Salvation's Sacrifice [Asuna & Codren]

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    • So wie Kassandra es formulierte, bestätigte sie Zoras' Vermutung, dass sie schon alles erdenkbare erlebt haben musste, was für ihn noch völlig unvorstellbar war. Während er mit dem Gewissen kämpfte, die Regierung über ein ganzes Land übernehmen zu müssen, hatte sie seine Geschichte bereits in allen Ausführungen gesehen und miterlebt. Er war nicht der erste mit einem Putschversuch, er war nicht der erste, der die Krone ablehnte, er war nicht der erste, der lieber zurück auf das Schlachtfeld ziehen würde, er war nicht der erste, der seinen verglichener maßen bescheidenen Stand eines Herzogs dem eines Königs vorziehen würde. Er war sicherlich auch nicht der erste, der hinterrücks eine Affäre mit der Mutter des Königs angefangen hatte.
      Er verzog das Gesicht. Ihre Augen bohrten sich in die seinen, als würden sie geradewegs in seine Seele blicken. Ein unangenehmes Gefühl.
      "Wenn Ihr das so formuliert, hört es sich an, als wüsstet Ihr schon genau, mit welchem Schicksal Theriss besiegelt wäre. Ich möchte glauben, dass Ihr es auch tatsächlich vorhersehen könnt, aber es wäre mir lieber, wenn Ihr das alles nicht so... unbedeutend erscheinen lasst. Es geht schließlich um die Zukunft meiner Heimat."
      Fast hätte er sie gefragt, ob sie nicht auch dieselbe Pflicht gegenüber ihrer Heimat verspürte, aber ganz abgesehen davon, dass er nicht einmal wusste, ob Götter so etwas wie eine Heimat hatten, wäre das wohl äußerst taktlos gewesen. Stattdessen verstummte er frühzeitig und ließ sie weitersprechen, wobei er für einen Moment glaubte, einen Schatten über ihr Gesicht huschen zu sehen, ein winziger Anflug von etwas hinter ihrer Kaltblütigkeit, das fast schon menschlich schien - menschlich oder sterblich. Aber als er geblinzelt hatte, war dieser Eindruck schon wieder verschwunden und stattdessen wurde er von der Bewegung ihrer Hand abgelenkt, die sich in die Mähne ihrer Haare einfädelte und dort zu flechten begann. Dass sie währenddessen eine Bemerkung fallen ließ, die nicht nur erstaunlich präzise der Realität entsprach, sondern auch noch so unwillkürlich aus den tiefsten seines Gehirns hervorgeholt zu sein schien, dass er das Gefühl hatte, sie habe mit derselben Hand einmal in einem Inneren danach gewühlt, ließ ihn noch viel unbedeutender erscheinen. Es war schon schlimm genug, dass sie sein Leben bereits zu kennen schien, jetzt musste sie im Plauderton auch noch seine dunkelsten Neigungen offenbaren. Wenn er nicht aufpasste, würde sie mit ihrem Blick tatsächlich noch die Fähigkeit zum Gedankenlesen entwickeln.
      Er stand jetzt doch auf, wobei sein Magen rebellierte, und ging an ihr vorbei zum Fenster neben dem Bett, um auf den Innenhof hinauszublicken. Die Arme vor der Brust verschränkt zog er nun endlich die Stirn in Falten, nachdem sie den Ausdruck nicht sehen und damit weiter in ihm herumstochern konnte.
      Ja, er hatte sich ausgemalt, wie er mit Kassandras Hilfe auf das Schlachtfeld ziehen konnte. Ja, es war ein so verlockender Gedanke, dass er ihn nicht vollständig aus seinem Gehirn verbannen konnte. Ja, er wollte seinem Herzogtum natürlich mehr Macht zukommen lassen - wer wollte das nicht? Kassandra, von allen Personen in diesem Palast, müsste es am besten wissen, wo sie doch schon alles erlebt hatte. Das hieß aber noch lange nicht, dass sie ihn in dieselbe Schublade stecken konnte wie alle anderen davor.
      "Mag sein, dass es einen gewissen Reiz hat, mit Eurer Hilfe in die Schlacht zu ziehen. Es mag auch sein, dass ich die ganze Macht der Essenz noch nicht begriffen habe - Ihr seid der erste Champion in diesem Land, das habe ich Euch ja schon eröffnet. Und natürlich möchte ich mein Herzogtum erweitern, das steht völlig außer Frage. Das heißt aber noch lange nicht, dass ihr mich mit denen vergleichen könnt, denen ihr schon einmal begegnet seid. Meine Taten könnt ihr vergleichen, aber nicht mich."
      Er drehte sich wieder zu ihr um.
      "Ich verspreche, Euch Eure Essenz wiederzugeben, weil ich weiß, dass es das einzige ist, das Euch wichtig ist. Das Leben - unser Leben, das der Menschen - ist ein durchgängiges Geben und Nehmen und da Ihr unter uns wandelt, müsst Ihr Euch wohl oder übel den Regeln fügen. Ja, ich finde den Gedanken verlockend Eure Essenz an mich zu nehmen und zu behalten, bis ich eines Tages sterbe und meine Kinder sie übernehmen, aber genauso gut könnte ich die Krone ergreifen und dafür sorgen, dass mein Herzogtum in die Geschichte des Landes eingeht. Wenn Ihr so viel Erfahrung mit Menschen gesammelt habt, könnt Ihr mir dann sagen, weshalb ich genau das nicht mache? Weshalb ich es nicht einmal dann mache, wenn ich die Aussicht darauf hätte, auch als König meine Reiter auf das Schlachtfeld zu führen? Könnt Ihr das? Wenn nicht, dann schlage ich nämlich vor, dass Ihr auch alle anderen Voraussagen auf Taten beschränkt und nicht auf Beweggründe. Ihr seid eine Göttin, aber Ihr seid auch nicht unfehlbar - das habt Ihr wohl damit bewiesen, dass Ihr hier seid."
      Er wusste, dass er zu weit ging, als er die Worte ausgesprochen hatte. Es war nie in seinem Ermessen gewesen, eine Göttin zu beleidigen und nachdem er es jetzt getan hatte, fühlte er sich wie ein Hochstapler. Er kannte sie nicht, genauso wenig wie sie ihn kannte, vielleicht hatte sie ihre Essenz durch Unglück verloren, das konnte er nicht wissen.
      Er ließ die Arme fallen und versuchte sich an einem versöhnlicherem Tonfall.
      "Alles, was ich sagen möchte, ist dass ich Euch Eure Essenz zurückgeben werde, weil das der Preis sein wird, den ich für Eure Dienste bezahle. 1.800 Goldstücke sind ja wohl nicht annähernd genug für die... Ehre, die Unterstützung einer Gottheit zu erlangen."
    • "Natürlich weiß ich nicht, welches Schicksal Theriss ereilen wird. Ich habe lediglich sämtliche möglichen Ausgänge bereits miterlebt und ich mische mich so wenig es nur geht ein. Leider obliegt diese Wahl nicht immer mir, wenn die falsche Person mein Amulett in Händen hält. Genauso wenig fälle ich ein Urteil darüber, was bedeutsam ist und was nicht. Ich kann mir nur nicht ständig vor Augen führen, was meine Taten für die einzelnen Menschen eines Landes, eines Königreiches, bedeuten", erwiderte Kassandra, als sie auf die andere Seite ihres Kopfes wechselte und auch dort ihre Haare nach hinten flocht.
      Sie verschwieg den tieferen Hergang dieser Gedanken. Über die erschreckend lange Zeitperiode hinweg, in der sie nun auf der Erde wandelte, hatte sie sich angewöhnt, so weit weg von der Menschlichkeit zu wirken, wie es nur irgendwie möglich war. Andernfalls machte sie sich angreifbarer als sie es sein wollte. Wenn sie Zoras offenkundig mitteilte, dass sie sehr wohl darum bedacht war, was mit den wirklich guten Menschen geschah, würde ihre Fassade bröckeln. Die Tatsache, dass sie den Kindskönig öffentlich in seine Schranken gewiesen hatte zeugte davon, dass sie ihn nicht nur verachtete, sondern ganz genau wusste, dass er das eigene Volk in den Kriegszustand treiben würde.
      Sie lauschte Zoras während sie ihre Haarkunst am Hinterkopf zusammenbrachte und sie dort ein wenig fixierte. So wehten ihr nicht konstant einzelne Haare im Gesicht herum, die sie genervt aus den Augen streichen musste. Allerdings bekam ihr recht entspanntes Gesicht leichte Risse, als der Herzog ein paar Punkte ansprach, die ihr sauer aufstießen. Immerhin besaß er den Anstand, all diese Worte in ihre Richtung anstelle des Fensters zu sprechen.
      So bekam er direkt die Reaktion mit, die sich im Gesicht der Phönixin abspielte. Eine rapide Abfolge von Frust, einer verschrobenen Art des Schmerzes und schlussendlich einer erzwungenen Härte als sie bemerkte, dass sie ihre Mimik nicht mehr ganz unter Kontrolle gehabt hatte.
      "Ich hätte Euch nicht mit so vielen anderen über einen Kamm scheren dürfen", gab sie schlussendlich leise zu, obzwar ihre Stimme noch immer völlig selbstsicher klang. "Wir leben so lange, dass wir in der schieren Masse an Menschen, denen wir begegnen, manchmal vergessen das Individuum zu sehen. So wie viele Herrscher Vorurteile gegenüber meiner Art haben, scheint es auch andersherum zu gelten."
      Worte, die ein göttliches Wesen üblicherweise niemals aussprechen würde. Es war ein Ausblick auf das, was hinter der sorgfältig konstruierten Fassade einer Gottheit steckte und ein weiterer Hinweis darauf, warum sie überhaupt auf Erden wandelte. Am Ende seufzte Kassandra, eine unglaublich menschlich wirkende Gestik.
      "Schön, dann werde ich abwarten und sehen, ob Ihr Euer Wort haltet und mich tatsächlich befreit. Dann erfüllt mir nur einen Gefallen. Hebt Euch ein wenig von der Masse an Menschen ab, an die ich mich erinnere und hört auf mich anzubeten. Lasst diese umschweifenden Ehrungen fallen, für mich ist das alles eh nur eine Farce. Wisset, dass ich über Mächte verfüge, die Eure Horizonte zu sprengen vermögen, aber lasst es nicht Euer Handeln zutiefst beeinflussen. Ich habe Euch in der Halle vorhin schon nicht verbrannt. Solange Ihr mir keinen weiteren Grund liefert, sehe ich davon ab, es ernsthaft zu versuchen", schloss sie ihre Worte, legte den Kopf ein wenig schräg und zeigte ein wenig von dem freundlichen, losgelösten Gesicht, das sie einst zu verloren geglaubt hatte.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Trotz seines Beschwichtigungsversuchs hatten Zoras' Worte getroffen, das sah er deutlich an der Anreihung von Emotionen, die über das Gesicht der Phönixin huschten, bevor sie allesamt hinter einem strengen Blick und angespannten Kiefermuskeln verschwanden. Zoras glaubte die aufgesetzte Maske durchschauen zu können, sie war schließlich nicht anders als seine eigene, die er häufig zur Schau stellte, aber viel mehr Aufschluss gab sie ihm auch nicht.
      Er nickte sacht, auch wenn ihm bewusst war, dass er das Ausmaß ihrer Worte nur in seinen Ansätzen verstand.
      "Ihr seid genauso wenig wie alle anderen Champion wie ich ein Abbild meiner Vorfahren bin."
      Für den Augenblick schien auch in diesem Raum das Machtverhältnis zu schwanken, als wäre eine unsichtbare Barriere entfernt worden, die bis dahin Kassandra unnahbar wirken gelassen hatte. Der Eindruck war so prägnant, dass Zoras das Gefühl bekam, eine ganz andere Frau vor sich sitzen zu sehen, während die Schlucht, welche zwischen der Menschheit und der Götter herrschte, sich verflüchtigte. Zurück blieben zwei Lebewesen verschiedener Rassen, die genauso viel Gemeinsamkeiten besitzen konnten, wie es Unterschiede zwischen ihnen gab. Der deutliche Kräfteunterschied hätte dabei beinahe schon vernachlässigt werden können.
      Als Kassandra weitersprach, glaubte er ein wenig mehr davon zu verstehen, was in ihr selbst vorgehen mochte. Bisher hatte er sie lediglich als Opfer ihres Schicksals gesehen, als unglückliches Wesen, das den Mächten der viel niedrigeren Art unterworfen worden war, aber so wie er hatte auch Kassandra Beweggründe. So wie sie hatte auch er versucht, sie aufgrund ihres aufbrausenden Temperaments in eine Kategorie zu schieben, obwohl er kaum ihre ganze Geschichte angekratzt hatte.
      Er glaubte zu verstehen, woher diese Bitte kommen mochte.
      "Dann lass uns auch diese Höflichkeitsfloskel bleiben, solange wir nicht in der Öffentlichkeit sind. Ich würde auch einen König duzen, wenn ich mich mit ihm verstünde, also soll es bei einer Phönixin nicht anders sein. Verwechsle es aber nicht mit Nachlässigkeit, ich respektiere deine Herkunft und deine Macht. Ich würde es mir nicht anmaßen, dein Wesen mit dem eines Sterblichen gleichzusetzen - genauso wenig, wie ich einen General mit einem Soldaten gleichsetzen würde, auch wenn beide ihre Stärken haben."
      Er setzte ein versöhnliches Lächeln auf, was sich hauptsächlich durch die Fältchen seiner Augen, die sich an deren Rändern bildeten, ausdrückte. Dann ging er zu ihr und blieb bei ihr stehen. Von oben sah die Frisur ihrer Haare wie ein verstecktes Kunstwerk aus.
      "Kann ich dir etwas zeigen?"
      Er zögerte, dann bot er ihr die geöffnete Hand an. Eine Göttin hätte er niemals gewagt zu berühren, außer als Zeichen des Respekts, aber einer Frau, die Kassandra schließlich war, würde er immer eine Hand anbieten, so wie er auch der Königin, trotz ihres unerreichbaren Standes, stets eine Hand hingehalten hatte.

      Er führte Kassandra wieder durch den Palastkomplex, peinlichst darauf bedacht einem möglichen König aus dem Weg zu gehen, und hinaus auf die erste Ebene, den Vorplatz des Konstrukts, der wie ein Laufsteg nach vorne ragte und die Stadt in seinen Schatten stellte. An der Seite ging es zur Treppe und dem Tor, das in die Stadt hinunter führte, aber Zoras hielt auf die Spitze des Stegs und das dortige Geländer zu. Der Himmel hatte sich mittlerweile noch weiter verdunkelt und der Wind war, als Vorbote des aufziehenden Sturms, aufgefrischt. Er kühlte ihn angenehm und schob das Grummeln seines Magens in den Hintergrund. Sie waren, bis auf die Wachen, Zoras' Gardisten und Kassandras Khadim, alleine.
      Zoras trat ans Geländer und machte eine ausladende Geste über die sich unter ihnen ausbreitende Stadt. Die Sonne war größtenteils schon hinter schwarzen Gewitterwolken verschwunden, aber es war noch genügend Tageslicht vorhanden, um das geschäftige Treiben der Straßen und die tausenden winzigen Menschen, die dort unten scheinlichst den einzigen Zweck verfolgten, hin und her zu laufen, zu erkennen.
      "Ich weiß zwar nicht, ob es euch Göttern so geht, aber wenn ich hier hinabsehe, sehe ich alles und gleichzeitig gar nichts. Ich kann erkennen, wie groß die Stadt ungefähr sein mag, dass es viele Häuser gibt, wo die Denkmäler stehen - ich sehe den Tempel von hier und den oberen Marktplatz und die Königsstatue. Ich kann einschätzen, in welchen Straßen viel los ist, kann mir denken, wo Wachposten sitzen und welches Tor am geschäftigsten ist; aber ich hätte Euch von hier oben niemals ausfindig machen können. Ich kann nicht erkennen, worum die Leute auf dem Markt feilschen und wohin sie gehen, wenn sie hinter einem Haus verschwunden sind. Ich kann ja nicht einmal ins Innere der Häuser blicken, selbst wenn ich es versucht hätte. Ich müsste hingehen, die Tür aufmachen, hineingehen und wenn ich Pech hätte, wüsste ich gerade mal, wie das Haus aussieht und wer hier wohnen könnte, aber nicht wer diese Leute wirklich sind und was sie tun und wann das Haus gebaut wurde und was vorher dort gestanden hatte. Aber ich hätte mehr darüber herausgefunden, als hier zu stehen und das Dach zu inspizieren."
      Er warf ihr einen Seitenblick zu.
      "Ich halte nichts von der Versklavung der Götter und ich halte auch nichts davon, was für einen Einfluss sie auf unsere Welt ausgeübt hat. Theriss wäre eines der mächtigsten Länder, wenn Champions nicht existierten, weil wir reiche Ressourcen besitzen und damit erst die Macht kommt. Aber ich halte schon etwas davon, dass die Götter auf die Erde gekommen sind, so wie ich erst zum Marktplatz hinunter gehen musste, um Euch zu finden. Denkt Ihr, Ihr hättet auch nur ansatzweise das Wesen der Menschen begriffen, wenn Ihr weiterhin in Eurem... Himmel gesessen wärt und zugesehen hättet? Ist es nicht in gewissermaßen die Pflicht der Götter, dem zu entsprechen, was sie angeben zu sein? Wie könntet Ihr das besser tun, als vom Mittelpunkt des Geschehens aus?"
    • Schweigend betrachtete Kassandra Zoras. Er würde drum herum kommen zu vergessen, wer sie eigentlich war. Ihre Optik allein würde dafür schon sorgen, wenn es nicht bereits ihre ungewöhnliche Augenfarbe tat. Dieses Angebot, diese Bitte, die sie an ihn richtete, hatte sie das letzte Mal vor gut 1200 Jahren ausgesprochen. Und der Ausgang war so bitterlich gewesen, dass sie diesen Fehler eigentlich niemals wiederholen wollte.
      Ihr Blick ging zu ihm hoch und entdeckte die kleinen, ehrlichen Fältchen am Rande seiner Augen. Für einen Moment zögerte, dann legte sie doch ihre Hand in die seine. In ihrer Wahrnehmung war die Körpertemperatur der Menschen für sie unterirdisch, im Gegenzug dessen schien sie für Zoras unter einem heftigen Fieber zu leiden. Sie spürte umgehend die Schwielen in seinen Händen, während ihre Hand für ihn das reinste Samttuch sein mochte.
      "Nur zu."

      Der Wind, der auf dem Steg auffrischte und sie über die komplette Stadt blicken ließ, hätte so manche feine Damen den letzten Nerv geraubt. Doch für Kassandra, einem Geschöpf des Feuers und der Luft, glich er eher einem Befreiungsschlag. Es war Jahrhunderte her, dass sie in ihrer wahren Gestalt über die Erde in luftigen Höhen gezogen war und dies war einer der wenigen Punkte, die sie aufrichtig vermisste, seitdem es das Amulett gab.
      Sie schloss zu Zoras auf, stützte allerdings die Ellbogen auf dem Geländer ab und legte ihr Kinn in ihre Hände. So vornüber gebeugt hatte sie so wenig göttliches an sich, dass sie einfach eine junge Frau hätte sein können, die einmal sich einen Dreck darum scherte, wie ihre Haltung gerade aussehen mochte. Selbstverständlich verstand sie, worauf der Herzog hinaus wollte und gab ihm in mehreren Aspekten auch recht - allerdings hatte sie Sache für sie einen enormen Haken.
      "Eigentlich sollten die Götter und Sterblichen strikt von einander getrennt sein. Der Glaube und Kultismus entstand nur, weil einige neugierige Götter sich einst herab begaben um zu sehen, was die Menschen so trieben, die sie stets von oben herab beobachtet hatten. Wir Phönixe sind eine Art, die eigentlich ganz gut mit den Menschen harmonisieren. Eigentlich sind wir nicht gewalttätig sondern gütig. Wertschätzen das Leben mehr als die meisten anderen. Ich weiß nicht, wie es für die namenhaften Götter ist, aber wir verstanden die Natur der Menschen in seinen Grundfesten recht gut. Nur mischten wir uns selten ein."
      Für den Betrachter müsste sich Kassandra den Tod holen, so leicht bekleidet wie sie inmitten des Windes stand. Doch nicht einmal eine Gänsehaut überzog ihre Haut. Im Gegenteil sogar; im tiefsten Winter strahlte sie eine dermaßen Hitze aus, dass es regelrecht um sie herum leicht nebelte.
      "Ihr kennt natürlich nicht die Hintergründe, wie die Götter auf Erden kamen. In der Tat sind viele freiwillig hinabgestiegen und meist durch Dummheiten ihre Essenz losgeworden. Ich allerdings bin des Götterhimmels verbannt worden. Weil ich so atypisch meiner Art war. Man wollte keinen Phönix in seinen Reihen, der sich dem Kampfe verschrieben hatte und dort seine Erfüllung sah. Ich strebte in ihren Augen gegen das, was uns im Kern ausmacht, und hat mich verstoßen. Ich bin etliche Jahre wie eine Erscheinung über die Welt hinweggezogen bis auch ich aus Dummheit meine Essenz verlor."
      Nüchtern betrachtet war die Dummheit relativ. Sie besaß mehr menschliche Züge, als es üblich war, was auch der Grund dafür war, dass sie ihre Essenz verloren hatte. Den Grund dahinter hatte sie noch nie jemanden offenbart und plante dies vorerst auch nicht ein. Doch das Wissen, dass sie einst ungezügelt auf dieser Erde gewandelt war, war nicht unbekannt. Irgendwoher mussten die Legenden aus den Mythen und Aufzeichnungen stammen, in denen Menschen von einem riesigen Feuervogel berichtete, der wie die Sonne über den Himmel zog und flammende Federn regnen ließ. All diese Sichtungen waren sie gewesen, der einzige Phönix, der jemals auf Erden gewesen war. Jede einzelne Sichtung, jede einzelne Geschichte war auf sie allein zurückzuführen. Nur wusste das niemand.
      "Ich hörte, dass gerade die griechischen Götter nach ihren Affären auf Erden eine Einsicht über die Menschen erlangt haben, die ihr Handeln maßgeblich beeinflusst haben. Also ja, ich teile im Großen und Ganze Eure Ansicht zu diesem Thema", schloss sie und verlor sich in einem melancholischen Lächeln, als sie sich an Zeiten erinnerte, wo ihr Leben noch unbefangen war.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Zoras konnte seine Überraschung nur schlecht verbergen, mit der er sich vollständig zu Kassandra umdrehte. Die Bemerkung war so unverhofft gekommen, dass er nicht im Traum darüber nachgedacht hätte, dass so etwas passieren könnte.
      "Ihr seid verbannt worden?"
      Niemals hätte er gedacht, dass es bei den Allmächtigen so etwas menschlich kleinliches wie Verbannung geben mochte. Sicher kannte er Geschichten über Sterbliche, die einen Gott erzürnt und aus Strafe in die Unterwelten verbannt worden waren, aber das war etwas gänzlich anderes, als einen Gott zu verbannen. War das überhaupt möglich? Waren nicht alle Götter auf ihre Weise unantastbar?
      Über die Frage konnte Zoras sich vermutlich den Kopf zerbrechen, je länger er weiter darüber nachdachte, also schob er den Gedanken schnell wieder beiseite. Vielleicht konnte er Kassandra eines Tages fragen, wie eine Verbannung unter Gottheiten funktionierte. Jetzt stellte er sich damit zufrieden, wieder auf die Stadt hinunter zu blicken. Eine Phönixin, die in den Krieg ziehen wollte, wurde von ihren Artgenossen verbannt. Ihm fiel eine vage Beschreibung davon ein, dass Phönixe eigentlich Feuervogel waren, die eines Tages verbrannten und aus der Asche wiedergeboren wurden. Wieso sollte man so einen Vogel verbannen? Die Götter schienen genauso kleinlich zu sein wie auch die Menschen.
      "Kann man... die Verbannung wieder aufheben?"
      Er runzelte die Stirn, als er darüber nachdachte, was sie dann wohl mit ihrer Essenz anfangen mochte, wenn sie nicht zurück in den Himmel aufsteigen konnte. Sich in einen Feuervogel verwandeln? Er wusste zu wenig von Göttern, um eigenständig auf eine Antwort zu kommen.
      "Ihr seid wohl nicht sehr beliebt bei Euren Artgenossen. Ich wünschte, ich könnte wenigstens Euren Kampfdurst löschen, aber wenn alles reibungslos verläuft, wird es keinen Aufstand geben, den es zu bekämpfen gilt."
      Er sah wieder zu ihr hinüber und verzog dann das Gesicht.
      "Himmel, ist Euch eigentlich nicht kalt? Das ist ein grausiger Wind, nicht, dass Ihr Euch erkältet. ... Können Götter überhaupt krank werden?"
      Er warf einen Blick über die Schulter auf die Wachen, von denen ein paar schuldbewusst ihre verborgenen Gesichter wegdrehten. Es war schon schlimm genug, dass Kassandra sich auf das Geländer lehnte, als herrschten keine Sitten, dann musste sie auch noch herumlaufen wie eine Tänzerin. Obwohl er wahrscheinlich nicht weiterkam mit der Frage ob ihr kalt war, nach der Hitze, die sie bei ihrer Berührung ausgestrahlt hatte.
      "Zieht Euch doch wenigstens etwas über", murrte er etwas leiser, nachdem er sich wieder nach vorne gedreht hatte. Unten beim Tor fuhr gerade eine pompöse Kutsche vor und musste eine Prüfung der Wachposten über sich ergehen lassen. Zoras beobachtete, wie der Fahrer sich mit den Soldaten stritt.
      "Wir gehen besser wieder hinein. Wisst Ihr, wo sich die königlichen Gemächer befinden? Ich werde Euch ein Zimmer in der Nähe bereitstellen lassen."
      Er drehte sich wieder zu ihr, ein ernster Ausdruck in seinem Gesicht.
      "Ich möchte nur noch einmal betonen, dass ich mich an meine Worte halte. An alle."
    • Noch immer trug Kassandra das melancholosche Lächeln zur Schau.
      "Wie gesagt. In manchen Aspekten sind sich unsere Arten gar nicht so fremd. Ihr müsst Euren Fokus auf die Götter ein wenig verschieben. Wir sind nicht alle gleichberechtigt, es gibt eine Hierarchie, der wir unterliegen. Wie bereits angesprochen sind die großen, namenhaften Götter jene, die uns wie Fußvolk behandeln. Ähnlich wie Eure Könige ihre Untertanen anleiten. Wir besitzen Verbindungen zu Ra, Utu oder auch Helios. Alle drei waren einst auf die Erde hinabgestiegen und sind wieder zurückgekehrt."
      Man verehrte sie nicht wie Könige oder pries ihre Existenz. Aber man erkannte ihre Überlegenheit an und folgte ihrem Willen, wenn sie denn einen konkreten äußerten. Man existierte nebeneinander her, ohne sich gegenseitig maßgeblich zu beeinflussen.
      "Ich weiß nicht, ob man es aufheben kann", sagte Kassandra schließlich nach einer Pause in der sie ihren Blick nicht vom Himmel und den düsteren Wolken nahm. "Ich kann mich zumindest nicht an einen vergleichbaren Fall erinnern. Meist wurden rebellierende Einheiten direkt ausgelöscht. Vermutlich sollte ich meinem Clan danken..."
      Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Zoras erneut zu ihr herüber sah und kurz noch weiter nach hinten sah. Vermutlich würde er nun die Wachen sehen, die ungeniert auf die Rückansicht der jungen Frau gestarrt hatten, die sie zugegebenermaßen offen präsentierte. Die Melancholie wich aus ihrem Lächeln und machte Belustigung Platz.
      "Sagt doch einfach wenn Ihr wollt, dass sich die Wachen nicht verführt fühlen sollen", brachte sie leichtfertig an und wusste, dass das Argument der Kälte völlig unangebracht war.
      Schließlich hatte Zoras sie vorhin berührt und am eigenen Leibe erfahren, dass das Feuer in jeder ihrer Zelle brannte.
      "Betont so viel Ihr mögt. Lasset die Zeit beweisen, dass Eure Worte mehr Gewicht haben. Und nun zeigt mir diese ominösen Zimmer. Ich kann es gar nicht erwarten, mal einen Moment für mich zu haben."
      Damit folgte die Phönixin Zoras auf Schritt und Tritt, damit er ihr zeigen konnte, in welchen Raum sie vielleicht nicht aus Versehen spazieren sollte.

      In weiser Voraussicht hatte Kassandra ihrem Khadim befohlen, vor der Tür zu ihrem recht unaufregenden Gemach zu bewachen. So war es auch der junge Mann, der ihr am nächsten Morgen verriet, dass der König sie in den Thronsaal zitiert hatte. Sehr zu ihrem Missfallen hatte sie keinen angrenzenden Baderaum in ihrem Gemach gehabt und müsste sie am Folgetag nach einer Alternative umschauen. Wenn sie ein Faible entwickelt hatte, dann waren es Badeinlagen. Ebenfalls hatte man ihr keinerlei andere Kleidung gebracht, weshalb sie in dem exakt gleichen Stoffen im Thronsaal samt Khadim erschien wie am Vortage. Ihre Haare waren noch immer so, wie sie sie am Vortage geflochten hatte und ihr Gesicht war alles andere als erheitert, als sie in das Gesicht des Kindskönig blickte und ganz sicher nicht auf die Knie fiel.
      "Ihr habt gerufen?", fragte sie und reckte ihr Kinn in die Höhe.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Genau wie am Vortag saß das Königskind auf dem rechten der beiden Throne, das Gewand unter sich ausgebreitet, die Krone beinahe so groß wie sein Kopf. Er trug andere Kleider wie noch am Tag zuvor, allerdings waren sie auf die gleiche Art mit unzähligen goldenen Verzierungen geschmückt, hatten kleine goldene Plättchen überall hängen und sahen alles in allem viel zu teuer und viel zu unpraktisch aus. Womöglich hätte die Erscheinung mit dem vielen Gold herrschaftlich wirken können, wenn es nur mit einem gewissen Stolz getragen wurde, aber die schmächtige Gestalt des Königs ließ ihn eher wie einen Hochstapler aussehen, der sich die Gewänder des richtigen Herrschers angeeignet hatte.
      Trotz allem stellte der betrügerisch wirkende König eine beinahe arrogante Miene zur Schau, so wie er auf Kassandra hinab blickte, die Augen leicht zusammen gekniffen. An diesem Tag waren die Stufen zu seinem Thron - bis auf die Wachen - gänzlich leer und so wirkte das Bild irgendwie unvollständig.
      "Ich hoffe, Ihr habt Euch gut amüsiert? Nach gestern?"
      Die Tatsache, dass er nach dem Massenmord nicht mehr nach ihr verlangt hatte, schien wohl Beweis dafür zu sein, dass er sich zu sehr vor ihr geängstigt hatte, um ihr wieder nahe zu treten, doch mittlerweile schien er sich von dieser Angst wieder einigermaßen erholt zu haben - wenn auch nicht so weit, um den Mut aufzubringen, sie für den Verstoß gegen die Anstandsregeln zu ermahnen.
      "Ich habe gehört, dass Ihr Euch mit Herzog Luor herumgetrieben habt. Man könnte fast meinen er besäße die Essenz und nicht ich, oder? Ich dachte, dass wäre nicht der Sinn Eurer Anwesenheit hier."
      Trotz seines offensichtlichen Versuchs einen einschüchternden Ton anzuschlagen, gelang ihm das nur mittelmäßig. Seine Stimme mochte einigermaßen selbstsicher klingen, aber seine Erscheinung war einfach zu verschroben, um den nötigen Eindruck zu vermitteln.
      "Jedenfalls möchte ich Euch jemanden vorstellen, so wie Ihr und Herzog Luor euch gegenseitig... vorgestellt habt."
      Im letzten Moment schien er den richtigen Knackpunkt seiner kleinen Ansprache vergessen zu haben und runzelte die Stirn, als er in seinem Gedächtnis danach grub. Schließlich schüttelte er knapp den Kopf und gab seinen Wachen ein Handzeichen.
      "Er kann hereinkommen."
    • "Blendend habe ich mich amüsiert, danke der Nachfrage", gab Kassandra hörbar auf Streit aus von sich und gab nichts auf die Blicke der Wachen, die ihr durch die Visiere zugeworfen wurde.
      Der Junge musste sich selbst erst einmal einordnen nach dem Vorfall des Vortages, der ihn in Furcht hinter seinen Thron hatte klettern lassen. Ein Glück für ihn, dass keiner seiner loyalen Soldaten diesen Anblick zu sehen bekommen hatten. Andernsfalls würde er vermutlich unlängst das Gespött des Hofes sein.
      Selbstredend hörte die Phönixin, wie der Kindskönig wenigstens versuchte, seine Stimmfarbe etwas zu verändern, doch traf er bei ihr nur auf Granit. Statt der erwünschten Reaktion zeichnete sich lediglich ein spöttisches Lächeln in ihrem Gesicht ab. Da war wohl jemand eifersüchtig, dass der Herzog, der seine Mutter beschlafen hatte, nun auch noch näher an seinem Champion war als er selbst.
      "Immerhin verkriecht sich der Herzog nicht beim Anblick meiner Macht. Oder meidet mich freiwillig fast einen kompletten Tag hindurch." Sie wurde immer weiter ausfälliger, verfiel langsam aber sicher dem Trugschluss, dass dieses Kind keinerlei Macht über sie besaß und auswirken konnte.
      Folglich war sie absolut unbeeindruckt über die Worte des Königs, der anscheinend noch einen Spielball ins Getümmel werfen wollte und keine weitere Verzögerung duldete. Sollte derjenige ruhig dazustoßen. Solange es kein Gott war, standen ihre Karten besser als nur gut.
      Zumindest bis die Tür aufschwang und einen recht jungen Mann offenbarte. Kassandra hatte ihm den Rücken zugekehrt, doch das Kitzeln in eben jenem gebot ihr, sich zu dem Neuankömmling umzudrehen.
      Sie kannte den jungen Mann nicht, der federleicht einen Meter nach dem anderen zurücklegte und dabei keinen Blick an Kassandra verlor. Einzig und allein der König besaß seine volle Aufmerksamkeit, doch was den meisten hier entging, war seine Aura.
      Der Mann besaß die Segnung eines Gottes.
      Er hatte aschblondes Haar, das sich in weichen Wellen über seine Schultern ergossen hätte, wäre es nicht mit Bändern in einen lockeren Zopf zur Seite gebunden. Er besaß bestechend grüne Augen, die verrieten, dass er nur eine Sekunde gebraucht hatte, um die Phönixin als solche zu bestimmen. Als er an ihr vorbeiging, auf Augenhöhe sogar, hätte sie schwören können den Geruch von Leder und Eibe wahrgenommen zu haben.
      Vor der Treppe fiel der Mann auf die Knie und senkte das Haupt. Seine Stimme, die nun erklang, war unnatürlich schön, fast so wie Kassandras eigene.
      "Caphalor Anyras, zu Euren Diensten."
      Kassandra hatte ihre Mimik vollständig unter Kontrolle, aber ein Feuer brandete in ihren Augen auf. Dieser Mann hier war ein Jäger unter dem Segen einer Gottheit. Das konnte nur böse enden.
      "Von wem seid Ihr gesegnet worden?", schoss sie direkt die Frage in den Raum und bekam nun selbst einen spöttischen Seitenblick des Mannes zu spüren, der sie fast zur Weißglut trieb.
      "Ich sehe schon, Ihr habt Euren Phönix nicht im Griff. Aber das dürfte kein Problem sein sobald Ihr wisst, wie Ihr sie richtig führt", sprach der Jäger mit dem König weiterhin und ignorierte Kassandra geflissentlich, die ihre Augen zu Schlitzen verengt hatte.
      "Ich teile mein Wissen mit Euch, sofern Ihr gewillt seid, mich dafür zu entlohnen."

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Eine gewisse teuflische Befriedigung schlich sich in den Gesichtsausdruck des Königs, die Vorfreude auf das Ausspielen eines Triumphs, den er sich über Kassandra erlauben würde. Nach dem gestrigen Tag konnte das durchaus auch mit Rache gleichgesetzt werden.
      Er beobachtete genügsam den Auftritt des Mannes, den er beinahe genauso lang wie Kassandra kennen mochte. In einem anderen Zusammenhang hätte er in der natürlichen Schönheit und dem Selbstvertrauen des Mannes einen Hohn sehen können, eine unausgesprochene Anfechtung seiner eigenen Würde, aber in diesem Moment war ihm das egal. Alles war egal, hauptsache der Mann hielt sich an die Verhaltensregeln, was er bravourös bewies.
      "Du kannst aufstehen. Herr Anyras", begann er selbstgefällig, während er in seinem Hochgefühl Kassandras Bemerkung schlicht zu überhören schien, "war so selbstlos und bot mir seine bescheidene Hilfe an. Er hat schon viel Erfahrungen mit Essenzen gemacht, was in diesem Königreich ja anscheinend eine Seltenheit zu sein scheint."
      Letzteres schien an jemand bestimmtes gerichtet zu sein, aber nachdem die Stufen zu seinem Thron leer waren, verklang die Provokation ungehört.
      "Der Krone wird es kaum ein Problem sein, dich gebührend entlohnen zu lassen. Die Frage ist, ob du kannst, was du versprichst?"
      Er lehnte sich ein Stück nach vorne und fischte das Amulett aus einem Winkel seines komplizierten Gewandes hervor. Die kleine Flamme erleuchtete seine dünne Hand, mit der er sie hielt.
      "Bisher sagte man mir, ich müsse laut formulieren, was ich will, aber das scheint manchmal ungehört zu bleiben. Vielleicht liegt es an der Phönixin? Ich habe sowieso das Gefühl, dass sie nicht ganz… erzogen ist. Sie verbeugt sich nicht und sie spricht manchmal unaufgefordert und sie ist gänzlich frech und aufmüpfig - das erscheint mir alles andere als angemessen! Sie soll mein Königreich stärken und nicht ihre kleinen Spielchen hier spielen. Ich dachte, man könnte einen Champion alles tun lassen! Dann sorg dafür, dass sie sich benimmt und meine Befehle ausführt und ich werde dich entlohnen mit was auch immer dein Herz begehrt. Natürlich nur, solange es im Bereich des Realistischen liegt."
      Zuletzt grinste er, ein schelmenhaftes Lächeln, mit dem er eindeutig seinen Sieg über Kassandra auskosten wollte.
    • Caphalor erhob sich ebenso geschmeidig, wie er vorhin auch auf das Knie gefallen war. Noch immer hatte er nur Augen für den König und langsam aber sicher machte sich eine Grundsorge in Kassandra bemerkbar. Sie hatte einige Jäger in ihrer Laufbahn getroffen, aber nur ein einziger hatte den Segen einer Gottheit erhalten.
      "Dann müsst Ihr mir Gelegenheit geben, Euch zu beweisen, was ich kann", entgegnete der Jäger mit einem Lächeln auf den Lippen, da präsentierte der König breits das filligrane Amulett in seinen Händen. "Es ist nichts verwerfliches daran, sich fachmännische Hilfe zur Seite zu holen, wenn man mit den überhitzten Gemütern nicht mehr klarkommt. Ihr seid nicht der Erste, der um solche Hilfe bittet weil er einen weniger umgänglichen Champion bekommen hat."
      Nun traf sich das erste Mal sein und Kassandras Blick. Es lag ein Funkeln in den grünen Augen als er Kassandra mit ihnen förmlich absuchte.
      "Ein Phönix ist selten. Gesehen habe ich bisher nur einen einzigen vor ihr."
      Kassandras feste Miene strauchelte etwas. Seit Ewigkeiten hatte sie nichts von ihrem Clan gehört, und dann sollte noch einer auf Erden wandeln? Statt nachzufragen hüllte sie sich jedoch in gezwungenes Schweigen.
      "Sie hört nicht auf Eure Wünsche?", harkte Caphalor nach und traf genau das Wort, das Kassandra nicht hatte hören wollen.
      Sie trat einen Schritt vor, eine Drohgebärde, die sofort die Aufmerksamkeit des jungen Mannes gewann. Seine Augen huschten zu ihr, noch immer hatte er ein allumfängliches Lächeln auf den Lippen. Als wüsste er, dass er nicht verlieren konnte.
      "Erste Regel im Umgang mit göttlichen Einheiten: Ihr könnt sie nicht erziehen, sondern Euch nur durch ihren Willen kämpfen. Entweder tut Ihr dies mit Wohlwollen und Freundschaft oder Ihr lernt ihn zu führen und ihm Euren Willen aufzuzwängen. Beides Möglichkeiten mit Vor- und Nachteilen."
      "Ihr leistet selbst einem Kind diese Dienste?", zischte die Phönixin dem Jäger zu, der lediglich mit den Schultern zuckte.
      "Er ist ein König ungeachtet seines Alters. Das sollte selbst Euch auffallen. Er verfügt über die nötigen Mittel, wie man an Euch sehen kann, und bedarf lediglich ein wenig Schulung."
      Kassandras Hand zuckte bereits, ihre Augen wurden eine Nuance heller.
      Caphalors Lächeln wurde zu einem Grinsen als er mit halben Ohr sein Wort wieder an den König richtete: "Hat der Phönix seine Essenz in Eurem Besitz mit einem anderen Ausdruck beschrieben?"
      Kassandras Kragen platzte. Innerhalb einer Sekunde war ihre Waffe in ihrer Hand erschienen und sie hatte so schnell damit nach vorn gestochen, dass ein gewöhnlicher Soldat ohne Gegenwehr aufgespießt wäre. Doch Caphalor parierte den Angriff und schob mit seiner Hand die Pieke seitlich von sich. Mit einer übermenschlichen Reaktionsfähigkeit. Genauso schnell hatte sie ihre Waffe wieder an ihrer Seite, Flämmen begannen um ihren Körper zu züngeln.
      "Verliert mehr Worte darüber und ich brenn Euch zu Asche."
      "Sie hat es Herz genannt, richtig?"
      Ein Fauchen ertönte, das sich als ein wutentbranntes Schnauben der Phönixin entpuppte. Sie ging in den Frontalangriff über und ging den Jäger offensiv an. Dieser wand sich jedoch katzengleich mit vergleichbarer Anmut wie ihr Kampfstil aus jedem Angriff, sodass die beiden Kämpfenden eher wie ein Tanzpaar wirkten.
      "Ihr müsst nicht nur laut formulieren, was Ihr wollt. Ihr müsst ihr Herz in die Hand schließen und Euch von tiefstem Herz wünschen, was sie tun oder eben unterlassen soll. Ist der Wunsch stark genug, geht das sogar ohne Worte, immerhin kann sie fühlen, was Ihr spürt."
      Wieder fauchte Kassandra auf, als sie noch immer keinen Treffer landen konnte und der Mann jedes Mal gerade so auszuweichen schien. Er unternahm nie einen Gegenangriff, sondern ging lediglich auf die Defensive.
      "Probiert es aus und überzeugt Euch von der Wahrheit meiner Worte", lachte Caphalor, als Kassandra einen weiteren Stich verfehlte, daüfr aber Flammen aus dem Griff explodieren ließ, die sich prompt in seinen Ärmel fraßen und ihn dazu nötigten, hastig seine Kleidung abzuklopfen um die Flammen zu löschen.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Mit wachsendem Interesse beobachtete der König die Auseinandersetzung der beiden, ein hitziges Hin und Her, wobei die Hitze eher von einem der beiden auszugehen schien. Caphalor blieb kühl und gelassen, wie ein nicht enden wollender Eimer Wasser, den man für ein Feuer herangeschafft hatte. Der König freute sich ein bisschen über diese selbst ausgedachte Metapher, denn sie war durchaus geistreich und weise. Vielleicht würde man sie sogar irgendwann zitieren? Er musste sie auf jeden Fall mal aussprechen.
      Er beobachtete Caphalors eigene Bewegungen, die genauso schnell von statten gingen wie Kassandras, als wäre er selbst nicht minder eine Gottheit. Die Wachen reagierten auf die Auseinandersetzung mit einem beinahe unbemerkten Klappern ihrer Rüstungen; sie würden wahrscheinlich, wie schon am Vortag, im Ernstfall versuchen, die aufbrausende Phönixin zu überwältigen. Glücklicherweise gab Caphalor ihnen dazu jedoch noch keinen Grund. Der König hatte den Mann schon sonderbar gefunden, als er am Vortag angereist war, und jetzt schien sich dieser Eindruck zu bestätigen. Vielleicht war er ja auch ein Champion? Konnten Champions überhaupt Jäger sein? Wieso aber nicht? Er würde ihn fragen, wenn sie mal alleine wären.
      Schließlich richtete er sein Augenmerk wieder auf das Amulett, oder das Herz, so wie der Jäger es nannte. Von dieser Betrachtungsweise aus schien auch dem König aufzufallen, dass man sich mit etwas Fantasie tatsächlich diese kleine, züngelnde Flamme im Inneren des goldenen Rahmens als Herz vorstellen konnte, als Phönixherz um genauer zu sein. Dass er da selbst nicht drauf gekommen war! Aber das musste ja keiner wissen.
      Er tat wie vorgeschlagen und schloss das Amulett in seiner Hand ein, bevor er sich auf den nächstbesten Wunsch konzentrierte. Den Zank der beiden konnte er dabei ganz gut ausblenden. Einen Wunsch zu finden war nicht schwierig, aber ihn sauber denken zu können durchaus eine Herausforderung. Besonders jetzt, da er so nahe davor stand einen wirklich und wahrhaftigen Triumph zu erleben, sprudelten seine Gefühle in einem Fort nach allen Richtungen davon, ohne kaum jemals zu einem vernünftigen Stillstand zu kommen. Er fühlte sich noch immer unsicher, nervös, ängstlich, neidisch, zweifelnd, aber auch ein wenig triumphierend, neugierig, schadenfreudig. Das half allerdings alles nicht, um seinen Willen allein durch seine Gedankenkraft durchzusetzen, also versuchte er sich zu besinnen und sah wieder zu den beiden hinab.
      "Legt Eure Waffe nieder und verbeugt Euch vor mir!"
      Seine Stimme war zwar nicht gänzlich so überzeugend, wie er es sich vielleicht vorgestellt hatte, aber sie ging zumindest in die richtige Richtung. Dann versuchte er, um den Worten genügend Ausdruck zu verleihen, Kassandra in Grund und Boden zu starren.

      Auf der dritten Ebene des Palastes hatte Zoras gerade die Tür erreicht, die er angestrebt hatte, als Eiklar ihn einholte. Der kleinere Herzog trug zwar auch seine Uniforn, aber er hatte die Jacke nicht in den Hosenbund gesteckt und hatte sie ziemlich locker sitzen. Eiklar sah aus, als wäre er auf dem Weg nachhause, während Zoras so aussah, als würde er gleich sämtliche Würdenträger des Landes begrüßen.
      "Zoras!"
      Eiklar machte keinen Augenkontakt, sein Blick nahm Zoras' gesamte Gestalt in sich auf und wanderte dann zu seinen Gardisten ab, als hätte er von Zoras genug gesehen.
      "Was machst du hier? Ich habe dich schon überall gesucht!"
      Zoras ließ von der Klinke ab. Er wollte Eiklar noch nicht in die ganze Wahrheit einweihen, die sich gestern zugetragen hatte, weil der Herzog manchmal etwas zu geschwätzig war. Das lag wohl an seiner Natur, das ihn ausmachte: Das Herzogtum Riev lag angrenzend zur Königsstadt und verdiente seinen Unterhalt hauptsächlich mit Handel. Eiklar mochte nicht fit für das Schlachtfeld sein, aber er wusste, Worte wie Waffen zu verwenden.
      Zoras richtete sich auf und nahm Haltung an, weil das einfacher war als sich auf sein eigenes Geschick mit Worten zu verlassen.
      "Meinen Pflichten nachgehen. Einen Aufstand aufhalten. Und du? Den Palast erkunden?"
      Eiklars Augen huschten über die Tür und richteten sich wieder auf Zoras, allerdings blieben sie nie lange an einer Stelle.
      "Dich suchen. Der König hat sich schon den ganzen Morgen verkrochen und jetzt habe ich erfahren, dass er eine Audienz hat."
      "Eine Audienz? Mit wem?"
      Ein dunkles Gefühl beschlich ihn. Wenn nicht einmal Eiklar wusste, was Seine Majestät trieb, war es sicherlich nichts gutes.
      Der kleine Herzog zuckte mit den schmalen Schultern.
      "Ich dachte du weißt es vielleicht. Wir haben eigentlich bald unsere Besprechung, wenn Seine Majestät es vergisst, könnte es unangenehm werden."
      Das war eher noch milde ausgedrückt.
      "Bei sämtlichen Göttern im Olymp", brummte Zoras und trat ganz offiziell von der Tür zurück. Er würde nachher wiederkommen.
      "Wo ist er? Im Saal?"
      "Willst du etwa hingehen?"
      "Einer muss es doch tun, oder etwa nicht?"
      "Und ihm vor seinen versammelten Wachen vorwerfen, dass er vergesslich ist?"
      "Er mag mich sowieso nicht. Besser, ich erinnere ihn, als dass er es vergisst und sich blamiert."
      Eiklar hob die Augenbrauen, sagte aber nichts weiter dazu.
    • Es dauerte nur einen Moment nachdem der König seine Hand um ihr Amulett geschlossen hatte, dass Kassandras Bewegungen nicht mehr so scharf waren wie zuvor. Sie verzog ganz leicht ihre Mundwinkel, was Caphalor nicht entging und dieses Mal seine Worte, wenn auch leiser, an die Phönixin richtete.
      "Ein Kind ist schwierig auszubalancieren, hm?"
      "Was wollt Ihr davon schon wissen?!"
      "Ich weiß zumindest, dass Eure Art feinfühliger ist als die meisten anderen."
      Dann strauchelte die Frau plötzlich und der Jäger rückte einen weiteren Schritt von ihr ab. Das gehässige Lächeln war von seinen Lippen verschwunden während er dabei zusah, wie ihre Hand um den Griff ihrer Waffe zu zittern begann und schließlich den Halt an eben jener verlor.
      Noch während des Fallens löste sich die Waffe wieder in Luft auf und ließ eine ernsthaft zornerfüllte Kassandra zu dem Kindskönig aufsehen. Wäre man sich nicht sicher gewesen, dass sie nicht mit ihren Blicken töten konnte, dann wäre nun der richtige Zeitpunkt zur Flucht gewesen.
      Sie bebte am ganzen Körper während sie den Jungen auf seinem Thron niederzustarren versuchte. Caphalor indes sah zwischen den beiden Parteien hin und her, um schließlich eine Hand in seine Hüfte zu stemmen.
      "Ihr habt nicht sauber formuliert, mein König", erklärte der junge Mann dem König seinen Fehler. "Je mehr sich Euer Champion gegen einen Befehl oder in ihrem Falle Wunsch sträubt, desto mehr Entschlusskraft Eurerseits ist nötig. Deswegen hat sie nun nur ihre Waffe abgegeben, wird sich aber nicht vor Euch vorbeugen. Aber Ihr seht, wie sehr sie kämpfen muss?"
      Langsam und bedacht setzte sich Caphalor in Bewegung, um hinter Kassandra zu treten, die wie unbewegt noch immer an Ort und Stelle stand. Mit wenigen Schritten stand er hinter ihr und ging fast hinter ihrer Erscheinung unter. Kühl und leicht legten sich seine Hände auf ihre Schultern und sollten eigentlich kein großes Gewicht sein. Doch ein wenig Druck seiner Hände reichte aus, um Kassandras starre Haltung zu lösen.
      "In Euch herrscht ein emotionales Chaos, mein König. Und dieses Chaos sorgt für eine Diskrepanz in der Kommunikation mit Euch und Eurem Phönix. Kassandra hier gehört zu der feinfühligeren Art, die stark beeinflusst werden durch die Empfindungen ihres Trägers. Ihr Geist sträubt sich obwohl der Körper versucht die Anweisungen zu interpretieren", erläuterte Caphalor weiterhin, der langsam hinter Kassandra in Erscheinung trat, als sie unendlich langsam absackte.
      Und schließlich auf die Knie fiel, das Gesicht mit geweiteten Augen gen Boden gerichtet.
      Noch immer ruhten Caphalors Händen auf ihren Schultern, so als wäre er sich keiner Gefahr bewusst und spürte weder Angst noch Schmerz. Tatsächlich hatte er gerade nur eine geschwächte Gottheit unter sich, die mehr unter dem rapiden Wechsel an Trägern litt als sie zugeben wollte. Er musste ihr ein wenig helfen.
      Er beugte sich seitlich an ihr Ohr herunter, um ihr leise ins Ohr zu flüstern: "Artemis."
      Kassandras Hände ballten sich zu Fäusten während sie keinerlei Kraft in den Beinen verspürte. Es war nicht der Befehl an sich gewesen, der ihr die Kraft raubte, sondern wahrlich das Chaos in dem Kind, was sie wie eine Welle überrollt hatte.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Kassandras aufwallender Zorn, der wohl gerade noch schwach genug war um nicht in einer Explosion auszubrechen, machte nun auch einen gewissen Eindruck auf den König, der unter ihrem Blick zuckte, während Panik und Entsetzen in ihm hochkrochen und ihren Platz an oberster Stelle einnahmen. Ob es noch an der Erinnerung zum Vortag lag oder dass wahrscheinlich noch nie in seinem Leben jemand derartig gehässig zu ihm aufgeblickt hatte, war nicht ganz sicher, aber es schien ihn fest im Griff zu haben. Sein Blick sprang schließlich zu Caphalor, als er sprach, blieb aber nur einen Moment an ihm hängen, als fürchte er, Kassandra könnte sich wirklich noch auf ihn stürzen, wenn er sie zu lange aus den Augen ließ. Schließlich räusperte er sich.
      "Nun, kann man da… was… machen?"
      Er richtete sich auf seinem Thron etwas auf, um größer zu erscheinen - als ob das in irgendeiner Weise helfen würde, seine Emotionen in den Griff zu kriegen. In seinem Inneren gesellten sich unlängst Angst und Verunsicherung zur Panik, aber er versuchte mit reiner Willenskraft sein Selbstbewusstsein in den Vordergrund zu schieben. Schade nur, dass davon nicht gänzlich genug vorhanden war, um eine Auswirkung zu haben.
      Auf die eine oder andere Weise hatte er es dann wohl doch geschafft, der Phönixin seinen Willen aufzuzwingen, als sie doch noch auf die Knie sank, das Haupt unterwürfig gesenkt. Seine Furcht verflüchtigte sich etwas, an ihre Stelle trat das Triumphgefühl von vorhin.
      Zumindest bis die Tür des Saals aufgeschoben wurde und eine der Wachen mit hallender Stimme verkündete:
      "Herzog Luor!"
      Da schwappten die Gefühle des Königs wieder über.
      Zoras betrat den Saal zu dem obskuren Anblick einer Göttin, die zu Boden kniete. Er starrte Kassandra ungläubig an, während er die unnötig lange Distanz zu den Thronstufen überbrückte, die Brust herausgestreckt und die Schultern nach hinten gezogen. Das Licht der Fenster funkelte in den polierten Schnallen seiner Uniform, als hätte er sich diese Tageszeit absichtlich ausgesucht, um zu imponieren. Besonders dem König gefiel dieser Auftritt nicht, welcher sich gleich erboste, kaum als Zoras die Stufen erreicht hatte.
      "Was soll die Unterbrechung! Ich habe doch gesagt, ich will nicht gestört werden!"
      Zoras verkniff sich einen Kommentar, während er auf die Knie sank, nicht weit von Kassandra entfernt. Was für ein merkwürdiges Schauspiel; genau deswegen verneigte sich eine Göttin nicht. Sollte man jetzt etwa meinen, sie und Zoras wären von ähnlichem Stand? Das wäre so, als würde man einen General mit einem Stallknecht gleichzusetzen versuchen.
      "Eure Majestät, es wäre mir eine Ehre, Euch zu Diensten zu sein, für die Vorbereitungen der anstehenden Besprechung."
      Er betete zu den Göttern, dass der König seinen Wink verstand.
      "Besprechung? Was für eine Besprechung?"
      Zur Hölle sollte er fahren!
      "Zur Mittagszeit, Eure Majestät. Es ist noch genug Zeit."
      Verfluchter Bengel. Vor sämtlichen Wachen!
      "Und da kommt Ihr jetzt? Könnt Ihr nicht später kommen?"
      "Es wäre mir eine Ehre, Euch bis dahin zu Diensten zu sein", wiederholte er, um zumindest nicht, was auch immer dort vorgehen mochte, zu verpassen. Es mochte sicherlich einen Grund geben, dass der König daraufhin verzichtet hatte, seine Berater hinzu zu holen.
      "Meinetwegen. Da könnt Ihr stehen."
      Er deutete auf die unterste Stufe; das war wohl mehr, als Zoras erhoffen konnte. Er richtete sich auf, stellte sich an besagter Stelle auf und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Zumindest konnte er sich so endlich dem Neuzugang widmen.
      Der blondhaarige Mann war jung, hübsch und klein, zumindest aus Zoras' Perspektive. Ihm fehlte die natürliche Spannung in seiner Haltung, die Zoras von sich selbst und von allen Soldaten kannte, und an ihrer Stelle lag eine gewisse Selbstgefälligkeit - oder auch Stolz? Arroganz? Er konnte es nicht richtig benennen, aber was auch immer es war, es war stark genug, um seine Ausstrahlung zu färben. Zoras wusste nicht, was er von ihm halten sollte.
      Und dann auch noch, dass er die kniende Kassandra berührte. Wieso hatte sie ihn noch nicht durchbohrt? Sicherlich hatte sie bei einem einzelnen Mann noch weniger Skrupel als bei ein paar Wachen? Was hielt sie auf? Wieso war er überhaupt hier? Zoras begriff die Situation noch nicht recht.
      Der König hatte sich unlängst wieder dem Paar gewidmet, kaum weiter beeindruckt von der kleinen Unterbrechung - zumindest nach außen hin. Innerlich war er alles andere als froh über Zoras' Anwesenheit, aber zum Glück besaß er genug Verstand, um zu wissen, dass er einen Herzog nicht gleichsam nachlässig herumscheuchen konnte wie eine Wache.
      "Wo waren wir? Achso ja, wie soll ich - wie hast du gesagt? - mein "emotionales Chaos" in den Griff kriegen? Kann sie denn nicht einfach das machen, was ich ihr auftrage? Sie hat doch Ohren, oder? Wo liegt dann das Problem?"
      Er wirkte so, als würde er gleich schmollen wollen.
      "Kannst du das nicht regeln? Du bist hier der Jäger, wenn du schon Essenzen einfangen kannst, kannst du doch sicherlich auch eine Göttin bezwingen!"
      Zoras, der langsam zu begreifen glaubte, was vor sich ging, versteifte sich unmerklich, während er den Mann mit anderen Augen betrachtete. Einen Jäger im Palast zu haben, würde nicht unbedingt erleichtern an die Essenz zu gelangen, und damit würde er ein erhebliches Hindernis in ihrem Plan darstellen, wenn es soweit war. Man konnte dieses Königskind auch keine fünf Minuten alleine lassen! Zoras würde Eiklar bitten, sich an die Fersen des Königs zu haften wie eine Klette.
      Er sah auf Kassandra hinab, die mittlerweile etwas von ihrer Überheblichkeit abgelegt hatte. Wenn das so weiterging, würde sie ihm wahrscheinlich genauso wenig eine Hilfe sein - zumindest solange der Jäger da war. Wenigstens schien ihm das Problem damit behebbar.
    • Für Kassandra war dies der reinste Alptraum. Bis vor wenigen Minuten war sie sich sicher, dass niemand diesem Kind je erklären würde, wie ihre Essenz funktionierte. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass der Junge doch so viel Grips besaß, sich einen Jäger in den Palast zu holen. Folglich litt sie Höllenqualen während sie mit ihren Augen Löcher in den Boden brannte. Wie ein Moorbrand zog der Hass durch ihren Körper und begann die Fesseln seines Befehls zu lockern.
      Als die schwere Tür zum Thronsaal augeschoben wurde, um Zoras Einlass zu gewähren, konnte sich Kassandra noch immer nicht rühren. An ihrer Stelle wandte sich jedoch Caphalor halb um, der gerade noch zu sehen bekam, wie der Herzog die Frau am Boden anstarrte. Erstaunen bildete sich in seiner Mimik ab bevor er sich wieder dem König zuwandte, allerdings dem Schweigen zusagte. Inbesondere, da er unter seinen Fingern spürte, wie der Körper der Phönixin damit begann, eine irre Hitze abzustrahlen.
      Der Zorn, der sich in dem Kindkönig angesichts Zoras wieder entwickelte, befeuerte ebenfalls Kassandra. Während Zoras und der König in ein Gespräch verfielen, kanalisierte die den fremden Zorn als ihren, um die Ketten des Befehls endgültig zu sprengen. Caphalors Augen wanderten wachsam zu der Frau unter seinen Fingern hinab, wohlbedacht den rechten Moment nicht zu verpassen.
      Scheinbar seelenruhig hörte er sich die Worte des Jungen an, ehe der Jäger darauf reagierte. "Ich habe vorhin gesagt, dass sie ein feinfühliges Wesen ist. Sie reagiert anhand Eurer Emotionen, und gerade kocht sie wortwörtlich unter meinen Fingern."
      Wie zum Beweis riss er plötzlich die Hände von Kassandra zurück, so als habe er sich verbrannt. Er rieb sich die Finger, während die Luft um die zusammengesackte Phönixin bereits deutlich flimmerte.
      "Lasst Ihr Euch von Eurem Zorn übermannen, so wird sie es als Katalysator benutzen. Ihr könnt sie mit der rechten Entschlusskraft zu zwingen, Euren Wünschen nachzukommen. Aber ihr wahres Potenzial kann sie nur entfalten, wenn sie euch vertraut oder ihr wenigstens ein gemeinsames Ziel verfolgt. Ein sich sträubender Gott wird Euch nie das leisten können, was Ihr Euch wünscht."
      Wieder driftete sein Blick hinüber zu Zoras und dieses Mal begegneten sich ihre Blicke. Während Caphalor bemerkte, dass irgendetwas in dem Herzog gerade klickte, kräuselten sich lediglich seine Lippen ein wenig, als er satte fünf Schritte von Kassandra zurückwich.
      "Selbstredend ist sie in diesem Zustand kein Hindernis für mich. Nicht umsonst eilt mir mein Name in den Königsreichen voraus", lächelte Caphalor laut und was im ersten Moment wahnsinnig überheblich klang bewies sich als rechtens, als der Champion vor ihm in einem gleißenden Flammenblitz aufging.
      Es knallte dermaßen laut, dass sich alle Anwesenden die Hände vor die Ohren schlugen, als die immense Hitze die Luft praktisch im Bruchteil einer Sekunde erhitzte und wie ein Blitz es knallen ließ. Schwer schnaubend war Kassandras Statur zu erkennen, die sich aufrappelte und wie ein Ungetüm aus der Hölle mit rotglühenden Augen im gleißenden Licht des Feuers zu dem König hinaufstarrte.
      Der Jäger rührte sich keineswegs, doch auch er war in Schweiß ausgebrochen, stand er doch am nächsten an der Phönixin. Vielmehr schien es so, als wartete er auf irgendetwas, das sich noch niemanden erschloss.
      "Ich bin nicht irgendein Untertan, den du nach deinen Wünschen herumkommandieren kannst", grollte Kassandra während sie sich geradewegs aufrichtete und den Jungen auf dem Thron von oben herab ansah, obwohl sie tiefer als er stand.
      Dann bewegte sich Caphalor zeitgleich in dem Moment, als das Flammenmeer um Kassandra erstarb. Ihr Leib erzitterte kurz ehe sie die Augen im Kopf verdrehte und drohte zusammenzubrechen.
      Wie gerufen war der Jäger zur Stelle, der seine Arme unter ihre Kniekehlen und Rücken schob und sie somit auffing bevor auch nur ein Hauch ihres Gewandes den Boden berührte. In einer geschmeidigen Bewegung hob er Kassandra hoch, ihre Kopf lag regungslos an seiner Brust.
      "Ihr besitzt einen ausgezehrten Champion, der sich mit jedem Wechsel des Trägers neu einstellen muss. Jeder hat ihr einen Teil ihrer Energie geraubt und sie braucht Zeit, um sich zu aklimatisieren. Das hier ist das Ergebnis", richtete er das Wort an den Jungen und präsentierte ihm quasi Kassandra in seinen Armen. "Lasst sie sich erholen und versucht es erneut. Wärt Ihr so gütig und zeigt mir, wo ihr Gemach ist?"

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Zoras entschied, dass er den Jäger nicht mochte, in dem Moment, als Kassandra explodierte.
      Zumindest glaubte er, dass das der Ursprung des Knalls war, der mit einem Mal durch den Saal donnerte, begleitet von der unglaublichen Hitze, die sich zuvor bereits um die Göttin versammelt hatte. Zoras wich einen Schritt zurück und hob die Arme vor das Gesicht, der König gab ein - selbstverständlich äußerst männliches - schrilles Quieken von sich und die Gardisten um die Thronstufen herum kesselten sie einen Moment später wagemutig ein. Zu langsam, schoss es Zoras durch den Kopf, als er zuließ, dass sich an jeder Seite ein gerüsteter Wachmann aufbaute, die Waffen bereits gezogen. Die Hitze legte sich bereits wieder, als noch der letzte der loyalen Männer seinen Posten einnahm. Wenn Kassandra es wollte, wenn sie es wirklich wollte, könnte sie den ganzen Komplex - ach was, vermutlich den ganzen Distrikt - in einem Wimpernschlag in Asche verwandeln und sie hätten alle nicht einmal Zeit, um ihren Gehirnen zu sagen, welche Emotionen es empfinden sollte.
      Oder zumindest sofern sie es konnte, korrigierte er sich nur wenige Augenblicke später, als Kassandra zu wanken begann und der Jäger zur Stelle war, um ihren kraftlosen Körper aufzufangen. Es hatte etwas ähnlich seltsames an sich, die Gottheit so verletzlich und menschlich zu sehen, wie es schon merkwürdig war, sie vor dem König knien zu sehen. Das ganze war kein Anblick, der für die Öffentlichkeit gedacht war; Zoras ärgerte sich, bestimmt schon zum 100sten Mal in diesen zwei Wochen, über das offensichtliche Fehlen des Feingefühls des Königs, denn sicherlich hätte man dieses ganze Spiel auch in einem kleineren Raum veranstalten können, wenn nicht sogar in einem der Privatgemächer - hauptsache nicht vor den Augen dutzender Wachen.
      Aber was geschehen war, war nunmal geschehen und so war es an Zoras, die Sache zu richten.
      "Der Gottheit steht im Palast alles zur Verfügung, um sich zu erholen", stellte er laut fest, als der König bereits dazu ansetzte, dem Wunsch des Jägers bedenkenlos folge zu leisten. Er hatte bereits den Mund geöffnet und Zoras glaubte, wenn Seine Majestät dem Jäger anbieten würde, ihn persönlich zu seinen Gemächern zu führen, dass er dann den Verstand verlieren würde. Wahrscheinlich würde er genauso aufgeben wie Kassandra grad in den Armen des Mannes lag.
      "Sicherlich können ihr einige Zofen zugewiesen werden, um genau das zu ermöglichen, nicht wahr, Eure Majestät?"
      Er drehte sich halb zum Thron um, dessen Besitzer ein wenig bleich um die Nase geworden war und Kassandra mit riesigen Augen beobachtete, wahrscheinlich zu beschäftigt bei der Vorstellung, von ihr verbrannt zu werden. Wie gut, dass Zoras gekommen war; zum Schluss hätte er diesem Jäger wahrscheinlich noch gedankt, was für eine Hilfe er ihm war. Verflucht sollten sie alle beide sein.
      "Ähh - ja! Das machen wir. Ich zeige dir ihr Zimmer."
      Grundgütiger.
      "Mit Verlaub, Eure Majestät?"
      Er verbeugte sich knapp, sprach aber gleich weiter.
      "Womöglich wäre es besser, ihre Gegenwart für den Moment zu meiden, nur falls sie noch einmal... überhitzt. Es wäre mir eine Ehre, ihn an Eurer statt zu ihrem Gemach zu führen. Falls sie noch einmal erwacht, stelle ich ganz definitiv einen geringeren Verlust dar als Ihr, Eure Majestät."
      Der Blick des Königs sprang furchtsam zu ihm hinüber und obwohl er wohl alles andere als glücklich war, sobald Zoras auch nur grundsätzlich einen Vorschlag lieferte, entsprach wohl die Idee, Zoras könnte von Kassandra verletzt oder gar getötet werden, eher seiner Fantasie. Schließlich nickte er nämlich.
      "Ja, macht das."
      "Sehr wohl."
      Er wandte sich an den Jäger, den er sich so zumindest vorknöpfen konnte.
      "Folgt mir."

      Die Gemächer des Königs waren nicht weit entfernt und damit auch nicht Kassandras eigenes Gemach, das Zoras ihr noch am Vortag vorbereiten gelassen hatte. Sie schritten den Gang schweigsam ab, Zoras vorneweg, hinter ihm seine beiden Gardisten, danach der Jäger mit Kassandra und schließlich drei weitere Wachmänner, die ihn umkreisten. Sie erreichten das weitläufige Zimmer und Zoras ließ seine Begleitung zuerst eintreten, bevor er nachging und die letzten drei Wachmänner vor der Tür stehen ließ. Er schloss sie und drehte sich um.
      Mit einer wachsamen Aufmerksamkeit beobachtete er, wie der Jäger Kassandra zu ihrem Bett bugsierte. In dem kurzen Moment, den er sich erlaubte um die Göttin zu mustern, durchfuhr ihn ein ähnlicher Stich wie schon am Vortag, als er ihren Mord beobachtet hatte. Er hatte die Phönixin eigentlich für unantastbar gehalten, aber gänzlich das Gegenteil war wohl der Fall. Er würde auf sie aufpassen müssen, wenn er sich ihrer Essenz bemächtigt hatte.
      Er trat einen Schritt näher, als der Jäger das Bett erreicht hatte. Der Mann war tatsächlich kleiner als er, das machte es leichter, auf ihn hinabzusehen - genau, was Zoras in diesem Augenblick tat. Er hatte keinen Bedarf daran, sich mit dem Mann gut zu stellen.
      "Ich danke Euch für Eure Mühen, aber sie werden wohl kaum weiter nötig sein. Sagt uns, wie wir uns um Kassandra kümmern sollen und der Rest wird nicht in Eurer Verantwortung stehen."
      Seine Stimme war eisig.
      "Kann ich Euch zeigen, wo sich der Ausgang befindet?"
    • Nach außen hin betrachtet wirkte es so, als würde Caphalor in aller Seelenruhe warten bis sich König und Herzog einig wurden, wohin man die Phönixin nun bringen sollte. Allerdings konnte ein aufmerksamer Zuschauer an seinen grünen Augen erkennen, dass dieser Mann die Situation schneller erfasste als es Zoras vermutlich lieb war.
      Allerdings setzt er sich erst in Bewegung, als der Herzog von den Stufen trat und sich anschickte, ihm den Weg zu zeigen. Der Jäger ahnte bereits, wozu dieser Aufstand dienen dürfte und ein wissendes Lächeln kräuselte seine Lippen. Das hier war kein Machtkampf darum, wer die Essenz der Phönixin tragen durfte. Es ging um etwas völlig anderes, das zumindest las er aus Zoras Gehabe bis jetzt heraus.

      Caphalor machte sich nichts daraus, dass Gardisten ihn umringten während er die kraftlose Kassandra in seinen Armen den Gang entlang trug. Im Gegenteil sogar - sein Gang war federnd und leichtfüßig so als käme er gerade von einem Ausflug gut gelaunt zurück.
      Ohne zu zögern trat er als erstes in das Gemach ein und steuerte direkt das Bett an, auf das er die Frau in seinen Armen ablegte und das Kissen unter ihrem Kopf richtete. Freilich spürte er, wie der größere Herzog nebst seiner Seite ihn regelrecht in Grund und Boden starrte. Er musste sogar kurz kichern, als er die eiskalte Stimme hörte, die mehr verriet, als sie es vermutlich sollte.
      "Der König hat mich herbestellt und nicht Ihr. Ich denke, ich folge eher seinen Anweisungen als denen eines Herzoges oder wollt ihr mir sagen, dass Euer Befehl über dem Eures Königs steht?", fragte Caphalor leichtmütig und faltete Kassandras Hände auf ihrem Bauch.
      Jetzt grade sah Kassandra so aus, wie sie sich schon die geraume Zeit über fühlte. Blass und für ihre Verhältnisse viel zu kühl. Ihr Gesicht war so entspannt wie noch zu keinen Augenblick zuvor und ihre Atmung ging ruhig, wenn auch flach.
      Als sich Caphalor nun aufrichtete und sich Zoras zuwandte, war das Lächeln von seinen Lippen verschwunden und die Berechnung in seinen Augen zurückgekehrt. Seine Stimme war leise, allerdings wurde sie begleitet von einem subtil scharfen Unterton.
      "Wenn Ihr es für nötig haltet, dass ich Euch sage, wie man sich um einen Gott kümmert, ist es dann klug, mich gänzlich fortzuschicken? Ihr wisst ebenso wenig wie der viel zu junge König auf dem Thron wie mit einer Gottheit umzugehen ist. Ihr wisst nicht einmal, dass dieser Körper eine Hülle ist, der sie sterblich macht. Was denkt Ihr, warum es nur noch so wenige Götter gibt? Einst gab es Millionen von ihnen, aber wenn sie in diesem Zustand sterben, ihre Essenz von sich gelöst und verdammt in einem sterblichen Leibe zu verweilen, dann erlischt ihr Antlitz."
      Er schaute zu Kassandra hinab und legte ihr eine Hand auf die gefalteten Hände auf ihrer Brust.
      "Sie tun alles um zu kaschieren, dass diese Hülle der einzige Schwachpunkt ist, der sie wirklich ihrer Göttlichkeit beraubt. Sie sollten unsterblich sein, aber das fehlen ihrer Essenz verhindert dies. Sie ist zusammengebrochen weil ihr Energielevel zu stark abgefallen ist. Ich nehme an, sie war vorher über lange Zeit an einen Träger gebunden?", fragte er nach und es bedurfte nur einen Seitenblick, um die Zustimmung dafür zu bekommen.
      "Dachte ich mir. Ich habe Eurem König vorhin schon erklärt, dass gerade Phönixe extrem feinfühlig sind und massiv an den Träger ihrer Essenz gebunden sind. Sie nennen es deswegen auch ihr Herz, da sie Emotionen ihres Trägers wahrnehmen und unbewusst auszugleichen versuchen. Götter entwickeln ihre Kräfte mit steigender Verbindung zu ihrem Träger. Deswegen ist sie wieder praktisch bei Null angekommen nachdem Euer König ihr Herz bekommen hat. Stell Euch vor, wenn Ihr ständig nur noch beste Weine und Säfte zu trinken bekämt und von heute auf morgen Ihr plötzlich nur noch Wasser bekämt. Sie muss mit dieser Umstellung erst einmal arbeiten können."
      Caphalor löste seine Hand von Kassandras, um vom Bett zurückzutreten und den nächstbesten Sessel anzusteuern und sich darin fallen zu lassen. Er legte einen Fuß auf seinen anderen Oberschenkel während er Zoras musterte.
      "Es steht mir nicht frei zu mutmaßen, was hier vor sich geht. Aber wenn ein Außenstehender innerhalb Minuten merken kann, dass etwas im Raume steht zwischen Euch und Eurem König, dann solltet Ihr besser darauf achten, wer Euch sieht. Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich gegen Euren König gerichtet ist oder es eher um die Phönixin geht." Sein Blick huschte kurz hinüber zum Bett.
      "Gebt ihr Zeit. Gebt ihr ein vernünftiges Mahl. Und kommt nicht auf die Idee, mich mit Gewalt aus dem Palast zu werfen. Das wird nämlich zu schwierig für Euch."

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Zoras' Mund schmälerte sich zu einer dünnen Linie, die unter seinem Bart kaum zu sehen war. Der Jäger besaß schon jetzt mehr Selbstbewusstsein, als Zoras lieb war.
      "Seine Majestät ist noch jung genug, um sich auf die Hilfe seiner Berater zu verlassen - und als einer davon sehe ich es in meiner Pflicht, ihm zu helfen, den richtigen Weg zu finden. Solange Euch keine Beraterfunktion zugesprochen wird, halte ich es also für notwendig, diese Pflicht selbst zu übernehmen, ohne Euer Zutun. Schließlich befindet Ihr Euch im königlichen Palast und nicht in einer beliebigen Spelunke, in der Ihr frei Euren Wünschen nachgehen könnt."
      Sein Blick glitt ab zu Kassandra, während der Jäger sie auf ihrem Bett herrichtete, so unscheinbar, als würde er lediglich einen Kranken pflegen. Ihr Gesicht hatte deutlich an Farbe verloren und während es bereits schlimm genug war, sie so verwundbar und sterblich zu sehen, quälte es Zoras jetzt regelrecht, dass das Problem an etwas so fernem lag wie ihrem Träger. Er hätte ihr geholfen, ganz ohne Zweifel, auch wenn sie keine Gottheit war deren Kräfte ihm eines Tages zu Gute kommen konnte, aber er konnte nichts tun als zu beobachten, wie sie in dem riesigen Bett versank, klein wie sie mit einem Mal wirkte. Der Stich in seinem Herzen vergrößerte sich ein Stück.
      Als der Jäger sich ihm wieder zuwandte, kaschierte er diese Gefühlsregung mit einem scharfen Blick. Er war hier der Herzog, da der König keine weitere Familie hatte war sein Stand nur an zweithöchster Stelle im gesamten Palast, er würde sich doch nicht von einem ihm unbekannten Jäger untergraben lassen, der gerade mal genug Anstand besaß, um sich durch den Eingang zu mogeln, geschweige denn sich beim König wichtig zu machen. Wenn er wollte, könnte er die gesamte Palastgarde auf den blonden Mann hetzen und solange der König keinen ausdrücklichen Gegenbefehl aussprach, würden sie ihm Folge leisten.
      Ganz besonders missfiel ihm, wie der andere von Kassandra sprach, als wäre sie ein Pferd, dessen Reiter einzuweisen war. Er konnte nicht verhindern, dass sich seine Augenbrauen zusammenzogen.
      "Sie kann uns selbst sagen, was sie braucht, oder etwa nicht? Wir brauchen keinen Zwischenmann, der für sie übersetzt. Gestern ging es ihr noch gut und heute, kaum als Ihr da seid, bricht sie zusammen. Das halte ich für keinen sehr zufrieden stellenden Beweis Eurer Künste und ich bin mir sicher, dass Seine Exzellenz das auch so sehen wird, wenn er sich dessen erst bewusst wird."
      Er beobachtete mit einer gewissen Erleichterung, wie der Mann sich entfernte und großspurig im Sessel niederließ. Zu allem Überfluss traf er mit seinen Worten genau ins Schwarze und wenn Zoras nicht sowieso schon seine Miene unter einer Maske versteckt hätte, hätte er sich sicherlich verraten. So schnaubte er nur abschätzig.
      "Maßt Ihr Euch also auch schon an, aufmüpfig zu werden? Ihr seid noch keinen Tag hier und erlaubt Euch schon einen solchen Ton? Ich habe Euch zwar den Ausgang angeboten, aber ich kann Euch auch gerne den Eingang zu den Kerkern zeigen, vielleicht entspricht das eher Eurer Vorstellung?"
      Er trat einen Schritt auf ihn zu, was ihn gleichzeitig auch zwischen ihn und Kassandra beförderte. Er schirmte die Göttin mit seinem Körper ab.
      "Ich werde nicht dem Befehl meines Königs im Weg stehen. Ich werde nicht Euch im Weg stehen, wenn Ihr diesen Befehl ausführt. Aber sobald Ihr eine Bedrohung darstellt - für mich, für die Phönixin, ganz besonders für Seine Majestät oder die anderen Herzöge - werde ich sämtliche Befehle außer Kraft setzen lassen und Euch in das tiefste, dunkelste Loch befördern, das Theriss zu bieten hat und dort habt Ihr dann alle Zeit der Welt um darüber nachzudenken, ob Eure Aufmüpfigkeit tatsächlich einen Platz in diesem Palast verdient hat. Sofern Ihr also nicht den Wunsch hegt, den Rest Eures Lebens hinter Eisentüren zu verbringen, schlage ich vor, dass Ihr Euch von der Göttin entfernt, bis es ihr gut genug geht um auszudrücken, ob Ihr mit all Euren Anweisungen und Ratschlägen die Wahrheit sprecht. Darf ich Euch also ganz offiziell den Ausgang zeigen? Oder möchtet Ihr lieber den Eingang sehen?"
      Er machte eine Handbewegung und deutete unbewegt zur Tür, den ernsten Blick unnachgiebig auf den Jäger gerichtet.
    • "Hattet Ihr nicht vor ein paar Momenten noch darum gebeten, dass ich Euch sage, wie Ihr Euch um die Phönixin kümmern sollt?", konterte Caphalor mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen und räkelte sich beinahe schon im Sessel.
      Er strahlte eine konsequente Eleganz aus, deren Präsenz fast den vollständigen Raum einzunehmen versuchte. Er war vollends fremd hier, verhielt sich aber, als gehöre ihm jeder Zentimeter. Obwohl er ganz genau wusste, wo seine Grenzen waren und wie weit er die Anwesenden reizen konnte.
      Sein Lächeln erstarb nicht als Zoras einen Schritt auf den Jäger zumachte und sich somit physisch zwischen ihm und Kassandra stellte. Es war sogar eher im Gegenteil - das Lächel zog sich sogar eine Spur breiter. Durchaus war sich der Jäger den Wachen hier im Raume bewusst, doch genauso sehr wusste er, dass dieser Herzog vorhin den Kampf zwischen ihm und Kassandra nicht miterlebt hatte. Ergo drohte der Herzog, was ihm in aller Ehre auch zustand, einem Unbekannten, der sich spielendleicht mit einer Gottheit anlegen konnte, die etliche Wachen den Tag zuvor geschlachtet hatte.
      Wie sagte man so schön? Der Klügere gab nach. Caphalor ließ das Lächeln von seinem Gesicht rutschen, seufzte kurz und erhob sich.
      "Bitte, wie Ihr wünscht. Aber Ihr solltet Eure Wachen aus dem Raume schicken bevor Ihr Euch an der Phönixin vergreift", spottete er und war danach so schnell aus dem Raum geschlüpft, dass ihm nicht mal mehr ein Wort folgte.
      Draußen auf dem Gang streckte er sich zunächst einmal. Was auch immer der Herzog genau plante, es war offensichtlich, dass er ein Auge auf Kassandra geworfen hatte. Ihm die Essenz abzunehmen würde sich als schwieriger gestalten als sie dem Kindskönig zu entweden. Ergo musste er dafür sorgen, dass der Junge Träger blieb und das Herz nicht an Zoras abgeben würde.
      Leichtfüßig schlenderte Caphalor zurück zum Thronsaal. Da würde er wohl den jungen König ein wenig bezirzen müssen.

      Indes begann sich Kassandra im Bett sachte zu bewegen. Leise stöhnte sie, als sie ihre Finger entfaltete und sich auf den Ellbogen aufstützte. Ihr Blick war leicht desorientiert als sie Zoras augenscheinlich wahllos im Raum stehen sah und setzte sich endgültig auf. Ihre Hände zitterten noch leicht als sie mit kühlen Fingern über ihre Stirn fuhr, um die Kopfschmerzen zu verbannen.
      "Sagt mir nicht, ich habe den König aus Versehen eingeäschert", flüsterte sie und fasste endlich wieder einen klareren Blick.
      Nirgends war der Jäger zu sehen noch der König. Es war etwas vorgefallen, nachdem sie ohnmächtig geworden war. Die zwei Gardisten, die neben der Tür standen und sie ansahen, standen vermutlich nicht ohne Grund hier. Dass sich Kassandra allerdings nicht mit Zoras verbunden fühlte, war Beweis genug, dass er zumindest nicht ihre Essenz trug.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Caphalor war ihm vollumfänglich zuwider, wie eine lästige Mücke, die nur lauter wurde, wenn man versuchte sie zu verscheuchen. Zoras mochte nichts an ihm, nicht sein Aussehen, sein Auftreten, das hinterlistige Grinsen, das er von sich gab, erst recht nicht seine freche Bemerkung. Wenn der Jäger nicht mit der Flinkheit eines Fuchses den Raum getürmt hätte, hätte Zoras sich vermutlich noch ganz vergessen.
      Der einzige Grund, weshalb er ihm nicht nachging - allein schon, weil er eine solche Frechheit nicht einfach auf sich sitzen lassen konnte - war das plötzliche Geräusch vom Bett, das ihn umdrehen ließ. Kassandra war aufgewacht und kam zögerlich in die Welt der wachen zurück. Ihre Bewegungen waren noch zaghaft, beinahe schwach könnte man glauben und das tat Zoras auch. Er trat ans Bett heran und stutzte bei der Vorstellung helfen zu wollen. Wie sollte er ihr helfen, was konnte er überhaupt machen? Ihr etwa Wasser bringen? Mussten Götter überhaupt essen? Der Jäger hatte gesagt, die Hülle machte sie sterblich, aber galt das dann auch für einfache, körperliche Funktionen? Zoras musste sich widerwillig eingestehen, dass er ihn hätte fragen wollen.
      "Wenn Ihr das getan hättet, wären wir wohl nicht so ruhig hier versammelt."
      Ihre Stimme war gerade laut genug gewesen, dass er sie noch verstehen konnte, aber nicht sehr viel lauter. Er ließ sich nach einem Zögern auf der Bettkante nieder, allein um nicht weiter auf die Göttin hinab blicken zu müssen, aber auch damit sie nicht lauter reden musste. So waren sie sogar beinahe gleichauf.
      "Kassandra, es wäre hilfreich, wenn", er senkte die Stimme auf ein Raunen, "Ihr mir sagt, was vor sich geht. Der Jäger meinte etwas davon, dass Euer Energielevel zu weit abgesunken ist? Weil Euer Träger zu oft gewechselt hat? Meint Ihr nicht, dass das eine wichtige Information für mich gewesen wäre?"
      Er verzog das Gesicht bei seinen eigenen Worten und straffte sich ein wenig. Seine abgesunkene Stimmung vom Jäger hatte wohl noch etwas die Überhand in ihm.
      "Verzeiht mir, ich möchte nicht übergriffig sein. Dieser Mann macht mir Sorgen und wenn er anfängt, sich hier wichtig zu machen, könnte es schwierig werden, ihn nachher wieder zu entfernen - wenn Ihr versteht. Ihr müsst mir sagen, was er schon wissen könnte, Kassandra, andernfalls wird er sich hier noch einnisten. Wie kann ich Euch helfen? Wie können wir das... Problem unter Kontrolle bringen?"
      Er wollte schon nach ihrer Hand greifen, ein einfacher Reflex um ihrer beider Gemüter zu besänftigen, besann sich dann aber noch rechtzeitig. Himmel, sie war eine Phönixin! Es war schon genug, dass er auf ihrem Bett saß, dann musste er nicht auch noch persönlich werden.
      Stattdessen kaschierte er die zuckende Hand, indem er seine Gardisten mit einer Bewegung verscheuchte. Sie entfernten sich ohne zu murren und schlossen das leise Geklapper ihrer Rüstungen mit der Tür aus.
    • "Mag sein. Vermutlich hätte man mich dann schon längst gepfählt."
      Es wackelte ein wenig, als sich Zoras auf die Bettkante setzte und dafür sorgte, dass sofort ein alarmierter Blick seitens Kassandras erzeugt wurde. Eine Reaktion geschuldet der langwierigen Erfahrungen, die sie bereits in ihrem langen Leben gemacht hatte. Während sie seinen Worten lauschte bewegte sie unentwegt ihre Finger. Als klebten Spuren an den Gliedern, die sie wie Staub versuchte abzuschütteln. Freilich sah sie Zoras Bewegung als vielleicht etwas überstürzt, als er seine zwei Gardisten hinausschickte, aber hinterfragte es nicht weiter. Vielmehr genoß sie den Umstand, dass ihr geschwächter Eindruck nun nur noch vor einer Person wirklich ins Gewicht fiel und nicht etlichen anderen.
      "Wieso sollte das eine wichtige Information für dich sein?", fragte sie ohne Argwohn nach, als sie die Förmlichkeiten wie verabredet fallen ließ. "Es ist ein Umstand, der dich nicht sonderlich tangieren dürfte. Ich brauche nur ein paar Tage, um mich auf den Jungen einzustellen und dann sieht es wieder völlig anders aus."
      Sie rutschte ein Stück das Bett hinauf bis sie ihren Rücken an das Kopfende des Bettes lehnen konnte. Für diesen einen Moment entschied sie, dass sie ihre harte Schale einmal kurz brechen lassen konnte und lehnte den Kopf ebenfalls nach hinten an. Ihre Lider schlossen sich, noch immer ziepte es hinter ihren Augen.
      "Caphalor hat eindrucksvoll bewiesen, dass er viel über die Art, wie unsere Essenzen funktionieren, weiß. Das liegt daran, dass er von der Göttin Artemis gesegnet worden ist. Ich habe ihn im Thronsaal angegriffen weil er dem Jungen erzählt hat, wie mein Herz funktioniert. Dadurch konnte der Junge einen Befehl erwirken, wenn auch nur spärlich. Und das hat mich so wütend gemacht, dass ich anschließend regelrecht explodiert bin."
      Schließlich öffnete Kassandra ihre Augen einen spaltbreit und bedachte Zoras mit einem Blick. Irgendwie sah er dort ein wenig verloren aus. So als würde er etwas tun wollen und sich nicht trauen.
      "Es ist doch schon mehrmals gefallen, dass Phönixe feinfühliger sind als viele andere göttliche Einheiten. Ich habe dir auch schon erzählt, dass ich Emotionen meines Trägers spüren kann. Der Junge quillt praktisch über mit kontroversen Gefühlen und das überlastet dann zeitweise auch mich."
      Sie tat einen tiefen Atemzug ehe sie die Augen weiter öffente und den Herzog nun mit einem wacheren Blicke ansah, auch wenn sie immer noch etwas erledigt aussah.
      "Jedes Mal, wenn der Träger meiner Essenz wechselt zerbricht das Band der Sympathie oder des Vertrauens mit der Person zuvor. Ohne dieses Band befinde ich mich auf dem absoluten Minimum meiner Macht. Jetzt gerade habe ich nur den Bruchteil der Energie zur Verfügung wie ich es gewohnt war, als ich mit Herantep gereist bin. Das meinte Caphalor mit dem Energielevel. Ich habe zuviel von diesem limitierten Körper gefordert."
      In einer in Frust anmutenden Gestik ließ Kassandra ihre Hände auf ihre Oberschenkel fallen. Wüsste man es nicht besser, dann glich es dem Bild einer Frau, die mit ihrem Selbst gänzlich im Unreinen war. Für einen Augenblick taxierte sie Zoras nachdenklich, dann streckte sie ihm eine Hand entgegen.
      "Du kannst mir kurzfristig helfen, ja. Mir helfen, mein Energielevel auszugleichen. Tu dies, und ich erzähle dir noch ein wenig mehr", lockte sie den Herzog, der schlussendlich tatsächlich seine Hand in die ihre legte.
      Ihre Hand fühlte sich kühl in seiner deutlich größeren Hand an, ein jäher Kontrast zu ihrem ersten Körperkontakt. Die Rubine, die ihre Augen waren, glimmerten sachte als sie begann, ein wenig Lebensenergie aus Zoras auf sich zu übertragen. Allerdings nur so viel, wie er mit gutem Essen und einer guten Nacht wieder regenerieren konnte.
      "Ein Gott ohne seine Essenz ist potenziell sterblich. Tötet man diesen Körper ist die Chance hoch, dass auch der damit verbundene Gott stirbt. Deswegen sind wir ständig in Alarmbereitschaft, erst recht, wenn der Träger frisch gewechselt wurde und wir über wenig Macht verfügen. Unsere Präsenz würde den Verstand von euch Menschen andersfalls sofort zerschmettern, wenn ein Gott in vollem Besitz seiner Kräfte so neben dir stünde und es nicht reguliert. Deshalb kann man uns in diesem Zustand fast schon als einfach nur mächtigere Menschen betrachten. Wir müssen schlafen, um der Hülle Erholung zu gewähren. Essen, damit ihre Funktionen gewahrt bleiben."
      Der blasse Teint ihrer Haut nahm allmählich wieder an Farbe an, als Kassandra ihre Hand von Zoras löste und bei Weitem nicht mehr ganz so erschöpft aussah wie zuvor. Noch immer geschunden, aber nicht dem Kollaps nahe.
      "All dies weiß Caphalor. Er weiß dank Artemis sehr genau, wie das System funktioniert und ich bin mir sicher, dass er den Disput zwischen dir und dem König unlängst bemerkt hat. Wenn er ein richtiger Jäger ist, wird er versuchen mein Herz dem König abzunehmen. Befürchte ich."

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"