Salvation's Sacrifice [Asuna & Codren]

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    • Hätte Zoras sich nicht schon auf dem Weg in Rage gedacht, hätte er sich nicht schon in aller Einzelheit ausgemalt, was genau der Jäger in Kassandras Gemächern anstellen mochte, hätte er sich vielleicht von Caphalors Kooperation beschwichtigen lassen, hätte sich ein wenig versöhnlicher mit ihm gestellt. Allerdings war die Nähe der beiden, der Aufruhr des Dienstmädchens, Kassandras bleicher Gesichtsausdruck und ihr verrutschtes Gewand etwas, das ihn ganz sicher daran hinderte, auch nur einen Funken Nachsicht zu empfinden. Im Gegenteil, hätte der Jäger auch nur eine falsche Bewegung gemacht, wäre er vermutlich an die Decke gegangen.
      So starrte er den blondhaarigen Mann nur weiter in Grund und Boden, während dieser in samtweicher Stimme seine Erklärung ablieferte. Alle paar Sekunden huschte Zoras' Blick zu Kassandra hinab, wie um die Bestätigung von ihr zu erhalten, dass die Erläuterung wirklich der Wahrheit entsprach, aber Kassandra wirkte wie versteinert, so wie sie einen mühsam ausdruckslosen Ausdruck auf ihr Gesicht gezwungen hatte. Hätte Zoras sie länger gekannt, hätte er diese Mimik vielleicht deuten können, aber so wurde er aus ihr nicht schlauer als aus dem Jäger.
      Leider hatte Caphalor recht mit seiner Annahme, dass Kassandra ihre Gardisten hätte benutzen können, und so blieb Zoras eine schlagfertige Entgegnung im Hals stecken. Er kniff nur die Augen weiter zusammen und übermittelte seine wortlosen Drohungen durch seinen Blick.
      "Wenn Ihr das nächste Mal das Bedürfnis empfindet, Euch nach ihrem Wohlbefinden zu erkundigen, schlage ich vor, ihren rechtmäßigen Träger danach zu fragen, anstatt ungefragt durch die Privatgemächer des Palastes zu spazieren. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?"
      Er verweilte einen Moment länger auf der Stelle, beobachtete Caphalor eindringlich und trat dann einen Schritt zur Seite, als der Jäger anstalten machte, das Zimmer zu verlassen. Er musste sich dennoch unbequem nahe an dem Herzog vorbei schieben und die kleine Gasse Gardisten durchqueren, den Blick des Kavalleristen wie eine geschärfte Waffe in seinem Rücken. Zoras nickte seinen eigenen beiden Wachen zu, die sich hinter Caphalor in Bewegung setzten und dem Jäger dicht auf den Fersen nach draußen folgten, bevor sie hinter sich die Tür schlossen.
      Endlich alleine - obwohl die Tatsache allein noch nicht ausreichte, um sein Gemüt zu besänftigen - drehte Zoras sich zu Kassandra um und ließ von seinem Schwert ab. Seine Gesichtszüge verloren an Härte und wurden weich, als er auf die Phönixin hinab sah, die - so zusammengesunken, wie sie auf dem Bett saß - unglaublich zerbrechlich wirkte. Er hatte nicht vergessen, dass sie keine gewöhnliche Frau, sondern das mächtigste Wesen im ganzen Land war, aber zu sehen, wie sie mit ihrer Fassung rang, zerbrach ihm trotzdem das Herz.
      Er tat einen vorsichtigen Schritt auf sie zu, wobei er immer noch mehr als genug Abstand zu ihr hielt.
      "Geht es Euch gut?"
      Die strenge Haltung fiel von seinen Schultern ab, als er sich ein wenig zu ihr hinab beugte.
      "Hat er Euch angefasst? Ihr könnt Eure Gardisten für so etwas verwenden, Kassandra. Wenn Euer Dienstmädchen nicht gekommen wäre, wäre ich gar nicht erst hier."
      Er suchte in ihren Augen nach Antworten, die ihre Mimik zu verschleiern versuchte.
      "Was wollte er wirklich hier?"
    • Caphalor erwiderte zunächst nichts auf den Befehl des Herzogs. Viel mehr hielt er dem nahezu vernichtenden Blick problemlos stand und wartete den sagenumwobenen Moment ab, in dem Zoras einen Schritt zu Seite trat und somit den Weg der Freiheit ebnete. Der Jäger ließ es sich nicht zweimal sagen und begab sich großen Schritten in die rettende Freiheit. Dafür musste er sich jedoch an dem größeren Mann relativ nah vorbeischieben und konnte sich einen kaum hörbaren Satz nicht sparen: "Als selbstbestimmendes Wesen mit freiem Willen sollte man sich doch nicht über ihren Kopf hinwegsetzen."
      Dann trollte sich Caphalor flinken Fußes und verschwand in den Gängen des Palastes.
      Das Verschwinden des Jägers und die abrupt abfallende Spannung im Raum ließen Kassandra das erste Mal seit Minuten tief durchatmen. Ihre Finger hatten sich in ihren Stoff gekrallt und entspannten sich nur schwerlich, doch ihre Mimik bröckelte schneller als alle anderen körperlichen Anzeichen.
      "Es geht mir gut", fand die Phönixin ihre sonst so entschlossene Stimme in einem vagen Tonfall wieder, "und ja, er hat mich angefasst. Aber anders, wie du vielleicht denkst."
      Ihre eigenen beiden Gardistinnen waren jenen von Zoras nach außen gefolgt, weshalb sie die höfliche Anrede wieder fallen ließ und Zoras endlich offen anblickte. Nach einer gefühlten Ewigkeit konnte sich die Frau einmal ordentlich schütteln, um die Steifheit aus ihrem Leib zu vertreiben.
      "Ich glaube, er hat versucht an mehr Informationen zu kommen. Wenn du sagst, dass Rima dich aufgesucht hat, dann war sie viel zu schnell im Begriff. Es würde sich decken, wenn der Jäger vorher auch Hand an sie gelegt hat und vielleicht nicht das gesagt hat, was er wollte."
      Armes Mädchen. Wenn sie sich vorstellte, dass der Jäger ihr etwas angetan hatte schlichtweg weil sie ihre Zofe war, wurde Kassandra gänzlich anders. So anders, dass sie sich nach einem Moment sammeln tatsächlich aufrappelte und vor Zoras stand.
      "Er hat mir verraten, dass er von einem anderen Phönix weiß, der herabgestiegen ist. Er hat seinen Namen genannt, der in den Geschichtsbüchern dieser Welt völlig unbekannt ist. Und dafür wollte er etwas wissen."
      Sie verschränkte die Arme vor der Brust, dieses Mal jedoch nicht aus Trotz sondern offensichtlich als Abwehrreaktion.
      "Wenn Champions über die Zeit und Epochen weitergereicht werden, erleiden sie Male. Von verschiedenen Kulturen, aus verschiedenen Zwecken. Manche von diesen Malen können eine Wirkung auf uns haben, uns binden in einer Art und Weise, die nur den Findigen bewusst ist. Nach diesen Markern hat Caphalor gesucht, aber ich habe ihm keinen verraten."

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Zoras konnte nicht verhindern, dass sich Furchen auf seiner Stirn bildeten, als Kassandra ihm seine Befürchtung bestätigte. Er hätte dabei beinahe den Rest des Satzes überhört, während er sich lebhaft vorstellte, dem Jäger den Kopf von den Schultern zu reißen. Allerdings sorgte Kassandras nach und nach normalisierte Stimme dafür, dass er sich ins Hier und Jetzt zurückversetzte. Auch ihre Gardisten hatten mittlerweile den Raum verlassen.
      "Wenn er hier durch den Palast marschiert und sich an Adeligen und Bediensteten vergreift, ist das nichts, was einfach so unter den Teppich gekehrt werden kann. Ich werde nicht dulden, dass jemand wie er ungeschoren durch unsere Gänge streift."
      Er zog die Stirn weiter in Falten, als überhaupt möglich schien, und trat einen Schritt zurück, als Kassandra sich aufrichtete. Auch sie schien sich von dem Gedanken beeinflussen zu lassen, oder aber sie war einfach nur froh, etwas Ruhe zu haben.
      Zoras griff sich in den Bart.
      "Woher willst du wissen, ob er die Wahrheit spricht? Ich meine, wäre es so ungewöhnlich für einen Jäger einen Namen zu wissen, der für andere Menschen nicht existiert? Und was meinst du mit Malen, etwa so etwas wie die Feder? Was hätte er davon, wenn er davon wüsste?"
      Ganz abgesehen davon, dass es Zoras gänzlich nicht behagte zu wissen, dass der Jäger Kassandras Körper nach Malen absuchen wollte. Seine Anwesenheit war schon schlimm genug, da musste er nicht auch noch übergriffig werden.
      "Wieso hast du überhaupt deine Gardisten nicht eingesetzt? Für genau so etwas sind sie da, Kassandra."
      Seine Stimme wurde noch eine Spur weicher, beinahe flehentlich. Heute war es der Jäger, morgen der König.
      "Hättest du es denn einfach zugelassen?"
    • "Ich würde auch so jemanden nicht in dem eigenen Gemäuer dulden. Stell dir vor, er darf sich an jeden einfach so auslassen, was unterscheidet ihn dann von einem König, wenn er es ohne Konsequenzen darf?"
      Wenn Kassandra Zoras so recht betrachtete, wirkte er so aufgewühlt wie sie sich fühlte. Nur war ihr nicht ganz klar, aus welchem Beweggrund dies war. Vielleicht, weil sie seine Trumpfkarte für den Putsch sein konnte und deswegen von essenzieller Wichtigkeit für ihn war. Allerdings hatte auch dieser Mann noch nicht gesehen, zu was sie eigentlich fähig war.
      "Telandir ist kein Name, den man einfach so ausspricht", sagte Kassandra leise und ertappte sich selbst dabei, wie sie seinen Namen mit solch einer Zärtlichkeit aussprach wie nicht ein anderes Wort zuvor seitdem sie hier angekommen war. "Er ist ein sehr eitler Artgenosse, der sich freiwillig niemals auf die Erde hinabbegeben würde. Ich bin schon so lange auf der Erde, weißt du, wie lange es her ist, dass ich einen meiner Art traf?"
      Ihre Stimme wurde brüchig zum Ende hin, zeigte mehr von dem Schmerz, den sie eigentlich zu verstecken suchte. Sie wandte ihren Blick von dem Herzog ab, der noch immer vor ihr stand und seufzte.
      "Er suchte nach Fesselinsignien oder Markern. Etwas, das mir von anderen Kulturen zugefügt worden ist und ihm die Möglichkeit gegeben hätte, mich anders binden zu können. Es gibt von längst vergangenen Kulturen Zeichen, die mit der richtigen Aktivierung uns zum Beispiel bewegungsunfähig machen. Oder die Raison verlieren lassen, damit wir wie Berserker durch die Massen pflügen."
      Kassandra ging wieder zurück zu ihrem Bett, setzte sich und blickte Zoras mit ernstem Blick an. Dann sah sie am ihm vorbei zur Tür und wieder zurück.
      "Wenn du mehr davon wissen möchtest solltest du sichergehen, dass niemand diesen Raum betritt. Wirklich niemand, selbst nicht der König."
      Beide blickten sich einige Herzschläge lang an. Dann setzte sich der Herzog in Bewegung und gab tatsächlich vor der Tür de Gardisten Bescheid, dass niemand diese Tür zu öffnen hatte bis er etwas anderes befahl. Dann schloss er die Tür hinter sich und sah die Frau auf dem Bett an.
      "Setz dich dahin", forderte sie Zoras auf und deutete auf den Sessel, wo er vor einigen Tagen bereits gesessen hatte.
      Nachdem er sich gesetzt hatte, begann die Phönixin damit ihre Oberbekleidung abzulegen. Sie fing mit der Jacke an, die sie langsam über ihre Arme streifte.
      "Ich hätte es zugelassen, ja", bestätigte sie ihm während sie die Jacke zur Seite legte und sich das Kleid zur Taille hinunterschob bis sie nur noch ein enggeschnittenes Mieder trug, das Bauch und Oberweite bedeckte. Hüftabwärts bedeckten die Ausläufer des Kleides noch ihre Beine sowie die Stoffhose aus Leinen. "Er hätte nichts gesehen, so wie du auch nur makellose Haut erkennen kannst, richtig?"
      Sie drehte ihm ein wenig mehr von ihrer Schulter und Rücken zu, wo absolut nichts auffälliges zu sehen war. Ihre Haut wies keinen Schandfleck auf, war ebenmäßig und glatt wie Porzellan.
      "Caphalor kann exzellent spüren aber nichts daran ändern. Also kann er mein Trugbild nicht durchbrechen aber sollte er herausfinden, welche Marker ich trage, könnte er das Wissen um deren Nutzung besitzen", erklärte Kassandra weiter und zeigte Zoras im nächsten Moment, was sie mit den Worten meinte.
      Ein kleiner Puls ging durch den Raum und nahm ihm augenblicklich ein Stück seiner Wärme. Die Luft hier hatte sich nur deswegen so schön warm angefühlt, weil Kassandra ununterbrochen ihre Magie wirkte und somit ein Trugbild auf ihrer Haut erzeugte, das sie vor neugierigen Blicken schützte. Als sie das Trugbild löste, tauchten kunstvoll verzierte Runen auf ihren Armen auf, die sich hoch zu ihren Schultern zogen und dort von groben Rissen, die sich als grobschlächtige Narben herausstellten, abgelöst. An ihrem Hals fanden sich seltsam halbrunde, gleichmäßige Abdrücke- Relikte aus der Zeit, in der man ihr glühende Halsketten umgelegt hatte.
      "Einige dieser Zeichen bewirken genau das. Kontrollverlust. Bewegungslosigkeit. Ich sagte ja, die Menschheit hat sich genug Dinge einfallen lassen, um uns zu Werkzeugen zu degradieren", beendete sie ihre Ausführung mit geschlossenen Lidern und baute ihr Trugbild wieder auf.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Kassandras Vergleich mit einem König war nichts, was Zoras leichtfertig hingenommen hätte, zu frisch war die Gefahr, die der echte König für Kassandra darstellte, wenn auch nur indirekt. Normalerweise hätte er sich dazu verpflichtet gefühlt, die Krone zu verteidigen, aber nicht in diesem Augenblick, nicht bei Kassandra, der es wahrscheinlich herzlich egal war, was für Höflichkeitsregeln es in diesem Land - in dieser Zeitepoche - gab. Stattdessen hörte er ihr schweigsam zu, beobachtete, wie sie den Namen - wie hieß er? Das Wort schien gänzlich fremd zu sein - mit überraschender Sanftheit aussprach. Zum ersten Mal musste er sich nicht nur fragen, ob es auch andere Phönixe gab, die auf die Welt hinab gestiegen waren, sondern ob Kassandra so etwas wie eine Familie besaß. Eine Familie, vielleicht Freunde? Er hatte keine Ahnung, ob man Beziehungen unter Göttern mit denen der Menschen vergleichen konnte.
      Ihre eigene Reaktion zeigte ihm, dass dies ein Thema war, mit dem sie definitiv nicht leicht umgehen mochte und das ihr wahrscheinlich näher trat, als sie zu zeigen vermochte. Er spürte den bereits bekannten Stich in seinem Herzen, als er für einen flüchtigen Moment den Schmerz in ihrem Gesicht bemerkte.
      "Ich bin mir sicher, Te..." Er runzelte die Stirn. Seine Zunge wollte bei der unbekannten Sprache nicht so recht mitmachen. "... Tedar? Ich bin mir sicher, du wirst ihm begegnen können, wenn er auf der Erde wandelt. So groß ist sie schließlich auch nicht."
      Er lächelte ein wenig, unsicher darüber, ob er wirklich die Wahrheit sprach. Wie groß waren die Chancen, dass sich zwei Phönixe trafen, wenn Kassandra noch nicht einmal selbst gewusst hatte, dass einer ihrer Artgenossen hinabgestiegen war? Wie sollten sie dann aufeinander treffen?
      Für einen Moment war Zoras dazu geneigt, Kassandra weiter zu beschwichtigen, dann hatte sie schon von selbst das Thema gewechselt. Die Male, noch etwas, wovon er jetzt erst erfuhr. Allerdings war er zu betroffen von der ganzen Sache, um jetzt noch darüber nachzudenken, was er sonst noch alles wie durch Zufall herausfinden würde.
      Er wusste für den ersten Moment nicht recht, was Kassandra ihm genau zeigen wollte, fügte sich ihrem Vorschlag aber dennoch und ließ die Tür verschließen, bevor er sich gehorsam auf dem Sessel niederließ. Kurz darauf fing sie an, sich von selbst auszuziehen.

      Ein Teil von ihm drängte ihn dazu, sie aufzuhalten, dafür zu sorgen, dass sie sich nach diesem Vorfall nicht dazu verpflichtet sah, sich vor ihm zu rechtfertigen. Er musste nichts sehen, wenn es auch reichte, dass er einfach nur von dessen Existenz wusste. Sie war ihm keine Rechenschaft schuldig.
      Ein anderer Teil zeigte seine unverblümte Neugier auf Kassandra, auf das, was unter den Schichten ihrer Kleidung verborgen lag. Besonders diesen Teil hielt Zoras für alles andere als gottgerecht und zwängte ihn in die Tiefen seines Bewusstseins hinab, bis davon nicht mehr übrig war als ein kleiner Funken.
      "Kassandra, es ist nicht nötig, dass du mir oder irgendjemandem -", setzte er an, verstummte allerdings wieder, als Kassandra unbeeindruckt weitersprach. Wenn sie es sich schon in den Kopf gesetzt hatte, ihm unbedingt davon zu zeigen, dann würde er sie wohl auch gewähren lassen. Das änderte schließlich nichts daran, dass er ihr nicht den nötigen Respekt entgegen kommen lassen würde.
      Er starrte ein wenig unbeholfen auf ihre entblößte Haut, auf die tatsächliche Reinheit, die sie aufwies, so samtig und makellos, wie auch ihre Hände gewesen waren. Ihren Worten war bei diesem Anblick kaum Glauben zu schenken - wie sollte ihre Haut nicht so perfekt sein, wie sie aussah? Allerdings beantwortete sie diese Frage einen Moment später selbst.
      Zoras konnte bei der Enthüllung nicht anders, als hörbar die Luft einzusaugen. Kassandras Haut wirkte wie ein riesiges, altertümliches Relikt, ein Überbleibsel aus uralten, längst vergessenen Zeiten, die sich in der Form von wirren Mustern und krakeligen Linien zeigten, die auf den ersten Blick völlig unzusammenhangslos auf Zoras wirkten. Lediglich die Narben an ihren Schultern, die auf beiden Seiten existierten und in ein noch viel merkwürdigeres Narben-Muster übergingen, wirkten ein wenig vertraut auf Zoras, so als hätte er inmitten einer ihm fremden Sprache ein Wort entdeckt, das seiner Heimatsprache ähnlich klang. Fragen schossen ihm bei dem Anblick in den Kopf, zu viele, als dass er sich ihnen hätte einzeln widmen können. Er versuchte, die Runen zu verstehen, die dort in ihren Armen eingraviert waren, aber er hatte noch nie etwas vergleichbares gesehen und schien an jeder Stelle etwas neues zu entdecken, wenn er sich zu sehr darauf konzentrierte.
      Schließlich stellte Kassandra das Täuschungsbild wieder her und die geschnörkelten Linien, als auch die Narben wurden von makelloser, weicher Haut ersetzt - oder zumindest von dem Eindruck davon.
      "Das...", begann er, nicht sicher, was er sagen wollte - was er sagen konnte. Was sagte man einer Göttin, die auf ewig von der Menschheit gebrandmarkt worden war und deren Marken sie kontrollieren konnten? Sprach man sein Beileid aus? Das hörte sich wie ein sehr taktloser und sehr unverschämter Witz an.
      "Das ist furchtbar, Kassandra. Kann man sie nicht entfernen? Oder entfernen lassen?"
      Das war auch nicht viel besser - als wäre Kassandra in all den Jahren nicht selbst mal auf die Idee gekommen.
      "Ich... ich weiß nicht, was ich sagen soll", gestand er schließlich, während sein Blick noch immer alle paar Sekunden über Kassandras Hals huschte, als wolle er sichergehen, dass die Narben tatsächlich nicht mehr zu sehen waren.
      "Ich werde dafür sorgen, dass sie niemand zu sehen bekommt - nicht Caphalor, nicht Seine Majestät, niemand. Kannst du den Zauber unbegrenzt aufrecht erhalten? Oder müssen wir uns darum sorgen, dass er irgendwann... einfallen könnte?"
      Er stand vom Sessel auf, als Kassandra sich wieder etwas übergezogen hatte, und ging ein paar Schritte in die Mitte des Zimmers. Er kam zwar vom Trainingsplatz, aber eigentlich könnte er gleich wieder nach draußen gehen. Wie gerne er ausgeritten wäre, um über die ganze Sache nachzudenken.
      "Ich werde ihn von dir fernhalten. Oder vielleicht... vielleicht kannst du dich mehr an Seine Majestät halten? Ich weiß er ist... gewöhnungsbedürftig, aber er wird sicherlich nicht zulassen, dass Caphalor dir zu nahe kommt. Wir dürfen es nicht einmal riskieren, dass er irgendwas davon mitbekommt. Ich fürchte er ist gerissener, als ich ihm gerne zugestanden hätte."
      Er drehte sich wieder zu Kassandra um, ging ein paar Schritte auf sie zu, erinnerte sich an die unangenehme Situation mit Caphalor und blieb doch wieder auf Abstand stehen. Er hätte gerne ihre Hand gehalten, wie schon vor einer Woche, nachdem sie im Thronsaal zusammengesackt war, aber das erschien ihm dann doch als keine sehr elegante Idee.
      "Wir haben uns auf ein Datum geeinigt für... den Plan. Heute zwei Wochen um 1 Uhr nachts, dann wird alles anders werden. Nur bis dahin musst du Caphalor aus dem Weg gehen, meinst du, du schaffst das? Soll ich dir mehr Gardistinnen überstellen, dir ein anderes Gemach zuweisen? Vielleicht eine... erfahrenere Bedienstete? Du musst es mir nur sagen, Caphalor ist nicht allmächtig, auch mit dem Segen einer Gottheit in seinem Rücken. Er muss sich noch immer an die Gesellschaftsregeln halten und gemäß denen stehe ich in allen Bereichen über ihm, außer er erhält eine direkte Anweisung des Königs, die meiner widersprechen könnte."
      Er zögerte einen Augenblick, griff sich in den Bart. Sein Blick wanderte zwischen Kassandras Augen umher, als würde er in ihnen nach etwas suchen, wovon er sich selbst gar nicht bewusst war.
      "Wir schaffen das, ich werde mir etwas einfallen lassen. Wir werden diese Sache beide heil überstehen, das verspreche ich dir."
    • Kassandra schüttelte leicht den Kopf.
      "Doch, es war notwendig. Du hast selbst gesagt, du brauchst alle etwaigen Informationen, die deinen Plan gefährden können, und das hier zählt eindeutig dazu. Dir wird es nicht weiterhelfen, die einzelnen Marker zu sehen - du besitzst schlichtweg nicht das nötige Wissen, um deinen Nutzen daraus zu ziehen. Caphalor hingegen schon."
      Die Luft flimmerte kurz nachdem sich das Trugbild komplett aufgebaut hatte und sie ihre Schultern wieder unter der Jacke verborgen hatte. Sie war zu sehr von sich und ihren Fähigkeiten überzeugt, als dass sie gefürchtet hätte, der Jäger wäre an dieses potenziell gefährliches Wissen gekommen.
      Sie konnte nicht anders als müde lächeln bei Zoras' kläglichem Versuch, sein Mitgefühl auszudrücken. Er wusste nicht um die wahre Tragweite dieser Marker noch dass es nichts war, das wirklich privat war. Manche gebundenen Götter trugen diese Marker offen erkenntlich, ganz vorweg sämtliche nordische und südländische Götter.
      Darüber hinaus vermochte sie es nur, leise zu seufzen. Der Herzog pilgerte im Raum herum und versuchte sie mit Worten der Sicherheit zu beruhigen. Ob sie es nun wollte oder nicht, diesem Menschen konnte sie keinen schlechten Willen unterstellen. Dafür überstrahlte er mit seinem hellen Licht die um sich herum viel zu stark.
      "Ich kann ihn selbst während meiner Bewusstlosigkeit aufrecht erhalten, ja. Das Trugbild wirkt wie eine Aura um mich herum, die sich eigenständig von meiner Magie nährt. Auf Dauer vielleicht etwas lästig, aber sicher", beantwortete sie seine Frage während sie sich den Rest seiner Worte zu Gemüte führte.
      Wieder machte der Herzog diese nachdenkliche Geste indem er sich in seinen Bart fasste. Diese Handlung hatte sie über die Jahrhunderte schon oft gesehen. Scheinbar neigten Männer dazu, wenn sie über etwas nachdachten und ihre Hände beschäftigen wollten. Allerdings war da noch dieser stetig wechselnde Blick, wie er ihre Augen abwechselnd musterte. Zwei Wochen waren eine sehr lange Zeit wenn man bedachte, was innerhalb weniger Tage geschehen war. Man müsste den Jäger konsequent beschatten lassen, damit er sich nicht weiter ausbreitete als er es ohnehin schon tat. Sich dabei an Feris zu halten war ein durchaus logischer Vorschlag, allerdings hatten die vergangenen Tage gezeigt, dass es nie zu einer Harmonie zwischen dem König und seinem Champion kommen würde.
      "Du musst mich nicht schützen wie eure adeligen Menschenfrauen es brauchen. Ich brauche keine weiteren Gardisten, die zwei reichen vollkommen aus, das Mädchen als Zofe reicht vollkommen aus. Sieh mich nicht an wie eine eurer Frauen sondern sieh mich einmal als Kriegsnatur", sagte Kassandra leise mit einem Nachdruck in der Stimme, der weder von Zorn oder Sorge getrieben war. "Stell dir vor, man wirft dich auf ein Schlachtfeld und nimmt dir deine Waffe, dein Reittier. Alles, was dich auf diesem Feld profiliert. Ich weiß von der Macht in meinem Arsenal und stehe vor einer vergitterten Tür, sodass ich nicht an sie herankomme. Aber ich weiß, dass sie da ist. Dass sie mir sämtliche Probleme vom Halse schaffen kann. Kannst du dir vorstellen wie lange es her ist, dass ich im Besitz meiner vollen Kraft war?"
      In den Augen der Frau loderte ein Feuer, fernab des magischen Glühens, wenn sie ihre Magie wirkte. Es war das Feuer einer brennenden Seele, die trotz aller Widrigkeiten noch immer glimmte und sich weigerte zu verlöschen.
      "Länger als es eure Zeitrechnung gibt und noch mal das doppelte darüber hinaus. Ich bin dazu auserkoren über die Welt hinweg zu fliegen, so frei zu sein wie der Himmel über deinem Kopf. Stattdessen hat man mich an den Boden gekettet und mich über Ewigkeiten nicht die sein lassen, die ich eigentlich bin. Weißt du, wie schrecklich sich das anfühlt?"
      Diese Worte hatte sie das letzte Mal vor gut vierhundert Jahren einem östlichen Kriegsherren offenbart, der daraufhin ihr einen Teil ihrer physischen Ketten nahm und sie auf das Schlachtfeld losließ. Das Ergebnis war das reinste Massaker mit Scharen an verbannten Körpern, Pflanzen und Gebäuden, woraufhin sie ein weiteres Mal verkettet und weggesperrt worden war. Aus Furcht, diese Naturgewalt ein weiteres Mal auf die Erde loszulassen. Damals hatte sie lediglich die Hälfte ihrer Freiheit zugestanden bekommen.
      "Wenn Telandir wirklich auf dieser Erde wandelt werde ich ihn finden. Ich bin gespannt, ob dein Vorhaben funktioniert und wie lange es dauern wird bis du dein Versprechen doch noch einmal überdenkst und mich nicht freigibst. Ich meide die Beiden so gut es geht und harre bis dahin aus."

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Kassandras Worte schienen etwas in Zoras umzuschalten, dessen er sich selbst bis dahin noch gar nicht bewusst gewesen war. Er hielt in seiner Kraulbewegung inne und zog die Stirn kraus, selbst erstaunt über die Intensität an Gefühlen, die Kassandra damit hervor brachte.
      "Ich sehe dich weder als eine unserer Frauen, noch als Kriegsnatur", stellte er klar, bevor er erneut verstummte und der Phönixin lauschte. Natürlich konnte er nur vermuten, wie es sich anfühlen mochte, nur ein Teil seiner selbst zu sein, wie es bei Kassandra der Fall war, die Macht zu spüren, die einen ausmachte, ohne sie jemals vollständig einsetzen zu können. Er konnte auch nur vermuten in einer Welt gefangen zu sein, die man Momente zuvor noch aus einer allmächtigen Perspektive betrachtet hatte, nur um dann den gleichen Regeln unterworfen zu werden wie alle die, die viel niedriger als man selbst war. Er konnte es nur vermuten und hätte selbst dann nur einen Bruchteil der Tragweite begriffen, die dieser Effekt haben musste.
      Zum ersten Mal fragte er sich, ob diese ganze Gefangenschaft sich nicht auf Kassandras Psyche auswirkte. Er hatte schon von Champions gehört, die scheinlichst den Verstand verloren hatten, aber eine verrückte Gottheit war noch immer so weit von den Sterblichen entfernt, dass es ihnen wahrscheinlich gar nicht auffallen würde. Bei Kassandra hatte er nicht das Gefühl, dass ihre Psyche darunter litt, aber konnte er es wirklich sagen? Er hatte schließlich keinen Vergleich zu der Kassandra von vor hunderten, wenn nicht tausenden Jahren, die - auch noch alleine unter ihren Artgenossen - auf die Welt verbannt worden war. Vielleicht hatte es auch sie schon getroffen und jeder Träger, jedes Leben, dem sie sich wieder anhängen musste, zerrte sie weiter hinab in eine alles vernichtende Dunkelheit, die noch viel weiter von ihrer Macht entfernt lag, als es jetzt der Fall war.
      In gewisser Hinsicht hatte er mehr Mitleid mit ihr, als irgendetwas anderes.
      Er beobachtete ihre Miene, versuchte aus dem Ausdruck ihre Gedanken herauszulesen, wie weit er gehen mochte, wie weit sie ihn gehen ließ. Schließlich waren seine Worte sicherlich auch nur ein paar unter hunderten, die an sie gerichtet worden waren, sicherlich gleichermaßen in gutem und schlechtem Sinn. Aber er würde ohne Umwege in die Hölle fahren, wenn er sie mit ihrem Schicksal allein lassen würde.
      Er kam zu ihrem Bett, zögerte für einen Moment und setzte sich schließlich auf die Bettkante, in ihrem Blick weiter nach Antworten suchend. Seine Hand zuckte, wollte zu seinem Bart, blieb dann doch in seinem Schoß liegen.
      "Ich möchte mir nicht anmaßen, irgendwelche Vermutungen darüber zu stellen, wie es dir gehen mag - ich glaube, selbst das größte Unglück der Sterblichen ist nichts im Vergleich zu dem, was dir - was euch wiederfahren ist. Ich kann sie auch nur so weit verstehen, wie meine eigenen bescheidenen Erfahrungen reichen, aber das ändert alles nichts daran, dass ich nicht an meinen Prinzipien festhalten werde. Du bist in meinen Augen in erster Linie ein Mensch, Kassandra, vielleicht ein etwas... spezieller, unsterblicher Mensch, aber noch immer ein Mensch. Du bist an die gleichen Regeln gebunden wie wir andere auch und ich werde nicht zulassen, dass dir - oder wem auch sonst, mir egal ob Gottheit oder Königin oder Zofe - etwas ungerechtes wiederfährt. Ich weiß, dass du dich verteidigen kannst, ich weiß - naja, ich kann es mir vorstellen - was für ein Massaker du anrichten könntest und obwohl ich den Palast ungern in Flammen sehen wollte, ist mir das ganz egal. Du verdienst es mit dem gleichen Respekt behandelt zu werden, wie wenn du im Besitz deiner vollen Kräfte wärst und dazu gehört, dass kein Jäger dieser Welt hereinspaziert und sich dir aufdrängt, aus welchem Grund auch immer. Kein Jäger, auch kein König, kein Herzog, niemand. Ich werde dich nicht dazu drängen, ihn zu Asche zu verbrennen, aber ich werde auch nicht dabei zusehen, wie er sich den Regeln widersetzt - nicht, weil du eine Gottheit bist, sondern weil du dieselben Rechte wie wir anderen auch hast. Du verdienst, dass man dich auch ohne deine Kräfte respektiert."
      Er blinzelte, dann lächelte er schwach. Der Ausdruck war allerdings nicht stark genug, um seine Augen zu erreichen.
      "Das sind viele Worte für jemanden, der sich genauso an deiner Sklaverei bereichern will, wie alle anderen vor ihm auch. Aber ich halte daran fest, dass ich dich zu nichts zwingen werde und dir die Freiheit schenke, wenn alles vorbei ist. Der einzige Grund, weshalb ich das mache ist der, dass ich schon einmal gesehen habe, wie mein Land gefährlich weit gefallen ist und ich werde alles nötige tun, damit das nicht noch einmal passiert."
      Er blinzelte wieder, in seinen Augen glitzerte es.
      "Aber ich werde dich dafür nicht ausnutzen, weil ich dich genauso respektieren möchte, wie alle anderen hier auch. Vielleicht nicht ganz so sehr wie einen gewissen blondhaarigen Mann."
      Er stand wieder auf, griff sich doch noch in seinen Bart.
      "Benutz deine Gardisten beim nächsten Mal. Oder ruf mich und ich komme mit einem Jagdmesser vorbei, damit macht man keine so große Sauerei wie mit einem Schwert."
      Das Lächeln tauchte wieder auf seinem Gesicht auf, diesmal ernst genug gemeint, um seine Lachfalten entstehen zu lassen. Er betrachtete Kassandra damit für einen Moment.
      "Ich lasse mir für das Problem etwas einfallen. Nur zwei Wochen, mehr verlange ich nicht."
      Damit verabschiedete er sich und ging hinaus, bevor Kassandras beide Gardistinnen wieder ihre Stellungen bezogen.

      Das "Problem" war schwieriger zu lösen, als gedacht. Trotz intensiver Suche war es Zoras nicht möglich, die vier Gardisten von dem Tag mit Caphalor aufzutreiben, er musste sich stattdessen mit Ahnungslosigkeit und Verwunderung herumschlagen, wenn die anderen Gardisten bemerkten, dass tatsächlich ein paar von ihnen fehlten. Nach einem Aufklärungsgespräch mit seinem Hauptmann kam heraus, dass die besagten Männer ihren Dienst in den letzten Tagen gar nicht angetreten hatten und deswegen in der Stadt langsam nach ihnen gesucht wurde, bei der Vermutung, sie hätten sich an einem freien Abend vollgesoffen und wären irgendwo in der Gasse geendet. Zoras hielt das allerdings für keine sehr plausible Erklärung. Er hatte stets kompetente, erfahrene Soldaten in seinem Kontingent und obwohl so manch einer sich in seiner Freizeit etwas zu weit aus dem Fenster lehnte, war es doch noch nie vorgekommen, dass irgendjemand von ihnen nachlässig geworden wäre. Nein, stattdessen hielt er es für mehr als verdächtig.
      Also suchte er Eiklar auf und nach einer kurzen Besprechung beschlossen sie, einfach vier andere Gardisten dazu zu bestimmen, ihre Zeugen zu spielen - schließlich hatte man die Gesichter der Männer nicht gesehen und der König würde sowieso nicht auf die Idee kommen, dass möglicherweise die falschen Zeugen geladen wurden. Hauptsache, sie würden Caphalor damit irgendwie in seine Schranken weisen.
      Eiklar beantrage die Audienz beim König, um unter vier Augen darüber zu reden. Sicher würde er dann auch hören wollen, was Caphalor zu seiner Verteidigung zu sagen hatte.
    • Mit einer an Unwirklichkeit grenzenden Ruhe in den Augen folgte sie Zoras, wie er sich neben ihr an die Bettkante setzte. Aufmerksam lauschte sie seinen Worten, die er endlich einmal aussprach, ohne sich ständig in den Art zu fassen. Wäre sie ein normaler Mensch gewesen, würde sie sich unglaublich über diese Worte, gesprochen von einem Herzog höchsten Ranges, zutiefst freuen und geschmeichelt fühlen. Doch er sah sie lediglich als Mensch, vergleichbar mit jeder anderen Person in seinem Umfeld. Dieses Denken machte sie sterblicher als sie es sein wollte und nahm ihr automatisch etwas von dem, was ihre Natur ausmachte. Wer war sie denn schon ohne ihre Kräfte? Subtrahierte man sie weg, war Kassandra nichts anderes als eine schöne Frau, die dazu verdammt war, sich den Avancen eines Mannes zu ergeben und seine Nachkommen zu gebären.
      Schließlich stand Zoras wieder auf. Abermals sprach er versichernde Worte, die er mit keiner schlechten Intention aussprach. Doch in Kassandras Gefühlswelt sah es anders aus. Sie würde und wollte keine Wachen rufen, sich nicht auf ihn verlassen. Wenn es dazu kam, dass sie sich auf Menschen in ihrem Umkreis verließ, dann war ihr Schicksal zu gut wie besiegelt. Sie würde ihren Peiningern eigenmächtig die Augen ausbrennen, die Hände versengen, wenn es denn sein musste.
      Sie sah die Lachfalten in dem gezeichneten Gesicht zurückkehren und erwiderte es mit einem toten Lächeln. Zwei Wochen waren in ihrem Wortschatz ein Wimpernschlag an Zeit. Zwei Wochen, in denen sie sich schweren Herzens an den König hängen würde, um möglichst wenig Reibpunkte mit dem Jäger zu schaffen und dem Herzog die Freiheit einzuräumen, die er für seinen Putsch brauchte.
      Zwei Wochen, bis es hier zu einem Umschwung kommen würde.

      Wie angekündigt zwang sich Kassandra zu einem immerhin neutralen Verhältnis zu Feris. Sie gab sich als lernwillig, mehr Wissen anzusammeln über diese ihr fremdländische Kultur. Was dazu führte, dass sie weniger wie ein Schatten sondern eher wie ein Begleiter die meiste Zeit des Tages an seiner Seite war. Doch all die Zeit, die sie mit dem Jungen verbrachte, war vergeudete Zeit. Weder entstand auch nur der Hauch einer Sympathie für den Kindskönig, noch scherte sie sich sonderlich darum. Ihre Augen waren lediglich auf den Stand der Sonne, den Wanderzug der Sterne gerichtet, die ihr das verstreichen der Zeit bedeuteten.
      Bis Zoras eine Audienz einberief, zu der ebenfalls Caphalor geladen war.
      Es war eine überschaubare Audienz, während der Feris auf seinem Thron lümmelte und man Kassandra einen immerhin ansehnlichen Sessel gebracht hatte, auf dem sie selbst nun mit überschlagenen Beinen thronte. Ihr war nicht ganz ersichtlich, warum Zoras eine Audienz einberief, aber als Caphalor die Halle betrat und man die Tür hinter ihm schloss, schwante ihr nichts Gutes.
      Ganz der Ehrenmann der er war, verbeugte sich der Jäger vor dem thronenden Paar und nickte ebenfalls Zoras sowie Eiklar zu, der sich an Zoras' Seite eher wie ein Assistent auswirkte.
      "Ihr habt mich rufen lassen? Wie kann ich Euch helfen?", fragte er noch guter Dinge und richtete seine volle Aufmerksamkeit auf den König vor ihm.
      Kassandra indes wartete ab. Sie verzog keine Miene, beachtete den Jäger nicht mehr als notwendig und versuchte herauszufinden, wie Zoras Caphalor nun einschränken wollte. Seit dem Vorfall hatte sich der Jäger nichts mehr zu schulden kommen lassen und nach ein wenig Verhör hatte Rima ihr erzählt, was geschehen war. Das bisschen Sympathie, das die Phönixin für Caphalor gehabt hatte, war daraufhin vollkommens gestorben.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Die Audienz verlief - zumindest anfangs - erstaunlich gut. Der König hatte Eiklar empfangen, sich sein Leid ohne zu murren und ohne sich zu beschweren angehört und hatte dann nach dem Rest der Beteiligten verlangt. Als sie sich im Thronsaal einfanden, lief es wieder nicht mehr ganz so gut.
      Die letzten Tage schienen an ihm irgendetwas gemacht zu haben, das nicht ganz zu erkennen war. Möglicherweise war es die verstärkte Anwesenheit von Kassandra, die ihn ein wenig aus dem Konzept brachte und ihn geistig forderte - schließlich wollte er vor seinem Champion noch immer einen guten Eindruck machen; meistens zumindest. Oder aber es war etwas anderes, das ihn beschäftigte und das er niemandem anvertraute, nicht einmal Eiklar. Was auch immer es war, es schien ihn auch im Thronsaal zu betreffen.
      Er saß recht erhaben auf seinem Thron, den Kopf erhoben, die Arme wie eine Statue auf den Armlehnen platziert. In seinem Inneren herrschte allerdings das gewohnte Chaos von Unsicherheit, Angst, Zorn, Hilflosigkeit, ein nicht enden wollender Strudel in seinem tagtäglichen Leben, der nur dann zum Erliegen kam, wenn er schlief. Er schien nicht dazu willens zu sein, diese Audienz abzuhalten, aber wenn man es genau betrachtete, schien er zu kaum etwas willens zu sein.
      Er beobachtete Caphalor mit starrem Blick, während sein Innenleben vor der bevorstehenden Konfrontation Panik schob. Als Caphalor sich verneigt hatte, blickte er zu Eiklar hinab, äußerst darauf bedacht, Zoras keine Aufmerksamkeit zu schenken.
      "Wiederholt, was Ihr mir gesagt habt, Herzog Riev."
      Eiklar verneigte sich.
      "Sehr wohl, Eure Majestät. Wir haben Grund zur Annahme, dass Herr Anyras den Dienst des Goldes gegenüber dem der Krone bevorzugt. Er hat in einem Gespräch eine äußerst zweifelhafte Bemerkung darüber gegeben, dass er in Betracht zöge, den Dienst eines anderen Herren dem des Euren zu bevorzugen, solange der Lohn erträglicher ist. Ich bitte um Verzeihung für die direkte Wortwahl, denn sie stimmt nicht mit der von Herrn Anyras überein, aber der Sinn beider Aussagen ist unverfälscht der gleiche. Sicher werdet Ihr meine Befürchtung teilen, dass sich der Jäger als untreu erweisen könnte."
      Der König sah hinüber zu Caphalor. Seine Miene war recht ausdruckslos, aber nichtsdestotrotz hatte er Angst. Obwohl er nicht der erfahrenste und auch nicht der klügste König war, besaß er doch genug Verstand, um eine vermeintliche Gefahr zu erkennen, die sich so offensichtlich vor ihm auftat. Er wollte keinen Ärger in seinem Palast, er fürchtete um seine eigene Sicherheit.
      "Was habt Ihr dazu zu sagen?"
    • Tatsächlich hatte Caphalor damit gerechnet, dass man ihn eher für das Verschwinden der vier Gardisten verantwortlich machen wollte. Dass man den plumperen Weg ging und ihn versuchte für etwas vorzuführen, das er von Anfang an bereits offen kommuniziert hat, wunderte ihn eher. Ein Glück, dass er bereits am Anfang seines Dienstes eine ähnliche Unterhaltung mit dem König unter vier Augen geführt hatte.
      Wie Kassandra es erwartet hatte, wirkte der Jäger mehr als entspannt. Er veränderte nicht einmal seinen Stand als man ihn dazu aufforderte, seinen Standpunkt näher zu bringen.
      "Wie ich bereits zu Beginn meines Dienstes bekanntgegeben habe, ist mein Auftraggeber jener, der mich angemessen bezahlt. Ich habe Euch zu Beginn gesagt, dass Ihr mich für meine Dienste lukrativ bezahlt und es muss erst einmal jemand in den Ring treten, der gewillt ist, mehr als Ihr zu zahlen. Ich wähle einfach verdientes Geld über jenes, das mit hohem Gefahrenwert verbunden ist. Also ja, ich werde nach Eurem Dienst nicht mehr dieser Krone treu sein sondern in das nächste Land reisen und dort meinen nächsten Auftrag suchen", erklärte Caphalor wie die Ruhe selbst, um sich dann einmal Eiklar und Zoras zu widmen und sie unverholen zu mustern.
      "Allerdings sollte es den König vielmehr interessieren, wie zwei seiner Herzöge plötzlich auf den Gedanken kommen, den beauftragten Jäger anzufeinden."
      Es entstand eine Pause, in der Kassandras Augen sich minimal weiteten. Sie ahnte, wohin sich das Gespräch jetzt drehen würde und war nicht in der Lage vorauszusehen, wem das Kind an ihrer Seite am ehesten glauben würde. Dank seiner Aversion gegenüber Zoras standen die Chancen nicht schlecht, dass sich der König auf die Seite Caphalos schlug anstatt auf jene, die ihm treuer ergeben war.
      "In der Regel werden solche Vorwürfe nur erhoben, wenn es handfeste Beweise gibt, richtig? In dem Fall Eurer Herzöge reichen persönliche Bezeugungen aus, ebenfalls richtig? Das würde voraussetzen, dass sowohl Herzog Luor als auch Herzog Riev das Gespräch mit mir gesucht haben und eine eher fragwürdige Unterhaltung begonnen haben", führte Caphalor weiterhin aus, ein Lächeln deutete sich am Rande seiner Mundwinkel an, das nicht über seine Nase hinweg reichte. "Haben Euch Eure Herzöge denn erzählt, dass sie mich nach meinem Lohn gefragt haben unter fadenscheiningen Aspekten? Der Wortlaut des Herzogs Luor war beispielsweise: Wir sind der Ansicht, dass eine Gehaltsanpassung angemessen sein könnte. Das impliziert, dass hinter Eurem Rücken Handlungen getätigt werden, von denen Ihr nichts wisst. Oder noch schlimmer - diese zwei Männer da erwägen, mich abzulösen."

      Kassandras Finger gruben sich in die Stuhllehne ihres Stuhles. Spätestens mit der Aussage, dass die beiden Herzöge hinter dem Rücken Feris' agierten, würde er den Jungen kriegen. Sein Vertrauen war nicht groß genug, als dass er bedingungslos den Worten seiner zwei Berater glaubte. Dafür war die Unsicherheit in dem Jungen viel zu groß. Das hier würde sich in ein Desaster verwandeln wenn die beiden Männer nicht schleunigst eingriffen und das Ruder wieder herumrissen. Denn die Phönixin durfte nichts tun, konnte nichts sagen. Sie stand in dieser Beziehung außen vor, zumal es nicht mehr ihr Spielplatz war.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Dass Caphalor sich nicht so einfach den Anschuldigungen ergeben würde, war beiden bereits klar gewesen, aber dass er es auch noch so schnell schaffen würde, den Spieß umzudrehen, traf sie recht unvorbereitet.
      Zoras, für sich selbst, hasste diesen Kindergarten. Es war einfacher, sich um ein handfestes Problem zu kümmern, dessen Lösung einer ganz bestimmten Handlungsweise bedarf, als sich mit Wenns und Vielleichts auseinanderzusetzen, deren Antworten Einfluss auf weitere Gespräche hatten. Im Moment redeten sie nur, aber der Ausgang dieser Auseinandersetzung konnte bestimmen, gegen wen sie letzten Endes die Waffe erheben würden - und das war es doch schließlich, worauf das alles hinauslief: Entweder sie würden das Schwert gegen Caphalor erheben, oder sie würden es mit oder ohne ihn erheben.
      Das alles war Zoras zu abstrakt, um sich damit auseinanderschlagen zu wollen. Er war ein Mann von Taten und nicht von Worten - aber eben deswegen hatte er Eiklar bei sich. Der kleinere Herzog war beinahe das genaue Gegenteil von ihm und in diesem Kontext unverzichtbar.
      "Natürlich haben wir das", entgegnete Eiklar so selbstsicher und überzeugt, als würde das Gespräch genau die Richtung einschlagen, die er sich erhofft hatte. Neben ihm durchbohrte Zoras den Jäger mit seinem Blick.
      "Wir sind stets um die Instandhaltung des königlichen Haushalts bemüht, ob wir nun selbst daran beteiligt sind oder nicht. Ihr seid nicht nur Ausländer, Herr Anyras, sondern zudem auch noch von kaum nennenswerten Adel, wenn überhaupt. Als Einwohner, Herrscher und Leiter dieses Landes sind wir, im Namen der Krone, darum bemüht, die Sicherheit eben jener zu gewährleisten und sie vor sämtlichen Gefahren zu schützen. Eure Loyalität ist daher eine Angelegenheit, die uns ebenso beschäftigt."
      Er wandte sich zum König, der die Unterhaltung mit zusammengekniffenen Augen beobachtete. Es war überdeutlich, dass er keine Ahnung hatte, wie er hier verfahren sollte, aber die Tatsache, dass er seinen Beratern noch nicht zugesprochen hatte, zeugte davon, dass er wohl mehr zu Caphalors Seite geneigt war, als er zugeben mochte. Selbstverständlich war es Zoras' Anwesenheit verschuldet, er brauchte den Herzog noch nicht einmal anzusehen um den Hass zu versprühen, den er für den Kavalleristen empfand. Wenn Eiklar alleine gewesen wäre, hätte er ihm womöglich sofort Recht zugesprochen, aber Eiklar war nun einmal nicht der einzige Beteiligte in der Sache und erst recht nicht der, von dem alles ausging. Es war Fluch und Segen zugleich, dass gerade Zoras in die Rolle des Anführers geschlüpft war.
      "Wir fragten nach seinem Lohn, um uns der Gefahren bewusst zu sein, die ein potentieller Gegenbieter verbreitet. Ihr könnt nicht leugnen, Eure Majestät, dass es in der jetzigen Lage fatal wäre einem Jäger zu trauen, der noch am selben Tag von jemand anderem abgelöst werden könnte. Die Informationen, die er heute Abend verbreitet, könnten schon verfälscht sein, um Euch in die Irre zu führen. Das würden wir nicht dulden."
      Er wandte sich wieder Caphalor zu.
      "Ich beantrage daher den Jäger unter Aufsicht zu stellen. Wenn er schon als Söldner fungiert, sollte er auch so behandelt werden."
      "...Moment."
      Der König rutschte ein wenig auf seinem Stuhl herum. Neben ihm beobachtete Kassandra das Geschehen unbewegt mit einer nicht deutbaren Miene.
      "Wie war das mit der Gehaltsanpassung? Woher soll ich wissen, dass Herzog Luor Caphalor nicht ablösen will?"
      Manchmal war es schwierig höflich zu bleiben, wenn der König selbst schon an seiner Formulierungsweise scheiterte. Zoras verneigte sich in diesem Moment dennoch makellos, bevor er sprach.
      "Ich würde es nicht wagen, Eure Majestät - nicht, ohne Euch davor in Kenntnis zu setzen. Allerdings halte ich das Gehalt von Herr Anyras nicht angemessen für den Dienst, den er Euch erweist. Nicht mit der Freiheit, die damit einhergeht."
      "Aber ich habe ihn doch beauftragt, oder etwa nicht? Kann ich da nicht auch entscheiden, wie viel Freiheit ihm gewährleistet wird?"
      Dummer Junge.
      "Natürlich, Eure Majestät. Ich meine nur -"
      "Was Herzog Luor sagen will", sprang Eiklar gütigerweise ein, der selbst merkte, dass das in eine falsche Richtung abdriftete, "ist, dass wir um Eure Sicherheit besorgt sind, Eure Majestät. Entweder, Herr Anyras erhält einen dem gewöhnlichen Dienst angemessenen Lohn, oder er wird unter Beaufsichtigung gestellt. In der jetzigen Lage ist die Gefahr seiner Untreue zu groß."
      Der König presste die Lippen aufeinander. Außer Kassandra merkte wahrscheinlich niemand, dass er Eiklars Worten nicht folgen konnte und zu eingeschüchtert war, eine Aufklärung zu verlangen.
      "Lasst uns alleine. Ihr beide."
      Er scheuchte die Herzöge mit einer Handbewegung hinaus, die sich anstandslos vor ihm verbeugten und den Rückzug antraten. Zoras konnte es nicht lassen, Caphalor dabei in Grund und Boden zu starren.
      Als sie verschwunden und Caphalor alleine zurückgeblieben war, schien er sich ein wenig zu entspannen.
      "Stimmt das? Ich meine, würdet Ihr einfach einen anderen Auftraggeber bevorzugen, falls er mehr bezahlen sollte?", fragte er etwas ruhiger, wenngleich noch immer aufgewühlt. Er hörte sich gekränkt an, als ob er das persönlich nehmen würde.
      "Ihr seid Euch doch sicherlich bewusst, was für eine Ehre es ist, für die Krone arbeiten zu dürfen, oder? Oder nicht?"
    • Über die Jahre hinweg hatte Kassandra eine nichtssagende Mimik regelrecht perfektioniert. Sie konnte es nicht riskieren, dass ihr Blick die Geschehnisse in eine Richtung beeinflusste. Alles, was sie sein durfte, war ein stiller Beobachter. Allerdings erkannte sie durchaus Eiklars Talent in der Verhandlungsführung, aber allein die Anwesenheit Zoras' war Grund genug, um den König zum Zweifeln zu bringen. Zu gerne hätte sie das Wort ergriffen und diesem dämlichen Jungen aufgezeigt, wie er korrekt zu handeln hatte. Doch sie hielt sich an die Versprechung mit dem zeitlichen Rahmen und unterschrieb somit das Todesurteil Feris'.
      Allerdings zeichnete sich Überraschung sowohl in ihrem Gesicht als auch in Caphalors ab, als der König seine zwei Herzöge einfach fortschickte. Bei Kassandra wuchs die Sorge, bei Caphalor hingegen war es die Selbstsicherheit.
      Der Jäger erwiderte Zoras Blick unterschwellig, das gewinnende Lächeln versteckte sich noch immer am Rande seiner Mundwinkel. Er hatte die deutlich besseren Karten sich bei dem König einzuschleimen, der eine derart große Aversion gegen diesen einen Herzog hatte, dass es schon fast lächerlich war. Er musste nun nur noch zusehen, dass die Phönixin nicht wieder dazwischen grätschte.
      Erst als die zusätzlichen Ohren aus dem Raum verschwunden waren, räusperte sich Caphalor und deutete eine Vorbeugung an.
      „Wie ich bereits gesagt habe: Wir Jäger gehen nach der Art der Arbeit und der Bezahlung. Und Ihr als König zahlt für beratende Dienste, die sehr angenehm und ungefährlich sind, einen sehr guten Lohn. Selbst wenn mir jemand das Dreifache bieten würde, so wäre die damit verbundene Aufgabe eine wesentlich anspruchsvollere. Und wie Ihr sicherlich auch wisst, streben Menschen nach der einfachsten Arbeit mit dem besten Lohn, richtig?“
      Kassandras Augen verengten sich minimal. Er wägte den Jungen also in Sicherheit, ohne jemals eine wirkliche Antwort auf seine Frage zu geben. Vermutlich fiel dies dem Jungen nicht einmal auf sondern ließ sich weiter Honig um den Mund schmieren.
      „Natürlich wird man nicht alle Tage von einem König direkt beauftragt. Weshalb ich auch jegliches Angebot Eurer beiden Herzöge ausgeschlagen habe“, fuhr er geflissentlich fort. „Es ist ein offenes Geheimnis, dass insbesondere Herzog Luor ein außerordentliches Interesse an Eurem Champion hegt. So sehr, dass er mir eigenständig verboten hat, in Kontakt mit ihr zu treten. So ist es doch, richtig?“
      Er richtete das Wort an Kassandra, die allerdings nicht darauf nickte. Stattdessen erwachte sie aus ihrer Lauerhaltung und richtete sich etwas gerader auf.
      „Feris, Ihr wisst allerdings auch nicht, dass der Jäger Hand an mich gelegt hat, oder?“, war ihr kühler, wenn auch bissiger Kommentar.
      „Mit Verlaub, ich musste überprüfen, ob Ihr Fesselinsignien tragt bevor ich dem König davon berichte.“
      Kassandras Rubine trafen auf Caphalors Smaragde während sich beide Parteien nieder starrten. „Glaubt Ihr ernsthaft, dass der König es einfach so gestattet, dass Ihr auf eigene Handlung hin Euch an seinem Champion vergreift?“, gab sie bissig zurück und setzte halbherzig auf die Karte, dass der König ungern seine Spielzeuge zu teilen gedachte. „Oder sehe ich das falsch?“

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Caphalor umschiffte die Frage des Königs so elegant, dass dem Herrscher in keinster Weise auffiel, wie seine Frage unbeantwortet blieb. Er glaubte, aus den Worten des Jägers das herauszuhören, was er hören wollte und das war schon genug um ihn zu überzeugen, dass das auch der Wahrheit entsprach. Seine Angst legte sich ein bisschen - minimal nur, aber doch so viel, um ein wenig Platz für andere Gedanken zu schaffen. Zum Beispiel darüber, was für eine Rolle Zoras in der ganzen Sache spielte.
      Erst, als Kassandra ein neues Thema ansprach, wurde er auch von diesem Gedanken fortgerissen, wandte sich ihr erschüttert zu, zunehmend panisch über diese neue Auskunft. Der Jäger hatte Hand an sie angelegt? Also wäre Zoras nicht der einzige, der Interesse an ihr zeigte?
      Die ursprüngliche Diskussion schweifte schnell in andere Anklagen ab und während die Göttin und der Jäger so wirkten, als könnten sie sich die nächste Stunde in ihren Streitereien verlieren, hatte der König noch kein einziges Wort dazu beigetragen. Er starrte nur, mal zu Kassandra, mal zum Jäger und mal ins Nichts, während er seine Gedanken zu ordnen versuchte. Es gab also mehr als ein Problem und alle verlangten seine Aufmerksamkeit, seine Lösung. Das war nichts, was er seinen Beratern zuschieben konnte, weil sie es zum Teil betrafen; er musste seinen eigenen Mann stehen.
      "Ruhe, alle beide!", fauchte er schließlich, bevor die beiden Parteien sich wirklich noch die nächste Stunde anfeinden würden. Mit einem finsteren Ausdruck im Gesicht starrte er auf Caphalor hinab, während er das Chaos in seinem Kopf zu bewältigen versuchte. Verschiedene Probleme also, welches war das wichtigste?
      "Ihr habt sie berührt?", kam schließlich die Frage, die so dunkel ausgesprochen wurde, als wäre sie fast eine Drohung. Seine Majestät war tatsächlich nicht in der Laune dazu, sein Spielzeug zu teilen.
      "Solltet Ihr nicht eine beratende Funktion haben? In welchem Land beinhaltet das, sich an einen Champion ranzumachen?"
      Er kniff die Augen zusammen, wollte ganz anscheinend bedrohlich wirken. Stattdessen sah er so aus, als könne er Caphalor nicht richtig sehen.
      "Ihr werdet nichts mit Kassandra tun, ohne mich vorher um Erlaubnis zu fragen. … Was ist überhaupt eine Fesselinsignie?"
      Er ließ sich von dem Jäger aufklären, wobei er Kassandra einen Seitenblick zuwarf. Ganz anscheinend fragte er sich jetzt selbst, ob sie so etwas an ihrem Körper trug.
      "Ich bleibe dabei, Ihr fasst sie nicht an, soweit ich nicht davon weiß."
      Er zögerte einen Moment, schien sich dazu erinnern zu wollen, weshalb sie überhaupt hier waren. Schließlich fiel es ihm sichtlich wieder ein.
      "Achso. Und Ihr werdet für niemand anderen arbeiten, während Ihr hier tätig seid. Ist das klar? Das müsst Ihr schwören."
      Er beobachtete Caphalor für einen weiteren Moment eindringlich, dann neigte er sich ein wenig zu Kassandra hinüber, die Stimme gedämpft.
      "Was würdet Ihr tun? Ihn etwa tatsächlich unter Aufsicht stellen?"
      Er wandte den Blick von Caphalor ab, um Kassandra mit einem Ausdruck tiefster Unsicherheit anzustarren. Der Ausdruck hielt allerdings nicht lange.
      "Und was hat Herzog Luor überhaupt mit Euch zu tun?"
    • Jäger und Champion hätten sich vermutlich eine komplette weitere Stunde lang behaken können, hätte der König nicht dazwischengefunkt. Beide verfielen augenblicklich in Schweigen, Kassandra noch immer mit bissiger Miene während Caphalor trotz allem fast schon triumphierend dreinsah. Dies änderte sich allerdings in der nächsten Sekunde, als Feris seine Frage unverholen aussprach. Ein dunkler Tonfall, selbst für seine brüchige Stimme.
      "Ja, das habe ich", antwortete Caphalor wahrheitsgemäß und ohne Reue.
      Er hatte seine Arme hinter dem Rücken verschränkt während er weiterhin dem König ins Gesicht sah. Kein Schalk lag in seinem Gesicht sondern eine Ernsthaftigkeit, als müsse er etwas Wichtiges richtigstellen. Er erklärte ihm sehr zu Kassandras Misfallen den Sinn und Gebrauch hinter den Fesselinsignien, die nicht viel dazu beitragen konnte.
      "Ich werde mich hüten, mich an einen Gott ranzumachen", griff er Feris' Worte auf und rümpfte die Nase, "nur wenn ich Euch die angemessenen Informationen zukommen lassen soll, muss ich meine Nachforschungen anstellen. Und ich wage zu bezweifeln, dass Ihr sie zwingen wollt, sich vor versammelter Mannschaft zu entkleiden nur damit wir einen Blick auf ihren Leib bekommen können, oder?"
      Jedoch nickte der Jäger bei dem Befehl, Kassandra nicht nocheinmal ungefragt anzufassen. Auf dieses Urteil hin lehnte sich die Phönixin dankbar etwas nach hinten. Zu ihrer Erleichterung war der Junge doch nicht gänzlich auf den Kopf gefallen und unterband wenigstens dieses Gehabe.
      Mit missmutigem Blick sah sie dabei zu, wie Caphalor dem Kindskönig schwor, sich während seiner Tätigkeit hier nicht anderweitig anwerben zu lassen. Es beschlich sie das Gefühl, dass sie alle irgendetwas übersehen hatten, wenn er so schnell mit einem Schwur um die Ecke kam. So lächerlich einfache Worte wirken mochten, gaben Jäger bisweilen immer viel auf ihre Worte.
      Nachdenklich beugte sich Kassandra zu Feris hinüber.
      "Ich würde ihn unter Aufsicht stellen, ja", bekräftigte Kassandra fast augenblicklich. "Er stiftet Unruhe in Eurem Palast, macht Eure Herzöge scheu sowie Eure Bediensteten. Er wagt es, in Eigeninitiative zu handeln und eignet sich Wissen an, das in den richtigen Händen gut einsetzbar ist. Seine ganze Existenz hier ist fragwürdig und könnte eine empfindliche Schwachstelle sein."
      Caphalor sagte dazu nichts. Wie eine Säule stand er da, als wartete er auf sein Urteil, das ihn alsbald ereilen möge. Die Ruhe selbst, inmitten eines chaotischen Wirbels.
      "Herzog Luor hat befürchtet, dass Ihr ihm nicht glauben werdet, wenn er Euren Jäger infrage stellt. Er fragte mich um Rat und ich hielt mich zurück. Ich mische mich nicht weiter ein, als es unbedingt sein muss..."

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    • Der König starrte Kassandra eine ganze Weile lang an, selbst nachdem sie ihm die Frage bereits beantwortet hatte. In seinem Gehirn ratterte es sichtlich, begleitet von dem brodelnden Strudel, der seine Gefühlswelt darstellte.
      Schließlich nickte er, als habe die Göttin ihm ein wichtiges Geheimnis anvertraut und als würde er schwören, es für sich zu behalten. Er wandte sich dem Jäger wieder zu.
      "Ich gebe dem Antrag von Herzog Riev statt, Ihr werdet Euch nur noch in den öffentlich zugänglichen Bereichen aufhalten, außer die Arbeit erfordert es. Und wenn Ihr noch einmal Eure Nachforschungen anstellen wollt, dann tut Ihr das in Begleitung - entweder in meiner oder... oder Herzog Luor."
      Nur der König selbst konnte wissen, welcher Gedankengang zu diesem Urteil geführt haben musste, durch den Wirbel seiner Emotionen war es nicht zu erkennen. Er war noch immer höchstgradig verunsichert, von Selbstzweifeln geradezu behaftet, aber er schien doch - wenigstens für den Moment - entschieden zu haben, seinem Herzog mehr Vertrauen zuzubringen als dem erst seit wenigen Tagen anwesenden Jäger. Kein sehr großer Schritt, aber in der aktuellen Lage vermutlich ein äußerst wichtiger.
      Er entließ den Jäger und zog sich vom Thron zurück, zu groß war die Schüchternheit in dem riesigen Saal, zu gering der Gedanke um die beiden Herzöge, die noch vor der Tür warteten. Sie würden von dem Urteil schon irgendwie erfahren, Seine Majestät würde sich dorthin zurückziehen, von wo er überhaupt erst gerufen worden war.

      Zu seiner großen Überraschung erfuhr Zoras tatsächlich wenige Zeit später, dass sie in gewissermaßen gesiegt hatten. Zwar hatte er sich einen anderen Ausgang erhofft, zumindest einen, mit dem mehr anzufangen war, aber es war doch zumindest die richtige Richtung. Zu seinem Leidwesen hatte der König verpasst, irgendjemandem Bescheid zu geben, dass der Jäger nicht mehr alleine herumlaufen sollte, also war es an Zoras den Hauptmann des Palastes aufzusuchen und ihn über die neuesten Umstände in Kenntnis zu setzen.
      Caphalor erhielt - als wäre er ein landeseigener Adeliger - zwei Gardisten zu seiner Seite, die ihn nicht nur in sämtliche Räume begleiteten, sondern zudem äußerst wortkarg zu ihm waren. Nachdem es nicht ihre Aufgabe war ihn zu schützen, sondern ihn zu beobachten, fehlten ihnen viele Eigenschaften gewöhnlicher Gardisten, beispielsweise der gewöhnliche Dienst, um sich um Caphalors Wohlbefinden zu sorgen, oder Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Sie folgten keinen strikten Vorschriften, wie stets den Rücken und das Umfeld ihres Ziels im Blick zu behalten, und lungerten größtenteils irgendwo in Caphalors Nähe herum, unterhielten sich mit anderen Gardisten oder miteinander und warfen ihm nur alle paar Sekunden Blicke zu. Meistens nahmen sie Haltung an, wenn sie ihm durch die Gänge folgten, aber größtenteils verhielten sie sich nicht anders als gewöhnliche Bedienstete mit ein paar Rüstungsteilen zu viel.
      Für Zoras war es keine Schwierigkeit den Hauptmann dazu zu überreden, dass man ihm persönlich von sämtlichen Eigenheiten mitteilen sollte, die Caphalor innehatte. Er wollte schlichtweg wissen, was der Jäger den ganzen Tag so trieb, wohin er ging, mit wem er sich unterhielt. Nachdem er nun offiziell beschattet wurde, würde es auch kein Problem sein, an diese Informationen heran zu kommen.
    • Kassandra ertappte sich dabei, wie sie ein fast menschlich wirkendes Stoßgebet in den Himmel schickte. Endlich hörte der Junge einmal auf sie, zeigte dem Jäger am Fuße der Treppe seine Grenzen auf und wies ihn eindeutig in seine Schranken. Wie erhofft hatte es Wirkung gezeigt, dass Caphalor etwas an Kassandra getan hatte, zu dem sich Feris nicht getraut hatte. Trotzdem musste sie einen überraschten Blick kaschieren, indem sie sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht schob. Was hatte den König geritten, dass er plötzlich Zoras begünstigte?
      Kopfschüttelnd schaute die Phönixin dem Jäger hinterher, der sich nach dem Urteil von Dannen machte, als kümmerte es ihn nicht. Fast im selben Moment erhob sich der König, Kassandra wie ein Schatten an seiner Seite. Ein großer Schatten. Schweigend folgte sie ihm zurück in seine Kammer, in die er sich gerne nach solchen Verhandlungen zurückzog. Ihr war aufgefallen, dass er dem Druck nicht mehr länger hatte standhalten können und sich niemals die Blöße geben würde, auf dem Thron zu jammern. Dies konnte er noch immer allein in seinem Gemach tun, während Kassandra sich in einen der dort aufgestellten Sessel fallen ließ.
      "Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich diesem Jäger nicht traue?", fragte sie mit einem behutsamen Blick zu Feris hinüber. "Er fragt viel zu viele Dinge in eigener Agenda nach. Ich habe gehört, dass er in den Archiven gewesen war und irgendwelche Karten gewälzt hat. Außerdem hat er meine Zofe bedroht, ganz davon zu schweigen, dass er mich angefasst hat. Wo hast du ihn überhaupt aufgetrieben?"
      In dieser Zweisamkeit ließ sie die höfliche Anrede ähnlich wie bei Zoras fallen. Seit ihrem kleinen Aneinanderpraller musste sie nicht mehr kundtun, dass sie jeglichen Respekt vor dem Jungen verloren hatte. So weit, dass sie sich ungeniert in seiner Gegenwart aufhielt und eigentlich nur noch die Tage zählte, bis das Ultimatum erreich sein würde.

      Caphalor nutzte die verbleibende Zeit unbeaufsichtigt, um einen Brief in Auftrag zu geben. Gerade hatte er ihn loswerden können, da kam der Hautpmann der Garde und stellte ihm zwei Aufpasser zur Seite, die ihm von nun an auf Schritt und Tritt folgen würden. Gedanklich seufzte er nur. Er war schon öfter bespitzelt und überwacht worden, aber leichter machte es ihm das Spiel so auch wieder nicht. Es würde auffallen, wenn er die zwei Idioten in seinem Rücken plötzlich verschwinden ließe. Also musste er gute Miene zum bösen Spiel machen und sich beschatten lassen. Die Steine waren eh schon ins Rollen gebracht worden, nun musste er nur noch abwarten und den richtigen Moment zur richtigen Stelle abpassen. Also begnügte er sich primär damit, sich in seiner eigenen Kammer aufzuhalten, Berichte zu schreiben und daruaf zu warten, dass man ihn rief.

      Rima hingegen war ein sehr aufmerksames Mädchen. Da sie Kassandra nicht in das Gemach des Königs folgen konnte, hatte sie sich eigentlich daran machen wollen, ihr Gemach auf Vordermann zu bringen. Dass sie dabei Caphalor über den Weg lief, war ein Zufall. Erst recht, als sie sah, dass er ein Stück Büttenpapier in den Ärmeln versteckt hielt und sie ihm über Ecken und Kanten folgte. Was er schrieb oder an wen es ging erfuhr sie nicht. Nur, dass er unbeaufsichtigt noch einen Brief absetzen konnte, zeitlich gerade so getaktet, dass seine Beschatter es nicht bemerkten. Fluchs kehrte sich die Zofe von ihrer Sicht ab und flog durch die Gänge, um nach dem Herzog Luor zu suchen und ihm diese Beobachtung nahezubringen. Schaden konnte es sicherlich niemanden.

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    • Zoras beschäftigte sich mit weiteren Vorbereitungen auf den bevorstehenden Putsch, als Kassandras Dienstmädchen - dasselbe, das ihn bereits vor wenigen Tagen aufgesucht hatte - ihm eine Nachricht über Caphalors Brief übermittelte. Er ließ sich das nicht zweimal sagen; das Mädchen hatte schon einmal mit ihrer Warnung recht gehabt und ein unbeobachteter Brief war definitiv etwas mit Aufklärungsbedarf.
      Leider war das einfacher als gesagt, denn Caphalor hatte selbstverständlich keinen Brief in seinem Namen abgegeben. Stattdessen erfuhr Zoras kurze Zeit später davon, dass niemand etwas von einem Brief wisse und dass er womöglich auch schon das Gelände verlassen haben konnte.
      Er setzte dennoch seine Männer darauf an dem Brief zu folgen, auch wenn die Erfolgsaussichten gering waren. Bei der Bediensteten bedankte er sich für ihre Aufmerksamkeit und bat sie darum, ihn über andere Auffälligkeiten in Kenntnis zu setzen. Dann kehrte er zu seinen Vorbereitungen zurück.

      Die Tage verflogen und mit den Tagen weitere, erfolglose Besprechungen über Landesgrenzen, Militärstärke, Bündnisse, Verträge. Das Land zerronn unter ihren Fingern und es gab nichts, was sechs Herzöge und ein pubertierender König daran hätten ändern können. Sämtliche Strategien waren kurzfristig und konnten auf lange Zeit nicht bestand haben.
      Abends, wenn niemand mehr etwas von Zoras haben wollte, variierte er zwischen seinen jüngsten Angewohnheiten: Planen, Berichte über Caphalor lesen, dem König und seinen Machenschaften über die Schulter sehen. Manchmal lief er bei der einen oder anderen Sache auch Kassandra über den Weg und obwohl sie nie ein tieferes Gespräch führten wie noch vor wenigen Tagen, freute er sich doch jedes Mal über den kurzen Lichtblick, den ihre Anwesenheit zu schaffen vermochte. Er bemerkte, dass er eher dazu geneigt war, dem König auf den Fersen zu sein, nur um sie dabei zu treffen.
      Seine Majestät unterlag genauso einem Umschwung, wenngleich niemand ihn recht deuten konnte. Zum ersten Mal seit - nun, eigentlich seit immer, fragte er Zoras bei Besprechungen um Rat, ohne dabei das Gesicht zu verziehen, ihn zu unterbrechen, seinen Vorschlag zu untergraben, ihn zu ignorieren, ihn zu provozieren. Der Hass war noch immer da, tief eingesessen in seinem Herzen, zu stark um jemals vollständig zu verschwinden, aber in diesen Tagen gesellte sich auch etwas anderes dazu, etwas, das man mit Vertrauen beschreiben könnte. Der König hatte wohl in seiner begrenzten Reife die äußerst vorbildliche Entscheidung getroffen, dem Pferdeherzog eine Chance zu geben.

      Womöglich war es gut, dass Zoras zu abgelenkt war, um den Umschwung seiner Stimmung zu bemerken. Wenn er erkannt hätte, dass Seine Majestät ihn zwar nicht als Herzog, aber doch als Mensch anzunehmen schien, wäre seine Fassade gebröckelt. Vielleicht hätte er den Putsch hinausgezögert, vielleicht hätte er sich einmal intensiv damit beschäftigt, den Jungen zu lehren, ohne sich dabei auf das unvermeidliche Thema seiner Mutter einzulassen. Vielleicht hätte er ihm seine Sorge über die Herrschaft des Landes offenbart. Vielleicht, ja vielleicht hätte er sich den Kopf über eine Alternative zerbrochen, bei der er den Jungen schützen konnte.
      Aber Zoras bemerkte es nicht. Die Planung war schon zu weit fortgeschritten, er hatte sich schon mit dem Titel des Königsmörders angefreundet.

      Der Anfang ihrer Vorbereitungen kam. Viele Zahnräder wurden gleichzeitig in Bewegung gesetzt, lauter Einzelteile eines sorgfältig ausgetüftelten Ablaufs - des Schlachtplans eines Kriegsherren, die gemächlich anrollten. Das ganze Gebilde erwachte zum Leben, bereit dazu auszuführen, wozu es geschaffen worden war.
      Eine Woche waren für die direkten Vorbereitungen geplant und eine Woche dauerte es für die Sabotage, die sie an diversen Stellen des Palastes vornahmen. Dienstpläne der Wachen wurden umgeworfen, Reservekisten deponiert, Hintertüren auf oder verschlossen, Schlüssel geklaut. Die Herzöge gingen ihrem Tagewerk nach, aber im Hintergrund wurde alles für einen schnellen Durchbruch zu den königlichen Gemächern vorbereitet. Der eigentliche Übergriff sollte nicht länger als 15 Minuten dauern, davon lediglich 2 Minuten für den Königsmord eingeplant. Genug Zeit, um ein Messer durch seinen Hals zu jagen.
      Am eigentlichen Datum ging Zoras früh zu Bett, die erste und einzige Abweichung in seiner bis dahin aufrecht erhaltenen Routine. Er zog sich mit einer Klage über Bauchschmerzen zurück, um noch ein paar Stunden Schlaf zu bekommen und aufmerksam genug für den Putsch zu sein. Er hatte alles sorgfältig ausgeplant, wusste wo seine Männer standen und wo nicht, welche Gänge es zu meiden galt, wo der König sich aufhielt. Wo Kassandra sich aufhielt. König morden, Essenz übernehmen, Kassandra zum Einsatz bringen. Hörte sich simpel genug an, um fehlerlos durchgeführt zu werden.

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    • Die restlichen Tage fühlten sich für Kassandra nicht länger an als ein paar wenige Augenaufschläge. Sie hatte sich so weit es nur möglich war von allem abgeschottet, um wirklich keinen Einfluss auszuüben. Denn ihr Wissen um den Putsch und das sich langsam ändernde Verhalten des König hätte dazu führen können, dass sie etwas verriet. Also begnügte sie sich mit der Tatsache, dass Feris Zoras das Leben nicht unnötig schwerer machte als es war und der Herzog den Wandel des Jungen scheinbar nicht wirklich erfasste. Zu abgelenkt war er womöglich von seinen Planungen, aus denen es nun kein Entkommen mehr gab.
      Umso erstaunlicher war die Tatsache, dass Caphalor tatsächlich nichts weiteres mehr unternommen hatte, das man ihm hätte vorwerfen können. Er nahm nun wirklich nur die Rolle ein, für die man ihr ursprünglich angedacht hatte. Nur kam nie wirklich ans Licht, was in dem Brief gestanden hatte, denn dieser war in der Menge der Post schlichtweg untergegangen. Egal wie sehr die Soldaten und Bediensteten nach ihm suchten - er blieb verschwunden und brachte seinen Inhalt vermutlich wohlbehalten an. Nur das Ausgehen des Jägers blieb nicht unbemerkt, wobei die Augen seiner Bewacher ihn vor den Toren des Palastes aus den Augen verloren. Was er in den wenigen Stunden außerhalb der Mauern trieb, war nicht bekannt geworden. Manchmal sah man ihn auf dem Markt wie er Besorgungen tätigte, andere Male verschwand er in Gaststätten. Gewöhnliches Gehabe, dem es wahrlich nichts vorzuwerfen gab.

      Am großen Tag, oder eher dem Abend zuvor, hatte sich Kassandra mit Rima in ihre Kammer zurückgezogen. Ihre Mimik war mehr als nur angespannt. Doch trotz allem hatte sie nicht ein einziges Wort über das bevorstehende Ereignis verloren. Nun aber zu wissen, dass der Putsch stattfinden sollte und zeitgleich das Unwissen des jungen Königs durch ihre Verbindung zu spüren konnte die Phönixin nicht ignorieren. Sie hatte aus weiser Voraussicht Zoras nicht gesagt, dass sie alles mitbekommen würde. Jeden Tropfen der Angst, den Feris spüren würde. Jeden Funken des Schmerzes, den er erleiden würde. Bis zu dem Moment, an dem sein Leben endgültig verwirkt wäre und ihre Verbindung unumstößlich auflösen würde. Doch bis dahin würde sie einen Teil des Leides des Königs tragen. Und sie wusste, wenn Zoras auch nur einen Verdacht davon hegte, würde er seinen Plan überlegen. Dieses Risiko konnte sie nicht eingehen und zog sich auf ihr Bett zurück, die Beine eng an den Körper gezogen und mit den Armen umschlungen.
      Ihre Zofe bedachte sie mehrmals mit einem sorgenvollen Blick und fragte sie, ob man ihr etwas Gutes tun könnte. Jedes Mal lehnte Kassandra jedoch ab und wünschte nur, dass niemand der hier Anwesenden bis zum Morgengrauen den Raum verließ. Sie habe eine Vorahnung, waren ihre Worte während sie weiter stoisch zum Fenster starrte und darauf wartete, dass es geschah.

      Caphalor war indes alles andere als untötig gewesen. Er hatte bereits die Vermutung gehabt, dass es einen Putsch geben würde und hatte demnach seine Ohren stärker gespitzt als jemals zuvor. Seine Ausflüge in die Stadt dienten der Informationsbeschaffung, jeder noch so kleine Fetzen konnte eine Verbindung in dem losen Strickwerk darstellen, was er an Vermutungen hegte.
      So war er auch einer der wenigen, der den plötzlich Rückzug des Pferdeherzoges wirklich als seltsam auffiel. Verdächtig, um es genau zu sagen. Über die vergangenen Tage gab es rein gar nichts Ungewöhnliches in dem Verhalten Zoras' zu bemerken, außer diesem verfrühten Abgang. Was dazu führte, dass der Jäger vielleicht einmal zu paranoid war als andersherum.
      Unter einem Vorwand hatte sich Caphalor in Feris' Kammer geschmuggelt. Zu später Stunde begleitete er den jungen König in sein Gemach, um ihm eine Aufstellung zu zeigen, zu was Kassandra vermutlich imstande war. Gegen wen man sie ausspielen konnte und gegen wen nicht. Wie weit ihre Fähigkeiten beschnitten sein mochten und wie er sie vielleicht ein wenig besser entfachen können würde. Alles reines Zeitgeschinde, mit dem Caphalor sein Gefühl etwas abschwächen wollte. Sollte ein Putsch geplant sein, dann war er höchstwahrscheinlich nicht darin eingeplant worden und die Sache einfach abzublasen stand vermutlich ebenfalls nicht zur Debatte. Also pokerte der Jäger darauf, dass sie den Putsch versuchten durchzubringen, selbst wenn er anwesend im Raum war. Vielleicht würde das Chaos dann in seine Hände spielen und ihm die Essenz leichter zugänglich machen.

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    • Zoras erwachte, als es draußen bereits dunkel war.
      Ein dunkles Gefühl beschlich ihn, eine tiefsitzende Nervosität vor der anstehenden Stunde, ja vielleicht sogar eine gewisse Angst. Drei andere Herzöge waren in den Plan eingeweiht, insgesamt hatten sie acht verschiedene Kontaktmänner, welche die Sabotage in Gang gebracht und ihre Männer positioniert hatten, acht Seelen, auf deren Erfolg er sich verlassen musste. Acht Männer und Frauen, denen er so viel vertraute, um ihnen regelrecht sein Leben in die Hand zu geben.
      Die Chancen standen also nicht schlecht für sie, aber es geschah nicht jeden Tag, dass man einen König morden und den Thron besetzen musste. Zu viel hing an einem zu dünnen Seil, das sie nicht nur davor trennte, in ihren Tod zu laufen, sondern auch noch einen landesweiten Aufstand heraufzubeschwören, zu viel um einfach aufzustehen und in die Schlacht zu ziehen.
      Zoras verbrachte eine lange Zeit damit, seine Ausrüstung zu überprüfen und den Plan gedanklich durchzugehen. Er zog seine Uniform an, um kein Aufsehen zu erregen, und zwängte ein Kettenhemd darunter, die einzig wirkliche Rüstung, die er am Leib trug. Keiner von ihnen würde sich für diesen Übergriff rüsten, wenn es zum Kampf kam, mussten sie sich auf ihre Gardisten verlassen.
      Sein Hauptmann wartete im Gang auf ihn, unter den anderen Gardisten kaum zu unterscheiden. Sie salutierten vor Zoras und der Herzog erwiderte den Salut.
      "Alles ruhig?"
      "Ja, mein Herr."
      Zoras warf einen Blick den dunklen Gang hinunter, dessen Fackeln an den Wänden kaum hell genug waren, um jede Ecken zu erhellen. Sie waren, soweit er erkennen konnte, alleine.
      "Wenn ihr an der Sache zweifelt, ist jetzt die letzte Gelegenheit. Ich werde euch nicht böse sein, aber ihr dürft nicht zögern."
      Der Salut wurde einheitlich wiederholt.
      "Wir sind hinter Euch, mein Herr. Jederzeit."
      Zoras nickte; zumindest hatte hier einer Zuversicht. Dann führte er sie den Gang entlang.

      Der vierte Herzog im Bunde war Herzog Emjir Tiumus, ein 28-jähriger Infanterist, der sein Amt vor fünf Jahren beim Tod seines Vaters übernommen hatte. Seine Mutter, Daria Tiumus, war in der großen Schlacht vor fünfzehn Jahren verstorben und hatte ein zerstückeltes Herzogtum zurückgelassen, in dem von allem ein bisschen, aber nicht genug vorhanden war. Sein Vater hatte versucht, die Schaden der Schlacht auszumerzen und das Herzogtum zu vergangenem Ruhm zurückzuführen, aber schließlich hatte er die Unmöglichkeit seines Vorhabens eingesehen und seine Ansprüche ein wenig heruntergeschraubt. Nun war es an Emjir erneut zu versuchen, sein Herzogtum zu alter Pracht zurück zu helfen.
      Emjir war ein schlanker Mann mit scharfen Augen und einem zielstrebigen Blick. Er wirkte etwas schwächlich mit seiner grazilen Figur und dem knochigen Gesicht, das im richtigen Licht fast schon gespenstisch aussah, aber Emjir hatte häufig mit Plünderern an seiner Grenze zu tun und war das Kämpfen definitiv in allen Bereichen gewöhnt.
      Sie trafen den Herzog auf der zweiten Ebene, wo Zoras ihm dasselbe Angebot zum Rückzug machte. Er schüttelte knapp den Kopf.
      "Keinesfalls. Ich bin hier, um etwas zu verändern."
      Zoras dankte ihm und meinte es ernst. Dann zogen sie als geeinte Gruppe weiter und strebten ihr Ziel an; Eiklar und Meriah würden nicht beim eigentlichen Übergriff teilnehmen.

      In den königlichen Gemächern war der König in seinen Sessel versunken und gähnte ungehalten, während er Caphalor zuhörte. Er hatte seinen Kopf auf seine Hand aufgestützt und seine Krone bereits abgesetzt, trotzdem schien er es nicht für nötig zu halten, den Jäger wegzuschicken und stattdessen das Bett aufzusuchen. Er stellte sogar dann und wann eine Frage, die zwar keinen besonderen Tiefgang hatte, aber doch zumindest Beweis davon war, dass er noch zuhörte.
      Als es an der Tür laut und barsch klopfte, verzog er sein Gesicht. Die Unterbrechung hatte ihn definitiv gereizt.
      "Hrmpf. Was denn?"
      Es dauerte einen Moment, dann öffnete sich die Tür und herein kam Herzogin Meriah Kerellin.
      Die Frau trug, wie schon am Tag, ihre Uniform und hatte eine Hand auf ihren Schwertgriff gelegt. Sie schloss die Tür hinter sich, warf einen flüchtigen Blick auf Caphalor und verbeugte sich dann tief vor ihrem König.
      "Eure Majestät; ich bitte die späte Störung zu entschuldigen."
      Als sie sich wieder aufrichtete, war ihre Miene unergründlich, wie versteinert. Sie wirkte etwas unausgeschlafen, oder vielleicht auch aufgewühlt, so wie sie die Lippen krampfhaft aufeinander presste. Ihr Blick huschte wieder zu Caphalor, aber es war nicht zu erkennen, was sie von seiner Anwesenheit hielt.
      "Ich fürchte, ich muss Euch mit einer unliebsamen Warnung behelligen, Eure Majestät. Ich..."
      Sie zögerte. Ihr Blick ging für einen Moment ins Leere, so als würde sie sich an etwas erinnern oder sich ein geistiges Bild vor Augen rufen. Dann straffte sie die Schultern und richtete sich auf.
      "Ich weiß nicht, wie ich es besser ausdrücken könnte, Eure Majestät, aber die anderen Herzöge planen in diesem Moment einen Putsch durchzuführen."
      Der König blinzelte, sichtlich zu überrascht von dieser Nachricht, um sie richtig verarbeiten zu können.
      "... Was?"
      "Sie verlangen nach einer starken Führung unseres Landes, einer, die uns in diesen schwierigen Zeiten helfen kann. Es ist bereits alles in die Wege geleitet, damit Herzog Luor den Thron besteigt. Ich fürchte, Ihr könnt nicht mehr hier bleiben, Eure Majestät. Eure Sicherheit ist gefährdet."
      Während der König noch sichtlich zu perplex war um zu wissen, was er tun oder sagen sollte, wandte Meriah sich an Caphalor, die Hand noch immer auf ihrem Schwert.
      "Auf wessen Seite steht Ihr, Jäger, auf der der Krone oder der Verräter? Ich rate Euch mir unverzüglich Auskunft zu leisten, andernfalls werdet Ihr diesen Raum nicht lebend verlassen."
    • ALs wäre Kassandra über eine vage Verbindung zugeschaltet fühlte sie, wie Feris' Gedanken und Gefühle immer träger wurden. Er wurde müde, wurde weniger verwirrt und würde sich vermutlich bald zu Bett begeben. Dann allerdings ging ein Pulsschlag durch diese vermeintliche Ruhe und mischte eine Prise Ärger hinein. Wahrscheinlich war das der Moment, in dem jemand an seine Gemachtür klopfte und sich Zutritt verschaffte. Dann überwog plötzlich Überraschung seine Gefühlswelt, und dies war ein Gefühl, das sich ganz bestimmt nicht mit Zoras übereinanderbringen ließ.
      Etwas lief nicht wie geplant und sie war die erste, die es erfuhr.
      Endlich setzte sich Kassandras Körper in Bewegung. Sie löste sich aus ihrer starren Haltung, ein bitterer Ausdruck auf dem Gesicht. Schnellen Schrittes war sie zur Tür gegangen unter verwirrten Blicken ihrer Zofe und Gardisten.
      "Ihr folgt mir nur, wenn ihr erst eingreift, wenn ich es sage, verstanden? Nicht vorher, nicht auf eigene Entscheidung hin", warnte sie ihre beiden Gardistinnen ehe sie aus dem Raum flog mit beiden Gardistinnen im Schlepptau.

      Caphalor verschränkte die Arme vor der Brust. Mit dieser Herzogin hatte er tatsächlich nicht gerechnet. Soweit er es mitbekommen hatte, stand sie in enger Verbundenheit mit dem Pferdeherzog wodurch sie ein Motiv haben musste, dass größer war. Bedeutsamer. Warum wollte sie den Jungen auf dem Thron behalten damit das Land nur weiter uneins blieb? Schließlich hatte sie dem Kindskönig gerade genau erklärt, wo die Wurzel des Unheils wirklich lag. Immerhin war sein Gefühl richtig gewesen, dass heute etwas hatte passieren sollen. Spannend würde es nur werden, wenn er nun so viel Zeit schindete, dass die potenziellen Königsmörder eintrafen. In dem Chaos hätte er vielleicht die Chance an das Amulett zu gelangen, das immer noch an der schmächtigen Brust des jungen Königs baumelte.
      "Ich dachte eigentlich, Ihr sympathisiert stark mit dem Herzog Luor?", fragte Caphalor, der wirklich interessiert an diesem Punkt war.
      Dass er dabei nicht auf die wesentlich brennendere Frage Meriahs einging merkte er, als sie einen Schritt auf ihn zumachte und den Griff am Schwertknauf etwas verstärkte. Er war sich sicher, sie hier schnell außer Gefecht setzen zu können, aber das würde Fragen aufwerfen. Seine Aufgabe hier war weder ein Königsmord noch einen Putsch zu befeuern.
      "Eigentlich bin ich parteilos, wenn ich das so sagen darf. Ich werde weder der einen noch der anderen Seite helfen. Wenn Ihr also Euren König in Sicherheit bringen möchtet, nur zu. Ich werde euch bestimmt nicht im Wege stehen. Aber genauso wenig werde ich mich gegen die Verräter stellen und meinen eigenen Kopf dafür riskieren."
      Noch immer saß er auf seinem Stuhl, lehnte sich zurück und überschlug die Beine. Es war fraglich, wie lange er sie hier noch halten konnte und den möglichen Putsch mehr Zeit verschaffen konnte. Aber dass die Herzogin hier allein in der Kammer stand war schon verdächtig genug. Sein Blick schwenkte zu Feris, der noch immer wie vom Donner gerührt auf seinem Bett saß. Anscheinend verstand der Junge die Brisanz des Themas nicht wirklich. Vielleicht sollte man es ihm einmal klipp und klar sagen...
      "Eure Majestät, Eure Herzogin versucht Euch gerade mitzuteilen, dass man ein Attentat auf Euch plant."
      Erst jetzt wich die Farbe aus dem Gesicht des Jungen und er schien die Situation komplett richtig zu erfassen. Caphalor hätte normalerweise an dieser Stelle gelacht, doch er riss sich zusammen. Der leichte Plan würde dank Meriah nicht mehr funktionieren, als musste er sich etwas Neues einfallen lassen.

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