Eines Adepten Wille (michiyo & cada)

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    • Eines Adepten Wille (michiyo & cada)

      _______ @Michiyo

      „… entsende sie, den Sternen nah… sprach der König und befahl… tausend Reiter, Trugbild bewahr´… das göttlich Kind hat keine Wahl… als es wohl sein Schicksal sah…“…


      Fern legte sich das Rauschen des Meeres in die Ohren jener Menschen, die sich an diesem unvergleichlich warmen Sommerabend noch auf einem kleinen Spaziergang zum Pier von Ritou wagten. Orange legte sich die untergehende Sonne in den Himmel und zeichnete eine malerische Stimmung in Himmel und Ozean. In der Ferne kreischten einige Möwen, welche versuchten die letzten Fänge der Fischer für sich zu gewinnen und flatterten umso aufgeregter von Dannen, als man sie eben von den eingeholten Netzen vertrieb. Soldaten der Tenryo Verwaltung maschierten mit steifer Haltung auf den Stegen vor und zurück, während sie mit den Einheimischen das ein oder andere Wörtchen wechselten. „Heute irgendetwas ungewöhnliches passiert, Mako?“, mit stechenden Blick trat der gepolsterte Soldat, Yashihiro war sein Name, der seinen Speer wie ein Manifest in seinen Händen hielt, an einen etwas älteren Herren heran, der eben seine kleine Nussschale festzurrte. „Ah! Yashihiro… wie… wie schön Sie zu sehen… also… nein… nicht wirklich… der Fang war gut, wie jeden Tag. Obwohl… ich hatte das Gefühl…“, da verfiel Mako in Skepsis und zog seine grauen Augenbrauen kraus. „Ja, ich höre?“, empfing der Soldat ihn mit misstrauischer Neugier in der Stimme. „Es ist bestimmt nichts… aber… irgendwie hatte ich das Gefühl… das… vor vielleicht einer Stunde… die Zeit kurz stehen blieb…“, Mako verengte seinen Blick, wusste er, dass er Yashihiro, der seltsamerweise sehr dem Übernatürlichen zugetan war, so in Verlegenheit bringen konnte. Doch schien dieser Plan nicht aufzugehen… zumindest heute. Er wurde auch schon betagter und im Dörfchen war er schon als „der verrückte Alte“ abgestempelt, obwohl Mako immer noch klar bei Verstand war. „Was? Wie bitte? Du nimmst mich doch auf den Arm!“, jetzt verschränkte der Soldat doch seine Arme vor der Brust und schüttelte den Kopf. „Aber Yashihiro! Ich lüge nicht! Ich mag zwar ein bisschen von der Sonne gebrannt sein heute, aber ich bin kein Lügner!“, die Arme von sich streckend fiel Mako somit in eine beinahe endlose Diskussion mit dem Soldaten aus, welche von anderen Anwesenden interessiert verfolgt wurde. Die Blicke waren somit auf die beiden Parteien gelegt… niemand wagte es noch, der entgegenkommenden Nacht am Horizont auch noch einen Moment der Aufmerksamkeit zu widmen. Denn die flachen Sandbänke vor Ritou waren nichts, das generell von Interesse war. Hin und wieder verirrten sich Kinder hierher um die beliebten Sternmuscheln zu suchen, nach Krebsen zu fischen oder im flachen Gewässer zu baden. So einiges Gehölz wurde über die Zeiten auch angespült, stapelt sich gerade nach Gewittern als großer Haufen zwischen den seichten Stellen der Sandbänke... Ansonsten passierte hier wir nichts. Weshalb es auch heute für die Bewohner der Insel nicht nötig war, den Blick weiter hinauszulenken, als nötig. Doch würden sie erkennen, dass eben an jenen Sandbänken, heute kein sprödes Stück Holz lag, auch wenn der Körper des menschlichen Wesens im ersten, verschwommenen Moment einem Baumstamm sehr ähnlich sah... Aber auch nur für den Bruchteil einer Sekunde.

      „Mmmmh…“, mit einem Ächzen, aus einem unbekannten Munde, zuckten feingliedrige Finger, die sich somit langsam in den Sand gruben. Schwerfällig klärte sich das dumpfe Gefühl in ihrem Kopf, was einer bleiernen Schwere wich. Schwach hoben sich die Lider der fremden Person in die Höhe und entblößten der Welt grasgrüne, äußerst aufgeweckte Augen, die im Moment aber den Umstand ihres Erwachens nicht verstehen konnten. Vom Meerwasser genässte dunkelbraune Strähnen klebten der Fremden am Gesicht und verteilten sich wirr und zerzaust im Sand unter ihrem Kopf. Ihr weißes Hemd klebte der jungen Frau zerknittert am Oberkörper und zeugte eindeutig Spuren eines Kampfes, als sich feine, rötliche Striche an den Armen und ihrer Taille abzeichneten. Ab der Hüfte abwärts, hatte das kühle Nass ihren Körper noch verschlungen und veranlasste ihre Beine, gehüllt in eine dunkle Stoffhose, sanft in den Bewegungen der Wellen mitzuschwingen. Sorgsam schwappten sie von links nach rechts, während neben ihr das kristallklare Wasser im Grunde versickerte, alsbald sie von den Wellen an Land getragen wurden. Bleich erschien ihr zartes Gesicht in der sonst so orange leuchtenden Sonne, die Inazuma mit ihren letzten Strahlen Wärme und Zuversicht schickte. Die Panik lag mittlerweile in ihrem Blick, den sie in den Himmel schickte, der sich langsam, aber stetig in ein warmes violett wandelte und erste Sterne durchblitzen lies.


      Was war passiert? Hat man sie hier abgesetzt und zurückgelassen? Ist sie eingeschlafen? War sie an einer Überfahrt beteiligt? Und wenn ja, woher sind jene Personen und sie gekommen? Wo war jenes Schiff, dass sie trug, auf dem sie segelte? Wie kam sie hierher? Eindeutig zu sagen, dass sie sich nicht dort befand, wo sie vor dem tiefen Schlaf war… sie spürte es, auch wenn sie es nicht sah, wo genau sie aufgewacht war. Sie kniff ihre Augen fest zusammen um den Schwindel abzuschütteln der sie heimsuchte und um ihren Gedanken Klarheit zu schenken… Zwecklos. Es wollte ihr bei Gott nicht einfallen, weshalb sie genau an jener Sandbank ihre Augen aufschlug und an nichts, außer sich selbst, Erinnerung trug. Pochend, träge wie flüssiges Blei, kehrte ihr schmerzender Kopf sich hin und her. War sie verletzt? Musste sie sterben? "...!", trocken erklang ein verzweifeltes Räuspern. In ihrem Mund schmeckte sie Salz und Blut. Zu viele Gedanken umwoben sie im Moment, welche durch das leichte Rauschen der Wellen erweichten. Und warum genau fielen ihr diese wenigen Zeilen dieses Kinderliedes wieder ein, welches ihre Mutter…? Kurz stockte ihr Atem. „Mutter?“, vorsichtig zog sie ihre Augenbrauen zusammen und verspürte den stechenden Schmerz an jener linken. Sie sog scharf Luft ein und wollte ihren Arm heben, um sich an die naheliegende Verletzung zu greifen, aber schaffte sie es nicht jenen zu heben. Fern im Hintergrund konnte sie Stimmen vernehmen, Wörter, die sich zu einem unverständlichen Brei vermischten und ihr keinerlei Informationen schenkten. Das konnte doch nicht wahr sein! Es wurde ihr speiübel, als sie nun doch versuchte sich auf den Bauch zu kehren und sich empor zu stemmen. Sie konnte doch nicht hier einfach so aufgeben und sich ihrer Schwäche hingeben! So kannte sie sich selbst nicht. Doch je mehr Energie die Braunhaarige in diese Bewegung steckte, umso mehr suchte sie die Übelkeit und die Kraftlosigkeit Heim, weswegen es nur ein kurzer Blick war, den sie auf den Landstrich werfen konnte, der sich hinter ihr empor hob, ehe ihre Arme einknickten, wie dünnes Gehölz dem stürmischen Wind, nachgaben und ihr Körper mit einem dumpfen Geräusch wieder in die Sandbank fiel. Flatternder Lider fingen ihre Augen die Stege ein, die Menschen auf jenen, die Sakurablüten, die sich im Wind schwerelos fortbewegten… das hohe, saftig grüne Gras in der Ferne… die Bäume, Wälder und Fahnen… doch überschattete sie die Dunkelheit der Ohnmacht so plötzlich, dass es ihr vorkam, als hätte sie sich die Wärme der Sonne bloß eingebildet… als wäre das Rauschen des Meeres nur hypnotisierender Gesang und das Streicheln des Windes die zarte Hand des bildlosen Traumes, in welchen sie nun wieder abrutschte.

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Die sanfte Abendbrise über dem Gipfel des Yougou Berges kämpfte sich ihren Weg durch die Schrein-Anlage, wirbelte die vielen Blüten der heiligen Sakura, die stolz über dem Narukami-Schrein thronte, auf und verteilte somit die zahlreichen Ableger, die im ganzen Land zu finden waren. Inmitten des rosa Strudels öffneten sich die Ozean-Blauen Augen, die den Windzug bemerkten und das Spektakel neugierig beobachten wollten. Es war der idyllischste Ort, an dem man zu so einer Wetterlage verweilen konnte, um Zeuge des Tanzes der Sakura zu werden. Immer wenn die Chefredakteurin in das Heiligtum lud, nutzte Ikuya seinen kurzen Aufenthalt, um vor dem Elektro-Archon niederzuknien und ein Gebet zu sprechen. Die Sonne stand bereits tief am Horizont, gerade dabei den hellichten Tage zu verabschieden und die Nacht zu begrüßen, als Inagi Hotomi eine der Schreinmädchen, die der Weißhaarige nur zu gut kannte ihre liebliche Stimme an den Besucher richtete. “Ein friedlicher Abend.” gab sie leise bekannt, während ihre Finger in den weiten Ärmeln ihrer weißen Kosode verschwanden. Für gewöhnlich sprach das Mädchen nicht mit den Gästen, begrüßte diese nur flüchtig, ohne ein Gespräch aufzubauen, doch bei dem Stammgast, der unter der Leitung der obersten Schreinjungfer stand, machte sie immer eine Ausnahme. Ikuya vermutete, dass dahinter tiefere Absichten lagen, als nur Smalltalk mit einem bekannten Gesicht zu betreiben. Hotomi war gewiss eine ansehnliche Frau. Ihr blaues Haar harmonierte sehr mit dem Indigo ihrer Augen, das in dem Rot und Weiß ihrer Uniform gut zum Vorschein trat. Nickend stimmte er ihr zu. Es war ein herrlicher Abend, wie Ikuya ihn lange nicht mehr erlebt hatte. Die Schönheit der Sakura, die ihnen im Hof zuteil wurde, war atemberaubend und glich wirklich einer Besonderheit, die nicht alle Tage zu bewundern war. Gerade als sich sein Mund einen Spalt weit öffnete, um eine Antwort in Worte zu fassen, erschien Yae Miko vor dem heiligen Baum und verkündete eine interessante Wendung des zuvor ruhigen Abends. Ihr Augenmerk lag dabei vermehrt auf ihrem Angestellten der Redaktion, da für ihn Arbeit anstand. Das mysteriöse Erscheinen einer jungen Frau wurde der Dreuerverwaltung gemeldet. Soldaten der Tenryo Verwaltung hätten an der Küste Ritous eine unpässliche Gestalt entdeckt, die sich nicht wecken ließ -die perfekte Grundlage einer neuen Story - zumindest schien es so, wodurch es an Ikuya lag der vermeintlich Fremden auf den Grund zu gehen.

      Obwohl er durchaus für die Berichterstattung zu begeistern war und schon den ein oder anderen mysteriösen Fall bearbeitet hatte, ging er nicht davon aus, dass an den Gerüchten, die so schnell an den Schrein herangetragen wurden, etwas nennenswertes dran war. Es handelte sich sicherlich nur um einen Irrtum, ein dummes Missverständnis, bei dem die Identität der Frau schnell aufgeklärt werden konnte, würde sie ihr Bewusstsein erlangen. Nichtsdestotrotz war Yaes Wort sein Befehl, sodass er sich ohne ein Wort des Zweifels auf den Weg machte. Mit dem Windgleiter war es ihm ein Leichtes, in Windeseile die Kilometer, die zwischen seinem Startpunkt und seinem Ziel lagen, zu überwinden. Leider war es nicht lange her, dass er die dunklen Flügel von einer Mondstätterin erhalten hatte, die voller Eifer nach neuen Schülern suchte. Als geschickter Schüler war es ihm auf den vielen Reisen vom großen Nutzen, auf eine schnellere Art der Fortbewegung zählen zu können, doch solch eine große Distanz war Ikuya noch nie zuvor am Stück gesegelt. “Wer nicht wagt, der nicht gewinnt", ermutigte er sich gedanklich zum Sprung, ehe er den Gleiter mit den schwarzen Federn ausbreitete, um auf der zuvor anmutigen Brise zu reiten. Schwer schluckend und mit einem tiefen Atemzug fesselte der junge Mann so viel Sauerstoff in seiner Lunge wie irgend möglich, bevor er die Luft anhielt und den Schritt über den Abhang wagte. Wieso sein Atem immer stockte und es ihm nicht möglich war, unbeschwert den Absprung zu vollbringen, konnte der edle Herr selbst nicht beantworten. Auch Amber fand in den Flugstunden keine Antwort dafür, doch solange Ikuya sich überwinden konnte, während des Fluges Luftzuholen, waren ihr seine Methoden recht.

      Voller Adrenalin und im Genuss der Aussicht über halb Inazuma strahlte der sonst reservierte über beide Ohren. Sogar ein Lachen entwich seinen Lippen, unhörbar für die vielen Kreaturen unter ihm, die von seiner Position winzigen Ameisen glichen. Jene Müdigkeit, die sein Körper von den Anstrengungen des Tages mitgenommen hatte, war nicht länger zu erahnen und musste sich dem bei Stress ausschüttenden Hormon geschlagen geben. Weit oben, ungeschützt vor der Zugluft, peitschte die Kälte an seinem Gewand. Den Gleiter zu kontrollieren, fiel ihm bei den turbulenten Massen schwerer als im städtischen Raum Mondstadts, wo er zuvor geflogen war. Die Wetterverhältnisse im bergigen Inselreich unterscheiden sich von der Stadt der Freiheit. Wie kräftezehrend diese Abkürzung sein würde, hatte der Weißhaarige sichtlichst unterschätzt und als sich seine Ausdauer dem Ende neigte, musste er zur Zwischenlandung ansetzen. An der Statue der Sieben angelangt, vernahmen seine Füße wieder den gewohnten Boden unter ihnen. Die Landung war alles andere als weich, da er halb keuchend die Flügel einzog und bemüht um Gleichgewicht taumelte. Gerade so gelang es ihm, sich auf den Beinen zu halten und nicht kläglich das satte Grün zu küssen. Das rasende Herz in seiner Brust würde noch einige Takte schneller schlagen, bevor es sich gänzlich von der Aufregung erholen würde. Vom Flug entkräftet und die Arme schwer wie Blei entschied er sich dazu, den Rest des Weges zu Fuß hinter sich zu bringen. Kein langer Fußmarsch, wie sich herausstellte, lediglich den zahlreichen Treppenstufen musste er folgen, bis er an der Küste angelangt war. Von weitem war die Szene bereits zu erspähen, da sich eine kleine Traube um das Spektakel gesammelt hatte. Kopfschüttelnd näherte Ikuya sich den vielen Menschen, die der armen Frau, würde sie wieder zu sich kommen, die Luft zum atmen raubten. “Gebt ihr Raum!” befahl der Herr nobler Abstammung, der bei den Soldaten ein bekanntes Gesicht war. Sein Mitwirken in der Yashiro-Verwaltung hatte ihm einen Namen in allen Abteilungen des Dreier-Bündnisses verliehen, auch wenn er bei vielen nach dem Niederlegen seiner Dienste für Unmut sorgte. Unberührt lag die Brünette im Sand, ihr Körper übersät mit einzelnen Körnern, die von der Strömung auf ihre Kleider getragen wurden. Beim genaueren Betrachten bemerkte er sofort, dass sie keine Robe der sieben Nationen trug. Ikuya konnte man anhand seines Gewands immer als Bewohner Inazumas entlarven, doch die Fremde ließ auf rein gar nichts schließen. Ihr Gesicht war nicht nur ihm unbekannt, sondern auch den Schaulustigen stand bei ihrem Anblick ein Fragezeichen auf die Stirn geschrieben. Vielleicht war sie eine Piratin? Gehörte sie zu Beidous Bande und war zu unscheinbar um von jemandem bei einem Halt wiedererkannt zu werden?
      “Wieso habt ihr nicht gehandelt?” schimpfte er mit den Befehlshabenden vor Ort. Identität hin oder her - der armen Frau musste geholfen werden, eine Unverschämtheit sie so zu begaffen, ohne ihr aus ihrer misslichen Lage zu verhelfen. Vorsichtig legte er seine Arme unter ihre Achseln, um sie behutsam vom Ufer zu ziehen und weiter in der Sandbank abzulegen. “Holt Stoffe.” Ohne zu wissen, wie lange sie im Wasser gelegen hatte, wusste Ikuya, dass eine Unterkühlung wahrscheinlich der Grund für ihre Reaktionslosigkeit war. Sie in wärmenden Stoff zu legen, war das mindeste, was sie hätten tun können. “Hört ihr mich?” wandte er sich mit einer sanften Stimmlage an die junge Dame und legte dabei seine Handfläche auf ihre Schulter, um diese leicht zu drücken, doch die Mühe war vergebens. Härtere Geschütze mussten her, damit innere Verletzungen ausgeschlossen werden konnten. In seinem Beutel kramend, zückte der Forscher eine Jueyun Chili, die er von einer Meisterköchin in Liyue erhalten hatte. Die quirlige Frau in Begleitung einer orangefarbenen Panda-ähnlichen Kreatur schwor auf die Wirkung dieser Kochzutat und der scharfe Geruch dürfte sicherlich in der Nase der Ohnmächtigen kitzeln. Hoffentlich genug, um sie aus ihrem Schlaf zu entreißen.
      A heart's a heavy burden.

    • Die Dunkelheit, in welcher sie schwebte, ihr Bewusstsein halb gefangen hielt, halb der Freiheit überlies, umschlang sie wie eine Decke, jedoch ohne ihr Wärme oder Geborgenheit zu spenden. Es war ein komisches Gefühl, so willenlos durch die Schwärze zu gleiten… ohne Start und ohne Ziel… ohne Zeitgefühl oder Tag- und Nachtgleiche. Nichts irdisches machte in diesem leeren Raum des Zustandes Sinn, weshalb es der jungen Frau sonderbar komisch vorkam, als sie in ihrer Nase plötzlich ein aufdringlich, juckendes, ja gar brennendes Gefühl wahrnahm. Es drückte sich nach hinten in ihren Rachen, ihren Gaumen empor, in ihre Nasenhöhlen und mit einmal lag diese unangenehme Schärfe auch in ihren Augen, was die Unpässlichkeit ihrerseits nun ein Ende setzte. Es kitzelte unerhört stark, so stark, dass sich die Lider der Unbekannten nun doch flatternd wieder hoben, als sie über ihre Arme, Beine und Torso endlich wieder gebieten konnte. Es war ihr ein Leichtes, sich nun zumindest vorerst auf die Ellbögen aufzurichten. All die Kraft die zuvor so kläglich entschwunden war, hatte sich wieder in ihren Glieder gesammelt und halfen der Braunhaarigen nun umso mehr, sich ordentlich aufzusetzen und der Welt ein kräftiges Niesen zu schenken, ausgelöst durch dieses stark, brennende Gefühl. Mit zusammengekniffenen Augen, schniefte sie kurz dahin, rieb sich mit dem rechten Zeigefinger die Nase und strich sich darauf hin die wenigen Tränen aus den Augenwinkeln. Ein Raunen ging hinter ihr durch die Runde. „Oooooh…“„Herr Aoyama ist ein Genie!“„Wenn wir dich nicht hätten Ikuya…“„Sie lebt also doch noch.. was für ein Glück..“ .. Verwirrt blinzelte die Fremde in die Ferne… vor ihr das weite Meer, dahinter ein noch viel unendlich scheinender Horizont, der sich mit der gerade untergegangen Sonne noch das prächtige Farbenspiel zwischen Orange, Rosa und Violett teilte… die Wärme des Tages ging verloren… aber… und das ließ die Fremde stutzig werden… direkt hinter ihr, linksseitig um genau zu sein, strahlte etwas ähnliche Wärme ab... so wohlig, als würde ein Lagerfeuer hinter ihr lodern… dann, vorsichtig und von der Neugier gepackt, kehrte sich der schmale Rücken der jungen Frau herum, ihr Blick lag gesenkt.

      Sie erblickte zuerst einen Fuß, eingehüllt in einen festen, ledernen Stiefel. Langsam hob sie ihren Kopf empor und erkannte eine lange, schlanke Hand, welche über einem Knie ruhte, welches zu dem abgewinkelten Bein gehörte. Dahinter sah sie ein weiteres Bein, welches sich im Sand vergrub… ein fester Atemzug überkam die junge Frau, während sie ihren Blick immer weiter empor gleiten lies. Die andere Hand des Knieenden rutschte ihr in die Sicht, welche eine knallrote, zerquetschte .. traubenähnliche Frucht in jener hielt. Sie konnte nicht wissen, dass es sich bei diesem Exemplar um ein Gemüse handelte, weshalb ihre Schlussfolgerung, dass die Person vor ihr, welche in solch feine Roben gekleidet war, sie kaum mit der Süße einer Traube erweckt haben musste. Es passte in ihrem Kopf nicht zusammen, woher die Schärfe kommen sollte… unwissend, dass es sich hierbei um eine Pepperoni handelte. Die Augenbrauen nachdenklich verziehend, überbrückte die junge Frau nun den letzten Abstand, um die Identität der Person neben ihr aufzudecken und blickte nun in diese Wasserblauen Augen. Das sonst so strahlende Grün in den ihren, leuchtete ermattet hervor, während sie den Weißhaarigen vor sich musterte, nur kurz, um nicht zu starren. Seine Gesichtszüge waren verhärtet, sein Blick hüpfte in ihrem Antlitz herum, als würde er etwas darauf lesen können. Und auch wenn er die Distanz halten wollte, so konnte die Fremde Sorge in den Augen seinerseits erkennen. Er war äußerst ungewöhnlich gekleidet, aber gerade in diesem Chaos der Extravaganz, lies sich erahnen, dass der Herr zu ihrer linken Seite nicht zum gewöhnlichen Volk gehören konnte, dass sie schräg hinter sich entdeckte. Ihre bläulich verfärbten Lippen öffneten sich einen Spalt, als sie die vielen fremden Gesichter hinter sich erkannte, welche ihre Person mit einer Mischung aus Überraschung, Neugier, Schock, Argwohn und Dankbarkeit anstarrten… wobei letzteres wahrscheinlich weniger ihr galt, sondern dem namentlich benannten Herren neben ihr, der sich somit als Ikuya entpuppte.

      So war es an ihr, ihren Blick wieder zu drehen. „… Guten … Abend?“, waren die ersten Worte, die die Braunhaarige an die Traube von Menschen richtete, doch ehe jemand darauf reagieren konnte, rief eine dumpfe Stimme aus der Ferne: „Herr Aoyama… die Stoffe die sie wünschten! Sie kommen gerade aus der Heizkammer… also… der Bäckerstube meiner Frau!“, ein Herr mittleren Alters, mit angegrauten Haaren drängte sich von hinten durch, mit Decken so dick und hoch, dass es seinen Kopf überragte und die Spannweite seiner Arme nicht reichte um sie fest und ordentlich zu tragen. Eine Frau trat vor, nahm ihm eine der Decken ab und legte sie der Grünäugigen um die Schultern, ohne jedoch zuvor nochmals auf die rötlichen Striche zu blicken, welche sich auf dem weißen Hemd ihrerseits abzeichneten. „Hier… bitte… du musst doch am erfrieren sein Kindchen! Hat jemand etwas zu Essen für die junge Frau?“, rief sie über die Schulter zurück an die anderen Teilnehmer des Spektakels. Die meisten der Personen hatten ihre Köpfe zusammengesteckt, sie tuschelten, flüsterten, streckten verhalten die Hände vor und deuteten auf ihre Person… zwei Soldaten der Tenryo Verwaltung nahmen im schnellen Schritt Reißaus… „Ich bitte euch… hat niemand etwas dabei? Noch nicht mal eine Dämmerfrucht?“ - „D-danke… das ist schon in Ordnung…“, murmelte die Unbekannte und zog, beinahe gierig wirkend, die Decke näher und fester an sich, ehe sie versuchte sich wackelig auf die Beine zu stellen.

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Erleichterung machte sich nicht nur in der eng geschnürten Brust des jungen Mannes, der vor der Frau kniete breit, sondern auch im Rest der Schaulustigen. Ein heiteres Aufatmen war in der Menge zu vernehmen, doch ebenso verstummen die vielen neugierigen und spekulierenden Mäuler, die zuvor fleißig über die Herkunft der jungen Dame philosophiert hatten. Natürlich hielt ihr Erwachen die Menschen nicht davon ab, sich weiter die Münder zu zerreißen, doch taten sie es nun unter vorgehaltener Hand, wodurch die vielen Worte zu einem unverständlichen Brei in der Ferne verschmolzen. Am liebsten hätte der Weißhaarige sie alle verabschiedet, in ihre Häuser geschickt oder zumindest zu den Beschäftigungen zurückkehren lassen, mit denen sie ihre Zeit vertrieben hätten, bevor auch nur eine Menschenseele auf die Idee kam, Hilfe zu leisten, doch den Streit ersparte Ikuya sich. Bei dem Klang einer bekannten Stimmte wich seine Aufmerksamkeit von der Fremden flüchtig auf den Herren, der sich an ihn richtete. Unter den schweren Lagen des Stoffes ließ sich sein zur Seite geneigter Kopf erahnen, der vergeblich vor den Massen flüchten wollte und Mühe hatte, den Stapel Tücher überhaupt auf seinen Schultern zu tragen.

      Ohne zu zögern erhob er sich, empfing den bestellten Berg an Violett, Orange und Rot getränkten Gewebe und ging dem Älteren helfend zur Hand, ehe die Fremde in die warmen Lagen gehüllt wurde. Immerhin waren vier helfende Hände zwischen den ganzen schaubegierigen, die nichts Taten als Gerüchte zu verbreiten. Wer auch immer die junge Frau war, sie würde die nächsten paar Sonnenaufgänge in aller Munde sein, für Aoyama tat dies aber nicht zur Sache, lediglich seine Gedanken schweiften bei all dem Getuschel ab. Eine sehr unangenehme Situation für die Frau in Not, die er mit Mühe zu verbessern versuchte. "Seid ihr wohl auf? Könnt ihr stehen?" galt all seine Aufmerksamkeit wieder der Reisenden, in dessen moosgrünen Augen er sich zu verlieren drohte. Sie strahlten satt und voller Farbe, ohne einen Funken der Anstrengung, der erahnen ließ, in welch unpässlicher Lage sie sich befand. Zumindest machte es diesen Anschein für das Meerblau, dass im Unwissen darüber lag, einen noch heller strahlenden Smaragden betrachten zu können, wenn sie wieder bei Kräften war. Wie hypnotisiert betrachtete der Weißhaarige, schweigend sein Gegenüber, völlig ihrem Bann verfallen. Die Neugierde seiner Seele brannte weder auf dem Antlitz der Frau noch wanderte sein Augenmerk auf und ab, um sie zu Mustern, einzig und allein die Tiefen des Grasgrünes bestaunte er. Erst das Ertönen einer weiteren besorgten Stimme riss ihn aus seiner Trance. Mit dem Abwenden seines Schopfs bereute er augenblicklich sein Starren und fühlte sich kein Stück besser als die anderen Sensationssuchenden. Ein Wunder, dass die Schamesröte sich unmerklich auf seine wärmer werdenden Wangen legte, statt der Mehrheit seinen Fehler zu offenbaren. Eine der vielen Vorzüge, wenn man wie Ikuya ein hohes Selbstbewusstsein besaß und einem kaum etwas peinlich war. Sich räuspernd verabschiedete er den Nebel vor seinem geistigen Auge, um wieder gänzlich im Hier und Jetzt anzulangen und nickte der Dame zu, die sich in der Traube nach etwas Essbaren erkundete. Auch die Züge des Redakteurs scannten die Mengen nach einer hebenden Hand oder einem flüchtigen Kommentar, nur schien keiner von ihnen Hilfsbereitschaft zu erweisen. Weiter in der Ferne blieb sein Augenmerk an einem Haufen hölzerner Fässer liegen - genauer gesagt auf die 1,40 große Gestalt, die in ihrer Mitte verweilte und mit sinkenden Lidern da stand. "Sayu!" rief Ikuya nach dem
      Shuumatsuban Ninja aus, die kurz davor stand ihre Tarnfähigkeiten dafür einzusetzen sich als eines von ihnen auszugeben. Wieso die Fünfzehnjährige sich ausgerechnet dazu entschied, sich in der Mehrheit der Fälle als Fass zu tarnen, war ihm ein Rätsel, das er nicht weiter verfolgt hatte. Mit der kleinen Sayu zu diskutieren war ebenso effektiv wie sich mit einem der anderen Bottichen zu unterhalten. "Sayu!" wiederholte er seinen Ruf, als ihre Augenlider keine Regung zeigten und erst beim zweiten Mal das Kind überrascht zusammenzucken ließ. Müde und noch halb im Schlaf hob sie ihr Haupt in Richtung des noblen Herren, die verschlafenen Augen halb unter der Panda-Kapuze verborgen. Mit dem Anblick ihres Freundes, der ihr schon häufiger aus der Patsche geholfen hatte, wurde das trübe Violet ihrer Augen satter bei dem bekannten Gesicht. Die Arme voran ausstrecken, hüpfte die kleine Dame ihm entgegen, rollte sich noch in der Luft zu einem kleinen Ball zusammen und kam der Sandbank in purzelnden Bewegungen näher. Kurz vor der Fremden löste sie sich aus ihrer gebückten Haltung und landete dabei auf beiden Beinen. “Ikuya.” Ihre sanfte Stimme klang wie ein leises Flüstern eines Kindes, das gerade dabei war, in das Land der Träume einzutauchen, statt unter den Wachen zu weilen, doch diesen Tonfall legte Sayu beinahe andauernd an den Tag. “Ich brauche Nakukraut, hast du welches bei dir?” Selbst wenn sie keines in ihrem Beutel trug, so würde der Ninja die regionale Besonderheit sicherlich schnell ausfindig machen können, es wuchs im Inselreich wie Sand am Meer. Auf die sichtbaren Wunden der Reisenden gerieben, würde es wahre Wunder bewirken und eine Linderung ihrer Schmerzen bedeuten, wenn sie überhaupt welche hatte. Der verwirrte Blick der Brünetten ließ sich nur schwer deuten, obwohl Ikuya für gewöhnlich keine Probleme damit hatte, sein Gegenüber zu durchschauen. Sie war… anders. Ein Rätsel, das aus dem Nichts auftauchte.

      Kaum war das Kraut den fürsorglichen Händen des erneut knienden Mannes überreicht, trennte er die Blüte von ihrem Strung, wiederholte diesen Vorgang mit jedem Strauch, ehe er die gepflückten Köpfe in seiner Handfläche zu einer Paste zerdrückte. Bevor er Anstalten machte, die Medizin aufzutragen, suchte er den Blickkontakt zu dem Moosgrün, in dem er sich zuvor bereits verloren hatte. “Das wird eure Schmerzen lindern.” gab er ruhig bekannt und hielt ihr die Hände zur Betrachtung hin. Demonstrativ rieb er die Salbe zwischen seinem Daumen und dem Zeigefinger, um zu zeigen, dass daher keine Gefahr rührte. Vorsichtig fuhr er mit den Fingerspitzen über die roten Streifen, die ihren zerbrechlichen Körper zierten und würdigte ihr erst wieder eines Blicks, als er fertig war und die Finger zurück nahm. “Ich werde euch zur Statue der Sieben begleiten und um eure Genesung bitten.” Waren die letzten Worte, die er an sie richtete, bevor er sich wieder aufrichtete und ihr den stützenden Arm anbot, würde sie selbst Laufen können. Wenn es ihr nicht möglich wäre, würde er sie den Berg hinauf tragen und erst im weichen Gras wieder absetzen. “Aoyama Ikuya.” hielt der Weißhaarige es für richtig, ihr seinen Namen anzubieten.
      A heart's a heavy burden.

    • Der erste Versuch, ihre wiedergewonnene Kraft zu nutzen und sich zu erheben, scheiterte leider kläglich. Auch die Hilfe der netten Dame, welche ihr zuvor eine der Decken um die Schultern legte und unsicher unter ihre Arme griff, um sie auf den Beinen zu halten, war nicht ausreichend. Viel zu unstet und unkoordiniert arbeitete ihr Körper mit ihrem Gehirn zusammen und veranlasste die junge Frau wieder nach links einzuknicken und geschlagen im Sand sitzen zu bleiben. Ein tiefes Seufzen entkam ihr dabei, ehe sie sich an den Kopf fasste, um den gegrämten Blick ihrerseits zu verdecken. Sie fühlte jedoch, wie ihr weitere Decken und Stoffe um die Schultern gelegt wurden, wie sie fest eingepackt wurde. Ihre waldgrünen Augen waren von peinlicher Blamage hinterlegt, als die Unbekannte ihren Blick wieder hinter ihrer Hand vorschickte, um den Herren neben sich zu mustern, der so tatkräftig mithalf, ihre unerschlossene Ankunft am Strand so erträglich wie möglich zu gestalten. Sie musterte sein Gesicht, wie er jede seiner Tat mit Sorgfalt ausführte und sich seine Augenbrauen dazu bewegten, als wären sie sein viertes Ausdrucksmittel. Das brachte die Braunhaarige dann doch zum Schmunzeln, aber bemerkte sie auch, dass er der einzige war, welcher sich anscheinend ehrlich Sorgen um ihr Wohlergehen machte, während die Traube an Menschen hinter ihr, weiterhin am tuscheln und flüstern war. Er hatte es wohl bemerkt, ihre beinahe ungehobelt rohe, freche Art ihn zu mustern, ja beinahe schon anzustarren, denn mit einmal traf sich das Wasserblau wieder mit dem Moosgrün. Als er dann das Wort an sie richtete, stockte ihr Atem für einen kurzen Moment.

      „Nun… nun ja… ich bin nicht sicher… wohlmöglich…“, sie räusperte sich erneut, wich seinem Blick nun ebenso aus, ertappt und von sich selbst peinlich berührt. Wohl aber versuchte sich die Fremde nun doch wieder, etwas unbeholfen, war sie ja gehüllt in gefühlt abertausende Schichten der wärmenden Stoffe, auf die Beine zu heben, als die Frau von zuvor wieder ihre Stimme erhob. „Liebchen, alles mit der Ruhe! Lass dir ruhig zeit und überstürze nichts! Ach Himmel, du zitterst ja immer noch… aber bald sollte es dir wärmer sein… warte… Yoimiya hat heute Abend erst eine große Portion ihres Sommerfest Fisches zubereitet… bestimmt hat sie noch etwas über, wenn es um so etwas wichtiges geht!“, halb im Gespräch mit sich selbst und das Einverständnis von Ikuay abwartend, warf sie der Grünäugigen noch einen letzten Blick zu, ehe sie am Stand kehrt machte und von Dannen eilte. Die Fremde aber sah ihr verdattert hinterher. Wie nur kam es, dass es alle so gut mit ihr meinten hier? Aber sei es wie es sei… sie hatte durchaus Recht… auch wenn sie hier jetzt auf der trockenen Sandbank saß, sie fühlte sich durchaus unterkühlt und spürte, wie sehr ihre nasse Kleidung ihr am Körper klebte. Sollte es möglich sein, so wollte sie ihre Gewandung so bald als möglich auftrocknen… mehr noch… sie bemerkte erst jetzt, dass sie keine Schuhe mehr an den Füßen trug. Und aufgestanden war sie nach wie vor nicht.

      So tief in ihren eigenen Gedanken versunken, kehrte sie ihren Kopf herum, ja erschrak beinahe, als sich Ikuya nach einer Person namens Sayu erkundigte und diese plötzlich, so unverhofft und überraschend, vor ihnen auftauchte… nein, besser gesagt auf sie zurollte… wie ein kleiner Ball. Ihre Augen vor Unglauben geweitet, konnte die Braunhaarige für den ersten Moment nicht glauben, was sie eben gesehen hatte und starrte das Mädchen ungehalten an, während es mit dem Weißhaarigen Konversation führte. Sie sah aus, als würde sie im Stand einschlafen, so schläfrig und träge wirkte ihre Erscheinung. Bei einem Wort aber wurde die junge Frau hellhörig. „Nakukraut?“, wiederholte sie flüsternd und zog die Augenbrauen kraus. Es war ihr völlig unbekannt, jenes natürliche Gewächs, nach dem der junge Mann verlange. Nicht lange und die kleine Sayu hatte einige davon gesammelt. Skeptischen Bickes verfolgte die Braunhaarige, was Ikuya damit machte… sie verfolgte seine Schritte zur Verarbeitung der Pflanze argwöhnisch und auch, als er ihr beteuerte, dass die entstandene Salbe ihre Schmerzen lindern würde, blieb sie vorerst voreingenommen und sah auf seine Hand hinab, welcher nach ihrem von Abschürfungen überzogenen Arm greifen wollte. Sie zog sich etwas zurück und sah ihm fest in die Augen... sie wusste nicht, ob sie ihm denn vertrauen konnte… ob er ihr schaden wollte… aber etwas in dem Meerblau seiner Augen strahlte eine besonnene Wärme aus, eine Wärme die sie umfing und ihr die Sicherheit gab, dass nichts passieren würde.

      So flachte sie ihren etwas vor Nervosität verschnellerten Atem ab, presste die Lippen zusammen und legte ihre Hand vorsichtig in die seine. Schnell, zügig, aber stets sanft und vorsichtig, strich der Weißhaarige ihr die Salbe über ihre Wunden. Er ging dabei so rasch und wissen vor, dass die junge Frau spekulierte, ob er dies nicht bereits öfters gemacht haben musste. Er endete und schenkte ihr einen letzten Blick, ehe er seinen schlanken Körper erhob und ihr erneut seine Hand anbot. Verwirrt sah sie zu ihm empor… Er wollte wohin mit ihr gehen? „Ich… ich verstehe nicht…“, gab die Braunhaarige von sich, ergriff aber, Vertrauen fassend seine Hand und hob sich nun doch, endlich, alleine auf ihre Beine. Ikuya war einen guten Kopf größer als sie, sodass sie zu ihm aufsehen musste. Sein Blick lag in der Ferne, dem sie folgte und in entlegener, aber erreichbarer Ferne eine große, hellblau leuchtende Statue erblickte, die sich wie ein Monument in den Himmel arbeitete. Ihr Antlitz drehte sich in Staunen zurück, als sich der Weißhaarige nun offiziell bei ihr vorstellte und ihr Blick sich wieder auf ihn richtete. Die meisten der Schaulustigen hatte sich bereits wieder verzogen, waren des fortschreitenden Abends wieder in ihre Heime zurückgekehrt, aus welchen orange das Licht von innen in die dunkler werdende Welt strahlte. Oh, wie sehr sie gerade ein wärmendes Feuer vor ihren Füßen hätte, an dem sie ihre erkalteten Gliedmaßen wärmen könnte. Aber… sie war froh, dass der junge Mann, welcher bei ihr geblieben war und sie, im Moment eher allein waren. Sie wollte nicht, dass ein jeder sofort ihren Namen kannte… wobei es bereits morgen in aller Munde sein würde, wer sie war und woher sie kam.

      „Aleyv…“, erwiederte die Braunhaarige nun in ruhigem Ton und sah erneut zu der Statue, als sie den Blick des Blauäugigen wieder auf ihr spürte. Er richtete noch ein paar wenige Worte an sie, ehe sie ihren Weg zu benanntem Ziel antraten. Die ersten Schritte waren unbeholfen, mehr noch, musste sie wegen dem Schwindel der sie immer wieder Heimsuchte, sich von Zeit zu Zeit fest an den helfenden Arm Ikuyas klammern, welcher sie aber sicher und ruhig neben sich her führte. Das ungleiche Paar wandelte somit über den knarzenden Steg, fing sich einige fragende Blicke ein… mehr noch hatte Aleyv nach wenigen Minuten das Gefühl, alle Augen auf die sie trafen, würden an ihrer Erscheinung kleben. Auch wenn sie versuchte, sich diese gefühlte Schmach nicht anmerken zu lassen, umso fester verbiss sie ihre Kiefer ineinander. Und wieder konnte sie die flüsternden Stimmen hören, welche ihre Person beschrieben. Fest war ihr Blick zu Boden gerichtet, nachdem sie nun die erste kleine Ortschaft hinter sich gelassen hatten. Sie konnte von dem Neuen, das sie hier empfing, noch nichts einfangen… nicht nur, weil sie sich fühlte wie ein Tier im Käfig, bestarrt, begafft und zur Schau gestellt, auch merkte die junge Frau, wie ihre Kräfte langsam wieder schwanden und die Überanstrengung sich als kalter Schweiß auf ihre Stirn legte. Aber ging sie tapfer neben ihrem Begleiter her, welcher die Wörter, Gespräche und Tuscheleien der Anwohner sichtlich kalt liesen.

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Unter den aufdringlichen Blicken der zahlreichen Passanten, die ihren Weg kreuzten, zeigte sich Ikuya wenig berührt. Auf dem Inselreich kannte jeder jeden, an allen Ecken wurde man gegrüßt. Ein unbemerktes Schlendern im Herzen des Dorfes war da undenkbar - unter anderem einer der Gründe, wieso sich der Weißhaarige dafür entschieden hatte, Redakteur zu werden und auf Reisen zu gehen, stets auf der Suche nach Orten, an denen es nicht so war. Das Gras war über den eigenen Landesgrenzen hinaus für gewöhnlich grüner. Früh erhielt er die Erkenntnis, in dieser Annahme falsch gelegen zu haben. Obwohl die Welt Tevyats an Schönheit kaum zu übertreffen war und jede Region auf ihre eigene Art und Weise bezauberte, so waren die Menschen doch meist dieselben. Fremde Gesichter wurden begutachtet, als würde hinter der nächsten Ecke Gefahr lauern und in Form eines Reisenden erscheinen. Ikuya wusste genau, wie sich die junge Dame fühlte. Zu Beginn seiner Nachforschungen kam er sich ebenso verloren wie ein Elefant im Porzellanladen vor. Lediglich in Sumeru war das Treiben so rege, dass man in der Summe der Farben und Stoffe, Anhäufungen von Waren und Gütern als unbekanntes Gesicht untergehen konnte. Die restlichen Ländereien dürften auf einen Außenstehenden wie geschlossene Gemeinschaften wirken, die allen Neuen eher skeptisch begegneten.
      Das leise Getuschel schien die Brünette weniger kalt zu lassen, als ihren in Inazuma gebürtigen Begleiter. Wie ihr Kiefer sich spannte, entging ihm nicht, auch wenn er den Blick sogleich von ihr abwandte, um nicht noch mehr Druck auf die zierliche Frau auszuüben. "Ein unbekanntes Gesicht sieht man hier nicht alle Tage." erklärte er ihr ruhig, während sein Augenmerk auf den Weg vor ihnen gerichtet war, in der Hoffnung, ihr die Sorgen zu nehmen. Im Mittelpunkt zu stehen war auch im nicht sonderlich geheuer, zog sich der schweigsame Mann lieber zurück, als Teil des regen Geschehens zu gelten, doch eines musste man den Bewohnern lassen, sie waren freundlicher Natur. Selbst die Blondine, die aus Schall und Rauch entstand und in ihre Welt gestolpert war, schloss hier enge Freundschaften und wurde in den Erzählungen anderer in den höchsten Tönen gelobt. Zugegeben, sie war eine Heldin ihrer Zeit, der es gelang, die dunklen Mächte und die aufsteigenden Fatui zu besiegen, aber jeder fing mal klein an. Der Start Lumines in Inazuma war ebenfalls kein leichter. Mitten im Augenhatzdekret stieß die Fremde dem Elektro-Archon sauer auf und forderte die Gottheit sogar zum Kampf auf. In der Stadt Liyue erging es ihr während des jährlichen Ritus der Herabkunft ähnlich, da sie sich gegen Anschuldigungen, den heiligen Rex Lapis ermordet zu haben, wehren musste.
      Lediglich die freiheitsliebenden Mondstädter zollten ihre Unterstützung, ohne jegliche Zweifel an der Kriegerin zu hegen. Ohne Lumine persönlich gekannt zu haben, erwischte der Inazumaner sich dabei, den flüchtigen Gedanken zu pflegen, dass es sich bei dem plötzlichen Auftauchen Aleyvs um ein ähnliches Szenario handelte, aber diese löste er wieder in Rauch auf. Sicherlich lag nur ein Missverständnis vor.

      Als Ikuya die leichten Perlen des Schweißen auf ihrer in angestrengte Falten gelegte Stirn erkannte, rückte er näher an die Brünette heran, entriss ihr den wenigen Halt, den er ihr mit seiner haltenden Hand geleistet hatte und legte stattdessen den Arm unter ihre Achseln. Seine Finger ruhten auf der schmalen Taille der Frau, bemühten sich möglichst unaufdringlich zu wirken und somit das Gewicht seiner Hand nur minimal auf ihr zu Lasten zu tragen. Es gäbe keinen schlimmeren Verlauf, als wenn er sie in dem Glauben ließe, er würde lediglich Hand an ihr legen wollen. Das war definitiv nicht der Fall! Natürlich sah sie wunderschön aus, selbst die Narben des Kampfes konnten ihrer Schönheit keinen Abbruch leisten. Die Duftnote, die ihm beim näherrücken entgegen flog, trug etwas Bekanntes in sich - ein blumiges Aroma, doch vielleicht stieg ihm auch nur das Nakukraut zu Kopf. Den Blick wieder eisern auf den Gipfel gerichtet war Aoyama bemüht, sich nichts von seinen kreisenden Gedanken anmerken zu lassen oder dem Fakt, dass ihm tatsächlich jedes kleinste Detail der Frau in die Augen fiel. Obgleich die langen Wimpern oder die feinen Erhebungen ihrer Lippen, er sog alles davon auf und hätte die Distanz zwischen ihnen lieber wieder aufgebaut. Ein manch anderer hätte vermutlich eher den Drang verspürt, sich auf die bezaubernde Dame zu stürzen, aber nicht etwa der noble Herr. Er hatte Manieren und Stimmen der Vernunft in seinem Kopf.

      Die letzten steilen Schritte der Statue entgegen zerrten auch langsam an seinen müden Muskeln. Noch immer hatte der Flug seine Spuren der Anstrengung in dem recht ungeübten Langstreckenflieger hinterlassen und da er den Weg nun annähernd für zwei hinter sich ließ, machten seine Beine schlapp. Erleichtert atmete er auf, als er Aleyv im weichen Gras vor der Statue niederließ und sich in seine gewohnte Haltung strecken konnte, statt unter der kleineren gebeugt zu verweilen. Lange genoss er den Luxus nicht, kniete auf allen Vieren und senkte den Kopf demütig gegenüber der Gottheit, zu der er beten würde. "Ihr großen sieben, ich bitte um euren Segen. Schenkt der Reisenden Aleyv neue Kraft." Für gewöhnlich sagte Ikuya die Worte nur im Kopf auf, sprach sie dieses Mal jedoch laut aus, damit das Fräulein wusste, was vor sich ging. Der Klang seiner Stimme glich dabei alles anderem als einem Fanatiker, sondern hallte sanft und leise durch die Zugluft der kleinen Bergspitze.
      Wie in seinem Gebet gewünscht, fuhr ein heißes Kribbeln durch die Körper der beiden Betrachter der Statue und ließ sie neue Kräfte schöpfen. Die roten Streifen, die die letzten Überbleibsel ihres Kampfes schilderten, verschwanden mit einem Mal. Der Segen der sieben Götter fand auch in der Fremden seine Wirkung…

      Vielleicht erlangte sie mit ihrer Energie auch ihre Erinnerungen zurück. Wenn nicht, würden die beiden wohl eine längere Reise als den kurzen Spaziergang durch Ritou hinter sich bringen müssen. Der erste Stopp - der Ritterorden der Favonius, in der Stadt des Anemo-Archon.
      A heart's a heavy burden.

    • Sofort als Ikuya die zarte Gestalt ihrerseits näher an sich heran zog, flink und schnell seinen Arm unter ihre beiden Achseln geschoben hatte und seine Hand nun locker, aber bestimmt an ihrer Taille ruhen ließ, durchfuhr die junge Frau ein elektrisierender Schauer. Wohlgleich sie nicht sagen konnte, ob es wegen der Schnelligkeit war, in der seine Tat passierte, oder es der Aufregung geschuldet war, die sie mit einem Mal überkam... All ihre Nackenhaare sträuben sich, als die vorher so professionell wirkende Nähe übergangen wurde und Aleyvs Körper sich nun nahe an dem des jungen Mannes befand. Durchaus, sie müsste lügen, wenn sie sagen würde, dass der Weißhaarige nicht von schöner Gestalt war. Oh, die Attraktivität eines Menschen lag in so vielen Punkten und die Braunhaarige war keineswegs oberflächlich, aber war Ikuya durchaus interessant und von einzigartiger Schönheit. Aleyv schluckte leicht bei diesem Gedanken, aber konnte sie im Nachhinein nicht definieren, ob es ihrer Erkenntnis geschuldet war, dass der junge Mann neben ihr, ihr durchaus gefiel, oder die Erschöpfung noch viel zu stark und präsent in den Knochen steckte und ihr Körper sie eindringlich zur Mäßigung aufrief. Nichts desto trotz biss die Neuangekommene ihre Zähne zusammen und stapfte, im starken Griff des Herren neben ihr, die letzten Meter empor zur imposanten Säule, auf welcher eine kleine Person thronte. Aleyv ließ neugierig den Blick schweifen und musterte das grau des Steines und schmunzelte beim Anblick der goldenen Umrandung, einzelner Segmente dieser. Wer auch immer diese Person war, die obenauf saß und sich die Welt von dort oben angesehen haben musste, es war ein wichtiger Teil der Bevölkerung... Möglicherweise war es auch bald an der Zeit, dass Aleyv in diese wundersame Welt eingeführt wurde, in die sie hier so unfreiwillig geschleudert wurde.

      Nun endlich aber hatten die beiden vom Schicksal zusammengeführten Personen das Ziel ihrer kurzen, wenngleich nicht weniger anstrengenden Reise, erreicht. Mit einem Ächzen ließ Ikuya die etwas Kleinere aus der Umklammerung auf den Boden gleiten und streckte sich erstmal durch. Aleyv strich sich in der Zwischenzeit den Schweiß von der Stirn und die vorgefallenen Haare aus dem Gesicht. Schwer ging ihr Atem, schwerer als sie geglaubt hatte ihn antreiben zu müssen um diese, nun doch relativ beträchtliche Strecke an Weg, hinter sich zu lassen. Mit kraus gezogenen Augenbrauen sah die junge Frau den Weg hinab den sie gerade empor geschrottet waren und schämte sich im selben Moment sehr dafür, dies nicht auch allein geschafft zu haben. Immerhin war die Steigung nichts nennenswertes und auch die Strecke keine große... Dennoch, ihr Körper war erschöpft und sie fragte sich nach wie vor, was passiert war, dass ihre Energie so derartig aufgebraucht war. Seufzend hob sie ihren Blick wieder empor und sah dem jungen Mann entgegen, welcher sich neben ihr auf alle Viere hinab begab und demütig den Kopf hinabsenkte. Beinahe hätte sie ihn davon abgehalten. Ihr Mund war bereits geöffnet, ihre Arme nach vor gestreckt, als Ikuyas Lippen plötzlich bittende Wörter der Heilung entkamen. "... Große Sieben?", flüsterte die Braunhaarige verwirrt. Doch konnte sie nicht weiter nach einer Erklärung fragen. Erstaunt wurden die Augen Aleyvs im nächsten Moment groß. Nicht nur, weil sie verstand, dass er ein Gebet sprach, auch deswegen, was im nächsten Moment passierte. Ein goldener Schein umwob sie, hüllte sie ein wie die wärmste Decke die es je gegeben hatte und hob ihre Kräfte in ungewöhnliche Höhen. Die Heilung genießend schlossen sich der Reisenden Augen und öffneten sich erst wieder, als die Wärme wieder versiegt war. Ein kurzer Blick auf ihre Arme genügte der jungen Frau um zu erkennen, dass die Gottheit, welche Ikuya angebetet hatte, ihre Wunden tatsächlich geheilt hatte und ihr die Erschöpfung aus den Gliedern nahm. Sie fühlte sich wie neu geboren. Ein zartes Lächeln schon sich auf die nun rosig leuchtenden Lippen der Braunhaarigen, ehe sie langsam versuchte ihren Körper zu heben. Mit Leichtigkeit gelang ihr jenes Vorhaben und auch Ikuya erhob sich wieder aus seiner Position. Auch wirkte sein Geist erfrischt und seine Person gestärkt. Die Blicke der beiden trafen sich für einen kurzen Moment, ehe Aleyvs Mund sich öffnete und sie ihren Blick zur Statue wendete. "Das ist unglaublich... Noch nie ist mir etwas derartiges widerfahren! So sag mir... Was genau ist da eben passiert?", die Neugier hatte sie gepackt. Ihre Haare hinter die Ohren streichend, begegnete sie dem Weißhaarigen wieder mit dem Grün in ihren Augen und wog ihr Gesicht in Unglaube, bis Ikuya ihr die Situation erklärt hatte.


      Zumindest erwartete die junge Frau dies. Als er aber meinte, es wäre im Moment noch nicht die Zeit dafür und er würde ihr all die Antworten geben auf die Fragen die sie hatte, aber im Moment wäre es am wichtigsten herauszufinden, wer sie war und woher sie kam, versiegte das Glänzen in ihren Augen und sie runzelte die Stirn. Sie konnte ihm dahingehend gar nicht widersprechen, denn als er nachfragte, ob sie sich nun erinnern konnte wo sie herkam, kam seitens der jungen Frau nur ein verhaltenes Kopfschütteln. Diesen Umstand hätte sie beinahe genauso vergessen, wie das Rätsel um ihre Ankunft hier und wo sie hergekommen ist. Immerhin konnte der Himmel sie nicht einfach so ausgespuckt haben. Ein resigniertes, aber verständnisvolles Seufzen entkam ihren Lippen, aber erkannte sie, dass die Dringlichkeit bei einem anderen Thema lag... Das erkannte Aleyv an und kratzte sich dann im Nacken. "Was... Was schlägst du dann vor? Wohin soll ich gehen, um herauszufinden, woher ich gekommen bin...?", mit ruhiger Stimme, verschränkte die Grünäugige ihre Arme im Rücken und sah den jungen Mann wartend an. Sie ging nicht davon aus, dass er ihr zur Seite stehen würde. Immerhin waren sie sich völlig Fremde, kannten die Namen vom anderen.. Aber das war es auch schon wieder. Aleyv war durchaus gewappnet ihre Reise hier allein antreten zu müssen... Auch wenn sie nicht wusste, wie genau sie dies anstellen würde.

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    • Mit wenig Verwunderung nahm Ikuya es hin, dass Aleyvs Erinnerung noch immer eine Lücke aufwies. Ärgerlich, keine Frage aber der Weißhaarige wusste es besser als ihre Zeit mit Trübsalblasen zu verschwenden. Nicht nur die Brünette verfiel in unendlich viele Fragen, auch in den jungen Zügen ihres neuen Begleiters standen die Fragezeichen geschrieben, doch wenn es irgendwo Antworten geben würde, hatte der Journalist eine Vermutung, wo sie zu finden waren. Lose Erinnerungen wanderten nach Mondstadt, der Stadt der Freiheit, in der wenige Jahre zuvor ein Reisender erschienen war. Vielleicht gab es mehr Verbindungen zwischen den beiden, als im ersten Moment zu vermuten war. So oder so musste der junge Mann dem merkwürdigen Erscheinen Aleyvs auf den Grund gehen. Allein sein Beruf verlangte es, seine Neugier hatte nun mehr sein Interesse geweckt und außerdem konnte er das seltsame Gefühl nicht von sich schütteln, sich für die junge Frau verantwortlich zu fühlen. Es war erschreckend zu sehen, wie wenig Hilfsbereitschaft die sonst so aufgeschlossenen Bewohner an den Tag legten, kaum dass es um ein ihnen fremdes Gesicht ging. Darüber hätte er nur den Kopf schütteln können, aber die Bevölkerung Teyvats hatten schon genug Katastrophen erlebt. Da war ihr Zögern annähernd nachvollziehbar.

      Aus den Gedanken gerissen blickte der Weißhaarige zu seiner Begleiterin hinüber. Der richtige Zeitpunkt, um ihr diese Welt zu erklären, war noch nicht gekommen, aber ihr nächstes Ziel sollte sie schon erfahren - auch wenn ihr der Ort ohnehin kein Begriff sein dürfte. "Vor einigen Jahren erschien schon mal eine fremde Person, die nicht aus dieser Welt stammte." begann er zu erklären, während sein Augenmerk über die Stadt wanderte. Der erklommene Hügel wäre beim Hinabsteigen angenehmer als beim Aufstieg, besonders jetzt, wo sie wieder bei Kräften waren, trotzdem keimte flüchtig die Idee, ob sie den Rückweg gemeinsam gleiten sollten. Lieber nicht… Der Inazumaner war neu in den Lüften und konnte von Glück sprechen, noch keine negativen Erfahrungen gemacht zu haben, da sollte er sich lieber nicht in neue Herausforderungen verwickeln - zumindest, noch nicht. “Im Gegensatz zu euch erschien der Reisende im nördlichsten Reich dieses Landes - Mondstadt, auch die Stadt der Freiheit genannt.” Eventuell könnten sich die Ritter von Favonius einen Reim daraus machen, was vor sich ging. Somit stand für Ikuya fest, was die nächsten Schritte für die beiden waren. Die Alcor, das Schiff der bewaffneten Flotte der Crux, zog schon seit Jahren über die Meere und ermöglichte dem ein oder anderen die Überfahrt. Natürlich leisteten sie diesen Dienst nicht jedem daher gelaufenen Deppen - ganz im Gegenteil, Beidou war alles andere als eine Reiseleiterin, aber für bekannte Gesichter, in deren Schuld sie zudem stand, würde sie sicherlich den Platz entbehren können.

      Ohne weitere Erläuterungen setzte der junge Mann sich in Bewegung, blickte dabei nur einmal über seine Schulter, um seiner Begleitung mit einem Nicken zu signalisieren, dass sie ihm folgen sollte. Erneut passierten sie die kleine Hafenstadt mit den vielen misstrauischen Gesichtern, die sich nur abwandten, als Herr Aoyama seinen Antlitz in ihre Richtung bewegt hatte. Auch wenn es schwer zu glauben war, hoffte er doch darauf, dass Aleyv auf das Gute in den Inazumanern vertraute, statt sie für ihre Skepsis zu verurteilen. Ikuya war abgesehen von diesem Sonderfall ein stolzer Bewohner Inazumas, der die Entwicklung des Inselreiches bewunderte, statt sich für seine Herkunft zu schämen und auch in Zukunft wollte er dieses Gefühl wahren.

      Während sich die meisten Gestalten geschuldet der einbrechenden Nacht zurück zogen, brachen die beiden Abenteurer erst zu ihrer Reise auf, vorausgesetzt Ikuyas Plan würde sich tatsächlich in die Tat umsetzen lassen, denn diesen Deal hatte er bisher ohne das Einverständnis der Piratin geschlossen. An der Anlegestelle herrschte im Vergleich zum immer stiller werdenden Dorf ein reges Treiben. Die letzten Fischer, die ihre Netze über Nacht ausgeworfen ließen, kehrten auf ihren Nussschalen zurück an Land, bereit den Tag zu beenden und auch am größten Frachter des Hafens wurde fleißig gewerkelt. "Beidou!" hob der Bursche seine Hand grüßend in die Lüfte, um die Flottenkapitänin auf sich aufmerksam zu machen, was ihm gelang. Die lange, dunkelbraune Mähne hob sich in der seichten Brise, als die große Frau ihren Schopf zu den beiden in der Ferne wandte. Selbst zu solch später Stunde war die Piratin in einem Hauch von Nichts gehüllt und scheute sich nicht davor ihre weiblichen Vorzüge zur Schau zu stellen. Alles andere hätte einen ohnehin nur gewundert, so kannte man Beidou nun mal - kein Blatt vor den Mund nehmend und das Wort Angst aus ihrem Wortschatz verbannt. Sofort erstrahlte sie beim Anblick Weißhaarigen mit einem breiten Grinsen, kam ihm gar einige Schritte entgegen ehe die Dame einen Arm um seine Schultern warf und ihn seitlich in eine Umarmung schloss. "Na mein Schöner, lange nicht gesehen." Über wie wenig Schamgefühl eine Person verfügen konnte, wunderte sich Ikuya jedes Mal, wenn er der selbstbewussten Piratin begegnete. Mit keiner Regung ihres Körpers fürchtete sie sich vor Ablehnung oder davor Nähe aufzubauen - nicht nur zum Herren Aoyama, sondern so ziemlich zu jedem, mit dem er sie hat interagieren sehen. "Ich fürchte ich muss dich heute um die Begleichung deiner Schuld bitten." kam er gleich zum Punkt und löste sich so gleich aus ihrem Griff, der ihm etwas unangenehm war. Die Brünette war eine bezaubernde Schönheit, so viel stand fest und auch ihre Augenklappe machte ihrer Weiblichkeit keinen Abbruch, trotzdem war sie ihm ein zu hohes Kaliber. Ikuya hielt ja kaum die flüchtige Freundschaft, die sie teilten aus, kaum vorzustellen, wie er in einer Beziehung zu dieser Power-Frau untergehen würde - und es gab nur wenige Weibsbilder, von denen der Inazumaner sowas behauptet hätte. Ein zartes Pflänzchen, das weniger einer lodernden Flamme, an der man sich zu verbrennen drohte, glich, wäre da der passende Match gewesen.

      "Mhm...Verstehe.." grübelte die Anführerin der Crux mit dem Finger am Kinn, ehe sie sich aus den Gedanken riss und freudig den Arm zu Aleyv streckte. "Freut mich dich kennenzulernen." gleich darauf wandte sie sich an die blassblauen Augen des anderen. "Wenn wir über Nacht fahren, könnten wir bei Sonnenaufgang bereits in Liyue ankern. Den Rest der Reise müsstet ihr leider anderweitig zurücklegen." "Natürlich." Stimmte der Redakteur zu, wohl wissend, dass die nördlichste Region Teyvats nicht mit dem Schiff zu erreichen war. "Vom Tianheng-Berg sollte uns der Absprung zur Bishui-Ebene gelingen, sodass wir Am Gasthaus Wangshu eine Pause einlegen und den Rest des Weges über Quellingen zu Fuß beschreiten können." dachte er laut nach, während er sein Augenmerk über den ozeanischen Horizont schweifen ließ. Ein prächtiges Farbenspiel, das den Himmel in seinen Wellen widerspiegelte. Den lieben langen Tag hätte man diese Aussicht genießen können, wenn da nicht das grelle Lachen der Piratin gewesen wäre. Aus den Gedanken gerissen sah Ikuya verwundert zu ihr herüber, bevor sich der Blick mit Aleyv kreuzte. Doch auch das junge Mädchen schien ratlos über den plötzlichen Ausbruch. "Du willst mit ihr gleiten? Ich habe noch nie zwei Personen auf einem Gleiter gesehen. Aoyama, du bist immer wieder für Überraschungen zu haben." schüttelte sie noch immer unter heiterem Gelächter ihren Kopf und winkte den beiden Personen, ihr aufs Schiff zu folgen. Obwohl der geräumige Kahn über viel Platz verfügte, mussten sich die beiden eine Kajüte teilen. Nicht verkehrt auf einem Piratenschiff an der Seite der jungen Frau zu bleiben, wie der Pyromane sich dachte. Die Crew war durchaus vertrauenswürdig aber Vorsicht war besser als Nachsicht, jedoch konnte in den moosgrünen Augen genauso gut der Inazumaner eine zwielichtige Gestalt sein. So oder so, Beidous Entscheidung, nur diesen Platz zu entbehren, stand fest, auch wenn Ikuya sicher war, dass die Piratin sich absichtlich den Spaß erlaubte, die beiden gemeinsam unter Deck zu schicken. So hatten die beiden zumindest genügend Zeit, einige Fragen zu beantworten.
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    • Die wenigen Worte die der junge Mann an Aleyv richtete bevor sie aufbrachen, ließen doch etwas an Hoffnung in der Braunhaarigen aufkeimen. Sollte es wirklich so sein, dass es bereits einen ähnlichen Fall vor ihr hier gegeben hatte, dann würde es wohl auch Antworten darauf geben, warum gerade sie hier in dieser Welt gelandet war. Gleichzeitig malte sie sich jene Person aus, die bereits hier gewandelt war und in dieser Welt ihre Spuren hinterlassen hatte. Kurz kehrte sich ihr Haupt wieder herum und sah zur Statue empor, wo obenauf das gesichtslose Wesen hockte? War das eine jener Personen, die sie hier wie eine Gottheit verehrten? Ein bedecktes Seufzen entkam Aleyv, als sie merkte, dass es für sie noch so viele Geheimnisse zu lüften gab. Weiters, und diese Erkenntnis übermannte sie erst relativ spät, hieß dies für die Braunhaarige, dass Ikuya sie hier nicht alleine lies, sondern die Reise zur Enthüllung ihrer Ankunft mit ihr gemeinsam bestreiten wollte. Ein schmales Lächeln zeichnete sich auf den Lippen der Grünäugigen ab, als ihr gewahr wurde, was der Weißhaarige für sie auf sich nahm, obwohl sie einander fremder nicht sein konnten. Erst als sich beider Blicke wieder trafen und ihr der junge Mann mit einem leichten Nicken zu verstehen gab, dass sie nun starten würde, die gemeinsame Reise in besagtes Land der Freiheit, schien es für die Angekommene, dass dies nun ihre Zusammenarbeit besiegelte. So setzte sie dem schnellen Schritt seinerseits hastig hinterher und durchquerte, mit einem wohl gewählten Abstand zu seiner Person hinterdrein, die bereits durchlaufene, kleine Ortschaft. Nun konnte Aleyv aber endlich auch mit voller Aufmerksamkeit dieser ihre Blicke widmen und konnte sich das größer werden ihrer Augen nicht verkneifen, während diese von links nach rechts, von oben nach unten, alles an Eindrücken einfingen, dass sie für den Moment sehen konnten.

      Es waren die losen Sakurablüten, die sich leicht wie Federn angetrieben durch den frühsommerlichen Abendwind durch die Lüfte kräuselten, sanft auf den dunklen Mahagoniplanken der mit Holz verbauten Veranden niederließen, nur um aufgetürmt ein kleines, rosa Kissen zu formen, deren die junge Frau Beachtung schenkte und so auch endlich die wohl traditionell erbauten Gebäude erkannte. Frei baumelten an den Dachvorsprüngen und einzeln im dichten, grünen Gras versenkten Pfeilern rot-orange leuchtende Laternen, fern hörte man das sanfte, melodische Klirren eines Windspieles... zusammen mit dem rascheln der Blätter, als auch die großgewachsenen, Aleyv aber völlig unbekannten Bäume, vom abendlichen Luftzug heimgesucht wurden, tauchten sie die Ortschaft beinahe in eine romantische Szenerie, in der es mit Sicherheit nichts ungewöhnliches war, wenn man um diese Uhrzeit ein Picknick am Meer vorschlug. Fasziniert über alles was sie in diesen wenigen Minuten ihrer Zeit hier nicht schon übersehen hatte, war die junge Frau umso erstaunter über die Schönheit dieser scheinbaren Insel und wie sich alles in ein gesamtes, stimmiges Bild fügte. Sogar der Fuchs, welchen sie in einiger Entfernung quer durch die mit weißen und rosaroten Blümchen gespickte Wiese erkannte, welcher sich die letzte Wärme des Sommertages, gespeichert in einem großen Steinblock, einverleibte, trug nicht mehr zur ihrer Verwunderung bei. Mehr noch, beobachtete sie das stolze Tier für einen kurzen Moment. Das Paar spitzer, in orange und schwarz getauchte Ohren aufmerksam aufgestellt und gleichsam die müden Augen gen Himmel gerichtet, schien es, als würde auch er in den unendlichen Weiten des Himmels etwas suchen, dass nicht gefunden werden konnte. Aleyv musste bei diesem Gedanken beinahe etwas schmunzeln und erkannte gleichsam sein Abziehen. Ob es zum für ihn wohl nötigen Schlaf ging oder er sich noch auf die Pirsch legte, blieb unbeantwortet.

      Ihr weißhaariger Begleiter und sie selbst hatten mittlerweile bereits das Dörfchen hinter sich gelassen, was der jungen Frau erst dann gewahr wurde, als Ikuya so plötzlich seine Stimme hob und die so zerbrechlich wirkende Idylle, welche sich Aleyv in dem kurzen Spaziergang hierher aufgebaut hatte zerstörte. Beinahe schon erschrocken blieb die Braunhaarige hinter ihrem Begleiter stehen und erkannte eine ihr unbekannte Dame, die auf den Namen Beidou hörte, auf sie zu stolzieren. Sie waren wieder am Pier angekommen und vor ihnen lag, triumphal, ein vortreffliches Schiff vor Anker. Den Blick von dem Gefährt zurück auf Ikuya und dann auf die benannte Dame richtend, war es im ersten Moment ihr breites Grinsen, dass Aleyv von ihr wahrnahm. Je näher die offensichtliche Kapitänin jedoch kam, desto mehr weiteten sich der jungen Frau Augen und ihre Mine verhärtete sich in Schamgefühl... beinahe hatte sie sich an ihre Wangen gegriffen, um die aufkommende Röte zu verdecken, aber trug diese, wohl bestimmt ehrvolle Frau, viel zu wenig Stoff am Körper. Sich räuspernd, richtete die Braunhaarige ihren Blick nach unten und starrte auf ihre Füße, wo sie doch hoffte, dass dies helfen würde, das Bild ihres halbnackten Körpers aus ihrem Kopf zu verbannen. So gewahr es auch, dass die beiden kurz ein paar Sätze untereinander wechselten als vor ihrer Nase plötzlich der in festes Leder gehüllte Arm ihrerseits auftauchte, die Hand freundlich zum Gruß anbietend.

      Nun, sich schnell fassend, erhob Aleyv ihren Kopf wieder, setzte ein kleines Lächeln auf und suchte ihren Blick, ehe sie in die Hand der Kapitänin vorsichtig einschlug, aber mit der Härte ihres Griffes überrascht wurde, als sie zudrückte und den Arm der Fremden durchschüttelte. "Die... Freude... ist ganz meinerseits.", entgegnete die junge Frau Beidou nun mit einem leichten, schmerzenden Zähneknirschen und rieb sich danach unauffällig ihre Knöchel... diese Frau war nichts für schwache Nerven... so viel stand fest. "Na dann, lasst uns euch Landratten mal einquartieren!", die Arme in die Hüften gestemmt, machte die Brünette am Stand kehrt und führte sie über die Seitenplanke hinauf auf ihr Schiff. "Wir haben im Moment nur eine unserer Kajüten für Besucher zur Verfügung. Aber das Bett ist groß genug und das Zimmer geräumig... na dann, ich wünsche eine angenehme Überfahrt!", mit jenen Worten, in denen sichtlich ein großzügiges Augenzwinkern lag, führte Beidou die Reisenden in benanntes Zimmer und schloss mit einem Rumpeln die Türe hinter ihnen. Da standen sie also nun. Aleyv hatte einen ihrer Arme um ihren Oberkörper geschlungen und schickte ihren Blick quer in den mit Holz vertäfelten Raum herum. Links von ihnen stand das Bett, gegenüber der Eingangstüre war ein kleines Fenster. Unter jenem stand ein Schreibtisch, auf welchem eine halb abgebrannte Kerze, ein Tintenfass und Federkiel, sowie ein Buch thronte, davor ein hölzerner Stuhl und rechts daneben eine kleine Kiste... das war es... Die Braunhaarige hielt nach ihrem Rundgang die Luft an und sah auf das zuvor so groß angepriesene Bett hinab und biss die Zähne zusammen. Es wäre groß genug, falls beide von ihnen Kinder waren... oder schnurgerade Schläfer... Ein Seufzen entkam ihr.. da hatte sich die Kapitätin wohl einen Scherz erlaubt, denn auch Ikuya, der in ihrem Augenwinkel die Kajüte musterte, erschien ihr mit einmal seltsam versteift. Die junge Frau löste ihren Arm aus der Umklammerung und legte sich ihre Hand kurz vor die Augen, strich Daumen und Zeigefinger mit festem Druck ihre Augenbrauen entlang, nur um für einen kurzen Moment ihren Nasenrücken zu drücken und ihre Augen zusammenzukneifen ehe sie sich wieder entspannte und der Situation einfach nachgab.

      Es war schon einigermaßen dunkel geworden. Von draußen schien nur dimm das Licht einer Laterne durch das gläserne Fenster und schenkte dem kleinen Raum nur mäßig Helligkeit. Aleyv schritt auf den Schreibtisch zu und nahm die Kerze in die Hand. Mit dem handgroßen Gebilde aus Wachs kehrte sie sich wieder zu dem Weißhaarigen um und sah ihn schmunzelnd an. "Du hast nicht zufälligerweise etwas dabei, mit dem wir uns etwas Licht verschaffen könnten?", die Kerze unsicher in den Fingern drehend, konnte Aleyv nicht wissen, welch Geheimnis manche Bewohner dieser Welt in sich trugen, weshalb sich ihre Augenbrauen auch verwirrt nach oben kräuselten, als ein amüsiertes Lächeln auf den Lippen des jungen Mannes erschien.

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Die knarrende Holztür, die mit einem weiteren Quietschen ins Schloss fiel, trennte die beiden vom lautem Geheul der Schiffscrew. Unter Deck hörte man ihr Stampfen, das rege Treiben, um den Betrieb des Kahns zu sichern, und doch war es nicht mehr als eine dumpfe Melodie über ihren Köpfen. Bereits die Hand ausgestreckt und zum Bett gerichtete, wollte Ikuya der jungen Frau den weichen Untergrund zur Erholung anbieten, ihr die vielen Fragen nehmen, doch Aleyv bekam davon gar nichts mit. Die Brünette hatte ihm bereits den Rücken gekehrt und wandte sich anderen Dingen zu - genauer gesagt einer Möglichkeit, den Raum zu erhellen. Mit einer Kerze in den Händen, bat sie um Hilfe. Ein gewöhnlicher Inazumaner hätte vermutlich keine Sekunde gezögert und beim Kramen in den Taschen sicherlich ein Streichholz entbehren können aber Ikuya war nunmal kein gewöhnlicher Bewohner der Insel. Lächelnd sah er zu ihr und wies ihr mit einem Nicken an, sich einige Schritte von ihm zu entfernen. Es wäre sicherer gewesen, den Klumpen Wachs wieder auf der Tischplatte ruhen zu lassen. Für seine Präzision war er gewiss bekannt, doch ein Narr steckte nicht in seinen Knochen. Trotz der potentiellen Gefahr und sich dem Risiko bewusst, bestand der Weißhaarige nicht darauf. Was wollte er ihr beweisen? Dass er mit dem Feuer spielen konnte? Sowas war zuvor noch nie von Belangen, also warum entschied er sich zu dem waghalsigen Manöver? “Nicht erschrecken.” Die letzte Warnung, bevor der Mann seine Klinge zückte und zu einem sanften Schlag ausholte. Seine Bewegung war elegant, alles andere als von grober Gewalt geleitet. Das schöne Schmiedestück war weit genug von Aleyv entfernt und kaum der Grund für seine Warnung, diese galt eher dem roten Schimmer, in dem das Schwert getaucht war. Alsgleich aus der Scheide gezogen, entfachte eine Flamme rund um den Stahl. Ein Herantreten an die Klinge hätte sicherlich genügt, um den Docht der Kerze zu entzünden, doch ein hirnrissiger Impuls zwang ihn dazu, mit seiner Fähigkeit zu handeln. Mit einem sachten Schwung formten die Flammen ein Seil, das geradewegs auf den Docht steuerte und lediglich einen heißen Hauch in die Richtung der Dame ließ. Trotzdem ein unnötig eingegangenes Risiko des Mannes, der Machogehabe und Großkotzigkeit nicht dulden mochte. Was war bloß in ihn gefahren? Anzugeben sah ihm nicht ähnlich. Es war definitiv an der Zeit, dass die beiden ein längeres Gespräch führten.

      In dem romantischen Flackern der Kerze gehüllt, bat Ikuya die zierliche Frau auf der Matratze Platz zu nehmen, während er sich selbst an der Schreibtischkante anlehnte. Die Arme vor dem Körper verschränkt und die Züge in einen nachdenklichen Ausdruck gezogen, wusste der Redakteur kaum einen Anfang zu machen. Wie sollte man einer fremden Person erklären, wie diese Welt funktioniert?

      “In der Welt Teyvat, herrschen sieben Elemente - Feuer, Wasser, Eis, Blitz, Wind, Erde und Leben. Doch die Harmonie zwischen den Elementen wurde vor langer Zeit gestört, als das Land mit einem Fluch belegt wurde. Eines Tages, als ein geheimnisvolles Wesen aus einer anderen Welt in Teyvat ankam, begann eine Reise, die das Schicksal der Welt verändern sollte. Dieses Wesen war der Reisende, der in einer Welt voller Gefahren aufbrach, um seine verlorenen Verwandten zu finden. Gemeinsam mit den Einwohnern der verschiedenen Reiche kämpften sie gegen die Feinde des Untergrunds und lernten, ihre eigenen Elementarkräfte zu nutzen, um Teyvat zu retten. Im Laufe der Reise offenbarten sich jedoch auch dunkle Geheimnisse und Intrige, die die Wahrheit über die wahren Vergehen Teyvats offenbarten. Es gelang dem Reisenden, seine Bestimmung zu erfüllen und den Fluch des Herrn der Zeit zu brechen. Seither war der Frieden über das Land eingekehrt. Die Kreaturen der Dunkelheit verschwanden und der damalige Glanz der Städte war wiederhergestellt.”

      “Was du eben gesehen hast, war meine elementare Fähigkeit. Mit meinem göttlichen Auge werde ich von Pyro begleitet. Ein Element, das eher selten in Inazuma aufzufinden ist.” erklärte er weiter, noch immer den Blick abgewandt, ehe er schließlich in das leuchtende Moosgrün blickte. “Ich befürchte, dass dein Erscheinen in unserer Welt kein Zufall ist.” Es blieb nur zu hoffen, dass der Ritterorden Antworten finden würde. War ihr Land erneut einem schrecklichen Schicksal geweiht?
      A heart's a heavy burden.

    • Als ihr der junge Mann die Anweisung gab, sich doch etwas von der Kerze und dem Tisch zu entfernen, zögerte Aleyv für einen Moment. Kurz noch hielt sie das Wachsgebilde in ihren feingliedrigen Fingern, ehe sie dem Wunsch des Weißhaarigen nachkam und sich von dem Schreibtisch abwand. Ihr neugieriger Blick wechselte von der Kerze auf Ikuya und wieder zurück. Was genau konnte sie nun erwarten? Sie war in der Annahme nun einen einfachen Taschenspieler Zaubertrick zu sehen... Ein aufglimmen von Funken, ausgehend von zwei Feuersteinen, ein Streichholz, das er präzise mit den Fingern von sich wegschnippte und treffsicher beim Docht zum erliegen brachte. Doch all dem war nicht so. Die junge Frau beobachtete ihn dabei, wie seine Hand zielgeführt an den Knauf seines Schwertes wanderte und diesen umgriff. Auch wenn von ihrem Begleiter keine spürbare Gefahr ausging, so zog es ihr einen kurzen Moment doch die Kehle zusammen, als ihr gewahr wurde, wo und mit wem sie sich hier eigentlich befand. Viel zu leichte Beute wäre sie im Grunde in diesem Augenblick, die der ihr so Fremde ausnutzen konnte... Aber ihre Sorgen blieben unbegründet, mehr noch, wurde sie wirklich von Zauberei überrascht, aber einer viel unglaublicheren, als sie angenommen hatte. Die Klinge seines Schwertes erleuchtete in wärmlichen Rot, kaum hatten sich seine Finger völlig im den ledernen Knauf geschlossen und jene aus der Halterung gezogen. Die Augen Aleyvs weiteren sich, ihr Geist gefesselt von dem, was sie erkannte und von dem sie Zeugin war.

      Dann ging es plötzlich schnell... Ikuya zog mit einem sanften Schnurren die eiserne Klinge und vollführte einen punktgenauen Schwertstreich in Richtung der Kerze, als sich aus der Spitze der Klinge eine Schnur aus Glut und Feuer löste, sich getrieben von dem Schwung des Schlages, tänzelnd auf den Docht zubewegte und diesen erleuchtete. Kurz war der gesamte Raum in einen hellen Schein getaucht, legte sich bedrohlich auf seine und ihre Züge und untergrub beider Augen mit dunklen Schatten. Es erschrak sie, dass konnte die Braunhaarige nicht abstreiten. Überwältigt von dem was sie sah, stolperte sie doch ein zwei Schritte nach hinten, stieß an der Bettkante an und verlor, mit den Armen rudernd, beinahe das Gleichgewicht, konnte sich aber gerade noch so fangen. Mit einem Surfen erklang das Schwert des jungen Mannes, welches zurück in seine Halterung gefunden hatte. Der sprachlose Blick der Grünäugigen aber war fest auf die flackernde Flamme gerichtet.

      Ikuya erkannte den Schrecken, der ihr ob dem, das nie eine Gefahr bestanden hatte, in den Gliedern saß und bot Aleyv an, es sich doch auf dem Bett gemütlich zu machen. Er müsste ihr etwas über diese Welt verkünden, in die sie so planlos gestolpert ist. Seine Stimme erhob sich und die Ankommende folgte ihm aufmerksam. Es klang beinahe wie ein fantastisches Märchen, was er ihr unterbreitete. Menschen, die die Elemente beherrschen konnten, eine Welt, die vom Bösen gebeutelt war und nur durch die Hand eines Helden gerettet werden konnte... Kreaturen, Monster, unglaubliche Wesen, freundlich gesittete Bewohner, Flora und Fauna wie aus den Vorstellungen eines Träumers... "Teyvat...", wiederholte Aleyv mit einem nachdenklichen Schmunzeln in der Stimme. Ihre Stirn hatte sich in verwirrte Falten gelegt... Irgend etwas löste der Name in ihr aus... Denn auch als Ikuya ihr die nächste Nachricht überbrachte, dass er glaubte, dass ihre Ankunft hier nicht zufällig gewesen sein sollte, durchzog ein seltsam vertrautes, aber überwiegend ungeordnetes Gefühl ihren Körper.

      Aleyv schluckte dann jedoch die aufkommende Enge in ihrem Hals hinab. Was er sagte ließ sie in nicht los und ließ sie schwer seufzen. Sie konnte spüren, dass er Antworten brauchte um ihr Erscheinen hier einordnen zu können. Aber da war er nicht der einzige. "W-wenn ich mich erinnern könnte, wo ich war, bevor ich am Strand aufgewacht bin... Warum ich hierher gekommen bin und was ich davor gemacht habe... Ich schwöre dir... Ich würde es dir sagen... Aber immer wenn ich versuche mich an die Zeit davor zu erinnern... Sehe ich nur... Dunkelheit... Und... Winzige, leuchtende Punkte um mich... Stimmen die flüstern... Und Schritte... Und dann... ", ihr untröstlicher Blick erhob sich wieder. Sie war wieder eingeladen, in das satte Meerblau einzutauchen, dass durch das schummrig leuchtende Orange der Kerze silbern gebrochen wurde. Ihre vom Sprechen geöffneten Lippen schlossen sich, ihre Augenbrauen lösten sich aus der gekräuselten Starre. Ikuya schwieg. Um sich aber selbst von dem Umstand abzulenken, dass der junge Mann vor ihr, sie als schlechtes Omen abstempelte, dachte sie erneut kurz über seine Worte nach und musterte seine Kleidung. Ein roter, rundlicher Kristall fiel ihr ins Auge, welcher eingefasst in eine silberne Brosche an seinem Gürtel verweilte. Zögerlich reckte sie ihr Kinn in die Richtung. "Das göttliche Auge.. Ist es das? Wie... Wie hast du es erhalten?"

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Tiefe Falten der Sorge legten sich beim Runzeln der Stirn auf die viel zu jungen Züge, um solche Narben der Zeit zu tragen. Noch immer war nicht klar, womit die beiden es zu tun hatten und eine Antwort schien ebenso wenig in greifbarer Nähe zu sein. Erst die helle Stimmfarbe der Brünetten riss ihn aus seinem beunruhigten Ausdruck, der zuvor leer auf das Hin und Her der winzigen Flamme fokussiert gewesen war. "Erinnerungen kehren wieder, wenn man bereit dazu ist. Versuche sie nicht zu erzwingen." antwortete Ikuya auf den untröstlichen Blick der zierlichen Person. Sich selbst unter Druck zu setzen würde ihnen auch nicht weiterhelfen - im Gegenteil, ihr Verstand würde sich womöglich noch mehr vom Geschehenen verschließen. Ein Abwehrmechanismus, der nicht ohne Grund zum Vorschein kam. Mit einem schweren Atemzug suchte der Sauerstoff einen Weg ins Innere seiner Lungen. All diese willkürlichen Ereignisse erneut durchleben zu müssen, in der Angst, die Welt wie man sie kannte zu verlieren, war gespenstisch. Es kam dem Inazumaner beinahe wie ein Fehler auf der Zeitachse vor. Erneut war es Aleyv, die den Weißhaarigen aus seiner Gedankenwelt zurück in die Realität beförderte. Sanft neigte der Kopf zu einem Nicken, nachdem die Augen flüchtig zur Hüfte geschielt hatten, an der das runde Objekt hing. Das leuchtende Rot des Elements Pyro stand im deutlichen Kontrast zur Kleidung des Inselreiches. Es stach gerade zu wie ein Fremdkörper neben all den Lilatönen hervor, als verlangte es regelrecht nach Aufmerksamkeit. Neben der Pyromanin Yoimiya, die ihre Klamotten ihrem Familienerbe gerecht in den Farben des Feuerwerks angepasst hatte, war Ikuya der einzige Bewohner Inazumas, der ein rotes göttliches Auge zu seinem Besitz zählen konnte. Der goldene Rahmen entsprach dem seines Heimatlandes, einer zarten Fassung mit drei Punkten auf dem höchsten Punkt des Auges. Keiner wusste so recht, ob es auf dem Standort des Trägers basierte, wenn er das Auge erhielt oder es doch der Ort war, den die Person als Heimat betrachtete. Bei dem Weißhaarigen entsprachen beide Kriterien demselben Ort. Schmunzelnd erinnerte er sich an einen der schlimmsten Tage seines Lebens. Noch immer widerfuhr ihm eine Gänsehaut bei den Bildern, die ihm vor Augen kamen, obwohl ihm heißer nicht hätte sein können. Nachweisliche Fakten zum Erhalt dieses göttlichen Segens gab es kaum, vieles beruhte lediglich auf groben Nachsagen. Trotz der endlosen Forschungen, die es zu dem Thema gab, konnte keiner definitive Aussagen treffen, geschweige dessen sie belegen zu können. Gerüchten zufolge konnten Sterbliche, die Heldentaten vollbrachten, nach Celestia reisen - einer schwebenden Insel hoch im Himmel Teyvats. Der mysteriöse Ort galt als der Sitz der Götter und der Aufstieg in ihr Reich als höchste Ehre. Wer würde nicht gerne als Gott über das eigene Volk wachen? Das göttliche Auge galt als ein Allogen, ein Potential, selbst von göttlicher Natur zu werden, doch bisher soll es nur zwei Menschen gelungen sein, diese Prophezeiung erfüllt zu haben. Ikuya hielt das Ganze für ein längst verjährtes Märchen, das man den Kindern zum Einschlafen erzählte. Ein kleiner Schimmer der Hoffnung, eine höhere Bestimmung neben den Monstern unter ihrer Betten. "Ein göttliches Auge ist ein Geschenk, das als Zeichen der Anerkennung von den Göttern verliehen wird." begann er dem neugierigen Moosgrün zu berichten und verlor sich dabei erneut in dessen Schönheit. Ikuya sah darin das satte Grün der Wiesen jenes Sommers, an dem sein Leben einen Umschwung nahm. Eine finstere Erinnerung, die ihn bis heute Schweißgebadet aus Albträume erwachen ließ. Nichtsdestotrotz hätte er es nicht missen wollen, da er ohne dieses Ereignis vermutlich kein Träger des Segens wäre. Die elementaren Fähigkeiten, die der Anhänger an einer feinen Schlaufe seiner Hüfte hängend ermöglichte, wollte der Inazumaner nie mehr missen. Ruhig hatte er da gelegen, auf seiner Seite, den Kopf im hohen Gras ruhend, während die anderen auf der Suche nach dem besten Aussichtspunkt die hohe Krone des Baumes hinter ihm erklommen. Jedes Jahr spielte sich diese Szenerie ab, jedes Jahr aufs neue lag Ikuya da, umgeben von den anderen Kindern und dem Rest des Reiches, das an dem Sommerfestival teilnahm. Gespannt warteten sie auf den Höhepunkt des Abends - dem Feuerwerk der Naganohara Familie. Wie immer zu dieser Jahreszeit, doch an dem Sommer, an dem Aoyama vierzehn Jahre alt wurde, war alles anders. Anstelle des lauten Knalls über ihrer aller Köpfe, war die Explosion unter ihren Füßen zu spüren. Vibrierend zog es sich in das Mark, ließ einige Kinder im Geäst sogar den Halt verlieren, während das harmonische Blau seiner Augen sich in ein leuchtendes Orange tränkte, beim Anblick der lodernden Flammen.

      "Angeblich gibt es zwei Wege ein Auge zu erlangen: ein neues Auge erscheint vor den Auserwählten oder ein herrenloses Auge wird reaktiviert. Meines gehört zu ersteren." Surreal, wenn der junge Mann sich daran zurückerinnert. Ein kleines Medaillon, das unmittelbar vor ihm erschien. Erst dachte der Herr, es sei nichts weiter als eine Halluzination. Zu viel Rauch hatte er beim Versuch, die Bewohner aus dem Feuer zu retten, eingeatmet, doch es war wahrhaftig da. Einige Aussagen zum Urteil wurden die "Visionen" in vielen verschiedenen Situationen empfangen, Nahtoderfahrungen waren nur eine von vielen. Ein Sprichwort lautete: "Wenn jemandes leidenschaftlicher Ehrgeiz hell brennt, werden die Götter ihren Blick auf dich werfen." Hätte Ikuya es in Worte fassen müssen, wäre Ehrgeiz wohl der letzte Begriff seiner Wahl gewesen. In einem Meer aus Feuer, den strengen Geruch von Verbranntem in der Nase, dem Rauch, der in den Augen brannte und die eigene Haut, die vor Hitze zu schmelzen drohte ließ ihn nur daran denken, schnell die Menschen zu befreien, die in diesem Chaos gefangen waren. Die wenigsten in seinem Alter hätten sich freiwillig in den Pilz der Detonation gewagt, doch für den Vierzehnjährigen bestand kein Zweifel. Er hätte es jederzeit wieder getan. Nur einer von vielen Gründen, wieso der Herr solch ein Ansehen im Inselreich genoss. Auch wenn das Trauma noch im Inneren verankert war, ging er offen damit um. Den Schmerz zu schlucken und in eine dunkle Schublade zu verbannen, hätte die Erinnerung nur schmerzlicher gemacht - das wusste er. Deswegen scheute er auch nicht davor der zarten Schönheit diese Geschichte zu offenbaren.

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    • Sie zwinkerte Ikuya entgegen... langsam legte sich wieder die Müdigkeit in ihre Augen, es brannte und fühlte sich schwerfällig an. Aleyv atmete tief durch und nickte auf seine Worte hin, welche ihre verlorenen Erinnerungen ansprachen. Sie würden sich offenbaren, wenn die Zeit dafür wieder reif war. "Du hast wohl Recht...", murmelte dann der kirschrot gefärbte Mund der jungen Frau, welcher es trotz Gefasstheit nicht verhindern konnte, nur kurz, schmollend die Unterlippe vorzuschieben. Vor noch gut 2 Stunden war auf jenem nichts als die totennahe Blässe zu verzeichnen. Doch durch das beherzte Eingreifen Ikuyas und seiner fürsorglichen Annahme ihrerseits, war die Kälte verschwunden und nichts als umarmende Wärme blieb in ihren Gliedern übrig. Es war schon beinahe kitschig, nein beängstigend, wie gut diese Überleitung auf das Thema passte, dass die Grünäugige so unverfroren und unwissend ansprach. Sie versuchte sie zu unterdrücken, die müden Tränen die ihr in die Augen schossen, als sie ein herzhaftes Gähnen unterdrückte, während sie ihren flüchtigen Blick von dem göttlichen Auge, hoch gleiten lies in das nachdenkliche Gesicht des jungen Mannes. Er sah zu Boden hinab, seine Mimik leicht hinter vorgefallenem, weißen Haar versteckt. So musste sich die Brünette etwas nach rechts neigen, um das Antlitz ihres Wegbegleiters einzufangen, dessen Züge mit einmal, sehr düster wirkten... und wirklich, er teilte mit ihr, was in seinem Kopfe spukte. Während er sprach und ihr seine Geschichte, diese abstrus wirkende Verkettung von Umständen, verkündete, entdeckte Aleyv an ihr eine Veränderung, die so auch noch nie in Erscheinung getreten war. Solange Ikuya sprach, hang sie an seinen Lippen um jedes Wort, jedes Detail, dass dieser so gebildete Mann von sich gab, aufzusaugen... doch war es nicht nur die Information, die die Neugier der Angekommenen ins Herz sog, auch seinen Schmerz, der sich so sichtbar auf seinen kantigen Gesichtszügen ausbreitete, begann die Grünäugige zu spiegeln und fand sich alsbald selbst mit zusammengebissenen Zähnen, fest gerunzelter Stirn und angespanntem Kiefer wieder. Aleyv wusste nicht, was es war, dass ihr diese Empathie in diesem Moment bereitstellte, aber konnte auch sie das Brennen, dass der junge Mann ihr beschrieb, selbst auf den Wangen und den Fingerspitzen fühlen... untröstlich rutschte ihr Blick von dem Kopf Ikuyas ab, hinab zur flackernden Flamme der Kerze, die sich auf dem Tisch weiter und weiter ausbreitete. Von dort war es nur ein kleiner Schwenk, zu dem verführend und gleichermaßen verräterisch funkelnden Rot des göttlichen Auges, dass so triumphal in seiner goldenen Fassung ruhte und der Braunhaarigen mit einem imaginären Grinsen entgegenstrahlte. "Auserwählte also... eine Anerkennung der Götter...", es beliebte ihr nicht, in diesem Moment ruhig zu bleiben, aber sie musste. Auch wenn es nicht auf Anhieb ihre Art war, so hätte sie ihren Gefährten eben gerne in eine tröstende Umarmung gezogen, wenn sie ihm somit nur einen Teil seiner Erinnerung erleichtern konnte damit. Dann umwob Stille die beiden und es war nur mehr das zarte Zischen der Kerzenflamme im Zimmer zu hören, die dumpfen Schritte und Schreie der Matrosen an Deck. "Danke das du das mit mir geteilt hast... ich weiß es... sehr zu schätzen...", vorsichtig hob Aleyv ihren Blick wieder empor und erkannte das Nicken des jungen Mannes, welcher die Arme vor der Brust verschränkt hatte.

      Mit einem festen Ruck setzte sich das Schiff nun plötzlich in Bewegung und lies die junge Frau nach Halt suchen. Sie wurde regelrecht zurück ins Bett gedrückt, so fest zog der Wind die Segel nach vor und beschleunigte das Gefährt auf eine achtenswerte Geschwindigkeit. Bald schon hörte man das Meerwasser, wie es rauschend zu ihren Füßen an der dicken Holzwand vorbeigepresst wurde, der Fahrtwind, der an dem Bullauge ihrer Kajüte zerrte, es weder zu öffnen noch zu schließen versuchte... Ikuya hatte seinen Blick aus jenem kleinen Fenster gerichtet und Aleyv wurde eines gewahr... sie hatten ihre Schlafsituation noch nicht geregelt. Es war ihr jedoch auch durchaus unangenehm es anzusprechen, weshalb sie an das Kopfende des Bettes rutschte und einen der beiden Polster hinter sich platzierte, die Beine quer über die Seite der Matratze hinaushängen lassend. So konnte sie sich zumindest etwas einigeln und die andere Hälfte könnte sich Ikuya nehmen. Ihre Schuhe von den nackten Füßen abstreifend, zog sie ihre Beine an, legte den linken Arm unter den Polster und klemmte diesen zwischen ihrem Kopf und Oberarm ein, während ihr rechter Arm locker auf dem einen Ende der Decke ruhte. Beinahe unverzüglich als sie sich in diese Schlafposition begeben hatte, drückten ihre Lider schwer von oben hinab und zwangen die junge Frau ihre Augen zu schließen, sie im nächsten Moment jedoch tapfer wieder aufzureißen. Ihr gesamter Körper wurde schwer wie Blei... all ihre Gelenke schmerzten, ihre Beine fühlten sich an, als wäre sie eine Woche durchmarschiert. Was auch immer sie hierher gebracht hatte... es hatte all ihre Kraft genommen. "Ikuya?", hörte sie sich selbst leise nuscheln. Das Rascheln seiner Bewegung die sich ihr zuwandte, das "Ja?", welches seinen Mund verlies und ihr Gespür dafür, dass sein wartender Blick aus gesenkten Lidern auf ihr lag, bestätigte Aleyv, dass er ihr zuhören würde. "Du sagtes doch Teyvat wird von sieben Elementen beherrscht... wie kann ich mir die Ländereien unter dem Einfluss dieser vorstellen?", es war der Grünäugigen ein Rätsel, wie sie ob ihres übermüdeten und erschöpften Zustandes noch einen solch sinnvollen Satz von sich geben konnte, aber es war wahrscheinlich die bloße Neugier die aus ihr sprach, seitdem Ikuya die Präsenz der Elemente auch nur im Ansatz erwähnt hatte. Ein kurzes Schnauben war zu hören... weniger interpretierbar war aber die Art, zu welcher man das Schnauben einordnen konnte. Aleyv befürchtete, dass diese Frage den Rahmen sprengen würde für diese späte Stunde, doch zollte der junge Mann ihre Frage mit Antwort. Ein Lächeln huschte über die Lippen Aleyvs... er nahm sie ernst. Und wieder durchdrang die sanfte Erzählstimme des Weißhaarigen den kleinen Raum... es war wie das dunkle, melodische Flüstern eines seltenen Instrumentes... wie die warme Milch mit Honig, die man als Kind trinken durfte um in die schönsten und wohlbehütetsten Träume zu sinken... wie die letzten Strahlen der wärmenden Sommersonne, nach einem Tag voller Anstrengung... ach, wie viele Beschreibungen sie zu seiner Person finden konnte... und wie sehr sie sich grämte, dabei eingeschlafen zu sein.

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    • Einen Moment lang kehrte Ruhe in die zuvor durch Ikuyas Stimme erhellte Kajüte ein und legte sich sanft, ganz und gar nicht unangenehm um die beiden, die sich erst wenige Stunden kannten. Es zollte von tiefer Verbundenheit, so sah zumindest der Weißhaarige es immer, das Beisein eines anderen genießen zu können, auch wenn sie nichts Taten und keine Worte austauschten. Nicht mit vielen war der junge Herr in der Lage, Stille zu ertragen, ohne ein Gefühl des Unbehagen zu empfinden. Lediglich der nervöse Fuß, der auf dem hölzernen Boden leise zu tippen begann, ließ erahnen, dass es sich bei den beiden nicht etwa um ein lang eingespieltes Team handelte. Nicht, weil Aleyvs Schweigen ihn zappeln ließ, sondern eher die Anspannung des noch nicht gänzlich verarbeiteten Traumas dafür sorgte. Die Bilder vor seinem geistigen Augen, die das Blau des Meeres, das sie durch die kleine Luke betrachten konnten, verabschiedeten und stattdessen in ein Feuerrot tränkte, schmerzten noch immer in seiner Seele. Unweigerlich stieg ihm der Geruch von Verbranntem in die Nase, was er jedoch mit einem Schielen auf den flackernden Kerzen-Doch begründete. Erst die reine Stimmfarbe der Brünetten riss ihn aus seiner Trance. Der Inazumaner hatte nicht mal gemerkt, wie angespannt er zuvor war, bevor ihre Lippen Worte zu bilden begannen. Ein schwerer Atem entwich seinen Mundwinkeln, während sich ein Hauch von Erleichterung in seiner Brust breit machte. Wieso auch immer, ihre Meinung schien ihm wichtig zu sein. Aleyv verurteilte ihn nicht, zeigte im Gegenteil Anerkennung für seine Überwindung. Flüchtig und kaum merkbar zierte ein Lächeln seine Züge, verschwand jedoch bei dem heftigen Ruck, der den Kahn in Bewegung versetzte und die Dame in die dünne Matratze zwang. Schmunzelnd sah er dabei zu, wie sie nach Halt suchte, ehe das Blau heller als der Himmel gen Bullauge wandte. Die Faszination für den technischen Fortschritt hegte er bereits als Kind, wurde durch seinen Beruf jedoch nur stärker befeuert. Ständig auf der Suche nach Neuem und Besserem zu sein, wurde schließlich zu seinem Alltag. Solch ein gewaltiges Gefährt in Regung zu versetzen, war durchaus beeindruckend. Trotzdem konnte sie nicht ganz mit der neugewonnenen Freiheit mithalten, die dem Redakteur durch den Gleiter verliehen wurde. Während das strahlende Violet der kristallenen Anhänger seiner Ohren freudig dem hin und her der Wellen folgte, hatte der Bursche etwas mit dem Gleichgewicht zu kämpfen. Der Start war holprig, jedoch würde sich dies legen, sobald sie den Hafen verlassen hätten und die Segel den ozeanischen Winden folgten. Mit aufgenommenen Fahrtwind schien der schwimmende Holzkoloss gezähmt, während der Schwall des Wassers nunmehr einem sanften Schaukeln glich. Wie eine Wiege, die einen behutsam in den Schlaf wog. Gebannt von den schäumenden Wellen betrachtete er ihr stetiges Brechen. Viele kleine Luftbläschen hinterließen ihren weißen Schaum am Schiffsrumpf. Ein Anblick, an dem sich der Reisende kaum satt sehen konnte. Abwesend formte sein Unterbewusstsein eine Antwort auf den Ruf Aleyvs, bis er seinen Namen aus ihrem Munde verarbeitet hatte. War es das erste Mal, dass sie ihn aussprach? Nein, es kam ihm zu bekannt vor, der Klang ihrer Melodie, die die Handvoll Buchstaben aneinander reihte, oder irrte er sich? Es war schrecklich ungewohnt, dieses zarte Geschöpf seine Anrede verwenden zu hören. Nur wenige nannten ihn bei diesem aufgrund seines hohen Status und des Bekanntheitsgrad. Dessen ungeachtet fühlte es sich keineswegs falsch an, ihn von Aleyvs Lippen zu lesen. Samt gehobener Braue schenkte er ihr seine Aufmerksamkeit und entdeckte den Neuankömmling, eingekugelt auf einer Seite des Bettes. Wenn ihre Frage nicht eine Erläuterung das halbe Dasein dieser Welt umfasst hätte, wäre Ikuya an dem Anblick hängen geblieben. Stattdessen seufzte er bei all den Gedanken, die ihm zu ihrer Neugier als Antwort einfielen. "Die sieben Götter dieser Lande sind ausschlaggebend für die Blüte jener Reiche. Die Stadt der Freiheit, zu der wir aufbrechen, steht unter dem Schutz des Gottes der Winde - Barbatos. Seine Gläubiger und die Kinder dieser Stadt tragen häufig das göttliche Auge des Anemo Gottes, aber wie auch bei mir lässt sich das nicht verallgemeinern. Mondstadt ist vermutlich das Reich mit dem diversesten Aufkommen an elementaren Anomalien. Fast als wären die Länder nichts weiter als die Geburtsstätten der Götter und ihrer Elemente. In jeder Region sind Rückstände der göttlichen Herkunft zu finden. In Inazuma gibt es einen Baum, der von unerklärlichen Blitzen durchzogen wird, ebenso Gebiete, die in einen violetten Blitz Nebel getaucht sind. In Mondstadt sind Ansammlung von Luftströmen zu finden, die einen die Schwerkraft durchbrechen lassen und einen Turm, der in einen alljährlichen Sturm gehüllt ist." begann er eine Geschichte zu erzählen, die länger war als die Strecke, die vor ihnen lag. Als der Atem dieser kleinen Person zu vernehmen war, wusste Ikuya, der es sich derweil auf dem Boden, in der Ecke neben dem Schreibtisch gemütlich gemacht hatte, dass Aleyv dem dringend benötigten Schlaf verfallen war. Den eigenen Kopf zuvor an die vertäfelte Innenwand gelehnt, hob er diesen, um sich seiner Annahme zu vergewissern. Auch wenn ihre Absichten nobel waren und sie bereit war, das Bett mit ihm zu teilen, würde Ikuya ihr die Unannehmlichkeiten ersparen. Für eine Nacht ein Preis, den er bereit war zu zahlen. Die Hände auf die Knie gestützt, zwang er die müden Knochen ein letztes Mal, ihm zu gehorchen, damit der Weißhaarige dem Mädchen eine angenehme Nacht bereiten konnte. "Aleyv." hauchte er ihren Namen so sanft, dass er kaum zu hören war. Ikuya wollte sie nicht wecken, lediglich ihren Tiefschlaf kurzzeitig unterbrechen, damit sie sich auf der Matratze ausbreiten würde. Zögerlich hielt er inne, bevor er vorsichtig die Hand anlegte, um ihren schwebenden Beinen Untergrund zu gewähren. In die Decke gehüllt und bis über die Schultern geworfen, ließ der Herr ihr die nächtliche Ruhe, bis ihre moosgrünen Augen am nächsten Tag das Licht Liyues erblicken würden. Er selbst fand anschließend erneut in der kleinen Ecke seinen Platz, um mit einem schmerzenden Rücken und steifen Nacken in den nächsten Abschnitt ihrer Reise zu starten.
      A heart's a heavy burden.

    • "... so fiel sie durch und durch die Stern'... des Königs Schutz zu ihrer rechten... zur Linken das Licht der Fern'.. kein böser Blick möge sie ächten... Himmelskind man nennt sie gern..."

      ".. eyv...", dumpf hörte sie eine bekannte, aber im Moment viel zu schwammig klingende Stimme rufen. Ein Wort, dem sie keine Bedeutung zuschreiben konnte. "... leyv...", wieder erklang sie, diesmal bestimmter. Warum wackelte ihre verdunkelte Welt mit einmal so ungezügelt? Die junge Frau hörte sich selbst schwer atmen, ein Brummen entkam ihr. Was wagte es, ihren Schlaf zu stören, welcher doch so erholsam war? Wer würde es wagen, sie aus der wohligen Wärme zu ziehen, die ihren Körper umschloss? "Aleyv!", nun, als sie die Stimme die ihren Namen rief klar und deutlich wahrnehmen konnte, fiel es der Braunhaarigen auch wie Schuppen von den Augen, wo sie war und mit wem sie sich reisend schimpfte. Verdattert, noch viel zu sehr vom Schlaf vereinnahmt, riss sie ihre mit müden Schatten unterlegten Augen auf und starrte mit getrübten Blick auf das noch viel müder wirkende Gesicht des Weißhaarigen, welcher über ihr stand, leicht hinabgebeugt, ihre linke Schulter fest mit seiner Hand umschlossen. Natürlich... er hatte sie wachgerüttelt. "Hm... ja, was?", schlaftrunken richtete sich der Körper der jungen Frau empor, während ihre demonstrativ geweiteten Augen den Anschein erwecken sollten, dass sie bereits putzmunter war. Aleyv konnte noch nicht einschätzen, wie schnell Ikuya sie durchschauen konnte, weswegen sie seinem prüfenden Blick einfach ein paar Sekunden standhielt. Die Morgensonne legte sich quer über das Gesicht ihres Begleiters und erleuchtete es zur Hälfte. Sie konnte es beinahe fühlen... wie das Licht der Sonne von seinem Antlitz abprallte und sich auch als sanfter Schein auf dem ihren niederlies. Das sonst so frisch hervorstrahlende Blau seiner Augen war von einem ermattenden Grau hinterlegt, sein Gesicht wies leichte Fältchen auf, seine Lippen erschienen angespannt und auch sein Haar... es hang ihm ungeordnet und etwas zerzaust ins Gesicht. Im ersten Moment wurde Aleyv nicht schlau aus dem was sie erkannte. Der junge Mann vor ihr richtete sich nun langsam gerade, die Wärme seiner Hand auf ihrer Schulter versiegte und ein Räuspern durchdrang die Kajüte. Er sagte ihr, dass sie vor wenigen Momenten in Liyue angelegt hatten und ihre Reise nun fortführen könnten. Er trat einen Schritt nach hinten, meinte, er würde dann draußen auf sie warten. Die Grünäugige nickte nur und konnte seiner Gestalt nur zusehen, wie sie durch die quitschende Tür verschwand.

      Nun war es an ihr, sich zu sammeln und die vergangene Nacht wieder zu rekonstruieren. Ein herzhaftes Gähnen schlich sich aus ihrer Kehle, veranlasste ihre vom Schlaf entspannten Glieder sich zu strecken. Die noch schwachen Hände suchten sich ihren Weg in ihr Gesicht, rieben ihre Augen, ihre Wangen und die Stirn, ehe sie ihre Arme, noch eher unmotiviert auf die Decke hinabfallen lies. Ihre Dcckung fallen gelassen, saß ihr nach wie vor der Schlaf im Blick, welcher hinter halb gesenkten Lidern durch den Raum glitt. Erneut hob ihr rechter Arm sich empor um ihre Wange zu kratzen, als es sie wie ein Blitz durchfuhr... Decke? Ihr Körper versteifte leicht. Wie konnte sie es nur übersehen haben? Nie und nimmer hatte sie sich selbst in diese Position gebracht... was eigentlich nur bedeuten konnte... was heißen musste, dass... die Erkenntnis die Aleyv in diesem Moment überkam, lies sie sprachlos zurück. Sie hatte es sich also wirklich nicht eingebildet, noch war es ein Traum gewesen, seine Gestalt über ihr, welche sie bettete und es ihr so gemütlich wie möglich machte. Ihr Kopf war wie wie leergefegt, kein Gedanke traute sich auch nur Raum einzunehmen, der ihr diesen Moment streitig machen würde. Dieser Mann... wieso war es gerade jetzt, dass sie Wärme seiner Hand auf ihrer Schulter zu spüren war? Ihr zitternden Finger leicht zu Fäusten formend, schluckte sie den Kloß hinab, welcher sich stetig in ihrem Hals gebildet hatte und versuchte die Hitze auf ihren Wangen zu unterdrücken, die auf jenen aufkam. Die Decke nun ernergisch zurückziehend, konnte Aleyv keinen Moment länger in Ruhe sitzen bleiben, nachdem ihr gewahr wurde, was Ikuya diese Nacht für sie getan hatte und was er im selben Zuge für ein Opfer darbrachte. Wenn sie das gesamte Bett genutzt hatte, hieß das im Umkehrschluss, dass der Weißhaarige entweder gar nicht geschlafen hatte, oder die Nacht auf dem Boden verbracht haben musste. Während ihre Gedanken kreisten, schlüpfte die Grünäugige in ihre ledernen Schuhe, kämmte sich ihre Haare mit den Fingern durch, sodass sie frei von dem Haarknoten leicht gelockt auf ihren Schultern Halt fanden und kam nach langem Hin und Her zu dem Entschluss, dass es egal war, welche Situation die richtige war. Er hatte ihr stummes Angebot selbstlos abgelehnt und ihr Wohl vor sein eigenes geschoben... und all das ohne auch nur eine Gegenleistung zu verlangen oder anderweitig eine Bringschuld eintrieb. Er musste nichts davon tun... und tat es trotzdem. Sie kannten sich nicht im geringsten... und trotzdem behandelte er sie mit jener weiterdenkenden Fürsorge, die Aleyv nur von alten Ehepaaren kannte. Sei es wie es sei, sie schuldete ihm etwas. Es war ihr egal, wie sie ihm diese Tat gleichstellen würde... sie würde sich bedanken.

      Nur kurze Zeit später führten ihre gewählten Schritte sie den selben Weg zurück, den sie gestern gegangen waren um unter Deck zu kommen. Sie stieg die Treppen empor um nun endlich auch das Tageslicht zu spüren, welches sich zuvor so drängend durch das Bullauge zwängte. Ihre Ohren empfingen die Stimmen des jungen Mannes und der Kapitänin, wie sie unverständliche Worte wechselten. So war es Beidou, die ihre Gestalt als erstes wahrnahm, da sie von Ikuya nur den Rücken zu sehen bekam. "Na sieh mal einer an, wer es aus den Federn geschafft hat... Guten Morgen ! Na, oder eher Mahlzeit, hehe und willkommen in Liyue!", ein bauchiges Lachen verlies ihre Kehle, während sich ihre trainierten Arme in ihre Hüften stütze, nachdem sie Aleyv zugewunken hatte. Der Blick des jungen Mannes traf sie über die Schulter. Vorerst wollte sie zu ihnen aufschließen, mehr noch, steckte ihr ein erfreutes "Guten Morgen" selbst in der Kehle, als sie aber beinahe zeitgleich von dem Panorama in den Bann gezogen wurde, welches sich Backbord erstreckte. Eine Stadt, umringt von einem steinernen Hang, welcher wie ein schützender Umhang fungierte. Mit rotem Gehölz gebaute und grünen Schindeln eingedeckte Häuser, stachen wie riesige Torbögen in die Lüfte. Bäume mit gülden leuchtendem Blattwerk, bauschten sich wie kleine Farbtupfer zwischen den Dächern und Häusern auf. Beinahe magisch wurde die Braunhaarige, welche die Stadt mit großen Augen in sich aufsog, an die Reling gezogen, nur um ihrem Staunen noch ein paar Sekunden länger nachzugeben. Sie erkannte in der Ferne, dass sich im Hafen zig Personen tummelten, es roch nach Fisch, Feuer und Früchten. Der Wind trug ein wirres Stimmenknäuel in ihre Richtung, durchzogen von dem kiekenden Schreien der Möwen, legte sich kühl auf ihre Haut und hinterließ ihr eine zarte Gänsehaut. Hatte sie ihr Ankunftsort schon in den Bann gezogen, umso mehr war diese Stadt ein wahrer Augenschmaus... und nicht nur ihr Geist verlangte nach neuem, auch ihr Bauch meldete sich nun zum ersten Mal lautstark zu Wort, in dem er ein protestierendes Knurren von sich gab.

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Der Trubel in den frühen Morgenstunden riss Ikuya aus dem ohnehin nicht tiefen Schlaf, in den er lediglich vor Erschöpfung gefallen war. Wie ein Igel hatte er die Nacht eingerollt in der Ecke des Raumes verbracht und Ewigkeiten damit zu kämpfen gehabt, eine angenehme Position für seinen Kopf zu finden. Ungesund, abgeknickt, lehnte dieser über Stunden auf der faserigen Oberfläche des Holzes, bevor die vielen dumpfen Schritte über ihn den Tag einleiteten. Das engelsgleiche Wesen am anderen Ende des Zimmers schien unberührt von der Geräuschkulisse zu sein. Anhand ihrer Erschöpfung nicht verwunderlich, außerdem hatte der Weißhaarige schon immer einen leichten Schlaf. Schmunzelnd beliebäugelte er die zarte Kreatur, die eher einem Wollknäuel ähnelte als einem Menschen. Die Decke zwischen ihren Beinen einverleibt und die Mähne Kreuz und quer über das Kissen verteilt. Selten hatte Ikuya eine Frau in solch friedlicher Haltung beobachtet. Schutzlos lag sie da und doch wog sie sich in der Sicherheit ihres Begleiters. Wie lange war es her, dass er selbst so tief in die Traumwelt gedrungen war? Er wusste die Frage nicht zu beantworten. Erneut ertönten die Klänge des Kahns, die eilenden Piraten, die dem dumpfen Befehlston ihrer Kapitänin folgten und von einem Manöver ins andere justieren. Mit zunehmender Geräuschkulisse war sich der Pyromane sicher, dass sie den Hafen erreicht hatten und ein Blick aus dem kleinen Sichtfeld ihres Kämmerchens bestätigte seine Vermutung. "Aleyv wach auf, wir sind da." sprach er ins Leere, während sein Blick noch einen Moment länger an den hellen Strahlen der Sonne hängen blieb. Töricht von ihm zu glauben, dass seine Worte die Prinzessin aus ihrer Position reißen würden, wenn das Poltern über ihren Köpfen schon nicht dafür sorgen konnte. Ein weiteres Mal versuchte der Herr sein Glück, trat dabei näher an die Brünette heran, nur um abermals zu versagen. Sorge legte sich auf seine Züge. War es normal, dass sie nicht zu wecken war? Es erforderte mehrere Wiederholungen und ein Schütteln an ihrer Schulter, bis Aleyv tatsächlich Regung zeigte, doch zumindest konnte Ikuya bei ihrer verschlafenen Rückkehr aufatmen. Der Gentleman, der er war, gewährte ihr die Privatsphäre, die einer Dame Zustand - sofern diese Dame nicht mit einer anderen gerissenen Dame zu reisen hatte. Beidou verstand es, Ärger zu stiften. Die junge Kämpferin war weniger zimperlich in vielerlei Hinsicht und nahm sich, wonach ihr war. Eine Piratin durch und durch. So überraschte es den Inazumaner auch nicht, dass sie in gewohnt knappen Kleidern und einem breiten Grinsen auf ihren Lippen den Arm um seinen Nacken legte, während ihre Neugier die Worte "Naaa, angenehm genächtigt?" formte.

      Natürlich gab er ihr nicht die Genugtuung, die ihr aufgeweckt glitzernder Blick forderte. Ein wahrer Mann genoss sein Vergnügen stillschweigend, wobei es nichts nennenswertes zu berichten gab. Ganz im Gegenteil, die Frau, die kein Blatt vor den Mund nehmen konnte, wäre vermutlich im heiterem Gelächter ausgebrochen. Allein die Vorstellung des noblen Herren, der einsam in der Ecke kauerte… Ein Bild, das Aoyama lieber für sich behielt. Stattdessen bedankte er sich für die sichere Überfahrt. Gerade waren die beiden dabei in ihr übliches Geschwätz zu verfallen - die Anführerin der Crux, die unheimlich viel zu erzählen hatte, und der Redakteur, dem ein offenes Ohr in die Wiege gelegt wurde, doch das Erscheinen der neuen Reisenden rettete den Jungen. Über die Schulter hinweg trafen sich ihre Blicke. Aleyv sah um einiges fitter aus als am Tag zuvor und ihr Haar gebändigter als noch vor einigen Minuten. Dann verlor er das Moosgrün. Nicht viele hätten mit der gewaltigen Aussicht eines Sonnenaufgangs in Liyue mithalten können. Ein Kampf, vor dem sich Ikuya bewusst geschlagen gab und den Vorteil hatte, dass er wiederum jede Regung in Aleyvs Antlitz bewundern konnte. Die Freude, die sie ausstrahlte, die geweiteten Augen, die im Glanz der Sonne noch heller funkelten und die sanft geöffneten Lippen, die nicht wussten, ob sie ihre Begeisterung zum Ausdruck bringen sollte oder nicht. Zu seiner Zeit ging es ihm ähnlich. Die Eindrücke, die man als Inselbewohner sammelte, waren für gewöhnlich limitiert. Sein halbes Leben hatte er in Inazuma verbracht und war durchaus zufrieden bis zu diesem Punkt. Einmal die Weiten des Meeres überschritten, die Höhe der Berge erklommen, gab es für den Redakteur kein Zurück mehr. Zu atemberaubend war die Welt, auf der er weilte. "Auf den ersten Blick eine unbeschreibliche Schönheit, nicht wahr?" erklang seine Stimme seelenruhig, während sein Augenmerk noch immer auf ihrem Profil lag. "Man darf jedoch nicht vergessen, dass Schönheit seinen Preis hat." wandte er schließlich zur Kulisse, die Aleyv den Atem raubte. Dabei nickte er mit einer gehobenen Braue in Richtung des gewaltigen Torbogens, der sich zwischen zwei Tempelanlagen erstreckte und eine schier endlose Treppe säumte. Jede einzelne Stufe würden sie erklimmen müssen.

      Der erste Halt, nachdem sie die Hürde der Höhenmeter hinter sich gelassen hatten wäre das Wanmin Restaurant. Die lautstarke Beschwerde des knurrenden Magens hatte der Reisende nämlich ganz und gar nicht überhört. Obwohl der Inazumaner insgeheim ein talentierter Koch war, überließ er Mao den Vortritt. Ikuya würde auf ihrer Reise noch genügend Gelegenheiten haben, um seine Kochkünste unter Beweis zu stellen. Außerdem bekam man nirgendwo anders eine authentische kulinarische Kostprobe Liyues als bei diesem Restaurantbesitzer. "Hier lang." streiften seine Finger zart den Arm der Brünetten. Sicherlich hatte sie viele Eindrücke zu verarbeiten. Es war ein Leichtes, sich in dem Anblick zu verlieren. "Wir kommen später nochmal auf den Hauptplatz. Lass uns erstmal zu Kräften kommen." zog er sie sanft vom aus Bambusstäben erbauten Stand des Erzhändlers Shitou davon. Der kleine Ganove hatte Aoyama in vorherigen Jahren reichlich Mora aus den Taschen gezogen mit seinen Wetten. Einige Male hatte der Weißhaarige Glück und traf tatsächlich auf Jade, doch für gewöhnlich war es für jeden Kunden das reine Verlustgeschäft. Dem jungen Mann blieb nichts anderes übrig, als darüber zu lachen und somit ging einer seiner Mundwinkel in die Höhe. Zumindest diese Seele konnte er aus dem verhängnisvollen Glücksspiel retten. Gerade ihrer eigentlichen Richtung zugewandt, blieb der stolze Herr abrupt stehen. Beinahe waren die zwei in eine fein gekleidete Dame gestoßen. Unweigerlich unterbrach der Pyromane jeglichen Körperkontakt zu seiner Begleitung, die Miene ernst, gar seine Haltung wurde steifer. "Ningguang." sprach er den Namen der Dame der Jadekammer aus, nachdem er den Kloß in seiner Kehle mit einem Schlucken verabschiedet hatte. Eine herzliche Begrüßung… "Aoyama." hauchte die Blondine ihm entgegen. Eine verführerische Melodie, die er zu gut kannte. Erschreckend wie bedrohlich das Selbstbewusstsein dieser Frau wirken konnte. Ikuyas Kiefer spannte bei jedem ihrer Worte. "Ich hörte von hohem Besuch. Ich hätte mir denken können, dass du nicht fern sein wirst." ihre goldenen Honigtöpfe von Augen scannten die Fremde, ehe sie wieder auf das sanfte Blau trafen. Der Qixing sagten Ausländer schon immer, nach allwissend zu sein. Mit einem Zauber sei sie angeblich in der Lage, aus ihrem Palast im Himmel jedes Gespräch oder Treffen zu belauschen, doch Ikuya kannte sie besser als die vielen Gerüchte, die kursierten. Er kannte ihr Geheimnis; mehr noch gehörte er neben ihren drei Vertrauten zu den wenigen Ausnahmen, die ihren schwimmenden Palast betreten durften. Tage, die schon lange hinter ihnen lagen, aber noch immer zwischen ihnen zu stehen schien. Zumindest war dem Inazumaner bei genauerer Betrachtung die Anspannung anzusehen. "Liu Su lädt heute Abend zu einer besonderen Aufführung ein. Man sieht sich?" Kaum ausgesprochen, zog sie von dannen. Die knallharte Business-Frau weilte selten unter Normalsterblichen und ein Fan von dem Geschichtenerzähler war sie noch viel weniger. Ihre Einladung verfolgte tiefere Zwecke, so wie Ikuya sie kannte. Einem der sieben Sterne Liyue konnte man einen Wunsch nicht abschlagen.

      Geistesabwesend setzte er sich in Bewegung. Ihre Mägen waren schließlich noch immer leere und warteten ungeduldig auf etwas Essbares. Es dauerte eine Weile bis die Spannung seiner Muskeln nachließ und Aleyvs Präsens ihn wieder ins Hier und Jetzt brachte.
      A heart's a heavy burden.

    • Ihre Finger krallten sich unweigerlich etwas in das dunkelbraune Holz der Reling, als der Weißhaarige von hinten auf sie zutrat und seine Worte an Aleyv richtete. Sie konnte seinen Blick auf ihrem Haupt spüren, was ihr Kiefer dazu veranlasste sich etwas anzuspannen. Was war es, dass dieser Mann an sich hatte, was ihr dieses undefinierbare Gefühl .. diese Nervosität in den Nacken setzte? Sie könnten einander fremder und unbekannter nicht sein... und doch... das Vertrauen das Aleyv ihm gegenüber verspürte, schon seit sie ihre erste Bekanntschaft am Strand machten, versiegte keinen Moment oder schwächte ab... nein, mehr noch. Es wandelte sich stetig weiter... beinahe so, als würden sie sich schon eine lange, sehr lange Zeit kennen. Ihre abdriftenden Gedanken wieder ordnend, versetzte sie ihr Bewusstsein wieder ins hier und jetzt und verbannte das in ihrem inneren Auge erscheinende Antzlitz des neben ihr verweilenden Herren wieder in ihren Hinterkopf und nahm sich vor, diesem Gefühl nun für eine Zeit keine Aufmerksamkeit zu schenken. Sie würde sich dem schon wieder widmen... aber zuerst musste ihr Erwachen hier in dieser Welt geklärt werden. Ein Seufzen erklang aus ihrer Kehle, tief und beinahe etwas traurig klingend. Langsam aber gewählt glitt ihr Blick über all die winzigen Details die die junge Frau im Moment vom Schiff aufsaugen konnte. Ein schwaches Nicken bestätigte des Blauäugigen erste Aussage über die Stadt, die sie wie eine alte Freundin, wartend im Türrahmen des gemeinsamen Horts des Aufwachsens, in die Arme schließen wollte. Das Rauschen des Meeres und das Platschen der Wellen gegen den Rumpf untermalte die kurzen Momente des Schweigens, als Ikuya ihr durch eine Floksel das nächste Ziel ihrer Reise verkündete. Neugierig reckte sich der Braunhaarigen Hals in die Höhe und ihre wachen Augen erkannten nun auch, was ihr Begleiter so formschön umschrieben hatte. Ihre zuvor so begeisterte Miene bekam einen Knacks, als sie die schier unendlich wirkenden Stufen erkannte. Doch sei es wie es sei... der Hafen war erreicht, sie konnten ihrem eigentlichen Ziel nur näher kommen, würden sie nun auch diese kleine Herausforderung stemmen. Mehr noch, war sie voller Tatendrang, sich in diese mystisch anmutende Stadt zu werfen und sie mit all ihren Kleinigkeiten in sich aufzusaugen.

      Beidou zum Abschied winkend konnte Aleyv ihre zuvor so ruhiggestellten Beine endlich nutzen und trieb sie zum Lauf die Planke hinab an. Eigentlich war sie keine Freundin des Tages... die Helligkeit und die Wärme der Sonne laugten sie schnell aus, aber hier im Hafen umwob eine kühle Brise ihren Körper und auch die Sonne stand ob der frühen Stunde noch flach am Himmel. So maschierte sie neben Ikuya, welcher ihr mit einem Fingerzeig die Richtung deutete, her, neben all den am Hafen ansässigen Händlern, die eben ihre Ware auspackten und schon begannen, entweder mit der Kundschaft zu feilschen oder nette Zwischengespräche mit Standnachbarn zu führen. Ein Lächeln schob sich auf die Lippen von der jungen Brünetten, die sich herumkehrte um all die neuen Bilder in sich aufzunehmen und stieg dann, neugierig auf das was über dem Horizont der Treppen noch auf sie warten würde, die steinernen Stufen empor. Kurze Zeit später traten sie über die Schwelle, welche die Treppen mit der Stadt verband und Aleyv konnte nicht anders, als staunend den Kopf zu heben und herumzudrehen und sich die meterhohen Gebäude anzusehen. Das Rot des Gebälks strahlte ihr satt in Farbe und Glanz entgegen, als wäre es nicht nötig, es Jahr für Jahr neu zu bestreichen... als würde es seine tiefe Farbe beinahe von Zauberhand beibehalten. Natürlich, ihr Auftreten heimste ihr die schiefen Blicke und großen, fragenden Augen der Anwohner ein. Soldaten, Millelithen wie sie in Liyue genannt wurden, traten zu kleinen Grüppchen zusammen und schüttelten verwirrt ihre Häupter. Eine Fremde, gekleidet in dunkle Beinkleider und ein weißes Hemd... als wäre es ihre Absicht aufzufallen. Sie stellte schon einen komischen Anblick dar... nirgends dazugehörend, aber doch hang etwas an ihr, was den Einwohnern Liyues zeigte, dass sie keinerlei Gefahr darstellte. "Hier lang...", vernahm Aleyv dann die sanfte Stimme Ikuyas, der ihr Staunen wohl lange genug geduldet hatte und sie nun tiefer in die Hauptstadt bringen wollte. Ihr aufgeweckter Blick traf den seinen. Beinahe zeitgleich verspürte sie die kühlen Fingerspitzen seinerseits an ihrem linken Oberarm, worauf sie ihrem Begleiter ein feines Lächeln schenkte. Mehr noch, das Strahlen ihrer Augen konnte die junge Frau im Augenblick sogar selbst wahrnehmen.

      Sie bestritten ihren Weg weiter. Mehr und mehr interessantes schob sich Aleyv in den Blick... von einer Verkäuferin, die mit Schmuck und fremden Edelsteinen handelte... über eine bullig wirkende Dame, die als Sicherheitsposten vor einer Teestube verkehrte... einem kleinen, fahrenden Imbissstand, an welchem sich lachend und tratschend die ersten Personen zusammengefunden hatten um Fisch am Spieß zu verspeißen... bis hin zu einem Unterstand aus Bambusstäben, wo ein dicklicher Mann namens Shitou hausierte und sein Gestein an den Mann bringen wollte. Jade, wie Aleyv herausfinden konnte... nur leider war sie wohl von gefälschter Natur und trug deswegen kein bisschen Wert an sich. Schade, wenn man bedachte wie schön bereits dieser Stein in der Sonne glänzte und glitzerte. Ikuya tat schon das richtige die junge Frau von diesem Stand wegzuziehen. Seine langen Finger umschlossen halb das Handgelenk der Reisenden, als sich beider Körper herumdrehten und abrupt wieder zum stehen bleiben gezwungen wurden. Wohl erschrocken lies der Weißhaarige von ihr ab und versteifte in seiner Körperhaltung. Der Schwung der im Ansatz des Gehens steckte, zwang die Grünäugige beinahe dazu, zu stolpern und vor der so plötzlich erschienenen Dame vor ihnen einen Kniefall zu vollziehen. Doch fing sich Aleyv gerade noch und kam, wenn nicht weniger tollpatschig wirkend, vor der als Ningguang betilten Frau zum stehen. Ihren Körper begradigend, spürte sie die eiserne Spannung zwischen den beiden. Stumm verfolgte sie das Gespräch zwischen ihnen und kam nicht darum her, sich beinahe in ihren Augen zu verlieren. Etwas an ihr, und Aleyv war sich sicher, dass es nicht nur, das selbstsichere Auftreten ihrerseits war, schrie die Braunhaarige an, auf Abstand zu bleiben. In ihren bernsteinfarbenen Augen lag nicht nur die zuckersüße Wärme von Honig, nein... sie sah die dunklen Schatten dahinter. Und als hätte Ningguang ihren Gedankengang hören können, traf ihr herabsehender Blick auf das Moosgrün, welches ihr sonst so unaufgeregtes Gesicht dazu zwang, kurz, wenn sogar kaum sichtbar, eine Augenbraue zu heben und im Anschluss von dannen zu schreiten. "Wer war das?", war Aleyvs erste Frage, nachdem die blondhaarige Dame außer Hörweite war und auch Ikuya schien, als hätte er sich wieder aus einstiger Starre erholt. Die Leichtigkeit aus dem Blick der Brünetten war verschwunden. Ein dumpfes Gefühl blieb in ihrer Magengegend zurück... und das war nicht dem geschuldet, dass sie neben diesem wohl unschönen Aufeinandertreffen immer noch Hunger verspürte. Der Weißhaarige gab ihr als knappte Antwort, dass sie zuerst das Gasthaus aufsuchen würden und dann über alles sprechen würden. Aleyv stimmte mit einem "Ist gut..." ein und folgte Ikyua weiter, der den gekommenen Weg wieder zurück einschlug, dorthin wo die junge Frau zuvor die Männer und Frauen den gegrillten Fisch essen sah.

      Wenig später saßen beide Gefährten hinter dem Restaurant und hatten die Ruhe die sie suchten, um ihre hungringen Bäuche zu füllen. Ikuya fragte wohl nur der Höflichkeit wegen, ob es etwas gab, das Aleyv gerne essen würde. Da die junge Frau jedoch völlig unwissend über die regionalen Spezialitäten dieser Welt war, bat sie einfach darum, etwas zu nehmen, von dem der Weißhaarige wusste, dass es gut schmecken würde. So kam Ikuya kurze Zeit später mit zwei Schüsseln von etwas zurück, dass sich "Schwarzrückenbarsch Eintopf" nannte.Dankend nahm Aleyv eine der hölzernen Schalen entgegen und blickte neugierig auf den Inhalt hinab auf ihr Gericht. Es lag auf der Hand, dass eine Hafenstadt ihre Speisen auf Fisch und Meeresgetier ausrichtete... es roch fantastisch. Mit einem tiefen Atemzug inhaltierte sie die delikaten Duftnoten... die blumige Süße, die salzige Frische und... etwas vertrautes kitzelte sie in der Nase, von dem sie beinahe wieder eingeholt wurde. Es war die selbe Schärfe, mit der junge Mann sie am Strand erweckt hatte. "Hm...", entkam es Aleyv belustigt und sie zog eine amüsierte Schnute, während ihr Griff sich um den Löffel verfestigte. Wartend schielte sie aus dem Augenwinkel zu dem jungen Mann neben sich und wartete höflich darauf, dass auch er es sich gemütlich gemacht hatte, ehe sie ihrem nach Nahrung verlangenden Körper keine Sekunde länger Einhalt gebieten konnte, den Kopf kurz hinabbeugte, die Augen dabei schließend und nach einem letzten, zufriedenen Seufzen, den ersten Bissen der heißen Speise zu sich nahm.

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von cada ()

    • Am liebsten hätte er geschwiegen und die Erinnerungen an die vergangenen Tage wieder in die dunkle Ecke gedrängt, in die sie gehörten. Es war nicht so, dass der für sein junges Alter wissende Mann keine Geheimnisse für sich behalten konnte. Vielmehr war das Gegenteil der Fall. Für gewöhnlich schwieg Ikuya wie ein Grab, doch er musste Aleyv früher oder später eine Antwort liefern. Glücklich darüber, ihre Neugier vorerst verschmerzen zu können, fuhr er mit seinem gewohnten Plan fort. Ihre Mägen würden sich über etwas warmes Freuen, welch bessere Spezialität hätte sich am Hafen Liyues besser geeignet als der gekochte Schwanzrückenbarsch? Das Fischgericht war nicht nur aufgrund des frischen Fangs eine gute Wahl, sondern auch die darin verarbeiteten Glasglocken und die Jueyun-Chili waren bekannte Zutaten der Region. Mit letzterer hatte die Brünette bereits Bekanntschaft gemacht. Ikuya hoffte nur, dass ihr die leichte Schärfe schmecken würde, schließlich lag das Geheimnis des Gerichts in den zerstoßenen Glasglöckchen, die nicht nur für ein Geschmacks- sondern auch ein Dufterlebnis sorgten. Was, wenn sie kein Fisch mag?
      Es kam ihm leider erst in den Sinn, als er den Teller vor ihr abstellte und mit geweiteten Augen zu ihr sah. “Ich hoffe, es schmeckt dir." flüsterte der Weißhaarige. Kaum ein Einwohner konnte den Kochkünsten von Mao widerstehen. Eine falschen Kommentar wollte der Herr um jeden Preis vermeiden und lächelte dabei nur sanft. Ebenfalls den Griff um den Löffel gelegt, nickte er, ehe der Redakteur seiner Begleitung einen guten Appetit wünschte. Absichtlich lud er etwas auf seinen Löffel, ohne ihn an seine Lippen zu führen. Zu gespannt war er auf die Reaktion Aleyvs, um sich ihren Gesichtsausdruck entgehen zu lassen. “Gut, nicht zu scharf?” umwob ein Schmunzeln seine Lippen auf den zufriedenen Ausdruck der Brünetten. Gemeinsam aßen sie ihre erste Mahlzeit in der Stadt des Geo-Archons.

      Der Löffel ging ein letztes Mal an die Lippen des Reisenden, ehe dieser seine Aufgabe erfüllt hatte und in der Schüssel ruhen konnte. Erleichtert atmete Ikuya aus, nachdem sein Magen die warme Flüssigkeit aufgesogen hatte. Noch immer hatte er kein Wort über die mysteriöse Schönheit verloren. Wenn der Herr Glück hatte, würde Aleyv die Begegnung vergessen, aber natürlich wusste der Weißhaarige es besser. Ningguang war eine Erscheinung, die man unschwer aus dem Gedächtnis löschen konnte - mehrere Male hatte er es selbst versucht, doch es half nichts. Jeder Bewohner Teyvats wusste, wer diese Frau war. Die Neugier der jungen Dame, die lediglich versuchte, diese Welt zu verstehen, würde er stillen. Warum wusste er selbst nicht. Vielleicht, weil der Pyromane das Vertrauen der schönen Frau gewinnen wollte. Ihr gesamtes Dasein war ein Mysterium, das er zu lösen hatte, da wäre es ein Dummes, nicht in ihrer Gunst zu stehen. Vielleicht war es aber auch nur schön, mit jemandem zu reden, der nicht von diesem Planeten war. Jemand, der nicht wusste, wer wer war und was welche Folgen hatte. Genügend andere Personen würden den Jungen verurteilen für das, was er zu berichten hatte. "Wir müssen noch ein paar Besorgungen machen." Erhob er sich schließlich. Das Restaurant im Herzen des Hafens war nicht der geeignete Ort für Ihren Plausch, außerdem mussten sie ihre Vorräte aufstocken. An dem Lebensmittelstand Proviant abgestaubt, ging es direkt weiter durch die Stadt. Ikuya wollte ihr den Yiyan-Tempel zeigen. Nicht nur ein atemberaubendes Bauwerk und ein wunderschöner Vorplatz gesäumt von Treppenaufgängen und Torbögen, sondern auch ein Aussichtspunkt, von dem man einen unglaublichen Blick auf die Stadt hatte. Selbst das Jadegemach sah man hier über einem. Zum Greifen nah und doch unendlich fern. An den unzähligen Gesichtern vorbei schenkte der Weißhaarige den aufdringlichen Blicken keine Aufmerksamkeit. Ein Zustand, an den sich wohl beide Reisende gewöhnen mussten. Es tangierte ihn nicht wirklich, lediglich den Griff um ihre Schulter festigte der Redakteur ein wenig - ganz als würde er sagen wollen "Die gehört zu mir.". Oben angekommen, stapfte er an der alten Madame Ping, die tagsüber immer auf der Yujing Terrasse zu finden war, vorbei und blieb inmitten der Anlage stehen. Aleyv sollte ihr Umfeld voll und ganz genießen können, bevor er das Mädchen auf den abgelegenen Steinpfad direkt am Eingang der Terrasse entführen würde und ihr im Schutze des sprudelnden Wasserfalls die Fragen beantworten würde.



      Sanft ihre Hand in seine genommen, zeigte er ihr den Weg dorthin. "Genieße den Augenblick. Wir werden Liyue hinter uns lassen müssen, um an Antworten zu kommen.". Seine Stimme war ruhig und rau, wie immer eigentlich. In das hohe Gras gesetzt nahm auch der Inazumaner einen Augenblick Zeit, den Hafen und den blauen Horizont des Meeres aufzusaugen. Es war schon eine Weile her, dass der Junge hier gewesen war. Seit gewissen Ereignissen mied er Liyue. "Ningguang zählt zu den sieben Qixing von Liyue. Die Verwaltung dieser Region, die im engen Austausch mit dem Archon sein soll. Ihr Reichtum ist bei weitem der größte im ganzen Land. Sie kontrolliert den gesamten Handel dieser Stadt und… Ist unumstritten eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Um ihr Land zu schützen, ist ihr jedes Mittel recht…" ein Seufzen entwich seinen Lippen, den Arm hatte er auf seinen an die Brust herangezogenen Beine abgelegt, während seine Finger den Zwischenraum seiner Brauen kneiften.
      "Direkt bei meiner ersten Reise hierher, bin ich ihr in die Arme gelaufen. Ich weiß nicht, was sie in mir gesehen hat, aber ich wollte ihr Wissen, ihre Macht. Ich habe alles getan, um ihr Geheimnis zu erfahren… Es nahm kein gutes Ende. Eine Marionette in den Händen einer mächtigen Frau, die sich an der Unschuld und der Neugier eines Kindes näherte. Blindes Vertrauen hat seinen Preis, wie ich lernen musste. Wir waren toxisch füreinander. Sie zu verlassen, war eine der schwersten Entscheidungen meines Lebens, doch seither lasse ich meinen Scharfsinn nicht länger von meinen Gefühlen leiten." Den starren Blick in die Ferne hielt er stand, bis er bereit war, in das verzaubernde Moosgrün zu schauen. Das Kind, das er mal war, existierte nicht mehr und doch schämte sich der Mann für die vielen unüberlegten Dinge, die er für die Blondine getan hatte. Für einen gefühlsduseligen Herren würde man ihn vermutlich nicht halten. Damals war einiges anders, sein Herz rein und ungetrübt von den Vergehen dieser Welt. "Ich bin nicht immer stolz auf das, was ich getan habe, um der zu sein, der ich jetzt bin, aber ich würde es jeden Tag wieder tun. Schließlich respektieren und fürchten mich die Leute nicht wegen meiner Schwertkünste." sondern wegen meines Wissens. Verstand sich unausgesprochen. Die vielen Geheimnisse, die der Weißhaarige für verschiedenste Dienste der höchsten Kreise erlangt hatte, galten in den Augen vieler als eine große Bedrohung. Der Grund, warum einige Ikuya und sein guter Freund Albedo lieber tot sehen würden. "Ihre Kontaktaufnahme wird nichts Gutes zu bedeuten haben. Vor allem in deiner Begleitung, halte ich es für eine schlechte Idee." Ningguang zu verärgern würde er sicherlich bereuen, aber mit dem Missmut der Blondine hatte er schonmal zu kämpfen gehabt und war noch wohl auf. Blieb nur zu hoffen, dass Aleyv sich keinen anderen Begleiter suchen würde.
      A heart's a heavy burden.

    • Die pure Glückseeligkeit breitete sich in den Gliedern der jungen Frau aus, durchströmte sie mit einem Gefühl der Genugtuung und Zufriedenheit, als sie den ersten Bissen des Eintopfes zu sich genommen hatte. Es war wie ein kleines Feuerwerk, frech kitzelte die Schärfe auf der Zunge und doch wurde sie so deckend abgeschwächt, durch die blumige Süße, welche neben der aufregenden Gewürzwelt in der Suppe finden konnte. Aleyv reagierte nicht auf die Frage des jungen Herren neben sich, sondern verleibte sich die Köstlichkeit genießend ein. Sie wollte nicht schlingen, nicht gierig wirken, aber übertraf jeder Bissen den davor und machte es der Brünetten sichtlich schwer, die Portion, die eigentlich locker für zwei Personen ausgereicht hätte, in sich reinzuschaufelnd. Schweigend genossen sie also ihr Mahl, nur auf die Frage, ob es ihr nicht zu scharf sei, schüttelte Aleyv kauend den Kopf und kratzte, guter Dinge auch nichts von dieser sättigenden Speise übrig zu lassen, mit dem Löffel die Schüssel leer. Ein zufriedenes Seufzen entkam ihren Lippen und sie bot sich an, die Schüsseln zurückzubringen, hätte Ikuya ja bereits dafür gesorgt, ihnen etwas Essbares zu besorgen. Kurz verschwand der jungen Frau Körper hinter der Hauswand, nur um wenige Momente später wieder dahinter aufzutauchen und sich die Hände aneinander abzuklopfen. Die Begegnung mit der ihr unbekannten Fremden stand immer noch zwischen ihnen… nun, genauer gesagt, die Erklärung, um wen es sich bei dieser einschüchternden Dame handelte. Unsicher schickte Aleyv ihren Blick schräg hinab, öffnete ihren Mund, um den Weißhaarigen erneut darauf anzusprechen, doch kam er ihr zuvor und meinte nur knapp, dass sie noch ein paar Besorgungen zu erledigen hätten. Wieder, höflich warten könnend, nickte die junge Frau ihm zu und setzte hinter ihm her, als er aufstand und wieder auf die Hauptstraße zwischen den Geschäften zusteuerte. Aleyv verstand, was er mit Besorgungen meinte, als sie an einem Gemischtwarenhändler halt machten und Proviant aufstockten. Ikuya kaufte genug, um damit eine längere Reise zu überstehen und packte alles, sorgsam geschlichtet in eine kleine Tasche, die wundersamerweise mehr Platz zu haben schien, als angenommen. Etwas peinlich berührt, dass sich Aleyv vielleicht einen Apfel links und rechts in die Hosentaschen stecken konnte und ihrem Wegbegleiter nichts von der Schwere ihrer Einkäufe abnehmen konnte, kratzte sich die Brünette am Hinterkopf… sie brauchte unbedingt noch Kleidung, die einer Ansässigen hier gerecht wurde. Sie würde nicht für immer in ihrer Stoffhose und dem Hemd herumlaufen können… Die Augenbrauen der Brünetten kräuselten sich… sie konnte sich auch nicht daran erinnern, etwas anderes getragen zu haben… es stand jedoch fest, dass diese Gewandung zwar praktisch für einen gemütlichen Spaziergang war, aber für lange Reisen reichten die dünnen Stoffe nicht… wieder rückte ihr Blick auf den Weißhaarigen… und er sollte es nicht sein, der für alles hier aufkam, was sie betraf. Die Wangen beschämt aufblähend, kam Aleyv zu dem Entschluss, irgendwie ihr eigenes Geld zu verdienen, damit sie Ikuya, zumindest in dieser Angelegenheit, nicht im Nacken liegen musste. Die Grünäugige konnte aber keinen Moment länger darüber grübeln, als der Weißhaarige sie weiterwank, tiefer in die Stadt hinein. Es gäbe noch das ein oder andere Bauwerk, dass ihr Begleiter ihr zeigen wollte. Zügig, aber nicht übereilt stapften die beiden Gefährten nun durch die Bauwerke Liyues, empor zu einem Tempel, welcher anmutig von Treppenschlaufen, einem kleinen, künstlich angelegten Teich und einem prachtvollen Steinweg umsäumt wurde. Alles in dieser Stadt war malerisch, ja zog einen in einen Bann, der kaum abreißen wollte, da es an jeder Ecke etwas Neues zu sehen gab. Begeistert von dem Schaukeln der Lampions an den Dachvorsprüngen, dem leisen Klirren von Windspielen, dem festen Flattern der Fahnen im Wind und dem säuselnden Rauschen des einspeisenden Baches, kehrte sich Aleyv mehrmals im Kreis herum, hielt sich dann auch die Hand über die Augen, als sie den schwebenden Palast über den Wolken erkannte. „Unglaublich…“, entkam es ihr hauchend und fasste mit diesem Wort all ihre Eindrücke zusammen, welche sie hier sammeln durfte. Vom Zauber der Stadt abgelenkt wurde sie nur, als Aleyv plötzlich einen Arm um ihre Schulter verspürte, der sie fest und bestimmt, aber keineswegs zwingend umschloss. Kurz versteifte sie in ihrer Haltung, als sie die Präsenz des Weißhaarigen so nah an ihr wahrnahm, aber hatte ihr wacher Blick bald sondiert, weshalb er zu dieser Tat schritt. Sie stand nie wirklich gern im Mittelpunkt, aber stellte sich durch ihr staunendes Verhalten unweigerlich in diesen. Ein Grund mehr, den Schutz bei jemanden zu suchen, der hier in dieser Welt zuhause war und sich, wenn auch nur durch eine Tat wie diese, dazu äußerte, dass sie ob ihrer Fremdheit, hierher gehörte.

      So schritten die zwei nun weiter, hinauf auf den höchsten Punkt der Stadt, wo sich ein herrlicher Ausblick über ganz Liyue bewerkstelligen ließ. Doch nur kurz war es Aleyv bewilligt, sich der Schönheit hinzugeben, als Ikuya ihr Hand nahm und sie weg vom Trubel, etwas abgelegen, einen Steinweg entlang zog, um an ein Plätzchen zu gelangen, an dem die beiden ungestört miteinander sprechen konnten. Das hohe Gras in welches sie sich setzten, umhüllte die beiden Gestalten beinahe und bot so einen angenehmen, geschützten Raum für ein Gespräch. Kurz noch verweilten sie in Stille, um die Aussicht genießen zu können. Sanft strich der spätmorgendliche Wind über die Welt und wog die Halme vor ihren Füßen sanft von links nach rechts, brachte das Geäst und die Blätter der Bäume über und neben ihnen zum Rascheln und blähte die entfernten Fahnen eifrig auf. Dann begann Ikuya zu sprechen und Aleyv hörte ihm gewissenhaft zu. Sie nickte ein, zwei mal verstehend, hob und senkte ihre Augenbrauen, schenkte ihm einen fragenden Seitenblick und sah dann doch wieder nur auf das ewig weite blaue Meer hinaus, über welches sie gestern gesegelt kamen. Natürlich versuchte er sich zu erklären, versuchte mit dem was er Aleyv erzählen konnte möglicherweise reinen Tisch zu machen… aber wusste er, genauso gut wie sie, dass Taten nicht rückgängig gemacht werden konnten. Die junge Frau legte sich ihre Antwort bedacht zurecht, ehe sie sich mit einem Ächzen durchstreckte, die Beine überschlug und ihre Arme nach hinten durchstreckte, ihrem Oberkörper somit Halt gebend. „Wer wäre ich schon, dass was du getan, oder nicht getan hast zu verurteilen?“, begann sie nun mit ruhiger Stimme zu sprechen. „Wir alle haben Gründe für unsere Taten… hinter allem steckt eine Absicht… ob gut oder böse… weiß man meistens erst im Nachhinein, wenn man verblendet den falschen Idealen hinterherläuft.“, Aleyv lies kurz wirken, was sie gesagt hatte und räusperte sich dann leise. „Ich denke es ist ein gutes Zeichen, dass du erkannt hast, wer und was gut für dich ist…“, ihr Kopf kippte lächelnd in seine Richtung, polsterte sich kurz auf ihrer Schulter auf, ehe ihr Blick wieder der Ferne galt. Auf seine letzten Worte hin, musste aber auch die sonst so gefasste Aleyv kurz die Augenbrauen kraus ziehen. „Nun, wir… ich… ich meine du… könntest dir zumindest anhören was sie zu sagen hat… und dann immer noch entscheiden, ob du ihr darauf eine Antwort geben möchtest oder nicht…“, etwas besseres fiel der Braunhaarigen im Moment nicht ein, dass ihm eventuell Seelenfrieden verschaffen könnte. „Und mach dir um mich keine Sorgen… ich erkenne zwar die einschüchternde Hinterlist in ihrem Blick, aber damit kann sie mir keine Angst machen.“//denn ich weiß nicht wieso, aber ich trage ein Gefühl in mir, dass mir sagt, dass sie eigentlich vor mir niederknien sollte…// Die Augen weitend, entsetzt darüber, was ihre Gedanken an ihr Satzende angehangen hatten, biss Aleyv fest die Zähne zusammen und verhielt es sich, ihrem fest schlagenden Herzen nachzugeben und in tiefe Atemzüge auszufallen. Ein Ablenkungsmanöver musste her, worauf sich die Brünette erhob und deterministisch ihre Arme in die Hüften stemmte. Ikuya sollte von diesem Winkel keine Sicht mehr auf ihr Antlitz erhaschen, welches nach wie vor geschockte Blässe auf sich trug. Die Nervosität in sich verbannend senkte ihr Haupt sich wieder etwas hinab, ihr Blick erkannte die ausgestreckten Beine ihres Reisegefährten, wie er sich ihr zugewandt hätte. „Ich denke es gibt schon einen Grund, warum wir uns begegnet sind, Ikuya…“, somit setzte sie ein breiteres Lächeln als zu vor auf und sah hinab in das Meerblau, welches ihr wartend, stoisch entgegenblickte. „Niemand sonst hätte mich wohl am zweiten Tag einer gemeinsamen Reise bereits in ein Schlamassel mitreingezogen...“, ein schüchternes Kichern entkam Aleyvs Kehle, während sie dem jungen Mann durch die Blume erklärte, an seiner Seite zu bleiben. Wohl, war er der einzige Anker für sie hier in dieser Welt und den wollte sie nicht missen. "Es gibt noch so viel... nein... eigentlich ist mir noch alles hier ein Rätsel... weder das ich nicht weiß woher ich komme... noch, warum gerade Teyvat das Ziel meiner Reise war... im Moment macht nichts Sinn. Habe ich Familie? Habe ich Freunde? Ich... kann mich nicht daran erinnern. Aber du Ikuya... du kennst die Welt hier wohl wie kein Zweiter... ich spüre, dass du mir helfen möchtest... und dem bin ich zu größtem Dank verpflichtet.", nun, ehrlich ihre Gefühle kundtuend, verschränkte die Grünäugige ihre Arme vor der Brust und lies ein verlorenes Seufzen hören, während ihre sich senkenden Lider den besorgten Blick in die Ferne schickten.


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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Die Güte in ihrem Herzen stammte wahrlich nicht aus dieser Welt. Die Vernunft sprach aus ihr, etwas, das dem Herren in seinen unschönen Erinnerungen verwehrt blieb. Ihr Vorschlag entsprach der nobelsten Lösung, doch Ikuya zweifelte an seiner Willensstärke. Jede Faser seines Körpers befahl ihm, die Flucht zu ergreifen. Viel zu oft gelang es der Blondine, die Schwachstellen anderer auszunutzen und die richtigen Knöpfe zu drücken, um an ihr Ziel zu gelangen. Blind war er gewesen, kaum in der Lage, sich von ihr loszureißen. Es wäre ein Fehler, ihr freiwillig ins Netz zu gehen. Wieder nach ihrer Nase zu tanzen war ein riskantes Unterfangen, allerdings war der Pyromane diesmal nicht allein. Mit Aleyv an seiner Seite, in Begleitung dieses saftigen Moosgrüns, würden sich seine Sinne vielleicht nicht so leicht betäuben lassen. Es gab nur einen Weg, es herauszufinden.

      Dem plötzlichen Sprung der zierlichen Frau kam der Herr ebenfalls nach. Ihre gemeinsame Reise hatte in der Hafenstadt gerade erst begonnen. Noch war Aleyv auf den ersten Blick anzusehen, dass sie nicht hierher gehörte. Abgesehen von den fremden Gesichtszügen, die keinem so wirklich bekannt vorkamen, verlangte ihre Kleidung förmlich nach Aufmerksamkeit. Dem würden sie mit einem Besuch beim Stoffhändler ein Ende bereiten. In die Hände der kompetenten Beratungskraft, ließ Ikuya die beiden Frauen in dem Traum aus Stoff zurück. Etwas in Gedanken verloren, lehnte er gegen die verkleidete Wand des Ladens. Ein Blinder hätte das Stilbewusstsein des Inselbewohners vermerkt. Er verstand, auf sein Äußeres zu achten und sich in feinen Kleidern zu hüllen. Trotzdem war er nicht in der Position Ratschläge zu erteilen, da die eifrige Angestellte sofort mit dem Abbild einer Göttin verschwand. Vermutlich nahm sie an, die beiden seien ein Paar - anders konnte sich der Redakteur nicht erklären, wieso die Frau ganz begeistert nach seiner Meinung fragte, als Aleyv mit dem ersten Vorschlag hinter dem Vorhang hervor trat, als müssten die Lagen ihm gefallen und nicht etwa der Person, die in diesen steckte. Ikuya rümpfte die Nase. Seltsam sie in bunten Farben und mehreren Schichten zu sehen. An ihrer Schönheit lag es nicht, nur die Wahl der Klamotten… Kopfschüttelnd und mit vor der Brust verschränkten Armen streifte sein Augenmerk umher, ehe er sich in Bewegung setzte. Liyue war für vieles bekannt: auffällige Accesorios, wie Haarnadeln, Fächer und Schmuck, die Farben Gold, Rot, Blau und Grün standen dabei sowohl in der Wahl der Materialien sowie in den Akzenten im Vordergrund. Neben den flachen Sandalen aus Leder fuhren zwei prägnante Looks für die feminine Bevölkerung eine Schiene: Das Qipao und der Hanfu. Ersteres war ein eng anliegendes Kleid, das für gewöhnlich bis zu den Knien reichte und einen hohen Kragen besaß. Bei dem Hanfu handelte es sich eher um eine lange Tunika in Kombination einer weiten Hose oder einem Rock. Schnell suchte Ikuya vier Outfits zusammen, die er sich an seiner Begleiterin vorstellen konnte. “Such dir doch ruhig selbst etwas aus.” ermutigte er die Brünette, die von der Verkäuferin von unterschiedlichsten Sachen überzeugt wurde. Seine Auswahl hing er an den Haken hinter dem Vorhang, war aber weiterhin der Meinung, dass Aleyv selbst entscheiden sollte. Lediglich um ihr in der Reizüberflutung einen kleinen Anhaltspunkt zu bieten, suchte er die traditionellen Kleider aus. Einen Favoriten hatte er darunter gefunden, ob sein Geschmack jedoch ihrem entsprach, konnte nur sie beantworten. Viele Worte oder Komplimente verlor er währenddessen nicht, doch das Glitzern in seinen Augen, als sie freudestrahlend einen neuen Look präsentierte, sprach Bände.



      Nachdem ihre kleine Shoppingtour ihr Ende fand und Ikuya selbstverständlich für die Kosten aufkam, war er überrascht darüber, wie schnell die Zeit verflogen war. Aleyv hatte eine Zeitlang mit sich selbst gerungen, allem voran, weil sie dem Weißhaarigen nicht noch mehr zur Last fallen wollte. Schulterzuckend und mit einem losen “Ich hab genug Geld für die nächsten drei Leben.” und der Versicherung, dass sie es ihm irgendwann zurückzahlen konnte, musste sich die Reisende geschlagen geben, wenn sie nicht länger wie eine Außenseiterin durch Teyvat schreiten wollte.

      Nunmehr den Nachmittag verabschiedend zog die Sonne ihren Kreis und hüllte die Stadt in ein liebliches Orange-Rot. Da sie beschlossen hatten, der Einladung Ningguangs nachzukommen, machten sie sich mit gegrillten Fischspießen in den Händen auf dem Weg zu den unzähligen in rot gefärbten Treppenaufgängen der Tempelanlagen. Solange sie noch aßen, blieb Ikuya an dem Buchladen, an dem sie auf der ersten Ebene vorbei kamen, stehen. Eigentlich hatte er genug Lektüren für die nächsten zehn Jahre in seinem Besitz, die Hälfte davon schon längst gelesen, die anderen durch Erzählungen angeeignet. Kaum den letzten Bissen verzehrt, ging es weiter zur kleinen Plattform, auf welcher der Geschichtenerzähler erscheinen würde. Bereits die Wege dorthin waren von mehr Menschen gefüllt als tagsüber und auch die Tische, die um das runde Podest herum standen, waren gut besucht. Lediglich eine Ecke schien Menschenleer. Die Handelsmeistern höchst höchstpersönlich nahm sich dieser an und ließ die meisten in erfuhr erschrockenen die Sitzmöglichkeiten um Ningguang unberührt. Nochmal tief durchatmen und los ging es.



      Mit ihrer Ausstrahlung sorgte sie dafür, dass einem ein kalter Schauer den Rücken hinablief. Trotzdem oder gerade deswegen war sie unglaublich ansehnlich. Eine attraktive Frau, das ließ sich nicht verneinen. Elegant und in üblicher Facette streckte sie die Hand nach dem Jungen aus, als würde sie einen Handkuss erwarten. Oft genug war er dieser Bitte nachgegangen, diesmal jedoch blieb sein Blick starr. “Wollen wir zum Wesentlichen kommen?” Ging seine Braue in die Höhe. Je schneller dieses Katz und Maus Spiel beendet wurde, desto besser.
      A heart's a heavy burden.