken zusammen aufgrund der plötzlichen Nähe. Beinahe wäre er aus dem Gleichgewicht gebracht worden und nach hinten auf das Bett gefallen, reflexartig hatte der Blonde aber die Hände gehoben und krallte sich in den dicken Stoff der Robe an der Brust des Vampirs fest.
      Sofort löste er seine Finger wieder aus dem Stoff als hätte er sich verbrannt und wich dabei dem Blick des fremden Mannes aus, der ihn gerade noch nonverbal dafür gerügt hatte, dass er den Vampir berührt hatte. Er beobachtete und lauschte den Worten des Vampirs, der seine Aufmerksamkeit wieder auf ihn richtete, sobald der Fremde durch die Tür verschwunden war. Das Wesen grinste ihn nun an und Salem konnte diese Mimik nicht so richtig einordnen. Dabei lehnte er sich ihm wieder entgegen, diesmal war der Blonde allerdings darauf vorbereitet und zuckte nicht zurück. E zuckte mit den zitternden Schultern. “Gut...denke ich.”, antwortete er. Die ganze Situation fühlte sich schrecklich surreal an. “Wie...wie lange habe ich geschlafen?”, fragte Salem leise und biss sich auf die Unterlippe, wie immer, wenn er nervös war. Es war ihm immer leicht anzusehen. Seine Hände wanderten über die Decke, bemerkten die Nässe des ausgeleerten Wassers und instinktiv knüllte er sie zusammen und versuchte sie beiläufig zur Seite zu schieben. Er wollte nicht, dass der Vampir mitbekam, dass der Wasser verschwendet hatte.
      Während er also die Decke zur Seite schob, räusperte er sich und fragte dann: “Bist du müde?” Er hatte kein Problem, das Bett zu verlassen, damit der Vampir sich hier hinlegen konnte. Wenn es sein musste, konnte er sich daneben auf den Boden sitzen, bis der Langhaarige sich ausgeschlafen hatte. Salem wusste nicht, warum es ihm so wichtig war, dass es dem Anderen gut ging. Aber er war halt eben von Grund auf eine freundliche und zuvorkommende Seele, die anderen immer mehr gab, als ihnen eigentlich zustand. So war er einfach und so würde er wohl auch immer bleiben.

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    • Die Schwärze seiner Augen stach zwischen den Blonden Strähnen, welche in sein Gesicht gefallen waren, hervor. Der Spross erhob keine Mühen, sich diese aus dem Sichtfeld zu entfernen. Er blieb auf ein Sklaven fixiert, wie ein Löwe auf seine Beute. Ganz im Begriff mit diesem zu spielen. Der Schreck der durchaus impulsiven Bewegungen des Reinblutes war dem Blonden vergangen er hielt ruhig, als Hyacinthe ihm erneut näher kam und sich nach dessen Schlaf erkundigte. Das zittern entging dem Raubtier allerdings nicht. Und obwohl der penetrate Geruch der Angst fehlte, bemerkte er diesen… vermischt mit einer Note von Hoffnung. So roch kein Mensch, dessen Leben ihm egal war…
      Die aufgewühlte Art des Sklaven entging ihm nicht. Der Schweiß kam ihm auf die Stirn, während er seine Antwort gab. Der matte Schlag des Herzen lag im Ohre Hyacinthes. Die Flügel eines Schmetterlings musste unter seiner Haut schlagen. Er verspürte das Verlangen nachzusehen. Wenn er ihm die Krallen an die Brust legen würde und das Herz heraus nahm, so verlor es dieses Ton. Er verging, so auch das Blut…
      Als er begann sich erneut auf die Lippen zubeißen, zischten die Krallen vor und umfassten das Kinn. Kräftig genug, um seine Zähne auseinander zu zwingen. Hyacinthe war erzürnt über diese Handlung. Röte stieg in sein Gesicht und er blickte leicht die Zähne. Doch zog er seine Hand als bald zurück, den verengten Blick wieder öffnend und leicht lächeln, als wollte er damit sein Eigentum belohnen.
      Dessen nächste Frage brauchte seinen Kopf in schiefe Lage. Wie lange…?
      „ 6 Nächte…“, gab er dann über die Lippen. Obwohl seine Stimme dabei ein wenig unsicher klang.
      Das reine Geblüt lebte in den Tag und die Nacht, wie es ihm beliebte. Weder diese, noch die übergreifenden Wochen und Monate besaßen eine Struktur dabei. Niemand hielt ihn davon ab, zu tun was er wollte und niemand schrieb ihm mehr etwas vor.
      Der schwarze Blick wanderte instinktiv auf die Bewegung, die er zunächst im Augenwinkel registriert hatte. Die Nässe zu verbergen, machte wenig Sinn, wenn man sogleich seinen Schlafplatz offerierte… Die Augen Hyacinthes funkelten auf. Der goldene Ton mischte sich in das schwarz. Abrupt nahm er sein Hinterteil von der Matratze und lehnte sich ihm einmal mehr zu. Ohne Vorwarnung legte er sich mit dem Kopf in die Schoß des eben erwachten. Ihm entfloh ein leises Kichern dabei. Sein Blick wanderte hoch.
      „ Bin ich~“, sprach er dann. Seine Stimme erklang süß und melodisch… voller Euphorie auf simplen Schlaf. Er schmiegte sich ein wenig an und schloss seine Augen. „ Erzähl mir was…“, klagte er dann in die Stille hinein. Dabei öffnete er eines der Augen wieder und blickte fordernd in die Höhe

    • Salem fühlte sich schrecklich schwach und leblos. Binnen weniger Tage hatte man ihm jeden Funken seiner Seele ausgesaugt und zurück geblieben war eine schattige Hülle seiner Selbst, ein verwaschenes Bild davon, was er einst gewesen war. Geschaffen von einem Künstler, der einst einen einzigen Blick auf ihn geworfen hatte und danach kläglich an dem Versuch gescheitert war, ihn auf Leinwand zu bringen.
      Dennoch blieb der junge Mann freundlich, obwohl er jeden Grund dazu gehabt hätte, es nicht zu tun. Er verurteilte den Vampir nicht für seine Existenz, empfand keinen Hass dafür, wie er mit ihm umgegangen war, sondern badete lediglich in Trauer, langsam untergehend da die Schwere seines Herzens ihn nicht an der Oberfläche hielt.
      Auch jetzt, als Krallen vorschossen, sein Kinn umgriffen und seine spröden Lippen auseinander drückten, empfand Salem nur Angst vor dem kommenden Schmerz, nicht vor dem Tod und auch nicht vor dem Vampir. Es war das Leiden, welches ihn beängstigte, dazu führte, dass sein Herz auch jetzt einen Schlag aussetzte und seine Augen sich weiteten. Und natürlich auch die Ungewissheit, was als nächstes passieren würde. Würde man ihm das Herz herausreißen, die Kehle, die Augen? Salem schluckte den Kloss in seinem Hals herunter und erwiderte den tödlichen Blick des Vampirs. Sein Atem rasselte und das Schlottern seines Körpers ergaben insgesamt ein erbärmliches Bild. Durst und Hunger quälten ihn und einmal mehr erwachte die Stimme in ihm, die darum flehte, erlöst zu werden.
      Der Schreck verschwand aus Salems Augen und der bittere Schatten der Trauer senkte sich über das gesunde, blaue Auge, während der Ausdruck des Blinden wie immer derselbe war. Aber der Vampir ließ von ihm gehen, bewegte sich stattdessen und legte seinen Kopf in Salems Schoss. Unsicher sah der Blonde zu ihm herab und rückte dabei mit einer Hand sein eigenes Kissen etwas zurecht, damit er sich ein wenig anlehnen konnte. Mit zitternden Fingern strich er dem Blonden nun die Haarsträhnen aus der Stirn. Er überlegte einen Moment, bevor er die Lippen trennte und mit schwacher, leiser Stimme zu erzählen begann. “Ich bin in einem Dorf im Wald aufgewachsen.”, begann er und die Worte trieften vor Schwermut. Das Blau seiner Iride tanzte im Einklang mit dem Wasser der Vergessenheit und doch gab es noch so vieles, an dass er sich schmerzhaft erinnerte. Die Straße hatte ihm noch nicht alles genommen.
      “Unser Dach waren Baumkronen. Im Frühling wurden sie neu geboren. Im Sommer haben sie uns Schatten gespendet. Im Herbst haben sie golden geleuchtet und im Winter haben sie sich zurückgezogen, um Ruhe zu finden...Da waren immer so viele Geräusche.” Anders als hier, in diesem Schloss, dieser Umgebung. Die Natur hier lebte nicht, es war totenstill. Am meisten vermisste Salem das Zwitschern der Vögel, aber auch seine Sonnenblumen und die Wärme der Sonne auf seiner Haut. “Der Wind, wie er durch die Blätter raschelt, das Zwitschern der Vögel und das Zirpen der Insekten. Der Bach hat in der Ferne gerauscht...” Salems Stimme wurde leiser und er verzog die Lippen. Seine fahrigen Finger spielten mit dem Haar des Vampirs, strichen sanft hindurch. “Es gab Sonnenblumen, neben denen man liegen konnte, während Sonnenstrahlen sanft durch Löcher in den Baumkronen tanzten und einem die Nase kitzelten.” Salem hatte es geliebt. Nun wusste er nicht einmal mehr, wie es sich anfühlte.
      Es war nicht mehr als eine schwindende Erinnerung, von der er zu erzählen wusste, weil sie ihm einmal viel bedeutet hatte. Als er noch gewusst hatte, wie es sich anfühlte.
      “Ich habe immer bei den Sonnenblumen gesessen und habe Honigbrote gegessen.” Der Blonde bemerkte nicht einmal, wie ihm eine Träne die Wange herabrann. Das war einmal gewesen. Bevor er halbblind geworden war, sich prostituiert hatte und nun als Sklave zur Belustigung verstümmelt wurde. Salem schloss die Augen und atmete tief durch. Noch immer streichelte er den Blonden. Wahrscheinlich würde ihm der fremde Mann dafür die Hände abhacken lassen. “Nachts, wenn die Sonne weg war, konnte man mit Glühwürmchen spielen oder Nacktbaden gehen. Es war ein schöner Wald.”

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    • Das reine Blut lag auf der weichen Decke aus Daunen, den Kopf in den Schoß seines Eigentums gebettet. Sein goldenes Haar fiel aufgefächert über die Schulter und die Samtrobe. Jenes Kleidungsstück schmiegte sich an die schmale Silhouette des Vampires, zeichnete seine Taille und die Figur nach. Es war dunkelgrün, darüber zogen sich feine goldene Ranken und Blüten. Wie so vieles aus der Garderobe des jungen Herrn eine Handarbeit. Er legte eine Hand auf dem Bein des Sklaven ab und schloss seine augen, als jener zu sprechen begann.
      Der Vampir malte es sich aus. Wie in den Bücher, die er gelesen hatte.
      Die Sonne stand hoch. Kleine Häuser reihten sich an der Seite einer Schotterstraße entlang. Quirlige Kinder rannten umher und spielten in unbeholfenere Fantasie miteinander. So lebten die Menschen, simpel. Eben mit ihrem Tag, sie arbeiteten fleißig…
      Er bewunderte die Traurigkeit, welche in die Augen des Sklaven kam. Ein Ausdruck des tiefen Leidens. Sein Herz ging langsamer, als würde er schwere Schritte durch die Erinnerung nehmen.
      Bäume fügten sich in das Bild. Ihre Blätter glichen dem, was die Sonne hier in seinem Land an den Himmel malte. Ein wunderschönes Spiel, dessen sich noch kein Künstler gerecht anzunehmen gewusst hatte. So spielte der Wind mit den Blätter, wie Jener mit seinem Pinsel. Es raschelte. Kein Moment galt der Stille, die hier allgegenwärtig war…
      Er schlug beide Augen auf. Der Atem des reinen Blutes flachte ab, bis er letztlich gänzlich stoppte. Zahllose Bilder hatte er gesehen, die diese Szenen zeigten. Künstler malten, was der Adel sehen wollte. Teile dieses Schlosses standen voll davon…
      Hyacinthe begann wieder zu atmen. Langsamer und tiefer als zuvor.
      „ Magst du Honig?“, fragte er hinauf. Ihm entgingen die Zeichen der Traurigkeit nicht. Weshalb er eine Hand in die Höhe streckte und über die verweinte Wange fuhr. Die Seite seiner Kralle berührte dabei schon fast zärtlich die blasse Haut des Sklaven. „ und Blumen?“ er schmiegte sich ein wenig in die Hand, welche seinen Kopf streichelte.
      Diesen Moment genoss er in allen Zügen. Ein leichtes Kichern entfloh ihm während er sich wieder auf die Seite drehte und an das fußende des Bettes blickte. Die Vorhänge des Himmelbettes waren aus zwei Lagen bestehend. Erstere, ein schwere Vorhang, gemacht um das Licht abzuhalten, war zurückgebunden. Zweitere, eine durchsichtige Schicht, welche von außen nur erahnen ließ, was vor sich ging, war hier zugezogen. Dadurch verdeckte sie den kalten Blick des Porträts, welches die Wand schmückte. Irgendeine Figur der Geschichte, dessen Name der Unwichtigkeit in Hyacinthes Gedanken gewichen war.

    • Die Erinnerungen an sein früheres Leben schlugen ihm aufs Gemüt, wie so vieles momentan. Salem schloss die Augen und dachte an alles zurück, was er gehabt hatte. Und was er aufgegeben hatte in einem dummen Moment der Gier. Wenige Sekunden hatte ihm alles genommen und ihn geschlagen wie ein Hund zurückgelassen. Wäre er nur nicht so dumm gewesen, so naiv...seine Geschichte würde bestimmt anders aussehen.
      Salem war geblendet gewesen von dem Wunsch nach Liebe und Bestätigung. Nichts hatte er mehr gewollt, als Stolz in den Augen jener zu sehen, die ihm so viel bedeuteten. Stolz und dieselbe Liebe, die er ihnen entgegenbrachte. Eine Hand legte sich auf seine Wange und Salem schreckte aus seinen Gedanken hoch, verließ den Wald, den er kaum mehr erkannte und blickte wieder auf den Vampir herab, dessen Finger über seine Wangen strichen und dabei so sanft waren, dass es dem Blonden seltsam vorkam.
      Der Vampir war ein gefährlicher Grobian ohne Gewissen und Herz, aber jetzt gerade stand er in starken Kontrast zu dem, was Salem bislang von ihm zu sehen bekommen hatte und das verunsicherte Salem ungemein. “Ja.”, antwortete er dann leise auf die Fragen hin. Dabei war er sich gar nicht mehr sicher, ob er die Dinge wirklich mochte oder ob er es sich einbildete, damit er sich nicht komplett selbst verlor. Würde es ihm noch Freude machen, Honigbrot zu essen oder Blumen zu bewundern? Oder waren jene Gefühle auch nur verlorene Liebesmüh? Wo ihm doch schon nur das Atmen schwer fiel, wie wollte er sich denn um mehr bemühen ohne zusammen zu brechen?
      Salem schluckte, weitere Tränen rollten und verfingen sich in den Klauen des Biestes, welches nun aber die Hand herabzog und sich auf die Seite drehen. Der Blonde hob die Hand aus den seidigen Haaren, legte sie nun in den Nacken des Vampirs und kraulte ihn sanft. Ob es überhaupt noch eine Rolle spielte, was er mochte? Sollte er sich nicht eher darüber Gedanken machen, wie er seinen gewählten Freitod ausüben konnte, ohne dass er das nächste Mal gerettet wurde? Salem leckte sich nervös über die Lippen. Dann fragte er: “Warst du schon einmal in einem Wald und hast dem Lied gelauscht, welches er singt? Er wechselt es immer, je nachdem ob Tag oder Nacht ist, Sommer oder Winter.”
      Seine Berührungen waren weich, vorsichtig, liebevoll. “Hier ist es so still...Der Wald singt keine Lieder.”, flüsterte er dann, als wolle er die Stille nicht durchbrechen. Brachte der Vampir alle diese Menschen um, damit ihre Schreie das Schloss mit dem Leben füllten, welches er nicht haben konnte? Die Langeweile musste ihm den Verstand rauben. Salem beugte sich etwas hinab, pustete dem Blonden sanft eine Haarsträhne aus der Stirn, da seine Finger bereits beschäftigt waren. Die kurze Bewegung kostete ihn Kraft und sein gesamter Oberkörper zitterte wieder stärker, als er sich wieder zurückzog.
      Gerade wollte er weitersprechen, da klopfte es an der Tür und der Mann von zuvor trat mit einem Tableau ein, auf dem eine Schüssel Suppe mit Brocken stand. Sofort zog Salem seine Hand zurück und versuchte zurückzurutschen, damit der Vampir nicht mehr auf ihm lag. Das Bettende in seinem Rücken verhinderte dies allerdings und Salem, sichtlich nervös, wandte hastig den Blick ab, die Hände in die Decke geklammert, als hätte er sie nie an einem anderen Ort gehabt.

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    • Die Elfenbeinfarbenen Krallen verlängerten optisch die schlanken Finger. Anstelle von herkömmlichen Nägel schmückten sie die Spitze, sahen durchaus edel aus, waren sie nicht in schwarzes Blut getränkt und führten gierig weiteres Fleisch in den endlosen Schlot der Kreatur. In diesem Moment verfügten sie über etwas, was Zärtlichkeit gleichkam. Er strich die perlenden Tropfen der Augen fort. Nachdem der andere den ersten Schock überwunden hatte, akzeptierte er die Nähe dessen, was ihm einst das Leben gekostet hatte.
      Hyacinthe grinste einmal mehr in die Höhe, stellte kindlich stolz seine Zähne zur Schau. Seine goldenen Augen leuchteten auf, als der andere mit Ja antwortete. Ihm blieb aus dem Sinn, dass es in seinem Land keine Blumen gab. Die Böden dem Tode gewidmet waren und nichts hier jemals blühen würde…
      Er kannte die Natur aus Gemälden und fachlichen Erzählungen seiner Tutoren. Sein Wissen über Blumen war reichlich und trotzdem kam ihm in diesem Moment kein klarer Gedanke dazu. Hyacinthe schloss seine Augen. Er erfuhr keine Regung, als die Hand sich in seinen Nacken bewegte und diesen zu kraulen begann. Dabei geriet das goldene Halsband seines Vaters ein wenig in den Weg. Er hatte aufgehört Rohe Gewand auf das Metall zu wirken. Es regte sich nichts, der Zauber war gesprochen und würde sich ohne das Einverständnis der anderen Partei nicht mehr lösen. Hinter den genauen Zweck war er auch noch nicht gekommen. Vermutungen reichten weit. Es band ihn an dieses Schloss, oder diesen Menschen … vielleicht auch beides…
      Hyacinthe blinzelte verwirrt über die Worte des Sklaven. Er wandte den Blick wieder hoch, zurück in die tränenden Augen des anderen.
      „ Singen…?“
      Er hatte recht. Es war still hier. So war es immer gewesen. Das reine Blut wusste sich nichts unter dieser Aussage zudenken. Er hatte noch nie darüber gelesen, oder davon gehört…
      Er blinzelte leicht, als er den sanften Lufthauch vernahm. Direkt auf seine Stirn, sodass eine blonde Locke die weiße Fläche verließ. Ein Lächeln huschte auf die Lippen des Wesens. Gerade wollte es die Hand in die Höhe strecken, als das plötzliche eintreten Fowlers einen Schock durch den Sklaven jagte. Abrupt bewegte er sich, Tötung des Zitterns. Dabei versetzte er dem Vampir eine unangenehme Bewegung, welche ihm zum Fauchen brachte. Hyacinthe fuhr in die Höhe, blickte empört von dem Sklaven zu Fowler.
      Jener neigte entschuldigend den Kopf. Er trat an dem Bett vorbei. Die goldenen Augen verfolgten ihn, wie er den weißen Schleier des fußendes passierte. Dort richtete er das Essen an und wartete.
      Hyacinthe kniff seine Augen zusammen, blickte zurück zu dem Sklaven. „ Iss!“, befahl er dann, als er den Mund zu einem schmollen verzog. Er selbst stand mit Leichtigkeit auf, blieb kurz an der Kante stehen. Sodass er sich der Robe entledigen konnte. Darunter kam ein solches Leinenhemd zum Vorschein, welches man zur Nachtruhe tragen würde. Das lockere Stück reichte Hyacinthe bis zu den Knien, wo es trotz simpler Form mit Spitzeneinsätzen seinen Preis zu nennen wusste.
      „ Nah komm!“, sprach er. Wirsch streckte er sich über das Bett und packte des anderen Arm. Daran zog er ihn näher Richtung Kante. „ Du hast doch Hunger!“
      Missmutig betrachtete Fowler das Bild der beiden. Es entzog sich ihm, warum Hyacinthe von Weile zu Weile solche freundliche Anflüge hatte. Doch er wusste, wie schnell sich dessen Laune legen würde und sein wahres Gesicht zu Tage kommen würde. Diesem entgegenwirkend, trat er an das Bett heran. Der gebrochene Fuß des Sklaven war nicht verheilt. Er würde also nicht laufen können.
      „ Mein Lord, bitte setzt Euch!“
      Fowler blieb ruhig unter dem Blick des Anderen. Dieser blickte zum Tisch, zurück zu dem Sklaven und wieder zu dem Butler. Erst dann ließ er den Arm los und schritt brav zu dem Tisch.
      Fowler bewegte sich an das Bett. „ Keine Dummen Sachen!“, zischte er dem anderen ins Ohr, bevor er ihn mit einem Ruck in seinen Arm verfrachtete. Für sein Alter und seine Größe, war dieser Junge ein Witz. Mehr als Haut und Knochen waren nicht geblieben.
      Hyacinthe saß im Glanz der Sonne. Sie strahlte die goldene Pracht an. Vor dem Fenster glitzerten die feinen Strähnen, welche aus der Masse abstanden. Das Kinn hatte er auf die Hände gestützt, sodass er den Kopf nicht selbst zu halten brauchte.
      Fowler setzte den Sklaven ihm gegenüber ab und trat zur Seite.
      Der junge Lord grinste. „ Iss!“, er weiß mit einem Nicken auf die Schüssel.

    • Es war eine beinahe schon friedliche Stimmung zwischen ihnen. Sogar Salems Trauer mochte abzuflachen, so beschäftigt war er damit, die Haut des Anderen zu erkunden und ihn zu streicheln.
      Er hatte so weiche, helle Haut, fast schon wie Milch mit einem Schuss rosaroter Töne. Salem war fasziniert davon, wohl wissend, dass er es eigentlich nicht sollte, da das Wesen tödlich für ihn war. “Singen...”, bestätigte der Blonde nun nickend und blieb dabei an dem Lächeln hängen, welches der Vampir nun so offen zur Schau stellte. Salem sah das Zucken in der Hand, aber statt sich davor zu fürchten, senkte er automatisch den Kopf ein wenig, wollte sich erneut der Hand entgegen schmiegen, die sich zuvor so sanft an seine Wange gelegt hatte.
      Doch bevor dies geschehen konnte, trat der Mann von zuvor in das Zimmer und Salem zuckte zusammen. Der Vampir schoss fauchend hoch und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Salem, er würde gleich wieder bluten. Aber es folgte nur ein empörter Blick in Richtung des Mannes und Salem stieß erleichtert die Luft aus, die er, ohne es zu merken, angehalten hatte. Und dann...ja, dann geschah etwas, was der Blonde sich nicht so leicht erklären konnte. Der Vampir befahl ihm zu essen, stand dann auf und entfernte sich. Und Salem? Ja, Salem rückte mit dem Oberkörper vor und streckte die Hand aus, fast als wolle er den Vampir daran hindern, sich von ihm zu entfernen.
      Es war nur ein Moment, eine Reaktion, wie sie nicht überlegt gewesen war. Sie war aber auch nicht aus einer Laune entstanden, sondern hatte wohl viel damit zu tun, dass die letzten Minuten die ruhigsten gewesen waren, die Salem in den letzten Wochen hatte erleben dürfen. Und er wollte nicht, dass dieser Moment zwischen ihnen so abrupt endete. Leider hatte er kein Sagen in dem was geschah, also bewegte er sich nun, rutschte mehr schlecht als recht an den Bettrand, während der Vampir an seinem Arm herumzog. Salem folgte, schwang die Beine aus dem Bett, zuckte aber, als sein gebrochener Fuß auf dem Boden aufkam. Er würde nicht laufen können. Hilflos fiel sein Blick auf den Vampir, suchte das flüssige Gold. Hilfe kam aber nicht in Form des Wesens, den jenes wurde dazu aufgefordert, sich zu setzen und folgte dieser Aufforderung auch. Salem blickte ihm kurz nach, bevor der Mann an ihn herantrat.
      Eine leise Drohung wurde ausgesprochen, bevor der Mann ihn in die Arme hob. Man konnte Salem ansehen, wie unwohl es ihm war. Sein Blick sprach Bände und jeder Muskel seines Körpers war angespannt. Er wurde an den Tisch herübergetragen, wurde hingesetzt. Die Sonne hüllte sich um ihre beiden Figuren und Salem stöhnte leise auf, sobald die Wärme sein Gesicht und seine Gestalt zu streicheln begann. Gerne hätte er sich gesonnt, stattdessen wurde er aber dazu aufgefordert, zu essen. Salems Blick senkte sich auf die Mahlzeit und sein Magen schlug einen Purzelbaum. Kurz blieb er regungslos sitzen, bevor er zu dem Mann hinüberlinste, der neben dem Tisch stehen geblieben war. Warum auch hatte er ihm Suppe bringen müssen, nachdem er gesehen hatte, wie er zuvor am Wasser gescheitert war? Salem biss sich auf die Unterlippe, unsicher, nervös und ängstlich.
      Der Vampir würde wütend werden, wenn er die Suppe verschüttete. Aber er konnte auch nicht hier sitzen und nichts essen, das würde ihn ebenfalls erzürnen. Salem wurde schlecht. Er stand vor einer Sackgasse. Mit klammen Händen umfasste er nun die Schüssel. Er linste für einen Augenaufschlag zu dem Blonden hinüber, bevor er die Schüssel anhob. Wie erwartet schwappte die Suppe aufgrund seines Schlotterns in dem Gefäß hin und her und es vergingen wohl keine zwei Sekunden, da rann die heiße Flüssigkeit über seine Finger, weswegen er die Schale hastig wieder hinstellte. Zitternd griff er nach dem Holzlöffel und versuchte es damit. Er tauchte ihn in die Suppe und fischte sich einen Brocken Fleisch heraus, der allerdings auf das hölzerne Tableau hinabfiel, alsbald er versuchte den Löffel zu seinem Mund zu führen. Frust und Demütigung zeichnete sich auf dem Gesicht des Blonden ab und er griff nun mit den Fingern nach dem Fleisch, schob es sich hastig in den Mund als würde er darauf hoffen, niemand habe gesehen, wie es herunterfiel.

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    • Die Sonne. Ihre Unsterblichkeit zwang die Vampire zum Verzicht der warmen Strahlen dieser. Sie vermochten sich nicht im glänzenden Lichte zu Baden und sich ihrer Schönheit zu erfreuen. Sie schrieben leidige Gesichter über ihr Leben in der Dunkelheit und ihre Sehnsucht nachdem Licht… Für manches Auge mochte es surreal wirken, dass ausgerechnet einer der reinsten dieser Rasse sich ohne Angst der Sonne offenbarte. Fowler hatte schon Vampire gesehen, deren Haut wortwörtlich Feuer fing, wann immer sie in ihr Licht traten. Hyacinthe saß nun da am Fenster. Gebadet in warmen Gold. Es schmeichelte seiner Gestalt, den noblen Zügen seines Gesichts.
      Ihm gegenüber setzte er die kümmerliche Entschuldigung eines Menschen ab. Fowler behielt gegenüber seinem Herrn eine professionelle Haltung. So irritierte er den jungen Lord nicht und riskierte auch nicht seine Laune zu kippen.
      Mit Missfallen beobachtete Fowler, wie der Sklave gegenüber dem jungen Lord zu essen begann. Es war eine peinliche Angelegenheit, wie die zitterigen Hände sich hoben und versuchten auf mehrere Arten das Essen in die Kehle des Sklaven zu bekommen. Hyacinthe beobachtete stumm, die gefalteten Hände regten sich nicht. Unter dem Tisch wippte sein Fuß auf und ab, fast schon ungeduldig über die langsame Art seines Eigentums.
      Die Bewegungen der dürren Arme flimmerten förmlich. Das Gewicht des Löffels schien die dürren Arme zu überfordern und jede Sekunde, die verstrich, in der er keinen Bissen zu sich nahm, trieb seinen Herzschlag in die Höhe. Das reine Blut legte seinen Kopf schief, nur ein wenig und mit abwartenden Blick. Dieser wanderte schon bald zu Fowler, welcher den Sklaven flankiert hielt.
      „ Geh!“, wies er an. „ Komm später wieder!“
      In seiner Stimme erklang Härte. Es war jedoch nicht klar zu vernehmen, ob es sich um Ungeduld oder Unmut handelte. Immerhin hatte Fowler einen intimen Moment des Vampires gestört. Der Mann schätzte sich zu den glücklichen wenigen, denen Hyacinthe unter keinen Umständen an die Gurgel gehen würde. Zu dieser exklusiven Runde gehörten nicht viele… Fowler neigte respektvoll den Kopf, sodass sein Zopf im Nacken über die Schulter glitt. „ Jawohl, Mein Lord!“ Mit dem Ende dieser Worte drehte er sich um und verließ den kleinen Raum. Sehr zu seinem Missfallen. Den Jungen Herrn mit dem Sklaven allein zulassen, gefiel ihm nicht!
      Hyazinthe sah nun zu seinem Eigentum. Er lächelte einmal mehr. Zu breit und aufgesetzt, als das es echt wirkte. „ Magst du das nicht?“, fragte er. „ Willst du lieber Honig haben…?“ Er stand mit Schwung auf, sodass sein weißes Hemd flatterte, und packte die Hand des Sklaven. Dabei zog er leicht daran, sodass jener gegen den Tisch stieß und die Suppe über den Rand der Schüssel schwappte.
      Der goldene Blick bohrte sich in das Gesicht des anderen.