In his Thrall [Codren feat. Pumi]

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    • Vincent legte die Arme auf den Wannenrand, um Thomas genug Platz zu geben für was auch immer er vorhatte. Als der andere Mann dann bequem auf seinem Schoß saß, legte er ihm die Hände sanft an die Hüften. Er hatte keine Ahnung, was jetzt noch kommen würde.
      Lächelnd reckte er sich Thomas und dem Kuss entgegen. Wie konnte er diesen Lippen schon widerstehen?
      Dieses Mal wehrte er sich nicht gegen Thomas, als dieser seinen Kopf nach hinten drückte. Im Gegenteil. Die Berührungen des Mannes verhießen nur Gutes.
      "Putain!" stöhnte er, als Thomas ihn biss.
      Seine Hüften zuckten von ganz allein nach oben, gegen die Hüften des anderen Mannes. Die Kombination von nackter Haut, Thomas, der rittlings auf ihm saß, und dem Biss, ließen ihn sofort wieder hart werden. Sein Griff um Thomas' Hüften wurde kräftiger.
      "Thomas..." keuchte er, unternahm aber nichts, um ihn aufzuhalten.
    • Die Reaktion kam beinahe augenblicklich und Thomas lächelte auf den Effekt, den er so offensichtlich mit seinem Biss auf Vincent ausübte. Er drückte sich wohl ganz instinktiv an ihn und wäre das nicht gewesen, hätte er wohl spätestens an seinem Geschlecht gesehen, wie sensibel der Mann darauf reagierte. Und dann auch noch der französische Fluch; es erregte Thomas nicht wenig zu wissen, dass er eine solche Macht über Vincent ausüben konnte, dass er in seine Heimatsprache überwechselte. Es hatte einen ähnlichen Effekt wie schon in der Bibliothek auf ihn.
      Er grinste noch mehr, küsste die Stelle, die er soeben gebissen hatte und fuhr mit den Zähnen an Vincents Hals entlang nach oben, bis er wieder seinen Mund erreicht hatte. Dort angekommen setzte er sich ein wenig auf, griff zwischen sie beide, umfasste Vincents Glied und setzte sich zurecht, bis er sich genau darüber ausgerichtet hatte. Dann ließ er Vincents Haare los, um aber jetzt mit dem Daumen die Kante seines Gesichts entlang zu streichen, bis er die Hand unter Vincents Kinn legte. Der Mann machte keine Anstalten seinen Kopf zu senken, aber jetzt hätte ihn Thomas mit der Hand auch aufgehalten.
      "Ja? Möchtest du noch einmal? Soll ich dir noch einmal zeigen, wem du gehörst?"
      Er wartete gar nicht auf eine Antwort, ließ sich stattdessen langsam auf ihn herab sinken, nahm Vincent in sich auf, schmerzfreier als noch vorher. Dabei richtete er sich auf, beobachtete, genoss den Anblick des Mannes unter ihm, wie die Muskeln an seinem Arm arbeiteten, während er den Griff auf Thomas' Hüfte verstärkte, wie der glitzernde Blick in seine Augen trat. Sein Hals war Thomas noch immer gänzlich entblößt und jetzt konnte er den Atem sehen, der Vincents Brust heben ließ, konnte seinen Adamsapfel zucken sehen, wenn er schluckte. Er nahm den Anblick vollständig auf, während er mit vorsichtigen, experimentellen Bewegungen anfing ihn zu reiten, plätschernd im Wasser, das um sie herum schwappte. Es dauerte nicht lange und da war er selbst wieder zur Hälfte hart, hauptsächlich durch den fantastischen Anblick, den Vincent ihm bot. Da lehnte er sich wieder nach vorne, drehte Vincents Kopf ein wenig auf die Seite, setzte dort an, wo er aufgehört hatte und übersähte ihn mit Küssen, während seine Hüfte schneller wurde. Er erreichte die Stelle, die er soeben schon gebissen hatte, hielt Vincent fest und trieb seine Zähne am gleichen Fleck wieder in seinen Hals.
    • Thomas musste eigentlich gar nichts machen und dennoch ließ er Vincent nicht entkommen, nicht eine Sekunde lang. Jede Berührung, egal wie klein, sandte kleine Blitze durch Vincents Körper, die direkt in seine Lenden schossen. Er wollte Thomas noch einmal küssen, doch der sah ihn nur an. Er sah ihn einfach nur an und selbst das war genug, um Vincent ein leises, sehnsüchtiges Stöhnen zu entlocken. Er brauchte diesen Mann mehr als Luft zum Atmen.
      Auf Thomas Frage hin konnte er nur nicken. Ein bettelnder Laut entkam ihm und dann war Thomas da, senkte sich langsam, zu langsam, auf ihn. Mit einem weiteren Stöhnen sank Vincents Kopf auf den Rand der Wanne. Sein Hals hatte sich urplötzlich in Pudding verwandelt; er konnte seinen Kopf einfach nicht mehr halten, als sich Thomas dann auch noch in Bewegung setzte und ihn ritt. Die Blitze verwandelten sich in Feuer. Er stand in Flammen, so musste es sein, es gab gar keine andere Möglichkeit.
      Er spürte eine Hand an seiner Kehle, wehrte sich aber nicht. Thomas' Lippen waren viel zu weich auf seiner erhitzten Haut, viel zu wohltuend während er Brandwunden über seinem Hals verteilte.
      Als Thomas ihn erneut biss, bohrten sich Vincents Finger geradezu in dessen Oberschenkel - das würde garantiert ein paar blaue Flecke geben. Vincent stöhnte kehlig auf. Doch dann riss er eine Hand von Thomas' Bein, packte die Haare des Mannes und zerrte ihn von seinem Hals. Für einen Moment kehrte die Realität wieder zurück und Vincents Verstand war so klar wie selten. Ein kleiner Tropfen Blut rann ihm den Hals hinunter, vermischte sich mit einem Wassertropfen auf seinem Schlüsselbein und setzte seinen Weg fort.
      "Vorsicht," keuchte Vincent. "Die menschliche Beißkraft ist nicht zu verachten."
      Er griff sich an den Hals und betrachtete da Blut auf seinen Fingerspitzen.
      "Bisher hast du ziemlich deutlich klargestellt, dass du es nicht willst, deswegen habe ich dich gestoppt. Aber ich werde dich nicht davon abhalten, wenn du es willst."
    • Alles, was Vincent von sich gab, war eine absolute Droge, die sofort auf Thomas einwirkte. Er konnte gleich sehen, was für einen Effekt er auf den Mann auswirken konnte und das war nahezu berauschend: Die kleinen Geräusche, die er von sich gab, von denen die wenigsten wirklich sittlich waren, die leichten Bewegungen, die durch seine Hüfte und seinen Oberkörper gingen, wann immer Thomas sich ganz auf ihm niederließ. Das, gepaart mit dem Gefühl von Vincent in ihm drin und von seinen Fingern, die sich schmerzhaft in seine Oberschenkel bohrten, war genug, um ihn selbst schnell wieder hart werden zu lassen. Er hatte zwar nicht gedacht, dass er nach der kurzen Zeit wieder einsatzfähig gewesen wäre, aber Vincent belehrte ihn darüber etwas besseres.
      Der Mann flehte geradezu nach Thomas' Biss, ein Geräusch, das dieser ganz sicher nicht so schnell wieder vergessen würde, als er dem unausgesprochenen Wunsch nachkam. Vincent stöhnte ihm fast ins Ohr, sein Körper heiß im warmen Wasser, die Muskeln seiner Arme, mit denen er sich an Thomas festhielt, angespannt. Er fuhr ihm mit der Hand über den Oberkörper, über die Brust, den Bauch, erfühlte die Muskeln, die dort arbeiteten. Sein Herz raste, sein eigener Atem kam stoßweise, er musste sich darauf konzentrieren überhaupt genug Luft an Vincents Hals zu bekommen. Zumindest solange, bis der Mann ihn unversehens von sich riss.
      Thomas fiel das Blut auf, noch ehe Vincent das Wort erhoben hätte und er verlangsamte seine Bewegung, während er sich schnell mit dem Handrücken über die Lippen wischte. Nein, er wollte tatsächlich kein Vampirblut zu sich nehmen, das ging weit über seine Toleranzgrenze hinaus, und erst recht wollte er es nicht in einem solch unbedachten Moment. Aber immerhin waren sie schon im Wasser und so reichte es ihm, sich kurz über den Mund zu fahren.
      "Danke. ... Entschuldige."
      Er lehnte sich wieder nach vorne, küsste Vincent flüchtig, sammelte mit der Hand ein bisschen Wasser auf und ließ es über den feinen Blutsfleck fließen. Dann besah er sich die Wunde und Jäger als auch Arzt und Thomas waren sich einig, dass Vincent es schon überstehen würde.
      Aber lieber keine Bisse mehr.
      Er nahm wieder ein langsames, fast vorsichtiges Tempo auf, den Blick auf Vincent gerichtet um seine weiteren Reaktionen zu betrachten. Es blieb gerade mal ein paar Sekunden dabei, sich der Zärtlichkeit hingeben zu wollen, die sie sonst immer innehatten, dann packte ihn die Sehnsucht allzu sehr und kaum, als seine Lippen auf Vincents stießen, flammte das Verlangen neu in ihm auf und er bewegte sich mit größerer Hast auf ihm. Er war noch immer weit davon entfernt, sich gänzlich an die Position gewöhnt zu haben, und so fasste er bald nach Vincents Handgelenk, zog seine Hände auf seine Hüfte und hielt etwas über Vincent inne, um ihm Platz zu geben, seine eigene Hüfte zu bewegen.
      "Nimm dir, was du willst."
    • Ein Teil von Vincent wollte, dass sich Thomas gleich wieder der kleinen Bisswunde widmete. Und als sich der Mann nach vorn lehnte, war er drauf und dran, den Kopf zur Seite zu neigen, um genau das zu provozieren. Aber er achtete Thomas' Wunsch und tat es nicht, ließ sich stattdessen küssen. Trotzdem konnte er diese Reaktion seiner Instinkte nicht vollkommen ignorieren. Er wollte Thomas auf jede erdenkliche Weise zu dem seinen machen.
      Als sich der andere Mann wieder in Bewegung setzte, biss sich Vincent auf die Zunge, um nicht gleich schon wieder zu stöhnen. Thomas konnte einfach nichts falsch machen!
      "Nimm dir, was du willst."
      Das Grollen tief in seiner Kehle war nicht aufzuhalten.
      "Ein gefährlicher Wunsch, Thomas," raunte Vincent mit einem Lächeln und verstärkte seinen Griff um die Hüften des Mannes, um ihm etwas mehr Stabilität zu geben.
      Seine Beine würden diese Haltung nicht lange aushalten, aber Vincent hatte genug Kraft für sie beide, das war kein Problem.
      Vincent fing langsam an, versuchte Thomas Rhythmus von eben zu kopieren. Aber der Mann hatte ihn schon zu weit getrieben, ihn schon mit zu viel Hitze geflutet, um diesen Rhythmus lange aufrecht zu erhalten. Schlussendlich beschleunigte Vincent seine Bewegungen, irgendwann legte er sogar mehr Kraft hinein. Doch dann war es ihm nicht mehr genug und er richtete sich auf, drückte Thomas gegen die andere Seite der Wanne und verschaffte sich so nun mehr Platz - und die Möglichkeit, seine Hände wieder zu benutzen. Er schob sie Thomas in die Haare, zerrte ihn zu sich, um ihn genauso wild zu küssen, wie er seine Hüften bewegte. Wie gern würde er jetzt seine Zähne in diesen attraktiven, schmalen Hals schlagen...
      Vincent küsste Thomas' Schlüsselbein, als er ein letztes Mal in ihn hineinstieß. Der Kuss konnte sein geknurrtes Aufstöhnen nicht unterdrücken, aber den Versuch war es wert. Vincents Arme schlangen sich um Thomas Körper, als er kam. Er presste den Mann an sich, hielt sich an ihm fest.
      Sobald sich Vincent wieder beruhigt hatte, ließ er Thomas los und sank gegen die andere Seite der Wanne. Er legte die Arme auf die Wannenränder, ebenso seinen Kopf, und schloss die Augen. Es dauerte nicht lange, da wanderten seine Finger schon wieder zu der Bisswunde, die Thomas ihm zugefügt hatte, und er lächelte verträumt.
    • Ein Lächeln schlich sich auf Thomas' Lippen, begleitet von dem bereits erwarteten Kribbeln, das ihm durch den Körper schoss, eine Mischung aus der Reaktion des Jägers und von Thomas auf Vincents plötzliches Knurren. Oh, er wusste genau, was er sich wünschte, er hatte gar keine Zweifel daran, erst recht nicht mit Vincents Händen, die ihren Griff auf seine Hüfte verstärkten. Er gab nicht umsonst die Kontrolle auf, die der andere ihm zugestanden hatte.
      Es dauerte einige weitere quälend langsame Stöße, die Thomas fast mit Ungeduld erfüllten, so sehr wie sie den Jäger in ihm wohl zu besänftigen versuchten, aber dann schien Vincent diese grenzwertige Kontrolle auch endlich zu verlassen und er wurde schneller, schneller und stärker, stark genug, dass es anfing zu schmerzen. Aber es war ein guter, erfüllender Schmerz, einer der direkt in Thomas' Lenden schoss und ihn den Kopf zurückwerfen ließ, während er zumindest versuchte, seine Geräusche noch im Zaum zu halten. Es gelang ihm auch halbwegs, wenn man das kehlige Keuchen, das fast in Laute überging, nicht als Geräusche zählen mochte, allerdings war es dann auch damit vorüber. Vincent beförderte ihn mit einer schnellen Bewegung an die andere Seite der Wanne und war dann direkt wieder zwischen seinen Beinen mit einem Rhythmus, bei dem Thomas spätestens jetzt froh darum war, sich nicht mehr eigenständig aufrecht halten zu müssen. Er konnte alles spüren, jeden Zentimeter von Vincent, der sich mit jedem Stoß in ihn drückte und ihn vollständig auszufüllen schien und er ließ sich davon gänzlich vereinnahmen. Er packte erst den Wannenrand, versuchte sich festzuhalten von dem erbarmungslosen Rhythmus, der seinen Jäger begann zu alarmieren, bevor er es sich besser überlegte und sich stattdessen an Vincent festhielt. Ihre Lippen schlugen aufeinander und jetzt ließ Thomas ein ungehemmtes Stöhnen in Vincents Mund frei. Er krallte sich in dessen Rücken, kratzte ihm vermutlich mehr als einmal über die Haut und näherte sich selbst einem Höhepunkt, der ihm durch den ganzen Körper fuhr. Als er kam, warf er schließlich den Kopf zurück und ein kleiner, irrationaler Teil in ihm wünschte sich fast, dass Vincent diesen Moment ausgenutzt hätte, dass er die Gelegenheit seines entblößten Halses ergriffen hätte. Der Moment dauerte allerdings nicht lange an und als er Vincents Lippen auf seinem Schlüsselbein spürte, zuckte er stattdessen zusammen. Vincent kam selbst und Thomas gelang zu der überaus ansehnlichen Gelegenheit, den Mann bei seinem Orgasmus zu beobachten. Er konnte Vincents eigene Zuckungen in sich spüren, ein verführerisches Gefühl, das er in seiner eigenen Glückseligkeit vollkommen genießen konnte. Er atmete aus und schließlich wich auch Vincents Anspannung der eintretenden Ruhe.
      Sie trennten sich voneinander und verbrachten die nächsten Momente damit, zurück in die Realität zu finden. Das Wasser wurde langsam kalt und war gänzlich nicht mehr sauber genug, um ernsthaft als Bad zu gelten, also machte sich Thomas bald an einen langsamen Ausstieg. Seine Beine brannten und sein Hintern fühlte sich wund an, aber es kam von Vincent und daher liebte er es. Er wickelte sich lose ein Handtuch um die Hüfte und beugte sich dann zu dem Mann hinab, um seinen Scheitel zu küssen.
      "Gefällt es dir so sehr?"
      Er berührte selbst die deutlich sichtbare Bisswunde, lächelte dabei aber. Wie könnte er anders bei diesem verträumten Ausdruck, den der andere aufgesetzt hatte.
      Er trocknete sich ab und säuberte sich damit eigentlich auch, bevor er Vincent der gleichen Prozedur unterzog und ihn schließlich zum Bett zurückführte. Kaum als er sich darauf fallen gelassen und den Mann an sich gezogen hatte, überkam ihn schon eine Müdigkeit, die größer war als der eigentliche Plan, bis zum Sonnenaufgang mit Vincent auszuhalten. Er gähnte ausgiebig, zwang sich aber dennoch dazu, sich nicht allzu sehr in die Kissen sinken zu lassen und sich stattdessen auf Vincent zu konzentrieren.
      "Was liest du da?"
      Er nickte zu dem Buch, das auf seinem Nachttischchen lag und er wollte wirklich durchhalten, er wollte sich von Vincent weiter erzählen lassen was er las und was er wusste und er wollte sogar mit ihm gemeinsam lesen, er wollte tatsächlich die ganze restliche Nacht mit ihm gemeinsam verbringen, aber es dauerte kaum 10 Minuten, da hatte er sich von seiner Wärme und seinem vertrauten Duft nach alten Büchern einhüllen lassen, war an Vincents Brust gesunken und schließlich eingeschlafen.
    • Vincents Lächeln wurde ein wenig breiter, als er wohlig brummte.
      "Ja, das tue ich," beantwortete er die Frage, bevor er dabei zusah, wie Thomas sich selbst trockenlehnte.
      Zu wissen, dass dieser Mann ihm gehörte, gleichermaßen wie er selbst Thomas gehörte... könnte er doch nur seine Spuren auf dem Mann hinterlassen. Die vorsichtige Art, wie sich Thomas bewegte, war nicht genug.
      Vincent ließ sich von Thomas aus der Wanne helfen. Offensichtlich hatte er keinerlei Mitspracherecht als es um das Abtrocknen ging, aber er würde sich niemals darüber beschweren, dass Thomas ihn berührte - auch wenn es nur durch ein Stück Stoff hindurch war.
      In seinem Bett, das in dieser Nacht sehr viel einladender wirkte als normalerweise, kuschelten sich die beiden Männer aneinander. Vincent genoss die Wärme, die Thomas ausstrahle. Auf die Nachfrage des Mannes hin streckte sich Vincent nach dem Buch ganz oben auf dem Stapel, der seit Tagen seinen Nachttisch belagerte. Er zeigte es Thomas.
      "Mémoires de Monsieur d'Artagnan von Gatien de Courtilz de Sandras, die Erstausgabe von 1700. Eine halb-fiktionale Biografie von d'Artagnan, die später Alexandre Dumas inspiriert hat, die Drei Musketiere zu schreiben. Es ist faszinierend, wie verrückt diese Erzählung sein kann, wenn sie auf der nächsten Seite gleich wieder unendlich langweilig ist."
      Vincent schüttelte den Kopf und schlug das Buch auf. Selbstverständlich war es auf Französisch. Er erzählte ein bisschen von der Geschichte, doch es dauerte nicht lange, bis er damit aufhören konnte. Er zog die Bettdecke über Thomas' Schulter, dann suchte er die Stelle, wo er letzte Nacht aufgehört hatte, zu lesen, und fraß sich weiter durch die Geschichte.

      Dominic besah sich das Theater. Es war schon viel zu spät, um hier noch jemanden vorzufinden. Jemanden mit einem ordentlichen Kreislauf jedenfalls. Aber deswegen war er ja auch gar nicht hier. Er ließ seinen Nacken kurz knacken, indem er ihn erst nach rechts, dann nach links neigte. An der Regenrinne des Hauses kletterte er nach unten, im Dunkeln überquerte er die Straße und binnen weniger Sekunden hockte er schon auf einem Fenstersims. Lächelnd klopfte er gegen das Glas, um die Aufmerksamkeit seiner Artgenossin zu erregen. Sie musste ihn nicht hereinlassen, er wollte eigentlich nur einmal kurz Hallo sagen. Allerdings würde er nicht Nein zu ein paar Informationen zu der aktuellen Lage sagen. Gutes Drama war dieser Tage so schwer zu finden.
    • Denize Ruby Jane Clare Mary Ophelia saß an ihrem Schreibtisch, als das langsame Herz sich von draußen näherte. Normalerweise kümmerte sie sich nicht um die Belange ihrer Artgenossen, solange sie sie in ihrem eigenen Revier alleine ließen, aber die bisherigen Ereignisse waren außergewöhnlich genug, um eine gewisse Neugier und Skepsis in ihr emporzurufen. Vielleicht war es einer der Jünglinge, der sich an ihr zu vergreifen versuchte? Vielleicht war es der Meister persönlich? Vielleicht war es der Kaiser? Oh, so viele Möglichkeiten - wer wäre Denize Ruby Jane Clare Mary Ophelia schon, wenn sie sich eine solche Gelegenheit entgehen ließe?
      Sie legte die Feder beiseite, faltete den Brief, den sie geschrieben hatte, ordentlich zusammen, besprühte ihn mit ihrem Parfüm und tütete ihn ein. Dann legte sie ihn zu den anderen unabgeschickten Briefen; seit der Begegnung mit dem Kaiser hielt sie sich so strikt an seine Anweisung, dass sie es noch nicht einmal wagte, ihrer Herzensdame zu schreiben. Ihr eigenes Herz blutete darüber, aber sie hatte sich geschworen, es wieder gut zu machen. Sie würde die vergeudete Zeit aufholen und Nora würde es bestimmt verstehen; immerhin war sie ein schlaues Mädchen.
      Der Herzschlag kam an ihr Fenster und dann klopfte es. Sie trank einen Schluck von ihrem Glas - immerhin war es nicht verkehrt, sich zu stärken - und schlenderte dann in aller Ruhe zu der Gestalt, die draußen in der Dunkelheit saß.
      Es war weder der Meister, noch der Kaiser. Die Vampirin war so enttäuscht darüber, dass sie ihm noch nicht einmal das Fenster öffnete.
      "Ich empfange nur interessante Gäste. Sind Sie interessant? Wenn nicht, können Sie es gleich morgen noch einmal versuchen, vielleicht bin ich dann besserer Laune."
    • Dominic grinste und erhob sich. Mit einer Balance, die kein Mensch zustande bringen konnte, hielt er das Gleichgewicht an der Kante des Fenstersimses und verneigte sich theatralisch tief.
      "Ich entschuldige mich für die späte Störung. Dominic O'Sheahan der Name. Ich wollte mich eigentlich nur offiziell vorstellen, auch wenn ich wahrscheinlich nicht lange bleibe. Ich bin nur wegen der Show hier. Und um für die Gesundheit der Zuschauerschaft zu sorgen. Aber wenn es um Interessantes geht, kann ich vielleicht mit den aktuellen Neuigkeiten dienen. Woher spielt keine Rolle, ich habe alle Neuigkeiten, die es so gibt."
      Er ließ sich in einen Schneidersitz auf dem Fenstersims sinken.
      "Alle bis auf die Details der hiesigen Situation," seufzte er. "Ich bin gerade erst angekommen und hatte noch keine Zeit, mich ordentlich umzuhören. Vielleicht können wir beide uns ein bisschen austauschen?"
    • Die Verbeugung des Vampirs war ansehnlich genug, dass Denize Ruby Jane Clare Mary Ophelia erst beide Augenbrauen hob und dann entzückt grinste. Das war doch einmal was: ein richtiger Gentleman in Zeiten wie diesen.
      "Ein Mann von Kultur, wie ich sehe."
      Sie beobachtete sein kleines Kunststück, was man durchaus so nennen konnte bei dem schmalen Platz, der ihm zur Verfügung stand und verbeugte sich dann selbst - nicht ganz so tief wie ihr gegenüber, nicht ganz so unterwürfig. Schließlich stand sie in der Pseudohierarchie ihrer gemeinsamen Abstammung mit der Herrschaft über ihr kleines Territorium, das er nun betreten hatte, über ihm. Dennoch belustigte sie der kleine Austausch.
      "O'Sheahan, wie? Aus Irland? Ich dachte, die Briten hassen die Iren. Kein guter Ausgangspunkt für einen Handel, wenn Sie mich fragen."
      Sie kam einen Schritt näher ans Fenster, öffnete es allerdings immer noch nicht. Immerhin gestand sie ihm so viel guten Willen noch nicht zu.
      "Ich bin gut informiert, was die derzeitige Show in Cambridge betrifft. Ich wirke zwar nicht mit, aber ich habe mir einen Platz in", sie wog den Kopf kurz hin und her, "dritter Reihe ergattern können. Sie sollten das Theater besuchen, wenn Sie an Dramen interessiert sind. Wir führen nächsten Monat eine altenglische Tragödie auf. Das ist zwar nicht ganz so sehr unterhaltsam wie der Rest, der sich hier zuträgt, aber immerhin annähernd. ... Anne Melbwin IV der Name."
      In ihren Augen blitzte es auf.
      "Ich weiß also, dass ich meinen Teil des Handels erfüllen kann. Und Sie? Woher kommen Sie, wohin gehen Sie? Welche Neuigkeiten haben Sie, die Sie wagen auf eine Stufe mit den derzeitigen Entwicklungen hier zu stellen?"
    • "Hm. Technisch gesehen hassen die Iren die Briten. Technisch gesehen bin ich Kelte."
      Dominic zuckte mit den Schultern. Nationalitäten hatten für ihn schon lange ihre Bedeutung verloren, und die menschliche Politik änderte sich so schnell, dass es keinen Sinn hatte, sich damit zu beschäftigten. Zumal Dominic selten lange genug an einem Ort verweilte, um Leuten nachhaltig auf die Füße treten zu können.
      "M'Lady, ich fürchte, das ist eine Frage, die ich nicht beantworten kann. Ich komme von überall her und ich gehe überall hin. Heute komme ich aus London, morgen gehen ich nach New York, wer weiß schon, wohin der Wind mich weht. Ich gebe zu, Vlads Arbeit zu beobachten, während sich ein romantisches Drama im Hintergrund abspielt, ist ein Epos, den man kaum mit etwas vergleichen kann, aber ich bin willens, mir Informationen zu verdienen. Für ehrliche Arbeit bin ich mir nie zu schade."
    • Anne machte ein bühnenreifes, enttäuschtes Gesicht, mit dem sie Dominic betrachtete. Es war deutlich überzogen, spiegelte aber höchst beeindruckend das Ausmaß der Enttäuschung wieder, das sie verspürte.
      "So einer sind Sie also? Ein Wanderer? Damit kann ich nicht viel anfangen. Wie wollen Sie Neuigkeiten sammeln, wenn Sie sie noch nicht einmal selbst erleben? Eine Show lebt nicht von ihren Erzählungen, mein Lieber."
      Sie seufzte auch noch theatralisch, dann warf sie einen Blick zurück in ihre dunkle Wohnung, auf das Glas Blut, auf den unabgeschickten Briefehaufen. Als sie das zweite Mal seufzte, hörte es sich eher gequält an.
      "Informationen für Ihren Dienst. Ein einziges Mal, Sie werden es mir nachsehen, wenn ich nicht gerne von meinen Artgenossen abhängig bin. Die wenigsten sind wirklich zuverlässig."
      Sie ging zurück, nahm sich die Briefe und kam damit zurück zum Fenster, das sie öffnete.
      "Es gibt eine Dame, die mein Herz erobert hat. Eine Nachtigall, die mich mit ihren süßen Tönen zu sich gerufen hat. Sie arbeitet allerdings in Vincent Caley Harkers Hausstab und ich habe ein recht deutliches Verbot von Vlad Draculea erhalten, mich eben gleichem Haus zu nähern. Sorgen Sie dafür, dass Nora die Briefe erhält und dass sie weiß, dass ich unpässlich bin, dass ich mich jeder vergeudeten Sekunde ihrer Abwesenheit gräme, dass ich die Stunden zähle, bis ich ihr Antlitz wieder erspähen kann, dass meine Liebe für sie stärker branden wird als die Kraft des Mondes und des Wassers. Sagen Sie ihr das und nichts anderes und ich will Ihnen von der Show erzählen, die ich aus dritter Reihe beobachten darf. Sind wir uns einig? Müssen Sie sich das aufschreiben, um es sich zu merken?"
    • Botenjunge hatte Dominic schon lange nicht mehr gespielt. Nicht, dass er etwas dagegen einzuwenden hatte.
      Mit einem freundlichen Lächeln nahm er die Briefe entgegen und schob sie in die Innentasche seines Mantels.
      "Sie grämen sich jeder vergeudeten Sekunde ihrer Abwesenheit, Sie zählen die Stunden, bis Sie ihr Antlitz wieder erspähen können, und Ihre Liebe für die Nachtigall brandet stärker als die Kraft des Mondes und des Wassers," zitierte er fehlerfrei. "Machen Sie sich keine Sorgen, m'Lady, Ihre Nachrichten werden ihr Ziel finden."
      Dominic stand wieder auf, verbeugte sich erneut, dann ließ er sich rückwärts von dem Fenstersims fallen, ohne über die Höhe nachzudenken. Er drehte sich einmal um sich selbst und landete perfekt auf seinen Füßen wie eine Katze. Ohne auch nur einen Moment zu vergeuden, setzte er sich in Bewegung und verschwand in der Dunkelheit.

      Den Weg zu Vincents Anwesen fand er ohne groß darüber nachzudenken. Immerhin war er derjenige, der es ihm besorgt hatte. Er hüpfte über den Zaun auf der Westseite, wo er sich sofort einer Hand voll Krähen gegenübersah.
      "Obsession ist bei weitem nicht so romantisch, wie du vielleicht glaubst, mein Guter. Lass deinem Herzblatt doch ein bisschen Privatsphäre. Sei ein bisschen mysteriöser und weniger verfügbar."
      Mit einer Geste seiner Hände verscheuchte Dominic die Vögel, bevor er seinen Weg fortsetzte. Er hatte Glück und erspähte Vincents Haushälterin Nora hinter einem Küchenfenster. Er lehnte sich gegen das Fensterbrett und klopfte sanft gegen das Glas. Nora schreckte hoch, dann erkannte sie ihn wieder und schüttelte den Kopf, bevor sie das Fenster öffnete.
      "Ich hätte mir ja denken können, dass du hier früher oder später auftauchst," grüßte sie ihn.
      "Es ist auch schön, dich zu sehen, Nora," gab Dominic zurück. "Ich habe deine Freundin kennengelernt. Sie entschuldigt ihr Fehlen und lässt dir ausrichten..."
      Er wiederholte die poetische Liebeserklärung von Anne, bevor er die Briefe übergab. Nora wurde doch tatsächlich ein bisschen rot.
      "Du musst mir kein Gedicht mitgeben, wenn ich zurückgehe. Ich weiß doch, wie sehr du darauf bestehst, nur Dornen zu haben und keine wunderschöne Rose zu sein."
      Dafür fing sich Dominic einen giftigen Blick ein.
      "Wie geht's meinem Jungen?"
      "Simon geht es gut. Er hat einen Narren an Van Helsing gefressen."
      "Wirklich? Und was macht der mit Simon?"
      "Soweit ich das beurteilen kann, ist er dem Gedankengang nicht abgeneigt, Simon in der Kunst der Jagd zu unterrichten."
      Dominics Augenbrauen schossen in die Höhe, das Grinsen folgte gleichauf.
      "Ich wusste doch, dass der Junge das Zeug dazu hat!"
      "Du hättest ihn ja selbst unterrichten können," gab Nora zurück.
      "Mit meinem Lebensstil? Nein. Der ist nicht für ein Kind geeignet."
      "Simon ist in seinen Zwanzigern."
      "Sag ich doch: kein Leben für ein Kind."
      Die beiden unterhielten sich noch ein bisschen durch das offene Fenster hindurch, bis Dominic sich entschuldigen musste. Er wollte diesen Job noch vor Sonnenaufgang beenden, damit er sich ein Plätzchen zum Schlafen suchen konnte. Wie immer hatte er diesen wichtigen Punkt seiner Ankunft bis zur letzten Sekunde vor sich hergeschoben.

      Wie zuvor auch schon landete Dominic auf dem Fenstersims des Theaters. Dieses Mal war er über das Dach gekommen. Lächelnd klopfte er an das Fenster und winkte der Schauspielerin in dem Raum dahinter freundlich zu.
      "Nachrichten - schriftlich wie mündlich - wurden erfolgreich abgeliefert. Nora lässt grüßen und ich soll Ihnen ausrichten, dass Sie antwortet, sobald sie kann. Ich habe meine Dienste als Lieferjunge gleich noch einmal angeboten, ich war so frei. Man soll Liebende ja nicht voneinander fernhalten."
    • Denize Ruby Jane Clare Mary Ophelia Anne kümmerte sich zwar nicht sonderlich darum, ob der Vampir ihrem Auftrag nachkam und auch wieder zurückkehren würde, aber sie konnte eine gewisse Heiterkeit nicht unterdrücken, als er dann doch wieder vor dem Fenster auftauchte. Ein richtiges Herz hätte wohl etwas höher geschlagen, als er ihr offenbarte, die Briefe überbracht zu haben. Dafür öffnete sie ihm sogar das Fenster, auch wenn sie ihn nicht hereinbat.
      "Hat sie das so gesagt, ja?"
      Anne grinste breit und strahlend.
      "Das grenzt schon fast an einer Liebesbezeugung. Sie mag vielleicht kalt wirken, aber sie freut sich doch über meine Gedichte, ich weiß es. Ich wusste es schon immer."
      Sie kicherte in sich hinein, verschwand dann in ihrer kleinen Wohnung und tauchte mit zwei Weingläsern wieder auf. Da das in gewissermaßen ihrem Ritual nahekam, das sie auch sonst immer mit anderen Vampiren durchzog, sah sie keinen Grund darin, es hier nicht weiterzuführen. Sie schenkte ihnen beiden ein und reichte Dominic das eine Glas.
      "Dann will ich auch meine Seite des Handels einhalten."
      Sie lehnte sich gegen das Fensterbrett und senkte die Stimme, während das entzückte Grinsen eher einem teuflischen wich.
      "Vlad ist hier, um seinen Gabriel zurückzubekommen. Er hat ihm vermutlich Hoffnung gemacht, weil er sich endlich auf seinen Namen berufen hat. Ich war eine Zeit lang mit einem seiner anderen Jünglinge zusammen, Verona, und durch sie habe ich so einiges darüber erfahren, was die Beziehung der beiden angeht. Vlad hat Gabriel schon immer bevorzugt, vom ersten Moment an, er ist sein absoluter Liebling, seine Schwäche. Ich bin mir sicher, da spielt auch ein wenig die Eifersucht der anderen mit hinein, aber jetzt, wo ich beide zusammen gesehen habe, kann ich das nur bestätigen. Vlad ist verrückt nach ihm. Es mag vielleicht nicht so scheinen, aber er würde gleich einknicken, wenn Gabriel etwas von ihm wollte. Er ist ja eigentlich schon eingeknickt, er läuft hier herum und kümmert sich um das Nest, weswegen er überhaupt hergerufen wurde. Aber hier hört es ja nicht auf, ganz sicher nicht! Ich glaube", sie senkte die Stimme noch weiter, "Gabriel hat den Jäger für sich beansprucht, den einzigen Jäger, der hier für Ordnung sorgt. Ich weiß es zwar nicht sicher, aber sie waren bei mir, alle drei, und es hat schon sehr danach ausgesehen, dass er ihn gebissen hat. Drei Vampire auf einem Haufen und anstatt das ganze Haus in Brand zu stecken, steht van Helsing nur dabei und starrt nur! Eine Schande ist das, eigentlich. Wenn sich hier demnächst ein Jäger aus London einnistet, werde ich vermutlich weiterziehen. Van Helsing war zumindest ordentlich und kein Serienmörder, der sich nur einen Titel ausdenkt."
      Sie seufzte, dann wurde ihr Blick wieder schärfer.
      "Ich denke außerdem auch nicht, dass Vlad das lange erlauben lässt. So viel, wie mir Verona erzählt hat, ist er arrogant genug, Gabriel für sich allein zu beanspruchen. Das schließt van Helsing und seinen ganzen Hausstand mit ein. Wenn Nora etwas passieren sollte, werde ich ihm höchstpersönlich das Bett anzünden. Wird auch mal Zeit, dass jemand versucht, ihm nicht in den Arsch zu kriechen."
      Sie schnaubte, trank und stellte das Glas dann ab.
      "Mehr Details habe ich mit meinem bescheidenen Zuschauerplatz auch nicht. Ich weiß nicht, wann Gabriel den Jäger gebissen haben soll, das muss wohl in den letzten Wochen passiert sein, schätze ich, und ich weiß auch nicht, was er und Vlad noch alles ausmachen. Vielleicht wird er sich ihm wirklich wieder anschließen. Ein paar Jahrzehnte zu viel können unangenehme Wechsel mit sich bringen."
    • Dominic machte es sich auf dem Fensterbrett bequem und nahm das Glas Wein dankend an. Keine allzu besondere Note, aber Dominic legte sowieso kaum Wert auf die Seltenheit von Wein. Kunst war da viel interessanter.
      Er ließ sich erzählen, was Anne so wusste - oder zu wissen glaubte. Hier und da gab er einen Laut der Bestätigung, des Verständnisses oder gar der Überraschung von sich, je nachdem was gerade angebracht war, oder nippte an seinem Glas Wein.
      "Wegen den Jägern aus London müssen Sie sich vorerst keine Gedanken machen. Da komme ich gerade her und ich kann Ihnen sagen, m'Lady: die können unsereins nicht von einer gewöhnlichen Hauskatze unterscheiden. Ein paar haben Potenzial, aber aktuell ist nichts brauchbares dabei. Henry ist übrigens gerade im Begriff umzuziehen, falls Interesse an dem Territorium besteht. Probleme gibt es in London auch nicht; Henry zieht nur um, weil er mal eine neue Aussicht braucht. Nach neunzig Jahren durchaus verständlich. Der Buschfunk verrät mir allerdings, dass es in London gerade einen etwas nicht ganz so mental stabilen Hexer gibt, der sich regelmäßig mit der Polizei anlegt. Soll sogar einen Geist rekrutiert haben, der Mann."
      Dominic schüttelte den Kopf. Jeder wusste, dass Geister ortsgebunden waren und nur sehr unzuverlässige Gehilfen waren. Man wusste nie, wann sie genug Energie gesammelt hatten, um tatsächlich aufzutauchen. Es gab wirklich bessere Gehilfen, gerade in einer Stadt wie London.
      "Ihrer Herzensdame wird schon nichts passieren, dafür sorge ich im Zweifelsfall persönlich. Deswegen bin ich ja überhaupt erst hergekommen. Vlad ist nun wirklich kein ordentlicher Esser und das obwohl er so darauf erpicht ist, unsere Existenz auch weiterhin geheim zu halten. Ist nicht das erste Mal, dass ich ihm hinterher renne und hinter ihm aufräume."
      Dominic leerte sein Weinglas und stellte es auf das innere Fensterbrett. Er richtete seinen Blick gen Himmel und bewunderte die Sterne, wie er es so oft des Nachts tat. Diese Aussicht war auch nach einem halben Jahrtausend noch atemberaubend.
      "Unsere Welt ist im Wandel. Viele der Alten setzen sich dieser Tage in Bewegung; große Territorien zerbrechen. Die Menschen spüren es auch. Sie werden unruhig. Es ist schon eine Weile her, aber ich glaube, Krieg liegt in der Luft. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll..."
    • Anne machte eine Geste mit der Hand, als wolle sie eine Fliege verscheuchen.
      "Ich habe kein Interesse an neuen Territorien. Ich bin hier ungestört und Sie können mir glauben, dass ich ein gewisses Talent besitze, in die Rollen anderer Menschen zu schlüpfen. Eine Perücke und ich kann 30 weitere Jahre hier verbringen. Vielleicht mache ich das sogar, wenn meine Nachtigall länger bleibt. Wann bekommt man schon die Gelegenheit auf eine langjährige, vom Tod verschonte Beziehung?"
      Sie grinste in die Nacht hinaus. Eigentlich war es viel zu kalt, um mit offenem Fenster zu plaudern, aber so schnell würde sie sowieso niemand dabei erwischen.
      "... Seit wann sind Hexer mental stabil? Das wäre mir etwas neues. Das wäre doch mal eine Neuigkeit, für die ich einen Handel eingegangen wäre."
      Für einen Moment sagten beide nichts, Dominic den Blick in den Himmel gerichtet, Anne hinunter auf die Straße. Man hätte meinen können sie wären Freunde, die sich für den Moment austauschten um dann wieder getrennter Wege zu gehen, aber Freundschaften unter Vampiren ergaben sich nicht durch einen erfolgreichen Handel und außerdem schien Dominic genug Einfluss zu haben, dass es Anne misstrauisch stimmte. Sie hatte in ihrem nicht ganz so kurzen Leben wohl genug Erfahrungen mit einflussreichen Personen machen können, um lieber auf Nummer sicher zu gehen und sie meiden zu wollen.
      "Krieg?"
      Das Wort hing für einen Augenblick zwischen ihnen in der Luft. Keiner von ihnen musste noch einmal betonen, dass damit nicht der gewöhnliche Krieg unter Menschen gemeint war.
      "Alle Kriege sind nur Raubzüge. Krieg verzehrt, was Friede beherrscht. Den nächsten Krieg gewinnt der Tod, nur ein Narr führt Krieg, Krieg sät Krieg. Ich glaube, ich könnte drei Bücher füllen mit solchen Sprüchen aus meinen Bühneneinlagen. Wieso will man ihn dann immer noch führen?"
      Wieder schweigen, einvernehmliches. Als Anne weitersprach, schien zum ersten Mal etwas von ihrer Schausteller-Professionalität verloren zu gehen.
      "... Waren Sie schon einmal an einem Krieg beteiligt? Ich halte mich raus, nicht, dass das mit Brüsten sonderlich schwierig wäre. Aber bei den Konsequenzen, die ich miterleben darf, möchte ich nicht miterleben, was an der Front geschieht."
    • "Ich wurde in einem Krieg geboren," antwortete Dominic.
      Einen Moment noch genoss er die geteilte Stille, dann erhob er sich schwungvoll und das Lächeln kehrte auf sein Gesicht zurück. Er fühlte sich ohne so nackt.
      "Cambridge ist kein interessanter Ort, also sollten Sie sicher sein vor der Front. Sollte sich das Schlachtfeld doch hierher bewegen, versuche ich Sie rechtzeitig zu warten. Man muss die Zuschauerschaft doch in Sicherheit wissen. Neutralität war schon immer etwas, was ich zu schätzen wusste."
      Er verneigte sich einmal mehr so tief als schalle ihm gerade Applaus auf einer Bühne entgegen.
      "Ich entschuldige mich für heute Nacht, ich muss mir noch eine Bleibe suchen. Viel Glück mit Ihrer Nachtigall."
      Dominic tippte sich an einen imaginären Zylinder, dann machte er einen Schritt zurück in das Nichts und fiel hinunter, um sich einmal mehr der Nacht auszuhändigen.

      Vincent tat sein Bestes, um am Morgen nicht einzunicken. Nora eilte ihm überraschenderweise zur Hilfe, als sie kurz nach Sonnenaufgang erst vorsichtig an seine Tür klopfte, nur um dann hereinzuschleichen.
      "Wusstest du, das Dominic in der Stadt ist?" fragte sie, als sie Vincent sein Glas Schweineblut reichte.
      Er nickte, bevor er das Gesöff herunterkippte.
      "Wir sind uns vor ein paar Stunden in der Bibliothek über den Weg gelaufen. Er ist aus London gekommen, um ein Auge auf die Situation zu haben."
      "London? Ich dachte er ist in Übersee?"
      "Henry will umziehen; Dominic hilft. Die ganze Sache hat sich also irgendwie ergeben."
      Nora nickte und nahm das Glas wieder entgegen.
      "Was wollte er von dir? Er muss ja hier gewesen sein, wenn du auch Bescheid weißt?" fragte Vincent.
      "Er hat mir... Er hat Botenjunge gespielt," antwortete Nora
      Vincent lächelte wissend.
      "Liebesbriefe einer gewissen Schauspielerin?" fragte er und amüsierte sich köstlich über den sanften Rotschimmer, der sich über Noras Gesicht legte.
      "Geht dich gar nichts an," fauchte Nora.
      "Schon gut. Schon gut. Sag mir nur Bescheid, wenn ich mir eine neue Haushälterin zulegen soll, in Ordnung?"
      Nora nickte. Zwei Herzschläge später umarmten sich die beiden kurz. Was würde Vincent nur ohne sie tun?
      "Ich geh Frühstück machen," meinte Nora dann und verließ das Schlafzimmer wieder.
      Vincent machte es sich neben Thomas wieder etwas bequemer und betrachtete ihn ein bisschen, wie er so friedlich dalag und ganz leise schnarchte. Da waren keine Sorgenfalten, keine ratternden Gedanken. Vincent mochte diesen Anblick. Er wollte ihn auch sehen, wenn Thomas wach war. Letzte Nacht hatte er diesen Ausdruck sehen dürfen. Für einen kurzen Augenblick hatte Frieden geherrscht, während sie in ihrer eigenen kleinen Blase existiert hatten. Vincent wollte dorthin zurück, wollte dass es ewig andauerte.
      Er strich Thomas eine verirrte Strähne aus dem Gesicht und küsste ihn sanft auf die Stirn. Nur noch fünf Minuten, dann würde er ihn wecken. Vielleicht auch zehn.
    • Thomas wachte zu einem warmen Körper auf, der ihn an sich drückte und einer sanften, tiefen Stimme, die ihm ins Ohr hauchte. Er lächelte, bevor er überhaupt richtig wach geworden war und griff blind nach oben, wo er die Hand in weiche Locken schob. Ein gänzlich glückseliges Gefühl durchströmte ihn bei der Erkenntnis, dass er neben Vincent aufgewacht war, ein Umstand, der mittlerweile gar nicht mehr wegzudenken war. Er konnte sich nicht ernsthaft vorstellen, jemals zuvor in seinem Leben glücklich aufgewacht zu sein, wenn es nicht gerade neben Vincent gewesen war.
      "Mhh, guten Morgen. Wie spät ist es?"
      Er rollte sich auf den Rücken und streckte sich einmal durch, bis seine Muskeln zitterten. Dann drehte er sich wieder hinüber und fing Vincent in einer unbezwingbaren Umarmung ein, bevor er dazu überging, ihn als neues Kissen zu nutzen. Seine Präsenz war in gänzlicher Weise beruhigend und einlullend, war sie schon immer gewesen.
      "Warum bist du noch wach? Solltest du nicht längst schlafen?"
      Er hauchte ihm einen Kuss auf die Brust und schloss wieder zufrieden die Augen.
    • "Ich lasse mir doch kein Frühstück mit dir entgehen," gab Vincent lächelnd zurück.
      Er schlang seine Arme um Thomas' warmen Körper und lauschte dessen Herzschlag. Mit trägen Bewegungen zeichnete er kleine Kreise auf Thomas weiche Haut.
      "Wenn wir aber noch lange so liegenbleiben, dann fürchte ich, werde ich es doch verpassen..."
      Vincent gähnte herzhaft, machte aber keinerlei Anstalten, aufzustehen. Warum auch? Solange sie hier in seinem - ihrem - Bett lagen, war die Welt in Ordnung. Es gab keine mörderischen Vampirnester, keine ebenso mörderische Alte, keine Probleme, die es zu lösen galt. Es herrschte Frieden hier in ihrer kleinen, kuschlig warmen Welt.
      Besagter kuschlig warmer Frieden drohte zusehends, Vincent in seine Arme zu schließen. Er war sich ziemlich sicher, dass er sofort einschliefe, wenn er zuließ, dass sich seine Augen schlossen. Sie wurden von Sekunde zu Sekunde schwerer, so viel stand fest.
    • "Wie charmant. Wie soll ich da Nein sagen?"
      Thomas lächelte, streckte sich dann nach oben, suchte nach seiner Bissspur, die zu seiner Genugtuung noch immer auf Vincents Hals sichtbar war und hauchte einen sanften Kuss darauf. Dann ließ er sich zurück in die Umarmung des Mannes sinken und genoss den Moment, in dem sie sich beide gegenseitig festhielten. Wenn er könnte, würde er auf ewig in diesem Bett bleiben, auch das war wohl nichts neues.
      Außerdem drohte dieser Wunsch tatsächlich in Erfüllung zu gehen, als er Vincent zunehmends sich entspannen fühlte und ihn außerdem noch ein riesiges Gähnen durchzog. So sehr, wie Thomas sich der spontanen Idee ergeben hätte, einfach den restlichen Tag hier zu verbringen, würde er den Vampir vermutlich später nicht mehr aus dem Bett bekommen.
      "Nein, nicht einschlafen. Frühstück und dann hast du deine Pflicht als Liebhaber fürs Erste erfüllt."
      Er grinste, reckte sich wieder nach oben und drückte seinem Liebhaber einen anständigen Kuss auf. Dann löste er sich von ihm und trieb Vincent aus dem Bett hinaus.
      Sie gingen nach unten in einen bereits hergerichteten Salon und ehe Thomas sich wie üblich an seinen Platz setzte, schlenderte er um den Tisch herum zu Vincent, legte er die Hände an Vincents Gesicht und küsste ihn ordentlich und anständig. Er musste noch nicht einmal darüber nachdenken, was er dort tat, in der Mitte des Salons, wo jeden Moment Nora auftauchen könnte; die Nacht in der Bibliothek hatte wohl diese eine Schranke ungesehen aufgehoben. Erst danach setzte er sich ordentlich hin.
      "Treffen wir heute Dominic noch einmal? Ich muss gestehen, dass es mich schon interessiert, mit einem vampirischen Jäger zu reden. Sowas gibt es sicherlich nicht häufig."