The last Song [Shio & Winterhauch]

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    • Die Anspannung stand beiden ins Gesicht geschrieben, als sie vor dem Arztzimmer warten mussten. Wie schlimm es um Taylor wirklich stand wusste nur John. Er lief auf dem Gang hin und her und seine Gedanken kreisten nur noch um seinen kleinen Bruder.
      Auf die Arbeit in der Nacht konnte er sich kaum konzentrieren.
      Langsam öffnete sich die Tür und der Arzt kam heraus. „Guten Morgen. Dann legen wir gleich los. Kommen sie rein.“ John fuhr Taylor in das Zimmer und nahm dann auf dem Stuhl neben ihm Platz. „Wie geht es ihnen Mr. Davis?“ „Gut soweit. Bin nur noch ein bisschen schwach auf den Beinen, aber ich fühle mich besser.“ Teilweise war es gelogen.. Er wollte so schnell es geht hier weg kommen.
      „Gut. Das andere wird mit der Zeit. Wir verschreiben Ihnen Physiotherapie, dann kommt der Rest von ganz alleine.
      Trotzdem müssen wir über ein ernsteres Thema reden.“ Nervös sah John Taylor an. „Der Krebs hat gestreut und einige Organe befallen. Wenn wir das nicht so schnell es geht operieren wird es schlimmer werden. Ich hoffe auf ihre Vernunft das sie dem zustimmen.“ John blickte zwischen dem Arzt und seinem Bruder hin und her. Taylor verschlug es die Sprache. War es wirklich schon so weit? „Ich habe es ihm heute morgen schon gesagt das er es sich überlegen soll. Zwingen können wir ihn nicht.“ John musste das Wort ergreifen, da er merkte das Taylor schwieg. Der Arzt nickte. „Spätestens Ende der Woche möchte ich eine Antwort wissen. Dann können wir alles sofort einleiten.“ Beide nickten und verließen den Raum wieder.
      John sah ihn besorgt an. „Wie fühlst du dich?“ „Beschissen..“ „Verständlich. Wie gesagt überleg es dir. Und denk dabei an die, denen du wichtig bist.“ Taylor fuhr mit seinem Rollstuhl wieder Richtung Zimmer ohne John zu antworten.
      Verwirrt lief er ihm hinterher. „Jetzt warte doch mal!“ „Lass mich in Ruhe!“ John blieb abrupt stehen und sah wie Taylor in sein Zimmer abbog. Er lies ihn gehen, denn es hatte keinen Sinn ihn jetzt noch mehr unter Druck zu setzen. John verließ das Krankenhaus wieder und fuhr zurück zum Loft um sich dort mit Arbeit abzulenken.
      Taylor war genervt. Er hatte es satt das Leute über sein Leben bestimmen wollen. Doch das es so schlecht um ihn steht, war ihm nicht bewusst.
      Sein Blick schweifte durch den Raum und dann sah er auf dem Nachttisch die Tüte mit den Cookies. „Oh sie scheint die wohl vergessen zu haben.“ Er rollte zum Nachttisch und hob die Tüte an. Darunter lag die Visitenkarte die im Buch steckte. Vorsichtig hob er sie an und las sie sich durch. Dort war ebenfalls eine Handynummer vermerkt. Ob das ihre war?
      In der Schublade kramte er nach seinem Handy und gab vorsichtig die Nummer ein.
      „Was schreib ich ihr jetzt?“
      Taylor starrte minutenlang auf das Display ohne irgendwas zu schreiben. Er wollte ihr auch nicht auf die Nerven gehen.. aber er brauchte eine neutrale Person zum reden.
      Es kam ihn beinahe wie Stunden vor wo er hier sah’s und weiterhin auf das Handy schaute. Er bekam nicht einmal mit das das Mittagessen serviert wurde.
      Erst dann als die Schwester ihn vorsichtig antippte und er zusammen zuckte. „Entschuldigen sie ich wollte sie nicht erschrecken. Aber ihr Essen steht noch und ihre Medikamente.“ Taylor nickte und aß dann doch ein wenig. Krankenhausessen war wirklich nicht das Wahre.
      Die Medikamente allerdings lies er stehen. Er wollte das nicht mit sich machen lassen.
      Schließlich würde das Ganze eh nichts mehr bringen und zwingen kann ihn schon niemand.
      Dann schnappte er sich sein Handy wieder und atmete tief ein und aus und öffnete einen neuen Chat.
      ´Hey hier ist Ty, ich hoffe du bist gestern gut nach Hause gekommen. Es tut mir leid das ich eingeschlafen bin und das ich dich nicht verabschiedet habe. Ich wollte einfach nur wissen wie es dir geht. Ich hoffe wir sehen uns bald wieder. xoxo Ty.´
      Schon war die Nachricht versendet und ein leichtes Lächeln lies sich auf seinen Lippen erkennen.

      Nachdem John überstürzt in das Loft gerannt war und die Tür hinter sich zuwarf, war von ihm eine ganze Weile nichts mehr zu hören.
      Mike, James und Liam trutelten nach der Probe wieder hinein und setzen sich aufs Sofa. Sie hatten Kaffee und Gebäck mitgebracht und liesen den anstrengenden Vormittag ausklingen.
      John der in der Arbeit vertieft war hörte den Trubbel unten und lies die Arbeit vorerst liegen. Er erhob sich von seinem Stuhl und ging nach unten. "Schön das ihr hier alle versammelt seit." Seine Stimme klang ernst und er sah mitgenommen aus.
      Die Jungs waren gleich Ohr und sahen ihn an. "Taylor wird das nicht machen. Er lässt sich nicht behandeln. So wie er vorhin drauf war können wir es vergessen. Das wollte ich euch nur wissen lassen." Sie schwiegen alle samt und liesen die Köpfe hängen.
      Niemand wusste das Taylor mit der Sache wirklich ernst machte.

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    • North Beach zeigte sich an diesem sonnigen Nachmittag von seiner schönsten Seite.
      Die zahlreichen, kunterbunten Restaurants waren voll von Touristen und Anwohnern, die das wunderschöne Wetter genossen. In den kleinen Souvenirläden tummelten sich Neugierige und Suchende. North Beach war bekannt für seine italienischen Cafes und die mediterane Küche. Das Leben pulsierte in den winzigen aber gemütlichen Gassen, die garantiert für jeden etwas zu bieten hatten. Im Washington Square, dem Park des Viertels, ruhten sich Besucher auf den grünen Rasenflächen aus oder veranstalteten ein gemütliches Picknick.
      Charlie genoss es durch die Grünanlage zu schlendern und das pure Leben um sich herum zu spüren. In der linken Hand hielt sie locker eine kleine Plastiktüte, aus der es verführerisch nach frischer Pasta roch. Für die beste Pasta des Viertels nahm sie gerne einen kleinen Fußmarsch in Kauf. Zielstrebig steuerte sie eine kleine Parkbank an und ließ sich darauf im Schatten eines Baumes nieder. Allein bei dem Geruch aus der Tüte lief ihr das Wasser im Mund zusammen. In einer Stunde musste sie zurück im Laden sein, aber bis dahin genoss sie das schöne Wetter und vor allem ihr verspätetes Mittagessen. Mit Plastikgabel bewaffnet, förderte sie einen kleinen Karton aus der Tüte zu Tag, die gleich darauf im nächstgelegenen Mülleimer verschwand.
      Gemütlich nahm Charlie die ersten Bissen und lächelte amüsiert, während sie einen kleinen Welpen beobachtete,der versuchte einen viel zu großen Stock als Trophäe zu seinen Besitzern zu bringen.
      Überrascht zuckte die junge Frau zusammen, als das Smartphone in ihrer Hosentasche vibrierte und nach Aufmerksamkeit verlangte. Vorsichtig stellte sie den kleinen Pappkartion neben sich auf die Banke und entsperrte das Gerät mit einem Fingerwischen. Eine unbekannte Nummer leuchtete ihr entgegen. Die Frage nach dem Absender erklärte sich bereits in der ersten Zeile. Das Lächeln auf ihrem Gesicht breitete sich weiter aus, ehe sie einen Fuß auf die Sitzfläche stellte und das Knie an den Körper zog.
      Nachdenklich starrte sie auf den Bildschirm, ehe sich ihre Finger von ganz allein in Bewegung setzten um eine Antwort zu tippen.
      'Hi! Mach dir keinen Kopf! Du sahst schon aus, als hätte ich dich geweckt, als ich angekommen bin. :)
      Es geht mir gut. Ich sitze gerade im Washington Square genieße das Wetter und mein Mittagessen.
      Geht es dir heute etwas besser? Weißt du schon, wann du entlassen wirst?'
      Charlie pausierte beim Schreiben, um sich eine Gabel der köstlichen Pasta in den Mund zu schieben, bevor sie ganz kalt wurde.
      Was sollte sie Schreiben? Klang sie zu neugierig oder aufdringlich? Seufzend las sie den Text gefühlte hundertemal durch. Mit der Gabel zwischen den Zähnen konzentrierte sie sich wieder auf das Smartphone um die Nachricht fertig zu stellen.
      'Du könntest im Café vorbeischauen.
      Granny freut sich immer über Versuchskaninchen für ihre neuen Backkreationen. xoxo Charlie'
      Senden.
      Sie laß die Nachricht noch einmal durch und verschluckte sie dabei fast an der Plastikgabel.
      Hatte sie Taylor Davis gerade eingeladen? Und auch noch mit Küsschen und Umarmungen die Nachricht beendet? Seufzend rieb sie sich mit dem Handballen über die Stirn. Der Mann war krank und sollte sich erholen. Sich mit Keksen und Kaffee vollzustopfen gehörte scherlich nicht zur ärztlich verordneten Therapie. Und außerdem spielte er in einer Rockband, einer nicht unbekannten Rockband. Da war ein gemütlicher aber chaotischer Buchladen sicherlich nicht die erste Anlaufstelle.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Das Wetter schien heute sehr schön zu sein und einige Menschen waren im Park neben dem Krankenhaus spazieren. Taylor seufzte und senkte den Kopf. Wie lange er hier noch gefangen war wusste er nicht. Doch an diesen doofen Rollstuhl gebunden zu sein war auch nicht die Lösung. Die Zeit bis das Sommerfest stattfand rückte in greifbare Nähe. Er musste noch so vieles machen. Die Jungs würden zwar proben, doch es war nicht das selbe, ohne ihn.
      Das sanfte vibrieren des Handy riss ihn aus seinen Gedanken. Vorsichtig öffnete er die Nachricht und las sie sich durch. Sein leichtes Lächeln verdunkelte sich langsam. Er wusste das sie es nur gut meinte, doch wie in alles auf der Welt sollte er hier weg kommen? Schon alleine im Rollstuhl durch die Stadt zu fahren würde so viel Aufsehen erregen.
      Sie schien den Moment wohl nicht darüber nachgedacht zu haben wer er war.
      Das würde wie ein Lauffeuer durch die ganze Welt gehen.
      Taylor sammelte sich wieder und tippte ihr eine Antwort.
      ´Schön das du antwortest. Mir geht es soweit gut. Ich sitze heute im Rollstuhl, werde mich aber gleich wieder hinlegen. Genieße deine Pause bei dem schönen Wetter.´Der junge Mann machte eine Pause und schrieb dann weiter. ´Das ist lieb das du mich einlädst, aber ich möchte nicht in diesem Zustand irgendwo gesehen werden.. nimm das bitte nicht falsch auf. Wann ich entlassen werde ist noch unklar. Es gab schlechte Neuigkeiten. Damit möchte ich dich aber nicht belasten. Ich werde mich etwas auszuruhen und später noch an Songs schreiben. Wünsche dir einen schönen Tag.´
      Schon schickte er die Nachricht ab. Es schmerzte ihn ein wenig sie nicht besuchen zu kommen, doch es ging so nicht. Taylor legte das Handy auf dem Nachttisch ab und versuchte sich irgendwie aufs Bett zu setzen. Nach wenigen hin und her lag er wieder da und schaute die Decke an. So ein Leben wollte er nicht leben. Er wollte Trubel um sich herum, Musik, laute kreischende Menschen , bunte Lichter..
      Hier hatte er völlige Stille.. nicht das was sich ein Rockstar vorstellen würde.
      Den letzen Cookie aus der Tüte fischte er mit seinen Fingern heraus und aß ihn mit Genuss. Es tat ihm ja leid das er sie nicht besuchen kommen kann, doch er wusste das sie es ihm nicht übel nehmen würde.
      Bald würde er hier raus kommen und sich wieder seinem Leben widmen, so hoffte er..

      Nach der Nachricht von John versuchten sich die Jungs mit irgendwas abzulenken. Sei es Musik hören, im Pool auf der Dachterrasse schwimmen oder sich mit Chips voll zu stopfen. Ganz egal wie, die Stimmung im Loft hing schief.
      John konnte sich nicht mehr auf die Arbeit konzentrieren und legte seinen Stift nieder. Für heute war es genug. Er musste frische Luft schnappen. „Ich geh eine Runde raus.“ John hatte ein Ziel, er würde die junge Frau besuchen, die Taylor gerettet hatte. Vielleicht konnte sie seinen Bruder zur Vernunft bringen. Damit würde er ihm sicherlich keinen großen Gefallen tun und er würde ihn bis ans Ende seines Lebens hassen, doch die Gesundheit stand an oberster Stelle und das sollte er begreifen.
      John machte sich auf dem Weg und gab die Adresse von dem Café ein.
      Es war in einer kleinen Nebengasse und von Außen sah es eher Vintage aus.
      Mit Schwung öffnete er die Tür und trat in den Laden ein. Die Sonnenbrille nahm der Blonde ab und ging schnurstracks zu der Theke hin und setzte sich dort auf eines der Hocker.
      Das er ein wenig Aufsehen erregte war ihm bewusst. Doch das war ihm gerade egal. An der Theke fand er eine ältere Frau, die gerade Kaffee für die Gäste zubereitete. „Guten Tag. Ich bin auf der Suche nach Charlie.“
    • Die Antwort erhielt Charlie nur wenige Minuten später.
      Seufzend tippte sich die junge Frau mit dem Smartphone gegen die Stirn, nachdem sie die Nachricht gelesen hatte. Sie hatte definitiv nicht daran gedacht, dass Taylor kaum in der Verfassung dazu einfach draußen herum zuspazieren. Nicht nur durch seinen Bekanntheitsgrad aber vor allem durch seinen Gesundheitszustand. Er hatte ja am vergangenen Abend kaum die Augen aufhalten können. Die Erwähnung schlechter Neuigkeiten beruhigte ihre Gedanken nicht unbedingt. Sie vermutete bereits, dass hinter dem tragischen Zusammenbruch nach dem Konzert mehr stand, als der Sänger zugeben wollte. Was völlig verständlich war. Die Blonde war eigentlich streng genommen nur eine Fremde, obwohl sie nach dem Besuch am Abend doch glaubte ein wenig mehr von ihm kennen gelernt zu haben. Sichtlich verlegen senkte Charlie die Hand und starrte eine Weile auf das Display. Mit schnellen Fingern tippte sie eine kurze Antwort. Taylor sollte nicht denken, dass sie von seiner Antwort gekränkt war. Viel mehr ärgerte sich Charlie über ihre eigene Gedankenlosigkeit.
      'Eigentlich dachte ich eher daran den Besuch dann zu machen, wenn es dir besser geht. Aber ich verstehe, wenn du das nicht möchtest. Ich habe bei dem Vorschlag nicht wirklich nachgedacht. :P'
      Es tut mir leid, dass die Ärzte keine guten Nachrichten hatten. Ich weiß zwar nicht, was lost ist, aber wenn du jemanden braucht, bei dem du dich auskotzen kannst, schreib mir einfach. Unverbindliches Angebot.
      Ruh dich aus und gute Besserung!'
      Charlie schob das Smartphone zurück in die Jackentasche und schaufelte auch noch den Rest der köstlichen Pasta in sich hinein, die bei der ganze Grübelei fast kalt geworden war. Eine kurze Weile lang genoss sie noch die wärmenden Strahlen der Sonne auf ihrem Gesicht, ehe sie voller Tatendrang aufsprang und den Weg durch den Park zurück ging.
      Es dauerte nur wenige Gehminuten da erreichte Charlie bereits die vertrauten Läden und Cafes des Stadtviertels. Geschickt umrundete sie spielende Kinder und fotografierende Touristen, ehe sie in eine kleine Seitenstraße einbog in der weniger los war. Hier befand sich auf der kleine Buchladen zwischen einem italienischen Restaurant und einer kleinen Bar. Sie winkte fröhlich in die Schaufenster hinein. Die Meisten in dieser Straßen kannten Charlie seit Kindertagen. Das vertraute Klingeln des Glöckchens über der Ladentür ertönte, als Charlie eintrat.
      Freundlich begrüßte sie die sitzenden Gäste an den großen Fenstern, ehe sie ihre Großmutter entdeckte, die angeregt mit einem jungen Mann in einem augenscheinlich sündhaftteuren Anzug sprach.
      "Oh, sie kennen meine Enkelin?", lächelte Beth und reichte dem Unbekannten höflich die Hand. "Bethany Ashdown. Aber bitte, nennen Sie mich Beth. Da fühle ich mich gleich Jahrzehnte jünger. Vor allem bei einem so charmanten Gesprächspartner. Meine Enkelin macht gerade Pause, aber sie sollte jeden...Ah! Charlie, da bist du ja!"
      Etwas überschwänglich winkte die resolute, ältere Dame ihrer Enkelin zu. Beth weigerte sich ihre Haare zu färben, wie andere Frauen es in ihrem Alter taten. Sie trug das Grau mit Würde. Die Augen der Frau strahlte eine gewisse Jugendlichkeit aus. Im Herzen war Bethany noch lange nicht für die Rente geschaffen. Erst jetzt erkannte Charlie den ungewöhnlichen Gast an der Theke.
      Sie hatte doch vor wenigen Minuten noch mit Taylor geschrieben. Ein Notfall konnte es also nicht sein und selbst wenn, warum sollte John Davis damit ausgerechnet zu einer flüchtigen Bekannten Taylos kommen? Und Bekannte war noch ein zu großer Begriff dafür.
      "Mr. Davis? Was führt Sie denn her?" fragte die Blonde verwirrt und eilte auf Taylors Bruder zu. "Nicht, dass ich mich nicht über ihren Bersuch freie, aber...Ist etwas passiert?"
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Freundlich lächelte John die ältere Dame vor ihm an. "Angenehm. John Davis, aber sie können mich gerne John nennen. Ich kenne ihre Enkelin nur flüchtig." Er reichte ihr die Hand. Richtig vornehm sah’s er dort in seinem Anzug und genoss die Blicke der Gäste des Cafés.
      Dann ertönte die kleine Glocke über der Tür und auch der junge Mann drehte sich auf dem Hocker ebenfalls zu der blonden Frau um.
      Sein Lächeln blieb bestehen. Das sie ihn so höflichst begrüßte amüsierte den Mann ein wenig. Er schmunzelte vor sich hin. "Hatten sie eine schöne Pause? Ich würde gerne mit ihnen etwas besprechen wenn sie Zeit haben. Ich kann auch bis zum Feierabend warten. Wenn es ihnen nichts ausmacht." John zeigte mit einer Geste auf einen freien Tisch, der etwas abgelegen war. "Ich würde dann gerne einen schwarzen Kaffee trinken und ein Stück Kuchen essen. Sie können gerne eins aussuchen." Langsam stand er vom Hocker auf und setze sich an den Tisch. Ungern wollte er Charlie von der Arbeit abhalten. Er spürte wie sehr sie dieses Café liebte und mit schlechten Nachrichten sollte sie nicht die restliche Schicht angehen.
      Der Blonde überschlug die Beine und nahm aus seiner Aktentasche sein Tablet heraus um sich ein wenig abzulenken. Die Ruhe hier war angenehm und ein wenig Abwechslung tat ihm auch gut.
      Im Loft hatte er zwar auch den ganzen Tag niemanden um sich herum, doch hier fühlte er sich wohl.
      Diese kleine Café hatte so vieles zu bieten. Dieses familiäre war genau das was er brauchte. Es herrschte eine lockere Stimmung und alle waren nett und freundlich zueinander.
      So konnte John sich auf das wesentliche konzentrieren.
      Langsam wurde ihm Kaffee und ein Stück Erdbeerkuchen serviert. "Vielen Dank." Lächelnd nahm er die Bestellung von Beth entgegen. "Es ist wirklich gemütlich hier."
      Ein Schluck von dem Kaffee nahm er vorsichtig zu sich. Er war vollmundig und aromatisch. Genau das was er liebte.
      Man sah es ihm an das er ihn genießt.
      Das leckere Stück Kuchen nahm er nach und nach mit der Kuchengabel vom Teller. Er schmeckte voller Liebe.
      Wenn Taylor nur hier wäre.. ihm würde das Ganze ebenfalls gefallen.
      Seufzend tippte er weiter auf seinem Tablet herum. So verging die Zeit langsam aber sicher.

      Taylor hatte mittlerweile den Fernseher angeschaltet und schaltete durch die Sender. Es war nichts spannendes zu sehen. Wie gerne würde er jetzt Netflix haben oder Prime Video..
      Doch selbst dieses Krankenhaus verfügte nur über die Standartausstattung.
      Eine Doku über eine Weltreise schien ihn dann doch zu interessieren.
      Das Handy neben ihn blinkte immer wieder auf und zwischendurch schaute er aufs Display.
      Er las ihre Nachricht und rümpfte die Stirn. Tat sie nur so oder war das vorhin wirklich nur ein Versehen? Taylor wusste es nicht. Er kannte die Frau sowieso nicht.
      Eine Antwort schickte er ihr nicht. Er fühlte sich auf den Schlips getreten.
      Das Handy verschwand im Nachtkasten und er widmete sich wieder der Doku.
      Zwischendurch nickte er immer mal ein.
      Am späten Nachmittag bekam er das erste Mal Physiotherapie. Dort spürte er wie wenig Kraft er eigentlich noch hatte und wie wenig er auf seinen Körper gehört hatte.
      Nach der Stunde lag er sofort wieder im Bett und ruhte sich aus.
      So wollte er wirklich nicht für immer leben.
    • "Etwas besprechen? Mit mir?" Die Verwirrung stand Charlie ohne Zweifel ins Gesicht geschrieben.
      Mit flüchtigen Bekanntschaften gab es in der Regel nicht viel zu besprechen und so sehr sie versuchte in der Johns Davis Miene einen Anhaltspunkt auf das Problem zu bekommen, war in seinem Gesicht doch nichts abzulesen als eine freundliche Höflichkeit.
      "Natürlich. Setzen Sie sich.", lächelte die junge Frau schließlich und hatte ihren eigenen Gesichtsausdruck endlich wieder Kontrolle. Mit ihrer Verwunderung musste sie ausgesehen haben, wie ein Goldfisch in seinem Glas. Leicht schüttelte sie den blonden Haarschopf und konzentrierte sich wieder auf ihre Arbeit, nachdem sie eine schlichte, dunkelgrüne Schürze um ihre Hüften gebunden hatte.
      Die routinierten Arbeiten lenkten sie leider nur wenig erfolgreich von der Tatsache ab, das Taylors Bruder konzentriert an einem ihrer Tische saß und scheinbar seinen Beruf ausübte. Der teure Anzug, seine ganze Art und das Tablet verliehen ihm den richtigen Businesslook. Im allgemeinen wirkte John äußerst wichtig und sehr professionell. Sie fragte sich, was er beruflich tat, vermutete bereits aber eine Stelle bei einer Bank oder Börse. Zwei Brüder hätten äußerlich nicht unterschiedlicher sein können als John und Taylor.
      Beth bereitete es sichtlich Vergnügen den attraktiven, jungen Mann zu bedienen und sie brachte ihm ein extra größes Stück von ihrem berühmten Erdbeerkuchen. Für die Sommertage und zum Kaffee genau das Richtige. Der Geruch allein war schon absolut unwiderstehlich.
      Obwohl sich Charlie sichtlich darum bemühte, allen anderen Kunden gerecht zu werden, ließ sie doch die Nervosität nicht los.
      In ihrem Kopf setzten sich bereits die ersten Ideen zusammen, was John Davis von ihr wollen könnten. Vielleicht ging es um eine Verschwiegenheitserklärung, damit sie mit dem Vorfall nicht zur Presse ging oder es in den sozialen Medien publik machte. Der Gedanke, dass es tatsächlich darum ging, war verständlich aber kränkte Charlie auch ein wenig. Allerdings war das die Aufgabe eines Managers und nicht des Bruder. Also musste es etwas Persönliches sein.
      Charlie wusste nicht welche der beiden Optionen am Ende wirklich schlimmer war.
      Gegen Ende ihrer Schicht erlöste Beth ihre Enkelin endlich von der quälenden Warterei und schickte sie mit einem Cappuccino für Charlie und einer frisch aufgebrühten Tasse Kaffee zu ihrem gutaußehenden Gast an den Tisch. Während Charlie sich setzte, schloss Beth die Tür des Ladens für diesen Abend als alle Gäste gegangen waren. Im Vorbeigehen legte sie ihrer Enkelin den Schlüssel auf den Tisch, damit sie morgen früh öffnen konnte und verließ mich einem warmen Lächeln und einer schlichten Verabschiedung das Café durch die Hintertür.
      "Meine Lieben, ich werde mich in meinen wohlverdienten Feierabend verabschieden. Lasst euch Zeit und wenn du etwas brauchst mein Schatz.", sagte sie an Charlie gewandt. "Rufst du mich an, in Ordnung? Es war mir ein Vergnügen ihre Bekanntschaft zu machen, Mr. Davis. Sind sind jeder Zeit willkommen."
      Als die Hintertür ins Schloss fiel, nahm Charlie gerade einen bedächtigen Schluck aus der Tasse und stellte diese mit einem leisen Klicken auf der Unteratsse ab. Beunruhigt sah sie John an.
      "Also, über was wollten sie mit mir sprechen?", fragte sich und biss sich nervös auf die Unterlippe.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • John war vertieft in seine Arbeit und kam gut voran. Die Ablenkung war wichtig, denn das Gespräch was er mit Charlie führen wollte, war alles andere als erfreulich.
      Immer wieder bestellte er sich einen Kaffee und etwas Wasser dazu.
      Die Zeit verging wie im Fluge, als sich Beth von ihm verabschiedete. „Ich habe ihnen zu danken für den freundlichen Service. Gerne komme ich auf ihr Angebot zurück.“
      Der Blonde reichte ihr die Hand und lächelte sie an.
      Das Tablet klappte er zu und verstaute es wieder in seiner Aktentasche.
      Er beobachtete die beiden Frauen wie sie alle Gäste verabschiedeten und dann war es soweit. Charlie setze sich zu ihm an den Tisch und schon bereitete sich ein wenig Unbehagen in seinem Magen aus.
      John nahm eine ernstere Haltung ein wie noch vorhin.
      „Also..“ Prompt wusste er nicht wie er anfangen sollte. Dieses Thema war für ihn nicht so einfach. Ein Schluck vom Kaffee sollte ihn wieder etwas runterbringen.
      „Wie bereits oftmals gesagt danke ich ihnen für die schnelle Hilfe für meinen Bruder. Ich weiß das es nicht einfach für sie sein musste damit umzugehen. Ich hoffe sie denken jetzt nicht das ich ihnen eine Moralpredigt halten würde. Es versteht sich von selbst das man damit nicht an die Presse geht und ich schätze sie auch nicht so ein.“
      Er holte Luft und fuhr dann fort.
      „Mir geht es um ein ganz anderes Thema. Taylor möchte sich nicht behandeln lassen.. so sieht es im Moment aus. Das heißt das er nicht gegen den Krebs ankämpfen möchte. Er will sein Leben einfach so hinwerfen.“ John blickte Charlie sichtlich traurig an und versuchte herauszufinden was sie gerade fühlt.
      „Ich weiß das sie nicht wussten was er hatte als sie ihn dort aufgefunden haben, aber ich wollte es sie wissen lassen, da ich eine Verbindung zwischen ihnen und meinem Bruder gespürt habe. Ich hoffe es war nicht ein allzu großer Schock.“ John versuchte einfühlsam zu sein.
      „Nun muss eine Lösung gefunden werden. Es kann vorerst behandelt werden, damit die anderen Organe nicht befallen werden. Doch mein Bruder ist stur und ich kenne ihn. Er würde am liebsten noch heute das Krankenhaus verlassen. Der Arzt meinte wir sollten bis Ende der Woche eine Entscheidung getroffen haben.
      Daher bitte ich sie, Charlie, mir zu helfen. Vielleicht hört er auf dich. Es tut mir verdammt weh in so sehen zu müssen.. Überlege es dir.“ John kramte aus seinem Jackett eine Visitenkarte raus und überreichte es ihr. Dort stand seine Telefonnummer drauf und die Adresse von Loft. „Du kannst dich gerne melden oder vorbei kommen. Dann können wir alle nochmal gemeinsam quatschen auch mit den Jungs.“
      Er trank seine Tassen aus und stand auf. Die Aktentasche in der Hand und seinen Autoschlüssel in der anderen, ging er Richtung Ausgang. „Ich danke dir für deine Gastfreundschaft und für deine Hilfe.“
      John nickte ihr freundlich zu und verließ das kleine Café.
      Er hoffte das sie irgendwas bei Taylor erreichen konnte.. egal was.
      Mit einem mulmigen Gefühl fuhr er zurück ins Loft um den Jungs von dem Treffen zu erzählen. Später würde er nochmal ins Krankenhaus fahren. Doch was ihn dort erwarten würde, hätte er niemals gedacht.
    • Die Anspannung ließ sich kaum verbergen.
      Charlie straffte die Schultern und saß viel zu gerade und steif, um auch nur den Hauch von Gelassenheit zu vermitteln. Etwas beruhigt hörte sie den ersten Sätzen zu und empfand große Erleichterung, dass John Davis sie nicht für ein geschwätziges Plappermaul hielt. Verwirrt blickte sie ihren Gegenüber an und trommelte nervös mit den Fingernägeln auf dem warmen Porzellan der Kaffeetasse. Wenn es nicht um die Versicherung ihres Schweigens ging, wo lag dann das Problem? Vielleicht forderte er sie gleich dazu auf, sich in Zukunft von seinem Bruder fernzuhalten, um Pressegerüchte zu unterbinden. Und um ehrlich zu sein, Charlie wüsste nicht damit umzugehen, wenn sich der Fokus der Medien ebenfalls auf sie verschob. Sie mochte ihr ruhiges und geordnetes Leben, auch wenn es in den Augen von Bekannten und Freunden etwas eintönig wirkte. Auf der anderen Seite mochte sie Taylor. Das Gefühl hatte sie bereits nach ihrem ersten vorsichtigen Gespräch gehabt. Hinter der Fassade eines extrovertierten Bühnenkünstlers steckte mehr, als es den Anschein hatte. Und Charlie wünschte sich mehr über den Mann zu erfahren, der sich hinter dem bildlichen Vorhang versteckte.
      "Aber wenn es nicht die Sorge um negative Presse ist, warum sollten sie sonst hier sein?", murmelte Charlie nachdenklich und bekam ohne Umschweife die niederschmetternde Antwort.
      Mit jeder Silbe verlor das Gesicht ein wenig mehr an Farbe und die Augen weiteten sich vor Schock. Tief in der Magengrube bildete sich gefühlt ein schwerer und drückender Stein und Charlie schluckte das Bedürfnis sich zu übergeben tapfer herunter. Mittlerweile war sie so blass, dass sie selbst dem weißen Porzellan Konkurrenz machte. Das Gesagte klang unwirklich in ihren Ohren und der erste Reflex war ein sachtes Kopfschütteln, als wollte sie die Wahrheit einfach von sich abschütteln. Charlie blinzelte hektisch, denn obwohl sie Taylor kaum kannte, war es dennoch ein Menschenleben von dem hier gesprochen wurde. Sie presste die Lippen zu einer schmalen Linie und legte die Hände auf ihren Knien ab, wo sich diese zu zitternden Fäusten ballten.
      "Das ist schrecklich.", flüsterte sie und bemühte sich den Augenkontakt mit John zu halten, der fließend vom respektvollen Sie in das vertrautere Du wechselte. Ob sie das Recht hatte Taylor ins Gewissen zu reden, daran zweifelte sie. "Ich hatte wirklich keine Ahnung, aber irgendwo habe ich doch vermutet, dass mehr dahinter steckt und es alles andere als ein gewöhnlicher Schwächeanfall war. Es tut mir furchtbar Leid, John. Aber ich weiß nicht, ob ich die Richtige dafür bin. Was immer du glaubst im Krankenhaus gesehen zu haben, Taylor kennt mich kaum. Sollten nicht seine Freunde mit ihm sprechen?"
      Seufzend strich sie sich eine Strähne des blonden Haares hinter die Ohren. Das Vernünftigste wäre gewesen, sich von der Situation abzukapseln. Sie war eine Fremde für alle beteiligten, weder Freundin noch Familienangehörige. Und Taylor würde alles andere als begeistert sein, wenn er davon erführ, dass sein Bruder sich hinter seinem Rücken mit Charlie getroffen hatte. Da war sie sich sicher.
      "Versteh mich nicht falsch, ich würde gerne helfen.", fuhr sie bedächtig fort. "Aber ich glaube kaum, dass ich etwas bewirken kann. Er wird allein darüber aufgebracht sein, dass du es mir hinter seinem Rücken gesagt hast. Ich glaub nicht, dass er wollte, das ich etwas davon weiß."
      Das Verhalten des Sängers ergab auf seltsame Weise sind. Charlie hatte nichts davon gewusst und ihn keine Sekunde wie einen Todkranken behandelt. Vielleicht hatte er genau das gewollt.
      Zögernd nahm sie die Visitenkarte entgegen und nickte stumm. Und die eigene Antwort kam für sie wenig überraschend.
      "Okay. Ich melde mich. Versprochen."

      Charlie saß noch eine ganze Weile nachdem John gegangen war in dem geschlossenen Kaffee und sah auf den längst eiskalten Kaffee in ihrer Tasse. Es dauerte etwas bis sie sich aufraffte und das dreckige Geschirr wegräumte und schlussendlich nachdenklich die Tische abwischte. Während sie die Stühle ranrückte, glitt ihr Blick durch den menschenleeren Raum, der ihr plötzlich viel zu groß vorkam. Draußen zogen Passanten an dem großen Fenster vorbei und unternahmen entspannte Abendspaziergänge oder trafen sich zum Essen in einem der zahlreichen, gemütlichen Restaurants. Der Appetit war Charlie allerdings vergangen.
      Einen Augenblick lang starrte sie regelrecht Löcher in das Putztuch in ihrer Hand. Die Hand um den Stoff ballte sich zur einer Faust und sie atmete tief durch, um die verkrampften Glieder wieder zu lösen. Es war die Sekunde, in der sich das erste Mal Tränen aus ihren Augen löste, seid John ihr die schreckliche Botschaft überbracht hatte. Ungehindert weinte Charlie mit einem unterdrückten Schluchzen zwischen Büchern und dem langsam verblassenden Duft von gebrühtem Kaffee und Gebäck. Das war nicht fair.
      Abgesehen von der Tragik, dass Taylor viel zu jung war, wurde ihr vermutlich nun auch die Chance genommen herauszufinden, was sich binnen 48 Stunden zwischen ihnen entwickelt hatte. So flüchtig und zart es auch war. Sie fühlte sich dem jungen Mann gefangen in seinem Krankenhausbett verbunden. Und es tat weh.
      Es vergingen weitere Stunden, ehe Charlie schließlich in ihrer Wohnung auf dem Sofa saß und Otello über das schwarze Fell streichelte. Der Kater schnurrte unbekümmert vor sich hin, während sein Frauchen auf die Visitenkarte in ihrer Hand starrte. Die Entscheidung war ihr doch schwerer gefallen, als zunächst vermutet. Konnte sie wirklich ihr Herz sehr an diese ganze Sache hängen?
      Mit entschlossener Miene fischte sie ihr Smartphone zwischen den Sofakissen hervor und tippte etwas zu energisch die Nummer von John ein. Die unruhigen Bewegungen veranlassten Otello dazu empört zu maunzen und das Weite zu suchen.
      Unurhig lauschte sie dem Freizeichen und als der Hörer abgenommen wurde, wartete sie gar nicht auf seine Begrüßung. Sie musste es loswerden, bevor sie es sich anders überlegete. Es war bereits 22:00 Uhr, aber sie bezweifelte, dass John angesichts der Umstände bereits schlief.
      "Hallo John, hier ist Charlie.", sagte sie. "Ich hab's mir überlegt. Was kann ich tun?"
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • John rief die Jungs zusammen, die sich gerade noch ihren Aufgaben widmeten. Sei es Hausaufgaben für die Schule oder das Beüben der Instrumente.
      Die Jungs setzen sich auf das Sofa und Liam ergriff sofort das Wort. "Was gibt es so Wichtiges? Ich war gerade dabei eine mega coole Idee für das Sommerevent zu entwerfen." John zog eine Augenbraue hoch. Hier gab es ja wohl weitaus wichtigere Dinge als gerade an die Karriere zu denken.
      Er verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte mit den Kopf.
      "Ihr wisst immer noch nicht wie ernst die Lage ist. Taylor will keine Behandlung. Ich hab sogar das Gespräch mit dieser Frau gesucht nur damit ich irgendwie Hilfe bekomme. Ich weiß nicht weiter und du denkst wirklich ernsthaft an dieses doofe Fest? Ich reiß mir hier den Hinteren auf um meinen Bruder zu retten!" Sofort schwieg Liam und senkte den Kopf.
      "Ich weiß das ich ihn damit nicht wirklich was Gutes getan habe weil ich Charlie aufgesucht habe. Das wird er mir sicher ewig vorhalten und nicht verzeihen. Aber sie hat einen guten Draht zu ihm und vielleicht kann sie ja etwas bewirken."
      Die Jungs nickten. "Wir wissen leider wie er ist. Er kann verdammt stur sein. Und in seiner Haut möchte ich jetzt nicht unbedingt stecken." Mike legte eine Hand auf Johns Schulter.
      "Es wird eine harte Zeit auf uns zu kommen das spüre ich", fügte James hinzu.

      So langsam ging jeder wieder seiner Arbeit nach. John bereitete sich schon mental auf den Krankenhausbesuch vor. Nach heute Morgen hoffte er das sich Taylor wieder beruhigt hatte. Doch dies war nicht der Fall. Relativ spät am Abend fuhr er los.

      Völlig verwüstet sah das Zimmer des Frontsängers aus. "Lasst mich hier raus! Ich will das hier alles nicht!" Taylor hämmerte gegen die bereits verschlossene Tür seines Zimmers. Davor standen ratlose Ärzte und Schwestern.
      Taylor ist durchgedreht, nahm seine Medikamente nicht und ihn wurde alles zu viel. Er brach zusammen und alles entwickelte sich zu einem Wutanfall.
      John eilte schnellen Schrittes über die Station als er die Schreie aus dem Zimmer hörte. "Was in aller Welt geht hier vor sich?" Entsetzt blickte er das Personal an. Der behandelte Arzt kam aus seinem Zimmer und ging auf ihn zu. "Er hat einen Anfall, ist nicht zu beruhigen. Vielleicht können sie?" John nickte ehe der Arzt zu Ende sprechen konnte.
      "Schließen sie die Tür auf." Ein wenig Bammel hatte er zwar, doch es war sein Bruder.
      Vorsichtig öffnete er die Tür und Taylor sah’s völlig verzweifelt auf den Boden neben seinem Bett. Wie er dorthin gekommen ist wusste niemand. Der Rollstuhl lag umgekippt beim Fenster.
      Die Bettwäsche lag verteilt im Zimmer und das Kopfkissen war auseinander gerissen. Überall flogen die Federn herum. Die Bilder, die die Jungs mitgebracht hatten lagen auf den Boden und Bruchstücke der Bilderrahmen lagen daneben.
      John war total erschrocken und schluckte, Tränen kullerten über seine Wangen und er hockte sich auf den Boden vor seinem Bruder. Sanft nahm er ihn in den Arm. Taylor zittere und schluchzte. John sprach die ganze Zeit kein einziges Wort, sondern hielt nur den jungen Mann in seinem Armen. Er strich ihn sanft über den Rücken in der Hoffnung das er sich beruhigt.
      Die beruhigende Stille zwischen den beiden wurde durch das laute Klingeln seines Handy gestört.
      "Ich muss da kurz dran, dann bin ich gleich wieder für dich da und dann erzählst du mir was passiert ist ok?" Ty nickte und John stand langsam auf und ging aus dem Zimmer. Mit einem Zeichen gab er den Personal Entwarnung und ging ans Telefon.
      Doch ehe er etwas sagen konnte fiel sie schon mit der Tür ins Haus.
      John räusperte sich. Er hatte das Gefühl ihm würde die Kehle zugeschnürt werden.
      "Ist gut.....Das freut mich. Die Lage ist gerade sehr prekär… bin gerade in Krankenhaus und er steh vollkommen neben sich. Wenn du kommen magst dann komm, aber erwarte nicht so viel."
      John legte auf und ging zurück ins Zimmer.
      Taylor sah’s immer noch da wie ein Häufchen Elend. John setzte sich wieder zu ihm auf den Boden und nahm ihn wieder in den Arm. "Dann schieß mal los was ist passiert?" Taylors Blick war leer und er sah furchtbar aus.
      Er zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht. Mir wird gerade alles zu viel. Ich möchte einfach nach Hause." Tränen stiegen John bei dem Anblick wieder in die Augen doch er versuchte stark zu bleiben.
      "Ich verstehe dich, nur was sollen wir jetzt tun? Ich bin selbst ratlos. Wenn ich dich hier so sehe, zerbricht es mir das Herz." Ty legte seinen Kopf an Johns Schulter und weinte. Er lies alles heraus was sich die letzen Jahre angestaut hat. "Ich hab einfach Angst. Angst davor nicht mehr der Selbe zu sein wie vorher.." John verstand ihn sehr gut. Auch er hatte Angst vor dem was passieren könnte und was auf alle Beteiligten in naher Zukunft zukommt.
      Sie war ungewiss und niemand von ihnen wusste das die nächste Zeit mit sich brachte…
    • Bevor Charlie eine Antwort geben konnte, hatte John bereits ausgelegt.
      Offenbar schien die Lage vor Ort schlimmer zu sein als erwartet und die junge Frau fragte sich, ob es wirklich der richtige Augenblick war um Taylor mit der Tatsache zu überrumpeln, dass sie Bescheid wusste. Nervös kaute Charlie auf ihrer Unterlippe und blickte auf das verdunkelte Display ihres Smartphones. Der Entschluss geriet ins Wanken, während die wenigen Worter unaufhörlich in ihrem Kopf herum wirbelten. Es vergingen exakt Dreißig Minuten da sprang Charlie von der alten, aber bequemen Couch auf und schreckte damit zum zweiten Mal an diesem Abend Otello auf, der dieses Mal fauchend und mit gesträubtem Fell in sein Körbchen verschwand. Entschuldigend sah sie dem aufgeplusterten Kater nach und eilte die Treppe zu ihrem Schlafzimmer herauf. Schnell schlüpfte sie in einen bequemen Pullover mit dem Logo der ansäßigen Universität darauf und eine schlichte, schwarze Jeans. Während sie die Treppe mehr herunter stolperte als wirklich ging, streifte sie einache Turnschuhe über und schnappte sie im Vorbeigehen den Autoschlüssel.
      "Bis später, Otello!", rief sie noch durch den geöffneten Türspalt in die winzige Wohnung, ehe sie abschloss und nach draußen lief.
      Die Fahrt zum Krankenhaus war Charlie noch nie so lang vorgekommen. Gefühlte Ewigkeiten verbrachte sie vor roten Ampeln und zu allem Überfluss befand sich der Parkplatz direkt vor dem Krankenhaus noch im Umbau. Vor einem Baustellenschild drückte die ehemalige Studentin auf die Bremse und starrte das Schild an, dass sich offenbar über die lustig machte. Erst Minuten später fand sie endlich einen geeigneten Parkplatz ohne fürchten zu müssen, innerhalb der nächsten Stunde mit einem Abschleppdienst diskutieren zu müssen.
      Sie hatte nichts dabei außer den Schlüsseln und ihrem Smartphone. Ein kühler Wind ließ sie frösteln. In der Küstenstadt war es selbst im späten Sommer nachts noch kühl. Mit den Armen um sich geschlungen, überquerte Charlie mit eiligen Schritten die Straße und betrat die Empfangshalle des Krankenhauses.
      Das nächste Hinderniss stellte sich als resolute Stationsschwester heraus, die partout keine Besucher mehr hineinlassen wollte. Immerhin sei es weit, weit außerhalb der regulären Besuchszeiten und die Patienten bräuchten ihre Ruhe. Zugegen war es mittlerweile recht ruhig geworden, vielleicht hatte Taylor sich beruhigt und schlief wieder. Vielleicht hatte sie einfach zu lange gebraucht. Adrenalin und die Aufregung förderten nicht gerade das sonst eher ruhige und sanfte Gemüt der jungen Frau.
      "Sein Bruder hat mich angerufen und mir erlaubt zukommen. Fragen Sie John Davis, bitte.", versuchte sie es erneut, wobei ihr Tonfall mittlerweile doch recht ungehalten wurde. Sie machte sich Sorgen und fragte sich gleichzeitig immer noch, was sie hier überhaupt verloren hatte. Aber John musste mit seinem Latein am Ende sein, wenn er eine unbekannte Frau um Hilfe bat. Dabei wusste sie nicht einmal, wie sie überhaupt helfen sollte. Zweifel nagten an ihr.
      Da kehrte die grimmige Krankenschwester zurück aus dem Schwesternzimmer.
      "Sie dürfen durchgehen, Miss.", sagte sie und versteckte dabei ihr Misfallen nicht eine Sekunde lang.
      "Danke...", mumelte Charlie und bemühte sich nicht zu rennen, als sie den mittlerweile vertrauten Weg zu Taylors Zimmer folgte.
      Davor holte sie tief Luft und sammelte all ihren Mut zusammen. Eigentlich war sie auf so gut wie alles gefasst, aber vor allem darauf, dass Taylor sie im hohen Bogen wieder aus dem Zimmer schmiss. Und auf das Donnerwetter, dass sein großer Bruder bekommen würde.
      Sanft klopfte sie mit den Knöcheln gegen die Tür und öffnete die Tür einen Spalt breit, als sie Johns Stimme hörte, die sie herein bat.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Langsam schien sich die Situation etwas zu beruhigen und Taylor sammelte sich wieder.
      John fing allmählich an das Zimmer aufzuräumen um ein wenig Ordnung zu schaffen. Falls Charlie kommt, das sie nicht gleich einen Herzinfarkt bekam, wenn sie das hier sieht.
      John hob die Bilder auf und musste tatsächlich aufpassen sich nicht an den scharfen Kannten der Scherben zu schneiden.
      "ich besorg dir neue Bilderrahmen`, sprach er in einem ruhigen Ton zu seinem Bruder.
      Ty nickte bedacht und ihm wurden gerade die Auswirkungen seines Anfalles bewusst. Er blickte sich in dem Zimmer um und würde am Liebsten im Scham versinken. Wie konnte er nur so die Kontrolle über sich verlieren?
      Ein Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken. "ich geh schon." John legte die Bilder auf den Tisch und ging zur Tür.
      "Entschuldigen sie Mr. Davis, aber hier ist eine Frau die außerhalb der Besuchszeiten hier aufgetaucht ist." John schielte um die Tür herum und sah Charlie dort am Tresen warten. "Schon in Ordnung. Lassen sie sie ruhig herein kommen." "Gut ich sage ihr Bescheid." "Danke. Ach und können sie mir bitte einen besen, Kehrschaufel und ein neues bezogenes Bettzeug bringen?" "Natürlich." Die Schwester eielte zurück und John schloss die Tür hinter sich. Taylor sah in verwirrt an. "Besuch? Wer soll denn um die Uhrzeit hier her kommen?" John ignorierte ihn, da er genau wusste das Taylor ausrasten würde, wenn er erfahren würde das er Charlie hier her einlud. Gut sie kam freiwillig her, doch das die beiden ein Gespräch miteinander hatten, durfte er nicht wissen.
      Das würde alles nur noch schlimmer machen.
      John begab sich weiter daran aufzuräumen. "Jetzt sag schon.. Ich mag diese Geheimniskrämerrei nicht."
      Er schwieg, das sanfte Klopfen an der Tür lies Taylor erneuert aufhorchen. "Komm herrein", sprach John ruhig.
      Ty starrte auf die Tür und als er sah wer das Zimme betrat setze sein Herz kurze Zeit aus. "Charlie?" Verwundert sah er zwischen ihr und John hin und her. Seine Scharmesröte stieg immer mehr in seinem Gesicht auf. Er zog die Hände vor sein Gesicht, sodass sie ihn nicht anschauen kann. "Was machst du denn hier?" Völlig verwirrt schielte er zwischen den Fingern durch um einen kurzen Blick von ihr zu erhaschen.
      "Jetzt lass die Albernheiten." John sah ihn ernst an. Die Schwester brachte noch schnell die angeforderten Mittel und war geschockt als sie das Zimmer sah. Ohne ein Wort ging sie wieder heraus. "Ich hoffe du bist nich allzu geschockt von all dem hier. Mein kleiner Bruder hat ganze Arbeit geleistet." Taylor zog seine Knie an und schlung seine Hände drumherum. Er senkte seinen Blick und wollte sich am Liebsten vergraben. "Ich möchte nicht das du mich so siehst.." Der junge Mann war ein Schatten seiner selbst und völlig am Ende. Zerbrechlich wie Glas.
      "Ich hole uns allen einen Kaffee und lass euch kurz alleine." John lächelte Charlie an und ging aus der Tür. Tief atmete er aus und sammelte seine Gedanken. Bevor er in Richtung Snack- und Kaffeeautomaten lief.
      Die Stille in dem Zimmer brachte ihn beinahe um, doch er schämte sich für das was er war..
    • Hinter der geöffneten Tür begrüßte Charlie ein Bild der Zerstörung.
      Vor dem Fenster lag lieblos umgekippt der Rollstuhl und mittem im Raum waren Kissen und Bettbezüge warlos verteilt. In den Kissenbezügen entdeckte Charlie ausgefranste Risse. Dazu passte das Bild unzähliger, weicher Daunenfedern, die sich im gesamten Raum verteilt hatte und zusammen mit den Glasscherben am Boden ein wahrhaftiges Bild des Chaos präsentierten. Schon beim ersten vorsichtigen Schritt in das Zimmer knirschten feinste Splitter unter den Sohlen ihrer Turnschuhe. Behutsam schloss sie die Tür und entdeckte inmitten von Bruchstücken und weichen Federn Taylor am Boden vor seinem Bett, obwohl er eigentlich darin liegen sollte. Selbst ein paar der lebenswichtigen Schläuche waren aus seiner Haut gerissen und fügten der Unordnung ein paa rote Farbtupfer hinzu.
      Charlie machte sich gar nicht die Mühe den Schock in ihrem Gesicht zu verbergen und hob beiläufig eines der zerbrochenen Bilder vom Boden auf, nur um es vorsichtig auf einem kleinen Tisch neben der Tür abzustellen. Es war ein Gruppenfoto der Band auf dem alle strahlend in die Kamera grinsten. Genaugenommen sahen die Jungs darauf noch etwas jünger aus.
      Flüchtig hob sie den Blick zu John, der ihr ermutigend zulächelte und sie konnte nicht anders, als das Lächeln kurz zu erwiedern. Taylors Bruder war ein guter und fürsorglicher Mensch, auch wenn er in einen teuren Anzügen etwas unterkühlt und professionell auftrat. Der seriöse Anschein von Geschäftlichkeit legte sich jedoch, sobald man einen näheren Blick wagte.
      Die Tür fiel hinter ein weiteres Mal ins Schloss und das Geräusch, das viel zu Laut in der nervösen Anspannung des Zimmers wirkte, war den letzte Impuls den Charlie brauchte um sich endlich in Bewegung zu setzen. Dabei überging sie wissentlich die erste Frage des jungen Mannes, der einem Häufchen Elend gleich am Boden hockte.
      "Ich weiß," flüsterte sie sanft. Natürlich, wer wollte in einem solchen Zustand schon neugierige oder mitleidige Blicke um sich haben. Charlie verstand ihn nur allzu gut und doch durchquerte sie die Raum schneller, als vermutet. Augenblicklich kniete sie neben Taylor am Boden und achtete dabei auf die herumliegenden Scherben. "Kannst du aufstehen?"
      Die Frage klang vorsichtig, dennoch überlegte Charlie nicht lange und legte sich beherzt einen seiner Arme um die Schultern. Der Anblick grenzte beinahe an Komik, als die wesentlich kleinere Frau versuchte den Sänger, der sie weit überragte auf die Beine zu helfen. Stützend drückte sie eine warme, sanfte Hand gegen seine Brust und schaffte es tatsächlich mit etwas Hilfe wackliger Beine Taylor auf die Füße zu helfen.
      "Fass das nicht falsch auf.", grinste sie unter dem Gewicht des Sängers, wobei ihr blonder Haarschopf gerade bis unter sein Kinn reichte. Bisher hatte er immer neben Charlie auf dem Bett gesessen und der Größenunterschied war kaum aufgefallen. Obwohl die Situation mehr als dramatisch war, konnte sie ein amüsiertes und leises Lachen nicht unterdrücken. "Aber für einen so dünnen Kerl bist du ganz schön schwer."
      Mit etwas Mühe schafften sie es gemeinsam, dass Taylor sich wenigstens auf die Bettkante setzten konnte und damit außerhalb der Reichweite scharfkantiker Scherben war. Sie ließ seinen Arm von ihren Schultern rutschen. Bevor sie neben Taylor auf dem Bett Platz nahm, holte sie ein sauberes, kleines Handtuch aus dem anliegenden Bad. Als Charlie saß, blickte sie das erste Mal an diesem Abend unvermittelt in sein Gesicht. Mit einem sanften Lächeln ergriff sie seinen rechten Unterarm und begann das das verschmierte Blut von der Haut zu fortzuwischen, wo die Kanülen und Zugänge grob fahrlässig entfernt wurden.
      Charlie würde kein Wort über ihr Gespräch mit John verlieren. Der Stress war gerade schon groß genug. Außerdem würde die Taylor sie dann vermutlich erstrecht rausschmeißen und sie wollte, aus ihr unerfindlichen Gründen, den verletzlichen, jungen Mann gerade nicht allein lassen.
      "Ein ziemliches Chaos für ein bisschen Nichts, hm?", fragte sie und fühlte sich schlecht dabei ein Lügenkonstrukt aufrecht zu erhalten. "Ich bin nicht schwer von Begriff, Taylor. Der Zusammenbruch...Das war kein Schwächeanfall oder etwas dergleichen. Was ist passiert?"
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    • Ihm war es wirklich mehr als unangenehm, das Charlie ihn so sah. Doch nun war sie einmal hier und war sicherlich nicht zu überzeugen wieder zu gehen. Was sollte sie hier auch mit ihm machen? Es war doch eh alles zu spät..
      Die junge Frau hatte Mut, das musste Taylor ihr lassen. Als sie ihn dann irgendwie aufhelfen wollte. Konnte er sich selbst ein kleines Grinsen nicht verkneifen.
      „Ich weiß.“
      Auf dem Bett wurde er sanft abgesetzt und war froh endlich weg von dem harten Boden gekommen zu sein.
      Die Fürsorglichkeit lies ihn wieder etwas erröten, denn so umsorgt wurde er schon lange nicht mehr.
      Er lies es mit sich machen und sie war auch sehr sanft und zärtlich zu ihm, als sie über seine Wunden tupfte.
      „Danke“, sprach er ruhig zu ihr und lächelte sie an. Er muss furchtbar ausgesehen haben und dann war da noch das Chaos im Zimmer.
      Erst jetzt konnte er sich ein Bild davon machen, was sein Ausraster bewirkt hatte.
      Die Fragen von Charlie waren berechtigt und auch wenn es ihm schwer fiel darüber zu reden, vertraute er der blonden Frau.
      Taylor legte seinen Kopf auf ihre Schulter und seufzte. „Ich war nicht ich selbst.. und das werde ich auch nicht mehr werden.“ Er machte eine kurze Pause und griff nach ihrer Hand. „Ich bin krank. Tot krank und werde nicht mehr lange leben..“ Es schmerzte ihn sehr ihr die Wahrheit zu sagen, doch was hatte er groß zu verlieren? Bald würde sich niemand mehr an ihn erinnern oder um ihn scheren. „Ich habe Lungenkrebs und das war damals der Grund dafür das ich bewusstlos wurde. Ich habe mir zu viel zugemutet und nicht an mich gedacht. Es mag zwar egoistisch klingen, doch ich würde das immer wieder so machen. Mir war und ist meine Band wichtiger als alles andere auf der Welt..bis heute.“
    • Das amüsierte Grinsen gefiel Charlie wesentlich besser, als die für gewöhnlich bedrückte Miene der letzten Besuche.
      Schließlich musste sich die junge Frau beinahe auf die Zunge beißen, um beim Anblick des leichten Rotschimmers auf seinen Wangen nicht leise zu lachen. Es verwunderte sie jedes Mal aufs Neue, wie unterschiedlich Taylor im Gegensatz zu dem Bild war, dass er in den Medien der Öffentlichkeit präsentierte. Charlie war nicht sonderlich stolz darauf, aber natürlich hatte sie nach dem Konzert und der dramatischen ersten Begegnung Taylor und seine Band bei Google genauer unter die Lupe genommen. In der Gerüchteküche herum zustochern, war eigentlich nicht ihre Art. Etwas an der Begegnung mit Taylor hatte sie verunsichert. Die gefundenen Schnapschüsse von diversen wilden Feierlichkeiten aus den angesagtesten Locations ins San Fransisco hatten es sicherlich nicht besser gemacht. Allerdings war Charlie auch wesentlich neugieriger an dem Menschen hinter der Fassade. Und dieser zeigte sich ihr gerade ohne jegliche Defensive.
      Für jemanden, der gerade eine tragische Wahrheit offenbart bekam, verhielt sich Charlie äußerst ruhig. Der Blick klebte förmlich auf dem Arm und den Blutflecken auf dem ergrauten Krankhaushandtuch. Sanft drückte sie Taylors Hand und unter einem zitternden Atemzug hoben sich die schmalen Schultern schwerfällig an. Es aus seinem Mund zu hören, war noch einmal eine ganz andere Nummer. Die Gleichgültigkeit in seiner Stimme machte es definitiv nicht besser. Sie musste etwas sagen, obwohl sie das alles doch schon längst wusste. Das Gewicht seines Kopf auf ihrer Schulter fühlte sich schwerer an, als es vermutlich sein sollte.
      Das ist deine schlechtes Gewissen..., dachte sie und seufzte leise.
      Es gab ein recht merkwürdiges Bild ab, als ausgerechnet Charlie ihren Arm federleicht um die gekrümmten Schultern des Sängers legte. Obwohl er seinen Kopf hinab geneigt hatte, um diesen auf ihrer Schulter zu platzieren, war er selbst im Sitzen immernoch ein kleines Stückchen größer. Sie brachte sogar den Mut auf die Finger behutsam in den wirren Haarschopf zu schieben. Die Geste war fast tröstlich, wie ihre Fingerspitzen über seine Kopfhaut glitten.
      "Es tut mir leid, Taylor. Ich kann gar nicht ausdrücken, wie sehr.", flüsterte sie und fühlte das verräterische Brennen in ihren Augen, ehe die erste Träne still und leise über ihre Wange perlte. Es war Fluch und Segen, dass sie zumindest noch ein paar davon übrig hatte. Sie wollte Taylor nicht gerade jetzt beichten, dass sein Bruder sie bereits eingeweiht hatte. Das gewonnene Vertrauen wäre sofort verloren.
      Ein bleischwerer Stein drückte in ihre Magengrube.
      Ein schwaches Lächeln lag auf ihren Lippen, doch das versteckte Geständnis zum Schluss, ließ ihr Herz einen Satz machen. Es war wohl der unpassenste Zeitpunkt um überhaupt an sowetwas zu denken. Charlie schloss die Augen und ließ ihren Kopf sachte an seinen Fallen, während sie ihm unaufhörlich durchs Haar strich.
      "Das klingt nich nur egoistisch, das ist es auch.", mrumelte Charlie. "Obwohl du behauptet, dass die Band alles für dich ist, treibst du dich selbst an die äußerste Grenze. Was denkst du, wie lange du so weitermachen kannst? Du hast Angst und benutzt die Band und deine Freunde als Ausrede, um dich nicht mit Ärzten herumschlagen zu müssen, denen du offensichtlich nicht vertraust. Sonst wäre dieser Zusammenbruch gar nicht erst passiert. Deine Freunde würden wollen, dass du dir helfen lässt."
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    • Ihre ganze Art und Weise, tat dem jungen Mann gerade mehr als gut. Wie kann man einen eigentlich fremden Menschen in so kurzer Zeit ins Herz schließen?
      Viel wusste Taylor ja nicht von der blonden Frau.. Doch würde er sie dennoch gerne näher kennen lernen, sobald er hier wieder draußen ist.
      Im Moment genoss er ihre Anwesenheit sehr und auch das sie ihm so nahe kam.
      Ihre Berührungen lösten Gänsehaut auf seinem ganzen Körper aus.
      Diese Kribbeln auf seiner Haut fühlte sich sehr gut an. Sein herz schlug immer lauter. Er hoffte inständig das sie es nicht so mitbekam.
      Die Wahrheit scheint manchmal etwas weh zu tun, doch ging die Frau fürs Erste gut damit um. Ihre zärtliche Geste lies den Sänger wieder einmal leicht zusammenzucken. Taylor schien etwas überrascht zu sein, ihre Wärme durchströmte seinen Körper und er schloss für einen kurzen Moment die Augen, als sie mit ihrer Hand durch seine Haare fuhr.
      Sie drückte ihre Gefühle wegen seiner Krankheit aus. "Ist schon gut. Es muss dir nicht leid tun." Er lehnte seinen Kopf ebenfalls an ihren und drückte ihre Hand ganz sanft.
      In diesem Moment könnte die Zeit gerne angehalten werden, denn um nichts auf der Welt würde Taylor gerade tauschen wollen.
      Dieser schöne Moment wurde dann durch Charlies Aussage unterbrochen und der junge Mann wurde auf den Boden der Tatsachen zurück katapultiert.
      Angst war nicht gerade das richtige Wort was all das hier beschreiben könnte. Sein jahrelanges handeln schien unachtsam und einfach nur egoistisch zu sein, doch vieles hatte er eh nicht mehr zu verlieren. Seine Eltern waren weg.. Sein Bruder kam alleine klar und seine Bandkollegen würden sich auch mit einem neuen Sänger arrangieren, warum sollte sich das alles nun ändern, wenn er behandelt wird?
      "Ich weiß nicht. Ich kam die letzten Jahre ohne jegliche Ärzte oder Medizin klar. Wieso sollte ich das deiner Meinung nach jetzt nicht weiter so machen? Klar war dieser Totalausfall nicht gerade so sonderlich gut, doch.." Taylor schluckte. "Ich werde nicht unter Medikamenteneinfluss das Sommerfest durchstehen.. Ich weiß nicht wie sehr mich die Medikamente beeinflussen und was sie mit meinem Körper machen werden. Ich habe Angst davor.. und ich fühle mich in der ganzen Situation alleine gelassen. Jeder hat sein Leben und ich möchte keine Last für einen von euch sein.. Ihr sollt euer Leben genau so leben wie vorher.. und nur ohne mich.."
      Taylor lief eine Träne über seine Wange die er schnell weg strich. Gefühle zu zeigen war nicht gerade seine Stärke.
      "Charlie bitte versprich mir das du nicht deine Zeit für jemanden opferst, der schon längst aufgegeben hat.. Du hast etwas besseres verdient, als das hier.."
    • "Jetzt vergiss doch mal dieses bescheuerte Sommerfest.", murrte Charlie.
      Natürlich. Das Baker Beach Festival am Strand von San Franscisco war jedes Jahr ein großes Ereignis. Mit der berühmten Golden Gate Bridge im Hintergrund war es auch das perfekte Motiv für zahlreiche Schnappschüsse. Dazu kamen bekannte Bands und andere Künster, die sich an diesem Wocheende die Klinke in die Hand gaben. So lange das Wetter mitspielte, gaben auch einige Amateur-Surfer gerne ihre Können zum Besten. Charlie war im vergangenen Jahr selbst dort gewesen und musste zugeben, dass die Stimmung ziemlich atemberaubend gewesen war. Nicht überall gab es dir Gelegenheit bei besten Sommerwetter entspannt auf dem Surfbrett zusitzen und dabei den einmaligen Ausblick auf das Wahrzeichen von San Fransisco und die große Festivalbühne zu genießen.
      "Ohne mich zu weit aus dem Fenster lehnen zu wollen, aber ich glaube deinen Bandkollegen - deinen Freunden - wäre es lieber, dass du wieder gesund wirst, als dir Gedanken um dieses Festival zu machen. Du siehst, du bist nicht allein, Taylor. Und dein Bruder ist krank vor Sorge. Niemand hat gesagt, dass eine Therapie einfach sein wird. Aber ich bin mir sicher, dass du niemandem damit zur Last fällst sondern jeder Einzelne dir helfen wird, das durchzustehen", sagte Charlie und kommentierte die vereinzelte Träne des Sängern nicht, die hektisch fort gewischt wurde wie ein unliebsames Übel. Die Situation war schwer genug.
      Dass Taylor sich schlichtweg einbildete eine Last für andere zu sein, sagte viel über den jungen Mann aus. John und sein kleiner Bruder hätten unterschiedlicher nicht sein können. Vermutlich hatte Taylor schon früh alleine zurecht kommen müssen.
      Trotz der Traurigkeit des Augenblicks erklang ein leises, sanftes Lachen in dem tristen Krankenzimmer, denn Charlie brachte es selbst fertig in einem Moment wie diesem ein Lächeln auf ihre Lippen zu zaubern.
      Behutsam zog sie ihren Arm von seinen Schultern und die streichelnde Hand aus seinen Haarschopf zurück, um von der Bettkante aufzustehen. Kopfschüttelnd durchquerte sie den Raum und nahm den Besen sowie das Kehrblech zur Hand. Wenn John mit dem Kaffee zurückkam, sollten zumindest die Scherben beseitigt sein, damit sie sich wieder alle frei bewegen konnte ohne sich zu verletzen. Die blonde Gefühl hatte das Gefühl, dass ihr und John eine lange, schlaflose Nacht bevorstand. Sie konnte jetzt nicht einfach nach Hause fahren.
      Mit den Putzutensilien in der Hand sah sie zu Taylor und zuckte beinahe beiläufig mit den Schultern, während sie anfing die Scherben im Müll zu entsorgen.
      "Zu spät, Mr. Davis.", grinste Charlie. "Ich steck schon mittendrin."
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    • Ein wenig zuckte er in sich zusammen, als sie auf das Sommerfest mehr oder weniger schimpfte. Auf einer Seite hatte sie ja recht, aber auf der anderen Seite wollte Taylor dieses Fest meistern, ganz egal wie. Nur die Hitze und der Alkohol wirken sich nicht unbedingt positiv auf die Medikamente aus. Er wollte er selbst sein und nicht komplett neben sich stehen. Das Fest war das Highlight des Jahres und wenn er seinem Manager Glauben schenken sollte, würde sie die nächsten Jahre sogar weltweit auftreten. Doch so wie er jetzt drauf war würde das nichts werden. Wie sollte er auch die Stunden langen Flüge überstehen? Dann jeden Abend lächelnd und mit 100% Einsatz auf der Bühne performen?
      All das war noch ganz weit entfernt. Sein Blick ging über seinen beinah zerbrechlichen Köper. Er schluckte dabei etwas, als er sich betrachtete. Wie dünn und abgemagert er jetzt mittlerweile aus sah. Ein bisschen Ekel hatte er vor sich selbst. Es war kein schöner Anblick wenn man jede Ader vom Körper deutlich sieht, jegliche Sehnen und Knochen sich deutlich abheben.
      Charlie schien es dennoch nicht zu stören. Sonst hätte sie ihr Gesicht verzogen wo sie ihn berührte. Doch sie war so zärtlich und vorsichtig mit allen gewesen.
      Und mit gewissen Dingen schien sie auch Recht zu haben. Er war nicht alleine, das stand fest. Doch er und sein Bruder waren schon immer so verschieden. Er der Rocker und Draufgänger und sein Bruder der makellose, erfolgreiche Geschäftsmann. Es waren schlicht weg zwei verschiedene Welten die jetzt mehr oder weniger auf einander stoßen. Taylor war dankbar das John immer zu ihm stand und auch jetzt bei ihm ist. Doch ihm lies das Gefühl immer noch nicht los das er die ganze Sache alleine meistern wollte. Es war ein Kampf der Gefühle die ihn ihm herrschten.
      Aus den Gedanken gerissen wurde er durch Charlie, die sich von ihm löste und vom Bett aufstand. Verdutzt blickte er sie an.
      Sie war wirklich eine Wahnsinns Frau, die ihren eigenen Kopf hatte. Ein leichtes Lächeln überkam ihn und sein Herz fing sofort wieder schneller an zu schlagen, als sie bestätigte das sie schon mitten drin in dieser Situation steckt, als es Taylor lieb war. Er beobachtete sie, wie sie die Scherben aufkehrte. „Ich würde dir ja gerne zur Hand gehen, aber ich glaube ich würde das gerade nicht so hinbekommen.“ Ein bisschen unangenehm war es ihn schon, da er für das ganze Chaos hier verantwortlich war und jemand anderen für ihn sauber machen musste.
      Nachdem alles wieder halbwegs gerichtet war, kam John ins Zimmer zurück und stellte die 3 Kaffeebecher auf den Tisch. „Ich habe eine Schwester gebeten das sie dir neue Bettsachen bringt.“ John sah sich im Zimmer um. „Na es sieht doch schon besser aus.“ Taylor nickte und setzte sich vorsichtig in den Rollstuhl, den Charlie ihn hingestellt hatte. „Dank ihr.“ Taylor grinste sie an und fuhr langsam auf sie zu. „Du hast da was im Haar hängen.“ Vorsichtig griff er nach einer Feder, die sich in ihrem Haar verfangen hatte und zog sie behutsam heraus. „So ist es besser.“ Lächelnd sah er sie an. John blickte zwischen den beiden hin und her. So lange war er doch gar nicht weg gewesen oder doch?
      Ein Klopfen riss ihn aus den Gedanken und eine Schwester brachte neue Bettsachen.
      Anschließend nahm sie gleich den Besen und den Müll mit. „Vielen Dank!“, sprach ihr John entgegen. Taylor nickte nur.
      John drückte beiden den Becher Kaffee in die Hand und setzte sich mit überschlagen Beinen auf den Stuhl. „Also.. wie geht es nun weiter?“
      Taylor zuckte mit den Schultern. „Ich bin mir nicht sicher..“
      Sein Bruder verdreht die Augen und sein Blick wurde ernst. „Ich habe mit den Ärzten geredet, wenn du dich nicht behandeln lässt wirst du in einem halben Jahr sterben.“ John musste bei der Aussage schwer schlucken und verdrückte sich ein paar Tränen.
      Die Tatsache das sein kleiner Bruder sterben würde, wäre für ihn ein Stich ins Herz. „Das Sommerfest wäre also dein letzter Auftritt..“
      Taylor war geschockt und wusste nicht was er dazu sagen sollte. Verzweifelt sah er zu Charlie, in der Hoffnung sie würde eine Antwort auf alles finden.
    • Charlie entsorgte die letzten Scherben als John zurückkam.
      Die kläglichen Überresste einer geschmacklich fragwürdigen Krankhausvase aus pastellgrünem Porzellan verschwanden im Müllbeutel, den die Blonde sorgfältig schloss, damit kein weiteres Unglück passierte und sie von Vorne anfangen musste. Kurz wischte sie sich mit dem Handrücken über die Stirn und wollte gerade etwas auf Taylors Worte erwidern als sich die Tür öffnete.
      Beim Anblick des Kaffees weiteten sich Charlies Augen vor Begeisterung, wie bei einem Kleinkind beim Anblick eines großen Tellers bunter Naschereien. Der Krankenhauskaffee war sicherlich kein Highlight, aber in diesem Augenblick war die dünne Brühe aus dem Automaten besser als Nichts.
      Charlie blickte vom Tisch mit den drei Bechern zu Taylor auf dem Bett.
      Kurzerhand hatte sie sich den vernachlässigten Rollstuhl geschnappt und ans Krankenhausbett gerollt, damit der Leadsänger sich zu ihnen an den Tisch gesellen kennte. Etwas unsicher, ob sie ihm dabei helfen sollte, behielt sie ihre Hände vorerst bei sich. Charlie bezweifelte, dass Taylor sie wirklich um Hilfe bitten würde falls es nötig war. Was sie bisher über ihn erfahren hatte, bestätigte nur, dass er kein Mensch war, der sich gerne auf andere stützte. Und das hatte ihm diese missliche Lage erst eingebrockt.
      Fragend sah Charlie zu Taylor in seinem Rollstuhl herunter.
      Die Erkenntnis setzte erst ein, als er eine blasse und wie sie wusste eisige Hand ausstreckte und verkündete, dass sich etwas in den blonden Strähnen verfangen hatte. Ansatt sich selbst den kleinen Störenfried aus den Haaren zu fischen, neigte Charlie den Kopf ein wenig nach unten und kam damit Taylors unausgesprochenem Wunsch entgegen. Behutsam suchten kühle Fingerspitzen kleinen Objekt, dass sich offenbar bei der Aufräumaktion in ihrer blonden Mähne verfangen hatte. Leicht zuckte sie, als die kalten Fingerspitzen ihre Schläfe streiften.
      Charlie hatte die Augen geschlossen.
      Als Taylor wieder sprach und sie die Augen aufschlug, erblickte sie eine kleine, weiche Daunenfeder zwischen seinen Fingern.
      "Danke...", murmelte sie mit einer plötzlichen Verlegenheit und berührte kurz die Stelle an der Seite ihres Kopfes, an die sich die vorwitzige Feder veirrt hatte.
      Mit einem Lächeln und einem nervösen Räuspern, richtete sich Charlie wieder auf und ging zu dem Tisch herüber. Sie nahm den Kaffebecher entgegen und trank einen Schluck, bis sich endlich ihr Herzschlag wieder beruhigte.
      "Ich mach das...", sagte sie und griff nach der Bettwäsche, die die Schwester auf einem Stuhl abgelegt hatte. Etwas Beschäftigung war gut für ihre aufgewühlten Gedanken. Was war das gerade gewesen?
      Er hatte zuvor ihre Hand gehalten, sie hatte den Arm um ihn gelegt. Und jetzt brachte eine kleine, dusselige Feder sie aus dem Konzept.
      Das war der denkbar schlechteste Zeitpunkt dafür.
      Während sie das Kopfkissen bezog, hörte sie den Brüder zu und kam sich mit einem Mal vor wie ein Eindringling.
      Bei Taylors Blick zerbrach etwas leise in ihrer Brust und so gerne sie wollte, sie hatte keine Antwort für ihn. Charlie blickte auf das Kissen zwischen ihren Händen und seufzte.
      "Hm, du hast Angst, dass eine Therapie dir die Möglichkeit wegnimmt, das zu tun, was tu liebst. Nämlich Musik.", begann sie und drehte das Kissen nachdenklich. "Ein halbes ist nicht viel und niemand kann dir garantieren, dass du bis zum Festival nicht schon so geschwächt bist, dass du gar nicht mehr singen kannst. Eine Behandlung nimmt dir vielleicht diesen Sommer, vielleicht auch mehr Zeit, aber danach könntest du immer noch spielen. Denk darüber nach. Aber ich denke eine Entscheidung hat bis morgenfrüh Zeit, oder John?"
      Charlie seufzte und bezog das Bett fertig. "Es war ein langer Tag."
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Die Verzweiflung stand allen ins Gesicht geschrieben. Die Tatsache das sein Leben schon in einem halben Jahr vorbei sein könnte traf ihn sehr hart.
      Taylor schlucke, genau so wie sein Bruder der sich hier und dort ein paar Tränen wegwischte.
      Charlie sah ebenfalls etwas fassungslos aus, aber im Gegensatz zu den beiden Männern schien sie immer noch das positive an der ganzen Situation zu sehen.
      John nickte ihr zu. Er hatte Hoffnung das die Worte der Frau den richtigen Nerv bei seinem kleinen Bruder trafen.
      Taylor fuhr mit seinem Rollstuhl zu seinem Bett. „Danke. Es ist schon gut. Du warst lang genug hier und hast dir mein Gejammer angehört. Du siehst erschöpft aus. Gönn dir die Ruhe.“ Er lächelte sie sanft an und drückte ihr zaghaft die Hand.
      „Ich denke darüber nach.. Ich möchte unbedingt weiter spielen.. doch die Angst ist groß das alles was sie mit mir vorhaben nicht klappen wird. Eine 50 zu 50 Chance..“ Mühsam lächelte er den beiden zu. „Macht euch bitte nicht allzu viele Sorgen. Ich schlaf ein paar Nächte dadrüber.“ John sah ihn verdutzt an. Keine Sorgen machen? Wie in alles in der Welt sollte er sich keine Gedanken darüber machen das sein Bruder bald sterben wird? Doch er lies es sein. Er wollte ihn nicht wütend machen. Gerade schien alles perfekt.
      „Na schön“, sagte John gähnend.
      „Wir sollten jetzt gehen.“ Er blickte zu Charlie.
      Taylor streckte sich vorsichtig. „Danke für eure Hilfe.“ Ohne groß zu zögern nahm er Charlie in die Arme und drückte ihr einen kleinen Kuss auf die Wange.
      Verlegen löste er sich wieder von ihr und winkte den beiden zum Abschied.
      Seufzend lehnte er sich im Rollstuhl zurück und sah wie die beiden das Zimmer verließen.
      John nahm sich sogleich eine Schwester beiseite und begann zu flüstern. „Falls er nochmal so einen Wutanfall bekommen sollte sedieren sie ihn.“
      Die Schwester nickte und ging wieder ihrer Arbeit nach. Völlig erschöpft vom ganzen Tag und total übermüdet schleppte er sich mit Charlie nach unten zum Parkplatz.
      „Was ein Tag nicht?“
      Er fuhr sich durch die Haare. „Ich danke dir das du gekommen bist. Das hat glaube nicht nur mir viel bedeutet.“ John zwinkerte ihr zu. „Vielleicht hat es ihm etwas geholfen. Wenn er darüber nachdenkt das er mehr als seine Musik verlieren könnte..“
      Er wischte sich übers Gesicht. „Wie dem auch sei. Ich muss jetzt dringend in mein Bett. Fahr bitte vorsichtig und wenn was ist melde dich bitte bei mir. Ich melde mich auch wenn es was neues gibt.“
      Er reichte ihr die Hand und stieg dann in sein Auto ein. Keine Ahnung wie er nach Hause gekommen war, doch er war heilfroh als er sich auf sein Bett werfen konnte.
      Taylor versuchte ebenfalls ein wenig runter zu kommen. Doch es erwarteten ihn schlaflose Nächte.
    • Charlie entsperrte zum gefühlt tausendsten Mal an diesem Donnerstagmorgen das Smartphone.
      Der Display verhöhnte die junge Frau mit der Abwesenheit eines Anrufes. Nicht einmal das winzige Symbol eines altmodischen Briefumschlages zeigte sich versteckt in der obersten Ecke und bestätigte nur, was Charlie bereits seit ein paar Tagen vermutete seit sie das Krankenhaus zu später Stunde mit John Davis verlassen hatte: Taylor ignorierte sie.
      Mit einem frustrierten Seufzen und etwas mehr Kraft als notwendig pfefferte Charlie die farbenfrohe, karierte Schürze des Cafés über einen der Barhocker und ließ ihre Großmutter wissen, dass sie zur Frühstückspause kurz in ihre Wohnung gehen würde. Charlie fehlte die Energie an diesem Tag ein schier unerschöpflicher Quell guter Laune zu sein. Selbst der feinfühlige Kater Othello hatte sich, seit dem pflichtbewussten Frühstück bevor seine Besitzerin die Wohnung über dem Laden verlassen hatte, nicht mehr blicken lassen.
      Sie hatte sich nicht getraut John anzurufen und nach dem Zustand seines kleinen Bruders zufragen.
      John hatte versprochen sich zu melden, sobald es Neuerungen zu dem Gesundheitszustand von Taylor gab. Da er sich nicht gemeldet hatte, musste sich Charlie wohl keine großartigen Sorgen machen. Oder?
      Dabei hatte Taylor sie auf so herzliche und liebenswürdige Art verabschiedet, dass ihr beim Gedanken an den unschuldigen Kuss auf ihrer Wange ganz flau im Magen wurde. Es war ein positives Gefühl, dass eine Gänsehaut am ganzen Körper auslöste. Es erinnerte Charlie aber ebenfalls daran, wie knochig und dürr sich der Musiker unter ihren Händen angefühlt hatte.
      Und da sie nichts von Taylor gehört hatte, gab es keinen triftigen Grund den älteren der Davis-Brüder zustören. Oder nicht?
      Kopfschüttelnd schloss sie die Wohnungstür auf, die sich mit einem protesierenden Quietschen in den Angeln bewegte und der kleinen, gemütlichen Wohnung einen altmodischen Charme verlieh. Tatsächlich versprühte die Wohnung den seltsamen Charakter einer Mischung aus bunt durcheinander gewürfeltem Antiqutiätenladen und Secondhand-Shop.
      Ein paar Minuten später saß Charlie auf dem alten Barhocker mit rotem Lederbezug, der an das klischeehafte Bild eines Diners erinnerte, an ihrer Kücheninsel und starrte aus dem Fenster auf die geschäftige Straße vor dem Laden. Lustlos schob Charlie das mitgebrachte Croissant mit dem Zeigefinger über den Teller und widestand nur mit Müh und Not dem Drang, zum tausend und einsten Mal auf das Handy zu schielen.
      Seufzend ließ Charlie die Stirn auf die kalte Arbeitsplatte sinken und schloss die Augen.
      Othello wagte sich mit einem schüchternen Maunzen aus seinem Versteck unter der alten Couch und streifte vorwurfsvoll aufgrund der Gewitterwolken über Charlies blondem Haarschopf um den Barhocker herum.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”