Was eine verändernde, landesbewegende Erneuerung war, hätte unspektakulärer nicht ausfallen können. Das Volk vor der Tür wäre sicher höchstgradig enttäuscht, wenn es herausfände, was in diesem Thronsaal vonstatten ging; das hier keine hoheitsvollen Reden gehalten wurden, dass keiner der Götter seine unendliche Weisheit an der Runde teilhaben ließ, dass niemand auf die Knie fiel, um dem einzigen Erfüller der Prophezeiung zu huldigen. Hier gab es kaum etwas, was in irgendeiner Weise ehrenvoll gewesen wäre, ja nicht einmal die Bestätigung, dass Zoras als Eviad anerkannt wurde. Mit aufeinandergebissenen Zähnen wurde hervorgepresst, dass die Krönung anberaumt wurde, von Prunk und Glorie wäre hier wohl kaum die Rede gewesen.
Aber Zoras war es egal. Er hatte nicht damit gerechnet, dass es ein derartiges Spektakel werden würde, er war nur froh, den Rat einigermaßen in eine Richtung gelenkt zu haben. So viel hätte schief gehen können, alleine in den vergangenen Stunden, aber auch in dem gesamten vorherigen Jahr, dass er auch ein einfaches "Ja" akzeptiert hätte. Mehr brauchte er nicht, alles andere wäre sowieso nur Farce gewesen. Jeder der Anwesende hier wusste, dass es mit der Prophezeiung kaum etwas anderes auf sich hatte als einen Streit zu schlichten, der sich wohl über die Jahrzehnte trotzdem fortgesetzt hatte.
Daher lehnte er sich auch gleich zurück und überließ Kassandra den Vortritt, die bis zum jetzigen Moment stillschweigend an seiner Seite gestanden hatte und ihm dieselbe Unterstützung geleistet hatte wie in dem restlichen Jahr. Jetzt dachte sie auch noch einen Schritt weiter und füllte die Lücken, die Zoras übersehen hatte. Etwas anderes hätte er gar nicht erwartet.
Der Rat sah gänzlich missmutig drein. Zustimmendes Gemurmel erhob sich, ausschließlich deswegen, weil Kassandras feuernder Blick über die Gesichter streifte und daran erinnerte, zu was eine entfesselte Phönixin alles fähig war. Halmyn stand schließlich auf und begann, mit langsamen Schritten auf die Tür zu zu staksen. Niemand sprach mehr ein weiteres Wort zu Zoras und Kassandra, allenfalls Geflüster zum Nebenmann, da drehte Zoras sich auch um und folgte dem Zyklop. Alle drei gingen sie vor die Tür, wo Halmyn sich wohl in gewohnter Manier aufstellte.
Die Brücke war brechend voll. Der ganze Platz hinter den Mauern des Palastes war so sehr mit Menschen verstopft, dass die Soldaten auch mit größter Mühe nichts daran hätten ändern können. Die schiere Masse an Kuluarern, die sich dort wie die Hühner zusammendrängte, verhinderte eine geeignete Kontrolle. Im Hintergrund ritten bereits Kavalleristen entlang, aber nicht einmal Hufe konnten die Menschen davon abhalten, sich heran zu drängen.
Der Lärm, der sich noch viel weiter hob, als die Tür für die drei aufging, war ohrenbrechend. Irgendwie schaffte Halmyn es trotzdem, dass seine starke Stimme die Luft zerriss.
"DER EINZIGE KÖNIG VON KULUAR HEISST... EVIAD. EVIAD HEISST... ZORAS LUOR."
Der Sturm, der entbrandete, pochte in ihren Köpfen und vibrierte durch die Luft. Donnerndes Getöse machte sämtliche anderen Geräusche völlig wirkungslos, der Lärm von Hunderten, gar tausenden Kuluarern genug, um die ganze Stadt zu erschüttern. Tausende Kehlen brüllten und kreischten und doppelt so viele Hände reckten sich in die Luft oder ergriffen die Begrenzungen der Mauern. Was sie genau schrien war völlig verwaschen, die Worte selbst verschluckt von dem wirbelnden Lärm. Es machte auch keinen Unterschied. Es war die Tatsache, dass sie eine solche Reaktion von sich gaben, die wesentlich war.
Zoras besah sich die Menge mit einer gewissen Gleichgültigkeit. Sein Verstand hatte wohl noch nicht ganz begriffen, dass er jetzt Herrscher eines ganzen Landes sein sollte - oder zumindest mit der Krönung - denn sehr viel Gefühle löste es in ihm nicht aus. Nur eines, das dafür aber stark genug war, dass er seicht zu lächeln begann: Das Gefühl, ein Ziel gefunden zu haben, nicht mehr rastlos durch die Welt zu wandern und überleben zu müssen, einer Vergangenheit entlaufen zu wollen, die sich nie wieder ändern ließ, sondern eine Perspektive zu haben. Vielleicht ja sogar ein Zuhause. Könnte er Kuluar zu seinem neuen Zuhause machen? Könnte er sich mit dem Land gut genug anfreunden, um sich hier heimisch zu fühlen?
Er drehte den Kopf zu Kassandra, die neben ihm stand und mit einem eigenen Ausdruck im Gesicht die Menge betrachtete, die ihnen zujubelte. Sie stand aufrecht und den Kopf hoch erhoben, ganz die hoheitsvolle Göttin, aber genauso sehr ganz Kassandra, die mit dem Feuer in ihrem Inneren ihre Umgebung in Brand setzte. Zwar war es jetzt zu dunkel, um dieses Feuer auch zu sehen, aber Zoras konnte es trotzdem ausmachen. Er würde es immer spüren können.
Sie begegnete seinem Blick, da lächelte er mehr, schob den Arm um ihre Taille, holte sie sanft zu sich und küsste sie unter lärmendem Getöse.
Es ging gar nicht darum, ob er sich in Kuluar heimisch fühlen könnte. Dort, wo Kassandra war, würde er ein Zuhause finden.
Halmyn ging schon wieder hinein, ohne sich dem restlichen Lärm zuzuwenden, und überließ es dem Paar, ihren eigenen Weg zurück zum Stadthaus zu finden. Hätte es dabei nicht Kassandras Präsenz gegeben, hätten sie es wohl niemals geschafft; die Straßen waren völlig verstopft. Ganz egal wie weit sie auch gingen, die Leuten schrien und brüllten nach ihnen und versuchten, näher heranzukommen. Die Masse trampelte sich in ihrer Hektik selbst über den Haufen, aber das konnte man dann wohl auch nicht ändern. Dennoch mussten sie langsam gehen, allein schon, damit Kassandra in ihrer Bewachung nichts entging.
Havas' Haus wurde sogleich belagert, kaum als sie dort einkehrten. Das war der große Nachteil ihrer strategisch gewählten Position: Es gab keine Mauern und keine Verstärkungen, um das eifernde Volk von ihnen abzuhalten. Kassandra sorgte eigenhändig dafür, dass sie nicht bis an die Hauswand herankamen und anfangen versuchten, an ihr nach oben zu klettern oder gar die Fenster einzuschlagen. Trotz geschlossener Türen und Fenster war es noch immer unglaublich laut, denn die Wände waren nicht sehr dick. Das hier war kein Palast, sondern ein einfaches Stadthaus, aber tausende Menschen, die gleichzeitig herandrängten.
Zoras schnaufte, als er sich drinnen auf das Sofa fallen ließ - nur für einen Moment, nur ganz kurz hier sitzen. Sie mochten zwar einen wichtigen Sieg errungen haben, aber bis zur Krönung war es noch lange nicht vorbei. Sie mussten sicherstellen, dass der Rat keine Hintertürchen zu nutzen gedachte und sie mussten auch dafür sorgen, dass das menschliche Schutzschild, das sie sich hier aufgebaut hatten, auch weiterhin bestand haben würde. Sie mussten jetzt bereits vorsorgen, dass sie, sobald sie im Palast einzogen, nicht schutzlos den Champions und deren Trägern ausgeliefert sein würden und am allerwichtigsten mussten sie sich noch auf die Rolle des Eviads vorbereiten. Eigentlich hätte er gedacht, dass der Rat ihm Unterstüzung leisten würde, aber so wie es aussah, würde er sogar den Untergang des Landes in Kauf nehmen, um den Eviad wieder loszuwerden. Das Duell hatte gezeigt, dass es hier keinerlei Unterstützung geben würde.
Und außerdem...
"... Weißt du, wie eine kuluarische Krönung abläuft?"
Aber Zoras war es egal. Er hatte nicht damit gerechnet, dass es ein derartiges Spektakel werden würde, er war nur froh, den Rat einigermaßen in eine Richtung gelenkt zu haben. So viel hätte schief gehen können, alleine in den vergangenen Stunden, aber auch in dem gesamten vorherigen Jahr, dass er auch ein einfaches "Ja" akzeptiert hätte. Mehr brauchte er nicht, alles andere wäre sowieso nur Farce gewesen. Jeder der Anwesende hier wusste, dass es mit der Prophezeiung kaum etwas anderes auf sich hatte als einen Streit zu schlichten, der sich wohl über die Jahrzehnte trotzdem fortgesetzt hatte.
Daher lehnte er sich auch gleich zurück und überließ Kassandra den Vortritt, die bis zum jetzigen Moment stillschweigend an seiner Seite gestanden hatte und ihm dieselbe Unterstützung geleistet hatte wie in dem restlichen Jahr. Jetzt dachte sie auch noch einen Schritt weiter und füllte die Lücken, die Zoras übersehen hatte. Etwas anderes hätte er gar nicht erwartet.
Der Rat sah gänzlich missmutig drein. Zustimmendes Gemurmel erhob sich, ausschließlich deswegen, weil Kassandras feuernder Blick über die Gesichter streifte und daran erinnerte, zu was eine entfesselte Phönixin alles fähig war. Halmyn stand schließlich auf und begann, mit langsamen Schritten auf die Tür zu zu staksen. Niemand sprach mehr ein weiteres Wort zu Zoras und Kassandra, allenfalls Geflüster zum Nebenmann, da drehte Zoras sich auch um und folgte dem Zyklop. Alle drei gingen sie vor die Tür, wo Halmyn sich wohl in gewohnter Manier aufstellte.
Die Brücke war brechend voll. Der ganze Platz hinter den Mauern des Palastes war so sehr mit Menschen verstopft, dass die Soldaten auch mit größter Mühe nichts daran hätten ändern können. Die schiere Masse an Kuluarern, die sich dort wie die Hühner zusammendrängte, verhinderte eine geeignete Kontrolle. Im Hintergrund ritten bereits Kavalleristen entlang, aber nicht einmal Hufe konnten die Menschen davon abhalten, sich heran zu drängen.
Der Lärm, der sich noch viel weiter hob, als die Tür für die drei aufging, war ohrenbrechend. Irgendwie schaffte Halmyn es trotzdem, dass seine starke Stimme die Luft zerriss.
"DER EINZIGE KÖNIG VON KULUAR HEISST... EVIAD. EVIAD HEISST... ZORAS LUOR."
Der Sturm, der entbrandete, pochte in ihren Köpfen und vibrierte durch die Luft. Donnerndes Getöse machte sämtliche anderen Geräusche völlig wirkungslos, der Lärm von Hunderten, gar tausenden Kuluarern genug, um die ganze Stadt zu erschüttern. Tausende Kehlen brüllten und kreischten und doppelt so viele Hände reckten sich in die Luft oder ergriffen die Begrenzungen der Mauern. Was sie genau schrien war völlig verwaschen, die Worte selbst verschluckt von dem wirbelnden Lärm. Es machte auch keinen Unterschied. Es war die Tatsache, dass sie eine solche Reaktion von sich gaben, die wesentlich war.
Zoras besah sich die Menge mit einer gewissen Gleichgültigkeit. Sein Verstand hatte wohl noch nicht ganz begriffen, dass er jetzt Herrscher eines ganzen Landes sein sollte - oder zumindest mit der Krönung - denn sehr viel Gefühle löste es in ihm nicht aus. Nur eines, das dafür aber stark genug war, dass er seicht zu lächeln begann: Das Gefühl, ein Ziel gefunden zu haben, nicht mehr rastlos durch die Welt zu wandern und überleben zu müssen, einer Vergangenheit entlaufen zu wollen, die sich nie wieder ändern ließ, sondern eine Perspektive zu haben. Vielleicht ja sogar ein Zuhause. Könnte er Kuluar zu seinem neuen Zuhause machen? Könnte er sich mit dem Land gut genug anfreunden, um sich hier heimisch zu fühlen?
Er drehte den Kopf zu Kassandra, die neben ihm stand und mit einem eigenen Ausdruck im Gesicht die Menge betrachtete, die ihnen zujubelte. Sie stand aufrecht und den Kopf hoch erhoben, ganz die hoheitsvolle Göttin, aber genauso sehr ganz Kassandra, die mit dem Feuer in ihrem Inneren ihre Umgebung in Brand setzte. Zwar war es jetzt zu dunkel, um dieses Feuer auch zu sehen, aber Zoras konnte es trotzdem ausmachen. Er würde es immer spüren können.
Sie begegnete seinem Blick, da lächelte er mehr, schob den Arm um ihre Taille, holte sie sanft zu sich und küsste sie unter lärmendem Getöse.
Es ging gar nicht darum, ob er sich in Kuluar heimisch fühlen könnte. Dort, wo Kassandra war, würde er ein Zuhause finden.
Halmyn ging schon wieder hinein, ohne sich dem restlichen Lärm zuzuwenden, und überließ es dem Paar, ihren eigenen Weg zurück zum Stadthaus zu finden. Hätte es dabei nicht Kassandras Präsenz gegeben, hätten sie es wohl niemals geschafft; die Straßen waren völlig verstopft. Ganz egal wie weit sie auch gingen, die Leuten schrien und brüllten nach ihnen und versuchten, näher heranzukommen. Die Masse trampelte sich in ihrer Hektik selbst über den Haufen, aber das konnte man dann wohl auch nicht ändern. Dennoch mussten sie langsam gehen, allein schon, damit Kassandra in ihrer Bewachung nichts entging.
Havas' Haus wurde sogleich belagert, kaum als sie dort einkehrten. Das war der große Nachteil ihrer strategisch gewählten Position: Es gab keine Mauern und keine Verstärkungen, um das eifernde Volk von ihnen abzuhalten. Kassandra sorgte eigenhändig dafür, dass sie nicht bis an die Hauswand herankamen und anfangen versuchten, an ihr nach oben zu klettern oder gar die Fenster einzuschlagen. Trotz geschlossener Türen und Fenster war es noch immer unglaublich laut, denn die Wände waren nicht sehr dick. Das hier war kein Palast, sondern ein einfaches Stadthaus, aber tausende Menschen, die gleichzeitig herandrängten.
Zoras schnaufte, als er sich drinnen auf das Sofa fallen ließ - nur für einen Moment, nur ganz kurz hier sitzen. Sie mochten zwar einen wichtigen Sieg errungen haben, aber bis zur Krönung war es noch lange nicht vorbei. Sie mussten sicherstellen, dass der Rat keine Hintertürchen zu nutzen gedachte und sie mussten auch dafür sorgen, dass das menschliche Schutzschild, das sie sich hier aufgebaut hatten, auch weiterhin bestand haben würde. Sie mussten jetzt bereits vorsorgen, dass sie, sobald sie im Palast einzogen, nicht schutzlos den Champions und deren Trägern ausgeliefert sein würden und am allerwichtigsten mussten sie sich noch auf die Rolle des Eviads vorbereiten. Eigentlich hätte er gedacht, dass der Rat ihm Unterstüzung leisten würde, aber so wie es aussah, würde er sogar den Untergang des Landes in Kauf nehmen, um den Eviad wieder loszuwerden. Das Duell hatte gezeigt, dass es hier keinerlei Unterstützung geben würde.
Und außerdem...
"... Weißt du, wie eine kuluarische Krönung abläuft?"
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