Der Weg zu Santras Anwesen stellte sich als ungewohnt ruhig heraus, was Zoras erst begriff, als sie das unscheinbare Haus erreicht hatten und diesmal kein Zavion darauf wartete, sie daran zu erinnern, dass Kassandra hier nicht gerne gesehen war. Der überaus loyale, tüchtige Kommandant musste sich anderen, ernsthafteren Aufgaben gewidmet haben, was aber wahrscheinlich eher bedeutete, dass er wieder am Tor Wache halten durfte. Für ihn war aber auch keine Vertretung eingesetzt worden und so gab es keinen einzigen Widerstand daran, Santras' Haus einfach zu betreten.
Mit dem Wissen, was es nun wirklich mit dem Stadtherrn und Kassandra auf sich hatte, kam Zoras das Haus gleich viel erdrückender vor. Die Empfindung, über die Türschwelle in eine andere Welt einzutreten, wiederholte sich jetzt mit der Erkenntnis, welche Welt es wohl sein mochte. Was er an der Innenausstattung am Vortag noch irritierend und irreführend empfunden hatte, kam ihm jetzt schlichtweg fremdländisch vor. Er fühlte sich als Eindringling in einer Kultur, die er sich noch nicht einmal aneignen wollte.
Santras wirkte gänzlich unverändert zum Vortag. Keine vertieften Falten, keine Augenringe oder gar merkwürdiges Verhalten ließen darauf schließen, dass Kassandras Treffen seine Welt auf den Kopf gestellt hatte. Er wirkte höchst normal, so wie er den Tisch zu etwas eindeckte, was wohl ein ausgiebiges Frühstück unter Bekannten darstellen könnte.
Nur Kassandra lächelte, als sie ihn sah. Das war neu und gefiel Zoras nicht unbedingt, aber er wollte nicht kleinlich sein. Er würde nicht damit anfangen, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wen Kassandra alles anlächelte.
Sie setzten sich, wobei Santras wohl beide gleichermaßen überraschte, indem er den Söldner zuerst bediente. Der hatte ihn noch nicht einmal gegrüßt, so wie andersherum auch nicht; trotzdem schien der Stadtherr darüber zu stehen. Dann musste er sich durchaus Gedanken gemacht haben, anders wäre nicht zu erklären, dass er es jetzt als notwendig empfand, sich bei Kassandras Schwurpartner zu entschuldigen.
"Es gibt nichts, wofür Ihr Euch zu entschuldigen bräuchtet. Kassandras Präsenz kann... überwältigend sein."
Er warf der Schuldigen einen Blick zu.
"Wenn, dann bin ich es, der sich entschuldigen muss. Die Offenbarung der gestrigen Ereignisse war, gelinde gesagt, eine Überraschung, auf die ich nicht vorbereitet gewesen war. Keiner von uns, eigentlich. Bitte, fühlt Euch nicht von meiner Anwesenheit eingeschränkt."
Diesmal bat er nicht an, draußen zu warten. Er betete nur im Stillen zu der einzig anwesenden Göttin im Raum, dass sie ihre Nähe mit Santras auf ein höfliches Maß beschränken würde, damit er nicht wieder Zeuge von einer Szene wie gestern wurde.
Sie machte aber auch keine Anstalten, die Annäherungen zu wiederholen, und stellte stattdessen eine Frage, deren Ursprung Zoras verschleiert blieb. Vielleicht wollte sie damit ergründen, ob Santras - jetzt zum Teilen auch Shukran - ähnliche Zweifel gehegt hatte, nachdem er gestern nicht nur zu Teilen seiner Seele gefunden hatte, sondern auch noch erkennen haben musste, dass die Liebe seines Lebens sich unwiderruflich an einen anderen gebunden hatte. Darüber hatte Zoras noch nicht nachgedacht, musste aber unweigerlich jetzt daran denken. Auch Santras könnte seine Zweifel herangezogen haben, die sich gegen Zoras wenden würde, was definitiv nicht im Sinne ihrer Unternehmung stand. War es das, woran Kassandra interessiert war?
Der Stadtherr wusste aber, wie er die Frage umschiffte, ohne ihnen den Hauch einer Antwort zu präsentieren. Die Phönixin mochte es wohl durch seine Aura wissen, Zoras aber nicht. Was spürte er, wenn er Zoras ansah? Und im Gegenzug, was spürte Zoras, wenn er ihn ansah? Hätte Kassandra ihn das gefragt, hätte er sie womöglich gebeten, es aus seiner Aura herauszulesen und sie beide gleichermaßen damit aufzuklären.
Er nahm die Tasse zur Hand und roch daran, auch wenn er schon wusste, dass der Inhalt es ihm nicht sehr antun würde. Seine Geschmacksnerven hatten sich die letzten Jahre auf einfaches, billiges Met eingestellt oder ähnliche alkoholische Getränke, die seinen Geldbeutel nicht aussaugten. Tee war ein Luxus, den er sich nicht zu leisten gewillt war. Wofür auch? Jetzt wäre ihm sogar fast Wasser lieber gewesen, aber für Kassandra nahm er einen Schluck und ließ sich den Geschmack nach Kräutern im Mund vergehen. Für ihn schmeckte es nach Medizin, dabei hatte er in seiner Heimat durchaus auch manchmal Tee getrunken. Er hatte sich wohl in den vergangenen Jahren auf mehr Weisen verändert, als ihm lieb war.
Ebenso war das Frühstück zwar reichlich, aber das einzige, wonach Zoras gegriffen hätte, fehlte. Warmes, noch dampfendes Brot erwartete ihn, genauso wie allerlei Gemüse und sogar ein ganzer Korb voll richtiger Hühnereier, aber ihm wäre eher nach etwas gewesen, das ihn auch auf längere Zeit satt stellte. Diese ganzen Sachen hier hätte er viel zu schnell wieder verdaut und würde in ein paar Stunden wieder hungrig sein.
Es war nicht so, dass er dann nicht etwas zu essen hätte, es war nur so, dass er es anders gewöhnt war und manche Gewohnheiten bekam man nur sehr schwer wieder los.
Experimentiell nahm er sich daher eine Scheibe Brot mit Gemüse und zwang sich dazu, so langsam und bedächtig zu essen, wie er es früher immer getan hatte. Genießen, nicht schlingen. Jetzt kam es ihm albern vor, seine Bedürfnisse aufgrund von Höflichkeiten hintenan zu stellen.
Zum Glück erbarmte sich Santras seiner und sprach ihr Vorhaben an, wodurch Zoras vom Essen innehalten konnte. Er hatte fest damit gerechnet, dass er und Kassandra wieder in Gespräche über eine Zeit verfielen, die Zoras mehr als fremd war, aber das schien wohl nicht der Fall zu sein. Der Mann hatte wohl über Nacht wirklich mehr verarbeitet, als man ihm ansehen mochte.
"Die einzige Hilfe, die Ihr uns anbieten könnt, besteht darin, überzeugt zu sein. Wir möchten Euch in keine Kriege und keine Konflikte ziehen, wenn es das ist, was Euch Sorgen bereitet. Der Grund, weshalb wir uns die Mühe machten hierherzukommen, besteht darin, das Volk von uns zu überzeugen. Der Rat ist lediglich ein Hindernis, er ist aber nicht der Schlüssel zum Erfolg. Er wird uns nicht krönen, solange wir dort nur zu zweit auftauchen, aber wenn wir ein ganzes Land hinter uns stehen haben, wird auch er sich gezwungen sehen."
Er verschränkte die Hände auf dem Tisch.
"Was Ihr also tun könnt, ist Eurem gewöhnlichen Alltag nachzugehen, so wie sonst auch, und dabei Eure Meinung dazu zu verbreiten, dass es einen neuen Eviad geben könnte. Es geht nicht darum, ob er wirklich würdig ist oder Aussichten auf den Thron hat, sondern ganz allein, dass Ihr an seinen Erfolg glaubt. Die Leute in Paspatera schauen mehr zu Euch auf als zu den Champions, weil die Champions weiter weg sind als ihr. So könnt Ihr uns wahrlich helfen."
Mit dem Wissen, was es nun wirklich mit dem Stadtherrn und Kassandra auf sich hatte, kam Zoras das Haus gleich viel erdrückender vor. Die Empfindung, über die Türschwelle in eine andere Welt einzutreten, wiederholte sich jetzt mit der Erkenntnis, welche Welt es wohl sein mochte. Was er an der Innenausstattung am Vortag noch irritierend und irreführend empfunden hatte, kam ihm jetzt schlichtweg fremdländisch vor. Er fühlte sich als Eindringling in einer Kultur, die er sich noch nicht einmal aneignen wollte.
Santras wirkte gänzlich unverändert zum Vortag. Keine vertieften Falten, keine Augenringe oder gar merkwürdiges Verhalten ließen darauf schließen, dass Kassandras Treffen seine Welt auf den Kopf gestellt hatte. Er wirkte höchst normal, so wie er den Tisch zu etwas eindeckte, was wohl ein ausgiebiges Frühstück unter Bekannten darstellen könnte.
Nur Kassandra lächelte, als sie ihn sah. Das war neu und gefiel Zoras nicht unbedingt, aber er wollte nicht kleinlich sein. Er würde nicht damit anfangen, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wen Kassandra alles anlächelte.
Sie setzten sich, wobei Santras wohl beide gleichermaßen überraschte, indem er den Söldner zuerst bediente. Der hatte ihn noch nicht einmal gegrüßt, so wie andersherum auch nicht; trotzdem schien der Stadtherr darüber zu stehen. Dann musste er sich durchaus Gedanken gemacht haben, anders wäre nicht zu erklären, dass er es jetzt als notwendig empfand, sich bei Kassandras Schwurpartner zu entschuldigen.
"Es gibt nichts, wofür Ihr Euch zu entschuldigen bräuchtet. Kassandras Präsenz kann... überwältigend sein."
Er warf der Schuldigen einen Blick zu.
"Wenn, dann bin ich es, der sich entschuldigen muss. Die Offenbarung der gestrigen Ereignisse war, gelinde gesagt, eine Überraschung, auf die ich nicht vorbereitet gewesen war. Keiner von uns, eigentlich. Bitte, fühlt Euch nicht von meiner Anwesenheit eingeschränkt."
Diesmal bat er nicht an, draußen zu warten. Er betete nur im Stillen zu der einzig anwesenden Göttin im Raum, dass sie ihre Nähe mit Santras auf ein höfliches Maß beschränken würde, damit er nicht wieder Zeuge von einer Szene wie gestern wurde.
Sie machte aber auch keine Anstalten, die Annäherungen zu wiederholen, und stellte stattdessen eine Frage, deren Ursprung Zoras verschleiert blieb. Vielleicht wollte sie damit ergründen, ob Santras - jetzt zum Teilen auch Shukran - ähnliche Zweifel gehegt hatte, nachdem er gestern nicht nur zu Teilen seiner Seele gefunden hatte, sondern auch noch erkennen haben musste, dass die Liebe seines Lebens sich unwiderruflich an einen anderen gebunden hatte. Darüber hatte Zoras noch nicht nachgedacht, musste aber unweigerlich jetzt daran denken. Auch Santras könnte seine Zweifel herangezogen haben, die sich gegen Zoras wenden würde, was definitiv nicht im Sinne ihrer Unternehmung stand. War es das, woran Kassandra interessiert war?
Der Stadtherr wusste aber, wie er die Frage umschiffte, ohne ihnen den Hauch einer Antwort zu präsentieren. Die Phönixin mochte es wohl durch seine Aura wissen, Zoras aber nicht. Was spürte er, wenn er Zoras ansah? Und im Gegenzug, was spürte Zoras, wenn er ihn ansah? Hätte Kassandra ihn das gefragt, hätte er sie womöglich gebeten, es aus seiner Aura herauszulesen und sie beide gleichermaßen damit aufzuklären.
Er nahm die Tasse zur Hand und roch daran, auch wenn er schon wusste, dass der Inhalt es ihm nicht sehr antun würde. Seine Geschmacksnerven hatten sich die letzten Jahre auf einfaches, billiges Met eingestellt oder ähnliche alkoholische Getränke, die seinen Geldbeutel nicht aussaugten. Tee war ein Luxus, den er sich nicht zu leisten gewillt war. Wofür auch? Jetzt wäre ihm sogar fast Wasser lieber gewesen, aber für Kassandra nahm er einen Schluck und ließ sich den Geschmack nach Kräutern im Mund vergehen. Für ihn schmeckte es nach Medizin, dabei hatte er in seiner Heimat durchaus auch manchmal Tee getrunken. Er hatte sich wohl in den vergangenen Jahren auf mehr Weisen verändert, als ihm lieb war.
Ebenso war das Frühstück zwar reichlich, aber das einzige, wonach Zoras gegriffen hätte, fehlte. Warmes, noch dampfendes Brot erwartete ihn, genauso wie allerlei Gemüse und sogar ein ganzer Korb voll richtiger Hühnereier, aber ihm wäre eher nach etwas gewesen, das ihn auch auf längere Zeit satt stellte. Diese ganzen Sachen hier hätte er viel zu schnell wieder verdaut und würde in ein paar Stunden wieder hungrig sein.
Es war nicht so, dass er dann nicht etwas zu essen hätte, es war nur so, dass er es anders gewöhnt war und manche Gewohnheiten bekam man nur sehr schwer wieder los.
Experimentiell nahm er sich daher eine Scheibe Brot mit Gemüse und zwang sich dazu, so langsam und bedächtig zu essen, wie er es früher immer getan hatte. Genießen, nicht schlingen. Jetzt kam es ihm albern vor, seine Bedürfnisse aufgrund von Höflichkeiten hintenan zu stellen.
Zum Glück erbarmte sich Santras seiner und sprach ihr Vorhaben an, wodurch Zoras vom Essen innehalten konnte. Er hatte fest damit gerechnet, dass er und Kassandra wieder in Gespräche über eine Zeit verfielen, die Zoras mehr als fremd war, aber das schien wohl nicht der Fall zu sein. Der Mann hatte wohl über Nacht wirklich mehr verarbeitet, als man ihm ansehen mochte.
"Die einzige Hilfe, die Ihr uns anbieten könnt, besteht darin, überzeugt zu sein. Wir möchten Euch in keine Kriege und keine Konflikte ziehen, wenn es das ist, was Euch Sorgen bereitet. Der Grund, weshalb wir uns die Mühe machten hierherzukommen, besteht darin, das Volk von uns zu überzeugen. Der Rat ist lediglich ein Hindernis, er ist aber nicht der Schlüssel zum Erfolg. Er wird uns nicht krönen, solange wir dort nur zu zweit auftauchen, aber wenn wir ein ganzes Land hinter uns stehen haben, wird auch er sich gezwungen sehen."
Er verschränkte die Hände auf dem Tisch.
"Was Ihr also tun könnt, ist Eurem gewöhnlichen Alltag nachzugehen, so wie sonst auch, und dabei Eure Meinung dazu zu verbreiten, dass es einen neuen Eviad geben könnte. Es geht nicht darum, ob er wirklich würdig ist oder Aussichten auf den Thron hat, sondern ganz allein, dass Ihr an seinen Erfolg glaubt. Die Leute in Paspatera schauen mehr zu Euch auf als zu den Champions, weil die Champions weiter weg sind als ihr. So könnt Ihr uns wahrlich helfen."