Salvation's Sacrifice [Asuna & Codren]

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    • Einen Moment lang lag es Zoras auf der Zunge. Es wäre beinahe über seine Lippen gestolpert, wäre herausgebrochen aus seinem Innersten und hätte die Wanne, den Raum, die Stimmung verunreinigt. Er hätte es ihr erzählt, aber er wusste, wenn er einmal damit anfing, dann hätte er nicht mehr aufhören können, dann wäre gleich alles heraus gekommen. Aber warum es zurückhalten? Warum saß es ihm in der Kehle wie ein Frosch, dass er wegen Kassandra im Kerker gewesen war?
      Weil das etwas mit ihnen anstellen würde. Sie würden nicht mehr dieselben sein, wenn es einmal offen auf dem Tisch lag. Zu viel war damit verbunden, das Ende eines Lebens, das Scheitern eines Plans, alsdass es einfach so an ihnen vorbeiziehen könnte. Dass es einfach so an Zoras vorbeiziehen könnte.
      Deswegen lag Kassandra falsch mit ihrer Behauptung. Sie war seine Schwäche. Sie war sich des ganzen Ausmaßes nur nicht bewusst - wie könnte sie auch? Sie wusste nur die Hälfte der ganzen Geschichte.
      Damit schluckte er es herunter. Es stolperte nicht über seine Lippen, sondern blieb in seinem Magen sitzen, wohin er es zurück verdammt hatte. Ein Geheimnis, das er mit ins Grab zu nehmen gedachte.
      Seinen letzten Worten begegnete sie allerdings mit einer Gleichgültigkeit, als wären sie an jemand anderen gerichtet worden. Zoras wusste zwar, dass die Phönixin nicht mit demselben Mienenspiel arbeitete wie Menschen, aber selbst sein Wissen über ihre Gewohnheiten machten das hier nicht einfacher. Er hätte etwas anderes gebraucht als stoische Gleichheit, das wusste er. Aber es oblag nicht seinem Privileg, es von ihr zu fordern.
      Als sie dann sprach, lag in ihrer Stimme etwas, das Zoras zutiefst nachempfinden konnte. Solche Worte hatte er noch nie gehört und aus dem Mund der Phönixin klangen sie irgendwie falsch - dabei lag nichts falsches in ihnen. Sie zeigte ihm nur vor, dass sie durch und durch eine Göttin war und was es bedeutete, eine zu sein. Es hätte nichts neues für ihn sein dürfen.
      Aber es war etwas überraschendes - weil er sie nicht als dieselbe Art von Göttin sah, wie er Zeus sehen würde. Würde er es jemals wagen, Zeus so nahe zu kommen wie Kassandra - oder Hera? Würde er jemals die Hand nach Hera ausstrecken und sie zu sich einladen? Würde er sich jemals einbilden, die Haut der Göttin zu kosten, so wie er Kassandras gekostet hatte? Würde er sie jemals duzen?
      Nein. Vor Hera würde er auf die Knie fallen wie jeder andere auch. Hera war etwas anderes. Das war etwas schlechtes, oder?
      Aber Hera liebte er nicht. Wenn Hera in einer Eisfeste in Asvoß festgesessen hätte, nun, dann hätte sich schon sicher irgendwann mal irgendein Champion darum gekümmert. Warum hätte Zoras für sie sein Leben aufs Spiel gesetzt, wenn es genug Götter auf der Erde gab, die ihr Leben von einer solchen Aktion nicht fürchten mussten? Wie könnte er überhaupt für eine Göttlichkeit sein Leben aufs Spiel setzen? Er war einer von Millionen, sollte doch irgendeine andere arme Seele ihr Leben opfern. Zoras hatte seine eigene Kämpfe zu führen, auch ohne dabei eine Gottheit retten zu wollen.
      Ja, er sah Kassandra nicht als eine herkömmliche Göttin. Aber er liebte sie auch, so wie er keine andere Göttin und keine Sterbliche jemals lieben konnte. So wie er nie wieder jemanden lieben könnte.
      Er hörte ihre Worte und ließ sie unbeantwortet. Er wusste auch nicht, was er darauf hätte entgegnen können. Er konnte sich nicht vorstellen wie es war, einen Menschen heilen zu können, nur um ihn dann doch nicht zu heilen, aber er konnte sich plötzlich vorstellen, dass auch Kassandra ihn nicht wie einen normalen Sterblichen sah, so wie er sie nicht als normale Göttin betrachtete. Welcher Gott würde sich schließlich dazu niederlassen, sich von einem derartigen Versagen so mitreißen zu lassen? Nur ein Gott, der so liebte, wie es den Göttern möglich war.
      Also nickte er knapp, als sie fragte, ob sie hereinkommen konnte. Er sah dabei zu, wie sie darauf verzichtete, sich die Kleidung vom Leib zu zaubern und sie in gemäßigten Bewegungen abstreifte. Er löste den Blick nicht von ihr, als sie ins Wasser stieg und sich setzte.
      Ihre nachfolgenden Worte waren es schließlich, die etwas in ihm lockerten. Womöglich hätte man es als Warnung auffassen können, dass die Phönixin ihn darauf hinwies, wie unüblich ihr Verbund eigentlich war und was daraus entstanden war, aber Zoras las etwas anderes daraus heraus. Auch für die Phönixin war eine Berührung nichts nebensächliches, so wie man einen anderen Menschen beim Vorübergehen am Arm strich. Auch sie überschritt eine Grenze, wenn sie Zoras die Nähe erlaubte, auch nachdem sie ihre Essenz zurückerhalten hatte. Vielleicht dachte sie jedes Mal daran, wenn er ihre Hand ergriff, ihre Wange liebkoste oder auch nur beiläufig über ihre Haare strich. Vielleicht war es jedes Mal ein Akt für sie, so wie die Narben ein Akt für ihn waren. Wer sagte denn, dass nur Zoras derjenige war, der eine gewisse Hemmung davor verspürte?
      Unter dem Wasser streiften ihre Finger über seinen Fuß, aber die Berührung war so leicht, er spürte sie kaum. Das Wasser schien seine körperliche Wahrnehmung zu verschleiern.
      "Gestattest du mir nur das Privileg? Oder wünschst du meine Berührung?", fragte er leise zurück. Ihre Fingerspitzen berührten ihn wieder und anstatt wegzuzucken, schob er das Bein etwas näher zu ihr.
      Schließlich würdigte sie auch seine Loyalität und das brachte einen Hauch Wärme in sein Gesicht zurück.
      "Ich möchte nicht der einzige sein, der dich liebt. Das kann ich nicht, das werde ich nie sein. Ich möchte dich aber lieben, und ich möchte..."
      Er dachte darüber nach, ließ sich Zeit dafür.
      "... Ich möchte geliebt werden. Aber nicht von irgendjemandem. Wenn ich tausend Jahre leben und die Welt dabei umrunden würde, wärest noch immer du es, deren Liebe ich erfahren wollte. Und wenn Zeus mich in den Olymp einladen und alle 64 Götter mich zu ihrem Schwurpartner erwählen wollten, wärest es noch immer du, die ich akzeptieren würde. Wenn Hades mich in sein Reich holt und mich mit seinen Schergen quält, dann würde ich immer zu dir beten. Nur zu dir. Ich würde die Unterwelt und den Olymp gemeinsam durchqueren, um dich zu befreien, denn meine Liebe gilt nur dir. Und nur du sollst es sein, die meine Tränen sieht, wenn ich sie wieder vergieße."
      Da rutschte er ein Stück näher, aber nur soweit, bis sie noch immer eine Armeslänge voneinander entfernt waren.
      "Aber wenn du gehst, dann will ich nichts davon. Dann bin ich nur ein gebrochener Mann, der versucht, aus seinem verbliebenen Leben etwas herauszuholen. Nur ist die Grenze zu diesem Mann dünn, Kassandra. Und wenn ich sie überschreite, dann brauche ich dich, um auch wieder den Weg zurückzufinden."
      Nun streckte er endlich die Hand nach ihr aus und ließ sie auf dem Wasser schwimmen, seine persönliche Einladung. Fast schon traurig sah er sie an.
      "Ich wünschte, es läge in deiner Macht, mir meine Erinnerungen zu rauben. Jede Nacht wünsche ich es, wenn uns die Decke voneinander trennt. Aber manche Dinge sind zu menschlich, um sie mit göttlicher Hand zu bereinigen."
      Ganz zart legte sie ihre Hand in seine und so führte er sie an seine Lippen. Der Kuss war hauchdünn, aber voller inbrünstiger Liebe.
    • Hatte Zoras Kassandra gerade ernsthaft danach gefragt, ob sie seine Berührungen einfach nur erduldete? War er sich seiner Rolle dermaßen unsicher, dass er sie ernsthaft danach fragen musste, ob sie es überhaupt wollte, dass er sie berührte?
      „Würde ich deine Nähe suchen, wenn ich dir nur das Privileg gewähren würden?“, stellte sie einfach nur die Gegenfrage und ließ wie als Zeichen ihre Finger über seinen Fußrücken tanzen. „Kannst du dir nicht vorstellen, wie sehr ich mich darauf gefreut habe, dass wir endlich Zeit nur für uns gehabt hätten?“
      Langsam ließ Kassandra den Kopf im Nacken rollen und schloss die Augen dabei. Er wollte also gar nicht der Einzige sein, der sie liebte… Klammerte man Santras einmal aus, dann nahm er diese Rolle allerdings längst ein. Sie tat unbefangen als Zoras seine Begründung fortführte, doch innerlich war sie alles andere als losgelöst. Im Einklang zu hören, wie seine Worte nur der reinen Wahrheit entsprachen, entfachte etwas Altes in der Phönixin, etwas beinahe Abgestorbenes. Nur Kassandra wusste, dass dieser Mann ihr gegenüber einzigartig in ihrer langen Existenz war. Denn Shukran lebte nicht lang genug, um das zu tun, was Zoras längst getan hatte. Zoras vergötterte Kassandra auf eine unvergleichliche Art und Weise, eine, die einen dazu zwang, seine ganze Existenz und sein Leben nach nur einer Sache auszurichten. In ihrer ganzen langen Lebenszeit war ihr nicht ein einziger Mensch wie er untergekommen, niemand, der sich wirklich so sehr nach ihr verzehrte. Schlagartig wurde ihr bewusst, wie maßlos sie seine Einstellung ihr gegenüber unterschätzt hatte. War sie selbst nicht diejenige gewesen, die einst die Liebe als mächtigste Waffe der Menschen genannt hatte?
      Das Wasser geriet in Bewegung, als sich Zoras näher zu seiner Göttin bewegte, die daraufhin ihren Kopf wieder geraderichtete und die feuerroten Augen öffnete. Noch immer war sie mit dem Rücken an der Wand des Zubers, bedacht darauf so viel Abstand zu dem Menschen zu halten wie nur möglich. Dass er ihr von sich aus näherkam, ließ sie beinahe unbedachte Handlungen vollziehen. Also ließ sie ihn weitersprechen und achtete nicht mehr darauf, welche Emotionen in ihrem Gesicht eigentlich zu lesen waren. Sie sah seine Hand in altbekannter Geste und es war so, als fiele eine tonnenschwere Last von ihren Schultern. Allerdings nur kurzzeitig.
      „Was habe ich getan, dass du dein Sein durch mich definieren lässt…“, murmelte sie mehr zu sich selbst als zu Zoras, während sie ihre Hand aus dem Wasser auftauchen ließ, um sie in seiner zu platzieren. „Weißt du eigentlich, dass du mir damit unsichtbare und unbrechbare Schellen anlegst?“
      Ein schweres Lächeln lag ihr auf den roten Lippen, weil sie endlich begriff, dass es keinen magischen Brauch bedurfte, um sich in Ketten legen zu lassen. Zoras hatte ihr eindrucksvoll bewiesen, dass sie schlichtweg nicht gehen konnte, ohne ihn zerschmettert zurückzulassen, und das konnte Kassandra beim besten Willen nicht tun. Dafür fühlte sie viel zu viel für diesen Sterblichen, der sie dazu bewegen konnte, ganze Landstriche in Aschelandschaften zu verwandeln.
      Nur in einer Sache täuschte sich Zoras. Kassandra war in der Lage, Erinnerungen zu manipulieren. Sie konnte den Verstand von Menschen so drehen und wandeln, wie sie es wollte. Sich eine Armee an Gläubigern aufbauen, an Fanatikern, die ihr huldigten und vergaßen, dass sie Familie und Aufgabe auf sie warten hatten. Sie könnte Zoras die Erinnerung an den Kerker nehmen, zweifellos, aber zeitgleich würde sie damit auch das auslöschen, was ihn als eigenständiges Wesen ausmachte. In dem Sinne war Kassandras Macht beschränkt, sie konnte nicht selektiv verändern und manipulieren, wie manch anderer Gott. Nur war dies eine weitere Eigenheit der Götter, die er besser nicht erfuhr. Denn sonst würde sich das Bild wandeln, das er von ihr gemalt hatte, und ihre Gewaltfantasien waren schon grenzwertig genug gewesen. So dachte sie jedenfalls.
      Mit gedankenverlorenem Blick folgten ihre Augen der Bewegung, wie Zoras ihre Hand an seine Lippen führte und einen hauchzarten Kuss darauf setzte. Für einen Moment wirkte es so, als wäre Kassandra eingefroren, dann hob sich ihre Brust einmal betont langsam.
      „Du erinnerst dich wie ich sagte, ich sei grausam?“
      Ihre Stimme war dunkel und samtig und bettete das Feuer in ihren Augen wohlig in ihrem Schoße. Sie löste ihre kauernde Haltung auf, breitete die Arme nach links und rechts aus und fasste den Rand des Zubers mit ihren Händen. Derweil hatte sie sich auf die Knie gestellt, war Zoras immer nähergekommen, bis er leicht vor ihr zurückwich.
      „Lauf nicht weg. Ich erinnere mich an… deine Regeln“, fügte sie hinzu, als sie sich über ihn beugte, das Wasser lief in Perlchen von ihrem blassen Körper hinab und folgte den natürlichen Konturen. Wie ein Lauerjäger näherte sie ihr Gesicht dem seinen an, immer darauf achtend, jegliches Zeichen der Ablehnung früh genug zu registrieren. Wie schon zuvor berührte sie ihn an keiner anderen Stelle, als sie nach einer kurzen Pause das letzte Bisschen Luft zwischen ihren Lippen egalisierte und ihn sanft küsste. Ihre Lippen hob sie nur von seinen, um Worte formen zu können: „Ich gewähre nicht, ich fordere, Zoras… So sehr, dass ich sogar gewillt bin, nach deinen Regeln zu spielen. So sehr, weil ich sehen will, wie du dich nach mir verzehrst, denn du bist der Einzige, der mich anfassen darf. Vergiss das nie.“
    • Zoras gab keine Antwort auf Kassandras Gegenfrage. Es war nicht so, dass er jetzt noch daran zweifelte, dass die Phönixin wirklich von ihm berührt werden wollte, es war eher die Unverblümtheit, mit der sie ausdrückte, sich über ihre gemeinsame Zeit hätte gefreut zu haben. Gefreut. Selbst Kassandra, die von allen Göttern den Menschen vermutlich noch am nächsten war, freute sich nicht einfach über etwas. Nicht, wenn es etwas dermaßen triviales war wie der Beischlaf mit einem Sterblichen. Aber doch hatte sie dieses Wort gewählt, freuen. Sie hatte dieser Vereinigung mindestens genauso entgegen geblickt wie Zoras.
      Er sagte nichts, denn Worte hätten vermutlich niemals widerspiegeln können, was seine Aura der Göttin nicht längst übermittelte. Was auch immer das letzten Endes sein mochte.
      Als ihre Hand schließlich die seine berührte, begleitet von viel zu schweren Worten, verzog er das Gesicht. Es blieb nicht bei dem einen Kuss, den er ihr schenkte, es folgte gleich ein zweiter vorsichtiger hinterher.
      "Sag so etwas nicht."
      Niemand würde hier in Schellen gelegt werden, nie wieder. Dass Kassandra auch nur fühlen konnte, dass dies durch ihren Bund geschah, war etwas ausgesprochen grausames. Zoras hatte schon immer gepredigt, dass er ihr ihre Essenz zurückgeben würde, daher würde er nicht derjenige sein, der sie erneut band. Nicht auf diese Weise. Auch nicht sprichwörtlich.
      Nach diesem zweiten Kuss richtete er sich wieder auf und Kassandra entzog ihm die Hand. Sie glitt durch das Wasser davon und erfasste den Wannenrand, während die Göttin sich ein Stück aufrichtete. Weil er zu wissen glaubte, worauf sie hier anspielte, legte er die Stirn in Falten und neigte sich vor ihrem nahenden Körper fort.
      "Nicht noch einmal, Kassandra. Ich kann noch nicht -"
      „Lauf nicht weg. Ich erinnere mich an… deine Regeln“
      Er verstummte wieder und betrachtete aus misstrauischen Augen, wie sie näher kam, wie sie sich über ihn schob. Seine Nackenhaare stellten sich in Erwartung auf, dabei war es gleichermaßen gute und schlechte Erwartung. Vor wenigen Stunden noch hätte er ihrer Aufforderung gedankenlos Folge geleistet, aber das war noch bevor sie ihm aufgezeigt hatte, wie grausam sie wirklich sein konnte. Jetzt fühlte er sich nicht gänzlich stark genug, dieselbe Prüfung noch einmal zu bestehen.
      Aber sie hielt sich an die Regeln, als sie sich langsam vorneigte und ihre Lippen in einem süßen Kuss verschloss. Erst mit dem Kontrast ihrer weichen Haut und der Zärtlichkeit, mit der sie ihn küsste, spürte er die Anspannung, die seine Schultern und seinen Rücken steif machte. Er atmete tief ein und die Phönixin löste sich von ihm, ganz marginal. Schultern und Rücken weichten auf, als in ihre tiefroten Augen ein Ausdruck von Leidenschaft trat.
      Sie wollte sehen, wie er sich nach ihr verzehrte. Sie forderte ihn, sie gewährte es nicht. Womöglich hätte er sich dessen schon bewusst sein müssen, aber es von ihren Lippen zu hören, gepaart mit diesem Blick, der ihn fesselte, war etwas ganz anderes. Es war beflügelnd auf eine Weise, wie nur sie ihm geben konnte. Es war wunderschön.
      Er begegnete ihrem Blick, hob die Hand aus dem Wasser und strich mit den Fingerrücken über ihre Wange. Seine nassen Finger hinterließen eine feuchte Spur auf ihrer trockenen Haut.
      So sehr?
      Er wollte es gar nicht noch einmal hören. Er wollte ihren Ausdruck sehen, wollte es fühlen. Spüren.
      Seine Finger wanderten hinunter zu ihrem Schlüsselbein, sein Blick folgte, nur um von dort wieder nach oben zu springen. Er hielt dort inne, nur für einen Augenblick, und als Kassandra sich nicht rührte, als sie an seinen Regeln festhielt, senkte er ganz den Blick zu ihrem nassen Körper. Er kannte ihn, jeden Zentimeter davon, hätte vermutlich auch vorhersagen können, wie Kassandra auf seine Berührungen reagieren würde. Aber es war nichts, was ihm jemals überdrüssig werden würde. Es würde ihm niemals genug werden. Er könnte sie genießen, tagein und tagaus, und stets immernoch neuen Genuss finden.
      Liebevoll fuhr er ihre Kurven nach und schob dann ihr Haar etwas beiseite.
      Meine Hübsche. Meine wunderschöne Kassandra.
      Vielleicht stellte er sie damit auch ein bisschen auf die Probe. War sie nicht grausam? Aber kannte nicht selbst ihre Grausamkeit Grenzen?
      Ganz langsam, genießend, streichelte er über ihren Bauch, ihre Hüfte, ihre Schenkel. Zögernd schluckte er, bevor er leise, vorsichtig sagte:
      Komm.
      Sie kam. Sie berührte ihn nicht, als sie sich in seinem Schoß niederließ, so wie sie auch im Bett gesessen war. Unter Wasser fühlte sich die Berührung fremd an, nicht ganz wie er selbst, aber Zoras erkannte schnell, dass sie auszuhalten war. Es war vielleicht nicht dasselbe wie außerhalb des Wassers, aber eine Berührung war eine Berührung. Sein Körper zuckte nicht davor zurück.
      Mit größerer Sicherheit lehnte er sich zurück an den Wannenrand und zog die thronende Phönixin mit sich. Ihre Hände blieben am Rand, ihr Oberkörper blieb von seinem fern, aber ihrer Lippen bemächtigte er sich in einem Kuss, der mehr liebevoll als alles andere war. Jetzt mehr denn je genoss er ihre Nähe, ging auf in der Hitze, die sie ausstrahlte und die auf ihn übergriff. Viel hätte wahrlich nicht gefehlt, bis er sie ganz an sich gepresst hätte, so wie viele Jahre zuvor, beinahe als wäre nichts geschehen.
      Aber für dieses letzte Stück war er jetzt zu schwach. Dafür hatte er schon zu viele Grenzen überschritten.
    • Neu

      Natürlich hatte Kassandra gesehen, wie Zoras anfangs vor ihr zurückgewichen war. Sie hatte seine Worte des Widerstandes einfach unterbrochen, um sich das zu holen, was sie wollte. Trotzdem hielt sich die Phönixin gerade so an den Regeln fest, die dafür sorgten, dass sich kein weiteres Debakel anbahnte. Doch in dem Moment, in dem ihre Lippen auf seine trafen, schwand seine Gegenwehr. Noch immer konnte sie nicht einschätzen, wie er nun reagieren würde; gab er sich seinem Trauma hin oder versuchte er es, zu bekämpfen? Also wartete Kassandra. Wartete, bis seine Finger eine Spur über ihre Wange zogen und er sich versicherte, dass in ihren Worten nur die Wahrheit gelegen hatte. Ein kaum merkliches Nicken war die Antwort und seine Finger wanderten weiter bis zu ihrem Schlüsselbein. Einer Statue gleich hing Kassandra noch immer über Zoras, wartete, lauerte vielleicht sogar. Selbst dann noch, als er seinen Blick von ihrem Gesicht ab- und ihrem Körper zuwandte. Selbst dann, als er ihrer Kontur folgte und schließlich das feuchte Haar zur Seite strich. Keine Regung in ihrem Gesicht verriet etwas über ihre Gedanken, nur ihre Augen loderten nahezu.
      Also entschied sich Kassandra, es Zoras spüren zu lassen. Während er seine Hand über ihren Bauch abwärts gleiten ließ, löste Kassandra die Kontrolle über ihre eigene Aura ein wenig. Wie Nebel umwaberte sie Zoras und übertrug kleine Schnipsel der Gefühlswelt der Göttin auf ihren Schwurpartner. Sollte er spüren, dass er an ihren Geduldsfäden zog. Sollte er spüren, wie es ihr in einer gänzlich anderen Hitze durch den Körper schoss und sie sich dennoch nicht bewegte. Auch dann nicht, als er an ihren Schenkeln angekommen war und sie gerade überlegte, doch noch einmal die Stimme zu erheben.
      „Komm.“
      Die Reaktion kam umgehend. Kassandra richtete sich gerade auf, zog die Beine näher und stieg über seine hinweg, um sich anschließend wieder auf die Knie sinken zu lassen. Ihre Beine lehnten sich dabei an seine Oberschenkel an, aber gänzlich auf seinem Schoß nahm sie nicht Platz. Wasser trennte sie noch immer voneinander, doch es reichte aus, damit Zoras nicht verschreckt wurde. Stattdessen lehnte er sich zurück und sie folgte unausgesprochen seiner Bewegung. Ihre Hände folgten dabei dem Rand des Zubers, stetig darauf bedacht, dass ihre Arme seine Schultern nicht aus Versehen berührten. Sie gewährte ihm einen Vorstoß, indem er dieses Mal sie von sich aus küsste. Und wo vorhin womöglich noch echte Begierde geherrscht hatte, war nun nur noch tiefste Hingebung zu schmecken. Zu gern hätte sie einmal ins Wasser gelangt und nachgefühlt, ob sie wirklich keine Aussicht auf das komplette Liebesspiel hatte. Doch die Regeln hielten sie davon ab. Also schluckte sie den Wunsch, das Brennen in ihrem Inneren zu befriedigen, so weit sie konnte und in kleinen Stücken hinab. Noch immer war sie keine Göttin, die sich mit einer Notlösung gänzlich zufriedengab und deswegen kostete es sie mehr Ressourcen als sie erwartet hatte. Ein Bisschen konnte sie noch aushalten. Ein Bisschen, aber ganz sicher keine Ewigkeit.
      „Möchtest du dein Bad gleich beenden? Denn falls nicht solltest du mir entweder neue Aufgaben geben oder mir sagen, wohin sich deine Grenzen aktuell verschoben haben“, sagte Kassandra leise und zügelte das Verlangen in ihrer Stimme.
    • Neu

      Zoras wurde von einem Schauer ergriffen, der ihm selbst im warmen Wasser noch den ganzen Körper erhitzte. Es war ein merkwürdiges Prickeln, ein Gespür für etwas, für das er keinen greifbaren Sinn besaß. Wie eine Ahnung davon, was es sein sollte. Wie ein Wissen, für das er gar nicht geschaffen worden war.
      Doch dann sah er es auch: Ein Schimmer aus Farben, der sich um die Phönixin herum wie Nebel auszubreiten schien und sie beide, als auch die ganze Wanne in sich aufnahm.
      Er hatte sie schon einmal gesehen, Kassandras Aura, was der einzige Grund war, weshalb er sie jetzt wiedererkannte, denn in seinem Geist selbst, wo ihre Aura Einzug fand, wallte etwas ganz anderes empor. Plötzlich war da eine Art von Ungeduld und ein Sehnen, das er im ersten Moment für sein eigenes verwechselte. Hitze schoss ihm durch den Körper und ließ Kassandras Lippen für einen Augenblick noch verführerischer und ihren ganzen Körper noch reizender wirken. Alles an ihr hatte für den Moment eine deutlich größere Anziehung auf Zoras.
      Dabei war es Kassandras Empfindung, die hier teilweise auf ihn über schwappte. Die Phönixin verzehrte sich nach ihm, so wie man sich als Göttin wohl nach etwas verzehren konnte. Ihre Aura bewegte sich im gleichen Spiel dieser Gefühle, auch wenn es nur sehr schwach zu erkennen war. Aber Zoras sah es. Und wenn er noch Zweifel daran gehabt hätte, dass sie seine Berührung wirklich ersehnte, wurden sie hiermit vollständig beseitigt.
      Die Küsse, die dem folgten, waren damit auf eine Weise voller Leidenschaft, wie sie nur die Phönixin erbringen konnte. Zoras badete in ihrer Aura und gleichzeitig in ihrer Berührung, die schon wesentlich fortgeschrittener war als jemals zuvor. Sie saß auf seinen Beinen, aber bis auf das dumpfe Unwohlsein, das er wohl nie loswerden würde, regte sich dabei nichts in ihm. Fast könnte er sich vorstellen, dass sie weitergehen könnte. Fast.
      Kassandras Frage dann ließ Zoras von ihr ablassen, um in ihre so hübschen, verzehrenden Augen zu blicken. Die Wanne verlassen oder eine neue Aufgabe. Natürlich wäre es möglich, einfach hier zu bleiben und erneut herauszufinden, wo Zoras’ Grenzen lagen. Es wäre sogar ganz einfach; wenn sie nur ein bisschen höher käme - oder nein, wenn er flacher sitzen würde… Nein, wenn das Wasser höher stünde…
      Wenn das Wasser höher stünde.
      Aber das tat es nicht und Zoras war sich vermutlich als einziger bewusst, dass seine Lust einen deutlichen Dämpfer erfahren hatte. Was vorher noch wie ein Lauffeuer in ihm aufgeblüht war, zeigte jetzt selbst mit Kassandras überwältigenden Gefühlen eher regen Antrieb. Sein Geist war erschöpft und auch, wenn er sich vermutlich weit genug bringen könnte, würde er nicht so sehr in den Genuss kommen wie sonst. Und das war seiner Phönixin schlichtweg nicht würdig.
      Nicht hier. Nicht jetzt.”
      Er strich mit dem Daumen über ihre Wange und ließ die Finger durch ihr Haar gleiten.
      Aber wir sollten morgen das große Bad aufsuchen, von dem gesprochen wurde. Ich glaube, es könnte Dinge… einfacher machen. Erträglicher.