Codremia - Detective Agency for the supernatural [Codren&Caili]

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    • Codremia - Detective Agency for the supernatural [Codren&Caili]


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      Winston Ainsworth

      Gelangweilt saß der selbsternannte Experte über das Übernatürliche über eines seiner Bücher gebeugt, dass sich über die Herstellung zahlreicher Pulver drehte, die in der Lage sein sollen die verschiedensten Dämonen aus einem Körper zu verjagen oder von einem fern zu halten, doch es war nicht das Buch, dass ihn langweilte, sondern die Tatsache, dass sich seit Wochen kein Kunde blicken ließ, dabei hatte er ordentlich die Werbetrommel gerührt.
      Flyer selbst gestaltet und verteilt, sich auf dem großen Platz in Erzählungen zu Dämonen und Geistern verloren, bis man ihn wegen Ruhestörung verjagt hatte und selbst bei einem bekannten in Scotland Yard, den er einst von einem Dämonen befreit hatte, hatte er sich erkundigt, ob nicht etwas ungewöhnliches passiert war in letzter Zeit, doch Fehlanzeige.
      Keine neuen Fälle, keine neuen Hinweise, denen er hätte nachgehen können und so blieb ihm keine andere Wahl, als auf dem Stuhl nahe des offenen Fensters – sein Vermieter erinnerte ihn immer wieder daran, dass er Lüften musste, ihm selber war das ziemlich egal, samt der Unordnung, die aus Bücher- und Papierstapeln, komisch aussehende Werkzeuge und Geräte, bei denen man nicht einmal erahnen konnte, wofür sie da waren, und den einem oder anderen leeren Teller bestand – seine Bücher zu lesen und zu warten, während er den Blick über die vorbeigehende Menschenmenge schweifen ließ, nach Dämonen unter ihnen Ausschau hielt, schlicht und einfach aus Langeweile, nicht weil sie ihn besonders interessierten.
      Die meisten Dämonen, die hier herum schlenderten, lagen so weit unten in ihrer Hierarchie, dass er keinen Sinn darin sah ihnen hinterherzujagen, wer dumm genug war einen zu beschwören oder sich seinen Körper stehlen zu lassen, hatte es in seinen Augen auch nicht anders verdient, außer natürlich ihm wurde das richtige Geld für einen Exorzismus geboten, aber noch war keiner... Moment.
      Überrascht hob der junge Mann eine Augenbraue, legte seine Brille ab, um sie mit einem sauberen Tuch zu putzen, doch es änderte sich nichts. Diese Energie gehört eindeutig einem Erzdämon.
      Eine Frau in Schwarz, die nach etwas zu suchen schien, ehe ihr die kleine Seitengasse samt dem heruntergekommenen Schild, auf dem Codremiageschrieben war, aufgefallen zu sein schien und ein Lächeln legte sich auf die Züge des jungen Mannes, als ihm bewusst wurde, dass die Frau offensichtlich nach seiner Detektei gesucht hatte.
      Zugegeben, sie war leicht zu übersehen und selbst wenn man danach suchte, fiel sie einem nicht sofort auf, aber die Miete war billig und der Vermieter freundlich genug ihm die ein oder andere Mahlzeit zu überlassen oder auch mal auf die Miete zu warten, als wollte sich Winston eigentlich gar nicht beschweren.
      Viel wichtiger war doch: was wollte eine Erzdämonin von ihm?
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    • Die Straßen von London waren schon bei seiner Gründung die reinste Hölle gewesen. Sprichwörtlich.
      Die Kutsche zuckelte elendig langsam den gepflasterten Weg entlang, ihre Insassin knapp davor ihre Geduld, ihre Nerven oder beides auf einmal zu verlieren. Sie hasste Menschen. O ja, nach fünf Jahrhunderttausenden begann man schon irgendwann mal die Menschen zu hassen. Anfangs wirken sie noch ganz einladend mit ihren fragilen Geistern und dem furchtbaren Selbstzerstörungsdrang, der sich selbst verwaltete, wenn man ihm nur den richtigen Anschub gab, aber irgendwann überschattete die Abneigung vor ihnen alles andere und dann waren sie nur noch lästig, nicht mal mehr für den winzigen Spaß zu gebrauchen, den sie abgaben. Celeste hatte es schließlich am eigenen Leib erfahren.
      Sie starrte angestrengt aus dem Kutschenfenster während sie sich vorstellte, dass sie nach all der Zeit doch vielleicht noch eine Begabung zum Verfluchen entwickeln könnte, denn dann würde sie die ganze Londoner Hauptstraße unter einer Masse schleimspuckender Kröten verschwinden lassen, die von jedem einzelnen Menschen hervorgerufen wurden und sich an ihre Häuter klebten wie Blutegel. Oder sie würde eine Plage heraufbeschwören, vielleicht Pocken? Tollwut? Ja, Tollwut war gut, dann könnte sie beobachten, wie sich London selbst auffraß. Aber dann müsste sie sich auch mit den Konsequenzen beschäftigen und sie wusste, dass es sehr vielen nicht gefallen würde, wenn sie die Hölle auf die Erde brachte. Das war eine der wenigen Regeln, der selbst Xerkazon unterworfen war: Die Hölle blieb die Hölle und die Erde blieb die Erde. Was sollte man auch damit anfangen, wenn man zwei Höllen zur Verfügung hatte?
      Die Kutsche erhörte bald ihre inneren Verwünschungen und bog in eine Seitenstraße ab, die weiter vorne einen Bogen machte und Platz für eine Fußgängerzone machte. Dort musste sie aussteigen. Ein winziger Lichtblick an einem Tag, an dem sonst alles schief gelaufen war.
      Das Gefährt hielt an und Celeste ließ keine weitere Sekunde verstreichen, ehe sie die Tür aufstieß und hinaus auf die Straße trat. So dicht unter Menschen senkte sich ihr Gemüt dann doch wieder etwas - manchmal war es doch ganz schön hier zu sein, wenn einen die vielen Eindrücke erreichten, die von einer Menschenmasse ausgingen. Depressive, überarbeitete Angestellte, alleingelassene, bettelnde Mütter, drogenabhängige Versager; Celeste konnte sie aus der Menge herauspicken wie Beeren von einem Strauch. Im Großen und Ganzen fielen sie nicht auf, aber Celeste, die schon eine beträchtliche Zeit lang ihren Körper einem intelligenteren Wesen zur Verfügung stellte - gutes, braves Mädchen; hatte sich noch nicht einmal gewehrt, solche Menschen waren Xerkazon am liebsten - hatte schon einen siebten Sinn für außergewöhnliches entwickelt. Sie konnte es filtern, als hätte sie extra Augen dafür.
      Mit einem irritierten Schnauben blickte sie auf den Flyer hinab, den sie sich vom Marktplatz geschnappt hatte und dem sie keine weitere Beachtung geschenkt hätte, wenn es das erste Mal gewesen wäre, dass sie von diesem Laden gehört hätte. Aber es war nicht das erste Mal gewesen. Was für eine Scheiße. Was für eine gequirllte, überflüssige, stumpfe Scheiße. Was tat sie hier eigentlich? Hatte sie etwa den Verstand verloren? Wäre nicht das erste Mal.
      Die Suche kostete sie eine ganze weitere halbe Stunde, in der sie mehrere Male im Kreis lief, weil sie zwar zwei Schneider, einen Barbier und eine Kneipe fand, aber kein Reihenhaus mit dem Eingang in einer Seitenstraße und einem halbgroßen Schild mit der Aufschrift "Codremia". Wieso konnte man seinen Laden auch nicht an der Hauptstraße eröffnen? Der Teufel persönlich sollte den holen, der so eine Idee gehabt hatte. Wobei, vielleicht sollte er ihn sich erst holen, wenn Celeste bei ihm gewesen war. Nur um sicherzugehen.

      Nach zu langer Zeit fand sie endlich die Sackgasse, die so wirkte, als gäbe es hier nur Seiteneingänge, wo sie aber endlich das Schild entdeckte. Es sah nicht anders aus als der ganze Müll, der dort in den Gassen herumlag. Vielleicht war das doch keine sehr ertragreiche Idee? Aber was sonst tun, etwa eine andere Hexe aufsuchen? Oder noch viel schlimmer, einen Dämon der sich auf Flüche spezialisierte? Das hörte sich an wie der Beginn eines sehr schlechten, sehr traurigen Witzes, dessen Pointe noch schlimmer werden würde als der Anfang.
      Deutlich entschiedener marschierte sie auf den Eingang zu, der sich neben eine kleine Glasfront quetschte. Das Innere war dämmrig erhellt und bot nichts außer die schemenhaften Umrisse von Bücherstapeln, also hielt sich Celeste auch nicht lange damit auf und riss die Tür auf. Der Tag, an dem sie sich mit so etwas wie Höflichkeit aufgehalten hätte, würde der Tag sein, an dem sie zurück in die Hölle einkehrte.

      Das erste, was ihr auffiel, war die unglaubliche Staubwolke, die ihr beim Öffnen der Tür entgegen kam wie ein garstiger, hinterhältiger Angriff, der ihr die Luft zu stehlen versuchte. Sie pustete den aufgewirbelten Staub beiseite, dem sogleich der sehr eindrückliche, sehr ätzende Geruch von modrigen Büchern, alten Seiten und noch mehr Staub folgte. Das war auch eine Hölle, erkannte sie gleich, als ihr erster Blick auf einen besonders dicken Einband fiel, dessen Runen auf dem Titel schon nichts gutes verhießen. Aber das war eine Hölle für sie persönlich und sie marschierte geradewegs ins Kernfeuer.
      Der Gebieter dieser Art von Unterwelt entpuppte sich als junger, schlanker Mann, der hinter einem eichernen Schreibtisch saß und sie hinter großzügigen Brillengläsern hervor anstarrte. Was Celeste schon von außen als Bücherstapel erkannt hatte, entpuppte sich als ware Türme von Büchern und Unterlagen, die sich nicht nur auf dem Schreibtisch, sondern auch in den Regalen, an den Wänden, am Boden und auf den Stühlen tummelten wie ein sehr hartnäckiger Virus. Die Staubwolke von vorhin kam, wie Celeste jetzt erkannte, von der Tatsache, dass sich diese spezielle Tür schon eine Weile lang nicht mehr geöffnet hatte. Vielleicht Tage, vielleicht sogar Wochen? Monate? So wie dieser Mann aussah, der sich dort aus den tiefsten Abgründen seiner Unterlagen erhob wie Satan aus den Flammen des Fegefeuers, war das durchaus eine mögliche Antwort.
      Celeste kam in langen Schritten auf ihn zu, die vielleicht woanders noch den gewünschten, autoritären Effekt gehabt hätten, in dieser Kammer allerdings unbeholfen wirkten, da sie bei jedem zweiten Schritt ihren Weg ändern musste, um sich zwischen den Büchern hindurch zu navigieren, nur um zum Schluss bei einem Stuhl anzukommen, der auch von Büchern belegt wurde. Ihre Miene änderte sich schlagartig von irritiert zu regelrecht zornig. Das war kein guter Tag, um die Schmerzesgrenze ihres Geduldfadens auszutesten.
      "Ainsworth? Winston?"
      Sie puhlte den Flyer wieder heraus, der mittlerweile ordentlich zerknittert war und dem eine Ecke fehlte und warf ihm den Mann auf den Tisch.
      "Ich brauche Beratung. Oder vielleicht fachspezifische Unterweisung? Wie auch immer du es nennen willst."
      Sie gestikulierte mit einer schroffen Geste zu den Büchern auf dem Stuhl.
      "Entweder, du wirst deine Rezepte auf dem Boden aufbewahren, oder ich werde sie höchstpersönlich an einen Ort verfrachten, an dem du sie erst nach deinem Tod wiedersehen kannst. Also?"
      Sie war gereizt, und wie sie das war. Erst der Vorfall in der Nacht, dann musste sie sich auch noch Hilfe bei einem Menschen suchen. Wenn dieser Winston auch nur eine falsche Bewegung machen würde, würde sie explodieren, dessen war sie sich fast sicher.
    • Winston Ainsworth

      Das Lächeln des Fanatikers wurde nur noch breiter, als sich seine Vermutung bestätigte und die Frau über seine Schwelle trat, verwunderlich, wenn man bedachte, dass er normalerweise angestellt wurde Dämonen aus ihren Körpern zu vertreiben oder ihnen auf andere Art und Weise das Handwerk zu legen, aber umso interessanter und voller Neugierde ließ er die Fremde keine Sekunde lang aus den Augen, die Ellenbogen auf seinen Schreibtisch gestützt, das Kinn an seinen verschränkten Händen, so dass das Lächeln kaum zu sehen war, die aufmerksamen Augen aber umso mehr aus seinen Gesichtszügen hervor leuchteten.
      Sie bewegte sich wie jemand, der es bereits gewohnt war einen Körper zu besitzen, kurz überlegte Winston auch, ob die Fremde nicht einfach das Glück gehabt hatte, einen wachen Moment zu erwischen und nun hier war, um sich von dem Parasiten befreien zu lassen, aber sie sprachen hier von einem Erzdämon, einem Erzdämon! Der Geist dieser Frau müsste schon unglaublich mächtig sein, um sich gegen einen solchen Dämonen zu behaupten, weshalb er diesen Gedanken so schnell verwarf, wie er wieder gekommen war.
      „Beratung? Womit kann ich ihnen denn helfen? Haben sie das Leben auf der Erde satt und wollen wieder zurück? Moment, dafür sollte ich hier etwas haben...“, begann der Detektiv, wie er sich hin und wieder schimpfte, auch wenn es nicht seine eigentliche Expertise war, in den Schubladen seines Schreibtisches herum zu wühlen, als ihm eine Drohung entgegen gebracht wurde, von der er sich jedoch nicht besonders zu stören schien.
      „Einfach die Bücher auf den Boden legen, sanft bitte, manche von denen sind ein Vermögen wert, oder zumindest hab ich eines ausgegeben, hab noch nicht alle von ihnen gelesen... ah, da ist es ja!“, machte Winston seinem Gegenüber deutlich, ehe er letztendlich ein Glasfläschchen mit einem weißen Pulver hervorholte, das für das ungeübte Auge genauso gut einfach Salz sein konnte, und stellte es zwischen den Beiden auf den Tisch.
      „Einfach schlucken, dann sollten sie von diesem Körper befreit sein.“, lächelte der Fanatiker breit, darauf wartend was wirklich passieren würde, wenn die Frau das Pulver zu sich nahm, denn ganz ehrlich? Normalerweise hatte er nicht das Glück, dass ein Dämon freiwillig etwas zu sich nahm, dass ihn wieder in die Hölle verfrachtete und wenn er schon die Gelegenheit dazu hatte, das ein oder andere Experiment durch zu führen, würde er sich das ganz sicher nicht nehmen lassen.
      Dass er sich selber nicht zu hundertprozent sicher war, dass das wirken würde, musste sie ja nicht wissen. War dieser Dämon überhaupt eine sie? Besaßen Dämonen das selbe Verständnis von Geschlecht wie sie Menschen? Er hatte schon öfter darüber nachgedacht und die ein oder andere Theorie aufgestellt, aber bisher hatte kein Dämon ihm seine Fragen beantworten wollen. Und sie wirkte auch nicht gerade, als wäre sie für eine Unterhaltung hier.
      „Ah! Was die Bezahlung angeht...“, erinnerte sich Winston daran, dass er Geld verlangen sollte.
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    • Eines musste man dem Mann lassen: Er hatte ein Gespür dafür, wenn ein Dämon vor ihm stand. Ob es jetzt daran lag, dass ihn die jahrelange Erfahrung geschult hatte - was Celeste bei seinem jungen Alter eher für ausgeschlossen hielt - oder er schlichtweg einen siebten Sinn dafür hatte, in jedem Fall schien er wohl die Lage gleich einzuschätzen. Gut für ihn, sie glaubte nicht, dass sie mit ihrem jetzigen Gemüt sich tatsächlich noch weiter davon abhalten konnte, gleich das ganze Viertel zu verdammen.
      Das änderte nichts daran, dass er sich lieber davor hüten sollte, ihr mit dummen Sprüchen zu kommen.
      Sie beförderte die Bücher mit einem Handfegen zu Boden, wo sie mit einem dumpfen Knall landeten und sich über die wenige freie Fläche verteilten. Eine weitere Staubwolke trat auf, aber diesmal von dem alten Stuhl, als Celeste sich darauf warf. Und wenn es der Teufel persönlich gewesen wäre, sie legte in etwa so viel Wert auf Bücher wie auf das Nierenleiden einer alten Frau.
      Jetzt endlich an ihrem Ziel angekommen und einigermaßen befreit von dem Trubel, durch den sie sich die letzten Stunden geschlagen hatte, lehnte sie sich auf der dürftigen Sitzgelegenheit zurück, überkreuzte mit einem Schwung die Beine und legte einen Arm über die Rückenlehne. Das fühlte sich schon besser an. Ihre Stimmung war an diesem Tag wie kochendes Wasser, jede Sekunde davor überzulaufen, wenn man nur einmal nicht aufpasste. Aber jetzt gerade hatte sie die Flamme ein wenig niedriger gestellt.
      Sie beobachtete mit zusammengekniffenen Augen, wie der Mann triumphierend ein Fläschchen zu Tage brachte, in dem ein höchst verdächtiges Pulver stand. Seine Fröhlichkeit dabei sorgte schon fast wieder dafür, dass das Wasser wieder zu steigen begann.
      Wortlos beugte sie sich nach vorne, inspizierte das Fläschchen für einen kurzen Moment, suchte dann den Blick des Mannes und schnippte mit ihren Fingern dagegen, ohne den Augenkontakt zu brechen. Das Gefäß fiel um und rollte ein Stück, wurde aber unmittelbar von dem nächsten Buch daran abgehalten, auf den Boden zu fallen. Ein Jammer.
      "Ha-ha. Wie überaus originell. Für wie alt hältst du mich, zwei? Du beleidigst mich, Bursche."
      Sie lehnte sich wieder in ihre ursprüngliche Position zurück, die ihr um einiges mehr behagte. So konnte sie ein wenig auf ihn herabsehen, wenn sie das Kinn anhob. Das gefiel ihr deutlich besser als die vorherige Empfindung, von einem Menschen abhängig zu sein.
      "Aber nein, wenn du mich verbannen willst, musst du es auf die altmodische Art tun. Allerdings ist das schon wieder mein 130. Jahr in Folge in deiner Welt, es würde mich also überraschen, wenn gerade du derjenige wärst, der diesen Lauf unterbricht."
      In ihren Augen glimmte es sanft auf, sie konnte es sich einfach nicht verkneifen, ein bisschen herumzuspielen, selbst jetzt nicht, wenn ihr ihre Probleme so dicht im Nacken saßen wie sonst noch nie. Ein teuflisches Grinsen schlich sich über ihr Gesicht und war dann auch genauso schnell wieder verschwunden.
      "Aber das wirst du nicht tun, denn wie auf deinem tollen Flyer schon so schön beschrieben ist, nimmst du jeden Fall an. Jeden. Besonders diejenigen von zahlungsfähigen Kunden, oder etwa nicht?"
      Wie zur Unterstreichung ihrer Worte ließ sie einen kurzen Blick durch den Raum wandern, der deutlich zu klein für die Anzahl an Büchern war, die hier stationiert waren. Entweder der Mann hatte keine Ahnung von Finanzen, oder er hatte sehr wohl eine Ahnung von Finanzen. In jedem Fall war der Raum zu klein dafür.
      Als sie wieder zu ihm zurück sah, hatte er seinen Blick noch für keine Sekunde von ihr abgewandt. Das ist die Vorsicht von jemandem, der genau weiß, mit wem er es hier zu tun hat, schoss es ihr durch den Kopf. Die Frage war nur, ob das zu ihrem Vorteil oder Nachteil sein würde.
      "Was ist es, das du für deine Beratung haben willst? Geld? Gold? Artefakte? ... Drei Wünsche? Leg deine Seele obendrauf und ich gewähre dir zehn Wünsche, wie wäre das, Schätzchen?"
      Das Grinsen war wieder da und verzerrte Celestes Gesichtszüge in einer Art und Weise, wie sie deutlich erkennbar nicht oft verzogen wurden. Die Falten, die sich dabei bildeten, waren ungewohnt auf der sonst straffen Haut und sahen auch nicht so aus, als wären sie für so eine Bewegung geschaffen worden. Das Glitzern in ihren Augen nahm wieder zu, die Aussicht auf einen Vertrag konnte selbst den mächtigsten Dämon in eine gewisse Vorfreude versetzen.
      Aber dann zwang sie sich selbst dazu, wieder an ihr ursprüngliches Problem zu denken.
      "Ich brauche Hilfe bei einem Fluch - oder gleich mehreren. Wenn ich es richtig mitgekriegt habe, sind es drei, aber es könnten auch mehr sein. Und ich habe meine... Gründe, den Verursacher dafür nicht in Stücke zu zerreißen und seine Gliedmaßen im Fegefeuer zu verteilen. Das ist eine schwierige Sache."
      Sie hob skeptisch eine Augenbraue.
      "Du kennst dich doch mit Flüchen aus, nicht wahr? Du, mit deinem jungen Alter? Wie alt bist du, 15, 20? Ganz schön mutig, dieses ganze Unterfangen, für einen Frischling wie du."

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    • „Ah... ich hab doch vorsichtig gesagt.“, seufzte der Detektiv, als die wertvollen – oder vielleicht nicht ganz so wertvollen, es führt nicht gerade Buch über seine Bücherstapel – Bücher und Dokumente einen neuen Platz auf dem Boden fanden, wo sie wer weiß wie lange liegen bleiben würden, bis Winston beschloss einmal aufzuräumen, wofür er schlicht und einfach keine Zeit hatte. Es gab viel zu viele Bücher zu lesen, viel zu viele Dämonen zu studieren und zu verfolgen, und die Fälle würden auch schon bald wieder kommen, da war er sich sicher! Kurzum: für sowas unwichtiges hatte er keine Zeit. Aber vielleicht hätte er damit rechnen sollen, dass Gemüt eines Dämons kein... nun, ruhige sein würde.
      Machte ihm das Angst? Nicht im Geringsten. Man konnte es als Leichtsinn oder Übermut bezeichnen, oder vielleicht hatte er einfach nur genug Asse im Ärmel, um sich nicht vor einem Erzdämon fürchten zu müssen. Einem Prinzen oder gar Satan höchst persönlich? Sicherlich, aber soweit er wusste, war es ihnen nicht möglich auch nur einen Schritt auf die Erde zu setzen, wirklich schade, vielleicht wären sie ja zum reden bereit gewesen, die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt, nicht wahr?
      „Zwei? Nein, nicht doch.“, legte Winston dagegen verwirrt den Kopf schief, hatte er es etwa falsch verstanden? War sie nicht dafür hier? „Vielleicht... sprechen wir hier vom körperlichen Alter?“, wollte er auf keinen Fall irgendjemanden beleidigen, auch wenn seine Art nicht selten dafür sorgte, dass er seine Gegenüber ohne seines Wissens provozierte.
      „Ist das eine Herausforderung?“, lächelte Winston, der die Ablenkung in seiner Langeweile durchaus gebrauchen könnte, aber wie es schien, war das auch nicht der Grund für ihren Besuch und langsam begann er vor Ungeduld mit dem Fuß zu klopfen, wollte er endlich wissen, wieso ausgerechnet ein Dämon ihn besuchen würde, doch dass es hier um Flüche ging, damit hätte er nie im Leben gerechnet und konnte nicht anders, als in Gelächter auszubrechen.
      „Du... ihr... verfluchen sich Dämonen nun gegenseitig? Ich wusste nicht mal, dass das Möglich ist! Ein Dämon der von einem Menschen Hilfe bei einem Fluch braucht... wow... damit hätte ich jetzt nicht gerechnet, aber gefällt mir. Wie äußert sich der Fluch? Gibt es ein Fluchmal? Darf ich es sehen? Wie fühlt es sich für Dämonen an? Ist nur dein menschlicher Körper beeinträchtigt, oder greift es auch deinen Geist direkt an? Und ich nehmen Geld, in bar natürlich, und das Angebot ist wirklich zu freundlich, aber ich brauche meine Seele noch, danke.“, erhob sich Winston mit einem Mal, voller Enthusiasmus, offensichtlich in seinem Element und stütze sich mit den Händen am Tisch ab, sich nach vorne beugend mit den Augen bereits nach Spuren eines Fluchmals suchend.
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    • Es hatte bereits anfangs nicht viel gebraucht, um das Fass zum Überlaufen zu bringen - jetzt lief es nicht über, es explodierte regelrecht.
      Der Mann hatte seinen Satz kaum beendet, da schoss Celeste schon nach vorne, warf ihren Oberkörper geradezu halsbrecherisch auf den Tisch, was einem Menschen sicherlich wehgetan hätte, sie aber nur noch mehr in Rage versetzte, und bekam den Hals des Menschen zu fassen. Ihre Finger gruben sich in sein Fleisch, als sie ihn mit einem Ruck zu sich zog. Zu ihrer geringen Befriedigung, unterbrach der Druck sein hässliches Gelächter.
      Es war eine Sache gewesen, dass der Mann ihr Wesen gleich erkannt hatte - ganz anscheinend hatte er Erfahrung, oder er war schlichtweg zu dumm, nicht schon vor ihr im Staub zu knien und um Gnade zu betteln. Mit einem solchen Beruf konnte sie sich allerdings vorstellen, dass erstes zutreffender war, besonders wenn man bei der Anzahl an Büchern davon ausging, dass er schon ein paar Fälle gelöst hatte. Erolgreich, wohlgemerkt, da er sonst vermutlich nicht mehr hier sein würde.
      Es war eine ganz andere Sache, sich von demselben Menschen auslachen zu lassen.
      "Ich glaube, wir haben uns unter der falschen Prämisse kennengelernt", knurrte sie ärgerlich. Sie verzichtete nur deshalb darauf, ihn gleich anzuschreien, weil sie fürchtete, dann nur noch mehr die Kontrolle zu verlieren, als sie ohnehin schon tat.
      "Ich bin hier, um deine Dienste in Anspruch zu nehmen - alternativ kann ich auch die Tore zur Hölle in deinen eigenen vier Wänden öffnen und dann wirst du dir für den Rest der Ewigkeit ein paar Höllenhunde als Haustiere halten können."
      Sie verstärkte den Griff an seiner Kehle, wollte sehen, dass er Angst bekam, dass er reumütig wurde, dass der animalische Instinkt in ihm durchschlug. Nichts anderes hätte sie in diesem Moment besänftigen können und mit nichts anderem wollte sie sich umstimmen lassen. Sie hatte den überaus mächtigen Drang, diesen Menschen leiden zu sehen.
      Nur allzu schade, dass sie ihn wirklich brauchte.
      "Habe ich mich da klar ausgedrückt, du widerliches Stück Ungeziefer?"
      Sie stieß ihn zurück auf seinen Platz und richtete sich auch wieder auf. Weitere Bücher fielen bei ihrer Auseinandersetzung zu Boden, darunter das Fläschchen mit dem Pulver. Jetzt doch ein wenig misstrauisch darüber, was wohl passieren würde, wenn sie es nicht schlucken, sondern einatmen würde, vergewisserte Celeste sich, dass das Glas nicht gesprungen war und der Korken noch fest saß, ehe sie langsam wieder ihre Ausgangsposition einnahm. Sie konnte ihr Blut förmlich kochen spüren. Wenn sie sich nicht in eine solche Zwangslage manövriert hätte, hätte sie sich kaum für einen einzelnen Menschen so sehr zusammengerissen.
      Nach einem äußerst tiefen Atemzug fühlte sie sich auch einigermaßen wieder unter Kontrolle.
      "Um also auf das Problem zurückzukommen..."
      Sie schenkte dem Mann einen warnenden Zwischenblick.
      "Ich kann nicht darüber reden. Nicht darüber was passiert ist, wer den Fluch ausgesprochen hat, wo es passiert ist, weshalb es passiert ist. Garnichts. Was die Lage ziemlich unsauber macht, nachdem ich mir vorstellen kann, dass solche Sachen für die Aufhebung ziemlich relevant sein müssten. Es war aber kein Dämon, sondern eine Haaaa..."
      Sie runzelte die Stirn.
      "Sondern eine Haaaa....."
      Das Wort blieb ihr nicht nur im Hals stecken, es war schlichtweg für ihre Zunge nicht verfügbar. Sie konnte nur daran denken es auszusprechen, ihr Kiefer bewegte sich nicht.
      Von einem erneuten Wutanfall gepackt sprang sie auf, warf den Stuhl in ihrem Aufbegehren nieder und brachte einen der nahen Büchertürme zum einstürzen.
      "Bei Satans Eiern, diese Ausgeburt der Hölle! Dieses Miststück! Im Fegefeuer soll sie schmoren bis in alle Ewigkeit! Die Haut werde ich ihr wegätzen, jeden einzelnen Zentimeter!"
      Sie trat nach dem nächsten Bücherturm, aber der Ausbruch war nicht annähernd befriedigend genug, um ihre Stimmung abzukühlen. Auf der Haut ihrer Hände bildete sich der dunkel wabernde Schleier eines Zaubers, während sie scheinlichst die Luft vor sich taxierte. Vor ihrem inneren Auge sah sie aber das hässliche, grinsende Gesicht der Hure, die ihr sowas angetan hatte, ohne die Möglichkeit, dieses Gesicht in irgendeiner Weise mit ihrer Umgebung zu teilen.
      "Ich werde sie den Hunden verfüttern, jede Gliedmaße einzeln!"
      Die Luft um sie herum begann bereits zu flirren. Die restlichen Fragen zu ihrem Fluch waren schon wieder vergessen, selbst der Mann war schon fast aus ihrem Gedächtnis entschwunden. Das einzig wirklich Präsente in ihrem Inneren war der Hass.
    • Yup, es war eindeutig ein Fehler gewesen über diese reizbare Dämonen Dame zu lachen, aber er konnte nicht anders, wie auch? Instinktiv packte er die Hand, die ihm die Luft zum Atmen abschnürte, doch hatte er als Mensch nichts gegen die körperliche Überlegenheit eines Dämons entgegen zu setzen und das Lächeln auf seinen Zügen wurde zunehmend nervöser, ehe eine seiner Hände in seiner Hosentasche verstand, darüber grübelnd ob Worte wirklich reichen würden, nicht hier und jetzt zu sterben, denn das wollte er ganz sicher nicht.
      „.. sorry?“, brachte er gequält über seine Lippen, während seine Augen bei der Vorstellung Höllenhunde als Haustiere halten zu können, sogar begeistert zu leuchten begannen. War das möglich? Wie viel Pflege brauchten diese Tiere? Konnte man sie überhaupt als Tiere bezeichnen, oder war Monster die passendere Terminologie?
      Er hatte wohl wirklich Glück, dass sie ihn brauchte.
      Hustend schnappte der junge Mann nach Luft und betastete seinen Hals, ahh~ das würde einen unschönen Abdruck geben. Ob er seinen Schal enger schlingen sollte, um keine dummen Fragen beantworten zu müssen?
      „Das Problem... genau, das Problem.“, nickte er, gespannt darauf mehr über diesen Fluch zu hören, was er jedoch nicht erwartet hätte, wäre, dass sie gar nicht erst in der Lage sein würde ihm mehr darüber zu verraten. Erst glaubte er, sie wollte schlicht und einfach nicht, um jetzt den Dämon, der Schuld an der ganzen Sache war, zu schützen oder etwas anderes, konnte er nicht sagen, doch als sie nicht in der Lage war die Bezeichnung des Übeltäter zu nennen und sich enorm darüber aufzuregen begann, nahm er eher an, dass es Teil des Fluches sein musste, oder ein weiterer Fluch ihr das Reden darüber verbot, hatte sie nicht davon geredet dass es womöglich mehr als nur ein Fluch sein könnte?
      Eine.... Haaa?
      „Ich würde sie bitten Ruhe zu bewahren, und vor allem nicht mein Mobiliar zu zerstören, das Zeug ist nicht gerade billig und die Bücher nicht einfach aufzutreiben.“, seufzte der Fanatiker ein weiteres Mal, sah sich dieses Mal jedoch gezwungen, etwas gegen den Wutausbruch des Dämonen zu tun, konnte er den aufkeimenden Zauber doch geradezu schon in der Luft spüren und hob kurz die Hand, um mit einer einfachen Bewegung einen eigenen Zauber auszusprechen, der dafür Sorgte, das zahlreiche, scheinbar wahllose an Wänden, Regalen, dem Boden, selbst dem Tisch angebrachten Zeichen zum leuchten brachte, die jeglichem dämonischen Wesen die Bewegungsfreiheit raubte und Zauber annullierte.
      So gerne er einen Dämonen auch in freier Wildbahn beobachtete, er wollte sein Büro nicht verlieren und auch wenn er nie daran gedacht hatte einem Dämonen den Eintritt zu verbieten, die ein oder anderen Sicherheitsmaßnahmen hatte selbst Winston auf Lager.
      „Also... wieso lassen wir nicht erstmal die Gewalt und kümmern uns um das Problem? Hmmm... dass sie mir nichts darüber sagen können, ist wirklich unpraktisch. Es war jedoch kein Dämon... fängt die Bezeichnung des Wesens mit einem H an? Oder sind sie nicht einmal in der Lage den ersten Buchstaben auszusprechen? Sind sie in der Lage ja oder nein Fragen diesbezüglich zu beantworten, oder wenigstens zu nicken oder den Kopf zu schütteln? Oder ist das ebenfalls nicht möglich? Kommt das Wesen aus der Hölle oder war es nur eine Beschimpfung sie Ausgeburt der Hölle zu nennen? Gibt es ein Fluchmal, oder etwas anderes als äußeres Zeichen für den Fluch?“, versuchte Winston wirklich sein bestes eine Lösung zu finden, erhob sich letztendlich um in seinen Büchern zu Blättern, vielleicht fand er irgendwo dort eine Antwort.
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    • Celeste hatte gerade genug Zeit, ein wenig Energie für den Zauber zu kanalisieren, als jäh die Verbindung gekapselt wurde, abgehackt wie von einer dicken Eisentür verriegelt. Die Zeichen der dämonischen Magie an ihren Händen verschwanden.
      Ahh, sie hätte es wissen müssen, sie hätte es ahnen können, dass jemand, der sich mit dem Unterirdischen beschäftigte, nicht unvorbereitet war - selbst, wenn es sich bei diesem Jemand um einen solchen Buchfanatiker handelte wie dieser Winston Ainsworth. Celeste hatte tatsächlich den amateurhaften Fehler begannen, ihn wegen seines Alters zu unterschätzen. Ein zweites Mal sollte sie ein solcher Ausrutscher nicht noch einmal ins Grab bringen.
      Sie drehte den Kopf in seine Richtung, teilweise gefangen durch den Bann des Raumes, teilweise aber auch noch gefangen durch ihre brodelnde Wut. Sie ließ sich nicht leicht besänftigen. Wenn man einen Rang hatte wie sie, kratzte es schon stark an der Würde, von einem Wesen untermauert zu werden, das nicht einmal die Hierarchie eingestuft werden konnte.
      Es musste aber dem Mann zugeschrieben werden, dass er selbst in dieser Frontlage bei ihrem Ausbruch kaum mit der Wimper zuckte. Er behielt sogar eine recht gleichgültige Miene bei, während er sie mit ruhigen Fakten zurück auf die Situation brachte. Der Fluch, ja richtig. Sie würde ihre Rache schon noch bekommen, dafür würde sie sorgen. Sie würde sämtliche Facetten der Unterwelt aufbringen, um das Weib bis aufs Knochenmark zu foltern.
      Aber erst der Fluch.
      "Okay. Ja, okay. Konzentrieren wir uns, nicht?"
      Die Runen verblassten und missmutig stapfte sie zurück zu ihrem Stuhl, den sie sogar noch selbst wieder aufheben musste, bevor sie sich zum dritten Mal darauf setzte. Unter ihrer Haut kochte es immer noch, aber sie hatte die Kontrolle darüber. Oder sie würde sie zumindest zurückerlangen.
      "Sie fängt mit einem H an, ja das geht. Und sie ist ein... ein..."
      Diesmal blieb ihr Mund schlichtweg geschlossen und obwohl Celeste schon fast damit gerechnet hatte, stimmte es sie doch wieder ärgerlich. Es erforderte ihre sämtliche Willenskraft ruhig genug zu bleiben, um weitersprechen zu können.
      "Ich glaube, ja und nein Fragen könnten klappen. Vielleicht auch nicht, aber das werden wir herausfinden."
      Schließlich musste sie sogar selbst lachen, hoch und schrill.
      "HAH! Nein, sie kommt nicht aus der Hölle. Wenn sie das täte, wüsste ich genau, wie ich sie erreichen kann, ohne sie anfassen zu müssen. Dann würde ich mich dort rächen, wo es wirklich wehtut."
      Von dem Lachen blieb ein Grinsen übrig, dann setzte sie sich auf und begann, ihren linken Ärmel hochzukrempeln.
      "Ich habe ein verdammtes Mal bekommen, und wie ich das habe. Sie's dir selbst an."
      Es dauerte einen Moment, dann hatte sie den Stoff so weit hochgezogen, dass an ihrem Oberarm ein Bild wie eine Tätowierung auftauchte.



      Sie war recht sauber, so sauber wie sie als Mal sein konnte und erstreckte sich lediglich als handgroße Darstellung auf ihrem Oberarm.
      "Das ist mein", sie unterbrach sich um kurz zu husten und räusperte sich dann. "Ich wollte sagen, dass das mein -"
      Diesmal unterbrach sie sich richtig, als ihr Magen plötzlich zu rumoren begann. Binnen eines Herzschlags spürte sie eine gewisse Fülle in sich, als hätte sie unverdautes Essen drin. Das Gefühl breitete sich so schnell auf ihren Hals aus, dass sie kaum die Gelegenheit dazu hatte, noch einmal ihre kratzige Kehle wegzuhusten, als sie zu würgen begann. Von einem gewissen Krampf begleitet, der ihr die Eingeweide zu zerquetschen drohte, beugte sie sich nach vorne und würgte noch einmal, die eine Hand auf dem Tisch aufgestützt. Sie konnte es fühlen, wie es ihren Hals herauf wanderte und für einen grausigen Moment dachte sie, dass das so ziemlich das schlimmste war, was sie jemals am eigenen Leib hätte erfahren können.
      Als die Erlösung schließlich kam und sie sich erbrach, kam kein unverdautes Essen hoch und nichtmal Speichel. Was allerdings aus ihrem Mund fiel, war eine handgroße Vogelspinne, die aus ihrem Rachen kullerte, auf den Boden fiel, in ihrer Panik mit den haarigen Beinen nach Halt suchend zappelte und in allzu großer Hast weg von den Menschen und zwischen die Bücher krabbelte.
      Celeste würgte noch einmal, dann war der Zauber soweit vorbei, dass sie sich zurücklehnen und über die winzigen Haare in ihrem Mund bewusst wurde.
      So eine verfluchte Scheiße. Sprichwörtlich.
      "Also... ahh... darüber kann ich also auch nicht reden. Bäh. Vergessen wir das wieder."
    • „Genau, konzentrieren wir uns.“, lächelte Winston breit, ein Lächeln, das gar als weitere Beleidigung aufgefasst werden könnte, als würde er mit einem aufbrausenden Kind sprechen, dass sich schnell in ihrer Rasche verlor und davon ablenken ließ. Es war schwer mit einer solchen Person zu arbeiten, aber er gab sich wirklich die größte Mühe damit. Warum? Hauptsächlich würde er es auf seine Langeweile schieben. Vielleicht spielte das Geld auch eine Rolle... okay, es spielte eine große Rolle. Sein Lebensstil war nicht gerade billig und er konnte nicht gerade gut mit Geld umgehen. Aber abgesehen davon... wann hatte man jemals die Chance mit einer Erzdämonin zusammenzu arbeiten? Er versprach sich eine Menge davon. Ein Wesen, dass sich einer Erzdämonin nicht nur entgegen stellen konnte, sondern sie auch noch verfluchen konnte... seine Neugierde war mehr als nur geweckt.
      Während Celeste ein weiteres Mal versuchte den Namen des Wesens auszusprechen und seine Fragen beantwortete, blätterte er in einem Buch nach dem anderen, während er nebenbei zuhörte und versuchte die wenigen Schnipsel, die ihm zur Verfügung gestellt wurden, irgendwie zusammen zu basteln, als tatsächlich die Rede von einem Mal war, Winston mit leuchtenden Augen seine Aufmerksamkeit wieder der Schwarzhaarigen zuwandte, mit einer Hand das Buch in seiner schloss und es fast schon liebevoll wieder in das Regal stellte, bevor er wieder zum Schreibtisch ging, um sich das Fluchmal genauer ansehen zu können, es gar zu berühren, als könnte er dadurch mehr herausfinden.
      „So ein detailliertes sieht man nicht oft... sicher, dass es kein Dämon war, der sie verflucht hat?“, gab Winston von sich, bevor er über seine Aussage überhaupt nachdenken konnte und hob verwundert die Augenbraue. Er erkannte dieses Symbol fast schon zu schnell und einfach. Xerkazon, Rezroth, Algadon, drei mächtige Erzdämonen der Hölle. Namen, die während seiner Studien mehrmals aufgekommen waren und dieses Symbol stand eindeutig mit ihnen in Verbindung und doch behauptet sein Gegenüber, der Fluch stammte nicht von einem Dämon. Andererseits sollte das ein Dämon eigentlich besser wissen, oder nicht?
      …mein... ?
      „Mir fällt auf, ich habe sie noch gar nicht nach ihrem Namen gefragt...“, wollte er diese Kleinigkeit, dieses Detail nachholen, vergaß er doch oft den Namen seines Gegenübers in Erfahrung zu bringen, obwohl Namen in seiner Expertise eine besondere Rolle spielten und er es eigentlich hätte besser wissen müssen, als er zu realisieren begann, dass es der Dämonin schlecht zu gehen schien, was ihn nur noch mehr verwunderte. Dämonen wurden nicht krank. Auf keine Art und Weise. Zumindest nicht so, wie die Menschen es taten.
      Winston beobachtete, wie sie eine Spinne ausspuckte und war von diesem Anblick so fasziniert, war er so unwirklich, dass er fast nicht auf den Gedanken gekommen wäre, das Tier aufzusammeln.
      Schnell griff er nach einem leeren Glas, das er irgendwo in einem Regal fand. Es war zwar nicht besonders sauber, aber für eine Spinne sollte es reichen.
      Doch nun begann die Herausforderung erst: wohin war das Vieh verschwunden?
      „Wie ich gerade sagen wollte. Ich habe sie noch gar nicht nach ihrem Namen gefragt, aber sie kennen meinen. Mit welchem mächtigen Wesen aus der Unterwelt habe ich es hier zu tun?“, erkundigte er sich, Bücher und Utensilien zur Seite schiebend, um nach dem haarigen kleinen Ding zu suchen, das durchaus einen Hinweis auf den Fluch beinhalten könnte.
      „Was die ja und nein Fragen angeht. Haben wir es hier mit einem Engel zu tun? Obwohl ich mich nicht daran erinnern kann, dass sie in der Lage sein sollen andere zu fluchen... aber ich muss zugeben, einem Engel bin ich bisher noch nicht begegnet. Oder ist es ein Wesen, dass von der Erde stammt?“, fühlte er sich, als würde er eine recht komplizierte Runde Scharade spielen, als er das kleine Ding dabei erwischte, wie es gerade über den Boden an seinen Schuhen vorbei krabbelte, im Versuch zu fliehen oder ein besseres Versteck zu finden, und einen Moment später landete die Spinne auch bereits in dem Glas, das Winston mit einem Deckel schloss und letztendlich auf dem Tisch abstellte.
      Die Vogelspinne passte gerade noch so rein, versuchte verzweifelt hinaus zu klettern, doch seine Beine fanden kaum Halt an dem glatten Glas und Winston erinnerte sich gerade so daran, dass diese kleinen Wesen Luft brauchten und holte aus irgendeiner Schublade ein Messer heraus, mit dem er begann kleine Löcher in den Deckel zu stechen. Er wollte seinen einzigen Hinweis doch nicht einfach verlieren.
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    • Es erforderte noch immer ein hohes Maß an Selbstkontrolle, um sich in diese Situation einzufügen, in der ein Mensch wie Winston die einzige realistische Hilfe auf das war, was Celeste zugestoßen war. O ja, sie hatte Menschen satt und dieser eine gab einen weiteren Punkt auf ihrer Liste hinzu - wobei sie glaubte, dass sie ihn auch gehasst hätte, wenn er einmal seine Nützlichkeit bewiesen hätte.
      "Ich bin mir ganz sicher, dass es kein Dämon war, natürlich", fauchte sie zurück, die Zunge widerlich gespickt von den mikroskopischen Spinnenbeinhaaren. "Ich würde doch meine eigenen Artgenossen wiedererkennen."
      Jetzt doch wieder etwas mehr unter Beherrschung, überkreuzte sie die Beine wieder und gewann etwas von ihrem vorherigen Selbstvertrauen zurück. Geduld haben, das war die einzig hilfreiche Sache, mit dieser Lage umzugehen. Einfach sehr, sehr viel Geduld haben.
      Es folgte ein außerordentlich bizarrer Moment, in dem Winston wie in Trance der Spinne hinterherstarrte, bevor er plötzlich zu Leben erwachte und von seinem Stuhl aufsprang. Gespalten zwischen der Neugier auf Celestes Namen und den Fang der Vogelspinne, versuchte er die Konversation weiter aufrecht zu erhalten, während er sich auf die Suche nach dem Untier machte. Celeste hätte ihm gerne geantwortet, es ging doch nichts darüber den käseweißen Gesichtsausdruck zu betrachten, der sich in den meisten Gesichtern der sogenannten Fachleute breit machte, wenn sie ihnen einen Hinweis darauf gab, wer sie war. Das war eine der wenigen Sachen, die niemals alt wurden: Das Grauen zu beobachten wenn sie erkannten, dass hinter dem menschlichen Körper Xerkazon steckte, die Heerführerin der Armee der sieben Albträume. Sie konnte die Angst geradezu schmecken, die sich dann im Raum ausbreitete und auf die Wände und Böden verteilte wie stinkender Schleim. Wer würde als Mensch auch nicht Angst haben, wenn er einem Wesen gegenüberstand, das die Fähigkeit dazu besaß, eine mehrköpfige Hydra aus den Tiefsten der Unterwelt im eigenen Wohnzimmer aufsteigen zu lassen - und das binnen Sekunden. Selbst so mancher Dämon wurde nervös, wenn er Xerkazon erkannte - und sie sonnte sich in dieser Anerkennung, als wäre sie eigens dafür erschaffen worden.
      Entsprechend resigniert verhielt sie sich aber, während Winston seine Priorität nicht zwischen einem winzigen, haarigen, stinkenden, widerlichen Ungeziefer und einem leibhaftigen Erzdämon aus der Hölle setzen konnte. Der Zorn in ihr schwappte wieder hoch, Wut auf diesen naiven, nichtigen Menschen, der nicht begriffen hatte, in welcher potentiellen Gefahr er sich befand, und Wut auf sich selbst, weil sie es für so wichtig hielt, von diesem naiven, nichtigen Menschen angemessen gewürdigt zu werden. Aber schließlich ging es doch auch um genau das, oder etwa nicht? Sie war eine wahrhaftige Erzdämonin, dieser Mensch sollte sich auch verdammt nochmal so verhalten!

      Es dauerte - zu seinem eigenen Glück - nicht lange, bis er das dumme, einfältige Vieh eingefangen und wie eine Trophäe auf seinem Tisch aufgestellt hatte. Celeste kniff die Augen zusammen, während sie ihm seine Antwort noch immer vorenthielt. Unter ihrer Haut brodelte es. Er hatte unerhörtes Glück, dass sie kein Feuerdämon war.
      "Mein Name", begann sie schließlich zerknirscht, als er ihr endlich die Ehre zuteil werden ließ, seinen Blick wieder von der Spinne auf sie zu richten. Dummer Mann. "ist Xerkazon."
      Es war ihrem Zorn zuzuschreiben, dass sie ihre Magie nicht ganz unter Kontrolle hatte. Allein gesprochen war es nichts weiter als das, lediglich der Name eines Dämons, aber in ihrem Mund war es viel eher eine Beschwörung, ein Schlüssel ihrer Kräfte, die sich in die menschlichen Begrenzungen ihrer Hülle zwängten. Es schwang beim Aussprechen noch mehr mit als lediglich ihre Stimme, so wie man mit Ehrfurcht den Namen Satans in den Mund nahm. Die dunkle Macht der Hölle schwang darin mit, ein Aufbrausen im Fegefeuer, das Omen eines Untergangs. Diesmal waren es nicht nur ihre Hände, die sich unter der Macht ihrer Magie änderten, diesmal war es der ganze Raum, der auf einen Schlag dunkler wurde, als hätte man die Kerzen gedimmt. Ein Flüstern drang heran, weit entfernt und doch nahe genug, als würde es neben ihnen selbst sein, unverständliche Worte in einem viel zu weiten Raum, der bis in die Unendlichkeit zu gehen schien. Es hätten menschliche Stimmen sein können, die dem scheinbaren Ruf von Xerkazons Magie antworteten, wäre da nicht das entfernte, dunkle Grollen gewesen wie Donner, das Rascheln wie von aneinander reibenden Schuppen, das Klackern von mehreren festen Gegenständen, die aneinanderstießen. Die Geräusche wurden nicht lauter, sie blieben scheins durchgehend auf derselben Distanz, aber es wurden zunehmend mehr davon, wie eine ansteigende Welle, die sich bald über das Ufer ergießen würde. Dabei dauerte der ganze Eindruck nur wenige Sekunden, drei, wenn überhaupt, ehe Celeste den Namen ihrer dämonischen Gestalt ausgesprochen hatte und die Dunkelheit wieder versiegte. Sie schien sich zurückzuziehen, wo auch immer sie hergekommen war, aber nichts ließ darauf schließen, dass sie die Tür hinter sich auch wieder verschloss - wenn es jemals eine Tür gegeben hatte.

      Schließlich konnte Celeste sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen bei der Erwartung, dieselbe Todesangst in Winstons Gesicht zu sehen, die sie bei jedem entdeckte, der ihren Namen herausfand. Es juckte sie geradezu in den Fingern, seine plötzliche Verzweiflung zu verspüren, als wäre das genauso viel Wert wie eine Seele einzuverleiben.
      "Und was den Rest angeht: Es ist kein Engel und ja, sie kommt von der Erde. Das dürfte die Suche doch einigermaßen einschränken, oder?"
      Sie konnte eine gewisse Befriedigung nicht aus ihrer Stimme halten. Jetzt, wo er wusste, wer sie war, würde er bestimmt vor Angst im Staub kriechen.
      "Was gedenkst du zu tun? Hast du nicht irgendeinen... Zauberspruch, mit dem du den Ursprung des Mals zurückverfolgen könntest oder so?"
    • Winston horchte auf, als dieser Alptraum verkündete Name an seine Ohren getragen wurde, samt zahlreicher Stimmen und dem Geflüster der Hölle. Er konnte die tiefe Kälte spüren, die alleine bei diesem Klang in seine Glieder kroch und ihm einen Schauer über den Rücken laufen ließ, doch statt dass sich seine Gesichtszüge in Angst oder blanken Horror verwandelten, zog sich tatsächlich ein breites Lächeln über die Züge des jungen Mannes und seine Augen begannen zu glänzen. Vor Neugierde? Weil er die Macht in ihrer Stimme vernehmen konnte? Blankes Interesse? Das wusste keiner so recht, außer er selbst.
      Xerkazon....“, genoss er es geradezu diesen Namen über seine Lippen laufen zu lassen, mit bloßer Ehrfurcht in der Stimme, welche jegliche Angst missen ließ, „Sicherlich wäre es ein leichtes für dich, einen einzelnen Menschen umzubringen, nicht wahr?“, wurde sein Lächeln ein Stückchen breiter und er betrachtete seinen Gegenüber, als wäre sie mit einem Mal noch ein ganzes Stück interessanter geworden. Ihm war bewusst, dass er es hier mit einer mächtigen Erzdämonin zu tun gehabt hatte. Foch mit einem der Kinder Belials, der Heerführerin über die Armee der sieben Albträume hatte er nicht gerechnet. Vielleicht konnte er was den Preis angeht etwas verhandeln und sich einen Gefallen aushandeln. Einen Plan B konnte er durchaus gebrauchen.
      Letztendlich lehnte er sich wieder in seinem Stuhl zurück, hatte er sich davor über den Tisch gebeugt, um seinen Gegenüber näher zu sein, sie besser betrachten zu können und er konnte es kaum erwarten herauszufinden wer es geschafft hatte einen solch mächtigen Dämonen zu verfluchen. Geschweige denn aus welchem Grund. Und vielleicht würde sich das ganze am Ende auch für ihn bezahlt machen.
      „Von der Erde? Reden wir von einer Hexe?“, blinzelte der Fanatiker verblüfft über die Tatsache, dass sie es hier tatsächlich mit einem Wesen von der Erde zu tun hatten, konnte aber nicht glauben, dass es sich dabei um einen Menschen handeln könnte, was sein Mundwerk natürlich nicht davon abhielt ein weiteres Mal schneller als seine Gedanken zu sein.
      „Natürlich. Zumindest können wir uns so sicher sein, dass die besagte Person sich höchstwahrscheinlich auf der Erde aufhält. Hätten wir es hier mit einem Dämon zu tun, der sich in der Hölle verschanzt oder einem Engel, der im Himmelreich nicht zu erreichen ist, wären mir so ziemlich die Hände gebunden. Wobei bei ersterem sie mich wohl gar nicht erst brauchen würden, nicht wahr?“, streckte er die Hände zur Seite, ehe er ein weiteres Mal eine seiner Schubladen öffnete, um ein angebrochenes Stück Kreide hervor zu holen und begann einen Kreis um das Glas mit der darin enthaltenen Spinne mit äußerster Präzision zu zeichnen.
      „Hmmm... den Ursprung eines Mals zu finden, ist nicht so einfach, wie man denkt. Normalerweise besteht keine Verbindung zum Verfluchenden, die wenigsten wollen gefunden und dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Natürlich hängt es ganz von der Art des Fluches ab. Normalerweise kann mir die Form und Art des Mals so einiges über meinen Gegenüber und der Art des Fluches verraten, aber ich habe noch nie zuvor einen Fluch gesehen, der sich an der Symbolik des Verfluchten bedient, aber ich habe auch noch nie zuvor einen verfluchten Dämonen getroffen, ist das normal bei eurer Art? Verflucht ihr euch gegenseitig oft? Eigentlich dachte ich immer, dass ist nur so eine menschliche Sache, du weißt schon, verflucht zu werden. Meine Theorie war eigentlich, dass es nicht möglich sei einen Dämonen zu verfluchen, weil ihnen die Stofflichkeit fehlt, aber wie es scheint ist es nicht der Körper, der dem Fluch ausgesetzt wird...“, begann er sich in dem Gesprochenen zu verlieren und zu fachsimpeln, bis er unterbrochen und seine Aufmerksamkeit wieder auf die wichtigen Dinge des Moments gelenkt wurden, woraufhin ein räuspern ertönte.
      „Jedenfalls... versuchen wir es erstmal hiermit. Vielleicht kann uns diese hübsche kleine Spinne ja verraten, wo sich der Drahtzieher aufhält.“, gab Winston mit einem Lächeln von sich, nachdem der magische Zirkel vollendet wurde, er ein gelbliches Pulver aus seinem Mantel zog, von dem er ein wenig in alle Himmelsrichtungen um den Kreis herum verteilte, ehe er Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand auf den Verschluss der Glases legte, das in der Mitte des Zirkels stand, und... „... wie ging dieser Zauberspruch nochmal?“, legte der Fanatiker nach einigen Momenten der Stille den Kopf schief und versuchte sich an die Worte zu erinnern, an die seine menschliche Zunge nicht gewohnt war, ehe sie ihm mit einem Lächeln einfielen und der Zauber, der von menschlichen Ohren gar nicht erst gehört werden konnte, es war nicht mehr als ein Flüstern und das rauschen des Windes, das Knistern eines brennenden Feuers, gepaart mit der puren Stille der Dunkelheit, oder kurz gesagt: vollkommen unverständlich.
      Zunächst begannen die vier Himmelsrichtungen mit dem Pulver aufzuleuchten. Das Pulver begann sich aufzulösen, der Zirkel wurde Stück für Stück erleuchtet, das arme Tier, das nicht wusste wie ihm geschah, versuchte noch immer verzweifelt einen Weg aus seiner Lage zu finden, ehe auch die Spinne in Licht getaucht wurde und dann... erschien ein Pfeil auf dem Deckel.
      „Nah bitte, ein Kompass!“, lächelte Winston erfreut darüber, dass es funktioniert hatte, ehe er sich ein weiteres Mal erhob, um von irgendwoher eine große Karte Londons zu fischen und diese auf seinem Schreibtisch auszubreiten, ehe er das Glas mit der Spinne darin platzierte und tatsächlich veränderte sich die Richtung des Pfeils, je nachdem, wo das Glas auf der Karte stand und Winston bewegte es hin und her, um einen ungefähren Aufenthaltsort der Gesuchten eingrenzen zu können.
      „Hmmm... wie es scheint müssen wir auf die andere Seite der Stadt...“, grummelte der selbsternannte Hexer, der kein Freund von langen Spaziergängen war.
      „Nun denn, wollen wir...“, wurde Winston von dem Geräusch der sich öffnenden Tür unterbrochen, während er die Karte wieder zusammen rollte und ein Junge, von vielleicht höchstens fünfzehn Jahren, betrat mit einer Ladung an Büchern auf dem einen Arm und einer Papiertüte mit Lebensmitteln im anderen Arm das Büro.
      „Eine Kundin?“, hob dieser fragend die Augenbraue, seiner Stimme war anzuhören, dass das in seinen Augen etwas unglaublich ungewöhnliches war, als sich seine Mimik veränderte, ihm jegliche Farbe aus dem Gesicht wich und sowohl die Bücher als auch die Tüte, aus der ein paar Äpfel rollten, auf dem Boden landete.
      „Was....?“, bleckte der blonde Junge wie ein Raubtier die Zähne, während sich seine rechte Hand in eine Klaue verwandelte, offenbar noch unsicher, ob er angreifen sollte oder nicht.
      „Genau, eine Kundin. Sei nicht so unhöflich Aamon! Die armen Bücher... kann es sein, dass Dämonen kein Respekt vor dem geschriebenen Wort haben?“, seufzte Winston dagegen nur unbeeindruckt und verschränkte bedauernd die Arme vor der Brust.
      „Aber das ist doch-!“
      „Eine Erzdämonin, genau. Also beruhige dich wieder, bevor sie beschließt ihre schlechte Laune an die auszulassen. Xerkazon, das ist Aamon, mein Assistent. Er kann etwas unhöflich sein, aber eigentlich ist er ganz hilfreich. Ah, übrigens ist er selber ein Dämon, auch wenn er nicht zu deinem Kaliber gehört.“, begann Winston stattdessen um den Tisch herum zu gehen und die armen Bücher vom Boden zu heben, bevor man ihnen noch den Rücken brach.
      „Xe-xe-xe-!“, schien Aamon diesen Namen im Gegensatz zum Fanatiker gar nicht erst über die Lippen bringen zu können.
      „Und warum ist...? Was ist...?“, wurde er immer bleicher und verwirrter.

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    • Anstatt sich auf den Boden zu werfen und um erbarmen zu betteln oder um Verzeihung dafür, es jemals auch nur gewagt zu haben, ungefragt das Antlitz zu erheben, lächelte Winston. Er lächelte. Celeste konnte ihren Augen kaum glauben, als sie beobachten konnte, wie sich seine Mundwinkel unmissverständlich nach oben zogen. Falten bildeten sich auf seinen Wangen und um seine Augen, sein ganzes Gesicht schien dabei förmlich aufzuleuchten. Celeste glaubte, dass sie gleich nochmal würgen müsste, aber diesmal würde keine Spinne hervorkommen, sondern ungefilterter Mageninhalt. Wie konnte er es nur wagen, gänzlich unbeeindruckt von ihrem Namen zu bleiben? War sie nicht eine Schaffung Belials persönlich, eine Kreation aus dem Herzen der Hölle selbst, eine Ungestalt, deren Mächte es ihr erlaubten, die Grenze zwischen Hölle und Erde zu einem Faden schrumpfen zu lassen, den sie nur noch zu durchtrennen brauchte? Und er lächelte bei der Erkenntnis, wen er vor sich hatte?
      Zumindest brachte er etwas mehr Respekt hervor, als er ihren Namen selbst in den Mund nahm. Hätte er dabei nicht wenigstens ein bisschen Verstand gezeigt, hätte sie schon überlegt, diese ganze Farce zu beenden und sich etwas anderes zu suchen. Schließlich war sie eine Erzdämonin, sie sollte sich doch wohl noch selbst zu helfen wissen!
      Aber Winston bezeugte ja zumindest etwas Geisteskraft. Celeste ließ es - vorerst - durchgehen und beugte sich ein Stück vor, die Augen zusammengekniffen.
      "Menschen", knurrte sie, die Stimme eine Nuance dunkler, "haben mir noch nie mehr Mühe bereitet als das Schnippen meiner Finger."
      Sicherlich würde ihm das das dümmliche Grinsen aus dem Gesicht wischen, nicht wahr? Sicherlich würde er dann verstehen, in was für einer Gefahr er sich befand und dass es nur Celestes Güte zuzuschreiben war, dass er noch atmen konnte. Sicherlich war das genug.
      Es war nicht genug. Das Grinsen blieb und wenn Celeste es nicht besser wüsste, hätte sie gesagt, dass er ernstlich interessiert aussah. Sie lehnte sich mit einem Gefühl im Bauch zurück, das am nächsten mit Frustration zu vergleichen war. Sie wollte ihn im Staub kriechen und winseln sehen, dafür würde sie schon noch sorgen. Sie würde es nicht dabei belassen, dass er sie anstarrte wie ein verfluchter Engel.
      Aber vorerst widmete auch sie sich dem vor ihnen liegenden Auftrag. Auf seine Frage hin nickte sie lediglich knapp. Ja, es war eine Hexe, schlauer Bursche. Wenigstens zu etwas taugte er wohl.
      Seine nächste Bemerkung ließ sie ganz unkommentiert. Sie war viel zu irritiert, um sich jetzt noch mit Smalltalk aufhalten zu lassen. In Gedanken war sie schon dabei, ihn mit den sieben Albträumen persönlich bekannt zu machen.
      Winston erregte anschließend tatsächlich ihr Interesse, als er die Spinne dafür nutzen wollte, den Aufenthaltsort der Hexe herauszufiltern. Das war nun doch eine interessante Herangehensweise, der sich Celeste niemals bedient hätte. Aber es schien zu funktionieren, denn es erschien nicht nur ein Pfeil, er deutete auch noch in die richtige Richtung, so wie sie vermutete.
      Wieder ein wenig besänftigt, wenn auch ihr Gemüt noch immer in Flammen stand, nickte sie anerkennend.
      "Die Richtung stimmt, das kann ich bezeugen. Da komme ich her."
      Bevor sie sich allerdings aufmachen konnten, öffnete sich die Tür hinter Celeste und ein zweiter Mann kam herein.
      Sie konnte die minimale Veränderung im Machtgefüge spüren, noch ehe sie den Kopf zu dem Neuankömmling umwandte. Das war etwas, was Xerkazon vorbehalten war und was nur seine Hüllen wahrnehmen konnten: Die dämonische Präsenz, welche in den meisten Fällen so wenig Auswirkungen auf den Raum hatte, sodass sie völlig unbeachtet blieb. Aber Celeste spürte sie, denn wer so viel Zeit neben viel größeren und viel abstruseren Geschöpfen der Unterwelt verbrachte, konnte auch die Seele eines Dämons von seiner Umwelt unterscheiden.
      Als sie sich zu ihm umdrehte, reagierte der Mann endlich so, wie sie es eigentlich von Winston erwartet hätte: Das Gesicht seiner Hülle wurde kreidebleich und er verfiel in eine Schockstarre. Was Celeste außerdem noch durch ihre außerirdische Herkunft sehen konnte, war die wahre Gestalt des Dämons, eingepfercht in seiner dünnen Hülle, die sich vor Angst beinahe zu winden schien. So wie sie ihn in diesem Moment in seiner Gestalt sehen konnte, konnte auch er ihren dämonischen Körper ausmachen, wie er sich in die Wände seines fleischigen Gefängnisses schmiegte und gleichzeitig noch so weit herrschaftlich aufragte, wie es nur möglich war. Der Effekt war unübersehbar, denn der Dämon fing an zu stottern und die Kontrolle über seinen erbärmlichen Haushalt zu verlieren. Celeste fand es fast schade, dass er nur ein sehr kleiner Artgenosse war. Sie grinste dennoch, als sie aufstand und die wenigen Schritte auf ihn zuging. Der Geruch nach Angst und animalischem Fluchttrieb war schon eher nach ihrer Vorstellung.
      "Wen haben wir denn hier? Ist das hier etwa ein unterirdischer Zoo oder was?"
      Sie blieb vor dem Dämon stehen, der entweder selbst oder in seiner menschlichen Gestalt auf Aamon hörte. Zu ihrer äußersten Befriedigung war er ein Stück kleiner als sie und machte es ihr daher ungemein leicht, hochtragend auf ihn herab zu blicken.
      "Aamon - wessen Name? Der deiner Hülle oder deiner?"
      Nach einem Moment beugte sie sich zu ihm hinab, die Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt. Der Angstgeruch wurde größer, aber Celeste war mit einem Mal nicht mehr zum Spielen zumute.
      "Wenn du auch nur einer verrotteten, verschrumpelten alten Seele erzählst, dass ich hier gewesen bin, dann werden deine Tage auf der Erde gezählt sein. Ich werde ganz persönlich dafür sorgen, dass man deine Gliedmaßen an die Pforten zum Fegefeuer aufhängt, wo sie allen rachsüchtigen Geister ausgesetzt sind, die die Unterwelt zu bieten hat. Verstehst du mich? Hast du mich verstanden?!"
      Als sie sich wieder aufrichtete, ließ sie einen kalkweißen Aamon zurück. Etwas befriedigt darüber, dass sie noch immer einschüchternd genug war und Winston einfach nur ein völliger Geisteskranke war, wandte sie sich von dem Jungen ab und stolzierte erhobenen Kopfes aus der Tür hinaus. Über die Schulter hinweg fauchte sie Winston an, dass er gefälligst kommen sollte.

      Sie mussten sich eine Kutsche herbeiwinken und als sie sich in ihren Innenraum gezwängt hatten, stierte Celeste Winston ungehalten an.
      "Ein dämonischer Assistent? Wirklich?"
    • „Hervorragend.“, kam es überaus positiv von dem Fanatiker, ungeachtet dessen, dass er die Erzdämonin vor sich offensichtlich mit seinem Verhalten erzürnte, doch was sollte er tun, ihr vorspielen Angst vor ihr zu haben? Wäre das nicht nur noch noch demütigender? Ganz abgesehen davon, dass es nicht zu Winstons Art gehörte anderen irgendetwas vorzuspielen und er war es schon seit langem gewöhnt als ungewöhnlich und komisch bezeichnet zu werden.
      Der Tod war es nicht, der ihm Angst machte, er saß ihm sowieso ständig im Nacken, als könnte er kaum erwarten Winstons Lebensfaden zu durchschneiden, aber sie sollten sich im Moment um wichtigeres kümmern.
      Es verwunderte den selbsternannten Hexer nicht nur, dass es tatsächlich eine Hexe war, die es geschafft hatte einen Dämonen... noch dazu einen Erzdämon zu verfluchen, sondern dass diese auch noch wusste, wo sich diese Hexe befand, wozu brauchte sie ihn dann überhaupt noch?
      Konnte sie der Hexe nicht einfach einen Besuch abstatten und sie mit einem Fingerschnippen töten, wenn Xerkazon nicht mehr für einen Menschen brauchte?
      Aber dieses Mal war er tatsächlich schlau genug seine Fragen für sich zu behalten, wollte er diesen Auftrag doch nicht verlieren, immerhin schien das ganze immer Interessanter zu werden, was ihm ein Lächeln entlockte, ehe Aamon den Raum betrat und offensichtlich endlich die Reaktion zeigte, die die Dämonin eigentlich von dem Fanatiker erwartet hätte.

      Aamons Gesicht verlor jegliche Farbe, als die Dämonin direkt auf ihn zuging und in einem jämmerlichen Versuch zur Flucht trat er ein paar Schritte zurück, bevor die Tür in seinem Rücken ihn davon abhielt weiterhin zurück zu weichen. Er hatte jegliche Lust auf einen Kampf verloren, wusste er instinktiv, dass er diesen sofort verlieren würde und er konnte nur hoffen, dass dieser verdammte Fanatiker nicht auf irgendwelche dummen Ideen kam.
      Er wusste, dass er sich niemals mit diesem Verrückten einlassen hätte sollen, aber was hätte er auch tun sollen?!
      „M...m...“, war alles, was er auf Xerkazons Frage hin über seine zitternden Lippen brachte und er versuchte sich so klein wie nur möglich zu machen, als sie ihm sogar noch Näher kam und rutschte die Wand entlang nach unten, da es der einzige Weg war der Dämonin zumindest ein Stück weit zu entkommen. Er nickte hastig, als ihm gesagt wurde, dass er keiner Seele erzählen durfte, dass sie hier war und er wusste es besser, als auch nur daran zu denken ihre Warnung nicht ernst zu nehmen.
      Erst als Winston der Frau folgte und sich mit den Worten „Pass für mich auf das Büro auf, ja?“ von ihm verabschiedete, konnte er spüren wie sein menschliches Herz ebenfalls angefangen hatte so schnell zu schlagen, dass Aamon sich sicher war, dass das nicht gut für seine menschliche Hülle war.
      In welches Chaos hatte sich der Hexer denn nun schon wieder gestürzt?! Was auch immer es war, er wollte nichts damit zu tun haben!

      „Hm? Wieso denn nicht? Wie sagt man so schön: man bekämpft Feuer mit Feuer.“, lächelte dieser auf die Frage hin nur breit, „Nicht dass sich groß irgendwelche Menschen für diesen Posten interessieren würden.“, zuckte er daraufhin die Schulter, was wahrscheinlich der eigentliche Grund dafür war, wieso sein Assistent ein Dämon war.
      Die Kutsche erreichte ihr Ziel, Winston überließ es der Dämonin für den Dienst zu bezahlen, war er doch selber nur knapp bei Kasse und holte das Glas mit der Spinne hervor, um es wie einen Kompass zu benutzen und dem Pfeil zu folgen, um den Übeltäter hinter all dem zu finden.
      Was er machen würde, sobald sie der Hexe gegenüber standen? Keine Ahnung, fragen wie sie das getan hat? Welchen Zauber sie genutzt hat? Vielleicht fanden sie auch ihre Wohnung und Winston konnte diese nach dem ein oder anderen Grimoire durchsuchen, womöglich würde sich dort ein Gegenzauber finden lassen.
      Doch bevor sie ihr Ziel erreichen konnten, stellte sich ein großgewachsener Mann breitbeinig mit vor der Brust verschränkten Armen den Beiden in den Weg. Der Fanatiker blickte kurz verwirrt auf, ehe er beschloss einfach um ihn herum zu gehen, was den Mann offensichtlich wütend machte und er packte Winston am Kragen, um wieder zurück zu ziehen.
      „Glaubst du ernsthaft, du kannst einfach an mir vorbei gehen?! Hm? Gib mir dieses Ding.“, streckte der Fremde die Hand nach dem provisorischen Kompass aus, während er Winston wie eine Katze am Kragen hielt, doch dieser wich der Hand des Fremden aus.
      „Nichts da! Das brauch ich noch... oh, ein Dämon?“, richtete er seine Brille, als ihm bewusst wurde, dass sich ihnen kein Mensch in den Weg gestellt hatte.
      „Genau. Also gib mir das Ding, bevor ich noch beschließe deine Seele zu verschlingen!“, schenkte Winston ihm jedoch keine weitere Aufmerksamkeit und richtete seinen Blick lieber auf den freien Oberarm des Schwarzhaarigen Fremden, wo sich ein großes, schwarzes Tattoo befand... oder besser gesagt ein weiteres Fluchmal.
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    • Winston wirkte von seinem unterirdischen Assistenten so wenig beeindruckt, als wäre er sich niemals der Gefahr bewusst, der er sich täglich ausgesetzt sah. Wusste er denn nicht, dass dieser Mann ihm die Seele stehlen konnte, wenn er nur einmal unaufmerksam sein sollte? Und da verbrachte er noch den ganzen Tag, die ganze Woche mit ihm? Celeste entschied kurzerhand, dass der Kerl nicht alle Tassen im Schrank hatte. Eigentlich ein gefundenes Opfer für sie, aber nicht in diesem Zusammenhang, nicht wenn sie ihn eigentlich brauchte. Sie schaute ärgerlich drein und versuchte sich dann von der kurzen Auseinandersetzung mit Aamon, die sie ein wenig besänftigt hatte, abzulenken.
      Sie stiegen aus der Kutsche, die Celeste bezahlte, bevor sie den Kutschführer mit einem solch garstigen Blick durchbohrte, dass ihm die Farbe aus dem Gesicht wich und er die Pferde schnell antrieb um weiterzufahren. Als sie allein gelassen worden waren, schloss sie sich mürrisch Winston an, um sich von ihm durch die Straße leiten zu lassen, die sie eh schon kannte. Sie hätte es ihm auch sagen können, wo die Hexe war, wenn nicht dieser vermaledeite Fluch gewesen wäre. Je öfter sie daran denken musste, desto dünner wurde ihr bereits rissiger Geduldsfaden.
      Sie waren schon nur noch zwei Straßen von ihrem Ziel entfernt, als Winston unvermittelt stehenblieb und Celeste beinahe in ihn hinein gelaufen wäre. Jemand hatte sich ihm in den Weg gestellt. Celeste konnte die dunklen Rauchfaden sehen, die die Gestalt umgaben, die tiefschwarze Aura, die durch die Luft waberte und vor dem menschlichen Auge das verbarg, was die Hölle aus der Kreatur heraufbeschworen hatte. Er war groß und dunkel und aus seinen dämonischen Augen blitzte es, während er sich schon beinahe sabbernd zu Winston herab beugte, wie um ihm seine Seele gleich mit eigenen Händen zu entreißen. Celeste traute ihren eigenen Augen nicht. Da war dieser Mensch schon mit ihr unterwegs - ihr, ihr allein, die Kreation Belials! - und der Dämon schien sie gar nicht bemerkt zu haben! War er blind? War er dumm? War er geistig zurückgeblieben? Sie konnte es nicht fassen. Würde der Wahnsinn dieses Tages denn nie aufhören?
      Sie trat neben Winston und legte eine schlanke Hand auf seine Schulter. Der Mensch war genauso groß wie sie, fiel ihr zum ersten Mal auf, aber der Dämon war es nicht. Er hatte sich eine Hülle ausgesucht, die ihn beinahe einen Kopf größer werden ließ und Celeste dachte gerade darüber nach, was sie tun könnte, um ihn einen Kopf näher zur Erdoberfläche zu bringen.
      "Gibt es hier ein Problem? Huh? Möchtest du, Kollege, es dir vielleicht nochmal überlegen, ob du wirklich diesen -"
      Ihr Blick fiel auf das Tattoo an seinem Arm, das im ersten Moment so unscheinbar gewirkt hatte aber jetzt, wo sie näher herangekommen war, wie ein stinkendes Omen aussah. Celeste konnte schon beinahe die Fäule riechen, die dahinter steckte. Noch ein Fluchmal? Diese verteufelte Frau hatte sie erst diese Nacht verflucht und jetzt waren es schon die nächsten? Oder vielleicht waren sie schon länger mit dabei? Das konnte es nicht geben, sie hatte gedacht, dass sie noch wesentlich länger Zeit hätte, und jetzt das hier!
      "Wo hast du das her?!", fauchte sie unvermittelt und schoss nach vorne, um sich das Mal zu packen und näher zu betrachten, zu sehen, ob sie das Symbol erkennen würde.
      Als ihre Hand seinen Oberarm berührte, gab es einen Knall. Er fuhr durch Celestes ganzen Körper und schien auch den anderen Dämonen vollständig zu ergreifen, denn die beiden wurden voneinander weggestoßen, als wären Seile an sie geknüpft, an denen einmal kräftig gezogen wurde. Celeste flog durch die Luft und landete auf dem Boden, wo sie sich die Wange und Hände aufschürfte. Plötzlicher Schmerz entflammte in ihr an den Stellen, mit denen sie auf dem Boden aufgeschlagen war. Schmerz? Seit wann konnte sie denn Schmerz bei rein fleischlichen Leiden empfinden? Sie starrte für einen Moment verwundert auf ihre aufgeschürfte Hand, bevor sie sich aufrappelte, das Gefühl in ihrer Hülle ignorierte und den Dämon ausfindig machte. Auch er musste sich aufrappeln und auch er schien halbwegs irritiert zu sein wie sie.
      "DU!"
      Sie sprang wieder auf ihn zu, war aber diesmal schlau genug, ihn nicht wieder berühren zu wollen.
      "Wo ist sie?! Was hat sie mit dir gemacht?! Was hat sie dir gesagt?! Antworte mir oder ich werde dich dem Leviathan zum Fraß vorwerfen!"