In his Thrall [Codren feat. Pumi]

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    • Vincent seufzte. Wirkliche Antworten hatte er keine erhalten, nur weitere Beleidigungen seiner Sammlung.
      "Mit dem heißen Brei meinte ich das, was Sie als Verwandschaftsbeziehungen bezeichnen, Miss Melbwin. Meine Haushälterin gehört schon länger zu mir, als man ihr anmerken möchte. Man verrät das Alter einer Dame nicht, daher verweigere ich eine Aussage über die exakte Dauer dieses Arbeitsverhältnisses. Nächste Frage: Was meinen Sie mit 'dem Ganzen'? Ich kam her, weil ich meine Sammlung erweitern wollte, nicht weil ich mich in etwaige Streitigkeiten um Territorien einmischen will. Meines Wissens nach ist Cambridge nie beansprucht worden, offenbar lag ich da falsch, ich entschuldige mich dafür. Ich werde in einigen Tagen bereits wieder verschwinden, also machen Sie sich um meine Anwesenheit keine allzu großen Sorgen. Zumal ich hinter mir immer ordentlich aufräume. Es wäre vielleicht gut, wenn Sie ihren Anspruch auf Cambridge und Umgebung offiziell geltend machen, damit es nicht noch einmal zu lochen Missverständnissen kommt."
      Damit war dieses Gespräch für Vincent weitestgehend beendet. Dennoch rückte er nicht von der Tür ab, gab der Frau Zeit, zu antworten. Denn, so gern er das hier auch beenden wollte, so sehr war er doch auch daran interessiert, wie viele andere Vampire sich hier noch so herumtrieben. Normalerweise fand man selten mehr als zwei, vielleicht drei im gleichen Territorium und das auch nur, wenn einer gerade einen Neoniten einwies, sozusagen den Nachwuchs unterrichtete, bis dieser flügge war und sich sein eigenes Territorium suchte. Aber irgendetwas sagte Vincent, dass sich hier ein ganzes Nest verbarg. Was äußerst ungewöhnlich war, gerade angesichts der Van Helsings. Er konnte durchaus die Logik dahinter verstehen, Kuckuckei und so weiter. Aber ein ganzes Nest vor den Augen eines Van Helsings zu verbergen grenzte da doch schon an ein Wunder. Nester verbargen sich in Großstädten, wo viel gestorben wurde, und selbst dort mussten sie regelmäßig umziehen oder weite Wege durch die Stadt zurücklegen, um ihre Fressverhalten zu verbergen.
      Vincent war gelinde gesagt skeptisch ob dieser ganzen Begegnung. Aber seine Neugierde hielt ihn hier, im Türrahmen.
    • Die schwarzhaarige schien Vincents Ausdruck - was auch immer davon genau - entweder als Beleidigung aufzufassen, oder sie hing sich daran auf, dass er sich nicht an sie zu erinnern schien. Was auch immer es war, es sorgte dafür, dass ihre Miene zusehends weiter absank und ihre Laune verpestete, wenngleich ein gewisses Glitzern in ihren Augen zurückblieb. Möglicherweise hielt sie das ganze noch immer für eine Art Unterhaltung, ein sehr reelles und sehr obskures Drama, dessen Hauptrolle sie sich ermächtigt hatte.
      Sie verschränkte die Hände hinter dem Rücken und wippte wieder.
      "Von mir aus. Du wirst ja wohl kaum einen Jäger in deinem Haus verstecken, oder? Ich rede von anderen Vampiren, aber keine alten Nörgler wie du, eher junge - glaube ich zumindest. Es sind so viele von ihnen, als ob die irgendwo ausgebrütet werden. Erst letzte Woche kam jemand in mein Revier und hat auch noch die Frechheit besessen, mich anzumachen - mich! In meinem eigenen Revier! Der war fürchterlich, einfach widerlich, hat sich aufgespielt, als wäre er der König der Welt. Ich glaube er hieß irgendwas mit S. Simon vielleicht? Nein... Charles? Ich weiß es nicht mehr. Ich vergesse Namen, die keine besondere Bedeutung haben. Ich habe ihn weggescheucht, aber das war schon der dritte diesen Monat. So vielen begegnet man vielleicht in London, aber doch nicht hier, in Cambridge! Fürchterlich."
      Sie zog ihre Stirn auf geradezu theatralische Weise in Falten, um ihre Worte zu unterstreichen.
      "Und dann tauchst du auch noch zur selben Zeit auf, ich war mir fast sicher, dass du etwas davon wissen musst. Niemand hat bisher einen Anspruch auf Cambridge gemacht, zumindest niemand außer van Helsing, mais putain de merde, mon ami: Wenn das so weitergeht, wird sich das vielleicht irgendwann ändern! Dabei ist schon seit 80 Jahren kein Jäger mehr auf meine Spur gekommen und ich habe sehr stark geplant, das nicht zu ändern."
      Sie hörte wieder auf zu wippen und verschränkte auf trotzige Art und Weise die Arme.
      "Wenn du also wirklich wegen deiner Sammlung hier bist, dann erklär mir, wieso gerade jetzt? Was für ein riesiger Zufall muss es sein, dass du jetzt auch noch auftauchst? Wenn van Helsing herausfindet, dass nicht nur ein Vampir in seiner Stadt wohnt, sondern gleich ein halbes Dutzend, wird er unsere Köpfe an den Stadttoren aufhängen, um alle anderen abzuschrecken. Das wäre mir nichts hiervon wert."
    • "Dann schlage ich vor, dass Sie sich nicht erwischen lassen. Kann ja nicht so schwer sein, wenn Sie bereits seit achtzig Jahren hier leben. Ihr Problem mit den Jungspunden ist nicht mein Problem, das hier ist ja nicht mein Territorium. Von mir sind sie jedenfalls nicht. Ich habe schon seit über zwei Jahrhunderten niemanden mehr dem Leben der Nacht zugeführt und ich habe nicht vor, damit wieder anzufangen. Ich gebe zu, der Zeitpunkt meiner Reise hier her ist überaus schlecht gewählt, aber ich kann Ihnen versichern, dass ich keinerlei Hintergedanken mit etwaigen Grenzverschiebungen habe. Ich habe mein eigenes, geräumiges Territorium weiter westlich von hier und ich bin sehr zufrieden damit. Was Charles angeht... um den im Speziellen müssen Sie sich keine Sorgen mehr machen. Ich habe vor einigen Nächten dabei zugesehen, wie der Van Helsing ihn getötet hat. Sie sollten sich von dem Erben auch weiterhin fernhalten. Er war mit nicht viel mehr als einem Buttermesser bewaffnet und immer noch beängstigend effizient. Schwer vorzustellen, zu was er in der Lage ist, wenn er tatsächlich vorbereitet ist."
      Vincent versuchte, sich daran zu erinnern, wo er vor achtzig Jahren gewesen war. Wahrscheinlich noch in Frankreich, wo er sein letztes Leben verbracht hatte, bevor es ihn zurück nach England gezogen hatte. Einem Jäger war er zu dieser Zeit nicht begegnet. Zumindest nicht, wenn er es nicht wollte. Und dabei war er immer allein gewesen, das wusste er mit Sicherheit.
      "Eine Frage hätte ich da aber noch, bevor wir diese kleine Unterhaltung hier endgültig beenden: Woher kennen Sie meinen Namen? Den, den Sie verwendet haben, meine ich. Ich persönlich benutze ihn so gut wie nie."
    • Die Vampirin legte den Kopf wie eine neugierige Katze schräg und löste ihre Arme wieder, als habe Vincent sie mit seinen Worten wieder einigermaßen beruhigt.
      "Ach? Tatsächlich? Nun, gut, dass du dein eigenes Territorium hast. Ein Problem weniger, nicht wahr?"
      Sie spielte ein Grinsen auf, das sich auch dann noch hielt, als er von van Helsings Können sprach.
      "Ich bin eine Meisterin der Verwandlung, Gabriel; Helsing kann noch so viele Buttermesser haben, wie er nur tragen kann, wenn er mich nicht wiedererkennt, sobald er mich erst aus seinen Augen verloren hat, werden die ihm auch nicht helfen."
      Das schien ihre Stimmung nun letztendlich wieder auf Vordermann gebracht zu haben, denn sie fing wieder an zu wippen, ganz eindeutig eine Angewohnheit, dessen Zweck allerdings nicht gerade ersichtlich war.
      "Ich habe deinen Namen von dir, Verehrtester, weil du ihn mir gesagt hast. Du warst schon damals kein Freund davon, dass ich deine anderen Namen ignoriert habe - aber wie könnte ich auch! Du bist nach einem Engel benannt, hätte ich mir da eher deinen keltischen Namen merken sollen? Oder etwa... ich weiß den anderen schon gar nicht mehr, so unbedeutend war er! Du bist grausam, dass du Gabriel verschmähst, ich würde für so einen Namen töten."
      Sie hörte wieder auf zu wippen und blinzelte.
      "Natürlich nur im übertragenen Sinne. Weißt du es wirklich nicht mehr? Wir hatten uns vor dem Bürgerkrieg kennengelernt, am Königshof, bevor alles überrannt wurde. Ich durfte in diesen lächerlich weiten Kleidern herumlaufen, die überall den Staub mit sich genommen haben und du hattest diese alberne Uniform an. Ich hatte damals noch eine Gefährtin, kannst du dich zumindest noch an sie erinnern? An Verona? Sie war eine so wunderschöne Frau, mit Haaren wie aus flüssigem Gold und Augen, in denen das Feuer der Erde brennen konnte. Sie konnte mit nur einem Blick dein Herz beflügeln, wenn das bei unseren trägen Dingern überhaupt möglich ist."
      Sie seufzte beinahe ehrfürchtig.
      "Ihr Tod war völlig unnötig; aber genug davon. Wie es scheint, konnte ich mir deinen Namen besser merken, als du dir mein Gesicht merken konntest. Vielleicht muss ich mir auch mal einen Namen einfallen lassen, einen bedeutungsvollen, einen schweren, so irrsinnig wie ein Engelsname für einen Vampir."
      Sie grinste ihn frech an.
    • Verona... Natürlich! Jetzt erinnerte sich Vincent wieder. Da war tatsächlich noch eine andere Vampirin gewesen. Vincent konnte sich jetzt auch an den Grund erinnern, warum er sich nicht an diese... wie auch immer sie sich nennen wollte... erinnerte.
      "Ich bitte um Verzeihung, ich erinnere mich wieder. Verona... Ich muss gestehen, ich hatte nur Augen für sie. Und das nicht immer freiwillig, weswegen ich mich weder an Sie, noch an das Gespräch über meinen Namen erinnern kann. Und ich will es auch nicht."
      Er verkniff sich den Kommentar, dass er genug von Verona hatte, wenn er in seinen Keller ging.
      "Ich hoffe doch sehr, Sie sind nicht ansatzweise so... aufsässig... wie Verona es war. Es hat mich einiges an Willenskraft gekostet, mich von ihr loszueisen und ich wünsche keine erneute Beziehung dieser Art - egal welcher Art. Um ehrlich zu sein wünsche ich mir überhaupt keine Beziehungen zu anderen meiner Art. Davon hatte ich lange Zeit genug und nun bevorzuge ich das Einsiedlerleben der Alten."
      Er lehnte sich nun mit der Schulter gegen den Türrahmen, die Arme vor der Brust verschränkt.
      "Wenn es sonst nichts weiter gibt würde ich gern zu dem zurückkehren, was ich tat, bevor Sie meine Ruhe gleich zweimal gestört haben. Wie gesagt: Ich war mir nicht bewusst, dass es einen Gebietsanspruch auf diese Stadt gib und ich werde in wenigen Tagen wieder abreisen. Was die Jungvampire angeht, so bin ich nicht verantwortlich - weder für ihre Erschaffung und Einweisung, noch für aktuelles Verhalten, oder gar dafür, sie zu vertreiben. Ich wünsche noch eine schöne Nacht."
      Mit jemandem aus Veronas kleinerem Kreis wollte Vincent nun wirklich nichts zu tun haben. Erst recht nicht, wenn sich diese Person an ihn erinnern konnte, er sich aber nicht an sie. Verona hatte so einiges mit seinem Kopf angestellt und das über einen langen Zeitraum hinweg. Mehrfach. Die wenigen Erinnerungen, die er an diese Zeit hatte, gefielen ihm nicht, aber sich nicht erinnern zu können, war noch schlimmer. Er wollte gar nicht wissen, was Verona mit ihm gemacht hatte - oder ihn hatte machen lassen.
      Er drehte sich um und schloss die Tür, ohne weiteres TammTamm. Nora musterte ihn, halb besorgt, halb verwundert. Vincent sagte nichts, wollte nicht belauscht werden. Stattdessen schüttelte er den Kopf und kehrte in seinen Salon zurück, wie er der mysteriösen Frau gesagt hatte.
    • Hin und her gerissen davon, die Begeisterung über Verona zu teilen und beleidigt darüber zu sein, dass Vincent offen dazu stand sich nicht an sie erinnern zu können, lächelte die schwarzhaarige erst, ehe sie den Kopf hin und her wog.
      "Wer kann sich Veronas Zauber schon entziehen? Ich war schon damals der Überzeugung, dass das Schicksal sie allein aus dem Grund gewählt hat, um ihren Charme und das ewige Leuchten in ihren himmlischen Augen zu verewigen. Aber anscheinend kann auch die schönste Frau der Welt nicht für immer den Jägern aus dem Weg gehen. Ich mache mir bis heute Vorwürfe, nicht da gewesen zu sein."
      Sie winkte ab.
      "Aber das ist alles Geschichte. Ich bin auch nicht daran interessiert ihren Platz in was-auch-immer-zwischen-euch-gewesen-war einzunehmen, mach dir also keine Sorgen, mein Lieber. Ich möchte Antworten haben und obwohl ich zutiefst bedaure, dass sie nicht bei dir zu finden sind, habe ich mich doch an unserer - erneuten - Bekanntschaft gefreut. Mein Angebot an deine Bedienstete steht übrigens immer noch, es würde mir keine geringere Freude schaffen, ihr die Künste meiner Berufung vorzulegen - ganz ohne Gefahr! Ich bevorzuge meine Jagden auf subtilere Weise durchzuführen und das Entführen einer hübschen Dame in ein Theater ist nun wirklich keine sehr subtile Art. Du wirst es ihr doch sagen, oder? Auf ein hübsches Gesicht möchte ich einfach nicht verzichten."
      Sie reckte wieder den Hals, um an Vincent vorbei zu sehen, aber er hatte sich mittlerweile so positioniert, dass der ganze Vorraum hinter seinem Rücken verschwand. Kaum merklich enttäuscht verneigte sie sich vor ihm in ihrer großspurigen, übertriebenen Art.
      "Ich wünsche eine schöne Nacht, mein Lieber."
      Sie grinste ihn an, bis die Tür sich vor ihr schloss, dann blieb sie noch einen Moment unbeweglich davor stehen, bevor sie sich in der Dunkelheit der Nacht zurückzog und, die Melodie einer Sonatine pfeifend, zurück die Auffahrt hinab spazierte.


      Thomas verfasste seinen Brief an Vincent, bevor er sich an diesem Abend zu Darcy ins Bett gesellte:

      Lieber Vincent,

      Stephen ist eingetroffen. Er brennt darauf, dich kennenzulernen, wobei ich mich im Vorfeld für ihn entschuldigen muss. Er ist bei Zeiten etwas schroff und schlecht gelaunt, aber er meint es gut. Er hat einem gemeinsamen Abendessen gerne zugesagt, aber er könnte womöglich seltsame Fragen stellen. Nimm sie nicht allzu persönlich. Ich bin mir sicher, ich mache mir sowieso mehr Gedanken dazu als nötig.
      Wie wäre Mittwoch Abend in der Stadt? Ich lade alle ein.
      Ich kann dich abholen.

      Mit den besten Grüßen,
      Thomas
    • Vincent setzte die folgenden Tage seine Recherche über Thomas' seltsame Freunde fort, konnte es aber auch nicht lassen, ein Auge auf die hiesige Situation mit den Jungvampiren zu werfen. Sicher, er hatte der mysteriösen Besucherin gesagt, das sei nicht sein Problem, aber sich zu informieren konnte ja wohl kaum schaden. Er redete sich ein, dass er das nur zur Selbstverteidigung machte. Es war erschreckend, wie leicht diese Jungspunde zu finden waren, wenn man sich nur die Nachrichtenlage der Stadt ansah. Vincents Erfahrung sagte ihm, dass es hier mindestens vier weitere Vampire gab, die keine Ahnung davon hatten, wie man Spuren beseitigte.
      Am Mittwochabend war das Lächeln kaum aus seinem Gesicht zu denken.
      "Du gehst mit drei Jägern essen und trotzdem grinst du so?", fragte Nora skeptisch, als sie ihm in sein Jackett half.
      "Nora. Ich gehe mit einem äußerst attraktiven Mann, dessen Fast-Verlobten und ihrem Bruder essen. Die heutige Nacht strotzt nur so vor Potenzial."
      "Tödlichem Potenzial."
      "Ach was. Damit werde ich schon fertig, mach dir um mich mal keine Sorgen. Viel eher solltest du mir Grund zur Sorge geben und deinen freien Abend genießen. Vielleicht mit einem Gang ins Theater?"
      Die letzten paar Nächte war er Nora damit geradezu auf die Nerven gegangen, wie sie auf die mysteriöse Frau reagiert hatte. Er vertraute der Fremden nicht besonders, aber sie hatte sich ordentlich benommen. Und offensichtlich ein Auge auf Nora geworfen - eine Reaktion, die auf Gegenseitigkeit beruhte.
      "Damit sie mich essen kann? Du willst uns wohl beide heute Nacht ins Grab bringen", kommentierte Nora.
      Vincent legte Nora die Hände auf die Schultern.
      "Nicht spricht gegen ein bisschen Spaß, Nora. Ich werde heute welchen haben und ich gebe dir die Möglichkeit, es mir gleich zu tun. Tröste dich damit: Sollte diese Frau dir auch nur ein Haar krümmen - ohne deine Zustimmung, natürlich - brenne ich Cambridge nieder, wenn es sein muss, um sie zu finden. Und dann darf sie in den Sonnenaufgang tanzen."
      Nora schenkte ihm einen skeptischen Blick, woraufhin Vincent bloß noch breiter lächelte. Er küsste sie flüchtig auf die Stirn, dann schlenderte er zur Haustür, bevor es überhaupt geklopft hatte. Was nur einen Wimpernschlag später geschah. Nora öffnete die Tür, während sich Vincent seinen Mantel überwarf.
      "Ich meine es ernst: genieße den Abend. Und wenn ich morgen Nachmittag allein aufwache, dann sei es eben so. Ich werde mir mein Essen schon allein machen können, keine Sorge", verabschiedete er sich von seiner Haushälterin und stieg zu Thomas in die Kutsche.
      "Schönen Abend, der Herr", lächelte er den guten Doktor an.
    • Vincents Anblick hatte einen überraschend erleichternden Effekt auf Thomas, als könne seine Anwesenheit allein schon dafür sorgen, dass er ein wenig von den Problemen vergaß, die seinen Alltag dominierten - nicht zuletzt davon die hitzigen Diskussionen mit Stephen, die ihm noch immer in den Knochen saßen. Dazu kam ein geradezu grauenhaft riesiger, schemenhafter, schwarzer Fleck auf seinem gepeinigten Hals, den er nur mit äußerster Mühe unter drei Schichten von Darcys Puder verstecken konnte. Alles in allem war er keiner guten Dinge, aber als er den blonden Mann zu sich in die Kutsche steigen sah, makellos gekleidet wie immer und das charakteristische Funkeln in den hellen Augen, begleitet von seinem charmanten Lächeln das Falten auf seiner Wange warf, fühlte er sich gleich ein Stück besser.
      Er erwiderte die Geste und erlaubte sich einen verstohlenen Blick, während Vincent damit beschäftigt war sich zu setzen.
      "Guten Abend."
      Er wartete darauf, dass Vincent die Tür schloss und das Gefährt sich in Bewegung setzte, ehe er fortfuhr.
      "Du siehst gut aus." Sein Lächeln wurde breiter, erreichte seine Augen. "Diesmal keine Schwierigkeiten gehabt mit der Wahl des Anzugs? Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, dass du niemals ein Problem damit hast. Bisher habe ich dich noch nie mit einem unpassenden Anzug angetroffen."
      Zu gerne wäre er alleine mit Vincent essen gegangen, hätte hinterher mit ihm die Nacht verbracht, nicht nur für den Sex, sondern einfach nur, um die Nähe zu genießen, ohne Diskussionen, ohne Streiterei. Er musste Vincent, wie den restlichen Leuten in seinem Leben, nichts vormachen und nachdem er diesen Aspekt ganz flüchtig angekratzt und gekostet hatte, war er versucht, mehr daraus herauszuholen.
      Aber das würde noch eine ganze Weile auf sich warten lassen müssen. Vorher musste er wohl dafür sorgen, dass Stephen nicht das einzige Glück in seinem Leben vergraulte.

      Die Brooks saßen bereits am Tisch, als Thomas und sein Gast hereinkamen. Als Individuen schienen sie wohl kaum Gemeinsamkeiten zu haben, aber beim Gegenübersitzen, so wie sie jetzt waren, sah man ihnen die Verwandtschaft genau an: Sie hatten das gleiche, dunkle Haar, die gleichen verschlagenen, kleinen Augen, die gleiche Krümmung in der Nase, die nach vorne hin etwas abstand. Sie sahen sogar gleichzeitig auf und obwohl Darcy einen Moment länger brauchte, um sich vollständig zu dem Neuzugang umzudrehen, wirkten sie doch für einen Moment erschreckend genau wie eine Einheit.
      Stephen war der erste, der aufstand. Er trug einen perfekt sitzenden, grauen Anzug mit silbernen Manschettenknöpfen und hatte seine Haare so makellos gebändigt, wie man es von dem Direktor einer wirtschaftlich dominierenden Firma erwarten konnte. Er streckte Vincent eine schwielige Hand entgegen.
      "Mr. Harker, freut mich. Ich bin Stephen Brooks, meine Schwester kennen Sie ja bereits."
      Seine kurze Begrüßung wäre an Monotonie kaum zu überbieten gewesen und wenn Thomas es nicht besser gewusst hätte, hätte er vermutet, dass Stephen kein Interesse an dieser Bekanntschaft hatte. Stattdessen konnte er in dem kurzen Moment, in dem Stephen die Hand ausstreckte, die kleine Silbermünze erspähen, die der Mann sich wie einen Taschenspielertrick unter seine Manschette gesteckt hatte und zweifellos versuchte, Vincents Hand damit zu streichen. Thomas hob den Blick und warf einen vernichtenden Blick auf seinen Freund, den er allerdings nicht bemerkte.
      Wenn Darcy etwas von diesem Plan mitbekommen hatte, war sie gänzlich davon unbeeindruckt. Sie stand ebenfalls auf und bot Vincent wortlos ihre Hand an, wobei sich allerdings ein Ausdruck in ihr Gesicht schlich, der Thomas ganz und gar nicht gefiel. Ihre Augen leuchteten förmlich und obwohl ihre Lippen sich lediglich in einem feinen Lächeln kräuselten, schien doch ihr gesamtes Gesicht zu glühen. Ihm fiel auf, dass sie absichtlich ein Kleid gewählt hatte, das ganz nah an der Grenze dazu lag, vulgär auszusehen. Ihm fielen bei dem Anblick Vincents Worte darüber ein, dass sie sich ihm wohl auf dem Ball freiwillig hingegeben und dabei wohl kaum etwas bereut hätte und obwohl Thomas sie schon längst betrogen hatte, und das auch noch mit einem Mann, war ihm der Gedanke gänzlich zuwider, dass sie das gleiche tun könnte - auch noch mit dem selben Mann.
      Er warf auch ihr einen scharfen Blick zu, aber genau wie Stephen war sie zu sehr auf Vincent fixiert.
      "Schön Sie wiederzusehen, Vincent."
      Ihr zweifellos bemüht charmantes Lächeln breitete sich aus, bevor sie sich und ihr Kleid zurück auf den Stuhl bugsierte. Thomas unterdrückte ein Grummeln und bedeutete Vincent seinen Platz neben Stephen, während er selbst sich gegenüber und neben Darcy setzte. Er ergriff Darcys Hand und drückte sie einmal, während Stephen sich in seinem Stuhl zurücklehnte, sich in Richtung Tischmitte ausrichtete und dann einen Arm über die Stuhllehne legte. Er sah so aus, als habe er gerade beschlossen, die offizielle Leitung dieses Gesprächs zu übernehmen.
      "Ich habe von dem Erfolg Ihres alljährlichen Fests gehört, Mr. Harker. Es muss doch ein ungeheurer Aufwand sein, eine solche Menschenmasse an einen Ort zu bringen und dann auch noch zufriedenstellend zu unterhalten. Einen Todesfall gab es auch, wie ich hörte? Das ganze Programm also."
      Stephen blieb äußerst gelassen, während er versuchte, einen Blick auf Vincents Hände zu erhaschen.
    • "Das kommt dir nur so vor, mein Guter," antwortete Vincent, als er sich setzte. "Der Trick ist, sich nicht in der Öffentlichkeit blicken zu lassen. Du kannst du im Anzug nicht vergreifen, wenn du nie einen tragen musst. Und wenn die Leute dich nie sehen, dann gilt dein modischer Fehlgriff als exzentrisch und charmant. Das gehört alles zu meinem teuflischen Meisterplan."
      Er zwinkerte Thomas verschlagen zu, dann überschlug er die Beine und genoss die Fahrt in dem kleinen Raum, der beinahe ausschließlich nach Thomas roch. Vincent war gar nicht aufgefallen, wie sehr er sich an den Duft von Zimt in seiner Nähe gewöhnt hatte.

      Vincent war nicht dumm. Während seiner Recherche über die Brooks war ihm zwar nie das Wort Jäger über den Weg gelaufen - abgesehen von irgendwelchen Veranstaltungen in den britischen Wäldern - aber er konnte durchaus zwischen den Zeilen lesen. Und er hatte ein paar Informationen, die der breiten Öffentlichkeit fehlten. Das Ende von dem Lied war, dass sich Vincent ziemlich sicher war, dass zumindest einer der beiden Brooks ein Jäger war - höchstwahrscheinlich Stephen, so wie sich Darcy bei seiner Party angestellt hatte.
      Aus diesem Grund hatte Vincent Vorkehrungen getroffen. Von Thomas wusste er ja bereits, mit welchen Tricks sich die Männer Sicherheit verschaffen wollten. Wie passend, dass es November war.
      "Ach, bitte. Nennen Sie mich Vincent", erwiderte er die Begrüßung Stephens.
      Vincent hatte sich erst einen Handschuh ausgezogen, als er die Hand des Mannes ergriff und mit kräftigem Händedruck einmal kurz schüttelte - zufälligerweise steckte diese Hand noch in ihrer ledernen Hülle. Erst nach dem Handschlag zog er auch diesen Handschuh und seinen Mantel zügig aus, als sei ihm die kleine Verspätung unangenehm. Er warf beides der eilig herbeieilenden Bedienung entgegen, damit er schnell die Hände frei hatte, um Darcys entgegenzunehmen und einen höflichen Kuss auf ihre Fingerknöchel zu platzieren.
      "Die Freude ist ganz meinerseits, Darcy."
      Sie alle setzten sich und Vincent wusste sofort, dass Stephen der Meinung war, hier der Boss zu sein. Sollte er ruhig, Vincent spielte dieses Spiel nicht zum ersten Mal in seinem langen Leben.
      "Da kommt aber jemand gleich zum Punkt. Thomas hat mich ja gewarnt, dass Sie eine recht ruppige Art haben," entgegnete Vincent als erstes mit einem charmanten Lächeln, bevor auch er sich entspannt in seinem Stuhl zurücklehnte. Er überschlug die Beine und verschränkte seine Finger miteinander, nicht eine Sorge der Welt.
      "Wenn Sie weiterhin darauf bestehen, mich Harker zu nennen, dann sollten Sie das Mister durch ein Lord ersetzen, Mr. Brooks. Allerdings bevorzuge ich meinen Vornamen, also nur keine falsche Scheu, mein Guter. Was die Festivitäten auf meinem Anwesen angeht... Sie waren wie jedes Jahr: Viel Arbeit im Voraus, eine Herausforderung für meine Nerven währenddessen, erschreckende Stille in den Tagen danach. Nennen Sie es Erfolg, wenn Sie wollen, aber das setzt voraus, dass ich damit ein Ziel verfolge, das es zu erreichen gilt. Ich möchte meine Gäste unterhalten, ja, ihnen eine - oder besser zwei - Nächte des freien Exzesses gestatten, das ist alles. Und das Ableben von Lady Norwich war wohl kaum 'Teil des Programms', wie Sie es so flapsig bezeichnen. Sie war eine gute Bekannte und ich schätzte ihre Anwesenheit sehr. Sie sterben zu sehen war weder das Highlight meines Abends noch das meines Jahres. Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie ihr ein wenig mehr Respekt zollen würden - selbst im Tod."
      Vincent mochte zwar stets den Charmeur geben, immerzu höflich und freundlich, aber wenn dieser Stephen es drauf anlegte, dann würde er andere Seiten aufziehen. Poker mit ein paar Männern war eine Sache. Eine so offene Herausforderung wie Stephen sie gerade auf den Tisch gelegt hatte, eine gänzlich andere.
      Vincent wusste in dem Augenblick, in dem Stephen aufgestanden war, dass dieser Mann daran gewöhnt war, zu bekommen was er wollte und dass die Menschen für gewöhnlich seiner Führung folgten - ob sie es wollten oder nicht. Vincent würde sich das nicht gefallen lassen. Nicht, weil er nicht wollte oder weil es zu unsicher für ihn wäre. Vielmehr stand Vincent der Sinn danach, einem so großen Ego einen Dämpfer zu verpassen. Zumal er es einfach nicht lassen konnte, weil er gesehen hatte, wie klein sich Thomas machte, sobald Stephens Name fiel. Vincent hatte keine Angst vor einem einfachen Mann, selbst wenn es sich dabei um einen Jäger handelte.
      Für einen langen Augenblick hielt er den strengen Augenkontakt mit Stephen, bevor er freundlich wie immer lächelte und schließlich wegsah.
      "Bitte entschuldigen Sie, das Thema ist... persönlich. Da werde ich gern etwas ungehalten. Lassen Sie uns über etwas fröhlicheres sprechen. Darcy! Wie haben die ersten kalten Wochen des Herbstes Sie behandelt? Ich habe zu lange nicht mehr in einer wirklichen Stadt gewohnt, um mich daran zu erinnern, wie das so ist. Draußen auf dem Land kann man ganze Unterhaltungen mit dem Wind haben, der durch die alten Fensterläden zieht."
      Er wandte seine Aufmerksamkeit scheinbar vollkommen der Dame am Tisch zu, behielt Stephen aber durchaus im Auge, nur um auf Nummer sicher zu gehen. Nach außen hin ignorierte Vincent den Mann aber gerade, nur um seinen Punkt noch deutlicher zu machen: Stephen war nicht derjenige, der ihm sagen würde, was er zu tun und zu lassen hatte.
    • Stephen hatte eine ganz undurchdringliche Miene aufgesetzt, mit der er Vincent begutachtete und beobachtete, während er kaum mit einer Regung seines Körpers seine Gedanken offenbarte. Wie ein Geschäftsmann, dem ein Angebot mit einer lächerlich geringen Summe unterbreitet worden war und der nur auf die Gelegenheit wartete, etwas mehr Respekt von seinem Gegenüber zu verlangen, fand Thomas, der Stephen lange genug kannte, um hinter seine steinerne Miene zu blicken. Stephen schätzte primär ab, ob sein Sitznachbar in das Schema seiner Beute passte, aber sekundär spielte er schon mit dem Gedanken, inwieweit er sich den Mord eines möglicherweise Unschuldigen erlauben konnte, was er dafür in Gang zu setzen hatte, ob er mit Nebenwirkungen rechnen musste. Thomas musste sich unmittelbar über die Kaltblütigkeit ärgern, mit der Stephen - nicht zum ersten Mal - an diese Sache heranging. Für ihn gab es ein Problem, das es zu lösen galt, und das mit der höchstmöglichen Effektivität zu beseitigen war, damit er sich wieder um andere Dinge kümmern konnte. Fragen könnte er hinterher immernoch stellen.
      Wenigstens wirkte Vincent nicht so, als würde er sich auf seine energische Art einlassen wollen. Er schaffte es sogar recht elegant, die Stichelei im Keim zu ersticken und das Blatt herumzudrehen. Thomas hatte schon angefangen zu überlegen, ob er das Gespräch eigenständig umlenken sollte, aber das übernahm Vincent bereits selbst.
      Darcy hatte ihren Blick nicht von dem Gast abgewendet und wenngleich sie es zuließ, dass Thomas ihre Hand festhielt, hatte sie sich doch äußerst vorbildlich auf ihrem Stuhl platziert, die Schultern zurückgezogen, den ausfallenden Ausschnitt zum Vorzeigen herausgestreckt. Vincents Aufmerksamkeit berührte sie sichtlich, sie schien ein wenig wachsamer zu werden und ergriff sich eine Haarsträhne, um sie sich um den Finger zu wickeln. Ihr Lächeln breitete sich wieder aus, ein einvernehmliches Blitzen ihrer Zähne, wie eine unausgesprochene Einladung.
      "Oh, die Kutschfahrten sind furchtbar, Vincent! Ist Ihnen aufgefallen, dass die modernen Kutschen allesamt so leicht sind? Das Holz ist so furchtbar dünn, ich kann den Wind bereits spüren, auch ohne, dass er durch die ganzen Ritzen kommt! Grausam ist das. Ich fürchte mich schon vor dem ersten Schnee. Ich werde drei Lagen Kleidung brauchen, um überhaupt hinauszugehen."
      "Ich denke nicht, dass der Herbst in der Stadt anders ist auf dem Land. Wind gibt es überall", bemerkte Stephen trocken, wobei er selbst nicht mehr direkt zu Vincent sprach. Sein Blick begegnete - endlich - dem von Thomas, der ihn schon seit ihrer Zusammenkunft versuchte auf ihn aufmerksam zu machen. In dem kurzen Moment, in dem sie sich ansahen, versuchte Thomas ihm klarzumachen, dass er nicht gestatten würde, dass Stephen seinen Gast weiter wie einen Unmenschen behandelte. Im Gegenzug schien in Stephens Blick die Frage zu lauern, was Thomas denn lieber sei: Ein entlarvter Vampir oder ein freilaufendes Monster, das seine Stadt unsicher machte? Die Unterhaltung fand in der kurzen Zeit statt, ohne dass ein Wort gewechselt wurde, und zum Schluss wandte sich Stephen ab, um einen Kellner heranzuwinken. Thomas justierte sich auf seinem Stuhl und strich ein paar Falten in seinem Anzug glatt.
      "... so romantisch! Da wird ein bisschen Fenstergeklapper auch nicht schlimm sein."
      Thomas hatte den ersten Teil von Darcys Geplapper verpasst, aber sie schwärmte wohl von Harker Heights und fixierte Vincent dabei mit ihren noch immer leuchtenden Augen. Sie war völlig von seiner Anwesenheit vereinnahmt.
      "So toll kann es nicht sein, ein Landhaus wie jedes andere auch. Die sind von vornherein größer und geräumiger, weil einfach der Platz da ist. Außer Sie besitzen ein Haus aus der Zeit der Renaissance, Vincent? Dann wäre es wohl etwas besonderes, das würde ich zugeben." Stephen zog seinen Mundwinkel in einem einseitigen Lächeln nach oben.
      Thomas räusperte sich lauthals.
      "Es ist ein schönes Haus. Geerbt? Ich habe noch gar nicht danach gefragt."
      Er versuchte sich an einem entschuldigenden Lächeln an Vincent, während er Stephen noch immer mit seinen Blicken bombardierte. Leider war er nicht besonders geschickt darin, die Gespräche in angenehmere Gefilde zu lenken.
    • Vincent lauschte den romantischen Vorstellungen seitens Darcy mit nur halb gespieltem Interesse. Er fragte sich, wie sehr diese Frau wirklich in die nächtlichen Hobbies ihres Bruders involviert war. Sie wirkte auf ihn eher wie eine Träumerin, die sich besseres vorstellen konnte, als Mord und Totschlag zu begehen, um die Menschheit vor seinen natürlichen Feinden zu beschützen.
      "Sie liegen etwa ein Jahrhundert daneben, Stephen. Harker Heights stammt aus der jakobinischen Ära Anfang des 17. Jahrhunderts. Es wurde erbaut im Auftrag der Familie meines Vaters, wurde dann aber lange Zeit ignoriert, während die Familie wieder in Frankreich gelebt hat. Irgendwann wurde es verkauft, die genauen Umstände dessen sind mir nicht bekannt. Vor zehn Jahren dann habe ich es zurückgekauft und bin eingezogen, als ich selbst von einem Aufenthalt in Frankreich nach England zurückkehrte."
      Er wandte sich Thomas zu.
      "Gewissermaßen habe ich das Haus also geerbt und gekauft", scherzte er. "Allerdings haben der Titel und der Sitz im House of Lords nie die Familie verlassen. Was nur ein weiterer Grund für mich war, das Land meiner Familie zurückzukaufen. Ein Titel ohne Platz in der Landschaft ist da dann doch ein wenig seltsam."
      Normalerweise machte sich Vincent nichts aus seinem Titel - den er tatsächlich rechtens geerbt hatte, nur eben nicht unbedingt zu dem Zeitpunkt, den die Menschen annahmen. Ihm war auch sein Platz in der Regierung Englands egal. Aber gegenüber Stephen konnte er es einfach nicht lassen, ein bisschen dick aufzutragen.
      "Ich kann allerdings nicht behaupten, die Königin schon einmal getroffen zu haben. Dieses Glück hatte ich noch nicht und angesichts meiner Abneigung gegen das Stadtleben wird es wohl auch nie soweit kommen. Wenn Sie sich allerdings für Gebäude aus der Renaissance interessieren, kann ich Ihnen gern helfen, ein passendes Objekt zu finden. Ich kenne da den ein oder anderen Baron, der vielleicht ein Haus loswerden will. Die geben sich ja relativ schnell die Klinke in die Hand, dieser Tage. Streben Sie eigentlich ein Baronat an? Das machen ja die meisten Neureichen Männer. Baron Stephen Brooks klingt nicht übel, finden Sie nicht?"
    • Thomas konnte sich einen triumphierenden Blick in Stephens Richtung nicht verkneifen, ein einzelnes "Siehst du, ich habe es ja die ganze Zeit gesagt", verpackt in einem kurzen Aufblitzen seiner Augen. Stephen selbst ließ sich davon wenig beeindrucken, genauso wenig wie von Vincents Ausführung, die überaus deutlich gegen einen Vampirismus sprach. Allerdings hätte auch kein Jäger so früh aufgegeben.
      "Wie überaus charmant. Von so etwas hört man auch nicht alle Tage."
      Vincents nächster Kommentar schien Stephen dann tatsächlich zu treffen, wobei nur Thomas es in der Art erkennen konnte, wie der andere Mann den Arm von der Stuhllehne zurückzog und seine Finger ineinander verschränkte. Stephen war schnell darin, Vincents Bemerkung widerlegen zu wollen.
      "Sie irren sich, ich bin kein neureicher Mann und an einem Titel habe ich genauso wenig Interesse. Mein Vater gründete unsere Firma und ich habe sie das letzte Stück hochgezogen; ich bin weder neureich, noch hätte ich einen Vorteil an einem Titel, wenn nicht um meine gesellschaftliche Achtung zu erhöhen. Was fangen Sie denn mit Ihrer Lordschaft an, wenn nicht den Leuten zu zeigen, dass Ihnen ein Stück Land gehört? Meine Eisenwerke sind selbst in den Mündern Londoner Geschäftsleute bekannt, ich lasse lieber meine Firma für mich sprechen als einen Titel."
      Stephen verzog für einen Moment den Mund, als könne er nicht glauben, dass Vincent es gewagt hatte, diesen Gedanken überhaupt auszusprechen; dann hatte er sich auch schon wieder gefangen. Thomas bemühte sich um einen Kellner und rang sich ein Lächeln ab.
      "Lasst uns doch erst essen, bevor wir uns mit solchen Themen beschäftigen. Sind alle mit einem Wein einverstanden? Einem roten?"
      Er gab die Bestellung auf, während sich Stephen auf seinem Stuhl räkelte und die Hand auf Vincents Seite in seiner Tasche verschwinden ließ. Er kramte dort herum, zu lange dafür, dass er sie leer wieder herauszog und auf dem Tisch platzierte.
      Darcy überbrückte die Wartezeit auf die Getränke mit einem Gerede darüber, was für einen guten Eindruck ein Baronentitel machen würde und wie sehr sie Vincent zustimmte. Als der Kellner die Gläser schließlich gebracht hatte, war Stephen der erste, der sein Weinglas mit der anderen Hand hob.
      "Auf einen entspannten Abend - auf den besonderen Gast, der sich die Mühe gemacht hat, für uns aus seiner Höhle zu kommen. Ich hoffe, Sie sind von Cambridge nicht allzu sehr enttäuscht, Vincent."
      Er ließ Vincent ein strahlendes Grinsen zukommen und hob die auf dem Tisch platzierte Hand. In dem kurzen Moment, in dem er sie auf Vincent zuführte, bewegten sich seine Finger unmerklich und mit einer wohlplatzierten Nadel stach er sich durch die Fingerkuppe seines Zeigefingers. Er verpasste Vincent einen freundschaftlich gemeinten Klaps auf die Schulter, wobei er den kleinen Tropfen Blut unauffällig an dessen Anzug abwischte. Die Hand verschwand wieder in seiner Tasche, zweifellos um den nächsten Tropfen mit einem dort hinterlegten Taschentuch aufzufangen. Dann trank er von seinem Wein und warf Thomas einen Blick zu.
    • Ein wunder Punkt? Wie interessant. Das würde sich Vincent merken.
      "Was ich mit meinem Titel mache? Ihn warmhalten und damit passiv der Politik des Adels im Weg stehen. Und mein Land stelle ich denen zur Verfügung, die es brauchen - ohne große Unkosten, wie leben ja nicht mehr in einer Lehensgesellschaft."
      Er zuckte unschuldig mit den Schultern.
      "Ich hatte nicht vor, Sie zu beleidigen, Stephen, ich entschuldige mich. Thomas berichtete mir nur davon, dass Sie ein hart arbeitender und erfolgreicher Mann sind, daraus zog ich meine eigenen Schlüsse. Männer wie Sie, oder zumindest mit einem Status wie dem Ihren, haben die Tendenz dazu... wie drücke ich das freundlich aus? Machthungrig zu werden. Ich habe nicht nur Frankreich den Rücken gekehrt, ich habe Großstädten den Rücken gekehrt aus genau diesem Grund. Wenn man sich in unseren Kreisen bewegt, trifft man auf so manch einen Künstler mit der Wahrheit und meiner Erfahrung nach wollten alle immer nur das eine. Erneut: Ich entschuldige mich für meine vorschnelle Annahme über Sie. Mein Angebot mit dem Haus steht trotzdem noch, wenn Sie interessiert sind."
      Vincent nahm eine Nase von dem Wein, auch wenn er ihn schon in der Flasche hatte riechen können. Mit einem Lächeln hob er dann ebenfalls sein Glas und prostete den anderen zu. Den Seitenblick zu Stephen, als dieser seinen Anzug mit dessen Blut ruinierte, sparte er sich und nippte stattdessen an seinem Glas. Glaubte dieser Mann wirklich, ein einfacher Tropfen Blut würde ihn aus der Fassung bringen? Für was hielt Stephen ihn? Einen ausgehungerten Jungvampir? Das war ja fast schon beleidigend.
      "Cambridge hat mich bisher noch nie enttäuscht. Ich lobe mir eine gute Universitätsstadt mit all ihrem Wissen - und ihren wundervollen Bibliotheken voller alter Meister. Thomas, bitte stoppe mich, wenn ich schon wieder nur über meine Bücher rede. Ich will deine Freunde nicht langweilen. Apropos Leben in Cambridge: Wie kommt eine Freundschaft wie die Ihre zustande, wenn ich das fragen darf? Ich meine, Cambridge und was? London? Liegen ja nun nicht gerade um die Ecke voneinander."
    • In den nächsten Sekunden achtete Stephen peinlichst genau auf jedes noch so kleine Zucken von Vincent, aber zu Thomas' eigener Genugtuung - und auch ein wenig zu seiner Erleichterung - bot der blondhaarige Mann ihm keine einzige Unterlage, um seine fruchtlose Jagd zu unterstützen. In einer der vorangegangenen Diskussionen hatte Thomas den Eindruck bekommen, dass sein Freund ihm unterstellen würde ein schlechter Jäger zu sein, aber wo es nichts gab, konnte auch nichts gefunden werden. Natürlich wusste er, dass Stephen auch noch ein paar andere Spielzeuge mitgebracht hatte, es blieb nur zu hoffen, dass sein Sitznachbar nicht bemerkte, in welche Experimente er hineingezogen wurde.
      Thomas wandte sich Vincent zu und lächelte aufrichtig. Ihm gefiel, wie das dämmrige Licht dessen Anzug unterstrich.
      "Niemand wird sich hier langweilen, ganz sicher nicht."
      Nicht einmal Darcy, die selbst wie vernarrt in den Mann war.
      Stephen kam ihm für eine weitere Ausführung zuvor.
      "Manchester. Meine Firma ist groß, aber wichtig genug für London ist sie noch nicht. Mein Hauptsitz liegt in Manchester."
      "Wir sind gemeinsam aufgewachsen", warf Thomas ein, bevor Stephen wieder eine Stichelei von sich geben würde. "Unsere Eltern kannten sich, also kannten wir uns auch. Du bist erst mit 19 weggezogen, nicht wahr? Mein Vater hatte uns bis dahin größtenteils unterrichtet. Zusätzlich, neben der Schule meine ich."
      Stephen kramte schon wieder in einer seiner Taschen, zog diesmal allerdings ein silbernes Zigarrenetui hervor, nahm sich eine heraus und hielt es unverbindlich Vincent hin, wohlwissend, dass er Vincent seine Zigarre selbst anzünden lassen würde, wenn er sich davon bedienen sollte. Mit einem silbernen Feuerzeug, selbstverständlich.
      "Von unserer ganzen Klasse sind alle weggezogen, ich bin als einziger in Cambridge geblieben. Sehr schade, manchmal."
      "Festgewachsen wie Unkraut", kommentierte Stephen und zündete seine Zigarre an. Thomas nickte, wobei er nicht das Bedürfnis hatte zu erklären, dass er seine Heimat zu schützen versuchte - ganz ähnlich so, wie ein Vampir sein Revier verteidigte.
      "Aber den Kontakt haben wir gehalten. Du musst ja manchmal nach London durch und ich mache dafür Ausflüge nach Manchester."
      "Ja, ja. Unsere Leidensgeschichte geht viele Jahrzehnte zurück. Das sieht bei euch beiden ganz anders aus, so ganz habe ich es ja immer nicht verstanden, was Darcy mir so erzählt hat, Thomas: Ihr habt euch angefreundet, weil ihr Gemeinsamkeiten beim Plausch gefunden habt? Sie erscheinen mir nicht wie die Art von Mann, die sich mit einem einfachen Doktor befreundet und das auch noch auf einem Fest mit über 100 Gästen, Vincent. Einer von euch soll mir dieses merkwürdige Zusammenkommen mal erklären."
      Stephen besaß nicht denselben Anstand wie Vincent, um sich für seine direkte Ausdrucksweise zu entschuldigen. Genauso wenig schien er die eigentliche Frage dahinter verbergen zu wollen: Wieso hielt Thomas noch Kontakt mit einem Vielleicht-Vampir, dessen Tests noch nicht einmal umfassend abgeschlossen worden waren? Und wieso gab sich Vincent mit einem verhältnismäßig ruhigen Arzt ab, der, außer seiner Profession, nur ein abnormales und gefährliches Hobby zu bieten hatte? Ganz abgesehen davon, dass ja noch nicht einmal Darcy für diesen Kontakt verantwortlich war, die sich sonst sämtliche Verbindungen krallte.
    • "Manchester, natürlich. Vielleicht sollte ich mir ein paar Geografiebücher zulegen?" scherzte Vincent, dann beschäftigte er sich damit, den beiden Männern zuzuhören.
      Es war interessant zu sehen, dass die beiden tatsächlich Freunde waren. Bisher hatte das alles hier eher den Eindruck von einem strengen älteren Bruder oder sogar Vater und seinem Sohn gehabt.
      Als Stephen ihm eine Zigarre anbot, sagte Vincent nicht Nein und bediente sich daran - wohlwissend, dass er es hier mit Silber zu tun hatte. Die Jäger waren nicht die einzigen hier mit Tricks. Selbst ohne seine Handschuhe würde Silber ihm heute nicht viel antun, dank seiner kleinen Nerzöl-Kur* vom Nachmittag. Es war nicht besonders effektiv, wenn man damit jeden Tag hantierte, aber für einen Abend mit Jägern reichte es aus. Seine Reaktionen würden also kaum auftauchen und wenn doch, dann nur sehr schwach - was er wiederum mit seiner mysteriösen Krankheit wegerklären konnte, von der Thomas ja schon wusste.
      Vincent schnitt die Zigarre in aller Seelenruhe zurecht und nahm auch das silberne Feuerzeug entgegen, mit dem er sich die Zigarre dann ansteckte. Er lobte Stephen kurz über die Wahl seiner Marke.
      "Am Anfang war da hauptsächlich nur eine Gemeinsamkeit," kommentierte Vincent und grinste Thomas an. "Der gute Doktor sah genauso verloren aus, wie ich mich fühlte. Und dann sind wir ins Gespräch gekommen. Ich weiß schon gar nicht mehr, worüber wir alles geredet haben. Zu meiner Verteidigung: Ich war ziemlich betrunken an jenem ersten Abend. An den Kater kann ich mich noch sehr deutlich erinnern. Thomas hat mir sogar seine Dienste als Arzt angeboten. Wie auch einigen meiner Gäste, wie ich anmerken darf. Ich muss gestehen, dass unsere Gespräche nicht der Grund waren, warum ich mich so... nun ja... and dich rangehängt habe, könnte man das nennen, oder Thomas? Wie dem auch sei: Es war nicht der Inhalt unserer Gespräche, der mich anzog, sondern ebenjene Einfachheit, die Thomas ausstrahlte. Ich bin kein prunkvoller Mann, Stephen. Darcy und Thomas haben beide meinen angetrunkenen Zustand kennengelernt und die ein oder andere skandalöse Wahrheit über mich erfahren: Ich hasse solch große Festivitäten. Ich hasse Ansammlungen von Menschen. Und die Oberschicht geht mir hauptsächlich auf die Nerven, wenn sie nicht gerade versucht mir in den Arsch zu kriechen. Bitte verzeihen Sie mir meine Ausdrucksweise, Darcy."
      Er warf der Frau einen ehrlich entschuldigenden Blick zu ob seiner harschen Wortwahl, die alles andere als gesellschaftstauglich war.
      "Thomas strahlt eine Ruhe aus, die ich schon immer gesucht habe, schon seit ich ein Junge war. Und dann stellt sich auch noch heraus, dass dieser Mann ein guter Gesprächspartner ist? Wie viel Glück kann ein Mann haben? Ich habe einen Besuch hier in Cambridge schon eine Weile vor mir hergeschoben - ein paar Buchgeschäfte, die sich als äußerst profitabel herausgestellt haben - und beschloss, diese Reise im November anzutreten, nachdem mir Thomas verriet, dass er hier lebt. Über einem Abendessen in einem wundervollen Restaurant haben wir dann tatsächlich Gemeinsamkeiten gefunden und jetzt sind wir hier: Er stellt mir seine Freunde vor und ich drohe ihm damit, sein vernachlässigtes Klavier zu stimmen."
      Wieder zuckte Vincent unschuldig mit den Schultern. Dabei schien ihm ein Fussel auf seinem Jackett aufzufallen, den er natürlich sofort entfernte. Und natürlich war dieser imaginäre Fussel gleich neben dem Fleckchen Blut, das Stephen auf seinem Jackett hinterlassen hatte.
      "Darcy, meine Liebe. Ich habe das Gefühl, wie lassen dich hier ziemlich außenvor, also lass mich dich fragen: Was hältst du von Musik? Spezifisch von Klavieren? Thomas sagte doch tatsächlich, es sei trivial. Unwichtig. Eine Zeitverschwendung! Eine persönliche Beleidigung, wenn man mich fragt."





      *Nerzöl enthält viel natürliches Cortisol, was gegen allergische Reaktionen hilft (I kid you not, habe das 30min durchgegooglet). Kann die Nutzung davon nicht wirklich gutheißen, weil da Tierquälerei in der Herstellung involviert ist, aber man benutzt es schon seit sehr langer Zeit in der Lederpflege und damit habe ich beschlossen, dass man als reicher Vampir Ende des 19. Jahrhunderts da drankommt xD
    • Es war schon merkwürdig, wie alle drei Augenpaare sich reflexartig auf Vincents Hände richteten, als er mit Stephens Feuerzeug hantierte - wie drei verhungernde Raubkatzen, denen soeben ein Stück saftigen Fleischs vorgehalten wurde. Man konnte wohl Gewohnheiten nicht unterdrücken, selbst dann nicht, wenn man schon das Resultat kannte und sogar halbwegs die Ursache dafür. Zumindest galt das für Thomas, die anderen beiden beobachteten nur konzentriert, wie Vincent das Silber in die Hand nahm und dann wieder an Stephen zurückreichte, der sich natürlich sofort beschäftigt gab und den Mann mit seinem Feuerzeug einen weiteren Moment warten ließ. Der Testgegenstand verschwand wieder in Stephens kleiner Spielzeugtasche und Vincent zog seine makellose, unbefleckte, geschmeidige Hand zurück, um seine Zigarre zu rauchen. Alle drei erwachten fast gleichzeitig in Unison wieder zu regem Leben und während Thomas die wortlose Unterhaltung mit Stephen durch einen weiteren Blick wieder anstieß, richtete Darcy sich ein weiteres Mal aus, um sich von ihrer Schokoladenseite zu zeigen.
      Stephen konnte wohl nicht wissen, in was für riskante Gefilde er die Unterhaltung mit seiner Frage führte, aber Thomas war sich dessen nur allzu sehr bewusst, während er selbst hastig überlegte, was er von ihrer Begegnung alles auftischen konnte und was nicht. Es war nicht nur die Frage, wie sich die beiden Männer über ein Wochenende angefreundet haben konnten, es waren eher die vielen Fragen dahinter: Wieso genoss Lord Harker, der als Einsiedler bekannt war, die Gesellschaft eines einfachen Arztes aus Cambridge, wieso freundete Thomas sich in seiner Testphase mit dem Testobjekt an, wie hatte er - er und nicht Darcy - es überhaupt geschafft, sich mit einem angesehenen Mann anzufreunden und wie konnten zwei, die nach außen hin einen extrovertierten und einen introvertierten Pol zeigten, so gut miteinander auskommen?
      Vincent brachte es zustande, den Großteil dieser Fragen mit Bravour zu umschiffen, ohne dabei auch nur eine Andeutung des Kerns ihrer Zusammenkunft von sich zu geben. Thomas hätte es ganz sicher nicht besser ausdrücken können, geschweige denn sich dabei nicht zu verraten, so wie er es in diesem Moment riskierte, als Vincent ihm sein unterschwelliges Kompliment aussprach. Er ließ das Lächeln zu, das sich seinem Gesicht aufdrängte und ihm aus der Seele zu sprechen schien, und strich sich seinen Anzug glatt. Sein Herz tat einen Freudensprung, begleitet von einem aufwallenden Hitzegefühl, das er sogleich wieder hinabzukämpfen versuchte. Es war ihm unerklärlich, wie solch einfache Worte ein solches Feuer in ihm heraufbeschwören konnten und war daher umso glücklicher darüber, dass Vincent die Aufmerksamkeit auf Darcy hinüber lenkte. Als hätte er seine Gedanken mit seinem siebten Sinn gelesen.
      "Sie sind ein Gentleman, Vincent", kicherte Darcy mädchenhaft, "aber ich bin ganz sicher nicht außenvorgelassen. Ich amüsiere mich ganz köstlich."
      Sie stockte für einen Moment, als müsse sie ihre nächsten Worte neu anordnen.
      "Ich finde Klaviere ganz bezaubernde Instrumente, sehr wunderschön und wohlklingend. Ganz und gar nicht trivial. Oh, ich weiß!"
      Sie setzte sich ganz ruckartig auf.
      "Sie sollten zu uns kommen und ein Konzert geben! Das Klavier funktioniert doch noch, oder?"
      Sie blickte zu Thomas, der es ganz gut hinbekam, wieder ein wenig abzukühlen.
      "Klaviere können nicht nicht funktionieren, solange keine Sehne reißt. Ich dachte, du hältst von Klavieren genauso wenig? Hast du nicht letztens erst gesagt, dass es lieber mehr Orchesterstücke als Solo -"
      "Oh Thomas, du hast mich mal wieder missverstanden. Ich hatte nur gesagt, dass in einem Saal die Akustik eines Orchesters besser ist als die eines Solokünstlers, aber bei dir Zuhause hört sich das Klavier sicherlich wunderbar an. Sie würden doch kommen, oder, Vincent? Sie müssen, solange Sie noch in Cambridge sind! Es wäre doch sicherlich eine Schande, das wunderschöne Instrument unbenutzt zu lassen, oder?"
      Sie strahlte den Mann über den Tisch hinweg an, belebt über diesen Gedanken, der bei Thomas Magenschmerzen verursachte. Nachdem Vincent ihn darauf hingewiesen hatte, fiel ihm nur allzu sehr auf, wie sehr Darcy sich dem anderen hingeben würde, wenn sie nur die Möglichkeit dazu bekäme.
      Stephen blies seine Rauchwolke über den Tisch.
      "Gute Idee. Samstag Nachmittag? Sie könnten am Vormittag kommen, das Klavier stimmen und am Nachmittag ein paar Stücke präsentieren. Wenn wir Glück haben, scheint ja sogar die Sonne durch; Sie haben doch sicherlich die hohen Fenster des van Helsings-Anwesens bewundern können, oder? Es gibt eine ganz fabelhaft helle Atmosphäre, wenn das Sonnenlicht dort hindurch kommt, das dürfen Sie nicht verpassen."
      Er zog erneut an seiner Zigarre und begutachtete Vincent mit einem gewissen selbstgefälligen Blick in den Augen. Natürlich war ihm nicht entgangen, dass der Mann sich scheins zufällig dem Ort gewidmet hatte, an dem er sein Blut abgewischt hatte. Wo Thomas noch eine gewöhnliche Handlung unterstellte, kaum der Rede wert um irgendwelche Schlüsse daraus zu ziehen, vermerkte Stephen sich den Erfolg des Bluttests. Noch ein Erfolg, nur eine Kleinigkeit in seiner Testreihe, und er würde die Jagd eröffnen. Lieber ein Mord an einem Unschuldigen mehr, als eine erfolgreiche Vampirjagd zu wenig. Er war fest danach bestrebt, sämtliche Kreaturen der Nacht vollständig zu vernichten, ungeachtet sämtlicher Kollateralschaden, die dabei entstehen mochten.
    • Vincent starrte das falsche Pärchen offen an.
      "Also erst einmal: Es geht nicht darum, ob ein Klavier funktioniert oder nicht. Es geht darum, wie es klingt. Würde ich mich jetzt and Thomas' Flügel setzen, würde ich unser aller Ohren nur verletzen. Und zum Zweiten: Ich werde mir die Finger blutig spielen, nur um euch beiden - bitte sagen Sie mir nicht, Stephen, dass Sie Klaviere auf langweilig finden, ich brauche hier einen Freund - zu beweisen, dass Klaviere alles andere als trivial sind. Vorher kann ich nun wirklich nicht nach Harker Heights zurückkehren."
      Er nahm einen Schluck von seinem Wein, während Stephen seinen neusten Plan präsentierte. Clever, eigentlich. Er würde wohl keine Ruhe geben, bevor er Vincent nicht im Sonnenlicht gesehen hatte. Er hatte gehofft, dass Thomas ihm Bericht darüber erstattet hatte, das bereits gesehen zu haben, aber sein kleiner Stunt im Frühstückszimmer hatte wohl nicht ausgereicht. So langsam wurde ihm dieser Stephen richtig unsympathisch. Nicht, weil er sich hier aufführte, als gehöre ihm alles - daran war Vincent gewöhnt. Viel mehr strahlte dieser Mann etwas aus, was Vincent nicht gefiel: Hunger. Dieser Mann jagte nicht, um Menschen zu beschützen. Dieser Mann jagte ob der Gewalt willen. Er wollte töten. Etwas, was Vincent nur zu gut nachempfinden konnte, aber zu meiden gelernt hatte.
      "Diese Fenster habe ich tatsächlich schon bewundern dürfen, allerdings war ich von Thomas' nicht kleiner Sammlung and Büchern abgelenkt. Und einem vernachlässigten Klavier."
      Er warf Thomas einen freundlichen, aber wissenden Blick zu. Diese Gegenstände waren nicht das Einzige an diesem Abend gewesen, das ihn von den großen Fenstern des Anwesens abgelenkt hatte.
      "Samstag klingt wundervoll. So wundervoll tatsächlich, dass ich da schon vergeben bin. Ein Freund vom College gewährt mir Einlass in die alten Sammlungen - eine Gelegenheit, die ich mir nicht entgehen lassen kann. Dort befinden sich einige sehr interessante Stücke, auf dich ich schon immer mal ein Auge werfen wollte. Mit etwas Glück schaffe ich es, mich für ein Abendessen von den Texten loszureißen. Anderenfalls... wie wäre es Sonntag? Zum Tee? Ich bin sicher, die Abendsonne zeichnet einige interessante Bilder durch die hohen Fenster."
      Und es wäre leichter, sie zu vermeiden, selbst in einem Haus wie dem der Van Helsings. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich Vincent im Sonnenlicht präsentierte. Er hatte das schon ein paarmal gemacht, mit unterschiedlichen Erfolgen. Aber hier würde er sich Mühe geben müssen. Er wusste schon, wie er diesen Test über sich ergehen lassen wollte. Allerdings war er sich nicht mehr sicher, ob das Stepen überzeugen würde. Der Mann schien erpicht darauf, jede Ausrede zu nutzen, die sich ihm bot, um Vincent umzubringen. Sollte er es ruhig versuchen. Er war nicht der Erste und würde auch nicht der Letzte sein.
    • Darcy schien gedanklich einen Sieg zu feiern, so wie ihr Lächeln sich ausbreitete und ihr Gesicht vereinnahmte. Eigentlich war das sogar recht angenehm anzusehen, denn Thomas war ebenso sehr nach Lächeln zumute, nur hatte er seine Gesichtsmuskeln deutlich besser unter Kontrolle. Sie waren beide gleichermaßen von Vincents Charme verzaubert - eigentlich waren das alle am Tisch.
      Zumindest alle bis auf Stephen.
      Die Gesichtsmuskeln des Mannes schienen es verlernt zu haben eine aufrichtige Heiterkeit darzustellen, oder zumindest eine, die ein anderer hätte hervorbringen können. Stattdessen schienen sie wie dazu verdammt Neutralität auszudrücken, womit er Vincent auch einen kurzen Seitenblick zuwarf, während er einen Zug von seiner Zigarre nahm.
      "Ich bin eher ein Typ für Blasinstrumente. Trompeten und so ein Zeug."
      Soviel zu Vincents Versuch, dem Mann etwas Freundschaftlichkeit entgegen zu bringen.
      Zur Enttäuschung der anderen beiden, lehnte Vincent das hervorgebrachte Angebot ab, brachte allerdings einen ähnlich guten Gegenvorschlag. Darcy, die offensichtlich Angst hatte, der Mann würde bei der nächsten Absage sich doch dazu entschließen, zurück nach Harker Heights zu gehen, nickte schnell und kräftig.
      "Tee klingt doch gut, oder nicht? Stephen, Thomas? Tee ist gut."
      "Sicher. Drei Uhr? Besser noch um zwei", brummte der Direktor in seine Zigarre.
      "Wann es Vincent beliebt! Sie können ganz ungezwungen bei uns auftauchen - oh, Thomas, wir könnten doch Sonntag brunchen! Und abends ins Theater? Samstag müssen wir die Reeves besuchen gehen, wenn Vincent schon nicht kommt, Thomas. Ich habe ihnen versprochen, das nächste Mal vorbeizuschauen, wenn ich wieder in der Stadt bin. Aber Sonntag, nach dem Brunch, können wir Tee trinken!"
      Thomas, der noch von Vincents unschuldigem Blick die Hitze hinabzukämpfen versuchte, kühlte bei dem Gedanken daran, dass Darcy ja wieder seine Wochenenden in Anspruch nehmen würden, schlagartig ab.
      Er nickte trotzdem. Das war der Preis, den er zu zahlen hatte.
      "Sicher. Machen wir."
      "Ganz wundervoll! Und Sie kommen am Sonntag zum Tee, Vincent. Vergessen Sie es bloß nicht!"
      "Und bringen Sie Ihre Klavierhände mit, wenn Sie schonmal da sind", murrte Stephen, der wohl noch nicht ganz zu verkraftet haben schien, dass sein Plan so gänzlich von Darcy außer Kraft gesetzt worden war. Er warf ihr dafür einen ärgerlichen Blick zu und fing sich den exakt selben Blick von Thomas ein, der sich mittlerweile vornahm, mit seinem Freund noch ein Wort zu reden. Wenn sie alleine waren, selbstverständlich.

      Als das Essen kam, versuchte Stephen weiterhin mit einer erstaunlichen Unermüdlichkeit, Vincent entweder Silbergegenstände anzudrehen oder ihn in Gespräche zu verwickeln, die den eindeutigen Sinn hatten, ihn unvorsichtig werden zu lassen und sich damit selbst zu verraten. Er fragte - so wie schon Thomas - nach seiner Religion, seiner Familie, besonders seinen Eltern, seiner Heimat, seinen Interessen, wie er zu Harker Heights und dessen Reichtum gekommen war, ob er jemals eine größere Schiffsreise unternommen habe. Wenn es eine Gemeinsamkeit gab, die alle Vampire inne hatten, dann war es Inkonsequenz. Mit ein paar Jahrzehnten zu viel, in denen man die Welt mit anderen Augen kennenlernen und erkunden durfte, entfielen einem gerne Sachen, die dann trivial wurden. Wozu sich den Namen der Eltern merken, wenn man schon die Enkel sterben gesehen hatte? Wieso eine Heimat in Ehren halten, die schon voriges Jahrhundert dem Erdboden gleichgemacht wurde? Die meisten Vampire waren außerdem verdreht religiös: Entweder sie waren überzeugte Atheisten, oder aber der Ansicht, sie selbst seien Götter. Nur die wenigsten begriffen noch rechtzeitig, dass keine der beiden Ansichtsweisen sehr zeitgenössisch war.
      Vincent beantwortete aber die Fragen, die er zu beantworten gewillt war, ohne eine Denkpause, ohne einen Namen zu korrigieren, ohne die Antwort hinauszuzögern, ohne zu stottern und sich die Nase zu kratzen, nach den Haaren zu greifen oder seinen Anzug zu glätten. Letzteres war besonders auch Thomas' Angewohnheit, der sich selbst immer wieder dabei ertappte, wie er seinen Unwohl subtil ausdrückte, aber auch das tat Vincent nicht. Vincent war einfach nur Vincent, selbst Stephen musste das früher oder später einsehen.
      Aber wenn er es tat, dann ließ er es sich nicht anmerken. Seine Miene war noch immer so starr wie schon das ganze Essen lang, mit gelegentlichen Blicken in die Runde. Er war wohl nicht sehr gut gelaunt. Er würde es wahrscheinlich auch nicht werden, solange er keine Jagd eröffnen konnte.
    • Vincent ließ den Abend mit Würde über sich ergehen. Dieser Stepehen erhielt die gleichen Antworten wie auch schon alle anderen vor ihm: Er war nicht religiös aber durchaus interessiert an Spiritualität und hin und wieder auch am Okkulten; er war in England geboren worden, aber größtenteils ins Frankreich aufgewachsen - im Haushalt eines langweiligen Politikers, dem sein Sohn nie wirklich genug war, dafür hatte Vincent eine enge Verbindung mit seiner Mutter gehabt; er sah sowohl Frankreich als auch England als seine Heimat an; wenn er nichts Besseres zu tun hatte, genoss er ein gutes Buch oder Musik, manchmal brachte er sich selbst auch einfach eine Sprache bei, das Theater war eine nette Abwechslung, aber nicht Vincents erste Wahl in Sachen Freizeitgestaltung. Er wiederholte seine Geschichte, wie er zu Harker Heights kam mit der ein oder anderen kleinen Stichelei, da Stephen diese Geschichte erst vor einer halben Stunde gehört hatte, und beantwortete die Frage nach Schiffreisen damit, dass er ja wohl irgendwie vom Festland nach England hatte finden müssen und dass er schon das ein oder andere Mal in Irland gewesen war. Vincent musste sich tatsächlich das Grinsen verkneifen ob dieser Frage. Als ob Wasser ihn aufhalten würde. Die Macht des Aberglaubens.
      Während er das Verhör durch Stephen über sich ergehen ließ, gab sich Vincent Mühe, auch Kommentare über das gute Essen fallen zu lassen und die Themen in bisschen interessanter für alle Beteiligten zu gestalten. So gab er beispielsweise ein paar Anekdoten über die französische Landschaft zum Besten, darüber, dass er zwar nicht Seekrank wurde, aber ihm sein Gleichgewicht auf See verloren ging, weswegen er durch die Gegend torkelte wie ein Betrunkener und furchtbar tollpatschig wurde, sobald es Seegang gab. Als er über seinen Vater berichtete, legte er einen Teil des Schmerzes, den er bereits Thomas offenbart hatte, in seine Erzählung und beeilte sich, das Thema auf seine Mutter zu bringen. Hin und wieder warf er den Ball auch gezielt zurück: Was machte Stephen so in seiner Freizeit? Wenn er Blasinstrumente mochte, spielte er dann auch welche? Wie gefiel ihm seine Heimat? Oder sehnte er sich nach dem Zuhause seiner Kindheit? Wie stand es mit seinen und Darcys Eltern? Gab es eine Frau in seinem Leben abgesehen von seiner Schwester? Unverfänglicher Smalltalk, um jemand anderen kennenzulernen, säße Vincent hier nicht einem mordlustigen Jäger als dessen vermeintliche Beute gegenüber.
      Vincent war, trotz all der Worte, die er notgedrungen verlor, als erstes mit dem Essen fertig und lehnte sich zurück, wie es ein wohlgesättigter Mann eben tat, und überschlug die Beine. Er winkte einen Kellner heran und bestellte eine Runde Drinks, die ein bisschen mehr Umdrehungen hatten als eine gute Flasche Wein. Außerdem ließ er dem Koch seine Komplimente ausrichten.
      "Wer auch immer von euch dieses Restaurant ausgesucht hat, dem gebühren ebenfalls Komplimente," meinte er an die beiden anderen Männer gerichtet. "Ausgezeichnete Wahl, meiner Meinung nach."
    • Stephen hatte verloren. Er musste seine Niederlage schließlich einsehen, etwas anderes blieb ihm gar nicht übrig bei der Unmöglichkeit an Beweisen, die existieren konnten. Thomas verspürte eine gewisse teuflische Befriedigung dabei. Beim nächsten Mal würde er nicht so einfach zulassen, dass das Urteil eines van Helsings in Frage gestellt wurde.
      Besonders gegen Ende hin wurden die Antworten des Jägers karg und dürftig und galten nur noch dem Zweck, einem Mindestmaß an Höflichkeit entgegen zu kommen. Er berichtete davon, dass die Arbeit gleichzeitig seine Freizeit war, dass er kein Instrument spiele, dass er London mehr anstrebte als Manchester, dass er jetzt, nachdem er so viele Jahre schon weg war, Cambridge als das kleine Kaff wahrnahm, dass es immer gewesen sei. Von seinen Eltern lebte nur noch die Mutter und es gab keine andere Frau in seinem Leben. Gründe für seine ganzen Antworten nannte er kaum welche und nachdem damit die Last, das Gespräch noch weiter gezwungen aufrecht zu erhalten, zu groß wurde, legte Vincent sie vollends ab. Stephen schien das nichts auszumachen und Thomas versuchte, Vincent ein Lächeln zu schenken, das nicht allzu verfänglich war.
      "Ich habe es ausgesucht. Es erschien mir als gute Abwechslung zur Goldenen Krone, womit ich wohl richtig lag."
      Er lächelte noch immer, aber nicht ganz so beschwingt, als er sich an den anderen Mann wandte.
      "Stephen?"
      Er legte sein Besteck beiseite und griff sich die Serviette, um sich einen unsichtbaren Fleck vom Mund zu putzen.
      "Auf ein Wort, wärst du wohl so nett?"
      "Sicher."
      Sie standen gleichzeitig auf und während Thomas seinen Stuhl zurecht rückte, fischte Stephen bereits wieder nach einer Zigarre.
      "Ihr entschuldigt uns, wir sind gleich wieder da."
      Die beiden Männer zogen ab, während Darcy sich die Lippen leckte und zu Vincent aufblickte. Ihr Lächeln war durch das Essen in den letzten Minuten ein wenig von ihrem Gesicht gewichen, aber jetzt war es so strahlend wie vorhin wieder da.
      "Sie müssen meinen Bruder entschuldigen, Vincent, er ist wohl nicht besonders elegant darin, eine Unterhaltung zu führen. Eigentlich ist er gar nicht elegant, eher mehr wie ein Klotz, dabei ist Eleganz in unserer Familie eigentlich weit verbreitet."
      Sie legte auch ihr Besteck ab, stützte ihr Kinn sachte auf ihren verschränkten Fingern auf und klimperte ein wenig mit den Wimpern.
      "Wo, sagten Sie noch, liegt Ihr Haus? Ich habe es noch gar nicht bestaunen können. Wir sollten doch viel lieber zum Tee zu Ihnen kommen, finden Sie nicht? Wir kennen ja schon alle den Familiensitz der van Helsings, aber Sie könnten uns sicherlich mit Ihrer Sammlung vertraut machen. Ich wäre ganz erpicht darauf ihre besten Stücke aus nächster Nähe bewundern zu können."
      Sie klimperte erneut mit den Wimpern, im selben Moment, als die Spitze ihres Schuhs ihren Weg zu seinem Bein gefunden hatte und dort zaghaft über seinen Knöchel fuhr.