Eines Adepten Wille (michiyo & cada)

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    • Sie sah es in seinem Gesicht, dass Ikuya zuerst nicht sonderlich begeistert war, als Aleyv ihm ihren Vorschlag unterbreitete. Doch war es nun an ihr, ihn ermutigend an die Schulter zu greifen und leicht zuzudrücken. „Keine Sorge… ich steh an deiner Seite… sie wird dich nicht wieder in die Finger bekommen.“, mit jenen Worte besiegelte die Brünette ihren Schwur, so wie er für sie da gewesen ist, nun auch für ihn da zu sein. Gemeinsam nun den Weg zurück in die Stadt findend, sprach der junge Mann ihren zuvor überlegten Umstand an, dass ihr noch die traditionelle Kleidung fehlte und schlug sogleich den Weg zu einer Schneiderin ein. „Aber du kannst doch nicht für alles was ich brauche aufkommen… das ist zu viel, Ikuya!“, murmelte Aleyv, während die junge Besitzerin von ihr Maß nahm. Mit ausgebreiteten Armen stand sie nun mitten im Geschäft. Sie hatte den Gesichtsausdruck der Schneiderin immer noch gut sichtbar vor ihrem inneren Auge, als die beiden ungleichen Gestalten in ihre Räumlichkeiten stolperten und nach einer angemessenen Tracht für die Grünäugige fragten. Es war eine Mischung aus Überwältigung und Ehrgeiz, welche die Mimik der Inhaberin überzog, ehe sie schnell zur Tat schritt und Aleyv nach dem Maßnehmen mit in eine Umkleidekabine zog. Nicht völlig sicher, was nun auf sie zukommen würde, reichte man ihr durch den stoffenen Vorhang ein Komposé aus orange und minzfarbenen Kleidern mit pinken Borten und Rüschen, die so gar nicht zu ihrer Person passten. Vortretend, ihrem Begleiter die erste Möglichkeit zeigend, verzog Aleyv sogleich ihr Gesicht, als sie sich selbst im Spiegel sah. Sie sah wie ein Gaukler aus… die Farben machten sie blasser als sie war und die Stoffe selbst lagen viel zu locker an ihrer sonst schon sehr zarten Figurette. „Wie finden Sie es?“, fragte die Schneiderin, die Hände hoffnungsvoll vor der Brust gefaltet. Die Brünette drehte sich ein, zweimal herum… aber sie konnte keinen Winkel finden, in welchem sie sich wohlfühlte. „Hm… ich denke, das ist es noch nicht ganz… hätten Sie eventuell noch etwas anderes zur Auswahl?“, erwiederte die Braunhaarige ehrlich und drehte sich mit Neugier im Blick zur Inhaberin herum, die sie kurz verloren ansah. Ihr wurde die Antwort jedoch abgenommen, als Ikuya an sie herantrat und ermutigte, ihrem eigenen Gefühl nachzugehen. Sie schielte an ihm vorbei und erkannte, dass er ihr etwas rausgesucht haben musste. So verschwand Aleyv wieder in der Kabine und musste erstmal verwegen lächeln, als sie hinter dem Vorhang verschwand. Ihr musternder Blick überflog jedes der vier möglichen Sets, ehe sie sich für das türkise knielange Qipao und den zugehörigen langen Strümpfen entschied. Und sie musste ehrlich zugeben… Der junge Mann hatte nicht nur ein Auge für Stil, auch die Größe, in der er das Kleid rausgesucht hatte, passte perfekt. Wie angegossen legte sich der angenehm weiche Stoff um ihren Oberkörper und Oberarme und gab ihr nicht nur genug Platz zum Atmen, auch weitläufige Bewegungen waren für die junge Frau kein Problem. Zufrieden trat Aleyv hinter dem Vorhang hervor und präsentierte sich mit einem breiten Lächeln dem Weißhaarigen, welcher ihr anerkennend zunickte. Der Schneiderin für ihre Dienste dankend und sie dementsprechend zu entlohnen, machten sie sich nun wieder auf den Weg in Richtung Stadt. Ihre erneute Bitte für die Kosten aufzukommen, wank der junge Mann nur kopfschüttelnd ab. „So lass es mich dir zumindest irgendwann zurückzahlen, ja? Ich möchte nicht ewig in deiner Schuld stehen müssen.“, darauf jedoch bestand Aleyv und sah Ikuya tadeln an. Diesen Vorschlag nahm er dann doch endlich an, was die junge Frau zufrieden stellte.

      Sie schlenderten noch eine ganze Weile durch die Stadt, der Tag verging, aus Mittag wurde Nachmittag und aus diesem der frühe Abend. Dem gewahr wurden die beiden Gefährten erst, als die niederstehende Sonne mit ihren goldenen Strahlen das rote Gebälk zum Strahlen brachte und sich schräg auf die gesamte Hafenstadt legte. Aleyv widmete diesem Spektakel nur kurz ihre Aufmerksamkeit. Sie hatten beschlossen das Treffen mit Ningguang einzugehen und demnach sollten sie ihren Weg in diese Richtung lenken. Sie gab es nicht gern zu, aber kreisten auch ihre Gedanken um das, was kommen würde. Dem Weißhaarigen geistesabwesend folgend, widmete sie den Büchern, die der junge Mann in Beschlag genommen hatte, nur unkonzentriert ihre Aufmerksamkeit und biss eher lustlos bei ihrem Tigerfischspieß ab, während das Antlitz der Blondhaarigen in ihrem Kopf herumspukte. Es half nichts… Ikuya würde sich dem stellen müssen, was diese Frau von ihm wollte. Ihre Blicke trafen sich ein letztes Mal, bevor sie nun, sicher in dem auf was sie sich einlassen würden, den Weg zurück zu den Tempeln suchten, wo die Gestalt der eigentlich zierlich wirkenden Dame, eher allein gelassen in einer Ecke der aufgestellten Tische und Stühle hockte. Den kantigen Kopf erhoben, aus müden Augen auf die Bühne sehend, machte Ningguang einen gar verletzlichen Eindruck… aber wusste Aleyv mittlerweile, das dies täuschte. Dem wurde sie bestätigt, denn ihr Haupt kehrte sich herum und fixierte die beiden schon von weiten mit ihren hypnotisierend goldenen Augen. „Ruhig… ganz ruhig…“, sprach sie die junge Frau in ihrem Gedanken zu, doch fühlte sich jeder weitere Schritt in die Richtung dieser Dame schwerer und schwerer an. Unsicher blieb sie etwas hinter Ikuya, starrte auf die beinah gelähmt wirkende Miene seinerseits, wie er versuchte, dem Wissen Einhalt zu gebieten, was er nicht noch einmal durchstehen wollte. Sie stoppten. Ein undurchschaubares Lächeln zierte ihre rosigen Lippen, als sie ihre Hand in Richtung des Weißhaarigen ausstreckte, in Erwartung einer Geste der Unterwerfung. Doch ging er nicht darauf ein und konterte mit Worten. Das Gesicht der Handelsmeisterin verzog sich zu einer überraschten, wenn nicht weniger brüskierten Miene. So zog sie jedoch den in einen langen Handschuh gezogenen Arm zurück und gab nicht minder als ein „Hm.“, von sich, ehe sie mit einem Handschwenk Ikuya aufforderte sich doch zu sich zu setzen. Aleyv merkte, wie er zögerte und war keineswegs verwundert, dass sie ihr kein Angebot machte. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, welch Gedanken sie zu ihrer Person hegte… ihr erstes Aufeinandertreffen war nicht weniger von Ablehnung gespickt als eben. Verwundert nun aber, sah die Braunhaarige zu, wie sich ihr Begleiter vor der Blondhaarigen niederlies und ihren zugegebenermaßen verführenden Blick in seinem Antlitz auf und ab gleiten ließ. „Als ich hörte, dass du in der Stadt bist, konnte ich meinen Botschaftern im ersten Moment nicht glauben… nachdem wir beide ja wissen, welch… Meinungsverschiedenheiten wir zum Ende hin hatten…“, ihr Kopf legte sich leicht schief, während ihre Hände sich emporhoben, sie dabei ihre Finger ineinander verschränkte und ihr Kinn auf jener gebildeten Brücke ablegte. „Ich dachte ja zuerst, dir wäre nach all der Zeit langweilig geworden… du bräuchtest wieder eine Beschäftigung, die dein… unersättliches Streben nach Wissen zufriedenstellt…“, mit jenen geraunten Worten, in welchem ein klarer, vorwurfsvoller Unterton lag, glitt ihr Blick zu Aleyv empor, was ihren Blick verengen ließ. Ein leichtes Schnalzen ihrer Zunge war zu hören. „Töricht von mir, dass anzunehmen… denn was sehe ich? Dein Interessensgebiet hat sich verschoben… spielst nun lieber den Fremdenführer für… fremde, kleine Mädchen…“, ein Augenrollen ihrerseits war zu vernehmen, was der Brünetten vor den Kopf schlug.

      „Aleyv… Aleyv ist ihr Name.“, zähneknirschend zischte Ikuya die Worte hervor. „Wie dem auch sei…“, wank Ningguang ab und ließ den Blick auf den auftretenden Geschichtenerzähler gleiten, der eben die Bühne betrat. Jubelrufe und Klatschen erfüllten die Menge vor dem Podium, dem die Grünäugige kurz ihre Aufmerksamkeit schenkte. Nebenbei hörte sie den jungen Mann fragen, was sie von ihm wollte. Da kam die Blondhaarige ganz schnell zum Punkt. „Mir kam zu Ohren, dass in Sumeru erst kürzlich eine lang verschüttete und schon beinahe vergessene Büchersammlung eines einstigen Krankenhauses freigelegt wurde. Natürlich hat sich die Akademie dieses darin gesammelte Wissen unter den Nagel gerissen… es beherbergt Studien zu Heilungsmittel verschiedenster Art, dem Nachzüchten von bereits ausgerotteten Pflanzen und Fundorten von unbekannten Erzen… durch Erzählungen wurde mir gewahr, dass diese Erzschneisen sich bis nach Liyue ziehen würden, was für unseren Handel eine große Bereicherung darstellen könnte… Stell es dir nur mal vor… unsere Handelsstadt, die als erste längst vergessene Kristalle aus der großen Kluft birgt… Mora in Hülle und Fülle… und das alles, wenn du mir nach Sumeru reist und Kopien von diesen Erzströmen beschaffst…“, säuselnd, ja beinahe flötend erklang ihre betörende Stimme. Ihr Oberkörper lehnte sich dabei etwas vor, was ihr Dekolleté zur Geltung brachte und ihr Arm langte nach vor, um mit ihrem langen Zeigefinger am Oberarm des jungen Herren eine Spur hinabzuziehen. Aleyv hatte gespürt, wie unwohl es dem Weißhaarigen wurde und sah, wie er zurückwich, als Ningguang so unfreiwillig Körperkontakt aufbaute. So trat sie selbstsicher einen Schritt vor und legte ihm von hinten ihre Hand über die linke Schulter. Ihre Finger machten über seinem Schlüsselbein halt und drückten leicht zu. „Verfalle ihr nicht…“, sie konnte diese stummen Worte nur wie ein Gebet in den Himmel schicken, während sich zwischen den dreien eine Eiseskälte ausbreitete. Die Blonde zog ihren Arm zurück und senkte gekränkt die Lider. Im Hintergrund vernahm man die Geschichte des Auftretenden…


      „… es war, als hätten die Menschen in Teyvat nur darauf gewartet… Mütter über Großmütter, Väter über Großväter, Kinder über Kindeskinder… alle kannten die Sage des verlorenen Adepten… eine Göttin, die frei von allen Belangen in unserer Welt wandelte, sich in keine Kriege einmischte und als stille Friedenstifterin zwischen den Bewohnern fungierte… mal erschien sie als Kleinkind am Brunnen, mal als alte Dame auf einem Weizenfeld… man munkelt jedoch, ihre liebste Form war versteckt als Stern am Himmel, wo sie über ganz Teyvat blicken konnte. Sie war eine gütige Göttin… jemand, der die Menschen nicht verurteilte und trotz ihrer Liebe zu jedem Lebewesen, den Zorn unzufriedener Menschen auf sich zog… jene, die der Meinung waren, sie hätte die Macht etwas zu verändern aber nutzte sie nicht, um den Armen, Kranken und Schwachen zu helfen… so war es, dass sie gejagt wurde… und in einer schwarzen Winternacht, fiel der Kopf der Göttin, verzierte den Schnee mit rotem Blut und zeigte somit, dass auch sie, nichts anderes war, als ein Mensch… jene Übeltäter in Unglauben zurücklassend, trieb es sie in den Wahnsinn, wohl jemanden aus den eigenen Reihen getötet zu haben. Und mehr noch… hinterlies sie wohl ein Kind, das nie gefunden wurde…“

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Frostklirrend war der Blick des Mannes, dessen sonst so sanftes Himmelblau in ein kühles Eisblau wechselte. In der Vergangenheit war diese zarte Kreatur eine unwiderstehliche Verführung, der der junge Mann ohne zu zögern nachgegangen war. Seiner so belesenen Ader Kryptonit. Jegliche Synapsen schalteten auf Durchzug beim Erhaschen eines süßen Glitzers ihrer goldenen Seelenspiegel. Gleich der wertvollen Jade, für die Ningguang bekannt war, strahlten sie heller als jedes Augenpaar, das Ikuya erspäht hatte. Zumindest bis er auf Aleyv traf. Die Anspannung drang bis in sein Mark, ließ seine Muskeln spannen und die Knochen unfähig einer Bewegung gefrieren. Selbst den Atem hatte er unterbewusst angehalten, bei dem Versuch, sich seines gesunden Menschenverstands zu bedienen. Die erste Liebe vergaß man schwer, vor allem dann, wenn man ihr nach Jahren das erste Mal gegenüber stand. Für die Blondine war er nichts weiter als ein Informant, eine Kakerlake, an deren Diensten sie sich ergötzte. Nochmal würde er nicht auf sie reinfallen. Schwer atmend und die Luft geradezu in seine Lungen zwängen müssend, setzte er sich in Bewegung und ließ sich die Verwunderung über den Gehorsam seines Bewegungsapparates nicht anmerken. Stattdessen setzte er sich noch immer emotionslos an die Seite der Frau, die sein Blut gefrieren ließ. Das genaue Gegenteil dessen, was die Anwesenheit des unbeschriebenen Blattes von Teyvats in ihm auslöste. Flüchtig schielte er zu ihr herüber, um sich zu vergewissern, dass sie noch da war, ehe seine Aufmerksamkeit wieder auf der Qixing lag. Wort für Wort, Satz für Satz lauschte er ihren Aussagen, ohne eine Reaktion zu zeigen. Ihm war bewusst, dass sie lediglich den Versuch wagte, ihn aus der Reserve zu locken, doch als es ihr nicht gelang, wusste die Blondine natürlich, welche Karte sie zu spielen hatte. Normalerweise zeigte der Weißhaarige selten seine Emotionen, weder die einfühlsamen, noch die rasenden, doch bei ihrem Schmatzen einer üblen Nachrede der Brünetten knurrte er auf, ärgerte sich innerlich sogleich. Schnaubend presste der Herr die brodelnden Gefühle beiseite. Schon immer steckte in seinen Tiefen ein Beschützerinstinkt, an dem sich Ningguang nun vergriff. Diese Dame hatte mehr auf dem Kasten, als man ihrem hübschen Aussehen zutrauen würde. Mit gesammelten Kräften sah er dem Gold entgegen, fest entschlossen, diese Farce nicht länger zu dulden. Und siehe da, die Geschäftsfrau kam auf den Punkt.

      Zugegeben, die Faktenlage befand sich auf ihrer Seite des Spielfelds. Der Tianquan wusste, welche Karten zu spielen waren, sie war ihm einen Zug voraus. Es wäre gelogen, wenn der Inazumaner behaupten würde, nicht mit dem Gedanken gespielt zu haben, diesen Gerüchten nachzugehen. Wenn es tatsächlich solch eine Quelle an neuerlangten Wissen da draußen gab, musste der Pyromane sich diese einverleiben. Die sanfte Melodie, die ihre Stimme in den Ohren des Mannes summte, umgarnte ihn, wog ihn wie ein unruhiges Kind in den wohligen Schlaf. Zunehmend lullte sie ihr Opfer ein, wie eine Spinne, die langsam ihr Netz spannte. Ihre dünnen Finger, die Spitzen Nägel auf seiner Haut hinterließen eine Gänsehaut. Lediglich die Einbildung Aleyvs Stimmfarbe in dem Zauber wiederzufinden, brachte seine Sinne wieder auf die Spur. Als hätte Ningguang die Fata Morgana ebenfalls vernommen, wich sie einen Hauch zurück. Genug, um Ikuya Luft zum Atmen zu geben. “Ich lehne dankend ab. Momentan bin ich anderweitig eingespannt.” mit einem Nicken erhob er sich, blickte nicht mehr zurück und zog, nach der Hand Aleyvs greifend, mitten im Auftritt des Geschichtenerzählers, der sich bei der Aufruhr zu verhaspeln begann, von dannen. Kaum die roten Stählen hinter sich gelassen und den festen Boden unter ihren Füßen, riss er die junge Frau umher, was sie in einer schwungvollen Drehung direkt vor ihm zum Stehen kommen ließ. “Wie hast du das gemacht?” Sein Herz raste, die Leidenschaft seiner Wissbegierde funkelte in seinem Meerblau, so wie es das Moosgrün traf und seine Lippen ein deutliches Schmunzeln erkennen ließen.

      Anstrengende Tage und eine lange Reise, Gleitflüge und Fußmarsch lagen vor ihnen. Erholsame Stunden des Schlafs galt es zu gewinnen, bevor sie über die Berge hinab in die Tiefen der Region gleiten würden, doch in dem Moment war für Ikuya kaum an Erholung zu denken. All seine Systeme waren auf ein einziges großes Fragezeichen gerichtet, das in der Form einer wunderschönen Frau vor seinen Füßen lag. Spielte ihm sein Verstand einen Streich?
      A heart's a heavy burden.

    • Es war ein überraschendes Gefühl in ihren Fingerspitzen, welches sich abzeichnete, als sie ihre Finger leicht in der Schulter des Weißhaarigen vergrub und das stumme Gebet gen Himmel schickte. Es war weder ein Kitzeln, noch ein Stechen oder Kribbeln… aber etwas anderes… etwas, das sich plötzlich bemerkbar machte, als sensible Sensation einer… Empfindlichkeit? Waren ihre Finger einfach überstrapaziert? Ausgetrocknet? Sei es wie es sei… sie konnte sich keinen Reim darauf machen und noch weniger das Gefühl beschreiben, welches durch ihre Hand zuckte… wie ein Blitz… so, ja so konnte man es beschreiben. In ihren Gedanken versunken, wich Aleyv etwas erschrocken zurück, als Ikuya vor ihr so plötzlich aufsprang. Mit großen Augen sah sie in sein versteinert wirkendes Gesicht, das ohne große Worte ihre Hand schnappte und von dannen zog. Er hatte es wohl geschafft... Hinterdrein laufend kehrte sich ihr verwirrter Blick nochmals zurück zu Ningguang, die ihnen aus Schatten unterlaufenen Augen hinterhersah. Aleyv erwiederte diesen Blick ihrerseits nur kurz, ehe ihr Haupt sich herumdrehte und auf den Hinterkopf des Weißhaarigen sah, welcher sie weiter und weiter von der Szenerie wegzog. Die Tempelanlage hinter sich lassend, führte der junge Mann ihre Gestalt in eine Seitengasse und stoppte abrupt. Mit einmal wurde sie herumgedreht, die Hände Ikuyas umschlossen ihre Handgelenke, die er mit sanfter Kraft nach oben gehoben hatte, um ihre doch etwas kleinere Person nah an sich ranzuziehen. Aleyv atmete tief ein und hielt stockend die Luft an, als sie dem Gesicht des jungen Herren nur eine Handbreit entfernt war. Verständnislos hüpfte ihr gejagter Blick zwischen seinen Augen hin und her, ehe Ikuya mit der Sprache rausrückte. „Wie hast du das gemacht?“, stieß er hervor, in seinen Augen das helle Glühen der Neugier, welche die Antwort suchend in ihrem Gesicht herumhüpften. Die Lippen geschürzt verbohrte sich das Meerblau in dem Grasgrün. Stille breitete sich aus. „Was… Was meinst du?“, ihrer Verwirrtheit Ausdruck gebend, zog Aleyv verloren ihre Augenbrauen zusammen und legte den Kopf leicht schief. Mehr noch wich sie, den Abstand zwischen beiden etwas ausweitend wieder zurück, um ihm besser ins Gesicht blicken zu können. Die Brünette erkannte, dass ihre Ratlosigkeit auf ihn überging, als er erkannte, dass sie nicht wusste, von was er sprach. „Ich weiß nicht, was du meinst, Ikuya…“, ihre Stimme dämpfte sich zu einem Flüstern, ihre Kirschlippen schlossen sich nun endlich, als auch ihr Atem sich wieder beruhigt hatte nach der Hatz. Die junge Frau erkannte, dass er kurz an jenen hängen blieb, ehe er nun auch, langsam den Griff um ihre Handgelenke lockerte und dann vollends von ihr abließ.

      Schweigend gingen die beiden nun zurück in das Stadtinnere. Ikuya hatte sich zuvor das ein oder andere Mal bei ihr für seine Forschheit entschuldigt, aber hätte er sich wohl etwas eingebildet, dass nicht da gewesen war. Aleyv winkte ab, meinte darauf, dass es nicht schlimm wäre und er sich keine Gedanken darüber machen sollte, aber so ganz lies es ihn wohl nicht los. Denn als die Reisenden bei einer Organisation namens „Abenteurergilde“ nachfragten, ob sie einen Platz für eine Nächtigung hatten, lies der Weißhaarige sie in ihrem zur Verfügung gestellten Zwei-Bett-Zimmer allein zurück, da er noch über die ein oder andere Sache nachdenken müsste. Die Grünäugige konnte nicht dagegensprechen, warum sollte sie auch. Sie fühlte sich hier sicher und das Bett unter dem Fenster, aus welchem sie sich nun mit übereinandergeschlagenen Armen lehnte, war überaus bequem. Sie hatte sich zuvor schon vom Überkleid des Qipao entledigt und saß nun im Unterkleid mit schräglinks angezogenen Beinen seitlich am Bett und ruhte ihren Kopf auf ihren Armen aus, während ihr müder Blick in die Weite der Hafenstadt blickte. Draußen säuselte der Wind verhalten um die Schindeln, entfernt drangen die Stimmen der Hafenhändler an ihr Ohr und auch ihr eigenes Seufzen konnte sie klar und deutlich wahrnehmen. Die Sonne hang sich immer tiefer über den Horizont, schickte ihre letzten wärmenden Strahlen in das Zimmer und legte sich goldküssend auf ihre porzellanfarbenen Wangen. Die Abendsonne genießend schloss Aleyv ihre Augen und atmete die frische, leicht salzige Meerluft ein. Vieles war heute passiert… manch Bildnisse schwebten der jungen Frau vor dem inneren Auge herum und ließen sie lächeln. Und doch… der Vorfall in der Tempelanlage ließ sie nicht in Ruhe. Auch wenn sie jetzt nochmals darüber nachdachte, sie konnte dieses Gefühl nicht einordnen. Wieder verlies ein Seufzen ihre Lippen, merkte die junge Frau aber auch, dass längeres Grübeln über diese Sache sicher nichts bringen würde. So richtete sich Aleyv kurz auf, steckte die Beine unter die Daunendecke und machte es sich in ihrem Bett gemütlich. Nur kurz schickte sie ihren Blick an die hölzerne Decke empor, ehe sie ihren Kopf leicht überstreckte und auf das leere Bett ihres Begleiters starrte. Was er wohl machte? Hatte die Begegnung mit Ningguang ihn vielleicht doch mehr aus dem Konzept geworfen, als er zugeben wollte? Sie wusste es nicht… und so kam es auch, dass Aleyv wieder dem Schlaf verfiel, bevor sie die Rückkehr Ikuyas mitbekommen konnte.

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • In die abgekühlte Abendluft verschwunden, verabschiedete sich Ikuya aus ihrer nächtlichen Unterkunft, die sie bereits am frühen Morgen wieder hinter sich lassen mussten. Ein Luxus, der ihnen in den nächsten Tagen nicht mehr zustehen würde, wären sie erst einmal über die Grenzen des städtischen Lebens in die Wildnis Liyues abgebogen. Wenn alles glatt laufen würde, kämen sie mit etwas Glück noch beim Gasthaus Wangshu an, statt irgendwo im nirgendwo rasten zu müssen, doch dafür gab es keine Garantie. Die Strecke, die sie zurücklegen mussten, war erheblich, noch dazu wusste der Weißhaarige nicht, ob Aleyv überhaupt bereit war, mit ihm zu fliegen. Zu Fuß wären sie aufgeschmissen. Aus einem Flug bis hinter die Guili-Ebene würde in Zauberhand ein Tagestrip werden - wenn nicht länger. Selbst dann waren die Reisenden noch nicht an ihrem Ziel, sondern lediglich an ihrem ersten Zwischenstopp, den Ikuya dort für sinnvoll erachtete, angelangt. Bis nach Mondstadt brauchten sie die dreifache Strecke. Den Tianheng-Berg im Blick, betrachtete Ikuya von einer der Brücken den gewaltigen Koloss, den es zu bewältigen galt. Von dort würden sie starten und sich vom Wind so weit wie möglich treiben lassen, wie zwei Federn in der Brise. In den Kopf in den Nacken gelegt, sah er den Sternen entgegen, wie der Redakteur es häufig tat, um den Segen der Götter zu erbitten. Auf eine gute Reise…

      Als Ikuya die Rückkehr antrat, waren die Minuten, möglicherweise Stunden, vergangen. Jegliches Zeitgefühl hatte den Burschen verlassen, der in der Dunkelheit gehüllt den Sternen hinterher sah. Sich Zeit zu nehmen, um einen klaren Kopf zu bewahren und Vergangenes zu verarbeiten, war für den Herren, dessen Hirn mit Bergen von Wissen und Geheimnissen überhäuft war, wichtig. Einen Reim konnte er sich nicht daraus machen. Besonders nicht von der engelsgleichen Stimme, die unabhängig der Mächte Ningguangs zu ihm vordringen konnte. Der Pyromane liebte Rätsel und Herausforderungen, zumindest solange eine Lösung dafür in Sicht war. In diesem Fall stand er hingegen auf dem Schlauch. Der vergleichsweise kurze Fußmarsch zur Unterkunft gab ihm keine neuen Erkenntnisse. Auch der schlafende Auslöser seiner Kopfschmerzen, der ihn mit einem undeutlich Grummel begrüßte, sollte ihn vorerst im Dunkeln tappen lassen, doch eines Tages, irgendwann - da war er sich sicher - würden sich ihnen die Antworten offenbaren, solange sie gemeinsam nach ihnen suchten.

      Eine ganze Weile musste sich der Weißhaarige im Bett drehen und wenden. Im Vergleich zur ungemütlichen Nacht in der Ecke der Kajüte, glich diese Unterkunft dem reinsten Luxus, trotzdem wanderten seine Gedanken an ferne Orte. Es war nicht immer leicht, ein Kopfmensch zu sein, die eigenen kreisenden Überlegungen zum Schweigen zu bringen. Letztendlich fand der Redakteur ins Land der Träume, wenn auch unruhiger und um einiges später als das friedliche Wesen zu seiner Seite. Erst mit dem Gezwitscher der Vögel erwachte der Weißhaarige aus dem Wolkenreich in seinem Kopf. Aleyv, schon fit auf den Beinen, saß im Bett, als hätte sie ihn beobachtet. "Verzeih!" stieß er nervös hervor. Nur selten schlief der Inazumaner länger als seine Genossen, zu wertvoll war die Zeit, um sie in den Federn zu verbringen. Weitere Zeit würde er nicht schinden und die beiden in das nächste Abenteuer aufbrechen müssen. “Ich habe dir einen kleinen Teil des heutigen Tages verheimlicht.” gestand der Herr. “Oder zumindest die Offenbarung eines Details herausgezögert.” schmunzelte er leicht, während sein Blick zu ihr wandte. Ikuya war gerade dabei, alles zuvor Besorgte ordentlich zu verstauen und für den Flug zu sichern. Eine löse geschnürte Schleife dafür verantwortlich zu machen, den halben Proviant in hunderten von Metern zu verlieren, war nicht in seinem Sinne. Doch bevor er der Brünetten eine alles auflösende Antwort gab, brachen sie zu ihrem Startpunkt auf. Die Nervosität, die der Pyromane auf ihren sanften Zügen hinterließ, ließ ihn immer wieder freudig grinsen. Es gab nicht viel, das ihm ein Lächeln entlockte, doch Aleyv im Ungewissen zu lassen, bereitete ihm einen unheimlichen Spaß. Erst am Rande des Abgrunds, die Zehen bereits in der freien Luft und lediglich mit den Versen an der Kante, die ihm noch Halt bot, sah er über die Schulter. Erneut dieses schadenfrohe Grinsen auf seinen Lippen! “Vertraust du mir?” streckte er seinen rechten Arm aus, um nach ihrer Hand zu bitten. “Wir werden springen.” Nicht ein Anflug von Angst oder Unsicherheit war aus seinem Antlitz zu lesen, als wüsste er, dass alles gut gehen würde, obwohl er selbst den Flug in Begleitung noch nie gewagt hatte.
      A heart's a heavy burden.

    • „… die Reise lang, die Reise schwer… die Zeit verflog zu tausend… die Jahr‘ verging‘, die Jahr‘ war’n leer… in ihrem Schlafe hausend… das Schicksal trug sie hin und her…“

      Vorsichtig zwinkernd hoben sich der Braunhaarigen Lider empor, als sie das zarte Kitzeln auf ihrer Nase verspürte, welches sie zuvor noch nicht einordnen konnte. Oranges Licht überzog den Holzverbau in dem Zimmer, in welchem sie genächtigt hatte, legte sich umarmend auch auf ihr Gesicht und blendete das Grün in ihren Augen, sodass sie den Blick abwenden musste, die Lider fest zugekniffen. Mit einem Murren drehte Aleyv ihren erwachenden Körper von der Quelle des Sonnenlichtes weg und mummelte sich, unter der Decke versteckt, an die hölzerne Wand zu ihrer linken. Kurz noch verweilte sie in dieser Position… sie war einfach absolut keine Frühaufsteherin. Noch ein paar Minuten gemütlich liegen… dann würde sie aufstehen, ihr Gesicht waschen, die Zähne pflegen, ihre Kleidung überstreifen und hinaus auf den Hof schrei… als hätte sie der Blitz getroffen, riss es den Körper Aleyvs empor. Schnurgerade saß sie nun im Bett, die Augen in Unglaube geweitet. Sie… sie konnte sich… ihre Finger bedeckten ihre zitternden Lippen, während ihr Blick, nun gänzlich erwacht, auf ihren Zehen ruhte, die unter ihrer Decke hervorlugten. Die Erinnerung… sie war da, riss jedoch den Moment, in welchem sie sich gewahr wurde, dass sie sich erinnerte, ab. Kurz um Fassung ringend, erkannte die Grünäugige, dass Ikuya Recht behielt… sie kamen zurück… doch konnten nicht erzwungen werden. So kehrte sich auch der Blick der Braunhaarigen herum und sie entdeckte ihren Begleiter in ungewohnt losgelöster Haltung in seinem Bett. Sein rechter Arm war über sein Haupt gelegt, der linke ruhte auf seiner Brust, die sich langsam hob und wieder senkte. Sein Antlitz, welches sonst so reserviert und angespannt ruhig wirkte, strahlte ihr entspannt und seelig entgegen. Es verlangte ihr viel ab, nicht näher zu treten und seine Person nun genauer zu mustern. Leichter fiel ihr jedoch ihn den benötigten Schlaf zu überlassen. Er hatte schon einmal wegen ihr auf sein Wohlbefinden verzichten müssen… dass wollte Aleyv unter keinen Umständen nochmals auslösen. So atmete sie, ihre Erkenntnis fürs erste für sich zu behalten, tief durch und hob leisen Sohlen ihre Beine aus dem Bett. Die junge Frau war sich sicher, Ikuya so bald wie möglich in ihre Erfahrung einzuweihen… aber musste es noch etwas warten. Sie schätzte den Weißhaarigen so ein, dass dieser dann höchstwahrscheinlich wegen seines zu hochgesteckten Entdeckergeistes platzen würde. Ein Kichern entkam ihrer Kehle bei diesem Gedanken und so schlüpfte sie schnell in ihr knielanges Kleid und ihre flachen, aber ihre Füße fest umschließenden Schuhe.

      Es dauerte dann gar nicht so lange, da erkannte Aleyv eine Regung in seinem Bett. Die ersten Vögel hatten bereits zum morgendlichen Gesang angestimmt und erfüllten die sonst so ruhige Umgebung mit den tschirpenden Tönen. Auch wenn Aleyvs Gedanken sich ihrerseits verbotenerweise um die zurückgekehrte Erinnerung drehten, hatte ihr Blick sich auf dem Körper des Weißhaarigen versteift, als wäre er das einzige, irdische Ding, dass sie davon abhielt, verrückt zu werden. Bald schon traf sich das Meerblau wieder mit dem Waldgrün und die Gestalt des jungen Herren erhob sich, ähnlich ihrer Statur, schnell und zackig in die Höhe. Er bat um entschuldigung, doch entgegnete Aleyv ihm nur mit einem freundlichen „Guten Morgen“ und schenkte ihm ein Lächeln. Dann begann Ikuya ihren Vorrat zusammenzupacken und sprach davon, dass er ihr ein Geheimnis vorenthalten hatte. Überrascht hob die junge Frau ihre Augenbrauen in die Höhe und machte wenige Schritte in seine Richtung. „Ach so? Um was handelt es sich?“, neugierig wie sie war, fragte die Braunhaarige natürlich nach, aber erntete sie von ihrem Begleiter nur ein vages Grinsen. Wie? Vor den Kopf gestoßen, verzog sich Aleyvs Miene in einen verwirrten Ausdruck und dieser blieb, als sie die Nächtigungsstätte verliesen. Ikuya führte sie raus aus der Stadt, liesen Liyue hinter ihnen, überquerten die westliche Brücke und fanden sich in der Wildnis wieder. Doch jedes erneute Fragen nach der Antwort wurde von dem Gelehrten vertröstet, sie würde es bald sehen. Beinahe schon etwas eingeschnappt trottete die Braunhaarige hinter ihm her, erklomm sogar den steilen Bergpfad auf den Tianheng Berg, wie Ikuya ihn nannte und kam beinahe etwas aus der Puste, als sie nun doch endlich ihr Ziel fanden und den Gipfel erreichten. Kurz konnte sie die atemberaubende Aussicht genießen, ehe ihre Arme sich protestierend in die Hüften stemmten, beruhigte Aleyv gleichzeitig ihren angestrengten Atem und fragte ein letztes Mal danach, was dieses Geheimnis war. Er schenkte ihr ein Grinsen. Den Blick auf die zwei Reihen perlweißer Zähne freilegend und das schelmische Glitzern in seinen Augen, ließen die junge Frau kurz in ihrer Aufgebrachtheit zögern. Dennoch…

      Wieder hörte sie ihn die Antwort abweisen, sah seine Hand, wie sie einen kurzen Wink von links nach rechts machte… doch war es diesmal anders. Sein Arm streckte sich ihr entgegen und er richtete zwei Sätze an sie, wartend auf ihre Antwort. Ihr Kiefer klappte sich ungläubig hinab. Hatte sie sich da eben verhört? Er wollte… springen? An seiner erwartungsvollen Hand vorbeischielend erkannte sie das tiefliegende Gelände nach Liyue, welches sich in einem verheißungsvollem gelb-orange in der aufgehenden Sonne spiegelte und wie ein Meer aus Honig wirkte. Sie hatte keine Höhenangst… das war es nicht… aber einen Sturz aus dieser Höhe, würden sie beide kaum überleben. Aleyv hörte sich tief schlucken und sah unentschlossen wieder in die Augen ihres Reisegefährten. Die junge Frau konnte nicht sagen, was es war, dass ihr mit ihm an ihrer Seite diese tiefe Sicherheit zu spüren gab, doch schrie dieses Gefühl sie an, ihm ihr Vertrauen zu schenken. Und so gewahr es, dass sie ihre Hand in die seine legte. Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen. Sie kam nicht mehr dazu etwas zu sagen, denn zog sie der Weißhaarige im nächsten Moment fest an seinen Körper, umschloss sie mit seinem rechten Arm, sodass Aleyv nichts anderes übrig blieb, als ihre Arme Halt suchend um seinen Hals zu schlingen, die Augen fest zu schließen und Ikuya machen zu lassen. Sie spürte noch, wie er Kraft sammelte um den Absprung zu schaffen, fühlte wie sich beider Körper kurz nach vor bewegten, dann aber rasant nach unten gezogen wurden. Ein Schrei blieb ihr im Hals stecken, reflexartig klammerte sich der zarte Körper ihrerseits enger an den seinen… das war es, vorbei, hier und jetzt… sie würden am Boden aufschlagen und in tausend Teile zerschellen. Der Griff Ikuyas um sie wurde fester, als spürte er ihren Schrecken. Dann, ein kurzes, lautes Flattern. Es klang wie das Ausschütteln von nasser Wäsche, bevor man sie zum trocknen aufhängt und die gnadenlose Schwerkraft war nicht mehr. Kühler Fahrtwind umwob ihr Haupt, schlängelte sich zwischen ihren Beinen hindurch… Die Stimme des Weißhaarigen drang zu ihr durch, dass sie die Augen wieder öffnen konnte. Zuerst traute sich Aleyv nicht so ganz und sie konnte selbst nicht sagen, woran es lag. Doch hoben sich ihre Lider dann trotzdem empor und sie fand ihr Gesicht fest an die Kehle des jungen Mannes gepresst, ihre Arme immer noch fest den Hals des jungen Mannes umschlungen. Die grünen Augen starrten an seiner Brust entlang zu seinem linken Arm, den er sehr präsent von sich gestreckt hatte. Darüber lag ein Flügel, aus keinem organischen Material, welcher stramm im Wand stand. „Was…“, entkam es Aleyv ungläubig und sie riss völlig angetan von der Situation ihren Kopf herum, um die andere Seite des Geschehens mustern. Und auch da schob sich eine dunkle Schwinge seitlich dem Körper Ikuyas ab.

      Glänzend wurde das Grün in ihren Augen, als sich ihr Blick weitete und die Fremde nun endlich die Umgebung wahrnahm. Ruhig glitten sie über die Ödnis unter ihnen, ließen Meter und Meter an Weg zu ihren Füßen hinter sich. Die Landschaft zog nur so an ihnen vorbei, links und rechts die ebenso hohen Felstürme, auf welchen sie fremde Blumen und Gestein erkennen konnte. „Das ist… fantastisch!“, versuchend ihre Stimme nicht vollends ihrer Begeisterung hinzugeben, war es ein kurzer Jubelruf der ihre Lippen verlies. Mit einem breiten Lächeln auf jenen kehrte sich ihr Blick hoch zu Ikuya, welcher stramm in die Ferne sah, mit seinen Augen einen Punkt fixierend, den nur er kannte. Doch kam er anscheinend nicht darum herum, der Braunhaarigen überwältigten Blick kurz zu erwidern, nur um sich dann wieder seiner eigentlichen Aufgabe bewusst zu werden und das war, sie beide hier gesund durch die Lüfte zu manövrieren und im besten Fall auch unbeschadet zu landen. So versuchte auch Aleyv die Reise mit dem Wind um ihre Ohren zu genießen, zog ihre Arme, die sich durch die Freude an diesem Ereignis gelockert hatten, wieder enger an, worauf sie den fester werdenden Griff des Weißhaarigen wieder spürte. Es trieb ihr die Röte auf die Wangen, denn wären sie beide nicht in solch hohen Gefilden, hätte Aleyv es sich herausgenommen, um diesem Moment eine tiefere Bedeutung zuzuschreiben. Aber das war nicht der Fall… und sie zeitweise eine kleine Romantikerin, weswegen sie die Machenschaft Ikuyas als Mittel zum Zwecke abtat und der Situation wohl vollends ihr Vertrauen schenkend, ihr Haupt unter seinem Kinn abzulegen, um ihm die Sicht nicht zu versperren. Ihr linkes Ohr lag auf seinem Brustbein hinter welchem sie sein Herz angestrengt schlagen hörte. Sehr wohl musste dieser Flug ihm einiges an Kraft abverlangen, aber er hätte es nicht gewagt, würde er nicht wissen, was er tat. Unter ihnen flog die Gegend weiter vorbei… sie erkannte zwei kleine Seen, Felsen, die sich übereinanderstapelten und die wildesten Formationen bildeten und zwischen all dem lenkte der Weißhaarige sie sicher durch. So lange, bis Ikuya meinte, er sehe das Ziel ihres Fluges. Da wurde die junge Frau wieder hellhörig und wagte es, den Blick hinter ihrem Arm hervorzuheben.

      Sie erkannte dieselbe Statue, welche sie schon an ihrem Ankunftsort erblickt hatte. Der helle, blaue Strahl der sich wie ein Leuchtfeuer in den Himmel arbeitete, war nicht zu übersehen und lud sie beinahe ein, am Fuße seines Ursprunges eine Pause zu machen. Kaum war das steinerne Bildnis in seiner Gesamtheit zu sehen, leitete der Weißhaarige den Sinkflug ein. Ein letztes Mal wollte Aleyv einen Blick aus diesem Winkel von ihm erhaschen, auf die hervorstechenden Kieferknochen und den weiß erscheinenden Augen. Doch erkannte sie zusätzlich Schweißperlen der Anstrengung auf seiner Stirn und auch sein linker Arm war bereits sonderbar angespannt, beinahe verkrampft. Er mühte sich ab, die letzten Meter noch zu schaffen… man merkte es, da seine Flugbahn unsteter wurde und von links nach rechts schlingerte… er schloss seine Augen. „Gleich!“, stieß Aleyv hervor und alsbald sie ihren Schatten erkennen konnte, lockerte sich der Griff um ihn und der Körper ihrerseits wand sich aus seinem Griff. Die zwei Meter, die ihnen noch zum Boden gefehlt hatten, überbrückte Aleyv und rollte sich dann, den Schwung aus ihrem Fall nehmend, zur Seite ab, nur um kurz am Rücken liegend zu verweilen. Sie hörte einen dumpfen Aufschlag, mehr Stolpern und Rutschen, mit welchem sie ihren Körper wieder empor hob um zu Ikuya zu gelangen, welcher geschlagen, mit tiefen Atemzügen nach Luft ringend im Gras kauerte. Schnell hatte sie ihre Person vor die seine geschoben, umgriff mit beider Hände seine Schultern von vorne und versuchte in dieser geduckten Position seinerseits einen Blick in sein Gesicht zu werfen. „Alles in Ordnung bei dir? Bist du verletzt?“, sichtlich besorgt erklang ihre Stimme, als sich der Atem des Weißhaarigen nicht zu beruhigen schien.


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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Den mit Mut gewagten Sprung in die Tiefe bereute Ikuya wenige Sekunden danach. Die Schwerkraft riss sie beide heftiger zu Boden, als er es erwartet hätte und mit dem Widerstand die Flügel seines Gleiters auszubreiten, hatte er mehr zu kämpfen als ihm lieb war. Was sich in dem trüben Blau des Mannes wie ein ewiger Film in Zeitlupe abspielte, sah im Moosgrün zum Glück anders aus. Von der vielen Anstrengung, dem Kraftaufwand und auch der tiefen Konzentration, der Ikuya verfallen war, um beide heil durch die Lüfte zu manövrieren, bemerkte die Reisende zu seiner Erleichterung erst vergleichsweise spät. Jedoch ließ es seine Alarmglocken läuten, da es ihm scheinbar nicht mehr so leicht über die Hand kam, die Belastung zu verbergen - kein gutes Zeichen. Im Versuch, sich von der schwindenden Ausdauer abzulenken, schielte er immer wieder zu der Brünetten, die in sichtlicher Faszination den Ausblick genoss. Hoch in den Lüften, das Rauschen des Windes, der Weitblick über die Landschaft; der Weißhaarige erinnerte sich selbst noch, als wäre es gestern erst gewesen, an seinen ersten Flug. Alleine, versteht sich. Kein waghalsiges Unterfangen, das keiner, den er kannte, gewagt hatte, sondern eine gewöhnliche Übungsstunde, die unter der Anleitung der Flugmeisterin Amber höchstpersönlich stattgefunden hatte. Mondstadts Himmelreich war mindestens genauso beeindruckend, wie das trockene Gebirge Liyues. Das saftige Grün, und das tiefe Blau der Gewässer, die sich rum um die Stadt der Freiheit erstreckte, wäre die passende Kulisse für die beiden gewesen, hätte sie weniger wie ein leuchtender Fremdkörper in den Höhen enttarnt, wie es im orange, braun getränkte Reich nördlich der Hafenstadt der Fall war. In der Entfernung zu reisen, wie er es nun tat, noch dazu mit einem zusätzlichen Passagier, wäre damals kaum vorstellbar gewesen. Verflucht, Ikuya besaß bei weitem nicht die Ausdauer, die er gerne gehabt hätte, die Strecke der Schwebe in seinen Augen nicht weit genug. Dabei waren die Meter, die er nun hinter sich ließ, zahlreicher als der Anfänger hätte zu Beginn glauben können. Derartige Abenteuer zu erlauben, zollte von der Erfahrung und dem Selbstbewusstsein, die der Pyromane hatte. Wobei der Herr mit zunehmend ermüdenden Muskeln es mit der Bange zu tun bekam. Hochmut kam schließlich vor dem…

      Wäre es in seinen Kräften gewesen, hätte er den schweren Atem, der seiner Kehle entwich, leichter in die Umgebung gelassen, als das offensichtlich angestrengte Pusten seiner Lunge. Sein Puls raste unter jeder weiteren Minute, die seine schweren Muskeln brannten und schließlich zu zittern begann. Doch Schuld an dem Satz, den das kleine, lebenserhaltende Organ machte, trug nur die Erkenntnis, dass die Brünette ihr Ohr lauschend auf seiner Brust ruhen ließ. Er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen und richtete den Fokus gen Horizont. Nicht nur die Kondition war ausschlaggebend, sondern auch das hinzukommende Gewicht einer zweiten Person. Aleyv war eine bezaubernde Schönheit, glich einem zarten Pflänzchen, dessen Blüte man nur genießen konnte, doch zu behaupten, dass es sich bei der Frau um ein Fliegengewicht gleich einer Feder im Wind handelte, wäre gelogen. Sie war nicht schwer, aber mehr als ein Ein-Personen-Gleiter für gewöhnlich auszuhalten hatte. Mehr Last, als Ikuyas Arme sonst balancieren mussten. Das Gasthaus in der Ferne zu erspähen, glich einem Weckruf, der jede Faser in seinem Körper krampfen ließ. Plötzlich lag das Ziel so nah vor Augen, dass die Muskeln vor Erleichterung mitten im Flug zu versagen drohten. “Alevy..” knurrte er ihren Namen mit geschlossenen Augen, während einzelne Schweißperlen die Stirn hinab purzelten. Als hätte das Mädchen etwas an dem Schwinden seiner Kräfte tun können. Wider seiner Erwartungen reichte der kleine Anstoß der Dame aus, die bloße Erinnerung daran, dass er nicht allein war und ihr Wohl buchstäblich in den Händen hielt. Erneut entwich ihm ein schweres Pusten, bevor sie nah genug waren, die Frau den Sprung wagte und Ikuya die gänzliche Balance verlor. Unsanft landete er etwas unglücklich auf seiner Seite, wollte aufspringen, sich nach ihr umsehen, sicherstellen, dass Aleyv wohl auf war, doch kein Muskel regte sich. Abgesehen von dem stetigen Hoch und Runter seines Brustkorbs und dem offenen Kiefer, der nach Luft verlangte, wollte nichts mehr funktionieren. Der bislang angestrengt gehaltene Nacken, der zumindest das Schielen ermöglichte, gab unweigerlich, nachdem das Moosgrün über seinem Haupt erschien, nach und sank zurück in das Gras. In diesem Moment realisierte der Weißhaarige zum ersten Mal, welche Farbenpracht ihre Seelenspiegel beherbergten. Neben dem präsenten Moos zierten Tupfer von Pistazie ihre Iris. Ein wirkliches Wechselspiel der verschiedenen Grüntöne, das dem Namen der Regenbogenhaut endlich gerecht wurde. Wieder kam nichts als schwerer Atem über seine Lippen, bevor ein Mundwinkel zart in die Höhe ging. “Mir geht es gut.” versicherte er ihr und setzte sich auf, wie die Motte, die vom Licht angezogen wurde, schöpfte Kraft, als wäre sein Organismus zu nichts anderem geboren. Wenige Zentimeter von ihr entfernt legte er seine Lippen aufeinander, obwohl ihm das Atmen durch die Nasengänge vorkam, als würde er ersticken. Die Gesichtszüge legten sich in gewohnte Ernsthaftigkeit, das Funkeln in seinen vor Adrenalin geweiteten Augen verweilte jedoch. Ein Kompliment kam ihm in den Sinn, eine Geste zur Untermalung des Abenteuers, dass sie geteilt hatten, irgendwas, um die sprudelnden Emotionen zum Ausdruck zu bringen. Erneuter Übermut, der ihm zum Verhängnis werden könnte. Flüchtig, nur für den Bruchteil einer Sekunde konnte er dem Drang nicht widerstehen und schielte auf ihre rosigen Lippen. Sich dabei erwischend, tatsächlich mit der Frage gerungen zu haben, wie diese schmecken würde, räusperte Ikuya sich. Mit einer Hand fuhr er durch sein Haar, keine Anstalten machend, die Distanz zwischen ihnen aufbauen zu wollen. Die Minuten, wenn nicht Stunden, in denen die beiden aneinander geklebt hatten, hatten sich in keinem Moment unbehaglich angefühlt. Eher als wären sie enge Vertraute, die viele Jahre der Freundschaft verband, nicht etwa wenige Stunden einer flüchtigen Bekanntschaft, die vom Himmel gefallen war. Also störte der Redakteur sich nicht an dem Fakt, dass er nun auch in ihren privaten Raum mit festem Boden unter den Füßen eindrang. Stunden hätten vergehen können, in denen er sich nicht hätte an dieser Aussicht satt sehen können.
      A heart's a heavy burden.

    • Sorgenvoll schoben sich der jungen Frau Augenbrauen zu einer strammen Linie zusammen, als sie dem jungen Mann vor ihr ihre volle Aufmerksamkeit schenkte, welcher nach dieser Tortur schwer um Luft rang. Sein erschöpfter Körper verweilte noch für eine kurze Zeit am Boden, aber hatte der aufgebaute Augenkontakt Aleyv bereits versichert, dass es ihm, bis auf die Anstrengung, gut ging. Sie verhielt es sich, ihm unter die Arme zu greifen, ihre Hand in seinen Nacken zu schieben und sein aufrichten zu unterstützen. Er schien es gut unter Kontrolle zu haben. Untermalt wurde das ganze durch seine Worte, die Ikuya im nächsten Moment an sie richtete. Erst dann wagte auch die Braunhaarige nun endlich, erleichtert, durchzuatmen. Sie wusste nicht, aus welchem Reflex es geschah, aber war eine ihrer Hände in die seine rechte gewandert und drückte fest zu. Sie spürte die Kälte in jener. Seine gesamte Kraft hatte sich aus seinen Gliedmaßen zurückgezogen, um die lebenswichtigen Organe zu unterstützen, die nun auf Hochtouren arbeiten mussten, um das Bewusstsein des jungen Mannes aufrecht zu erhalten. Sie beobachtete Ikuya nur einen Moment länger, stellte sicher, dass er es schaffte sein Gleichgewicht zu halten. Flink hatte Aleyv dann hinter Ikuya gegriffen, tastete blind nach dem Proviantbeutel und griff in diesen. Nach kurzer Zeit hatte die Grünäugige gefunden, was sie suchte und zog, ihre Hand mit dem umschlossenen Trinkbeutel in dieser, schüttelnd aus der Öffnung, nur um den Korken zwischen ihre Zähne zu nehmen und diesen aufzustöpseln. Bevor sie ihm aber das kühlende, erfrischende Wasser in diesem hinhielt, musste der Weißhaarige seinen Körper wieder unter Kontrolle bringen. Überstürzt zu trinken würde nur das Risiko vergrößern, dass er sich verschluckte und danach mehr Energie verbrauchte, als er im Moment sowieso schon brauchte. Schulter an Schulter zu dem Blauäugigen wartete Aleyv geduldig ab, lauschte seinem nach wie vor gepressten Atem, welchen er tapfer durch seine Nase schickte, und sah unbewusst auf ihre Hände hinab, wo ihre die seine immer noch fest umschlossen hielt. Er hatte sie nicht weggezogen... was Aleyv zeigte, dass es ihm soweit nicht unangenehm sein konnte. So verweilte die junge Frau neben ihrem weißhaarigen Begleiter und ließ die Zeit vergehen, so viel wie er eben nötig hatte. Hinter ihnen gab die Säule ein beinahe unhörbares Surren von sich. Leise säuselnd strich der Wind übers Land, schob sich durch die Felsformationen, bog die trockenen Halme von links nach rechts und kräuselte beider Haarpracht empor, sodass Aleyvs Blick von den vorgefallenen Haaren befreit wurde. So war es, dass sie den Moment aus dem Augenwinkel erhaschte, in welchem der junge Mann neben ihr, seinen Blick auf ihr Antlitz legte. Versuchend, vergleichsweise ruhig zu bleiben, atmete auch ihre Wenigkeit kurz durch und lies nun seine warm gewordene Hand los. „Hier… jetzt sollte es gehen.“, mit jenen fürsorglich, leisen gesprochenen Worten händigte sie Ikuya den Trinkbeutel aus, welchen er entgegennahm.

      Die Freiheit ihrer Hände nun nutzen könnend, strich sich die junge Frau ihr grünes Haarband von ihrem linken Handgelenk und band sich mit ein paar schnellen Handgriffen ihre nussbraune Haarpracht in einem hohen Zopf nach oben. Ein Seufzen entkam ihren Lippen während ihre Hände mit ihren Haaren beschäftigt waren. Ihr Blick verschwand in der Ferne, pinnte sich an einem zusammengefallen Unterstand fest, neben welchem alte Kiste gestapelt standen und eine versiegte Feuerstelle zu erkennen war. Lange schon wurde diese wohl nicht mehr entzündet... die Asche darin war bereits ergraut, wildes Gras wucherte aus dem Steinbett, in welchem die einstig brennenden Holzstücke gestapelt waren. Welche Geschichte die Flammen ihr wohl erzählen würden, könnte sie den Moment des Geschehens zurückholen und die Zeit von damals sehen? Ein schöner und gleichsam beängstigender Gedanke, wie viele Dekaden an Jahren und wie viele tausende Menschen hier bereits gewandelt haben mussten. Gerade wollte Aleyv ihre Arme wieder sinken lassen, als ihr der Schopf ihres Gefährten in den Blick stach und das, was sich in jenem befand ihre Aufmerksamkeit weckte. Sie zögerte. Unbesorgt, beinahe aber schon gedankenlos, als wäre es für Aleyv das Normalste auf der Welt, begann sie nun das wenige Laub und die einzelnen kleinen Grashalme, die sich in die weißen Strähnen des jungen Herren verirrt hatten, herauszufischen. Kurz ging das Prozedere gut… wollte sie es überhaupt verbergen, was in ihrem Kopf für so kurze Zeit präsent war? Diese wahnwitzigen Ideen, die sie überkamen, obwohl sie noch nicht einmal wusste, ob es für ihr Gegenüber in Ordnung war? Doch konnte Aleyv sich komischerweise sicher sein, dass nichts dagegensprechen würde. Mit Argusaugen vollführte sie ihr Vorhaben, so lange bis sich das Haupt des Blauäugigen wieder aufrichtete, herumkehrte und ihr wortlos entgegenblickte. Ihre Hand versteinerte in ihrer Bewegung, als sie den Hinterkopf des Herren so plötzlich ihrer Handfläche bettete. Erst jetzt wurde es der Braunhaarigen gewahr, wie stark die einstige Entfernung zwischen ihnen geschwunden war, welche Nähe sich zwischen beider ausbreitete. Langsam zog die junge Frau nun ihren Arm zurück um ihn in ihrem Schoß zu betten. Ihre Lippen öffneten sich einen Spalt, als würde sie irgendetwas von sich geben können, dass den Moment auflockerte. Vergebens. Aleyv machte wenig Anstalten den Blick Ikuyas auszuweichen und so gewahr es sich, dass sich Blau und Grün für eine unbestimmt lange Zeit ineinander verbohrten, ohne Absicht auch nur für den kleinsten Augenblick den Kontakt brechen zu wollen. Die Erst der Wind war es, der sich brennend in der Brünetten Augen legte und sie zwangen, die aufkommenden Tränen wegzublinzeln. Der Bann war gebrochen. „Ich… entschuldige… ich wollte nur… es tut mir Leid, ich… das war unüberlegt…“, stammelte Aleyv nun doch peinlich berührt vor sich dahin und presste ihre Lippen aufeinander, ihre Finger rieben sich die Augen, welche in Nässe zurückblieben. Was war nur in sie gefahren? Nicht nur, dass sie so unbedachte Taten vollführte, noch, dass ihre Willensstärke so versiegte. So kannte sie sich gar nicht… so schwach und… dem Schutz eines anderen verfallend. Sie griff sich in den Nacken. „Ich… ich bin etwas durcheinander… in meinem Kopf kreisen die Gedanken… ich bin achtlos geworden… verzeih...“, die Nase gerümpft, legte die Reisende den Handballen ihrer rechten Hand gegen ihre rechte Augenbraue. Dann kehrte ihr Kopf sich empor und sah zur mittlerweile hell strahlenden Sonne hinauf, die unerbittlich warm auf sie niederbrannte.

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Die junge Frau in ihren filigranen Bewegungen zu beobachten schenkte dem Herren eine tiefe Ruhe, die ihm dabei half, seine verschnellerte Atmung zu kontrollieren. Ihr Anmut war wahrlich nicht von dieser Welt, kaum einer Dame gelang es solch eine Faszination in ihm auszulösen. Den tiefen Drang, seinen Kopf aus den Bergen von Büchern zu erheben, verspürte er sonst häufig nur beim Erarbeiten von Experimenten oder wenn es neue ausschlaggebende Eindrücke zu sammeln gab. Genau das war sie. Ein Phänomen, mehr als ein Mädchen. Alles an ihr schien so… ungreifbar? In ihrer gewohnten Art, elfengleich und zart wie eine exotische Pflanze und doch so familiär. Etwas - er konnte nicht benennen was - kam ihm bekannt vor, fühlte sich heimisch an und doch war Aleyv das genaue Gegenteil. Je mehr Zeit der Redakteur mit ihr verbrachte, umso stärker verknoteten sich seine Innereien mit der Erkenntnis, dass der Ritterorden keine Antworten für ihr Erscheinen finden würde. Ikuya wurde nicht schlau aus all dem, der Order Favonius sicherlich noch weniger. Dankend nahm er die Flasche an sich, als die Wärme in die Glieder zurückkehrte und Bewegungen - wenn auch schmerzhaft - erlaubten. Seine Muskeln waren ermüdet, sodass der nächste Flug vorerst auf sich warten lassen musste. Die zarte Geste ihrer Hilfsbereitschaft berührte ihn, doch wirklich wahrzunehmen tat er es nicht. Der Weißhaarige war in dem Moment weggetreten, indem seine Regenbogenhaut auf ihr Grün traf. Wie ein endloser Spiegel, in dessen Tiefe die Wahrheit verborgen lag. Ruhig und bedacht erhob der Pyromane sich aus dem weichen Bett, den ihr Schoß für ihn bildete, gar als wäre ihm daran nichts verkehrtes aufgefallen und lediglich die Unruhe in ihren Worten der Auslöser für die durchbrochene Zweisamkeit. Kopfschüttelnd verneinte er jedweden Grund für ihre Unsicherheit. “Ich danke dir.” Es war nicht selbstverständlich, einen solch intimen Moment mit einem Fremden zu teilen. Selbstlos spendete sie ihm Wärme, schenkte ihm Kraft und allen voran Zeit, um sich zu erholen, statt ihr dringendes Anliegen weiter zu treiben. So viel Güte und Fürsorge wurde dem neugierigen, oft forschen jungen Mann selten entgegengebracht. Noch einen Augenblick länger hielt er ihr Antlitz in seinem Sichtfeld, ehe sein wunder Körper sich gänzlich aufrichtete. Auf beiden Beinen ließ er sich die Myalgie nicht anmerken und warf den Proviant beinhaltenden Beutel über die Schulter. “Das Gasthaus ist nicht mehr fern.” Samt eines Nickens wies er die Richtung zu ihrem Ziel. Bereits von weitem war das Gebäude zu vernehmen, da es gleich eines Wahrzeichens auf einer massiven Steinsäule thronte. Ein Zufluchtsort für Reisende und Händler, die sogar einen Bereich zum Errichten ihrer Stände innehatten. Bisher war Ikuya rein geschäftlich zu Gast bei dem netten Ehepaar, das gemeinsam das Inn betrieb. Wenn man einem Volksmärchen glauben sollte, sonnen sich Adepten dort im Mondlicht. Nicht allzu fern der Realität, wie der Redakteur vermutete, da man bei gutem Wetter eine unbeschreibliche Aussicht auf der Terrasse der Lüfte genießen konnte. Doch das war nicht das wohl gehütete Geheimnis von Veer Goldet und ihrem Mann Huai’an, hinter welches Ikuya gekommen war. “Die Besitzer sind Ningguang unterstellt. Freundlich, aber nicht vertrauenswürdig.” warnte er seine Begleiterin vor und teilte damit den Part ihres Geheimnisses, der am wenigsten Schaden anrichten würde. Am liebsten hätte er sein Wissen geteilt, dennoch schwieg er - wie immer - wie ein Grab. Dass das Gasthaus nur ein Vorwand für eine andere Mission war, somit der Unterstützung des Adepten Alatus diente und die Eheleute nichts anderes als Geheimagenten der Qixing, behielt der Belesene für sich.

      Die kurze Zeit, in der Ikuya in Liyue war, genügte, um ihn an den Grund seiner Abreise zu erinnern. Die Blondine war allgegenwärtig, ihre Finger in den Tiefen des Landes verstrickt, sodass jeder Schritt, den sie machten, nicht unbeobachtet blieb. Ein Gefühl, das dem Redakteur so gar nicht schmeckte. Es war die Brünette Chefin, die den beiden ein begrüßendes Lächeln zuwarf und neugierig den Kopf zur Seite neigte, beim Anblick des Weißhaarigen Begleitperson. “Aoyama, welch freudige Überraschung.” Etwas in ihrem Ton ließ ihn daran zweifeln, dass Veer aufrichtig überrumpelt war. Das Standardprozedere der Buchung eines Zimmers nahm seinen Lauf. Heftiges Seitenblättern später sah die Braunäugige von ihrem Buch hinauf, während ein Mundwinkel sanft, kaum merkbar in die Höhe fuhr. “Zwei Zimmer? Ein Zweibettzimmer oder Doppelbett?” Obwohl die Frage valide war, zogen sich Ikuyas Brauen zu einer kleinen Zornesfalte zusammen. Die sanfte Regung ihres Mundes zu offensichtlich, um ihre Absicht hinter der Frage zu verbergen. Veer fragte nicht als Geschäftsfrau, sondern als Ningguangs Spionin.

      Gasthaus Wangshu
      A heart's a heavy burden.

    • So bestritten sie ihre Reise weiter. Nachdem sich der Weißhaarige erhoben hatte und ihr versicherte, dass seine Kräfte wieder hergestellt waren, hob es auch die junge Frau auf die Beine. Bedacht klopfte sie angesammelten Staub und Blätter von ihrer Kleidung und zupfte an ihren Waden klebende Steinchen herunter. Sich noch kurz gegenseitig versichernd, dass alles in Ordnung ist, begann sich ihre kleine Reisegruppe zu bewegen. Ihr Ziel lag bereits in sichtbarer Nähe. Majestätisch thronte das angesteuerte Gasthaus in den Lüften, umschlossen von einem noch viel monströseren Baum, der sein weitgefächertes Blätterdach über den Räumlichkeiten ausbreitete. So viel konnte Aleyv zumindest aus dieser Entfernung erkennen. Ihre Augen zusammengekniffen und die Hand schützend über jene gelegt, war ihr Blick für die Ferne nicht völlig ausgeglichen und sie musste die Silhouette des Gebäudes schärfen, um es einigermaßen erkennen zu können. Nicht ganz unschuldig war dabei jedoch das gleißende Sonnenlicht, welches die allumfassend helle Umgebung wie Schnee spiegelte und ihren Weg, flirrend wie Nebel, verschwimmen ließ. Die Braunhaarige blähte ob der Hitze ihre Wangen auf… noch nie war sie eine Freundin des Tages gewesen, zumindest der sonnigen welchen, aber nun blieb ihr nichts anderes übrig als mit Ikuya neben ihr stramm weiter zu stapfen. Die Stunde die sie geschätzt brauchten flog nur so an ihnen vorüber und von nahen war ihr Zwischenziel ein nicht minder überwältigendes Schauspiel. Liyue hatte sie mit der vorherrschenden Architektur bereits in den Bann gezogen, kam das Gasthaus jedoch nahe an die Wucht der Stadt ran. Aleyv fragte sich, die Größe des Bauwerkes verinnerlichend, ob alles hier in Teyvat so ungeheure Umfänge aufweisen würde… von den einfachen Bäumen abgesehen, waren die zurückgelassenen Felsformationen ein weiterer Beweis für die wundersame Natur in dieser Welt… selbst die Insel, auf der sie strandete, konnte nicht die einzige da draußen im Meer gewesen sei. Welch wundersame Gebilde wohl noch auf sie warten würden… Ein Schmunzeln legte sich auf ihre Lippen, das einem Staunen wich, als sie den Fuß der Steinsäule erreichten und der Grünäugigen das gesamte Ausmaß des Bau´s bewusst wurde. Ikuya führte sie zu einem Aufzug, welcher die beiden in die luftigen Höhen beförderte. Schon von hier hatte man einen unglaublichen Ausblick. Doch wurde es Aleyv gewahr das dieser wahrscheinlich noch viel beeindruckender sein würde, wenn sie erst ganz oben auf dem Terrassenvorsprung standen. Noch bevor sie jedoch das oberste Stockwerk erreichten, weihte der Weißhaarige sie in ein kleines Geheimnis ein, dass der jungen Frau kurz sauer aufstieß und die unangenehme Begegnung mit der Blonden wieder in ihrem Gedächtnis aufleuchten ließ.

      Die tackenden Schritte über die roten Holzbalken führend, vergingen nur wenige Minuten, bis sie an der Rezeption standen, um ihre Zimmer für die Nacht zu sichern. Aleyv erkannte das erzwungene Lächeln auf den Lippen der Inhaberin, entschied sich aber nicht darauf zu reagieren. Stattdessen sah sie sich kurz im Inneren der Eingangshalle um und verschränkte die Arme in ihrem Rücken. Beinahe wäre sie wieder in Gedanken abgedriftet, da wurde die Braunhaarige hellhörig. „Zwei Zimmer? Ein Zweibettzimmer oder Doppelbett?“, der spöttische, wenn nicht sogar provozierende Unterton in der Stimme der Dame hinter dem Pult war nicht zu überhören. Und so pinnte sich der Grünäugigen Blick auf der Rezeptionistin fest, wartete kurz ab, ob von Ikuya eine Reaktion kam und trat dann selbstsicher, mit einem leisen Räuspern vor. Den Blick kurz zu Boden richtend, löste Aleyv ihre Arme wieder aus ihrer Formation und legte sie, leicht überschränkt auf der Theke ab. Dann entkam ein Seufzen ihren Lippen, ihr Haupt war leicht gesenkt, als ihr Blick den kleinen Namensaufsteller rechts neben ihr musterte, auf welchem „Veer Goldet – Inhaberin“ stand. Aus diesem scharfen Winkel hob die junge Frau ihren Blick wieder empor und schickte ihn beinahe schneiden in ihre Richtung. Das zuvor so selbstsichere Lächeln auf ihrem Munde erstarrte. „Behandeln Sie all ihre Gäste mit einer so niederschwelligen Angriffslust?“, die aufgesetzte Freude, die Veer zuvor in ihren Zügen trug, nahm sich nun Aleyv an und schenkte der älteren ein zuckersüßes Lächeln. Vor den Kopf gestoßen, blieb die Geschäftsfrau kurz perplex zurück, bevor sie zum Protest ansetzen wollte. „Wie bitte? Angriffslust? Ich glaube ich höre nicht ri-!“„Oh ich bitte Sie Madame Goldet… bereits seit Herr Aoyama und ich ihr Etablissement betreten haben, konnte man direkt an ihrem Blick ablesen, dass unser Erscheinen hier Sie nicht minder überrascht hat, als es sollte… mehr noch habe ich das Gefühl, dass sie uns aus welchem Grund auch immer erwartet haben, jedoch mit keiner guten Absicht dahinter…“„Wie… aber ich…“„Mh, ich verstehe ihre Situation… wohlwahr schimpft sich ihr Gasthaus bestimmt vortrefflich in ihrer Küche und den Kochkünsten ihres Mannes. Dem soll auch kein böses Wort folgen… der Zimmerbelegung hier jedoch zufolge, kann ihr Nächtigungsgeschäft kaum florieren…“, Aleyv zuckte mit den Schultern, hatte sie einen weiteren Nagel auf dem Kopf getroffen, als sie hinter Veer die kaum berührten Schlüsselkästen erspähte, in welchen manchen sich bereits Staub abgelagert hatte.

      Ein Zähneknirschen aus ihrer Richtung war zu hören und Aleyv seufzte wieder tief, die Augen kurz schließend. „Ich frage mich, woran das liegt… hm.“, ihr Gesicht nun zu einer nachdenklichen Miene verzogen, trommelte die junge Frau im nächsten Moment mit ihren Händen auf der Holzplatte. „Bestimmt nicht daran, dass sie ihre Gäste weniger als Schutzsuchende sehen, sondern mehr als Töpfe voller Gold… sei es wie es sei, ich würde es als Gast sehr begrüßen, hier ein Gefühl der Sicherheit genießen zu können, anstatt die kalte Klinge des Verrats an die Kehle gesetzt zu bekommen. Immerhin sind wir wohl die ersten, die seit langer Zeit vorbeikommen... “, kühl stach ihr Blick nun aus den ermatteten Augen ihrerseits, ihr Antlitz in eine beinahe boshafte Miene gemeißelt. Eine raumfremde Kühle breitete sich während ihres Monologs aus, beinahe als würde der Atem als feiner Dunst sichtbar werden. Veer starrte ihr wortlos entgegen, zwinkerte ein oder zwei Mal, ehe Aleyv ihre Hand vorstreckte und sich räusperte. „Einen Schlüssel bitte… für ein Zweibettzimmer… und ich würde es begrüßen, wenn unser Aufenthalt in ihren Verschwiegenheitsvertrag fällt, der dort hinten so schön dekoriert an der Wand hängt.“, ihr Kopf nickte, mit einem fahlen Lächeln in die Richtung des golden eingerahmten Dokuments, ohne jedoch die grauen Augen ihrerseits loszulassen. Hastig griff Veer hinter sich, griff nach dem erst besten Schlüssel, der ihr in die Finger glitt und lies ihn klirrend in die Handfläche der Braunhaarigen fallen. Just danach überzog ein breites Grinsen die Züge Aleyvs, die sich herzlich bedankte und Ikuya mit einem Nicken das Signal gab, loszugehen. Auf der Suche nach ihrem Zimmer wurden die Schritte der jungen Dame immer schneller. Sie konnte kaum einschätzen, in wie fern ihr Auftreten ihnen nun schaden würde oder nicht. Aber eines war sich Aleyv komischerweise sicher... ihre Nächtigung hier würde anonym bleiben. Sie erkannte es in den Augen der Inhaberin.

      Nur wenige Minuten später verweilten die beiden Gefährten in ihrem Zimmer und lauschten der Stille. Ikuya hatte zuvor seine Meinung zu ihrem Auftritt kundgetan und sich in dem Bett ihr gegenüber niedergelassen. Mit dem Rücken zur Wand und ausgestreckten Beinen, hatte die Grünäugige ihre Arme in ihrem Schoß gebettet und sah zur Decke empor. Sie wusste um ihre Fähigkeit, einschüchternd zu wirken... nur würde es man von ihr nicht erwarten, da ihre schlanke Erscheinung im drastischen Widerspruch stand, zu dem, zu dem sie fähig war. Das Fenster zu ihrer rechten schickte die frühe Nachmittagssonne in langen Strahlen in den quadratischen Raum und legte sich als heller Streifen zwischen ihre Betten, wie eine Barriere aus Licht spiegelten sich die goldfasrigen Staubpartikel in jener. Die Erkenntniss von heute morgen drängte sich wieder in ihren Kopf und lies ihre Mimik und ihren Körper etwas einfallen. Fest biss sie ihre Zähne aufeinander, ehe sie den Mut fand, es auszusprechen. "Ikuya... kann... kann ich dir etwas sagen?", raunte die Brünette und rümpfte die Nase. Ihr Blick legte sich auf den Weißhaarigen, der sie erwartend ansah. "Heute früh... kurz bevor wie aufbrachen... gab es einen Moment, wo ich in ein Muster verfallen wäre... Dinge, die ich sonst immer gemacht hätte, nach dem aufstehen... ich glaube meine Erinnerungen... sie kehren langsam zurück...", kaum hatte sie ihre Erkenntnis ausgesprochen, fühlte sich die junge Frau gleichsam erleichtert, als auch verängstigt. "Vielleicht... ist es nur Zufall gewesen... vielleicht aber muss ich einfach noch mehr von mir dieser Welt preisgeben, sodass sie mir das wiedergibt, was sie mir genommen hat.", eine vage Annahme, aber könnten diese Götter auf den steinernen Säulen durchaus etwas damit zu tun haben... sofern sie hier noch existierten.

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Die lodernde Flamme ihres Temperaments schlug unerwartet aus und entzündete jeden noch so kleinen Grashalm in greifbarer Nähe. Ein Wall an Wortgewandtheit brach über ihre Lippen einher und ließ Ikuya nicht schlecht staunen. Was auch immer Ningguang in diesem zarten Pflänzchen ausgelöst hatte, fegte nun über ihre Untergebene, die verdutzt das Match geschlagen geben musste. Neugierig neigte der Kopf des Weißhaarigen zur Seite, verfiel dem Gedanken daran, welchem göttlichen Auge er Aleyv in dieser Welt wohl zuordnen würde. Den Mut einer Pyromanin, die Leichtigkeit von Anemo, die Intelligenz einer Dendro, der Beschützerinstinkt einer Geo, das Durchhaltevermögen von Elektro, die Sänfte von Hydro und die Kühne einer Cyro - er fand Teile von Aleyv in all den göttlichen Elementen wieder und sie sollte nicht eine von ihnen sein? War sie gerade deswegen aus einer anderen Welt, weil ihr heller Strahl mehr war, als die Adepten verantworten konnten? Die goldene Urkunde gewann sein Augenmerk, als seine Begleiterin das gesäumte Schriftstück erwähnte. Seine Glieder zuckten in der Überlegung, sich nach ihr zu strecken, der Brünetten die sanfte Handfläche auf die Schulter zu legen, um ihren angespannten Muskeln Erleichterung zu verschaffen, doch sich einzumischen war nicht seine Art. Zumindest noch nicht. Als stiller Beobachter gewann man meist tiefere Eindrücke, als wenn man die eigenen Finger ins Spiel brachte. Also hielt er die Füße still und ehe er sich versah, marschierte die Frau samt Zimmerschlüssel davon. Der subtilen Geste, ihr zu folgen, kam der Herr ohne Widerworte nach.
      Erst als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, schien sich die dunkle Aura, die in der Luft lag, zu legen und Raum für das helle Licht zu lassen, welches das Moosgrün eigentlich in sich trug.

      “Verzeih.” Begann er auszuatmen. “Ich habe dich mit meinem Kommentar nicht in einen Kampf hineinziehen wollen, der nicht deiner auszutragen ist.” Sein leerer Blick ging an ihr vorbei zur Fensterfläche. Es war bei weitem nicht das feinste Zimmer dieses Hauses, dennoch verfügte jedes aufgrund der Lage auf dem steinernen Turm über eine besondere Aussicht. Eine, die er vor Schuldbewusstsein nicht genießen konnte. "Das Chaos, das der Kontakt in mir hinterlassen hat, wünsche ich nicht weiter zu geben. Die Last ihrer Augen soll nicht auf dir ruhen.” Jahrelang schrieb er alles auf, füllte Notizblöcke und Schriftrollen mit Fakten, teilte sein Wissen mit Papier und Stift, doch mit Emotionen, zwischenmenschlich war der Redakteur alles andere als wortgewandt. Vielleicht war das der Grund, warum seine Arme etwas unbeholfen auf den Schultern seines Gegenübers ruhten. Das Meerblau sah eindringlich auf den neu gewonnenen Schützling. Die übrige Kraft würde er dafür aufwenden, das Mädchen zu beschützen. Aleyv war alles andere als schutzlos, kein zerbrechliches Ding, das die kräftigen Hände eines Mannes brauchte, um in dieser Welt zu überleben. Nein, so war es nicht - auch wenn ihre zarte Statur und die Herzensgüte dafür sprachen. Ein dringendes Gefühl in seiner Magengegend, vielleicht die Neugier der Ungewissheit, befahl ihm, an ihrer Seite zu bleiben und wenn nötig zu kämpfen. Verkopft, wie er war und seine Taten häufig auf Fakten beruhten, so würde er diesem Instinkt folgen. Entspannt auf die Matratze sinkend ließ er die Tasche von seinen Schultern fallen. Gerade zückte er ein kleines Büchlein, begann die Blätter zwischen seinen Fingerspitzen fliegen zu lassen, als Aleyvs lieblicher Klang seine Aufmerksamkeit forderte. Er schenkte ihr sein Augenmerk und wartete geduldig auf ihr Anliegen. Verlorene Erinnerungen kehrten langsam zu ihr zurück. Ein gutes Zeichen, oder? Nickend wandte sein Blau gen Horizont, der sich ihnen durch das Fenster präsentierte. “Ein weiser Mann sagte einst: Wer sich erinnern will, darf nicht an einem Ort verweilen und warten, bis die Erinnerungen von selbst kommen! Die Erinnerungen haben sich in alle Himmelsrichtungen verstreut, und man muss reisen, wenn man sie wiederfinden und aus ihren Schlupfwinkeln holen will!” schmunzelnd traf Ikuya auf den wie immer süßen Ausdruck auf ihrem Antlitz. Eine wahrlich schöne Person, außen wie innen. In einer anderen Realität, wo sie nicht hinter dem Rätsel ihrer Herkunft her wären, wissend, dass dies nicht das Ziel Aleyvs Reise war, hätte Ikuya sich die Frau als eine gute Freundin vorstellen können. Er war gern in ihrer Gesellschaft und das konnte er nicht von vielen behaupten. An ihrer Anwesenheit hatte er sich bisher noch nicht gestört, fand Ruhe in ihrem Beisein, statt sich zurückziehen zu müssen. Oft waren andere Menschen zu laut, zu grell, zu viel für den jungen Mann, der mit dem Kopf immer überall war und sich gern in einem Gedanken nach dem nächsten verlor. An ihrer Seite geschah es seltener. Die Stimmen in seinem Kopf verstummten, als wäre sie ein sanftes Meeresrauschen, das man den lieben langen Tag lauschen konnte, ohne den Verstand zu verlieren. Auf eine ganz seltsame Weise schenkte sie seinem endlos rauchendem Kopf den wohlverdienten Frieden und das, obwohl sie ein wandelndes Rätseln auf zwei Beinen war. “Ich muss sagen, ich genieße deine diese Reise mehr, als ich erwartet hätte.” entwich beinahe geistesabwesend von seinen Lippen, den Kopf hatte er schon wieder in dem Buch versenkt.

      Der nächste Morgen brach in ihrem gewohnten Rhythmus an. Trotz der Anstrengung des vergangenen Tages, die Glieder noch immer schwer und träge von der Übersäuerung seiner Muskeln, war der Weißhaarige wach, bereit für den Aufbruch, sobald die Brünette aus ihrem Erholungsschlaf erwachen würde. Alle Sachen waren gepackt, abgesehen von dem Büchlein in seinen Händen, zwischen dem und der schlafenden Frau sein Augenmerk hin und her wechselte mit jedem lautem Atem, den sie tätigte. Schmunzelnd begutachtete er das Auf und Ab ihres Brustkorbs, fokussierte sich dann wieder auf das geschriebene Wort, gerade rechtzeitig, da unter den vermehrten Bewegungen die junge Dame zu erwachen begann. “Guten Morgen.” grüßte er das verschlafene Grün, das unter der Helligkeit wild blinzelte. Die Tür zu dem kleinen Austritt auf die Terrasse war bereits geöffnet und auf dem kleinen Holztisch eine Ansammlung an frisch geschnittenen Früchten, die unter einer bunten Decke von Blüten ruhten. Frühstück auf dem Zimmer hielt er angesichts der Konfrontation mit den Besitzern für sinnvoll. Es war genug, dass der Weißhaarige den beiden unter die Augen für länger als nötig unter die Augen treten musste. Aleyv verschonte er damit. Die schlafende Prinzessin bekam alle Zeit, die sie benötigte, um in dieser Welt anzukommen, bevor Ikuya sich erhob und zu Tisch bat. Gemeinsam tankten sie Kraft vor ihrer nächsten Etappe.
      Der Fußmarsch nach Mondstadt war weit. Sicherlich eine große Anstrengung für die Fremde dieses Landes. Auch wenn der Gleitflug eine durchaus produktivere Fortbewegung war, so würde sein Körper die Strapazen heute nicht ertragen können. Jeder Schritt und das Heben seiner Arme schmerzte, versteckt hinter seinen gewohnt ausdruckslosen Gesichtszügen. Lange Zeit trotteten sie ihres Weges, unterhielten sich hier und da über neue Erkenntnisse oder einfach über die Schönheit der Natur. Ein bekanntes, kaum spürbares Beben unter den Schuhsohlen des Redakteurs ließ ihn jedoch innehalten. Mit ausgestrecktem Arm schob er Aleyv hinter sich, während die freie Hand zum Griff seiner Klinge wanderte und diese fest umschloss, bis seinen Knöcheln unter dem Druck weiß anliefen. Die Weite seines Blicks offenbarte keine Kreatur, die für die Regung des Bodens verantwortlich war, doch er wusste es besser, wusste genau, welches Wesen es verursachte. Das Scheitern seiner Augen ließ nur darauf schließen, dass das Tier unter der Erde war. Gerade rechtzeitig zog er das entflammte Schwert aus dessen Scheide, dass das Feuerlasso mit dem Erscheinen der jungen Geo-Drachenechse vor dessen Pranken aufschlug. Eine Warnung! Vielleicht würde es reichen, obwohl Ikuya es bezweifelte. Diese Viecher waren hartnäckig, ähnlich ihrer gut gepanzerten Haut. Trotz schmerzenden Fasern, war er bereit für einen Kampf.
      A heart's a heavy burden.

    • Die Worte, die der junge Mann im Laufe des Abends noch an sie richtete, gaben der jungen Frau genug Sicherheit zurück, dass dieser, wenn auch etwas beschwerliche Weg, der richtige war. Sie waren schon weit gekommen, jetzt zurückzublicken würde sich nicht lohnen. Aleyv setzte ein Schmunzeln auf ihre Lippen und beobachtete den Weißhaarigen nur einen Moment länger, wie er ein kleines Buch öffnete und interessiert in den Seiten von diesem herumblätterte, nur um gedankenverloren noch ein paar weitere Worte an sie zu richten. Da konnte sich die Brünette ein ehrliches Lächeln nicht verkneifen und fühlte sich in ihrer Annahme bestätigt. Den Herren seine nötige Ruhe zum Lesen gebend, erhob sich Aleyv leise aus der Matraze und schritt auf den Balkon hinaus. Die Zeit zur Nacht verging dann doch schneller als erwartet. Die junge Frau beobachtete das Treiben zu ihren Füßen und erkannte auch kleine, runde Wesen, die sich wie Bälle, hüpfend über die Landschaft fortbewegten. Sie hatten unterschiedliche Farben und Größen. Die Augenbrauen verwundert hochgezogen, kehrte sich ihr neugieriger Blick zuerst nach Ikuya um. Die Frage nach der Identität dieser Bewohner brannte ihr auf der Sonne, als sie aber das tief in der Lektüre versunkene Gesicht des Weißhaarigen durch das Fenster erkannte, ließ sie es bleiben. Ihr Statur sank etwas in sich zusammen, ihr Oberkörper fiel auf ihre überschränkten Arme hinab die sich am Balkon abstützen. Lächelnd beobachtete sie ihren Begleiter über die Schulter noch einen Moment länger, ehe ihr Blick sich wieder in die Weite kehrte und dem Mond beim Aufgehen zusah. Den Moment, wo sie die Form dessen erkannte, bildete sich nur für einen kurzen Augenblick ein Kloß in ihrem Hals. Abnehmend, vielleicht noch 2.. oder 3 Nächte… dann würde der Neumond auf diese Welt herabblicken. Auch wenn Aleyv Nervosität verspürte vor dem was in dieser Nacht passieren würde, so war sie sich sicher, dass dies nichts an der Situation zwischen ihrem Begleiter und ihr änderte… mehr noch, vielleicht half es ihnen auch, einen weiteren Anhaltspunkt für ihre Herkunft zu finden. So streckte sich die junge Frau gähnend durch, betrat wieder ihr kleines Zimmer und machte es sich auf dem Bett gemütlich. Dem Weißhaarigen eine gute Nacht wünschend, drehte sich Aleyv in ihrer Decke ein und war binnen weniger Minuten eingeschlafen.

      „…des Königs Ruf erschallte weit… so nehmet mich und verschonet sie… doch entgegen böser Obrigkeit… die Chance gab es nie… die böse Zauberin, sie brachte Leid…“

      Flatternd hoben sich Aleyvs Lider am nächsten Tag in die Höhe. Sie wusste, irgendetwas lies sie in ihren Träumen nicht in Ruhe… und auch wen diese eigentlich in völlige Schwärze getaucht waren, seit sie in Teyvat angekommen war, tauchten immer wieder diese Zeilen eines alten Kinderliedes in ihren Gedanken auf. Unklar, verschwommen… aber letzterer Satz… nachdenklich schoben sich ihre Augenbrauen zusammen, ehe die Stimme des Weißhaarigen sie wieder aus ihren Gedanken riss und sie ihm mit einem verhalten Lächeln auch einen Guten Morgen wünschte. Schnell hatte sie sich nun aus den Federn erhoben, nur um Früchte auf dem Balkon vorzufinden, welche Ikuya wohl vorbereitet haben musste. Sich bei ihm bedankend, genossen sie das gemeinsame Mahl und brachen danach, wohl gestärkt auf, um ihre Reise weiter zu bestreiten.

      Sie waren bereits gute 2 Stunden unterwegs, ihre Gespräche wohlwollend und informativ. Der Weißhaarige tat sein Übriges, um der Fremden diese Welt hier zu erklären. So lernte sie die Zuckerblumen, Minze, gelbe Beeren, Seidenblumen, höher gelegene Qixing, die Glasglöckchen sowie verschiedenste Erze und ihre Verwendung kennen. „Und das… wie heißt diese Pflanze?“, neugierig streckte sich der Brünetten linker Arm von ihrem Körper weg, um auf eine hochgewachsene, puschelig wirkende Blume zu zeigen, deren Blütenkörper lila war und von Schilf umgeben war. Breit glitzernd erstreckte sich ein weiter See westseitig. Ikuya stellte diese Pflanze als „Pferdeschwanz“ vor. „Achsooo…“, entkam es Aleyv mit einem wunderlichen Staunen in ihrem Antlitz, als sie die Ähnlichkeit erkannte. Gerade wollte die Brünette zu einem weiteren neuen Ding ihre Lippen öffnen, als der Weißhaarige neben ihr so plötzlich stoppte und sie mit flinken Armen hinter sich schob. Zuerst erkannte sie die Gefahr nicht, war aber ähnlich dem Weißhaarigen, hoch alarmiert. Auch Aleyv konnte nun das Beben zu ihren Füßen spüren und erschrak, als ein Getier, beinahe doppelt so groß mit tosendem Lärm aus dem Erdboden hervorbrach. Dem Schrecken geschuldet, gruben sich ihre Hände in den Mantel des Weißhaarigen, welcher mit einem schnellen Streich seines Schwertes einen Schuss vor den Bug setzte. Das Echsenähnliche Tier fixierte sie beide mit diesen gelb leuchtenden Augen. Es war von oben bis unten gepanzert, als wären Stein und Erde mit seinem Körper verschmolzen. Ikuya flüsterte ihr zu, hinter dem nächstgelegenen Stein in Deckung zu gehen, er würde sich darum kümmern. Auch wenn des der jungen Frau sauer aufstieß, ihn hier allein zurückzulassen, so hatte er Recht… sie war unbewaffnet und wahrscheinlich eine größere Bürde für ihn als Hilfe. Ein scharfes „Na los!“, zischte über die Schulter zu ihr hinab und dann bewegte sich Aleyv langsam rückwärts, auf einen der Steine zu, den sie zuvor hinter sich gelassen hatten. Erst in Deckung gebracht, konnte die Brünette nur zusehen, was in den nächsten Momenten geschah. Ikuya ging in Kampfstellung, die Klinge seines Schwertes loderte bedrohlich auf… doch auch die Echse wusste um ihre Schritte und knallte die Pranken zusammen, nur um damit den Beginn des Kampfes einzuläuten und vergrub sich in Windeseile wieder in der Erde. Der Weißhaarige, der wohl schon öfters auf diese Wesen getroffen war, blieb alarmiert, kehrte sich die Umgebung sondierend herum und sprang im richtigen Moment zur Seite, als das Vieh sich wie von Zauberhand wieder aus dem Erdboden katapulierte und begann, sich in enormer Geschwindigkeit um sich selbst zu drehen. Es war ein Kampf sondergleichen… ihr Gefährte, der Versuchte mit seiner Feuerpeitsche gegen die harte Rüstung des Tieres anzukommen, von links nach rechts sprintete, um seine Kräfte wirken zu lassen und das Tier auf der anderen Seite, dass trotz seiner Schnelligkeit höchst plump wirkte, aber an der Kraft gemessen Ikuya übertrumpfe. Es dauerte nicht lange und die Echse hatte die Oberhand. Ikuya schien noch viel zu ausgezehrt und kraftgeschlagen von dem gestrigen Tag, als ob seine Energie gereicht hatte. Aleyv erkannte ihn schwer atmen, wie er kaum mehr sein Schwert heben konnte… „Komm schon…“, flüsterte sie, ihre Finger gruben sich angespannt in den Felsen vor ihr, während die furchterfüllten Augen den Weißhaarigen fixierten. Und dann… erkannte sie eben jenen in hohen Boden durch die Luft fliegen und mit einem dumpfen, festen Aufprall vor einer sich breit auffächernden Felsformation am Boden aufschlagen. Sein Schwert segelte einige Meter von ihm, die Echse festigte ihren siegreichen Stand auch in einiger Entfernung, ihren Gegner nicht aus den Augen lassend.

      Der Schrei blieb ihr in der Kehle stecken. Das war der Startschuss für die junge Frau, sich aus ihrer Deckung zu begeben. Zuvor konnte sie ihre Beine nur schwer davon zurückhalten, ihm nicht zur Unterstützung zu eilen… nun, da sich sein Körper aber nicht mehr regte, gab es für Aleyv kein Halten mehr. Ihren Körper zur Höchstleistung antreibend hastete die Grünäugige zum Gefallenen und stolperte beinahe vor Eile. „Nein nein nein nein nein nein nein…“, presste die Brünette hervor, als sie sich neben Ikuya auf die Knie fallen lies und ihn vorsichtig an den Schultern herumdrehte. „Ikuya… Ikuya… hey, kannst du mich hören?“, hastig die vorgefallenen Haare aus seinem Gesicht streichend, nahm sie sein Haupt in ihre Hände und suchte auch nur das kleinste Anzeichen nach Leben darauf. „Bitte… Ikuya, wach auf! Mach die Augen auf!“, verzweifelt getrieben war ihre Stimme, als Aleyv merkte, dass er nicht reagierte. Das näherkommende Schnauben der Echse galt nun nicht nur dem bewusstlosen Weißhaarigen, sondern auch ihr. „Verdammt…“, kam es ihr knurrend, wenn nicht minder in Angst um das Leben ihres Begleiters über ihre Lippen, als ihr Haupt sich umkehrte und das Näherschreiten des Tieres bemerkte. Sie musste das Tier ablenken, zumindest so lange, wie ihr Gefährte brauchte, um wieder unter die Lebenden zu treten. So sprang die Braunhaarige zackig auf die Beine und entfernte sich, hüpfend, pfeifend, mit den Armen rudernd so weit es ging von Ikuya. „Heeeee! Hier bin ich du Erdwurm! Komm schon!“, rief sie der Echse zu, welche ihre kleine Gestalt mit den grell leuchtenden Augen verfolgte. Für einen kurzen Moment dachte Aleyv ihr Manöver hätte keine Wirkung gehabt, als sie das Tier jedoch wieder im Erdboden vergrub, wusste sie, dass es Zeit war zu rennen. Und so nahm die Grünäugige die Beine in die Hand und sprintete vom Zentrum des Geschehens weg. Nicht zu weit, sie wollte den jungen Mann nicht ungeschützt wissen, aber weit genug, um die Echse möglicherweise friedlich zu stimmen… sollte das überhaupt möglich sein. Sie schlug Haken, umkreiste den ein oder anderen Baum und Busch, während Aleyv versuchte, dem Angriff, wo dieses Untier einfach wild herumrollte, auszuweichen… bückte sich unter den Sprüngen dieser hindurch und schaffte es sogar für kurze Zeit einen generösen Abstand zwischen sich und die Echse zu bringen, aber merkte auch sie, dass ihre Energie begrenzt war. Ihre Lungen brannten bereits und der Schwindel der Anstrengung stieg ihr in den Kopf. Gepaart mit der unerbittlich heiß strahlenden Sonne, eine gefährliche Mischung. Als ihr Gegner sie nun aber von Weitem beobachtete, ihr das Gefühl gab, das Interesse an ihr verloren zu haben, konnte die Braunhaarige getrost durchatmen. Sie dachte, der Kampf wäre geschlagen. So unvorsichtig konnte in diesem Moment auch wirklich nur jemand sein, der nicht von dieser Welt war. Als sich Aleyv umkehrte, um zurück zu Ikuya zu joggen, vergrub sich die Echse ein letztes Mal in der Erde und explodierte unter der jungen Frau in die Luft empor. Mit einem Aufschrei sendete sie die Grünäugige somit Kopfvoran Fliegen, ließ ihren wehrlosen Körper hart am Erdboden aufschlagen und kam dann nur wenige Meter mit dem ein oder anderen Überschlag vor dem Weißhaarigen zum Erliegen.

      Die Luft wurde ihr aus den Lungen gepresst und für einen Moment schaffte sie es nicht, sich aufzurichten… sie sah Sterne, die Röte von Blut legte sich in ihren Blick, welches sie versuchte wegzuzwinkern. Töricht anzunehmen, dass diese triebgesteuerten Viecher Vernunft besaßen. Benommen schielte Aleyv zu der Echse, welche langsam auf sie zuschritt und kurz war sie davor, dem Gefühl der Müdigkeit, die sie überkam, nachzugeben. "Nicht jetzt... Nicht so..", keuchte die Grünäugige hervor, bereit aufzugeben, als plötzlich ein Bild in ihrem Inneren Auge aufflackerte und sie sich selbst sah, gekrönt mit Gold und Mondstein, verbeugt vor einem Mann und einer Frau. ".. stehst du .. Im Dienste dieses Landes, Aleyv€@?€% Vha@-€=#%..", die Stimme der Erinnerung schob sich in ihren Kopf, als ohne Vorwarnung, Instinkte bei ihr einsetzten. Ein elektrisierender Schauer zog sich über ihren gesamten Körper, hob sie beinahe von allein auf die Beine… Ihr Herzschlag verschnellerte sich für einen kurzen Moment, verarbeitete das einschießende Adrenalin. Das Grün in ihren Augen dumpfte ab, spiegelte sich nun wie zwei dunkle Smaragde im hellen Sonnenlicht. Ein dunkler, bedrohlich wirkender Schatten, gespickt mit einzelnen, leuchtenden Punkten, Sternen, wenn man genauer hinsah, umwob ihre Fingern, zog sich über ihre Arme, ihren Torso hinab zu ihren Beinen und ihr ehemaliges Muskelgedächtnis setzte ein. Schnell hatte Aleyv ihren rechten Arm hinter ihr Haupt geworfen und umgriff etwas in der Luft. Wie aus dem Nichts manifestierte sich in weißen Schnüren ein edler, weißfarbener Langbogen, der von ihrem Scheitel, hinab bis zu ihren Waden reichte.


      Flink hatte die Brünette ihre Waffe vor sich gezogen, aus dem Sternennebel an ihren Händen bildete sich ein königsblauer Pfeil, den ihre langen Finger hastig in die Sehne spannten und diesen mit einer solchen Kraft und Präzision aus dem Lauf gleiten ließ, dass die Echse, welchen sie linksseitig in der Schulter traf, nach hinten taumelte und ein bösartiges Brüllen von sich gab. „Scher dich weg!“, schrie sie dem Ungetüm entgegen. Schnell hatte sie den nächsten Pfeil eingespannt und schoss, alsbald die Braunhaarige erkannte, dass sich das Vieh davon nicht vertreiben ließ. Die Echse auf der anderen Seite treffend, schienen ihre prankenähnlichen Arme nun außer Gefecht gesetzt. Ein geschlagenes Knurren tönte in ihre Richtung. Es schien für das Tier nicht leicht zu sein, sich seine Niederlage einzugestehen, doch zog es von Dannen, als die Brünette einen letzten Pfeil einspannte und diesen auf den Kopf des Wesens richtete, ihre Schritte langsam rückwärts führend. Sie kniete sich neben Ikuya im Kniefall nieder und sondierte die Umgebung noch ein paar Sekunden länger, den Pfeil schussbereit im Lauf liegen lassend. Als sich Aleyv jedoch sicher sein konnte, dass die Gefahr gebannt war, ließ sie ihre Waffe zitternd sinken. Ihre Hand wischte sich das Blut von der Wange, gleichsam erkannte sie aber die Abschürfungen auf ihren Extremitäten. Ihr Atem ging stoßweise, schnell und aufgeregt… noch lange konnte sie ihren trommelnden Herzschlag in ihrer Brust vernehmen, ihre Sinne geschärft und hochsensibel. So entkam ihr das Glitzern zu ihrer linken nicht, dass aus den geöffneten Augen des Weißhaarigen drang. "Ikuya!", stieß sie hervor, legte den Bogen zur Seite und rutschte auf Knien schnell an den jungen Mann heran. "Kommt hoch...", ohne zu zögern beugte sich Aleyv hinab, schon flink ihre Arme unter seine Achseln um sie an seinem Rücken überschränkt zu fixieren und hob den Oberkörper seinerseits ihr entgegen, drückte ihn fest an sich und lehnte ihn gegen den Felsen, welcher neben ihm trohnte. "Dem Himmel sei Dank, du bist noch am Leben! Hast du Schmerzen?"

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    • Jede Faser seines Körpers regte sich in dem Versuch der jungen Geo-Drachenechse standzuhalten. Wendige Viecher, diese robusten Teile, die kein Krieger unterschätzen sollte. Schon an der Akademie waren sich die Forscher einig, dass die gepanzerten Tiere zu großen Drachen heranwachsen können - sofern sie nicht den Gewalten der Menschheit obliegen. Dieses Wesen würde wohl dieses Schicksal nicht mehr erleben, zumindest nicht, wenn es nach dem Weißhaarigen ging. Im Kampf ums Überleben wäre seine Wahl definitiv auf das Wohl seiner Gefährtin gefallen, statt Mitleid mit der Bestie zu zeigen. Knallhart, aber nunmal die Wahrheit. Allerdings saßen die Anstrengungen des vorherigen Tages noch tief in den Knochen des Jungen, der so galant jeden Schlag seines Gegners auswich und selbst die lodernden Peitsche seines Schwerts schwang. Aleyv fernab in Sicherheit zu wissen beflügelte den Redakteur, der durchaus auf seinen Reisen die Kampfkunst gemeistert und als Sohn eines hoch angesehenen Mitglieds der Bevölkerung Inazumas die Selbstverteidigung ohnehin in die Wiege gelegt bekommen hatte. Das Adrenalin strömte durch seine Adern, ließ die Arme und Beine mehr aushalten, einen weiteren Sprung und Schlag tätigen, doch das flinke Reptil war wendiger als jeder Zweibeiner je sein würde. Im Nahkampf war man diesen Kreaturen gern unterlegen… Vor allem dann, wenn die Muskeln streikten und jede Bewegung einer Tortur glich. Und so war es um den jungen Mann geschehen. Ein einfacher Aussetzer, die verzögerte Reaktion genügte, um Ikuya den Boden unter den Füßen zu entreißen und seinen Körper entgegen der physischen Gesetze durch die Lüfte fliegen zu lassen. Gleich einem schlechten Film zogen die umgebenden Farben der Natur in einem unwirklichen Rausch einer Zeitlupe an seinen blauen Augen vorbei, ehe geschah, was ein jeder kommen sah. Der Hochflug kam bekanntlich vor dem Fall, der alles in dunkle Schwärze tränkte. Regungslos lag sein Körper vor der Felsformation, dann in den Händen der besorgten Brünette, die ebenfalls kein Leben in die Glieder schütteln konnte.

      Leider entging dem geschwächten Krieger der erstaunliche Kampf, den Aleyv sich an seiner Stelle mit der Bestie gab. Das Spektakel der erneuten Zurschaustellung der sonderbaren Magie, die in dem Blut dieses Mädchens zu schimmern steckte, verpasste Ikuya und erwachte erst, als die Reisende erneut an ihn herantrat. Heftig blinzelnd wich die Dunkelheit einem viel zu grellen Licht. Ihr leiser Ruf lag in seinen Ohren, diesem zurück ins Bewusstsein folgend. Mehr als ein leidendes Keuchen gab der Herr nicht von sich, so schnell wie Aleyv seinen Körper aufrichtete und an sich zog. Den Herzschlag sogleich mehr als zuvor toben lassend, nahm er einen tiefen Atemzug, gefüllt vom lieblichen Duft der hübschen Dame, ehe ihre weiche Haut einem strammen Stein als Stütze wich. Einige Sekunden forderte es den Mann, sich zu sammeln und zu realisieren, was geschehen war, bis die Schlussfolgerungen tatsächlich verarbeitet waren. “Du bist verletzt.” streckte sich der schwere Arm nach ihrem Gesicht. Trotz schmerz verzogener Miene führte er die Bewegung zu Ende aus und hob ihr Kinn mit seinem Zeigefinger an. Sanftmütig scannte der Weißhaarige den Schnitt an ihrer Stirn, bevor er an sich hinunter sah und den Proviantbeutel suchte. Eine Paste würde die Wunde schließen und zumindest die Blutung stoppen, doch für eine wirkliche Heilung mussten sie den Segen der Götter erbitten. Ein Glück war die Statue der Sieben nicht weit. “Wo hast du die Waffe her?” fragte er, noch immer die Finger in der Tasche vergraben und nach etwas bestimmten kramend. Ein weiches, fluffiges Teigbällchen aus Reis und Schachtelhalm in den Händen haltend, führte Ikuya es ihr das Gedämpfte an den Mund. Die sogenannten Reisbrötchen gehören zu den beliebtesten Gerichten der Region Liyue und war ein tragbarer Snack für zwischendurch - mit lieben Grüßen von Chef Mao. Als Gentleman, der er war, überließ er ihr den ersten Bissen, bevor er selbst den Rest in den Mund schob. Dann verteilte er die Paste auf seinen Fingerspitzen, ehe diese sanft über die Verletzung der Dame fuhren. Ein stechender Schmerz, wie Ikuya selbst oft genug zu spüren bekam, doch der kühlende Effekt, der wenig später auftrat, war das anfängliche Zwiebeln wert. “Ich bringe dich zur Statue. Wir müssen es nur bis zum Leuchten schaffen.” Nickend wies der Herr in die Richtung, aus der sie zuvor gekommen waren. Den weiten Weg nach Quellingen hätten sie so angeschlagen nicht überstanden. Kaum auszumalen, welches Ausmaß eine weitere Auseinandersetzung annehmen würde. Ein letztes Mal sah er in das schöne Moosgrün, ehe er bemerkte, wie lange er ihr Antlitz schon in den Händen hielt. “Du bist wirklich unglaublich.” flüsterte Ikuya kaum hörbar. Vielleicht dem Sturz geschuldet, doch war jedes Wort davon wahr.
      A heart's a heavy burden.

    • Langsam fingen seine Augen wieder an Lebenskraft auf, auch wenn sein Antlitz noch stark geschlagen vor ihr verweilte. Ein kurzes, hoffnungsvolles Lächeln huschte über Aleyvs Lippen und liesen sie durchatmen. Sein angstrengter Blick lag auf ihrem Haupt, ehe er die wenigen Worte an sie richtete. "Hm...?", ihr Kopf fuhr herum, als Ikuya seinen Arm nach ihr ausstreckte und erstarrte, als sie seinen Zeigefinger an ihrem Kinn verspürte. "Ja... es... es ist jetzt aber nicht wirklich schlimm...", meinte Aleyv tapfer, merkte jedoch, als sich das Adrenalin des zuvor geschehenen Kampfes aus ihren Adern verzog, dass ihr der Schnitt an der Stirn doch ungemütlich brannte und sie zwang eben diese zu runzeln, das Blut sich somit wieder in Schlieren auf ihrer Haut zu verteilen. Langsam rutschte sein Finger ihr Kiefer entlang, hielt ihr Gesicht nun vorsichtig mit der Rückseite seines Daumens und der Fingerspitze seines Zeigerfingers in der Höhe, den Schnitt fürsorglich musternd. Beinahe hätte sie hingegriffen... Unbedacht, wie es Aleyv dann in Gedanken aufkam, sie somit zwang die Zähne aufeinanderzubeißen. Ihr Kinn immer noch auf dem Finger des Weißhaarigen gebettet, beobachtete sie ihn dabei, wie er jene stützende Hand in der Provianttasche versenkte, in dieser herumkramte und dann etwas daraus hervorzog. Nebenbei sprach Ikuya sie auf den Bogen an, der schelmisch im Sonnenlicht glitzernd neben der jungen Frau ruhte. Beinahe konnte man meinen einen tiefen silbernen Schein auf diesem zu vernehmen, jedoch würde man hierbei nur von seinen eigenen Sinnen getäuscht werden. Unsicher schielte Aleyv an ihrer Seite hinab und musterte die längliche Waffe. Was genau sollte sie ihm erzählen? Seiner Frage nach hatte er, von allem das rund um die Braunhaarige geschah, nichts mitbekommen. So zögerte sie und räusperte sich zuerst. Aleyv war eine schlechte Lügnerin, mehr noch, hielt sie von dem absichtlichen Auftischen einer bewussten Unwahrheit relativ wenig. Also entschied sich die Grünäugige dazu, ehrlich zu bleiben. "Ich... ich habe ihn beschworen.", den Blick aus den Smaragden wieder auf Ikuya richtend, wich ihr Kopf überrascht etwas nach hinten, als sie das kleine Teigbrötchen vor ihrer Nase erblickte. Er nickte ihr auffordernd zu, was die Braunhaarige veranlasste sich die wenigen Zentimeter vorzubeugen, ihre Zähne in den weichen Teig zu stoßen und mit zusammengekniffenen Augen ein Stück davon abzubeißen und angestrengt auf der reichhaltigen Masse herumzukaufen. "Mmmh... Fehr gut daf Brötfchen...", mit überraschten Blick, hielt sich Aleyv die Hand vor um nicht zu spucken und spürte sogleich die beruhigende Wirkung der kleinen Mahlzeit. Ihre Glieder entspannten sich, jedoch nur für einen Moment, als Ikuya wieder seine Hände nach ihrem Haupt ausstreckte um ihre Wunde zu versorgen. Wieder umfasste er mit einer Hand ihr Kiefer, bestimmt, aber äußerst sanft, als könnte ihr Gesicht jeden Moment durch zu viel Druck zerbrechen. Die andere hob er an um die Arznei auf ihrer Verletzung zu verstreichen. Es stimmte schon, das Brennen der Blessur war mittlerweile omnipräsent auf ihrer Stirn verteilt. Aleyv konnte nur raten, dass es sich bei der Paste erneut um das Nakukraut handeln musste. So senkte sie ihren Kopf etwas hinab, sodass der Blauäugige bessere Sicht auf das hatte, was er versuchte zu versorgen. Ein stechendes Ziepen durchfuhr die Stelle um die Wunde und ließen die Braunhaarige scharf einatmen, doch breitete sich nur Sekunden später eine angenehme Kühle um den Schnitt aus und sänftige ihr Gemüt. Die Prozedur war schnell vorrüber und Ikuya meinte, sie müssten für eine vollständige Heilung wieder zurück zur Statue gehen. Das ließ Aleyv aufsehen und ehe sie sich versah, lag ihre Wange in der vorsichtigen Umarmung seiner Handfläche. Sein Blick war hinter die beiden ausgerichtet, dort hin, wo die Statue verweilte, ehe sein Kopf sich herumdrehte und der Blickkontakt zwischen den beiden wieder aufgebaut war. Das Meerblau glitzerte verwegen hervor, schlug seine kraftvollen Wellen in ihr Bewusstsein. Wortlos zwinkerte Aleyv ihm entgegen, als diese vier Worte seine Lippen verliesen und sie amüsiert kichern liesen. Ihre Augen verengten sich durch ihr Lächeln, ihre rechte Hand erfasste jene seine die auf ihrer Wange ruhte, zog sie hinab, als die linke nach seinem Kopf griff und diesen vorsichtig tätschelte. "... es scheint mir, du hast dir den Kopf wohl fester gestoßen als angenommen ...", wieder entkam ein ehrliches Lachen ihrer Kehle, bevor Aleyv die Ernsthaftigkeit auf seinen Zügen erkannte und seufzte. "Du, Ikuya... du bist hier der Unglaubliche. Ich fürchte, all der Dank den ich dir schulde, wird dem nicht gerecht was du für mich auf dich nimmst.", sie schenkte ihm ein untröstliches Lächeln und hob sich dann auf die Beine. Um Ikuya auf zu helfen, hielt sie ihm die Hände hin und zog seine großgewachsene Statur empor. Danach bückte sich Aleyv um ihren Bogen, welchen sie in gleicherweise wie sie ihn gezogen hatte, wieder an ihrem Rücken verstaute. Er löste sich wieder in weiße Fäden auf und diese legten sich als unsichtbares Konstrukt auf ihren Schultern und ihrer Wirbelsäule entlang ab.

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Wie es ihr gelang, nicht nur in Zauberhand eine Waffe zu beschwören, sondern auch ohne jegliche Kampferfahrung in dieser Welt gesammelt zu haben, eine Bestie zu erlegen, an der Ikuya scheiterte, war ihm ein Rätsel. So viel Glück konnte ein menschliches Wesen doch wohl kaum haben. Selbst wenn der Weißhaarige ein Verfechter des Glücks wäre und an dieses Konstrukt von glücklichen Fügungen des Schicksals geglaubt hätte, wäre sein erfahrener Blick ungetrübt der Umstände. Der dichte Nebel, den dieses Mysterium vor dem Blau aufzog, hinderte den Herren nicht daran, glasklar zu sehen. Aleyv war anders - etwas besonderes. Einem Blindem wäre es wie Schuppen von den Augen gefallen, bei der Schilderung der letzten Geschehnisse. Nur welches Geheimnis verbarg sich tatsächlich hinter der in brauner Mähne gehüllten Schönheit? Das feine Werkstück an Langbogen verflog zu hellem Staub, ganz als handle es sich dabei um nichts weiter als eine gewöhnliche Waffe Teyvats. Ein Laie hätte erkannt, dass das filigrane Gespann von höherer Schmiedekunst stammte, als jedes vergleichbare Kriegswerkzeug. Wagner, der unverblümte Schmied aus Mondstadt, spezialisierte sich eher auf die Herstellung von Großschwertern. Dem Muskelprotz gelang es sogar, ein Schwert zu schmieden, dass der gewaltigen Kraft von Noelle standhielt - eine solch zarte Waffe trug definitiv nicht seine Handschrift. Der Sohn der “kalten Klinge” Hanfeng betrieb erst seit einigen Jahren den Eisenwarenhandel seines Vaters. Auch wenn er sich selbst als Meister Zhang bezeichnete, so glich seine Schmiedekunst nicht der seines Cousin Suling, dem Chefschmied der Crux-Flotte. Den Raiden Gokaden hätte man solch ein Meisterstück am ehesten zugetraut. Amenoma Tougo und seinen Lehrling Hajime kannte Ikuya als Inazumaner persönlich. Ihre Schmiedeschule Amenoma war bekannt für die sagenhaften Werke, die sie schufen. Ihnen wurde nachgesagt, dass sie in ihrer Technik auf billige Tricks verzichten und grenzenlose Leidenschaft und Willenskraft die Säulen ihrer Arbeit darstellen. Herzblut in jedem Hammerschlag. Eine Berühmtheit auf dem Inselreich, doch Aoyama wusste es besser, als seine Sicht von Heimatliebe trüben zu lassen. In seinen Augen hatte die Shamshirs Schmiede unter der Anleitung der Akademiya das fortschrittlichste Handwerk von allen, wenn die Regeln der Zitadelle von Regzar der Kunst nicht im Wege stehen würde. Mit zusammengekniffenen Augen fing sein Blau den letzten Schimmer der weißen Fäden auf, bevor jede Spur des Bogens verschwand. Misstrauisch brannte sich eine Frage in sein Bewusstsein. Hatte sie die Waffe tatsächlich beschworen, oder hatte die Brünette sie gar mit ihrer Kraft geschaffen? Kopfschüttelnd verabschiedete sich jeder zwielichtige Gedanke. Vielleicht war der Herr tatsächlich härter auf den Kopf gefallen, als ihm lieb war. Ein Wunderwerk solchen Ausmaßes würde selbst seinen Wissensschatz überschreiten. Über solch eine Macht… Nein! Nein, nein… Nachdem er sich endlich den Händen der Herrin des Jade Gemachs entziehen konnte, kreuzte sein Weg nun mit einer Gestalt, die von viel höherer Bestimmung war? Es waren Momente wie jene, in denen sich die Gedanken des jungen Mannes überschlugen, wo er am liebsten zum Stift gegriffen hätte, um alles in seinem Notizheft festzuhalten. Stets in der Sorge, dass eine Eingebung in Vergessenheit geraten würde. Diesmal verzichtete er darauf, nahm stattdessen die zarte Hand, die ihm auf die Beine half und klopfte sich den Dreck von den Kleidern. Zu seinem Glück schien lediglich der Stoff einige Kratzer abbekommen zu haben, seine Haut hingegen blieb, abgesehen von kleineren Blessuren, verschont. Nichts im Vergleich zu den Blutungen seiner Begleitung. Behutsam legten sich seine Finger, in die langsam das Leben zurückkehrte, auf ihre Hüfte, lud sie mehr noch dazu ein, sich an seinen starken Schultern zu stützen. Der Pyromane musste achtgeben, nicht selbst auf den Wackelpudding Stelzen zu versagen. Jeder zuvor streikende Muskel beschwerte sich mit vollster Kraft, doch das würde den Schwertkämpfer nicht aufhalten. Nicht, wenn es um das Wohl eines anderen ging - einer der Gründe, wieso er eines göttlichen Auges würdig war. Selbstlosigkeit. Mit einem Räuspern befahl er, seine Nerven zu spuren. Am Riemen reißen war angesagt! Ein nettes Lächeln aufgesetzt und los ging es. Moment… Ein Lächeln auf Ikuyas Lippen? Der Herr war definitiv stark auf den Kopf gefallen. Flüchtig zogen sich die Brauen zu einem verwirrten Ausdruck zusammen, ehe er seine Gesichtszüge unter Kontrolle wusste.

      Die Statue der Sieben war nicht weit und doch fühlte sich jeder Meter, den sie hinter sich ließen, an wie eine Wanderung durch Treibsand. Der Boden unter ihren Füßen gab nicht nach, fesselte sie nicht in einer zähflüssigen Masse, zumindest nicht, wenn dem blauen Meer noch zu glauben war. Sicher war er sich dabei nicht… Wie vom blauen Strahl gebannt, richtete er sein Augenmerk angestrengt auf das Ziel. Sie mussten nur das Abbild des Gottes erreichen, dann würde seine Sicht klarer und das Blut seiner Reisenden nicht länger vergossen werden. Erleichterung machte sich breit, als die Meter schwanden und endlich der Sockel des Denkmals in greifbarer Nähe war. Wie im Autopilot verrichtete sein Bewegungsapparat die Mission, sie beide heile an den heiligen Ort zu leiten. Ihm entging dabei sogar, wie seine freien Finger das zarte Handgelenk ihres Arms umschlungen, der sich um seine Schultern gelegt hatte. Erst als die beiden keuchend zum Stehen kamen, schien die Last von den müden Muskeln zu fallen und der Herr wieder bei klarem Verstand zu sein. Ein tiefer Atemzug nahm sich in aller Ruhe den Sauerstoff, den der Körper dringend brauchte. Geschlossene Lider, das leise Pfeifen der Nasenlöcher und das Heben, gefolgt vom Senken des Brustkorbs. Dann ließ er von Aleyv ab. “Verzeih. Ich habe einen Moment gebraucht.” Benetzte er seine Unterlippe mit der Spitze seiner Zunge, bevor sein Blick in die Ferne ging. “Geht es dir gut?” Erkundigte sich Ikuya noch immer in dem Anblick der Landschaft verloren. Der sanfte Klang ihrer Stimmbänder gewann gleich darauf seine volle Aufmerksamkeit und auch der analytische Blick wanderte an die Schnittwunde am Kopf. “Sieht zumindest ganz danach aus.” Schmunzelte er. Dem Drang neugierig die Finger an ihre Stirn zu legen, nur um sich selbst zu vergewissern, dass keine Narbe oder Unebenheit der Haut verblieb, widerstand der Redakteur. Seine kribbelnde Haut verlangte nach ihrer Wärme, jetzt, wo ihre Körper nicht mehr umschlungen waren. Ikuya räusperte sich, während die Beine sich in Bewegung setzten. Auf ein neues. Auf nach Quellingen.

      Den weiten Weg bis nach Mondstadt würden sie an diesem Tag nicht mehr hinter sich legen. Quellingen hingegen war ein guter Kompromiss. Von dort wäre es wahrlich nicht mehr weit bis in die Stadt der Freiheit, sodass sie spätestens am nächsten Sonnenaufgang ihrem Ziel ein gewaltiges Stück näher wären. Ikuya ahnte bereits, dass ihre Reise mit der Ankunft am Ritterorden nicht beendet wäre. Mehr noch, vermutete er, dass sie ihr Pfad wieder genau dahin zurückbringen würde, wo sie gerade waren, doch das waren Gedanken für einen späteren Zeitpunkt. Der Weißhaarige war kein Mann, der lose Vermutungen äußern würde, bis er kein fundiertes Wissen darüber erlangt hätte. “Sind dir die Namen Xiao oder Ganyu bekannt?” durchbrach der Inazumaner die Stille. Eine ganze Weile lang wanderten sie schweigend durch die Idylle Liyues. Keineswegs in einer unangenehmen Weise, sondern eher, als würden die zwei ein wenig Ruhe nach all der Aufregung genießen. Weder der Herr noch die Dame pressten gezwungene Gesprächsthemen über ihre Lippen, auch wenn Aleyv die gesprächigere von beiden war und hier und da doch eine Frage hervorbrachte. Es störte ihn nicht. Im Gegenteil - ihre Neugier schmiegte ihm immer wieder ein kaum merkbares Lächeln auf die Lippen, bei jeder Frage, die sie stellte. Zu behaupten, dass er nicht gerne Wissen teilte, wäre schlichtweg eine Lüge gewesen. “Sie sind Adepti dieser Region. Gottähnliche Wesen, die mit dem Schutz des Landes und seiner Bewohner beauftragt wurden.” begann er seine Informationen zu teilen. Vom Geo-Archon Rex Lapis bis hin zu den einzigartigen Kräften und Fähigkeiten erklärte der Herr alles, was es über diese mächtigen Wesen zu berichten gab. Für gewöhnlich lebten die Adepti abseits der Gesellschaft, zogen sich auf heilige Bergen und Seen zurück, um dort ihre vermeintliche Unsterblichkeit zu verbringen. “Oft verfügen sie über tierische Attribute oder können zwischen menschlicher und spiritueller Gestalt wechseln.” Flüchtig sah er zu ihr herüber, um zu sehen, ob irgendwelche Erinnerungen geweckt würden. Ein vages Unterfangen, von dem er sich nicht viel erhoffte, aber vielleicht würde es ihr auf die Sprünge helfen. Zumindest würde es dem Redakteur zeigen, ob er mit seinen Gedanken auf dem richtigen Weg war oder lediglich einer Nadel im Heuhaufen folgte.
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    • Sich gegenseitig stützend schlurften die beiden Gefährten zurück zur Statue. Niemand von den zweien war im Moment auch nur ansatzweiße fähig, einem erneuten Angriff standzuhalten und den anderen zu schützen. Denn auch wenn sich Aleyv die letzten Tage nicht so verausgabt hatte wie ihr weißhaariger Begleiter, der Aufprall am harten Erdreich, geschuldet durch die primitive Verteidigungstaktik der Echse, würde auch auf ihrem Körper einige blaue Flecken hinterlassen. So umgriff die Braunhaarige Ikuyas Schultern, sich fest an diesen haltend und ihm stumm dafür dankend, dass er gerade an ihrer Seite stand. Wie entkräftet Ikuya jedoch war, merkte sie in jenem Moment, als seine Hand ihr Handgelenk umschloss und verzweifelt an ihr festhielt, als würde sie es sein, der ihr die letzten Meter Kraft spendete. Und Aleyv musste es zugeben… auch sie biss mittlerweile ihre Zähne fest aufeinander um die letzte Energie die ihre geschundenen Gliedmaßen hergeben konnten, zusammenzukratzen, ehe ihre beiden Körper endlich von dem heilenden blauen Schein umwebt wurden und sich eine beinahe sofortige Besserung ihres Zustandes einstellte. Wie immer legte sich dieses zauberhaft, goldene Licht um ihre Person und nahm ihr jegliche Anstrengung von den Schultern. Ein erleichtertes Seufzen verlies ihre Lippen und Aleyv schloss für einen kurzen Moment ihre Augen, ehe sich der Größere von ihr löste und sich für die Dauer ihres Verweilens entschuldigte. Die Grünäugige wank jedoch jenen Umstand zur Seite und vernahm im nächsten Moment die Frage nach ihrem Wohlbefinden. Ach ja… zackig hatte sich ihre Hand an ihre Stirn gehoben und ertastete eine weiche Glätte… keine erhobene Narbe, keine Unebenheit, nichts dergleichen war an ihrem Kopf verblieben. Sie nickte beruhigt. „Als wäre nie etwas da gewesen… ich fühl‘ mich sehr gut…“, mit einem Lächeln bekräftigte die junge Frau ihre Aussage und stütze ihre Arme in ihre Hüften. Ihrer Weiterreise stand nun nichts mehr im Weg… sollte sie ihrem Gefühl trauen können.

      Die Stunden vergingen und das ungleiche Paar lies die Landschaft Liyues hinter sich. Sie passierten das Steintor, eine atemberaubende, überwältigende Laune der Natur, wo sich links und rechts zwei gigantische Felsen in den Himmel bohrten, an welchem sie sich bei einem alten Herren mit dem Namen Onkel Zhou eine feine Tasse Jasmintee abholten. Die hölzernen Stufen des Gebildes erklimmend, welche die beiden Landstriche Liyue und Mondstadt verbanden, sprach Ikuya die junge Frau nun auf zwei Namen an… Xiao und Ganyu… schlürfend an ihrer Tasse nippend, kräuselten sich Aleyvs Augenbrauen empor während der Weißhaarige sprach. Er erzählte ihr von Rex Lapis, einem der Archone hier in Teyvat und wie diese ihr Leben mit den wohl niederen Geschöpfen, den Adepten, hier verbrachten, wie sich ihr Erscheinungsbild manifestierte, wo sie lebten… den Seitenblick ihres Begleiters erkannte sie nur flüchtig, zu angestrengt war ihr Kopf mit dem Unterfangen beauftragt, jegliche Ecke ihres Wissens, zumindest auf jenes, auf welches sie im Moment zugreifen konnte, zu durchwühlen, um mit den genannten Informationen etwas anzufangen. Ruhig trugen ihre Schritte sie weiter, ehe sie ihre Augen zusammenkniff und ihre rechte Hand an ihren Kopf führte, um sich die Schläfe zu massieren. Er schmerzte ihr, das Denken machte sie mürbe. „Rex… Rex…“, wieder und wieder wiederholte sie den Titel des Archons in ihren Gedanken und spürte, wie ein Funken versuchte überzuspringen. Den angestrengten Blick nun geradeaus richtend, durchdrang ein tiefes, untröstliches Seufzen die Stille, welche sich ausgebreitet hatte. Die Grünäugige rümpfte missmutig die Nase und sah kurz zu dem Weißhaarigen hinüber, nur um mit entschuldigendem Blicke den Kopf zu schütteln. „Gar nichts… leider…“, gab sie leise von sich und stolperte nun neben Ikuya die Neigung hinter dem Steintor hinab. Sie passierten eine breite, alte Holzbrücke, die neben einem rauschenden Wasserfall ihr übriges tat und erreichten nach langem Marsch dann nun endlich die Landschaft rund um Mondstadt. Die Reise selbst war nach der kurzen Unterredung eher von Schweigen gezeichnet. Ab und zu fragte Aleyv noch nach dem ein oder anderen Ding, ansonsten herrschte Ruhe zwischen ihr und dem Blauäugigen.

      Als sich die Sonne langsam wieder gen Horizont beugte, die Landschaft in goldene Farbe tauchte, liesen die Gefährten rechtsseitig den Drachengrat hinter sich. Ein monströser Berg, welcher wohl zu jeder Zeit Schnee auf den Spitzen trug. Aleyv bekam beim Gedanken an die weiße Schönheit ein melancholisches Gefühl und eine Gänsehaut zog sich auf ihren Armen auf… möglicherweise drang das aber auch daher, dass sie bereits den ganzen Tag unterwegs waren. Ihr Körper verlangte nach einer warmen Mahlzeit und einer Rast. Als hätte er ihre Gedanken gehört, verkündete Ikuya ihr, dass ihr Zwischenziel, Quellingen nicht mehr weit entfernt war und so blieb es auch. Nach weiteren 30 Minuten hatten sie endlich den Weg in die Richtung ihres letzten Stopps eingeschlagen, ehe es am nächsten Tag weiter für sie nach Mondstadt ging. Eben jenes benannte Ziel baute sich am Horizont, umringt von glasklarem Wasser, auf einem abfallenden Felsen vor ihnen auf. Die Sonne stand nieder am Himmel und als Aleyv die Silhouette der Stadt nun als gesamtes wahrnehmen konnte, setzte sie ihre Beine etwas schneller in Bewegung, rannte euphorisch vor, nur um mit staunendem Blick und geöffneten Lippen das Bildnis der Stadt der Freiheit in sich aufzunehmen. Fern hörte man das Knarzen der Windmühlen, welche sich inmitten der rot eingedeckten Dächer drehten. „Unglaublich…“, entkam es der jungen Frau, welche aufs Neue von der Grazie dieser Welt überrascht wurde. Ikuya trat an sie heran und führte ihre verzauberte Gestalt nun doch endlich dort hin, wo sie nächtigen würden. Ein Mann mittleren Alters, sein Name war Draff, organisierte den beiden eines der kleinen Häuschen in dem Dörfchen und überreichte den Ankömmlingen eine Schüssel Rettichsuppe. Neugierig beäugte Aleyv die pelzigen Öhrchen, die sich auf seinem Kopf befanden und erntete im Gegenzug einen genauso neugierigen Blick von dem Herren. Beiderseits erkannten sie etwas, dass beider Augen zuvor noch nicht erblickt hatten.

      Sie hatten es sich auf einer Bank an der weiß verputzten Wand des ersten Hauses rechtsseitig gemütlich gemacht, nachdem man den kleinen Pfad am noch viel kleineren Teich vorbei folgte und ließen die Sonne nun langsam am Horizont verschwinden, während sie sich die köstliche Speise einverleibten. Beinahe Schulter an Schulter saßen sie da, vor ihnen prasselte ein warmes Feuer, welches ihnen der Jäger entzündet hatte. Aleyvs müder Blick war auf die Stadt gerichtet. Jene Stadt, die ihr Ziel darstellte, zum Greifen nah war und… „… dort werden wir doch Antworten bekommen, oder, Ikuya? Und wenn schon keine Antworten, dann zumindest einen Anhaltspunkt hoffe ich. Was denkst du? Glaubst du, man wird mir helfen können?“, eine matte Traurigkeit spiegelte sich in dem Grün wider, als Aleyv ihren Blick auf den Weißhaarigen richtete. Die halbvolle Schüssel auf ihren Schoß gebettet, lehnte ihr Kopf an der warmen Hausmauer. Sie sah ihn erwartungsvoll an. „Ich verspreche dir, ich werde versuchen mich bis morgen an so viel zu erinnern, wie ich kann… ich möchte alles was möglich ist, von mir erzählen, wenn es nur hilft…“, Aleyv unterdrückte ein Seufzen, welches sich zu einem Gähnen gewandelt hätte und vernahm dann die Antwort des Weißhaarigen, welche sie im Moment nur hinnehmen konnte. Erneut der Ruhe verfallend, löffelte sie ihre Suppe leer und stellte das Teller zur Seite ab. Kurz erwog sie den Gedanken ihren schweren Kopf auf der Schulter des Blauäugigen abzulegen, ehe sie dann doch nochmals motiviert die Luft in ihre Lungen einatmete und sich auf die Beine stellte. „Ich werde mich noch ein bisschen an den See setzen… ich befürchte meine Füße haben die Abkühlung gut nötig…“, einen halbherzigen Witz am Ende ihres Satzes stellend, doch nicht weniger von Wahrheit durchzogen, schlüpfte die Brünette aus ihren knöchelhohen Stiefel und stellte sie unter die Bank, nur um dann auf bahren Sohlen den Weg zwischen den Terrassen hinabzuhopsen. Kurze Zeit später umwebte das kühle Nass ihre Zehen, legte sich schmerzlindernd um ihre Fußwrist und säumte sich bis zu ihren Knöcheln hoch, als eine weitere kleine Welle ihre Beine traf. Aleyv griff sich in die Haare und löste das Haarband, beugte sich hinab und wusch sich das sonnengebrannte Gesicht, nur um dann mit einem erfrischten „Aaaah…“, ihren Körper nach hinten fallen zu lassen und den Blick auf den sternenübersäten Himmel zu richten… Tückisch grinste ihr der feine Sichelmond entgegen… noch 1 Tag…

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Die Lande Liyues lagen allmählich hinter ihnen. Meter für Meter durchquerten die beiden die Idylle der Hafenstadt und verabschiedeten die Region der Geo-Lande. Das Orange der Landschaft wich langsam aber sicher dem satten Grün der Mondstädter Natur. Obwohl die hölzerne Terrasse des kleinen Teehändlers zum Verweilen einlud, hatten die Reisenden keine Zeit, das warme Tässchen im Bild der Aussicht des Sees zu genießen. To-Go müsste reichen, wenn sie ihr Ziel vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wollten. Also zog es sie weiter über die knarrenden Treppenstufen, bis die Dielen unter ihren Füßen erneut den ausgetrampelten Pfad absetzen und in den Norden führten. Die Brücke, die zwar bessere Tage gesehen hatte, aber noch ihren Zweck erfüllte, entlang wurde Aleyv wahrlich die volle Schönheit Teyvats zuteil. Vorbei am rauschenden Wasserfall, der ihre Gesichter mit einzelnen Sprühern benetzte. Eine völlig neue Biodiversität wurde der Brünetten unterbreitet und erneut fand sich Ikuya in der Rolle des Lehrers wieder. Die gelblichen Beeren gepflückt und zum Verkosten gegeben, Champignons für die spätere Verarbeitung gesammelt, ebenso wie die Minze, die an jeder Ecke in Mondstadt wuchs eingepackt, ging es den sandigen Weg runter. Selbst dem seltenem Lampenkraut, welches lieblich in einem glühenden Blau mit der Dämmerung eins wurde, begegneten die zwei - des Blauäugigen liebste Pflanze dieser Region. Am Weingut zögerte der Herr, ob ein kurzer Zwischenstopp von Vorteil wäre, doch die Gefahr, sich in dem mächtigen Bauwerk des Weinhändlers Diluc zu lange aufzuhalten, war zu groß. Außerdem hatte der Rothaarige sicherlich genug um die Ohren. Für den Inazumaner hätte er alles stehen und liegen gelassen, vor allem, sobald er von der Ankunft Aleyvs erfahren hätte. Vom rot-weiß gezielten Anwesen war es nicht mehr weit und ein Ende des 8-Stündigen Fußmarschs war in Sicht. Segen der Sieben hin oder her, die Beine wurden peu à peu schwerer. So viel zur erhofften Erholung zu Fuß, anstelle des Flugs.

      Quellingen war ein überschaubares Örtchen. Beim Betreten merkte ein Unwissender kaum, eine Ortschaft betreten zu haben, so bewachsen wie es dort war. Die undicht bebaute Gegend wies nur einzelne Häuser auf. Ein Nächtigungsplatz für Touristen gab es nicht, weswegen der Weißhaarige auf einen Bekannten zuging, der hier hohes Ansehen genoss. Der Jäger Draff, unter dessen brauner Mähne flauschige Katzenöhrchen hervorstachen, begrüßte das ungleiche Paar mit seiner Gastfreundschaft. Eine Schüssel warme Suppe in die ausgehungerten Hände gedrückt und gleich noch ein Angebot für die heutige Ausbeute der Jagd unterbreitet, wank Ikuya den Herren schnell ab. Alevys Blick zeichnete die Neugier in ihrem Inneren ab - nicht verwerflich, da der Weißhaarige vergaß, solche animalischen Merkmale einiger Bewohner zu erwähnen. Für den Redakteur und den Rest Teyvats gehörte es zur Tagesordnung mit Mischwesen zuweilen. Ein Umstand, der in ihrer Herkunftsstadt scheinbar nicht der Fall war. “Es gibt noch viele mehr wie Draff.” erklärte er im Nebensatz. Diona, seine Tochter, würde ihnen in der Stadt der Freiheit sicherlich über den Weg laufen. An einer Bank ruhend, schlug Ikuya die Knöchel der ausgestreckten Beine übereinander. Endlich eine Pause für die müden Knochen. Erst im Anschluss war er in der Lage, die Speise zu genießen. Auf den Klang der femininen Stimme hob sich der blaue Blick gen Horizont. Die stolzen Mauer der Burganlage und dessen hohe Windmühlen, die in den Himmel ragten, waren klar zu sehen. Flüchtig leckte er sich über die Unterlippe, bevor eine Antwort formuliert war. Seine ehrlichen Gedanken würden dem Neuankömmling nicht gefallen. Die Niedergeschlagenheit in ihrem Antlitz bohrte sich in seine Brust und ließ das lebenserhaltende Organ kurz stolpern. Er würde sie nicht belügen, egal wie sehr es schmerzte. “Jede deiner Erinnerungen wird uns der Antwort ein Stück näher bringen, nur bezweifle ich, dass dein Bewusstsein schon dazu bereit ist. Das ist nicht weiter schlimm.” Warf er hinterher, ehe sein Augenmerk zur Stadt wandte. “Setz dich nicht unter Druck. Ehrlich gesagt, bin ich mir nicht sicher, ob der Ordo Favonius von Hilfe sein wird. Vor einigen Jahren erschien zwar in ihrer Mitte ein Reisender fern dieser Welt, aber…” Kurz rümpfte der junge Mann die Nase und sah zu seiner Sitznachbarin. “Mein erstes Ziel wäre es nicht gewesen. Mondstadt ist nicht gerade dafür bekannt, eine Hochburg an Wissen zu sein, auch wenn einige kluge Köpfe hier ihren Geburtsort schreiben.” Unweigerlich wanderten seine Gedanken an einen guten Freund, dessen Rat ihm in dieser Situation viel bedeuten würde. Albedo, ein wenig geselliger Alchemist, verfügte über unglaubliche Kenntnisse. Großmeister Jean war eine respektable Frau, doch ihr Kopf war meist in den Tiefen ihrer Arbeit vergraben, die Sicht auf so vieles getrübt.

      Schmunzelnd sah Ikuya seiner Begleiterin hinterher, als sie sich für eine Abkühlung entschied. Der verführerische Tanz ihrer Haare zwirbelte um ihre Schultern herum, ehe die zierliche Frau in den Rasen kippte und dem Sternenhimmel verfiel. Erneut zückte seine Hand den treuen Begleiter aus der Tasche seines Gewands. Mit dem Stift zwischen den Fingern hielt der Weißhaarige die Bruchstücke seiner Sicht nieder. Die Stille, eine wohltuende Erholung ihrer Sinne. So vergingen die Minuten, bis die einbrechende Nacht über ihren Köpfen und die kühle Abendbrise ihre Rast an der frischen Luft beendete.

      Am nächsten Morgen brachen sie auf. Die letzte Etappe! Vorbei an Hopkins, der die Brünette in sein bewerbendes Geschwafel verwickeln wollte, schob Ikuya die Dame an den Schultern weiter. Von seinem geheiligten Wasser, das er den Leuten schmackhaft machte, sollte man die Finger lassen. Es hob sich in keiner Weise von normalem Quellwasser ab und war schlichtweg nichts als eine betrügerische Masche. Den Dämmerfruchtbäumen entgegen kamen sie dem Ziel immer näher, die Stadt stets in ihrem Blickfeld, bis sie die einzige Brücke hinein erreichten. Wie jeden Tag stand der kleine Timmie inmitten eines Schwarms Tauben, den die beiden Ausländer mit ihrem Erscheinen verjagten. Swan und Lawrence, Wachen des Orders, nickten ihnen zu, doch Ikuya bog rechts ab, bevor sie in ein Gespräch verwickelt werden konnten. Der Redakteur wollte den seitlichen Eingang des Hafens nutzen. Es war der weniger belaufene Pfad und würde der Brünetten ersparen, durch das Herz der Stadt stiefeln zu müssen. Unter den hohen Mauern und der vielzahl der Stufen zeigte sich Mondstadt zwar weniger imposant als vom Haupttor, doch die verwinkelte Gestalt des Ortes umwob sie in dem Schutz vor neugierigen Blicken. Das Ordensquartier war schnell erreicht und Jean konsultiert.

      Jean setzte sich gerade eine Tasse Tee an die Lippen, als der Bote von Yae Miko aus Inazuma die Nachricht überbrachte. "Ein weiterer Reisender?", murmelte sie, ihre Augenbrauen zogen sich zusammen in tiefer Nachdenklichkeit. Ikuya nickte. "Ja, Ma'am. Yae Miko glaubte, es wäre am besten, wenn sie Ihnen vorgestellt wird, in Anbetracht ihrer vergangenen Erfahrung mit den Reisenden." Jean stand von ihrem Stuhl auf, ihre Haltung straff und autoritär, ihr Gesichtsausdruck ernst. "Ich verstehe. Bitte richtet meinen Dank an Yae Miko für die schnelle Informationsübermittlung aus. Wir werden uns sofort um die Angelegenheit kümmern." Ein neuer Reisender sie konnte nicht leugnen, dass das eine Überraschung war. Sie dachte an Aether und Lumine, an ihre Abenteuer und die Schwierigkeiten, denen sie gegenüberstanden. Sie wusste, dass diese neue Reisende wahrscheinlich ähnliche Probleme haben würde, und es war ihre Pflicht als Dactylus des Ritterordens von Favonius, ihr zu helfen. "Guten Tag", begann sie, "ich bin Jean, die Großmeisterin des Ritterordens von Favonius. Willkommen in Mondstadt." Sie musterte die neue Reisende genau, suchte nach Anzeichen von Erschöpfung oder Stress. Es war klar, dass das Mädchen verwirrt und vielleicht sogar ein wenig verängstigt war - eine natürliche Reaktion, wenn man plötzlich in einer neuen Welt landete. "Ich verstehe, dass Sie eine ziemlich ungewöhnliche Reise hinter sich haben", fuhr Jean fort, ihre Stimme sanft, aber bestimmt. "Aber bitte seien Sie versichert, dass Sie hier in Mondstadt sicher sind. Wir werden unser Bestes tun, um Ihnen bei der Anpassung zu helfen und herauszufinden, wie Sie hierher gekommen sind... und, falls möglich, wie Sie nach Hause zurückkehren können." Sie wandte sich an den Redakteur. "Ich schätze Ihre Bemühungen, sie sicher hierher zu bringen. Ich hoffe, Sie hatten keine Schwierigkeiten auf der Reise?" Mit diesen Worten leitete sie die Diskussion ein und bemühte sich, so viel wie möglich über die neue Reisende und ihre Umstände zu erfahren, um einen effektiven Plan für ihr weiteres Vorgehen zu erstellen.
      A heart's a heavy burden.

    • Lange hielt es Aleyv nicht am kühlen Nass aus. Vom Grund und Boden zog die feuchte Kälte empor und legte sich wie eine zweite, doch äußerst unangenehme zusätzliche Haut über die ihre und hinterließ ein unliebsames Gefühl auf jener. Der Mond hatte sich um ein paar Grade gedreht, die Welt bewegte sich weiter und schenkte somit auch durch die Nacht der jungen Frau jene Müdigkeit, die ihr trotz ihrer Aufregung ob des morgigen Tages, zustand. Sich streckend und Gähnen führten ihre schlappen Beine sie zurück hinauf in das Dörfchen, zu ihrem Notquartier, vor welchem ihr weißhaariger Begleiter nach wie vor saß, sich die Glieder am versiegenden Feuer wärmte und tief versunken in sein kleines Büchlein sah… mehr noch, Aleyv erkannte, dass Ikuya etwas darin aufschrieb und sich seine Augenbrauen und Mundwinkel dazu zuckend bewegten. Es belustigte sie, dem jungen Mann bei seiner Tätigkeit zuzusehen, die ihm wohl so viel Entspannung bescherte. Sie biss sich auf die Zunge, um nicht in herzerwärmendes Gelächter auszubrechen und führte ihren Körper mit gesenktem Haupt und langsamen Schritten an seinesgleichen heran. Ihr Blick war auf die wenigen Flammen gerichtet, die zu seinen Füßen aus den niedergebrannten Scheitern züngelten und sich wohl dem Umstand ergeben mussten, dass ihr lebenserhaltender Nährstoff für heute aufgebraucht war. Sie wechselten noch ein paar wenige Worte, ehe es die junge Frau als erstes ins Bett zog. Sich umziehend und in die warme Decke eindrehend, kontrollierte Aleyv ihre Haarspitzen. Nichts… kein Schimmer, kein Schein, keine Farbveränderung… wie auf die Minute genau wartete dieses Phänomen wieder auf seinen großen Augenblick und gab zuvor nichts von sich Preis. Schmunzeln über diesen Umstand war die Brünette dann doch irgendwann eingeschlafen und gab sich einem eher unruhigen Schlaf hin.

      „… ihr Leben lag in ihrer Mutter Hände… doch versteckt war nur ihr Leben… eingeschlossen hinter des Königshallen Wände… so ließ das Wissen um sie die Erde beben… und ihr Wesen fand geschützt ihr Ende…“

      Der nächste Morgen kam schnell und noch viel schneller ging es nun auf, auf zum eigentlichen Ziel ihrer Reise. Ikuya führte sie wissend an das große Stadttor von Mondstadt heran. Schon allein die prächtige Brücke, welche die Stadt mit dem Festland verband, war für Aleyv große Augen wert. Zwei Wachen nickten dem Weißhaarigen zu und sahen ihrer Wenigkeit nur verwirrt hinterher, als sie den Herren freundlich zu wank. Wahrscheinlich um so wenig Aufregung wie möglich zu verursachen, bugsierte der junge Mann ihre Person durch ein Seitentor. Das weiche Gras zu ihren Füßen und der Duft der Apfelbäume legten sich wie eine Prophezeiung in ihre Sinne, ehe sie nun die massive Bauweise der Bewohner Mondstadts zu Gesicht bekam. An beinahe jeder Ecke tummelten sich entweder Einwohner, Katzen oder Hunde… an den steinernen Hauswänden hangen in langen Lianen die bunt schillernden Blüten aus überwuchernden Blumenkästen den Erdboden entgegen… fern hörte sie das gluckernde Sprudeln eines Brunnens… ach.. wie jede dieser Städte ihre Person in seinen hypnotisierenden Bann zog. Unweigerlich schielte Aleyv nun zu Ikuya empor und fragte sich, wem diese Sympathie zu dieser Welt eigentlich geschuldet war.

      Nur wenig später saßen die beiden Gefährten in den Räumlichkeiten des Hauptmannes. Jean, eine Frau, wie sich herausstellte, hatte hier die Oberhand über alles, was in Mondstadt vor sich ging. Eine vielbeschäftigte Frau, welche sichtlich von allen gemocht wurde… zumindest erkannte Aleyv es in ihrem Gesicht, dass sie eine faire, aber diplomatische Anführerin war. Die Grünäugige wurde gebeten es sich in einem der Ohrensessel im äußerst dekadent eingerichteten Büro gemütlich zu machen und saß nun, etwas in sich selbst versunken, in jenem, den Blick neugierig von links nach rechts schwenken lassend, versuchend, jedes kleine Detail dieses mit Kleinigkeiten vollgeräumten Raums zu merken. Ikuya stand der obersten Frau dieser glorreichen Stadt gegenüber, welche hinter einem monströsen Schreibtisch Platz genommen hatte und sich soeben eine wohlverdiente Tasse Tee einverleiben wollte. Untätig wurde Aleyv nun Mithörerin ihrer kurzen Konversation, ehe sich die schlanke, großgewachsene Blonde erhob und zu ihr hinüberschritt. Von ihrer Autorität vorerst etwas eingeschüchtert, wich die Reisende etwas zurück und sah Jean mit großen Augen entgegen. Doch all die Angst verflog, als sie begann mit ihr zu sprechen. Eine ungewohnte, hilfsbereite Sänfte lag in der Stimme ihrerseits… eine Sänfte, die sie sonst nur von jemand anderen gehört hatte… so schlingerte auch Aleyvs Blick zurück zu Ikuya, als auch Jean ihm für seine Unterstützung dankte.

      „Ich hoffe, Sie hatten keine Schwierigkeiten auf der Reise?“, mit fragendem Blick sah Jean auf sie hinab und wartete geduldig. Die Worte blieben der Brünetten jedoch im Hals stecken und sie sah kurz hilfesuchend zu dem Weißhaarigen, welcher ihr aber ermutigend zunickte. „Ich… äh… ich…“, ihre Stimme brach bei dem übereilten Versuch sich mitzuteilen, weshalb Aleyv sich tief räusperte nur um dann nochmals anzufangen. „Die Reise… nun… ohne Herrn Aoyama, welcher sich dieser Aufgabe so selbstlos annahm, würde ich jetzt wohl gar nicht hier sitzen… der Dank, dass wir nun miteinander sprechen können, gebührt ausnahmslos ihm.“, sie festigte ein Lächeln auf ihren Lippen. „Ich verstehe…“, Jean nickte und legte ihre Hand an ihr Kinn und sah die Reisende erwartend an. Diese setzte fort. „Der Weg hierher war aufregend… wir trafen ein äußerst aggressives Echsenvieh in der Wildnis…“, ein Schmunzeln umwob die Lippen der Braunhaarigen, als sie sich an den Moment zurückerinnerte. „Sie haben also bereits Bekanntschaft mit Flora und Fauna gemacht… eine Geo-Drachenechse, wenn ich mich nicht irre?“, kurz kehrte sich ihr blonder Schopf zu Ikuya um, welcher einstimmend nickte. „Bitte… nennt mich Aleyv…“, warf die Grünäugige dann aber überrumpelt ein. Sie wurde noch nie in dieser Höflichkeitsform angesprochen und es kam ihr äußerst befremdlich vor. Jean zog die Augenbrauen kraus, nickte dann aber verstehend. „Aleyv... sehr gern… gibt es irgendetwas, dass du uns mitteilen kannst, damit wir schnellstmöglich einen Weg finden, deine Herkunft herauszufinden?“, nun wurde es ernst. Jean schnappte sich einen Hocker und machte es sich vor der Reisenden gemütlich, ließ sie jedoch nicht aus den Augen. Das Grau ihrer Augen schimmerte ähnlich glänzend hervor, wie das Blau Ikuyas, doch zog es sie kaum so sehr in ihren Bann, als wie, wenn der junge Mann sie ansah. Eben jener trat von hinten heran und tat Kund, dass dies das große Problem wäre, da sich Aleyv an so gut wie gar nichts erinnern konnte. „Mhm, nun gut… das wird dann wohl schwieriger als gedacht. Aether und Lumine haben sich hier nur aus den Augen und nicht ihr gesamtes Gedächtnis verloren…“, nachdenklich schoben sich der Blondine Augenbrauen zusammen, ehe ihr wohl eine Idee kam. „Lisa, unsere Bibliothekarin, gab mir erst kürzlich einen Rat für tiefe Entspannung, sollte mir die Arbeit zu viel werden und ich sprichwörtlich in jener ersticken… ich soll dreimal tief durchatmen, meine Augen schließen und dann alles, was ich in der Dunkelheit erkenne, beschreiben… meistens finde ich dadurch einen Weg, Prioritäten zu setzen, da mir die wichtigsten Dinge zuerst erscheinen.“, sie schenkte Aleyv ein ermutigendes Lächeln und es blieb ihr wohl nichts anders über, als es zumindest auszuprobieren.

      Ein letzter bestätigender Blick zu dem tiefen Blau gab ihr genug Sicherheit dem Vorschlag von Jean zu folgen. So durchzogen drei tiefe Atemzüge den Raum und Aleyv machte es sich in dem gepolsterten Stuhl gemütlich, die Augen beim zurücklehnen schließend. Es war nur Dunkelheit die sie umwob… als würde sie durch einen langen Tunnel gehen… tief sog sie die Luft in ihre Lungen und lies sie langsam durch ihre Nase entweichen… aber es tat sich nichts… beinahe wollte Aleyv schon aufgeben, als sich ganz fern, weit weg, als würde hinter den schwarzen Bergen ihrer Vorstellungskraft ein Konzert gespielt werden, eine leise Melodie in ihre Ohren legte. Ein zarter Klang, vier… fünf, vielleicht sechs Töne welche die Grünäugige leise versuchte nachzusummen… doch war die Tonfolge viel zu unklar, zu verschwommen, als ob sich etwas Logisches daraus ergeben konnte. So öffnete die junge Frau ihre Augen wieder und blinzelte in die Helligkeit. Die überraschten Blicke ihrer Mitmenschen nur vage wahrnehmend, zögerte sie kurz in ihrem nächsten Satz. „Ich… ich glaube, ich bin noch nicht bereit dafür… ich spüre aber, dass vieles von selbst wiederkommen wird… wie der Umstand, dass ich meine Waffe aus meiner Heimat beschworen habe…“, eher beiläufig wollte sie diese Information streuen, doch hatte sie nun die volle Aufmerksamkeit des Hauptmannes. „Du hast eine Waffe beschworen, die nicht unserer Welt angehört?“, langsam den Inhalt ihres Satzes wiederholend, senkte Jean den Blick hinab und verbohrte ihn mit dem der jungen Frau. Diese presste ertappt die Lippen aufeinander und nickte kaum sichtbar. „Wenn es dir keine Umstände macht, bitte ich dich, sie mir zu zeigen.“, somit erhob Jean sich aus ihrer sitzenden Haltung und trat einen Schritt zurück. Etwas vor den Kopf gestoßen, stellte auch Aleyv sich auf die Beine. „Ich hoffe es funktioniert… ich habe sie zuletzt nicht bewusst beschworen…“, mit diesen Worten, welche einen klaren fragenden Unterton in sich trugen, schloss die Grünäugige erneut ihre Augen und hob ihren rechten Arm empor, nur um ihn in gewohnter Weise hinter ihr Haupt fallen zu lassen. Einen Augenblick geschah nichts, dann aber woben sich bekannte, weiße Fäden aus ihrer Handfläche und formten aus dem Nichts, wie bereits einmal, den eleganten Langbogen ihren Rücken hinab. Zackig hatte sie die manifestierte Waffe dann vor sich gezogen, welche beinahe ihre gesamte Körpergröße umfasste und schickte ihren Blick aus dem dunkel hinterlegten Moos auf den filigranen Bogen. Sie musste all ihre Stärke und Beherrschung aufwenden, damit nicht noch mehr ihrer Kraft, die sich in dieser magischen Welt sehr unkontrolliert verhielt, in den Bogen floss. So konnte man nur bei äußert genauem Hinsehen erkennen, wie diese dunklen Nebelschwaden ihre Fingerspitzen umwoben.

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Unmittelbar wie die Worte ihre Lippen verließen, zuckte Ikuya kaum merklich mit seinem Kopf. Eine subtile Geste, die Aleyv anweisen sollte zu schweigen, nicht weiter das Thema zu vertiefen, doch natürlich blieb der Weißhaarige in all der Aufregung unbemerkt. Es war ohnehin zu spät für einen Rückzieher. Für eine flüchtige Sekunde schloss er das Meerblau und genehmigte sich einen tiefen Atemzug, bevor er wieder aufmerksam das Gespräch zwischen den Damen verfolgte. Ihre Ankunft in Teyvat war von genug Fragen begleitet und während die Mehrheit der Bevölkerung im Ritterorden einen Freund und Helfer sah, war sich Ikuya immer noch am nächsten. Wenn man nicht wie eine Laborratte inspiziert werden wollte, sollte man anderen keinen Grund dafür geben. Das Moosgrün verschwand hinter sinkenden Lidern und einem gehobenen Arm, dessen Gestalt von weißen Fäden geziert wurde. Auch für den Redakteur war dieser Anblick neu, er musste zuvor dieses Spektakel aufgrund seiner schwindenden Kräfte verschmerzen. Umso neugieriger weiteten sich seine Seelenspiegel bei der Show, die ihm geboten wurde. Alle Aufmerksamkeit ruhte, so wie die junge Frau es seit Anbeginn ihrer Reise gehasst hatte, auf ihrer zierlichen Statur, die in den magischen Zauber gehüllt wurde. Selbst wenn Ikuya es gewollt hätte, wäre es ihm unmöglich gewesen, seinen Blick von ihr abzuwenden. Dem Großmeister schien es ähnlich zu gehen, hypnotisiert, wie Jean sich näherte und bereits erwartungsvoll die Finger nach der Waffe ausgestreckte. “Nicht anfassen!” Erklang die Stimme des Mannes tief und bestimmt. Im Gegenzug zu den anderen war ihm der Schatten an der brünetten Fingerspitzen nicht entgangen. “Leg den Bogen ab.” Befahl er ihr, in einem ernsten Ton, den er mit ihr bisher noch nicht eingeschlagen hatte. Etwas in ihm wäre dieser düsteren Macht gerne näher gekommen, hätte ausgetestet, wie weit man gehen konnte und wie groß das Ausmaß war, doch nicht, wenn das Leben Dritter gefährdet war. Zu seiner Überraschung gehorchte sie, anders als man von ihrem Temperament erwarten würde. Ikuya schob es auf den scharfen Befehlston, den er eingeschlagen hatte, und kam ihr, kaum dass der Bogen aus den Händen glitt, näher. Die finstere Miene legte sich noch immer mit tiefen Sorgenfalten auf das zu junge Gesicht. Wenige Zentimeter trennten die beiden Reisenden, während Ikuya ihre Finger in seine warmen Hände nahm und die Spitzen inspizierte. Eine Art Energiefluss knisterte auf dessen Haut, oder war es doch nur das schneller pumpende Herz, das ihm einen Streich spielte? Verdammt, wieso musste sich der Weißhaarige ausgerechnet jetzt zu der kleineren hingezogen fühlen? Die Ursache für das Knistern nicht klar benennen, nicht zwischen Emotion und Fakt unterscheiden zu können, war eine Qual.

      Ein scharfer Atem entwich seinen Lippen, er hatte ganz vergessen zu Atmen. “Verzeih, ich wollte dich nicht beunruhigen,” kam er schließlich zu Besinnung und hob das erste Mal den Blick, um ihren zu treffen. “Hast du das gesehen? Es gespürt?” Wollte der Herr mehr erfahren, ohne jedoch Jean wissen zu lassen, was geschehen war. Die Anemo Kriegerin wusste bereits mehr, als dem Pyromanen lieb war. Aleyv als Bedrohung einzustufen, würde ihrem Vorhaben nicht weiterhelfen, sondern eher schaden. Dunkle Nebelschwaden hatten bisher im Laufe der Geschichte nie etwas Gutes zu verheißen. “Wir gehen.” wieder diese strenge Stimmlage, ohne dass sein Augenmerk vom Moosgrün wich, obwohl die Worte nicht mal ihr gewidmet waren, sondern dem Orden. “Aoyama,” suchte Jean nach den richtigen Worten, um zu intervenieren, stolperte aber bei dem Ausdruck, den Ikuya ihr schließlich zuwarf. “Wie von mir vermutet, kann der Orden uns nicht weiterhelfen.” “Ihr solltet Lisa aufsuchen. In der Bibliothek verfügen wir über eine reiche Ansammlung an Wissen, vielleicht ist eine Lektüre dabei, die Hinweise beinhalten.” Brachte die Blondine entgegen, als müsste sie sich und ihren Einfallsreichtum beweisen, da die zwei andernfalls das Weite suchen würden. Ikuya nickte. “Und als nächstes schlagt ihr vor, dass wir alte Ruinen und Domänen in Mondstadt durchforsten, um Relikte zu erhalten.” Wie akkurat die nächste Behauptung im Raum lag, grenzte schon an Gedankenübertragung, die Jean nur mit einem flehenden Blick und zusammengepressten Lippen begegnete. “Diese Orte stehen mit den Archonen in Verbindung. Es könnte helfen, deine Erinnerungen wiederzuerlangen.” Galt ihre Rechtfertigung diesmal der jungen Frau hinter dem großgewachsenen Mann, da man bei diesem auf Granit stieß. “Und Albedo-” “Nein.” Zischte er dazwischen. “A-A-Aber.” Damit brachte er den Großmeister nun vollkommen aus dem Konzept. Die Freundschaft zwischen den beiden Gleichgesinnten war im ganzen Land bekannt. Wieso also der Gegenwind? “Ist er nicht euer treuester Kumpan.” “Ist er. Ich kenne auch seine Antwort.” Der Chefalchemist des Ritterordens Favonius arbeitete in Mondstadt, sein Rat also direkt um die Ecke und doch verzichtete der Weißhaarige darauf. Seine Intelligenz und seine Fähigkeit, das Unbekannte zu verstehen, machen ihn zu einem idealen Berater und Helfer für Aleyv. Die beiden Männer ähneln sich wie eineiige Zwillinge, Klone, die auf derselben Frequenz Informationen empfingen und verarbeiteten. Eben dies war der Grund, wieso der blonde Freund erst als letztes Mittel gewählt werden würde. Albedo würde sich in die Analyse und Experimente stürzen. Die Grenzen für das Finden von Antworten zu überschreiten, fiel ihm leicht. Empathie war nicht seine Stärke. Gott, Ikuyas ebensowenig, aber wenn es um Aleyv ging, war es anders. Sie weckte in ihm einen Beschützerinstinkt, der noch nie zuvor eine Manifestation fand. “Aoyama,” wagte der seidige Klang erneut den Versuch, den Gast zu erden und zu Vernunft zu zwingen. Der Inazumaner war bekannt dafür eigen zu sein, viele berichteten von einer schweren Umgänglichkeit, andere hingegen lobten den Jungen in den höchsten Tönen. Jean war der erboste Ausdruck neu. Sie verstand zum ersten Mal die getuschelten Stimmen, die den Mann und sein Wissen fürchteten. Die bedrohliche Aura, die sein schmaler und dennoch sportlicher Körper ausstrahlte, legte sich wie ein hoher Schatten über den Raum. “Als Zentrum der Gelehrsamkeit und Forschung Teyvats wird unsere nächste Station Sumeru, die Nation der Weisheit, sein. Sie verfügen als einzige eine Abteilung, die sich der Erforschung anderer Welten und Dimensionen widmet.” Ein Fakt, der dem Großmeister nicht bekannt war, zumindest die Entgleisung ihrer Gesichtszüge zu urteilen. Ikuya vergaß manchmal in der Hitze des Gefechts, welche Informationen nur für ihn Normalität waren. “Wenn dir das recht ist?” wandte er schließlich zur Brünetten, würde ohne ihre Zustimmung keine Pläne in die Tat umsetzen. Die Vermutung, dass Aleyv durch die Beschwörung ihres Bogens ein Portail zu ihrer Welt geschaffen hatte, behielt der Redakteur erst einmal für sich.
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    • Zähneknirschend verhielt Aleyv es sich, ihre Kraft freizulassen, schloss ob ihrer Anstrengung sogar kurz die Augen. Erst als der sorgenvolle Ruf aus der Kehle des Weißhaarigen Mannes an ihre Ohren drang und sie die blonde Großmeisterin so knapp vor sich wiederfand, erschrak sie darüber, welche Intentionen Jean hegte und konnte sich für einen Moment nicht tiefer konzentrieren, gab dem dunklen Schein somit die Befugnis, mehr von ihren Fingern zu umschließen, als ihr wacher Blick nun auf dem deterministischen Gesicht des Blauäugigen ruhte. Er hatte den Arm nach ihr ausgestreckt und befahl ihr im strengen Ton, den Bogen niederzulegen. Etwas an seiner sonst so ausgeglichenen Aura wandelte sich zu einem düsteren Bild, seine weichen Augen bekamen einen Stich der Eiseskälte und ließen der Braunhaarigen Atem stocken. Aleyv wusste nicht, was vor sich ging, doch tat sie wie ihr geheißen und mit schnellen Schritten war Ikuya an sie herangetreten, hatte die Distanz zwischen ihnen beiden überbrückt und schirmte ihren Körper von dem neugierigen Blick des Hauptmannes ab. Zackig hatten seine Hände jene rechte Hand ihrerseits umschlossen und führte sie nahe an sein Gesicht heran um auch jede Regung dieses für ihn wohl neuen Anblickes aufzusaugen. Hätte die Grünäugige diesen Wink mit dem Zaunpfahl nicht verstanden, so hätte sie im nächsten Moment hinausposaunt, was ihr noch auf der Zunge lag. Doch behielt sie die Info über die Wahrheit dieses Schattens vorerst für sich... ihr ratloser Blick lag auf seinem Elfenbeingleichen Gesicht, welches mit tiefen Furchen der Nachdenklichkeit durchzogen wurde. Aleyv konnte die Sekunden zählen, die er ihr so nahe war, konnte jeden seiner Atemzüge auf ihrem Handrücken spüren und nahm sich frecherweiße die Zeit heraus um in dieser Nähe seine Antlitz zu betrachten. In dem sanften Licht, welches durch die mosaikgeformten Fenster des Büros von Jean brach, erschien das weiße Haar seinerseits wie flüssige Seide... das Blau seiner Augen war gespickt mit einzelnen, kleinen dunkleren grauen Flecken... ihr Blick glitt hinab und blieb an seiner Wange hängen, auf welchen sie eine einzelne feine Narbe erkennen konnte. Klein, unscheinbar aber doch vorhanden. Ihre geöffneten Lippen formten ein Schmunzeln, vorsichtig wagte die Braunhaarige einen leisen Atemzug durch ihre Nase und wurde von einem wärmlichen Geruch empfangen. Wieso war ihr zuvor nicht aufgefallen, welch unverkennbaren Hauch des Angekommen-Seins der junge Mann vor ihr an sich trug? Diese feinen Nuancen von Meeresbrisen, vermischt mit dem Geschmack von regenfrischer Wiese und dem würzigen Aroma von verbranntem Würzholzbaum... Kaum merklich weitete sich ihr Blick, ein unergründliches Glitzern drang in ihre Augen, als ihr Herz diesem Gefühl der Heimat nachgab und ihrem Körper einen wohligen Schauer schenkte. Eine zarte Gänsehaut legte sich auf die Arme der jungen Frau, zog sich hinauf in ihren Nacken und versiegte zwischen ihren Schulterblättern. Ebenso wie ihrem Begleiter, welcher jedoch im nächsten Moment nach Luft rang, stockte Aleyv nach wie vor der Atem, ihre Augen hatten sich an seinen aufeinandergepressten Lippen festgesetzt und erst als Ikuya seinen Blick von ihren Fingern anhob um sie, sein Gegenüber zu mustern, trudelte der Grünäugigen Blick hinterdrein und erwiderte ihn, jedoch wortlos. "Natürlich habe ich das gespürt... natürlich Ikuya... ich weiß, was es ist...", sich die Worte verhalten, schrie sie ihm die Wahrheit nur in Gedanken hinterher, als sich sein Körper von ihr abwandte. Ihren Aufbruch verkündend, ließ er ihre kleinere Gestalt im Schatten seines Rückens Platz nehmen und verfiel in ein Wortgefecht mit der Blonden, die äußerst erfolglos versuchte, ihn zum Bleiben zu überreden. Zwischenzeitlich löste sich ihr Bogen wieder in die fasrigen Einzelteile auf und legte sich als heller Schein zwichen ihre Schultern. Erst als Worte fielen, die die eigentlichen Absichten von Jean und dem Orden unterstrichen, wurde auch Aleyv gewahr, weshalb ein Verweilen in diesen Räumlichkeiten eher einer Statute zur Selbstaufgabe glich. So aufgebracht hatte sie den Weißhaarigen noch nicht erlebt... sie hörte in seiner Stimme eine derartige Ernsthaftigkeit, dass es sie nur für einen Moment zweifeln lies, ob es hierbei wirklich nur darum ging, dem Ordo Favonius keinen Gefallen zu tun und sie den gierend fragenden Augen auszuliefern. Aleyv merkte die erstickende Dichte, die dieser Raum plötzlich aufwies und wie die autoritäre Präsenz des Redakteurs den gesamten Platz beanspruchte. Er hatte sich schützend vor ihr aufgebaut, als wäre es daran einen Schatz zu behüten, auf welchem die Augen der gesamten Welt lagen. Ihr fehlte plötzlich die Luft zum Atmen, die Sicht verschwamm ihr vor den Augen. Dann aber lichteten sich ihre gestressten Sinne, als die starke Stimme des jungen Mannes wieder die Räumlichkeiten durchbrach. Ikuya gab in höchst selbstsicherem Ton Kund, dass eine Gegend namens Sumeru ihr nächstes Ziel sein würde und kehrte sich zu ihrer Person um. Erst als sich ihre Blicke wieder trafen verflog all die Anspannung beinahe von selbst und sie nickte dem Weißhaarigen einstimmend zu. Dieser schien nur darauf gewartet zu haben, das erlösende Ja von ihr zu hören. Ihresgleichen immer noch schützend hinter sich geschoben, besiegelte Aleyvs Nicken seinen Entschluss und er verabschiedete beide mit einem ausdrucksstarken Nicken in die Richtung der Blonden, versprechend, dass dies zwar nicht ihr letztes Aufeinandertreffen sein würde, doch das letzte für lange Zeit.

      Er hatte wieder ihr Handgelenk fest umschlossen... zu fest... Aleyv eilte den schnellen Schritten des Weißhaarigen hinterher, welcher immer noch die selbe aufgebrachte Energie ausstrahle, wie noch vor wenigen Minuten in Jeans Büro. Den Blick stur geradeaus gerichtet war es an ihm, stramm vorausstapfend mit der Grünäugigen im Schlepptau wenige Stufen in den Stadtkern zu bestreiten, als die Braunhaarige erneut den Blick auf ihr Handgelenk lenkte und schnell nun, beinahe übereilt, reagierte. Flink hatte sich ihr schlanker Körper vor den Größeren geschoben, befreite somit ihren Arm aus seinem Griff und legte, seinen schnellen Gang bremsend, beide Hände auf die Brust. "Stopp, Ikuya!", ihre Stimme erhoben, ihn auf sein Verfehlen aufmerksam machend, klang ein Hauch von Überforderung in dieser mit. Der schnelle Atem beiderseits, legte sich wie eine Warnung in die warme Sommerluft, während Aleyv ihren durchdringenden Blick mit dem des jungen Mannes verwob. Das strahlende Blau, in welchem ein unkoordinierter Sturm tobte, mit einem entschlossenen Augenaufschlag aus dem friedlichen Grün besänftigen wollend, befehligte ihm stumm, mit nach vor gerecktem Kinn, einen tiefen Atemzug zu nehmen und noch viel tiefer auszuatmen. Als die junge Frau erkannte, wie sich die Sorgenfalten in seinem Gesicht langsam glätteten, nickte sie erleichtert. "Gut... Beruhige dich... ein aufgebrachtes Gemüt strotzt nur so von unüberlegten Taten...", auch wenn Aleyv ihre Worte als Weisheit für ihren Begleiter gemeint hatte, so erkannte sie sich selbst ermahnt, als ihr wieder gewahr wurde, wo sie ihre Hände platziert hatte. Diese nun langsam wieder vom Körper des jungen Mannes entfernend und an ihrem eigenen Rücken verschränkend, fuhr Aleyv fort. "... und du bist kein Mann der gedankenlosen Handlungen, Ikuya.", ihre Stimme sänftigte sich ab und wartete auf eine Reaktion des Weißhaarigen. Als sie ihre Standpunkte nun geklärt hatten, führten ihre nun gemäßigteren Schritte, ihre beiden Personen durch Mondstadt, welches Aleyv nun kaum mehr wirklich in sich aufnehmen konnte. Mit Vorbehalt erkannte sie die dicken steinernen Hausmauern, roch die verführerischen Duftnoten von gebratenem Fleisch und deftigem Eintopf, hörte das beruhigende Schnurren und verspielte Miauen der Katzen und das eifrige Hämmern des Schmiedes auf den rohen, formbaren Eisenrohling. Kaum zu glauben, dass das so friedlich wirkende Volk hier, von einer Organisation geleitet wurde, welche sich ganz unverschämt mit Lorbeeren schmücken wollte, die nicht aus ihrer eigenen Hand stammten. Schweigend passierten sie das hohe steinerne Tor, die breite, zuvor so einladende Brücke und ließen die Stadt der Freiheit hinter sich. Ein einzelnes hohles Lachen verlies die Kehle der Braunhaarigen... Der Titel passte nun nicht mehr ganz so treffend... Beiläufig hatte Ikuya ihr verkündet, dass ihr jetziger Weg sie in die selbe Richtung aus der sie gekommen waren führend wird und sie heute Nacht wohl am Weingut Morgenröte nächtigen würden... Der Inhaber, einer Junggeselle namens Diluc, würde ihnen wohl trotz der Differenzen die sie eben mit dem Hauptmann hatten, ein Zimmer zur Verfügung stellen. In dieser Frage zumindest beruhigt, konnte Aleyv die erneute Wanderung durch Quelling, zurück durch die dichten Wälder, vorbei an einer weiteren der riesigen Statue der Sieben, bis hin zu dem großen Anwesen beinahe mühelos hinter sich bringen, auch wenn die Sonne sie mit warmen Strahlen durch und durch begleitete. Am Weingut angekommen war ein kurzes Gespräch von Nöten um den Rothaarigen davon zu überzeugen ihnen doch für heute Nacht ein Notquartier zur Verfügung zu stellen... doch fand sich Aleyv nun im Schatten der untergehenden Sonne auf der breiten Veranda wieder, die das Gebäude umgab. Den ausdruckslosen, wenngleich nicht weniger nachdenklichen Blick, über die Weinfelder gleiten lassend, hatte sie ihre Beine angezogen und diese fest mit ihren Armen umschlossen. Der Weißhaarige war noch im Gespräch mit ihrem Gastgeber, als er sich dann doch endlich mit einem verhaltenen Seufzen neben die Brünette setzte und ihr ein Glas mit einer rötlichen Flüssigkeit überreichte. Löwenzahnwein, wie er es nannte... Die Grünhaarige beäugte das Getränk minuziös, spekulierend ob es sich eventuell um ein Friedensangebot handeln könnte, dafür das er zuvor so ungehalten war... auch wenn es wahrscheinlich seinen ungezügelten Emotionen geschuldet war. Aleyv warf Ikuya einen tröstlichen Blick zu und setzte ihr bekanntes, sanftes Lächeln auf, welches sich auch in ihrem Blick wiederspiegelte. "Danke...", somit steckte sie ihre Nase ins Glas, roch kurz daran und nippte dann, wenn auch unsicher, an dem süßlich duftenden Getränk. Auch wenn die alkoholische Note durchaus zu schmecken war, legte sich die gezuckerte Komponente noch eher auf ihre Zunge. Hinter ihnen kehrten die Zofen und Kammermädchen des Weingutes die gefallenen Blätter zu Haufen und brachten Ordnung in eine Fasslieferung. Ein herrlich ruhiges Treiben, welches nun auch die Braunhaarige entspannen lies und ihre Zunge lockerte. "Der Nebel den du an meinen Fingern entdeckt hast in Jeans Büro... er ist keineswegs gefährlich... ich konnte es dir nur nicht sagen, da ich bemerkte, was die Intention der Großmeisterin war... seine eigentliche Funktion kann ich dir jedoch gerne erklären...", schuldigen Gefühls schwenkte Aleyv ihr Glas und sah auf die sich kreisende Flüssigkeit hinab. Sie konnte den aufmerksamen Blick des Weißhaarigen auf ihr spüren und erwiderte ihn nur aus ihrem Augenwinkel. "Außerdem...", sie nahm einen kleinen Schluck des Weines, welcher ihr sonderlich gut schmeckte. "... möchte ich dir noch etwas zeigen... aber erst wenn die Nacht hereinbricht... Weißt du, ich vertraue dir Ikuya... Und je mehr ich... Naja... Jemanden dem ich vertraue von mir preisgeben kann, umso leichter wird vielleicht auch die Suche nach den Antworten... Ich hoffe das ist auch in deinem Sinne... ", Aleyv schenkte dem jungen Mann neben sich ein müdes Lächeln und bereute es sogleich zu einem kleinen Teil, ihn mehr und mehr in ihre Situation hineinzuziehen, was ihrer friedlichen Miene einen zerbrechlichen Knacks gab.


      (note: Inhalt des Bildes ist nicht mein Eigentum sondern gehört hoyoverse. Es dient hier nur zur grafischen Veranschaulichung.)

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Ikuya blickte hinunter auf Aleyvs Hände, die er in seiner Verärgerung fest umschlossen hatte. Ein Stich der Reue durchfuhr ihn, als er ihre leicht geröteten Handgelenke sah. Die Brünette tauchte so unerwartet vor ihm auf, ihre Hände auf seine Brust gelegt, um seinen Gang zu bremsen, hob er überrascht die Augenbrauen. "Stopp, Ikuya!" Der scharfe Ton ihrer Stimme ließ ihn zusammenzucken, und er konnte die Überforderung in ihrem Ton nicht überhören. Sein Atem war schwer, seine Gedanken wirbelten wild umher. Doch als er in ihre grünen Augen blickte, in das friedliche Grün, das versuchte, das tobende Blau in seinem Inneren zu besänftigen, fühlte er, wie sich seine Anspannung allmählich löste. Sie forderte ihn auf, tief ein- und auszuatmen, und obwohl es ihm schwerfiel, tat er, wie ihm geheißen. Er fühlte, wie die Luft seine Lungen füllte und dann wieder heraus strömte, spürte die Kühle in seiner Kehle und die Wärme, die sich langsam in ihm ausbreitete. Als er die Augen wieder öffnete, fand er Aleyv immer noch vor ihm, ihr Blick war erleichtert. Ikuya nickte, nahm ihre Worte auf und ließ sie in sich nachhallen. Es war leicht, sich in seiner Wut und Frustration zu verlieren, doch Aleyvs Worte erinnerten ihn daran, wer er war und was er sein wollte. "Du hast recht." stimmte er zu, seine Stimme war ruhig, doch die Entschlossenheit in ihr war zu hören. "Ich danke dir." Sie machten sich wieder auf den Weg, doch dieses Mal war ihr Gang gemäßigter, ihre Schritte synchron. Mondstadt lag vor ihnen, doch Ikuya konnte seine Aufmerksamkeit nicht wirklich von der Frau an seiner Seite abwenden. Während sie durch die Stadt gingen, konnte er nicht umhin, ein neues Gefühl der Verbindung zu Aleyv zu spüren. Es war eine seltsame Mischung aus Vertrautheit und Neuheit, die ihn auf eine Weise berührte, die er nicht in Worte fassen konnte. Kaum das Weingut erreicht, huschte der Pyromane zu dem Gleichgesinnten. Erfreut über die Aufruhr der Stadt war Diluc nicht, war jedoch kein Mann, der sich in andere Leute Angelegenheiten einmischte. Nach etwas Überzeugungsarbeit war die Nächtigung gesichert und das köstliche Rot in einige Gläser geschenkt, mit denen sich der Weißhaarige zu seiner Begleiterin gesellte.

      Er nahm Platz, sein Glas halb mit dem dunklen Löwenzahnwein gefüllt, den sie gerade tranken, während die Sonne langsam am Horizont unterging. Ikuya spürte die angespannte Stille zwischen ihnen, die nur durch das sanfte Summen des Abends und die weichen Worte, die Aleyv sprach, unterbrochen wurde. Ihr Geständnis, ihre Bereitschaft, ihm mehr von sich zu zeigen und die schwere Last, die er spürte, als sie es aussprach, ließen seinen Blick unbewusst auf das leuchtende Rot in seinem Glas fallen. Der Geschmack des Weins, so süß und reichhaltig, war ein seltsamer Kontrast zu den Gedanken, die ihn plagten. "Ich danke dir für dein Vertrauen, Aleyv", begann er schließlich, sein Ton war ruhig, aber schwer. Er fühlte eine merkwürdige Mischung aus Respekt und Beklommenheit, die er nicht kannte. Den Kopf hebend, trafen sich ihre Blicke, ihr ruhiges Grün grüßte sein stürmisches Blau. In ihren Augen sah man eine beeindruckende Stärke, die jeden anderen einschüchtern konnte. Sie war eine Frau, die auf ihrer Reise so viel durchgemacht hatte, und doch war sie bereit, sich ihm anzuvertrauen, einem Mann, der sie kaum kannte und sich nicht sicher war, ob er der Last ihrer Geheimnisse gewachsen war. Doch wenn nicht Aoyama, wer dann? Er hielt einen Moment inne, bevor er einen tiefen Schluck aus seinem Glas nahm. Der Wein brannte in seiner Kehle und ließ eine Welle der Hitze durch seinen Körper strömen. Genau das, was er brauchte - auch wenn er für gewöhnlich nicht zu Spirituosen griff, um seine Sinne zu betäuben. "Ich kann verstehen, warum du über den Nebel geschwiegen hast. Eventuell habe ich überreagiert. Aber ich möchte, dass du weißt, dass ich nur aus Sorge gehandelt habe." Er hob sein Glas und blickte auf die leuchtend rote Flüssigkeit darin. "Verzeih mir. Ich werde in Zukunft mehr Geduld aufbringen." Sein Blick wanderte zurück zu Aleyv, sein Herz schlug schwer in seiner Brust. "Was du mir zeigen willst, ich bin bereit, es zu sehen.” Ein sanftes Lächeln flog in die Richtung der Brünetten, das mehr Vertrauen verriet, als er in Worte fassen konnte. "Auf das, was die Nacht noch bringt." Er hob sein Glas in einer leisen Toastbewegung, bevor er einen weiteren Schluck nahm. Natürlich hatte die Reisende jeden Funken Neugier in seinen Adern geweckt, jedoch würde sich der Weißhaarige nicht nochmal von seinen Emotionen überwältigen lassen - dazu gehörte auch, ihr die Zeit zu lassen, die Aleyv forderte.

      Mit einem tiefen Seufzen lehnte er sich zurück, sein Blick auf die untergehende Sonne gerichtet. Die Stille des Abends umhüllte sie, untermalt durch das leise Summen der Nacht und das sanfte Klirren ihrer Gläser. Ikuya fühlte eine merkwürdige Ruhe in sich, eine Ruhe, die er seit langer Zeit nicht mehr gefühlt hatte. Er wusste, dass die Nacht noch lange nicht vorbei war und dass es noch viel zu entdecken gab. Aber in diesem Moment, mit dem warmen Glühen des Weins in seinem Bauch und der ruhigen Präsenz Aleyvs an seiner Seite, fühlte er sich bereit. Bereit, sich dem Unbekannten zu stellen, bereit, die Geheimnisse zu entdecken, die Aleyv ihm offenbaren würde, und bereit, sich der Herausforderung zu stellen, die vor ihnen lagen. Genau dafür war er geschaffen.
      A heart's a heavy burden.