In his Thrall [Codren feat. Pumi]

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    • Vincent lehnte an dem massiven Schreibtisch in seinem Salon, als die beiden Polizisten anklopften. Er informierte Thomas über die Ankunft der Männer noch bevor Nora die Tür erreicht hatte, damit sein Liebster genug Zeit hatte, sich mental darauf vorzubereiten.
      "Überlass mir das Reden. Du hast gerade alles verloren, du stehst unter Schock, deine Stille ist verständlich."
      Kurz darauf führte Nora die Polizisten in den Salon. Diesen Henry kannte er ja schon, von dem ließ er sich noch weniger beeindrucken als bei ihrem ersten Aufeinandertreffen. Wo der Mann lächelte, warf Vincent ihm nur einen missbilligenden Blick zu. Und dann war da der Polizeichef dieses Örtchens. Vincent wusste aus diversen Briefen, dass der Mann sehr gut im Arschkriechen war. So sehr er den Raum mit seiner Präsenz auch einzunehmen versuchte, Vincent ließ es nicht zu. Es half, dass er die beiden Männer nicht wirklich erkennen konnte. Stattdessen schwenkte er seinen Drink in seinem Glas herum, bevor er den Männern mit einer einfachen Geste bedeutete, sich zu setzen. Und dann spannte er sie noch ein bisschen auf die Folter, indem er einfach gar nichts sagte. Er ließ seine Erscheinung eine ganz eigene Geschichte erzählen: Thomas hatte seinen Verband frisch gewechselt, bevor sie runtergekommen waren und auf Vincents Wunsch hin nicht mit Verbandsmaterial gespart, sodass man ihn nun durch sein locker und nicht vollständig zugeknöpftes Hemd gut sehen konnte; Vincent hatte die Schnitte, die er sich beim Sprung aus dem Fenster zugezogen hatte, unbedeckt gelassen, um den Effekt noch zu verstärken; und die Grimassen, die er zog, waren echt, weil er noch immer den Geschmack von Schweineblut auf der Zunge hatte - mit voller Absicht. Seine Müdigkeit war genauso wenig gespielt und er gab sich keinerlei Mühe, sie zu verbergen. Er spielte den sterben Schwan zur Perfektion.
      Mit einer schnellen Bewegung kippte er sich seinen Drink hinter die Binde, dann ließ er sich von dem Schmerz in seinem Nacken mitreißen und verzog das Gesicht. Schweigend schenkte er sich einen weiteren ein - seinen Gästen bot er nichts an. Mit seinem neuen Drink schlenderte er dann in aller Seelenruhe zum Sofa und ließ sich ächzend neben Thomas nieder. Seine Miene war aus Stahl gemacht - seine Lordschaft war alles andere als glücklich über diese Situation.
      "Ich dachte, sie werden die Gewalttaten in diesem Ort bekämpfen," begann Vincent mit eisiger Stimme. "Und doch finde ich mich hier, in meinem Salon, mit zwei Polizisten auf meinem Sofa. Erneut. Zwei Tage bin ich hier, zwei Tage besuche ich meinen Freund. Und dann kämpfe ich um mein Leben?! Zwei Tage und die gesamte Existenz meines guten Freundes wird niedergebrannt?! Das nennen Sie Verbrechensbekämpfung?! Sehen Sie mich an! Ich musste aus einem Fenster springen, um mein eigenes Leben zu retten! Ich kann von Glück reden, dass ich mir nichts gebrochen habe. Ich will einen Plan von Ihnen haben. Ich will ganz genau wissen, was Sie zu tun gedenken, um diese Gewalttaten zu beenden."
      Vincent lehnte sich zurück, wohlwissend, was das mit ihm machen würde. Er empfing den Schmerz, als sein Rücken die Lehne berührte, ließ ihn wirken. Mit einem Zischen richtete er sich wieder auf.
      "Nun stellen Sie schon Ihre verdammten Fragen," grummelte er und nippte an seinem Drink.
    • Vincent verstand es wirklich, auf den Nerv seiner Gesprächspartner anzuspielen. Es war nicht einmal eine Lüge, die er hier ihnen präsentierte, aber doch fühlte es sich so an, während Thomas gleichermaßen mit den Polizisten der Unannehmlichkeit dieser Situation ausgesetzt wurde. Zu sehen, wie Vincent sich plagte, allein aus dem Grund der emotionalen Bestechung, war das reinste Drama. Der Mann sollte eigentlich gar nicht wach sein und erst recht nicht den Lord spielen müssen - und sich außerdem nicht derweil betrinken. Thomas hätte da gerne überall seine Meinung dazugegeben, aber Vincent war ein Sturkopf. Ein hübscher, charmanter Sturkopf, aber immernoch ein Sturkopf.
      Er zog deshalb selbst ein Gesicht, während er Vincent beobachtete und dabei den Blicken der anderen beiden auswich. Henry schien ein bisschen ungeduldig zu werden, je länger der Hausherr ihn in der Stille sitzen ließ, und Callaghan schien ein bisschen grimmiger zu werden, je länger sich hier nichts tat. Sie waren sicher beide in einem engen Zeitfenster gekommen und jetzt der Gnade des Lords ausgesetzt zu sein, passte ihnen bestimmt gar nicht rein.
      Ein wenig amüsant war das schon. Wären die Umstände nicht so verheerend gewesen, hätte Thomas sich durchaus ein bisschen darüber lustig machen können.
      So verging die Zeit, bis irgendwann klar sein musste, dass Vincent nur seine Grenzen austestete, die er als Lord sowieso dorthin verschieben konnte, wo er wollte, und er sich dafür entschied, die Scharade nun auch zu spielen. Er kam herüber, unverschleiert seiner gepeinigten Emotionen, und ließ sich bei Thomas auf das Sofa sinken. Beide Männer beobachteten ihn dabei mit gleichgültiger Professionalität.
      "Es besteht kein Grund zur Besorgnis, Lord Harker", begann Henry, der grenzwertig gefasst war, wenn man bedachte, dass hier auch seine Karriere auf dem Spiel stehen könnte. "Das Polizeipräsidium Cambridge wird die Verantwortlichen - sofern es sie gibt - unverzüglich ausfindig machen. Momentan besteht kein Verdacht eines Zusammenhangs zwischen dem jetzigen Vorfall und dem Vergangenen. Die Ermittlungen haben aber bereits begonnen und deuten auf Brandstiftung hin. Ich werde Ihnen aber erst ein paar allgemeine Fragen stellen, wenn es Ihnen nichts ausmacht."
      Er sprach zu beiden, aber Vincent war derjenige, der ihm ausdrücklich die Erlaubnis erteilte. Daraufhin zog Henry sein kleines Büchlein hervor und klappte es auf.
      "Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie die letzten zwei Tage, wie Sie sagten, bei Herrn van Helsing residiert haben? Aus welchem Grund, wenn ich fragen darf? Haben noch mehr Leute bei Ihnen hausiert, Herr van Helsing? Wo waren Sie in der Zeit vor dem Tag des Feuers? Ist an dem Tag etwas ungewöhnliches passiert? Gab es ungewöhnliche Gerüche im Haus? Warum waren Sie zum Zeitpunkt des Feuers nicht Zuhause? Kann jemand bezeugen, wohin Sie gegangen sind?"
    • "Kein Grund zur Besorgnis," grunzte Vincent kopfschüttelnd. "Ich war nicht besorgt, bis ich aus einem Fenster springen musste."
      Mit einem genervten Wink ließ er den Polizisten seine Fragen stellen. Der Mann war ja schlimmer als Thomas, wenn es um die Physiologie eines Vampirs ging. Vincent schwirrte tatsächlich der Kopf.
      "Langsam, langsam, Mann, da kommt ja keiner mit," beschwerte er sich. "Ja, ich war bei Thomas. Ich hatte ihn zu mir nach Harker Heights eingeladen, damit er mal ein bisschen rauskommt - Sie wissen schon: wegen dem Mord in seinem Haus. Als er dann wieder hier her zurück wollte, da bin ich mitgefahren. Warum? Weil mir der Sinn nun einmal danach stand. Ich habe eigentlich mit dem Gedanken gespielt, ein paar neue Bücher für meine Sammlung zu erwerben, wenn ich schon einmal hier bin. In Thomas Haus bin ich geblieben, weil..."
      Er warf einen Blick zu Thomas und seufzte mitfühlen, bevor er dem Mann auf freundschaftliche Weise das Knie tätschelte.
      "Seine Verlobte und er hatten einen Zwist, der in der Auflösung besagter Verlobung endete. Also haben wir uns den ein oder anderen Drink gegönnt," noch ein Blick zu Thomas, "Na schön, ich habe mir den ein oder anderen Drink gegönnt. Ich weiß nicht genau, wann ich ins Bett gegangen bin, aber das müssen die frühen Morgenstunden gewesen sein, oder, Thomas?"
      Vincent tat so, als denke er angestrengt nach, fand aber keine Antwort auf die Frage.
      "Aufgewacht bin ich dann, weil ich keine Luft mehr bekam, das Gästezimmer, in dem ich mich aufhielt, in Flammen stand, und ich drohte, bei lebendigem Leibe gegrillt zu werden!"
      Lord Harker kämpfte um seine Fassung, rang mit seiner Wut über die Gesamtsituation. Schlussendlich beschwichtigte er sich selbst mit einem weiteren Schluck von seinem Drink.
      "Ein Teil meines Hausstandes war im Van Helsing Anwesen. Meine Haushälterin kann Ihnen dazu mehr sagen. Eine Leihgabe an Thomas meinerseits. Ein so großes Haus kann man ja gar nicht allein handhaben und nachdem Beth..." wieder tätschelte er Thomas' Knie, wieder tat es Vincent im Herzen weh, dass er keine echte Anteilnahme zeigen konnte, "Ich hatte Personal in Thomas' Haus."
      Vincent stand auf und ging zurück zu seiner Minibar, auch wenn sein Drink noch nicht leer war - und er nicht vorhatte, sich einen neuen zu machen. Das war alles Teil des ruhelosen Lords, den er da spielte. Lord Harker hatte ja schon im gesunden Zustand gegenüber Henry nicht stillsitzen können. Jetzt spielte er die gleiche Rolle, allerdings mit noch mehr Emotionen als nur distanzierter Wut. Dieses Mal war der Lord selbst betroffen, dieses Mal waren es neben der Wut auch Angst und Schock, die sein Verhalten informierten. Und so stellte Vincent sicher, dass seine Hand ein wenig zitterte, als er sie das nächste Mal hob, um sich einen Schluck zu gönnen, positionierte sich aber so, als wollte er nicht, dass die beiden Polizisten es sahen - obwohl das Gegenteil sein Ziel war.
      "Thomas hat mich gefunden, auf seinem Rasen. Ich äh... ich muss gestehen, ich erinnere mich nicht an viel nach meinem Sprung..."
      Ein kurzer Moment der scheinbaren Schwäche, als sich Lord Harker an den Schmerz zurückerinnerte, an den sich Vincent nicht erinnern konnte. Dann räusperte sich der Lord, richtete sich wieder gerader auf und wandte sich den Polizisten wieder zu.
      "Meine neuerlichen Rückenschmerzen sollten ja aber wohl Beweis genug sein. Thomas hat mich dankenderweise versorgt und leistet auch weiterhin gute Arbeit in meiner Behandlung. Thomas, mein Guter, ich könnte es vollkommen verstehen, wenn du aus diesem Tümpel der Gewalt entkommen willst. Lass es mich wissen und ich stelle dich sofort als meinen Leibarzt ein."
      Und schon waren die Samen für Thomas' plötzlichen Umzug nach Harker Heights gesät - sollte sich der Mann dazu entscheiden, bei Vincent einzuziehen, selbstverständlich.
    • Beide Polizisten machten sich ihre Notizen, der eine mal mehr als der andere. Henry hielt meist den Augenkontakt, während Callaghan abwechselnd mal beide Männer betrachtete oder die Einrichtung studierte. Er sagte die ganze Zeit über kein Wort, dabei konnte der Polizeichef wohl kaum einfach so mitgekommen sein.
      Thomas bemühte sich derweil, allzu normal - oder entspannt - oder traumatisiert zu wirken, was ihm vielleicht gelang, aber aus dem Ruder zu laufen drohte, weil Vincent ihm das Knie tätschelte. Thomas zuckte, nur ganz knapp, weil die Berührung freundschaftlich hätte sein sollen, aber auf gewohnte Weise intim war. Deswegen wollte er ja gerade nicht den Eindruck erwecken, Vincent näher zu stehen als ihre offizielle Freundschaft, war aber von der Berührung schon überfordert. War das nun zu viel? Konnten sie sich überhaupt dort berühren? War das zu auffällig? Kurz darauf musste er auch darum kämpfen, die Farbe aus seinem Gesicht zu halten, während er sich versteifte.
      Den Polizisten entging beides nicht. Ganz synchron schossen ihre Blicke zu Thomas, hinab auf die Hand auf seinem Knie und wieder zurück zu Vincent.
      Es war Callaghan, der sich eine Notiz machte.
      Ansonsten hatte Vincent alles mehr als im Griff. Thomas musste nur wahrheitsgemäß ein paar Lücken füllen, was ihm auch nicht schwerfiel. Eigentlich war es sogar ganz angenehm, dass sie dieser Befragung zu zweit antraten. Vincent dachte sogar daran, Thomas einen Grund zu schaffen, bald nicht mehr in Cambridge zu wohnen.
      "Ich wünsche eine gute Besserung an dieser Stelle, Lord Harker. Für Sie natürlich auch, Herr van Helsing."
      Thomas nickte nur knapp, daraufhin überflog Henry seine Notizen.
      "Das heißt, Sie haben Lord Harker auf Ihrem Rasen ausgemacht? Können Sie den Hergang beschreiben?"
      "Ich bin nachhause gekommen, habe die Tür geöffnet und wurde von einer Druckwelle erfasst. Das Feuer hat sich im Erdgeschoss ausgebreitet, deswegen bin ich um das Haus herumgelaufen und", eine Wand emporgeklettert, "..... habe Lord Harker gefunden."
      Callaghan fixierte ihn mit Argusaugen, während Henry schrieb.
      "Auf dem Rasen?"
      "Ja."
      "War er bei Bewusstsein?"
      "Kaum."
      "Was haben Sie danach getan?"
      "Ich habe ihn mit in meine Kutsche genommen und hergebracht."
      "Warum nicht in ein Krankenhaus?"
      Da stutzte Thomas ungespielt und runzelte die Augenbrauen.
      "... Weil ich Arzt bin."
      "Sicher, aber Sie hätten ihn auch in einem Krankenhaus behandeln können."
      "Dort gibt es genauso Betten wie hier, sogar kleinere. Außerdem bin ich nicht im Krankenhaus angestellt, ich habe eine Praxis."
      "Sie hätten ihn dorthin bringen können."
      "Dort gibt es aber kein Bett, dann hätte ich ihn hinterher ja doch wieder herbringen müssen. Das sind nur unnötige Komplikationen."
      Beide schrieben.
      "Was konnten Sie bei der Behandlung feststellen?"
      "Das sind vertrauliche Informationen, die ich nicht herausgeben werde."
      "Natürlich - lassen Sie mich die Frage umformulieren: Gab es ungewöhnliche Beschwerden, die nicht vom Feuer oder vom Sprung aus einem Fenster hätten kommen müssen?"
      "Nein. Nichts dergleichen."
      Beide schrieben.
      "Gut, das wäre zunächst alles."
      Ohne Unterbrechung war es diesmal Callaghan, der mit kratziger Stimme fortfuhr.
      "Sie hatten etwas von einer Verlobten gesagt; Darcy Brooks, ist das richtig?"
      "Ja."
      "Sie sind nicht mehr verlobt?"
      "Nein."
      "Wie kam es zur Trennung?"
      Thomas' Blick huschte nur ganz kurz zu Vincent, auch wenn er es zu vermeiden versucht hatte.
      "Beidseitige Interessensabwendung, würde ich sagen."
      "War sie zum Zeitpunkt des Feuers oder noch am selben Tag im Haus?"
      "Nein."
      "War sie in der Zeit vor besagtem Tag im Haus?"
      "Ja."
      "Wann?"
      "... Einen Tag zuvor."
      "Weshalb?"
      "... Um abgeholt zu werden."
      "Von?"
      "... Ihrem Bruder."
      "Mh-hm."
      Callaghan schrieb, aber was auch immer es war, Thomas konnte einfach nicht erahnen was.
      "Wie würden Sie sagen, hat er Ihre gemeinsame Trennung aufgefasst?"
      "... Schlecht."
      "Wie kommen Sie darauf?"
      Thomas öffnete den Mund, um zu antworten, befand aber in derselben Sekunde, dass es keine gute Idee wäre, das Gespräch versuchen zu rekapitulieren. Es war hauptsächlich darum gegangen, dass Vincent ein Vampir war und dass Stephen ihnen beiden vorwarf, etwas miteinander zu tun zu haben. Beides war nichts, was er hier den Polizisten eröffnen wollte.
      Er war auf Vincent angewiesen. Er schickte dem Mann einen Blick, den der andere Gott sei Dank auch verstand und anfing, eine Geschichte aufzutischen, die völlig aus der Luft gegriffen war. Er war allerdings nicht weit, da fiel ihm der grimmige Polizist ins Wort.
      "Lord Harker, ich freue mich sehr über Ihr Engagement, aber ich hätte diese Frage gerne von Herrn van Helsing beantwortet. Sie können gerne ergänzen."
      "....... Ich erinnere mich nicht gut."
      "Dann sagen Sie nur, an was Sie sich erinnern."
      "Ihr Bruder hat Darcy abgeholt, dann sind sie gefahren."
      "Mehr nicht?"
      ".... Nein."
      "Wie lange schätzen Sie war ihr Bruder da?"
      ".... Eine Viertelstunde vielleicht."
      "Und da erinnern Sie sich sonst an nichts?"
      Hilfesuchend sah er wieder Vincent an, aber das schien Callaghan wohl genug zu sein. Er kritzelte sich etwas auf und fuhr gleich schroff fort.
      "Die Nachbarn berichten von Schüssen, die gefallen sind, etwa zur selben Zeit, als Ihr Haus niedergebrannt sein muss. Im Garten, nahe der Hausecke, gibt es ein Einschussloch im Rasen, in dem sogar noch die Kugel gesteckt hat. Die zugehörige Waffe fehlt."
      Die Augen des Mannes blitzten auf, ein siegessicheres Funkeln, als er Thomas endlich in eine Ecke drängen konnte. Er klappte sogar sein kleines Büchlein zu.
      "Die Frage werde ich Lord Harker ersparen, denn nach Ihrer beider Aussage war er nicht gut genug bei Sinnen. Haben Sie irgendetwas zu diesen beiden Tatsachen zu sagen, Herr van Helsing?"
    • Vincent brach in schallendes Gelächter aus, kaum hatte Callaghan seine kleine Frage gestellt. Doch an seinem Lachen war nichts amüsiertes. Viel eher spiegelte sich darin all die gängige Arroganz eines Lords wider. Eines sehr angefressenen Lords.
      Er vollendete seine Aufführung damit, dass er sein Glas auf seinen Schreibtisch hämmerte.
      "Mister Callaghan," begann er und ignorierte dabei vollkommen den Rang des Mannes als Polizeichef. "Ich weiß, hier in England ist es nicht Gang und Gebe, die Polizei mit Schusswaffen auszustatten, daher gestatte ich Ihnen ein bisschen Unwissenheit. Nora! Meine Waffe, bitte!"
      Kurz nach Vincents Gebrüll eilte Nora ganz artig herein und präsentierte eine auf Hochglanz polierte Holzkiste, in der Thomas Pistole lag, die Vincent jetzt als die seine ausgab. Er öffnete die Kiste und holte die Pistole heraus. Um den Polizisten im Raum keinen Herzinfarkt zu verpassen, tat er dies langsam und hielt seine Finger vom Abzug fern.
      "Was die Nachbarn gehört haben, war meine Waffe. Wissen Sie, Schwarzpulver entzündet sich manchmal, wenn es zu heiß wird. Wir können von Glück sagen, dass niemand außer dem guten Rasen getroffen wurde."
      Er reichte Callaghan die Waffe, damit dieser sie inspizieren konnte. Tatsächlich fehlten zwei Kugeln und die Waffe sah aus, als sei sie einem Feuer entkommen.
      "Und bevor Sie fragen, Henry: Ich habe mir eine Waffe zugelegt, weil diese Stadt offenkundig alles andere als Sicher ist mit ihren Morden und Brandstiftungen. Zugegeben, mit einer Pistole bin ich weniger geschickt als mit einem Jagdgewehr, aber letzteres passt nicht so gut in meinen Mantel, wenn ich das Haus verlasse."
      Er wandte sich wieder an Callaghan, sein Blick eisiger als zuvor.
      "Glauben Sie ernsthaft, dass ein Arzt - die ja bekanntlich einen Eid leisten, niemanden zu verletzen - sein eigenes Haus anzündet, um einen Lord umzubringen, nur um dann auf ihn zu schießen, weil er aus dem Fenster gesprungen ist? Oder glauben sie, dass eine Dame aus Manchester zu so etwas in der Lage ist? Himmel, kein Wunder, dass Sie hier keine Fälle aufklären, wenn das Ihre Schlussfolgerungen sind!"
      Als Vincent zum Sofa zurückkehrte, schwankte er ordentlich und hielt sich prompt an der Lehne fest. Es war Zeit, diese beiden Polizisten aus seinem Haus zu kriegen. Er kniff sich in den Nasenrücken, spielte den Schwerverletzten, der sich überanstrengte - was nur teilweise gelogen war.
      "Sie sind jetzt zum wiederholten Male in mein Haus gekommen, um meine Freunde Straftaten zu bezichtigen, denen sie eindeutig zum Opfer gefallen sind. Wie wäre es, wenn Sie einmal in Ihrem Leben ordentliche Polizeiarbeit leisten und tatsächlich die Täter aufspüren!"
      Lord Harker redete sich weiter und weiter in Rage, trieb seinen Blutdruck in Höhe.
      "Sie arbeiten besser schnell, bevor ich mich dazu entscheide, Ihre lächerlichen Karrieren zu vernichten!"
      Und schon hatte Lord Harker einen kleinen Schwächeanfall, der ihn beinahe zu Fall gebracht hätte, wären da nicht die starken Arme seines besten Freundes und Arztes gewesen, die ihn rechtzeitig auffingen.
      "Verschwinden Sie aus meinem Haus!" fauchte Lord Harker. "SOFORT!!!"
    • Thomas war bereits in Schweiß ausgebrochen. Es gab keine Chance, dass er sich daraus irgendwie herausreden könnte. Es gab einfach keinen Schlupfwinkel, in den er sich hätte zurückziehen können. Dieses eine Mal hatte Callaghan gewonnen. So oft hatte er sich schon mithilfe seiner Alibis und Darcys Bekannten herausgeredet, aber dieses Mal hatte er gewonnen. Es gab keine Darcy mehr und auch keine Alibis.
      Aber es gab Vincent. Vincent, der Thomas nicht einmal die Blöße einer Verzögerung gestattete und sich stattdessen mit der Erfahrung eines 200 Jahre alten Lords in den Vordergrund warf. Der auch die beiden Polizisten nicht einmal mehr zu Wort kommen lassen ließ, während er ihnen mit spielender Leichtigkeit seine Geschichte auftischte. Der sämtliche Argumente aushebelte, als wären die Polizisten das Orchester und er der Dirigent, der den Takt vorgab. Nicht andersherum.
      Zum Schluss dieser Tirade, die sich so sehr in die Höhe steigerte, dass nicht nur den beiden Männern, sondern auch Thomas die Augen groß wurden, erreichte er schließlich seine eigene Grenze. Vor Thomas' Augen sackten seine Schultern ab und sein Gesicht wurde plötzlich käseweiß, so schnell, dass es nicht einmal eine ärztliche Ausbildung benötigte, um die Symptome zu erkennen. Wenn auch das gespielt war, war Vincent ein Meister des Theaters. Thomas war das aber für den Moment egal, denn er sprang gleich auf und war an seiner Seite, um den Mann mit einem sicheren Griff aufzufangen. Die beiden Polizisten fanden wohl kurz darauf den Moment angemessen, um ihren Rückzug anzutreten. Ihre Mienen waren eisern, erzwungen neutral, als sie aufstanden und unter dem tobenden Lord ihre Entschuldigungen murmelten. Nora war bereits da, um ihnen die Tür aufzuhalten, als sie wie geprügelte Hunde mit eingezogenen Schwänzen abzischten. Thomas achtete gerade genug auf sie, um die Tür zufallen zu hören.
      "Das war genug für heute. Genug Alkohol, ich ziehe meine Empfehlung zurück."
      Er lenkte Vincent in den Flur hinaus und von dort zur Treppe. Es war ihm ganz egal, ob es dem Mann gut ging oder nicht, er hatte jetzt keine Erlaubnis mehr, noch wach zu sein.
      "Ich lasse dich nicht im Salon schlafen. Nur die Treppe, komm, du schaffst das."
      Wenn seine Rückenverletzung nicht gewesen wäre, hätte Thomas ihn in die Arme genommen, aber so stützte er ihn, bis sie es ins Schlafzimmer geschafft hatten. Dort zog er ihn aus, so wie er ihm auch geholfen hatte, sich anzuziehen, und legte sich mit ihm ins Bett hinein. Er deckte Vincent zuerst zu, so dicht, wie es ihm möglich war, und zog ihn dann behutsam an seine Brust, um seinen Scheitel zu küssen.
      "... Du bist unglaublich, Vincent. Ohne dich hätten sie mich verhaftet. Womit habe ich dich nur verdient?"
    • Vincent funkelte die Polizisten sogar noch durch das Fenster an - auch wenn er sie überhaupt nicht mehr sehen konnte, dank seiner noch immer kaputten Augen. Mit nur einem Ohr konnte er auch nur erahnen, wann sich ihre Kutsche entfernte. Viel mehr verriet ihm aber Noras Aufatmen draußen im Foyer, das er sehr wohl hörte. Kaum nahm Vincent das war, kicherte er und schlang einen Arm um Thomas.
      "Ich glaube, ich hätte diesen Henry beinahe dazu gebracht, sich in die Hosen zu machen," lachte er, als Thomas ihm die Treppen hinauf half.
      Kraft hatte er dafür - auch wenn sich Thomas nicht so benahm. Er brauchte den anderen Mann eigentlich nur, um nicht schon wieder gegen irgendetwas zu rennen. Zum ersten Mal in Vincents langem Leben verfluchte er seinen Hang zur Dekoration.
      Er ließ sich schwer auf dem Bett nieder, dankbar dafür, wieder schlafen gehen zu können, auch wenn es nur noch ein paar wenige Stunden sein würden. Das Schauspiel hatte ihn durchaus erschöpft. Also ließ er sich gern von Thomas aus seinem Hemd und seinen Hosen helfen, bevor er sich hinlegte. Unter der Decke war es ihm aber immer noch zu warm, gesunkenes Fieber hin oder her.
      "Ich kann ziemlich besitzergreifend sein, Thomas, das weißt du doch. Als ob ich dich mit ein paar Kriminellen im Gefängnis teilen würde. Soweit kommt's noch."
      Vincent machte es ich an der Brust seines Liebsten bequem. Das sanfte Schlagen von Thomas' Herz zauberte ihm ein sanftes Lächeln auf die Lippen, als ihm die Augen zufielen. Er ließ es zu.
      "Ich würde alles tun, um dich zu beschützen," murmelte er leise, bevor der Schlaf ihn wieder übermannte.

      Am Abend saß Vincent auf dem Rand der Wanne und sah dabei zu, wie das warme Wasser sich langsam seine Beine hinaufkämpfte. Länger hielt er es ohne ein Bad einfach nicht aus. Er hatte so viel geschwitzt - und tat es immer noch - dass er sich ganz klebrig fühlte. Und er roch auch immer noch ein bisschen geräuchert, was den Menschen ihm ihn herum vielleicht gar nicht auffiel, ihm aber dafür umso mehr, wann immer er nach Sonnenuntergang die Augen aufschlug.
      "Fühlt es sich so an, wenn man alt wird?" fragte er. "Ich würde lieber sterben, als nicht mehr richtig baden zu können."
      Normalerweise genoss er es, wenn Thomas ihm dabei half, sich zu waschen. Aber normalerweise war ja auch der Kontext anders. Heute fühlte er sich einfach nur nutzlos. Angenehm würde das Ganze auch nicht werden. Wenn er Glück hatte, blieb es bei langweilig und entwickelte sich nicht zu schmerzhaft.
    • Vincents Worte drangen direkt durch Thomas' Gehirn zu seiner Brust hinab. Es waren leise gesprochene Worte, fast so leise, dass sie an seiner Brust hätten untergehen können, aber Thomas konnte sie doch überdeutlich hören. Er fühlte sich dadurch geliebt wie von nichts anderem auf dieser Welt. Es war ein ganz warmes Kribbeln, das durch seinen Körper rann und ihn dazu veranlasste, Vincent ein Stück enger an sich zu drücken.
      "Das würde ich auch tun", flüsterte er zurück, da atmete der Mann bereits in einer Weise aus, die ihm ganz genau sagte, dass er eingeschlafen war. Zärtlich strich er ihm die Haare zurück, während er seinen schlafenden Freund beobachtete. In diesem Moment war ihm nichts so sehr wichtig wie der Mann in seinen Armen.
      "Ich liebe dich, Vincent Harker."
      Vincent seufzte leise. Da drückte Thomas ihm noch einen Kuss auf die Stirn, damit es ihn auch in seinen Träumen erreichen konnte.

      "Wir sind quasi fast gleich alt, nur bist du das länger als ich. Frag mich in 30 Jahren nochmal, wenn du mir den Rücken schrubben darfst."
      Vincent saß bereits in der Wanne, weil Thomas es nicht zugelassen hatte, dass er danebenstand und wartete. Das waren nunmal Dinge, die er sich gefallen lassen musste, wenn er sich von einem Arzt lieben ließ. Thomas' Fürsorge kannte bei Vincent keine Grenzen.
      "Außerdem fürchte ich, dass du tatsächlich sterben wirst, bevor du in den Genuss des hohen Alters kommst. Darüber solltest du dir aber mit deinen knackigen 200 Jahren noch keine Gedanken machen."
      Er krempelte sich die Ärmel hoch und setzte sich dann mit einem Badeschwamm bewaffnet neben die Wanne. Er hätte auch mit hineingehen können, aber so sehr er Vincent auch liebte, war der Schweiß der vergangenen Tage genug Arbeit für das Wasser, auch ohne seinen eigenen Körper. Dafür musste der andere sich der Tortur hingeben, von Thomas gewaschen zu werden. Ein hartes Schicksal, für das er kein Verständnis übrig hatte.
      "Keine Widerrede."
      Er fing mit seinen Beinen an, die er mit dem Schwamm mehr massierte, als dass er die wirklich wusch, machte mit seinen Füßen weiter und ging zu seiner Hüfte hinauf. Als er seinen Schambereich erreichte, ließ er sich sogar extra Zeit. Natürlich rein aus hygienischen Gründen und nicht etwa, weil er Vincent dabei beobachtete.
      "Was macht dein Fieber? Immernoch heiß?"
    • Vincent zuckte mit den Schultern - und bereite es sofort. Die verbrannte Haut auf seinem Rücken spannte von Tag zu Tag mehr. Jede Bewegung zog daran und wenn er sich ein bisschen zu weit in diese oder jene Richtung beugte, raste ein brennender Schmerz durch seinen gesamten Körper, als stünde er wieder am helllichten Tag vor einem brennenden Haus. Es war nervenaufreibend.
      "Ich glaube schon. Ich kann das nur schwer beurteilen, aber heiß ist mir immer noch, also gehe ich davon aus, dass ich auch immer Fieber habe."
      Er seufzte und streckte Thomas das andere Bein hin - eine der wenigen Bewegungen, die ihm nicht wehtat, wenn man einmal von den Verbrennungen auf der Oberseite seiner Füße absah. Selbstverständlich hatte er barfuß geschlafen. Er konnte nur froh sein, dass er sich ein paar Pyjamahosen angezogen hatte, bevor er eingeschlafen war, andernfalls würde er noch viel lauter jammern.
      Vincent betrachtete einen der Schnitte an seinem Unterarm. Seine Verletzungen würden heilen - selbst die Verbrennungen würden in zwei Wochen verschwunden sein - und keinerlei Spuren hinterlassen. Aber bis dahin war es ein weiter Weg. Das war der Preis, den er dafür zahlte, seiner Natur zu widerstehen. Das und die Magenkrämpfe jeden Abend nach dem Aufwachen.
      "Es ist erniedrigend," seufzte er. "Nicht, dass ich deine Hilfe brauche, damit kann ich mich abfinden. Aber dass ich so schwach bin..."
      Er schüttelte den Kopf, kratzte an dem Schnitt herum, bis der Schorf abkam. Er hinderte seinen Körper daran, die kleine Wunde sofort wieder heilen zu wollen und betrachtete stattdessen den winzigen Tropfen Blut, der sich bildete. Wenn man es mal runterbrach, dann endete alles immer wieder genau hier.
      "Le sang est la vie et la vie est le sang. Nés dans la lumière, nous recherchons les ténèbres..."
    • Verdutzt sah Thomas einen Augenblick zu Vincent auf, bevor er dazu überging, seinen Bauch zu waschen. Vincent und schwach?
      Ich hoffe mal, dass das nur als schlechter Scherz gemeint war.
      Weil dem nicht so war, ließ Thomas von seinem weiteren Schrubben ab und drehte sich Vincent vollständig zu.
      Hast du mich etwa schwach gefunden, als ich vor ein paar Wochen fast zu Tode erfroren an deiner Tür aufgetaucht bin und du die halbe Nacht mit mir im Bad verbringen musstest, damit ich mich wieder aufwärme? Oder als ich mir wegen diesem James meinen eigenen Stacheldraht eingefangen habe? Oder ich mich, vor nichtmal zwei Wochen, nicht getraut habe, mit gebrochenen Rippen wieder einzuschlafen?
      Er hob die Hand an Vincents Wange und hielt ihn fest, zwang ihn dazu, in seine Augen zu sehen.
      Vincent, du bist der stärkste Mann, den ich kenne. Wenn du nicht auch etwas hättest, was dich genauso in diese Badewanne verbannt, damit ich mich um dich kümmern kann, könntest du gar nicht stark sein. Das gehört alles mit dazu.
      Eindringlich sah er ihn an, dann nahm er die Hand wieder weg, nahm den Schwamm erneut auf und lächelte.
      Außerdem würde ich dann Komplexe entwickeln. Ich kann doch nicht immer der einzige sein, der sich vom anderen verhätscheln lässt. Da hast du schon einen ganz persönlichen Arzt bei dir zu Hause und willst es gar nicht richtig auskosten.
      Er schnippte ins Wasser, damit die Tropfen in Vincents Gesicht spritzten.
      Jetzt lehn dich ein Stück nach vorne, damit ich dir den Rücken waschen kann. Wenn du ganz artig bist, bekommst du auch eine Belohnung dafür.
    • Vincent seufzte und lehnte sich wie befohlen nach vorn. Er schloss die Finger um die Ränder der Wanne in Vorbereitung auf das, was gleich kommen würde.
      Thomas verstand es nicht. Wie konnte er auch? Er wusste nicht, wie es sich anfühlte, zu wissen, dass man diese Schmerzen nicht erleiden musste. Zu wissen, dass es einen ganz einfachen Ausweg gab. Zu wissen, dass man zu weit mehr fähig war, als man sich selbst erlaubte. Er kannte den Schmerz des Hungers nicht. Er kannte den Rausch der Macht nicht. Für ihn war Blut nichts weiter als eine Flüssigkeit, die in den Körper gehörte. Ein winziger Aspekt seiner Existenz. Aber für Vincent war dieser Aspekt nicht klein. Er war allumfassend, bestimmte jede Sekunde seines Lebens.
      Mit grimmer Entschlossenheit starrte Vincent auf den kleinen Tropfen Blut auf seinem Arm, konzentrierte sich darauf anstatt auf den Schmerz in seinem Rücken, in seiner Kehle, in jedem Zentimeter seines Körpers. Ihm war die Belohnung vollkommen egal - es würde sowieso nicht das sein, wonach es ihn tief im Kern seines Seins verlangte.
      Es war nicht Thomas' Fehler. Der Mann tat sein Bestes, ihn bei Laune zu halten. Aber Vincent konnte diese dunkeln Gedanken einfach nicht davon abhalten, seinen Verstand zu dominieren. Und so schwieg er, während Thomas ihm aus der Wanne half, ihn abtrocknete, ihn verarztete und dann wieder ins Bett verfrachtete wie ein wehrloses Kind, das nicht auf sich selbst aufpassen konnte.
      Vincent rollte sich augenblicklich auf den Bauch und vergrub das Gesicht tief in einem Kissen, ließ sich auch von außen von der Dunkelheit umhüllen. Vielmehr konnte er ja sowieso nicht tun, kaputt und schwach wie er war.
    • Den Rest des Bades war Vincent schweigsam, trotz Thomas' Versuche, ihn aus seinem plötzlich gewebten Kokon zu locken. Er ließ den behutsamen Schwamm auf seinem Rücken mit sturer Steifheit über sich ergehen und protestierte nicht einmal, als Thomas den Wunsch äußerte, ihm die Haare zu waschen. Er schwieg und starrte fast stoisch auf seinen Unterarm, an dem er einen Tropfen Blut balancierte, der sich nicht lösen wollte.
      Thomas wusste nicht, woher diese plötzliche Melancholie rührte. Es wäre schließlich nicht das erste Mal gewesen, dass Vincent durch das Tageslicht beeinträchtigt geworden war, auch wenn es während ihrer gemeinsamen Zeit noch nie so schlimm gewesen war. Das war nunmal der Preis, den er dafür bezahlen musste, dass seine Knochenbrüche binnen eines Tages heilten und seine Wunden kaum lange genug offen bleiben, um ordentlich zu bluten. Das war der Preis dafür, dass er seit 200 Jahren 31 sein konnte.
      Dass es ihn trotzdem so sehr mitzunehmen schien, verstand Thomas nicht. Er, der vom einen auf den anderen Moment sterben konnte, weil sein Herz die Kraft verließ oder er auf der Treppe stolperte, der nicht einfach so seine Brüche heilen und Wunden verschließen konnte. Er hatte zwar keinerlei Interesse am vampirischen Lebensstil, aber wenn Tageslicht und Silber alles war, was ihm ernsthaft geschadet hätte, dann würde er keine solche Niedergeschlagenheit spüren. Es würde ihn sogar vermutlich ziemlich frei und glücklich machen.
      Vincent war aber fernab davon, als er ihm aus der Wanne half, die Salbe auftrug und den Verband um ihn wickelte. Er sprach kein Wort, als er ins Bett zurück kroch und sich in den Kissen vergrub, ungeachtet seiner Decke. Es war Thomas, der sich zu ihm legte, auf der Seite ihm zugewandt, ohne ihn wirklich zu berühren, und die Decke ordentlich bis zu seiner nackten Hüfte hochzog. Als der andere auch dann keine Anstalten machte, sich zu rühren, schob er die Finger zärtlich durch seine Haare.
      "Möchtest du darüber reden? Oder möchtest du, dass ich lieber still bin und dir deine Belohnung gebe?"
    • Den Kopf hob er zwar nicht, aber er wandte sein Gesicht trotzdem Thomas zu. Diesem wundervollen Mann, der ihn nicht in Ruhe ließ, egal wie mies er drauf war, egal wie schlecht es ihm ging.
      Vincent seufzte.
      "Ich weiß nicht, was ist los ist," gestand Vincent offen. "Ich schätze, ich bin es einfach nicht gewohnt, dass mir meine Sterblichkeit so deutlich vor Augen geführt wird. Es ist als ob alles so viel deutlicher schlecht ist. Es passiert einfach alles auf einmal und aus Mücken werden Elefanten und ich... ach ich weiß doch auch nicht."
      Wieder drückte er sein Gesicht in das Kissen. Er wünschte, sein Leben könnte wieder so einfach sein, wie vor all diesem Chaos. Nur Thomas, den wollte er nicht missen.
      "Sag mir, dass das alles vorüber gehen wird," nuschelte er durch den Stoff hindurch.
    • Thomas brummte nur ein wenig und schob vereinzelte Strähnen aus Vincents Stirn. Diese hübschen, blauen Augen sahen mit einer Niedergeschlagenheit zu ihm auf, die ihn mehr als alles andere mitnahm. Vielleicht gewöhnte man sich ja irgendwann daran, nicht sterben zu müssen. Vielleicht gab es einen Punkt in einem 200 Jahre alten Leben, in dem es nicht mehr neu und aufregend war, dass Knochenbrüche verheilten und Wunden sich schlossen und die einzige Unannehmlichkeit des Sonnenlichts und des Silbers in den Vordergrund rückte. Dann stand es vielleicht nicht mehr im Vordergrund, was einem alles möglich war, sondern was einem nicht möglich war, dass draußen die Welt lebte, während man selbst schlief und die Sonne, die andere zum blühen brachte, feurig und verheerend für einen war. Wenn dann auch noch ein Schmerz dazu kam, der sich nicht einfach von dem einen auf den anderen Moment löste, konnten vielleicht Lebensängste auftreten. Zum ersten Mal in mehreren Jahrzehnten. Wenn man sich doch schon ans Gegenteil gewöhnt hatte.
      Vincent drehte den Kopf wieder von ihm weg und Thomas ließ seine Finger dafür seinen Hals hinabgleiten und streich seinen unbandagierten Oberarm entlang.
      "Es wird vorüber gehen. Aus ärztlicher Sicht und auch aus normaler. Deine Brandblasen sind schon zurückgegangen und es blutet nicht mehr. Bei dem Tempo schätze ich, dass es dir in zwei Wochen wieder gut gehen wird."
      Er fuhr mit den Fingern nach unten und wieder nach oben, kleine, unsinnige Muster.
      "Und dann wirst du längst wieder auf Harker Heights sein, wo es sicher ist und wo es ein Dutzend Leute gibt, die darauf aufpassen, dass du dem Sonnenlicht nicht zu nahe kommst. Dort gibt es keine Stephens mehr, die dir auflauern könnten, und erst recht keine Vlads, wenn du sie nicht hereinlässt. Dort gibt es nur dich und deine Bücher und deine Studien und dein Klavier. Und mich, wenn du mich willst. Als Arzt oder als Freund oder als Geliebten, wie auch immer du mich haben willst. Oder als Reisebegleitung. Vielleicht würde dir ein Tapetenwechsel ganz gut tun? Mal herauskommen aus Harker Heights und aus Cambridge? Vielleicht nach London? Oder ins Hinterland, wo niemand da ist, um dich zu belästigen?"
    • Unter Thomas sanften Berührungen verzogen sich die Wolken in seinem Kopf langsam. Nicht vollständig, aber der Sturm zog weiter, anstatt ihn mit voller Macht zu treffen.
      "Frankreich. Die Bretagne. Wunderschöne Küsten, wenige Menschen, niemand, der uns stört. Die schottischen Highlands. Wir könnten in die neue Welt reisen! Seit sie die transkontinentale Bahnlinie in 69 fertiggestellt haben, wollte ich mit der schonmal durch das Land fahren und mir alles anschauen."
      Er warf sich auf die Seite, um Thomas anlächeln zu können.
      "Wir könnten die ganze Welt bereisen! Ich sammle Bücher, du medizinische Erfahrung... Niemand kennt uns, niemand will irgendetwas von uns."
      Allein der Gedanke an so viel Freiheit und Ungestörtheit beflügelte Vincent auf eine Art, die er so gar nicht kannte. Was war denn nur los mit ihm heute? Ach, das spielte überhaupt keine Rolle!
      "Nur du und ich. Uns steht die ganze Welt offen!"
    • Thomas lachte leise, als Vincent so plötzlich wieder von seinen Lebensgeistern gepackt wurde. Das war es also, die große, wirkliche Schwäche, die der Mann hatte: Seine Reisen. Oder vielleicht auch Frankreich? Die Gelegenheit, ausländische Bücher in die Hände zu bekommen?
      "Frankreich? Möchtest du das?"
      Er hatte selbst noch nie darüber nachgedacht, England zu verlassen, nicht einmal für potentielle Reisen. Wieso sollte er auch? Er hatte eine Praxis, er hatte eine Familie und eine Partnerin. Er konnte England noch nicht einmal für lange verlassen.
      Aber das gehörte jetzt der Vergangenheit an. Beth war gestorben, der Friedhof gefüllt mit van Helsings, die Praxis bestand, aber sein Haus dafür nicht mehr. Seine Partnerin war jetzt ein Partner, der genau neben ihm lag und ihn mit den hellsten, glücklichsten Augen ansah, die Thomas lange schon vermisst hatte. Wieso eigentlich nicht? Was sollte ihn davon abhalten, mit Vincent nach Frankreich zu fahren? Die Welt zu bereisen?
      In jedem Fall wusste er, dass es unheimlich schön war, den Mann so lächeln zu sehen.
      "Wenn du willst, fahren wir überall hin, wohin du nur möchtest. Frankreich, Schottland, Amerika, was es auch ist. Nur du und ich. Versprochen."
    • Vincents Lächeln wurde noch breiter, als er Thomas eine Hand über die Wange in die Haare schob und ihn für einen wilden Kuss an sich zog. Er lehnte seine Stirn an Thomas', die Augen geschlossen, das Lächeln noch immer auf seinen Lippen.
      "Das ist der Punkt, an dem ich mich für meine seltsame Laune entschuldige," raunte er, und küsste Thomas auf die Nasenspitze.
      Dann ließ er von dem Mann ab und schob die Arme unter sein Kopfkissen.
      "Ich verrenne mich viel zu gern in Dingen. Offenkundig zählt das auch für etwas... melancholischere Momente. Ich schätze, ich mache diese Karussellfahrt mit meinen Launen nicht angenehmer. Das tut mir leid. Wir müssen natürlich nicht sofort losrennen, sei es nun nach Frankreich oder gleich über den Ozean. Aber irgendwann würde ich schon gern mit dir verreisen wollen. Ich könnte dir zeigen, wo ich aufgewachsen bin. Sobald ich es wieder richtig sehen kann, vorzugsweise."
      Vincent tastete nach Thomas' Hand und verschränkte ihrer beider Finger miteinander.
      "Kann ich jetzt meine Belohnung haben?" fragte er.
      Sein Lächeln verwandelte sich in ein neckisches Grinsen.
    • Vincents Grinsen wurde nur noch breiter, heller, glücklicher, kaum als Thomas ihm zugestand, mit ihm verreisen zu können. Wenn es nur immer so einfach wäre, er hätte ihn viel früher in eine solch losgelöste Stimmung gebracht. Aber natürlich wäre es früher nicht möglich gewesen, noch vor einem Monat wäre es noch undenkbar.
      Bereitwillig ließ er sich für einen Kuss heranziehen, den Vincent in seiner Euphorie vollständig dominierte. Thomas musste noch immer kichern, als der andere sich schließlich wieder löste und sich etwas beruhigt zu haben schien. Nur das Lächeln war noch da und das hübsche, charmante Glitzern, das in seinen Augen funkelte.
      "Vor deiner Genesung lasse ich dich sowieso nirgends hin, erst recht nicht über den Ozean. Und ich möchte auch nicht verreisen, bevor ich meine Angelegenheiten hier geregelt habe. Das versteht sich wohl von alleine."
      Er stützte den Kopf auf seiner Hand auf, selig lächelnd.
      "Aber es wäre mir eine große Ehre, deine Heimat kennenzulernen. Du wirst sicher mehr über Frankreich wissen als alle Geschichtsschreiber zusammen."
      Daran war er nun wirklich interessiert, alleine schon, um Vincent wieder so sehr zum Strahlen zu bringen, wie es gerade tat. Er konnte sich zwar nicht ernsthaft vorstellen, auch nach Frankreich zu ziehen, aber wenn es ihm schon half, seine Heimat nur zu besuchen, wollte Thomas unbedingt Teil davon sein. Er wollte von allem Teil sein, was Vincent in seinem Leben anstellte.
      Etwas zweideutiger erwiderte er das Grinsen.
      "Ach? Ich dachte, du wärst gar nicht in der Stimmung dazu."
      Aber wirklich, konnte er Vincent einen Wunsch ausschlagen? Er richtete sich auf.
      "Dann leg dich zurück auf den Bauch."
      Vincent gehorchte, das verschlagene Grinsen noch immer im Gesicht, vergrub sich aber dieses Mal nicht in den Kissen. Er machte es sich gemütlich und verharrte ganz brav, als Thomas den Platz der Decke einnahm, nur ohne sich auf dessen Rücken abzulegen. Er stützte sich ab und küsste Vincent auf die ihm zugewandte Wange.
      "Entspann dich, okay? Das ist alles, was du tun musst."
      Er gab ihm noch einen Kuss, dann setzte er ein Stück tiefer an und begann, sich Vincents Arme entlang zu küssen. Sein Rücken und die Schultern waren von den Bandagen verdeckt, daher gab es kaum genug Spielraum an seinem Oberkörper, dem sich Thomas eigentlich zugewandt hätte, aber die Arme taten es auch. Er übersäte sie mit dem weichen Hauch seiner Lippen, eine recht unerotische Angelegenheit, die rein dazu diente, Vincents Muskeln zu lockern. Als er mit dem Ergebnis zufrieden war, rutschte er erst tiefer und schob Vincents Beine ein Stück auseinander, um sich dazwischen niederzulassen.
      "Winkel das linke Bein an, ja? So weit, wie es geht."
      Vincent tat wie geheißen und offenbarte, dass er das Bein wirklich sehr weit anwinkeln konnte. Zugegeben, Thomas war vielleicht ein bisschen egoistisch bei diesem Wunsch, denn aus diesem Winkel konnte er alles von ihm sehen. Sein eigenes Glied fand das absolut bezaubernd.
      "Hmm. Du hübscher, hübscher Mann..."
      Er ergriff Vincents Hintern, spreizte ihn, wandte sich dann aber dem angewinkelten Bein zu, um festere, ordentliche Küsse auf der Unterseite seines Oberschenkels zu verteilen. Wie er es bereits mit seinen Armen gemacht hatte, küsste er sich der Länge nach an seinem Bein herab, schmeckte ihn an jeder Stelle, die er vor ein paar Minuten noch gewaschen hatte, und zog seine Spur wieder nach oben, um an dem anderen Bein weiterzumachen. Eine Hand ließ er beständig an Vincents Hintern, berührte ihn aber nicht. Er wollte ihn sehen und er wollte, dass Vincent genau wusste, dass er ihn sehen konnte. Alles weitere vermittelte er ihm mit seinen Küssen, mit einer wohlplatzierten Zunge an seiner Kniekehle und einem Biss in seinen Oberschenkel. Als er bald glaubte, Vincent in die richtige Stimmung gebracht zu haben, kam er wieder hoch und legte sich auf die Seite neben ihn.
      "Komm her, dreh dich weg von mir. Mit dem Rücken zu mir, wie es dir am bequemsten ist."
      Er wartete mit offenen Armen darauf, dass der Mann sich vor ihn legte, so eng, wie er es aushalten konnte. Die Decke war verschwunden, Thomas ließ einen offensichtlichen Blick über Vincents gesamte freigelegte Körperlänge wandern, bevor er den Arm um ihn legte und gezielt sein Glied umschloss. Lasziv ließ er den Daumen über seine Spitze kreisen, verteilte die Feuchtigkeit, die sich darauf sammelte.
      "Gut so?"
      Ganz langsam, langsam genug, dass Thomas sich dabei zu Vincent beugen und nach seinen Lippen verlangen konnte, begann er ihn zu massieren. Ein Bein schob er zwischen Vincents Beine, spreizte sie damit ein wenig.
      "Zeig mir, wie schön du bist, Hübscher."
    • "Wer sagt denn schon Nein zu einer Belohnung für etwas so einfaches, wie sich baden zu lassen, hm?" gab Vincent nur zurück, bevor er der Aufforderung folgte und sich auf den Bauch rollte.
      Er brauchte einen Moment, um es sich bequem zu machen - neue Verbände juckten fürchterlich! - dann wartete er auf was auch immer Thomas geplant hatte. Er war wirklich gespannt auf was auch immer diese Belohnung sein sollte, bedachte man seinen aktuellen Zustand. Ihm fehlte doch tatsächlich ein bisschen die Kreativität, sich das vorzustellen.
      Er schnurrte, als er Thomas' Wärme auf sich spürte - vorsichtig platziert, auf dass der Mann keine seiner Verletzungen ärgerte.
      "Wie anstrengend," kommentierte er lächelnd und ergab sich seinem ach so tragischen Schicksal.
      Er schmolz geradezu in die Laken, während Thomas ihn nach Strich und Faden verwöhnte. Irgendwann würden sie das wiederholen müssen. Irgendwann, wenn Thomas jeden Zentimeter seiner Haut zur Verfügung hatte. Das Bisschen, was er gerade zustande brachte, war schon gut, was würde er Mann dann erst anstellen, wenn er sich frei austoben durfte?
      Als Thomas ihn aufforderte, ein Bein anzuwinkeln, grinste Vincent. Jetzt hatte er zumindest eine Ahnung, wo das alles hinführen sollte. Also winkelte er sein Bein an. Wirklich. Thomas hatte überhaupt keine Ahnung, wie flexibel Vincent war. Er konnte mehr, als nur nach Büchern auf seinen Regalen angeln, wenn er es denn wollte. Der kleine Sprung in Thomas' Puls ließ ihn wissen, dass dem Mann gefiel, was er da zu Gesicht bekam.
      "Ich gebe mir Mühe," raunte er auf das Kompliment hin zurück.
      Sein vorheriges Schnurren wurde zu einem wohligen Brummen, als Thomas mit seiner Behandlung fortfuhr. Der Biss entlockte ihm das erste Stöhnen. Er wandte sein Gesicht ab, presste es in das Kissen und biss in den Stoff - harmlos, zumindest jetzt noch.
      Er grinste, noch immer mit dem Stoff zwischen den Zähnen, als sich Thomas wieder neben ihn legte. Nach einem Moment kam er der neusten Aufforderung ebenfalls nach und rollte sich auf die Seite, rutschte näher an Thomas heran, bis dessen Brust gegen seinen Rücken stieß. Kurz zuckte er zusammen, rutschte noch ein Stück weg, machte es sich wieder bequem. Er wollte näher an Thomas sein, als er konnte, und er für einen Moment kamen die dunklen Wolken zurück. Doch dann schlang Thomas einen Arm um ihn und die Wolken verschwanden wieder.
      Eine Mischung aus Keuchen und Kichern entkam ihm, als Thomas dann auch noch seine Hand um ihn schloss.
      "Sehr gut," gab er zurück und lehnte seinen Kopf in Thomas' Halsbeuge, um ihm wenigstens ein bisschen näher sein zu können.
      Da es nur sein Hinterkopf war, hoffte er einfach darauf, dass Thomas' Instinkte als Jäger ihm dieses kleine Zugeständnis machten. Offenkundig taten sie das, so wie Thomas sich um ihn wickelte. Vincent konnte nicht sagen, dass er sich beschwerte.
      Er schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Stellen, an denen Thomas ihn berührte, anstatt auf die, die er nicht berühren konnte. Er ließ sich von dem Geruch des Mannes umhüllen, zog ihn um sich zusammen wie einen Umhang.
      Thomas wusste genau, was er da tat und es dauerte nicht lange bis Vincent die ersten Töne von sich gab. Thomas spielte ihn wie ein Musikinstrument. Von wegen, der Mann hatte nur ein paar einzelne Stunden vor einer Ewigkeit gehabt.
      Vincent presste seine Hüften gegen Thomas' Schritt, fühlte welchen Effekt er nur mit seiner Stimme auf den Mann hatte, was ihn wiederum selbst neu beflügelte.
      "Thomas..." keuchte er und drehte den Kopf, bettelte leise um einen weiteren Kuss.
      Blind fischte er nach Thomas' freier Hand, legte sie auf seine Brust, wo er seinen Liebsten spüren wollte. Er konnte nicht alles von Thomas haben, aber er wollte so viel, wie er nur konnte. Diese Belohnung war definitiv seine liebste!
    • Das Bedürfnis, Vincents langgestreckten, butterweichen Körper einfach an sich zu drücken und den Mann viel mehr zu spüren, als in seiner lockeren Umarmung, war für Thomas fast unwiderstehlich. Er wollte Vincents Zucken am ganzen Körper spüren, er wollte fühlen, wie sich seine Haut erhitzte, wie sich seine Muskeln anspannten. Das hier war viel zu wenig und es glich einem körperlichen Akt, nicht einfach nachzugeben.
      Aber hier ging es nicht um ihn, hier ging es nur um Vincent, der sich langsam in seinen Armen räkelte, sich seiner Bewegung entgegen drückte und leise seufzte. Es war trotzdem wunderschön. Thomas hatte es kein bisschen eilig, während er seinen Freund in langsamen Zügen verwöhnte, die Nase in seine Haare presste, während der andere sich gegen ihn lehnte, seine kleinen Geräusche genoss. Vincents Mund fiel auf und Thomas richtete sich ein Stück auf, um ihm gegen sein Ohr zu hauchen. Er beobachtete, wie Vincents Miene sich in sanfte Lust verwandelte.
      "Mein hübscher, hübscher Mann... du siehst zum Anbeißen aus, wenn du so hart bist...", raunte er ihm leise ins Ohr, brachte Vincent damit, seinen Namen zu keuchen. Bereitwillig schob er sich ein Stück über ihn, verwickelte ihn in einen Kuss, bei dem sich ihre Zungen umschlungen. Vincent keuchte noch mehr, erschauderte, als Thomas sein Handgelenk drehte, ihn so fest packte, wie der andere es am liebsten hatte. Ohne Unterbrechung küsste er sich von seinen feuchten Lippen herab, saugte an seinem Hals unter dem Kiefer, schob sich wieder nach oben, um sein Ohrläppchen zwischen die Zähne zu nehmen. Er stellte ebenfalls sicher, die empfindliche Stelle hinter seinem Ohr zu küssen.
      "Du bist so unwiderstehlich, Vincent... du reizender Mann. Komm für mich. Lass mich dich hören, lass mich sehen, wie gut es sich anfühlt..."