A Dash of Luck [Asuna feat. Pumi]

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Als Dane die Augen aufschlug wusste er einfach, dass er länger geschlafen hatte, als sonst. Was nicht unbedingt hieß, dass er verschlafen hatte, aber für ihn fühlte es sich dennoch so an. So war er eben.
      Blind tastete er neben sich, fand Ro aber nicht. Ein seltsames Gefühl überkam ihn wie ein schwerer Schleier. Angst.
      Ruckartig setzte sich Dane auf und sah sich im Halbdunkel des Schlafzimmers um, aber Ro war nicht da. Also stand Dane auf und eilte aus dem Raum. Kaum erreichte er den Treppenabsatz, beruhigte sich sein Herz jedoch wieder: er hörte Geräusche aus der Küche, die eindeutig nicht von Mace stammten, der mal wieder seinen Gefrierschrank nach der richtigen Sorte Eis durchsuchte. Dane erlaubte sich, einmal tief durchzuatmen, bevor er die Treppe runterging und sich zu Ro in der Küche gesellte. Dabei achtete er darauf, keine Geräusche von sich zu geben, um Ro in Frieden beobachten zu können. Und vielleicht, ganz vielleicht, wollte er den Drakin auch noch einmal erschrecken, so wie gestern.
      Dane setzte sich lautlos and die Kücheninsel und sah Ro dabei zu, wie dieser ein kleines Frühstück zubereitete. Dane wusste nicht genau, wie spät es war, nur dass die Sonne schon aufgegangen war - und normalerweise stand er gern vor oder zumindest mit der Sonne auf. Jetzt, wo er einen Augenblick Zeit hatte, wurde ihm erst bewusst, wie fertig er noch immer war. Die Magie, die Ro ihm gestern gegeben hatte, forderte noch immer ihren Tribut, auch nachdem er schon einen nicht unerheblichen Teil an Mace und Asa weitergereicht hatte. Asa hatte ihn beinahe gehauen als er gemerkt hatte, dass Dane ihm nicht so viel geben wollte - Dane hatte nur an dessen Familie gedacht, aber sein Bruder hatte sich geweigert, deswegen weniger zu nehmen. Dane konnte nur hoffen, dass es Asa heute besser ging als ihm selbst.
      Neben der überschüssigen Energie, die in seinem Inneren rumorte, tat ihm außerdem die Schulter weh. Die Landung auf dem Waldboden wollte also auch ein Wörtchen mitreden.
      Dane verzog ein bisschen das Gesicht, als er seine eigene Schulter abtastete und genau die Stelle fand, an der sich ein blauer Fleck unter dem Ärmel seines T-Shirts verbarg. Es war lange her, dass er sich mit sowas hatte auseinandersetzen müssen.
    • Ro war gerade dabei, Teller aus dem Schrank zu kramen, als etwas am Rande seines Bewusstseins kratzte. Er hielt inne und lauschte, hörte jedoch nichts. Dafür wusste er anhand seines Aurengespürs, dass Dane aufgewacht war. Seelig lächelte Ro seicht und nahm seine Tätigkeiten wieder auf. Dass der Dämon kurze Zeit darauf von seinem Radar fast vollkommen verschwand, stufte er nicht als besonders bedrohlich ein. Er sah es eher als eine Einladung zum Spiel an. Einem etwas Seltsamen, aber dennoch ein Spiel.
      Es half trotzdem nicht, das Zucken zu verhindern, als Ro sich umdrehte und Dane an der Kücheninsel vorfand. Er würde sich nie daran gewöhnen können, dass sich sein Partner nahezu geräuschlos bewegen konnte. Ro selbst fühlte sich dagegen meist wie ein Elefant im Porzellanladen, den man schon aus drei Räumen entfernt hören konnte. Er stieß einen angehaltenen Atemzug aus und fuhr dann fort, das Geschirr auf die Insel zu drapieren. Dabei erwischte er Dane gerade noch bei, wie er seine Schulter abtastete.
      „Sag mir nicht, du hast Blessuren von gestern“, sagte Ro und hob die Augenbrauen in Überraschung an. Noch nie hatte Dane auch nur einen Kratzer in seiner Gegenwart oder längerfristig Zeichen von Auseinandersetzungen davongetragen. „Ich dachte, Mr. Dämon wäre nahezu unverwundbar?“
      Ein wenig Stichelei konnte sich Ro nicht verkneifen, als er zum Kühlschrank pilgerte und Aufschnitt daraus plünderte. Er brachte kein meisterhaftes Frühstück zustande, aber immerhin hatte Dane Aufbackbrötchen in seinem Gefrierer gehabt. Zu Ros Glück.
      „Was macht das Magielevel?“, erkundigte er sich über seine Schulter hinweg, während er Plastikverpackungen mit Käsescheiben unter seinen Arm klemmte. „Du siehst noch immer ein bisschen platt aus. Ungewöhnlich für dich.“
      Er legte alles wahllos auf den Stein ab und huschte noch einmal zum Kühlschrank, weil er die Butter vergessen hatte. Der Ofen war am Vorheizen, also würde es noch einen Augenblick dauern, bis sie frühstücken konnten. Das wiederum bedeutete mehr Zeit für andere, wichtigere Dinge. Sichtlich motiviert schnappte sich der Drakin einen Hocker und stellte ihn näher an Danes Seite heran. Dann ließ er sich darauf sinken, warf Dane einen verschmitzten Blick zu und griff einfach nach dessen Hand. Kaum hatte er seine Haut auch nur berührt, erfuhr er ein warmes Prickeln, das sich bei weitem nicht mehr so intensiv anfühlte wie am Abend zuvor. Es brannte nicht, es ließ ihn nicht zurückzucken. Es war nur noch ein kräftiges Prickeln, das eine Erinnerungen an den Brand darstellte.
      Ro grinste. „Siehst du? Ich bin mega schnell im heilen, mein Guter.“
    • Ein Lächeln legte sich sofort auf Danes Gesicht, als Ro zusammenzuckte. Das sollte er öfter machen.
      "Nicht unverwundbar, nur sehr schwer kaputt zu machen. Weh tut es trotzdem, wenn man mit einem wild gewordenen Drakin durch einen Baum auf den Waldboden kracht. Ich werde mich nachher darum kümmern."
      Er ließ seine Hand sinken und lehnte sich mit den Ellenbogen auf die Marmorplatte der Kücheninsel, während Ro weiterhin durch seine Küche fegte. Dane gefiel dieser Anblick mehr als jemals zuvor. Er brachte eine neue Art der Wärme in seiner Brust hervor. Auch hieran könnte er sich gewöhnen.
      "Bin ich auch, wenn ich ehrlich bin. Ich kann nicht behaupten, dass ich schlecht geschlafen hätte, aber es fühlt sich beinahe so an. Es ist schwer zu beschreiben. Es ist als hätte ich alle Motivation der Welt aber einfach nicht die Kraft, damit etwas anzufangen. Aber ich habe schon die ein oder andere Idee, wie ich das beheben kann."
      Während Ro einfach wahllos den Inhalt des Kühlschranks auf der Kücheninsel verteilte, begann Dane instinktiv damit, alles zu gruppieren. Milchprodukte, Fleisch, Aufstrich. Er arrangierte auch das Besteck ordentlich und positionierte die Butter neu.
      Er wandte sich Ro zu, als sich dieser zu ihm setzte. Sein müdes Lächeln wurde durch echte Freude ersetzt, als der Drain einfach so seine Hand ergriff. Dane wollte sie noch zurückziehen, doch Ros eigenes Strahlen hielt ihn davon ab. Stattdessen schob er seine andere Hand in Ros Haare und zog ihn zu sich.
      "Na wenn das so ist," meinte er, kurz bevor er Ro liebevoll küsste. "Guten Morgen," lächelte er, als er sich wieder aufrichtete.
      Er verschlang ihrer beider Finger miteinander und strich mit dem Daumen über Ros Handrücken. Er würde irgendwie dafür sorgen müssen, dass so ein Aurenbrand nie wieder vorkam. Ro sollte nie wieder Schmerzen leiden. Erst recht nicht wegen Dane.
      "Kommst du heute mit ins Büro?"
    • „Was heißt hier wildgeworden? Du hast mich immerhin an einem Baum fixiert. Konnte ich doch nicht ahnen, dass der dünne Stamm so wenig aushält“, schoss Ro umgehend zurück. Dabei wusste er ganz genau, dass es kein schwächlicher, junger Stamm gewesen war, den er zerbrochen hatte, sondern ein ordentlich gewachsener Baum.
      „Das ist wahrscheinlich das Ungleichgewicht. Ist ja nicht so, als wärst du nur mit Magie geflutet worden. Du hast einen nicht geringen Anteil von meiner Aura mitbekommen, und die sorgt dafür, dass dein Körper sich wohl erst akklimatisieren muss. Schätze ich“, fügte der Drakin noch hinzu, der ähnliche Phänomene bereits gesehen hatte, wenn sich Teile seiner Verwandtschaft in den Schuppen lag. Allerdings wusste er nicht, dass die gleichen Effekte auch bei Dämonen auftauchten. Generell war ihm zuvor verdammt wenig über Dämonen bekannt gewesen. Genau genommen galt das eigentlich sogar für alle Drakin.
      Bereitwillig ließ sich Ro von Dane näher an ihn ziehen, begleitet von einem breiten Grinsen, das dieses Mal echt war. Offensichtlich mindestens genauso darüber erfreut wie Ro, dass der Brand größtenteils überstanden war, küsste Dane seinen Partner innig, bevor er ihre Finger verschränkte. „Mh, ich denke“, antwortete Ro auf seine Frage hin und rollte mit den Augen. „Ist ja nicht so, als hätte ich die unglaublichsten Pläne heute. Außerdem hast du ja schon vorgeschlagen, dass ich mal mitkommen kann und nicht hier versauern muss. Lass uns einfach schnell frühstücken und dann fertig machen. Ich glaube“, er verrenkte seinen Hals, um zur Uhr an der Wand zu sehen, „wir sind noch früh genug dran, oder?“
    • "Ich bin der Chef, ich kann kommen und gehen, wann ich will," entgegnete Dane und lehnte sich wieder vor, um diesen verführerisch schlanken Hals zu küssen, den Ro ihm da präsentierte. "Und wenn du nicht mitkommen willst, dann musst du auch nicht. Das war ein Angebot, kein Befehl."

      Nach dem Frühstück sprang Dane unter die Dusche, in der Hoffnung, sich danach ein bisschen lebendiger zu fühlen. Leider brachte es nicht allzu viel. Wenn er ehrlich war, hatte er aber auch nicht mit besonders viel Besserung gerechnet. Trotzdem schlüpfte er in einen seiner schwarzen Anzüge - komplett mit schwarzem Hemd und schwarzer Krawatte. Sobald er fertig war sah er genauso aus wie immer. Da war keine Spur mehr von der seltsamen Erschöpfung, die ihn plagte.
      Fahren würde er so allerdings nicht, das Risiko wollte er nicht eingehen. Wofür hatte er denn auch seinen eigenen Fahrer?
      Während der Fahrt zum Büro hielt Dane Ros Hand, einfach nur, weil er es konnte und weil er es wollte. Mit seiner freien Hand scrollte er allerdings durch seine Mails auf seinem Tablet.
      Als sie endlich den Tower erreichten, in dem Danes Büro lag, ließ er Ro los.
      "Bisher waren wir zwar nicht immer besonders professionell, wenn wir hier waren, aber ausnahmsweise muss ich darauf bestehen," erklärte er, als sie durch die Glastüren traten. "Arbeit ist Arbeit und nicht alle meiner Klienten sind von unserem Schlag. Entsprechend muss ich mich verhalten."
      Viele Leute in teuren Klamotten grüßten Dane höflich, als er an ihnen vorbei zu den Aufzügen ging. Dane nickte ihnen hier und da zu, ignorierte sie aber weitestgehend. Den Aufzug hatten er und Ro für sich allein.
      "Du wirst eher sagen können, wann einer meiner Klienten ein Mensch ist und wann nicht, aber generell gilt, alle magischen Themen gekonnt unter den Tisch fallen zu lassen," erklärte Dane.
      Dann wandte er sich Ro direkt zu, drängte ihn mit seinem Körper sanft an die Wand des Aufzuges, und stahl sich einen Kuss, der alles andere als professionell war.
      "Wenn sich die Gelegenheit ergibt, dann lasse ich vielleicht sogar ein ganz bestimmtes magisches Thema unter einen ganz bestimmten Tisch fallen," raunte er.
      Just in diesem Augenblick öffneten sich die Aufzugtüren mit einem sanften DING und Dane verschwand in Richtung Schreibtisch seiner Assistentin, als wäre nichts gewesen. Seine Assistentin hatte einen Besucherausweis für Ro fertig, den sie prompt übergab, dann nahm Dane seinen Freund mit in sein Büro und zu dem Konferenzraum, indem sie letztes Mal die Ratsmitglieder getroffen hatten. Dane betätigte einen Schalter, der die Glaswände zu Milchglas werden ließ, dann drehte er eine weiße Tafel herum, auf der - ähnlich einer Crime Serie aus dem Fernsehen - ein Haufen Bilder hingen, die Personen zeigten. Pfeile verbanden alles miteinander und bildeten ein engmaschiges Netz. Einige dieser Namen kannte Ro bereits, ebenso die Rolle, die sie bei seiner eigenen, schiefgelaufenen Entführung gespielt hatten.
      Dane verschwand kurz in seinem angrenzenden Büro und kam dann mit einem kleinen Stapel Akten zurück, die er in der gesicherten Schublade seines Schreibtisches aufbewahrte. Dazu noch ein weiteres Tablet. Das legte er alles auf den Konferenztisch.
      "Das ist alles, was Mace und ich über diesen Ring haben, ausgehend von den Personen, die in deinem Fall involviert waren. Das Tablet ist gesichert, falls du irgendwas online nachgucken willst. Wenn du was brauchst, sag Bescheid. Entweder mir oder draußen bei meiner Assistentin, sollte ich nicht verfügbar sein. Nichts hiervon verlässt diesen Raum."
      Dane warf einen Blick auf seine Uhr. Es war schon fast neun, was ihn beinahe mit den Zähnen knirschen ließ.
      "Wir beiden gehen um eins Mittagessen, ich habe uns einen Tisch reserviert. Brauchst du noch was?"
    • Im Gegensatz zu Dane ging Ro nicht vorher duschen und bewegte sich auch nicht in die Nähe des Badezimmers. Denn falls er es getan hätte, wäre er wohl für Stunden nicht mehr aus dem Raum herausgekommen und Dane definitiv zu spät im Büro – selbst als Chef. Dafür nahm er sich die Freiheit, nachdem er selbst sich in eine Jeans und ein unauffälliges T-Shirt gekleidet hatte (er musste unbedingt seinen Kleiderschrank hier füllen) im Schlafzimmer auf Dane zu warten, der sich wie immer im begehbaren Kleiderschrank anzog. Während er wartete, ließ er die aufgestellten Füße auf den Fersen von links nach rechts und wieder zurück wippen, bis der Dämon ganz in Schwarz zurückkam und der Drakin für eine Sekunde geneigt war vorzuschlagen, vielleicht doch heute zuhause zu bleiben. Mit einem schweren Seufzen stand Ro auf, ließ sich von Dane an seiner Hand greifen und würde sie bis zum Büro nicht mehr zurückbekommen.
      Am Tower angekommen winkte Ro dem Fahrer vielleicht etwas zu vehement zu. Sichtlich beschämt richtete Ro seinen Blick auf die gläsernen Eingangstüren. Dieses Verhalten müsste er auch noch in den Griff bekommen. Irgendwann würde er sich daran gewöhnen müssen, was sich Dane im Laufe seines Lebens erarbeitet hatte und dann würde hoffentlich auch die Verklemmung sinken, mit der der Drakin damit umging.
      „Ganz ehrlich? Ich habe eigentlich vor, mich die meiste Zeit einfach in irgendeinem Raum zu verschanzen und dich nicht abzulenken. Ich weiß nicht, wie deine Klienten darauf reagieren würden, wenn der jüngste D’Apchier plötzlich für dich arbeitet“, sagte Ro mit gedämpfter Stimme, nachdem sie den Tower betreten hatten und Ro eher zu einem unauffälligen Schatten an der Seite des Dämons mutierte. Er hielt seine Aura bewusst bedeckt, ließ den Blick nicht schweifen und starrte auch andere Leute nicht an, die Dane grüßten, ihn jedoch nicht. Unter all den feinen Leuten fühlte sich Ro in seinen Klamotten auch definitiv falsch am Platz. Ein wenig erträglicher wurde es im Aufzug – da gab es schließlich nur sie beide.
      „Ich habe überraschenderweise mal nicht vor, mein loses Mundwerk einzusetzen“, kommentierte er den subtilen Hinweis seines Freundes ehe dieser plötzlich die Distanz zwischen ihnen überbrückte und den Drakin mit dem Rücken an die dünne Wand des Aufzuges drängte. Umgehend hob sich sein Kinn an, zum einen wegen seines Stolzes, zum anderen, weil er zu Dane aufsehen musste. Diesen Umstand nutzte der Dämon schamlos aus und forderte sich einen Kuss ein, der so manchen Zuschauer mit Schamesröte zurückgelassen hätte. Dane ließ Ro atemlos zurück, der sich nicht von seiner Position fortbewegte, selbst als die Türen mit einem leisen Piepen zu den Seiten aufschoben. Er wollte….? Nein. Nein, nein, nein. Dann stand schon mal sehr sicher fest, dass Ro sich nicht in einem Raum mit Dane allein befinden würde. Auf gar keinen Fall. Niemals. Auch nicht unter einem Vorwand…
      Ein bisschen neben der Spur stolperte Ro Dane hinterher, der aus dem Aufzug trat, als sei nichts geschehen. Er verfluchte den Dämon für sein perfektes Pokerface, wohingegen man Ro deutlich an der Farbe seines Gesichts ablesen konnte, dass seine Gedanken in nicht jugendfreie Fantasien abgedriftet waren. Mit einem kurzen „Äh, danke“ nahm Ro seinen Ausweis entgegen, wobei er den Blick der Assistentin mied. Er wollte nichts aus ihren Augen lesen, ihre Aura verriet ihm schon mehr, als er wissen wollte.
      Kurz darauf fand sich Ro in dem Besprechungsraum wieder, den er bereits kannte. Noch während Ro hereinschlenderte, richtete Dane den Raum her und klappte eine Tafel voller Informationen um. Sofort lagen die lapisfarbenen Iren auf den Namen, den Bildern, den Verbindungspfeilen. Dass Dane ihm noch mehrere Akten und ein Tablet besorgte, bemerkte er erst im Nachhinein. Viel zu sehr war er darin vertieft, all das Wissen, was die Dämonen bereits herangetragen hatten, aufzunehmen. Und ja, einige Namen davon waren ihm durchaus geläufig.
      „Nein“, er schüttelte den Kopf, „alles gut. Ich versuch, die Zeit im Auge zu behalten, aber falls ich’s doch vergessen sollte, müsstest du vielleicht deine Assistentin darauf hinweisen, dass sie nach mir Ausschau hält.“
      Seine Finger streckten sich nach dem Bild eines Mannes hohen Alters aus. Den kannte Ro. Der saß mal mit Aimeric zusammen und beratschlagte über irgendetwas. Der Alte war ein Mensch gewesen und soweit Ro wusste, ließ sich Aimeric nur zu Gesprächen mit Menschen herab, wenn sein Gewinn entsprechend ausfiel. Was machte der Mann noch gleich?....
      Ro sah zu Dane herüber und lächelte ihn an. „Ich freu mich auf’s Essen. Wo?“ Er steckte das Bild wieder zurück an seinen Platz und beschloss, im nächsten Zuge den Kerl noch mal zu googlen. Nicht nur sein Bild war an der Wand merkwürdig gewesen. Da befanden sich noch mindestens zwei weitere Personen, die Ro nicht in dieser Konstellation erwartet hätte und die er über Umwege kannte oder schon einmal gesehen hatte. All dem müsste er wohl nachgehen und endlich begann er, sich nicht mehr so außen vor zu fühlen.
    • "Ich werde dich schon pünktlich hier rausholen, keine Sorge," entgegnete Dane und küsste Ro flüchtig auf die Wange. "Wo genau wir hingehen, bleibt eine Überraschung."
      Ein schelmisches Grinsen huschte über Danes Gesicht, dann verschwand er durch die Tür, die den Konferenzraum von seinem Büro trennte und ließ Ro somit allein. Er hatte noch immer einiges an Papierkram von letzter Woche aufzuholen und Termine füllten seinen Kalender - er hatte also keine Zeit zu verlieren.

      Allein das Wissen, dass Ro gleich nebenan war, hatte einen guten Effekt auf Dane. Er konnte sich so gut konzentrieren wie zu den Zeiten bevor er Ro kennengelernt hatte und schaffte es auf diese Weise auch, ordentlich Rückstand aufzuholen. Er würde noch vor Ende der Woche wieder in seinen normalen Rhythmus zurückfinden, da war er sich sicher.
      Pünktlich um halb eins schickte Dane seine letzte E-Mail ab und sicherte dann seinen Computer. Er schnappte sich sein Jackett und warf es sich über einen Arm, bevor er in den Konferenzraum zurückkehrte. Er lehnte sich gegen den Türrahmen und beobachtete Ro für einen Augenblick. Der junge Mann wusste nicht wohin mit sich, das hatte er mehr oder weniger gesagt. Etwas tief in Dane wollte ihm helfen, sich selbst zu finden.
      Nach ungefähr einer Minute stillen Beobachtens ließ Dane seine Aura sanft aufwallen, um Ro nicht zu erschrecken, wie er es heute Morgen getan hatte. So gern er sich diesen Scherz auch erlaubte, es fühlte sich in diesem Augenblich irgendwie falsch an.
      "Tust du mir den Gefallen und schiebst alles ein bisschen zusammen, bevor wir gehen? So, dass man nicht auf anhieb sehen kann, was das für Dokumente sind?"
    • Wieder einmal bewies Ro, dass Drakin kein wirkliches Zeitgefühl besaßen. Während er sich durch die vorhandenen Beweise wühlte, Verbindungen nachverfolgte und Details googlete, um seine persönlichen Kenntnisse noch mit einzufügen, verstrichen Stunden wie im Fluge.
      Roland Fairbanks beschrieb man am Besten als einen Immobilienmogul. Der Typ war öfter mit Aimeric in Kontakt gewesen und Ro hatte die meiste Zeit damit gerechnet, dass sie einfach nur irgendwelche Eigentümer von A nach B schoben. Er kannte den Mann auch nur deshalb, weil seine Tochter Shonda in Ros Jahrgang gewesen war. Ein zierliches Mädchen, das keine Berührungspunkte mit der magischen Welt hatte. Dafür besaß sie einen klugen Kopf, ein tolles Äußeres und die Beliebtheit unter ihren Mitschülern.
      Irgendwann stand Ro mit verschränkten Armen vor der Wand, den Whiteboardmarker zwischen seine Lippen geklemmt. Bis jetzt hatte er nicht gewagt, die bestehenden Verbindungen anzugreifen, allerdings hatte er überall Vermerke hinterlassen mit Infos, die er besaß und die ihm wichtig erschienen. Seine Brauen waren beinahe zu einer verschmolzen, als er eine Welle samtiger Aura über seine eigene streichen fühlte. Sein Kopf zuckte herum, um Dane im Türrahmen stehen zu sehen.
      „….. Du stehst da schon ´ne Weile, oder?“, fragte er rhetorisch nuschelnd und pflückte sich den Stift aus dem Mund. Dann tat er wie geheißen, drehte die Tafel wieder um und schob alles auf dem Tisch zusammen. Anschließend schlenderte er zu Dane herüber.
      „Du wirkst auf jeden Fall entspannter als heute Morgen. Guten Lauf gehabt?“, erkundigte er sich bei seinem Freund, als sie den Raum verließen und die Tür sorgsam zugezogen wurde. „Du hast mir immer noch nicht gesagt, wo wir hingehen. Immer noch eine Überraschung oder war ich unauffällig genug, als dass ich mir eine Belohnung verdient hab?“
    • "Noch nicht so lange, nein."
      Dane stieß sich vom Türrahmen ab und schlüpfte in sein Jackett, während Ro ein wenig für Ordnung sorgte.
      "Ich habe Zeit wieder gut gemacht und sollte demnächst meinen Rückstand vollständig aufgearbeitet haben, sollte nichts dazwischen kommen. Was wiederum heißt, dass ich schon sehr bald mehr Raum habe, um meine Zeit auf eine Art und Weise zu verplanen, die eine Beziehung zulässt."
      Dane wusste, dass das unglaublich gestelzt klang und dass er hier vielleicht ein bisschen zu mikroskopisch arbeitete, aber er wollte nun einmal alle Teile seines Lebens optimal unter einen Hut bekommen. In einem Wort: Kontrolle.
      Als sie am Schreibtisch seiner Assistentin vorbeikamen, informierte er sie darüber, dass er jetzt Mittagspause mache, bevor er mit Ro weiter zum Aufzug zog, wo er sich entspannt gegen die Rückwand lehnte.
      "Wir gehen in ein Restaurant, wo es dir auf jeden Fall schmecken wird," beantwortete Dane die Frage seines Partners mehr schlecht als recht.
      Er grinste, wohlwissend, dass er Ro damit gerade genug Informationen gab, um ihn in den Wahnsinn zu treiben. Er hatte mittlerweile durchaus bemerkt, das dieser Wissensdrang des Drakin nicht von ungefähr kam.
      "Und danach machen wir noch einen kleinen Ausflug, der dir hoffentlich auch gefallen wird - und mir ein bisschen Erleichterung in Sachen Magie geben wird."
      Draußen wartete bereits Danes Wagen auf sie beide. Kaum saßen sie auf der Rückbank, ergriff Dane wieder Ros Hand und küsste ihn sanft auf die Wange.
      "Hast du irgendwas rausgefunden oder wiedererkannt auf meinem schicken Whiteboard?"
    • Nicht so lange bedeutete nicht erst seit Kurzem. Ro verzog erneut das Gesicht, ließ seine Züge allerdings schnell erweichen als Dane in sein Jackett schlüpfte und sich dem Himmel sei Dank mit dem zufrieden gab, was Ro als ‚Ordnung‘ auf dem Tisch hinterließ.
      „Oh, da hast du aber sehr schön verpackt, dass ich dir in deiner Zeitplanung voll in die Bresche gefahren bin“, gab er schlagfertig zurück, wobei er ganz sicher nicht wirklich davon betroffen war. Niemand hatte damit rechnen können, dass sich ihre Bekanntschaft dermaßen entwickelte oder wie viel Turbulenzen Ro im Kielwasser von Dane wirklich schlug. Also schloss er recht gut gelaunt in Aussicht auf Essen zu seinem Freund auf und winkte der Assistentin mit ein bisschen zu viel Elan. Erneut. Aber darauf legte er nun keinen Wert – immerhin hatte er einen sehr attraktiven Mann angelehnt nur mit ihm allein im Aufzug zum Ansehen.
      Ro war unbemerkt so weit es ging auf Abstand gegangen, um den Dämon in seiner Gänze bewundern zu dürfen. Jedes Mal, wenn er ihn zuhause bei sich in seinen legeren Hosen und Oberteilen sah, war er schon entzückt genug. Aber Anzüge… Anzüge waren eine völlig andere Gewalt. Eine, die Ro nicht verstanden hatte bis zu dem Augenblick, als er Dane kennengelernt hatte. Folglich dauerte es einen Moment, ehe er den Satz des Dämons vollständig verarbeitet hatte und fast wieder den Faden verlor, als sich ein Grinsen als Kirsche auf der Sahne bildete.
      Wieso war es in Aufzügen immer nur so verdammt stickig?
      „Warte, was? Ja, dass es ein Restaurant sein wird war mir schon klar. Und dass du denkst, ich find’s da klasse auch. Aber Namen, Dane. Namen!“ Es konnte immerhin sein, dass Ro ausnahmsweise mal ein Lokal mit Namen kannte. „Und was für ein Ausflug? Warum jetzt? Hast du nicht eben noch behauptet, du kommst langsam wieder aus deinem Verzug in normale Bahnen bei der Arbeit?“
      Langsam kam Ro in Fahrt. Mit einem dankbaren ‚Ping‘ öffneten sich die Türen und ließen weniger stickige Luft (die im Aufzug war natürlich nicht stickig) hereinströmen. Noch vor Dane schlüpfte Ro heraus, pendelte sich aber umgehend an dessen Seite ein und warf ihm immer wieder neugierige Blicke zu. Manch ein Außenstehender würde bei ihrem Anblick behaupten, dass Dane Ro magisch verzaubert haben musste. Aber wie so oft hüllte sich der Dämon in Schweigen, selbst dann noch, als sie sich auf die Rückbank seines Wagens setzten und der Fahrer langsam anfuhr.
      „Hm, ja, da waren durchaus zwei, drei Personen, die ich zumindest aus dem Umfeld meines Vaters kenne“, bestätigte Ro und bewegte seine Hand, um zu überprüfen, wie fest Dane sie in seiner hielt. Er bemerkte: sehr fest. „Der alte Typ mit der Tonsur war öfter mit meinem Vater in Kontakt. Der ist definitiv nur ein Mensch und ein Immobilienhai, würde ich sagen. Seine Tochter ging in meine Stufe, ich hab sie aber schon länger nicht mehr gesehen. Ich glaub, ich hab ihre Nummer noch irgendwo…“
      Er kratzte sich mit seiner freien Hand am Ohr und warf einen nachdenklichen Blick durch das Fenster nach draußen.
      „Normalerweise gibt Aimeric nicht viel auf Menschen, aber der Fairbanks war erstaunlich oft da. Ich glaube aber nicht, dass er von der Anderswelt weiß. Denke ich. Das war seltsam.“
    • Dane wurde in dem Augenblick hellhörig, in dem Ro erwähnte, dass Aimeric außer Gewohnheit handelte. Das bedeutete nur sehr selten etwas Gutes.
      "Du musst keine etwaigen moralischen Grenzen überschreiten und mir ihre Nummer geben. Ich komme auch so an ihren Vater ran. Und der ist gerade auf meiner Liste nach oben gewandert."
      Dane machte sich eine mentale Notiz. Dann hob er Ros Hand an seine Lippen. In seinem Kopf ratterten Szenarien. Der Schwarzmarkt brauchte immer diskrete Immobilien, da kam ein Immobilienhai gerade recht. Die Tatsache, dass Ro ihn als solchen beschrieben hatte, legte auch den passenden moralischen Kompass nahe. Selbst wenn Fairbanks keine Ahnung hatte, wofür seine Immobilien genutzt wurden, wenn er dem Schwarzmarkt Lagerhäuser verkaufte oder zumindest anbot, dann war das eine Spur, der man nachgehen konnte. Dane würde sich diesen Fairbanks bei Gelegenheit vornehmen. Und Mace würde sich freuen, endlich wieder irgendwo gezielt einbrechen zu können.
      "Im Bestfall wollte Aimeric dich mit dieser Tochter vermählen - ihr Drakin seid da doch ein bisschen eigen, nicht wahr? Im schlechtesten Fall... nun ja, überraschen würde es mich nicht. Immobilienmakler sind praktisch, wenn es um Schwarzmärkte, den Handel mit Personen oder Geldwäsche geht."
      Die Fahrt dauert nicht lange und schon bald stiegen Dane und Ro vor einem schicken, aber nicht zu hochnäsig aussehenden Restaurant aus. Dane hielt seinem Partner die Tür auf, als sie eintraten.
      Die Atmosphäre im Inneren des Gebäudes war gemütlich und einladend, warm, fast schon heimelig. Es war mit viel Holz gearbeitet worden und gab viele natürliche Elemente - echte Pflanzen, ein nettes Wasserelement, eine Mooswand - was dem ganzen Raum ein Gefühl von Picknick im Wald gab.
      Dane nahm Ro zielgerichtet zu einem Tisch etwas weiter hinten und in einer Ecke mit. Von hier aus konnten sie die Fensterfronten und die Tür zur Straße, aber auch die zur Küche gut im Auge behalten.
      Es dauerte nicht lange, da wurden sie von einer jungen Frau mit rostroten Haaren begrüßt, allerdings alles andere als professionell: "Hi Dane! Greg kommt gleich, der macht noch schnell eine Bestellung fertig. Kann ich euch bis dahin was zu trinken bringen?"
      "Ich nehme einen Demonic Chai."
      Die junge Frau nickte eifrig und nahm dann auch Ro's Bestellung auf, bevor sie wieder verschwand. Dane lächelte, jetzt wo die Katze aus dem Sack war.
      "Greg hat darauf bestanden, dass er für dich kochen darf," erklärte er, "Ich konnte ihn auf sein Restaurant aushandeln, ansonsten wären wir in der Bäckerei gelandet."
      Dane zuckte mit den Schultern. Selbst ohne Gregs Angebot wäre er heute wahrscheinlich mit Ro hergekommen, einfach weil es ihm gerade nach comfort food stand. Er mochte es zwar nicht nach außen hin zeigen, aber die überschüssige Magie machte ihm doch noch immer zu schaffen.
    • „Ich glaub, ich hab da recht wenig moralische Grenzen zum Einhalten“, dachte Ro laut für Dane darüber nach. Nach alldem, was bisher geschehen war, hatten sich seine Grenzen sowieso verschoben und er bezweifelte ernsthaft, dass Dane nicht auch anders an Shondas Nummer käme, sofern er es denn wollte. „Also, Shonda ist echt schon wahnsinnig hübsch, klar, aber die kann ich mir überhaupt nicht in unserer Welt vorstellen. Die ist unglaublich extrovertiert und würde sich nie so die Hände binden lassen wie Cecilia…“
      Dennoch ließ ihn der Gedanke nicht ganz los. Wieso hatte er da denn noch gar nicht dran gedacht? Selbst wenn Ro seine wahre Natur nie entdecken würde, so war er noch immer ein Drakin, entstammend einer der Hauptfamilien. Sein Blut floss genauso dick durch seine Adern wie durch die seines Vaters. Und da er bislang noch kein Interesse an Beziehungen welcher Art und Weise auch immer gezeigt hatte…
      Die Wärme an seiner Hand nahm der Drakin kaum wahr. „Niemals hätte Aimeric zugelassen, dass das Blut eines Drakin in die Hände von Menschen gerät.“ Das sagte er mit einer erstaunlichen Überzeugung wie aus der Pistole geschossen. Bei allem, was sein Vater vielleicht noch in der Hinterhand haben mochte, würde er niemals den Stand seiner eigenen Rasse aufs Spiel setzen. Erst recht nicht für seinen, in seinen Augen, mangelhaften Sohn. Deswegen hatte Ro auch von dem Blut der Drakin gesprochen und nicht von sich selbst. Den Rest verkniff er sich und sah aus dem Fenster, wo die Gebäude an ihnen vorbei rauschten.
      Schließlich hielt der Wagen und Ro stieg mit Dane zusammen aus. Kurz ließ er seinen Blick schweifen, um sich in der Straße zu orientieren. Allerdings hätte er sich das auch sparen können, als er feststellte, vor welchem Restaurant sie gehalten hatten.
      „Oh.“ Das war mit Sicherheit kein einfaches Lokal, zumal der Name in Ros Kopf ein Klingeln auslöste. Unter den wenigen Leuten der Anderswelt, die Ro kannte, war dieses Restaurant bekannt wie ein bunter Hund. Man kam erstaunlich schlecht an Plätze, wenn man nicht im Voraus reservierte oder gewisse Kontakte spielen ließ. Es wurde von Menschen und Wesen gleichermaßen frequentiert und befand aufgrund der Einrichtung in aller Munde. Aimeric hatte es immer wieder gemieden mit der Begründung, es sei ihm nicht fein genug. Was er damit meinte, stellte Ro fest, kaum setzten sie einen Fuß in das Lokal.
      Noch bevor sich die Tür hinter ihnen schloss, erschauderte Ro bereits. Der Geruch nach Holz, Wasser und Laub erinnerten ihn an die Nacht im Wald, wenn auch die Luftfeuchtigkeit nicht stimmte und Noten von Essen, diversen Parfums und andere Partikel den Duft störten. Sämtliche Aurenfarben fanden sich hier wieder, von menschlich bis hin zu einer Banshee, die am allerletzten Tisch und die Ro nicht als solche einschätzen konnte. Dane musste Ro beinahe fortziehen, damit sie sich an einen Tisch setzen konnten und der junge Mann nicht noch länger einfach mitten im Raum staunend dastand.
      Das Schauspiel hielt selbst am Tisch noch Stand, bis eine junge Bedienung kam und Ro aus seiner Apathie riss. Er blinzelte die Rothaarige an, dann schoss sein Blick beinahe anklagend zu Dane herüber, der es lediglich mit einem Lächeln quittierte.
      Ro kroch halb über den Tisch, so sehr lehnte er sich zu Dane herüber. „Warte mal. Stopp. Halt. Wir haben gesagt, er macht Eclair und nicht ein Essen in seinem Restaurant! Restaurant…“, er schüttelte ungläubig den Kopf, „ich dachte, der hat nur ne Bäckerei. Alter, du weißt, was der Laden hier für einen Ruf hat. Bitte sag mir, dass nicht auch noch Mace irgendein hoch renommiertes Unternehmen hat oder so…“
      Er fuhr sich mit beiden Händen durch das Gesicht, ehe er sich mit einem Seufzen wieder auf seinen Sitzplatz zurückbegab. Wieso überraschte ihn das eigentlich so? Irgendwie hatten alle, die mit Dane zu schaffen hatten, ihre Finger irgendwo in größeren Dingen stecken. Vielleicht war Asa ja auch ein Anwalt der ganz Großen gewesen, oder was auch immer.
      So sehr sich Ro darüber mokierte: Die Tatsache, dass seine Augen ständig etwas Neues entdeckten, ließ sich nicht vertuschen. Immer wieder hatte er den Laden mal von außen gesehen, war aber nie an einen Platz gekommen. Oder hatte Zeit gehabt mit Freunden, die er kaum hatte, hierher zu kommen. Vielleicht hätte man ihn ja nicht einmal hereingelassen, wenn er seinen Nachnamen genannt hätte. Denn je nachdem, wo er ihn einsetzte, öffnete oder verschloss der Name D’Apchier Türen.
      „Okay. Gut. Der Laden ist mega, ja. Und ich hab auch definitiv ein bisschen Sorge davor, dass ich nie wieder etwas anderes essen können werde als hier, aber… Was kommt danach? Du hast gesagt, du willst noch was unternehmen, was offensichtlich nicht mit der Arbeit zu tun hat. Was?“
    • "Technisch gesehen ist es nicht Gregs Restaurant," gab Dane schlicht zurück, konnte sich dann aber nicht davon abhalten, breit zu grinsen.
      Er wusste nicht, was ihm besser gefiel: Ro zu erschrecken, oder Ro zu überraschen. Beides entlockte dem jungen Mann eine äußerst charmante Reaktion, die Dane gern öfter sehen wollte.
      "Du kannst dich getrost beruhigen, Mace ist zu hibbelig, um sich an ein Unternehmen zu binden. Offiziell steht er auf der Gehaltsliste meines Büros, da hört es aber auch schon auf. Asa ist Teilhaber selbigen Büros, da hast du also auch keine zu großen Überraschungen zu erwarten. Und Zephy ist Innenausstatterin. Sie hat ihre eigene kleine Firma, die zwar auch einen nicht zu verachtenden Namen hat, aber auch nur in bestimmten Kreisen. Dieses Restaurant hier war ein Geburtstags-, Hochzeits-, und Babypartygeschenk meinerseits and Greg. Der wollte schon seit einer Weile eins, ist aber furchtbar im Umgang mit Finanzen und Asa wollte ihm keins geben, weil der der Meinung war, dass die Bäckerei genug sei, also habe ich den coolen Schwager gespielt. Uns gehört das Restaurant zusammen: er kocht, ich bezahle die Rechnungen."
      Dane zuckte mit den Schultern. Gleich darauf wurden ihre Getränkte gebracht. Vor Dane stand nun eine dampfende Tasse mit Gewürztee, der jedem Menschen die Geschmacksnerven wegbrennen würde. Theoretisch war es ein Chai. Praktisch war er auf Dämonen zugeschnitten.
      "Ein Spaziergang," beantwortete Dane Ros Frage und nippte an seinem Tee. "Ganz harmlos, ganz langweilig. Ein Spaziergang durch einen wenig geliebten Park, damit wir ein bisschen für uns sein können."
      Greg eilte aus der Küche, krachte beinahe in eine Bedienung, wich ihr aber im letzten Augenblick noch aus und sah sich nach Dane um. Dane saß eigentlich immer in dieser Ecke, wenn er herkam - er war sogar derjenige gewesen, der auf diesen speziellen Platz bestanden hatte - aber Greg schien die Hoffnung nicht aufzugeben, Dane doch einmal aus der Reihe agierend zu finden.
      Der Mann gesellte sich mit einem breiten Lächeln auf den Lippen zu den anderen beiden, schnappte sich einen Stuhl, drehte ihn herum und ließ sich daraufsinken.
      "Hallo ihr beiden," grüßte Greg. "Alles gut soweit? Was macht die Magie-Überladungs-Sache?"
      "Nervt, aber es ist auszuhalten," antwortete Dane.
      "Gut gut. Und bei dir, Ro? Alles klar? Ich hoffe, du hast Hunger mitgebracht. Dane hat mir verraten, dass du Meeresfrüchte magst und Wurzeln in Frankreich hast, ich habe mich davon ein bisschen inspirieren lassen und ein paar Ideen gesammelt."
      Der Werwolf fischte ein viel geliebtes Notizbuch aus seiner Jeans, blätterte kurz durch, und gab Ro dann eine kleine Auswahl an Gerichten, die ihm so eingefallen waren, während Dane sich entspannt zurücklehnte und seinen Demonic Chai genoss.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Insane Pumpkin ()

    • Mittlerweile ertappte sich Ro selbst dabei, wie er Dane das breite Grinsen am liebsten direkt aus dessen Gesicht wischen würde. Er fühlte sich definitiv unterhalten, aber zeitgleich auch irgendwie an der Nase herumgeführt. Dass Dane darauf zurückgriff und erklärte, wem das Grundstück und somit das Gebäude gehörte, ließ es dennoch nicht weniger wirken.
      „Mhhhhhm“, machte Ro gedehnt, richtete sich auf und lehnte sich so weit er nur konnte zurück. Die Arme kreuzte er hinter seinem Kopf und musterte den Dämon ihm gegenüber eingehend. „Der coole Schwager also. Du wirfst echt mit Geld um dir, wenn es um Leute geht, die du magst. Nicht so verkniffen wie… gewisse andere Verwandte. Aber, ja, man sollte meinen, dass eine Bäckerei doch ausreicht. ´N Restaurant ist doch mit Sicherheit viel anspruchsvoller als eine Bäckerei zu führen.“
      Allein schon das zusätzliche Personal, das deutlich größere Inventar sowie die Abhängigkeit davon, immer wieder mit neuen Inspirationen glänzen zu müssen. Noch während sich immer mehr Zutaten auf einer imaginären Liste ansammelten, brachte die Bedienung die Getränke. Ein sehr verdächtig anmutender Tee für Dane und ein sehr langweiliges Sprudelwasser mit einer Zitronenscheibe darin. Gut, vielleicht hätte Ro ja doch für etwas extravaganteres gehen können als ein Wasser mit Scheibchen. Das jedenfalls las jeder aus der Art und Weise, wie Ro seine Finger an das Glas legte und es bedächtig im Halbkreis drehte. Selbstverständlich hatte Dane einen Signature Drink. Was denn auch sonst.
      „Spaziergang“, wiederholte der Drakin, dem ein gewisses Misstrauen ebenfalls ins Gesicht geschrieben stand. Das letzte Mal draußen und in Reichweite von Bäumen war es zwischen ihnen ein wenig eskaliert. Allerdings war es da auch ein echter Wald gewesen und kein Park, der zwar, wie Dane sagte, wenig geliebt war, aber dennoch wohl nicht komplett frei von Passanten sein würde. Wenn sie spazieren wollten, dann täte es doch auch jeder andere Fleck im Freien. „Wieso hab ich das Gefühl, dass das nicht ganz so langweilig wird, wie du es klingen lässt?“
      Sehr zu Ros Bestürzung bekam er auf seine Frage keine Antwort mehr, denn Greg füllte mit seiner Aura in der Sekunde schon einen Großteil des Raumes, in der er ihn betrat. Ohne es zu wollen zuckten die azurblauen Augen des Drakin in die Richtung des Shifters, der sich in dem Lokal so heimisch anfühlte wie sich Ro es im Wasser tat. Als sich Greg mit einem Stuhl zu den beiden setzte, winkte Ro ihm umständlich hinter dem Kopf kurz zu und erwiderte das Lächeln mit gleicher Intensität.
      „Jaaah, ich hatte mich ja jetzt eigentlich auf die Eclairs gefreut, aber da mich Dane jetzt hier her entführt hat… Finde ich wohl auch so was. Du hast Ideen? Zeig mal her.“ Er griff sich das Notizbuch noch bevor es mit dem Einband den Tisch berühren konnte. Unter dem Tisch überschlug Ro die Knöchel während er sich durchlas, was sich der Werwolf alles hatte einfallen lassen. Was er dort las zeugte davon, dass sich Danes Schwager länger als nur eine Stunde an die Arbeit gesetzt hatte, sondern wirklich längerfristig Zeit investiert hatte. So viel, dass sich Ros Augenbrauen stetig weiter gen Decke bewegten und er am Ende die Lippen sogar anerkennend schürzte. Schließlich hielt er Greg das Buch hin, zeigte auf die ein oder andere Zeile. „Das ist unfair. Das war länger geplant, das seh ich doch.“
      Er gab den Beleidigten, fühlte sich allerdings auf eine ganz bestimmte Art und Weise geschmeichelt, die er so gar nicht kannte. Seine Augen sprangen zu Dane, der sich mit seinem Tee begnügte und der selbst auf die Entfernung hin so sehr in Ros Nase kribbelte, dass er mit Sicherheit demnächst noch einmal niesen müsste.
      „Sag mal Greg, was meint dein cooler Schwager eigentlich, wenn er von einem langweiligen, harmlosen Park spricht?“, fragte er und ließ seinen Blick dabei auf Dane ruhen. „Dein cooler Schwager meint auch, dass der Überschuss handelbar für ihn ist. Nachdem er noch immer nicht genug davon losgeworden ist. Ich glaube fast, dass er uns nicht ganz ehrlich gegenüber ist… Oh, und er hat vorhin ganz charmant gesagt, dass ich ihn in seiner Arbeitsroutine komplett aus dem Trott gebracht hab und er das aaaaaalles wieder aufholen muss.“
      Kleine Spitzen konnte sich noch immer nicht verkneifen. Wie auch, wenn Dane ihn hierher gelockt hat, um noch mehr Zeit mit ihm verbringen zu können?
    • "Die Eclairs kriegst du auch noch, keine Sorge. Ich lass dich hier doch nicht verhungern. Ich weiß, was Dane als 'Essen' bezeichnet. Lass dir von ihm niemals was kochen, du würdest sterben, bevor es serviert ist."
      Greg schüttelte lachend den Kopf. Dane ließ ihm diesen Spaß, weil er ganz genau wusste, dass er in dieser Hinsicht nicht der Einzige war, der mangelhafte Arbeit leistete. Asa war ein genauso mieser Koch wie er - sein Bruder hatte es sogar geschafft, Babybrei falsch zuzubereiten.
      "So lange habe ich das gar nicht geplant!" verteidigte sich sein Schwager ob Ros Anschuldigung. "Aber wenn deine drei Töchter alle der Meinung sind, durchschlafen ist keine gute Idee, dann hat man eben ein bisschen Zeit zur Verfügung."
      Er zuckte mit den Schultern, dann zückte er einen Kugelschreiber aus dem Nichts und machte sich Kreuzchen hinter den Ideen, die Ro ihm gezeigt hatte. Im Laufe der Zeit würde er, so war sich Dane sicher, alles auf der Liste abarbeiten, aber mit den angekreuzten Speisen würde er anfangen. So chaotisch Greg auch erscheinen mochte, er war eigentlich ein ziemlich disziplinierter Mann. Die meisten Shifter waren das; mussten sie ja auch, wenn sie in der Welt der Menschen nicht zu sehr auffallen wollten. Und gerade Greg, als Anführer seines Rudels, musste in der Lage sein, jede Situation unter Kontrolle bringen zu können. Dane bewunderte ihn dafür. Und er wusste aus sicherer Quelle, dass Asa diese Seite an dem Mann liebte.
      Greg musste sich von einem prustenden Lachanfall abhalten, als Ro wieder mit seinen Sticheleien anfing. Dane lächelte bloß entspannt und nippte an seinem Tee. Er wusste schon, wie er den jungen Mann diese Worte bereuen lassen würde.
      "Da hast du dir aber was angelacht, Dane," kicherte Greg, dann rückte er seinen Stuhl so zurecht, dass er eher auf Ros Seite saß, ehe er sich beinahe schon verschwörerisch zu Ro rüber lehnte.
      "Mein cooler Schwager hüllt sich gern in Geheimnisse. Image und so, weißt du? Was die Arbeit angeht: das hatte Asa auch und er hat es auch alles aufgeholt, sobald er seinen Zeitplan umgestellt hatte. Mach dir um die Effizienz in Sachen Papierkram bei Dämonen mal keine Sorge, das können die. Was die anderen Punkte angeht..."
      Greg musterte Dane von oben bis unten - und der ließ ihn auch. Greg gehörte zu den wenigen Personen auf der Welt, die sich mit Dämonen einigermaßen auskannten. Er gehörte außerdem zu dem sehr kleinen Kreis, dem Dane erlaubte, hinter seine perfektionierte Maske zu blicken. Entsprechend zogen sich Gregs Augenbrauen ein wenig zusammen als der Mann erkannte, was er da sah.
      "Ich hab den Park gesehen, den er meint. Ich hab ihm den sogar empfohlen," meinte Greg dann. "Ich glaube, der langweilige Park und die Handhabung der Magie gehören zusammen. Aber mehr verrate ich nicht, sonst häutet mich mein cooler Schwager noch, weil ich ihm die Chance nehme, der coole Freund zu sein."
      Dane lächelte ihm bestätigend zu, als Greg aufstand und sein Notizbuch wieder einpackte.
      "Ich mach mich dann mal an dein Essen," meinte Greg und klopfte Ro freundlich auf die Schulter - was immer noch eine kräftige Geste war. "Dich frag ich gar nicht erst, cooler Schwager, ich weiß ja, was du isst."
      Mit diesen Worten verschwand der Wolf wieder in der Küche. Dane sah ihm kurz nach, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder auf Ro richtete.
      "Mir geht es gut, versprochen," beantwortete er die unausgesprochene Frage, die er zwischen Ros Zeilen gelesen hatte. "Es ist anstrengend, ja, aber ich habe einen Plan."
      Er streckte die Hand über den Tisch aus, Handfläche nach oben, als frage er danach, dass Ro sie ergriff.
      "Ich würde dich niemals anlügen Ro. Wenn ich mich nicht wohl fühle, sage ich es dir. Darauf hast du mein Wort. Wenn du mehr über den Park wissen willst, dann frag. Ich werde die alles beantworten, aber nur für's Protokoll: damit ruinierst du dir deine Überraschung; ich wasche meine Hände in Unschuld. Aber wenn du wirklich Antworten haben willst, dann werde ich dir nichts vorenthalten."
    • Ro wuchs in der Größe sichtbar an, als sich Greg auf seine Seite schlug und sich zu ihm herüberlehnte. Noch immer hatten die blauen Augen den Dämon fokussiert, der so tat, als würde ihn hiervon rein gar nichts betreffen. Er saß nur da und schlürfte seinen Tee, der dermaßen überwürzt sein musste, dass man beim kleinsten Tropfen schon Reißaus nahm.
      „Als ob ich mir auch nur eine Sekunde lang Gedanken darum mache, wie Dane seine Arbeit gestemmt kriegt, obwohl ich ihn ständig aus dem Takt bring“, schaltete Ro sich dazwischen, ein schnippisches Lächeln lag ihm bereits auf den Lippen. „Sondern vielmehr der Punkt, dass ich überhaupt den Einfluss hab, seinen Trott da durcheinander zu werfen.“
      Das Lächeln wurde deutlicher. Aus dem Augenwinkel bemerkte der Drakin, wie Greg Dane eingehend musterte und schenkte sich weitere Kommentare. Dafür war er viel zu sehr darauf gespannt, wie das Urteil ausfiel. Folglich fiel ihm das Lächeln so schnell aus dem Gesicht wie es gekommen war, als Greg einfach mal nichts zu dem Zustand sagte, in dem Dane sich befand. Und darüber hinaus nicht mal ein Wort zum Park verlor, sodass sich Ro sein Bild eigenständig hätte zurechtbauen können. „Hä?! Warte mal! Als ob Dane dich auch nur ansatzweise anfassen könnte, weil dann –„
      Er vollendete den Satz nicht, sondern versuchte vergeblich Greg zum Bleiben zu motivieren, indem er dessen Notizbuch wegschnappte. Doch der Wandler war schneller, hatte das Buch aus Ros Griffweite bugsiert und war aufgestanden. Die tatenlose Hand des Drakin schwebte noch in der Luft ehe sie kraftlos auf dem Tisch aufklatschte.
      „Echt jetzt?“, näselte er dann tatsächlich doch ein bisschen beleidigt, wäre aber bei den durchaus nett gemeinten Schulterklopfen fast nach vorn gefallen. Die Kraft hatten ihn unvorbereitet erwischt und er hatte sich gerade noch so davor retten können, seiner Hand Folge zu leisten. Dann zog Greg seines Weges, Ros bohrenden Blick auf dessen Rücken gerichtet bis er aus dem Sichtfeld verschwunden war.
      „Wenn es dir wirklich schlecht ginge, dann hätte ich das gemerkt. Ich spüre das Ungleichgewicht, aber es hat nicht den Einfluss auf deine Aura wie gestern. Du kannst sie gerne verstecken – und das sogar echt gut – aber Nuancen krieg ich trotzdem mit, wenn ich ganz hochkonzentriert darauf achte“, sagte Ro mit einer deutlich gedämpften Stimmlage, wobei sein Blick langsam zu Dane ging, über sein Gesicht strich und schließlich bei der geöffneten Hand auf dem Tisch hängen blieb. Er ließ die Pause einen Moment lang wirken, dann platzierte er seine linke Hand in Danes. Wie von selbst verschränkten sich ihre Finger und Ro schauderte, als ihn kleine Fragmente seiner eigenen Magie trafen. „Ich frage nicht mehr. Ich hätt‘ ja schon Lust, ist ein bisschen wie ein Zwang, aber ich krieg mich schon kontrolliert.“
      Er hob den Blick und bannte Danes Augen.
      „Ich hab ja immerhin einen guten Lehrmeister, hm?“
    • Dane schmunzelte ob des Kompliments, das er da von Ro bekam.
      "Ach, auf einmal kannst du dich also im Zaum halten?" stichelte er trotzdem.
      Dann hob er Ros Hand an seine Lippen und platzierte einen sanften Kuss auf dessen Handrücken. Für diesen Moment ließ er seinen Blick all die Dinge ankündigen, die er mit Ro so anstellen wollte. Sollte Ro ruhig frech sein, Dane würde es genießen.
      "Das ist dein Ding, oder? Informationen sammeln. Das ist mir jetzt schon ein paarmal aufgefallen. Sammeln Drakin tatsächlich gern Dinge? Ich weiß, dass ich so scharf auf Informationen bin, weil ich unbekannte Variablen nicht ausstehen kann."
      Dane nippte erneut an seinem Tee - der mittlerweile beinahe leer war - ohne Ros Hand loszulassen. Es fühlte sich nicht nur normal und richtig an, den jungen Mann zu berühren, so wie sonst. Auf eine schwer zu beschreibende Art und Weise fühlte er sich besser, jetzt wo sie sich berührten. Ein Teil des Drucks unter seiner Haut schien zu verschwinden. Als erkenne die Magie ihren eigentlichen Besitzer wieder und ließ sich davon besänftigen. Was Dane in seiner Theorie nur bestätigte.
      "Du kannst mich immer etwas fragen, Ro. Selbst wenn es nur das Jucken in deinen Fingerspitzen befriedigt. Du musst dich nicht unwohl fühlen, nur weil ich geheimnisvoll erscheinen will. Du bringst mich genug aus dem Takt, um dir dieses Zugeständnis zu machen. Das hier ist immerhin eine Partnerschaft."
      Dane stutzte kurz.
      "Das klang jetzt viel zu sehr nach einem geschäftlichen Austausch," kommentierte er seine eigene Wortwahl. "Aber du weißt, was ich meine, oder?"
    • „Hab ich nicht schon mehrfach gesagt, dass ich so einige versteckte Talente habe?“
      Ro rümpfte die Nase über den lachhaften Stichelversuch, den er sich niemals anziehen würde. Schließlich war er Herr über seine Ticks und besaß so viel Beherrschung, es wenigstens zu versuchen, gegen sie anzugehen. Nicht so wie ein gewisser Dämon, der es liebte, wenn man seine abgetragene Kleidung ordentlich gefaltet beiseitelegte.
      Allerdings verpuffte ein wenig von seiner Aufmüpfigkeit, als er sich merkwürdig ertappt fühlte. „Ähm… also die Sache mit dem Sammeln, ja…“ Seine Augen huschten zu ihren noch immer verschlungenen Händen und wieder zurück. „Wir… horten. Verschiedene Dinge. Jeder macht sich etwas anderes zu eigen oder eben das, was demjenigen besonders gefällt. Aimeric sammelt Kois, Laurent die Originalausgaben von irgendeinem altertümlichen Mediziner oder sowas. Und ich hab eben festgestellt, dass man auch bestimmtes Fachwissen sammeln kann. Das hängt aber ganz bestimmt nicht mit meiner Neugierde zusammen!“
      Im Laufe seiner kurzen Lebensspanne hatte Ro gemerkt, dass man nicht auf jede Frage alsbald auch eine Antwort bekam. Oftmals waren seine Fragen mit Antworten verknüpft, deren man nicht leicht Herr wurde und da waren Figuren wie Dane oder auch Baxter wahre Fundgruben. Allein das Wissen, dass er durch Dane über die Dämonen – oder vielleicht auch nur ihn – hatte ansammeln können, überstieg womöglich schon den Kenntnisstand vieler anderer Drakin oder gar anderer Einheiten.
      Ein Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des jungen Mannes aus. „Schwachsinn. Es ist doch eine Partnerschaft bis jetzt, oder nicht? Wir sind weder verheiratet noch wohnen wir offiziell zusammen. Ergo keine Lebensgemeinschaft. Also passt das doch ganz gut mit der Partnerschaft“, gab er sein Denken darüber preis und driftete gedanklich schon weiter. Dane wollte ihn doch bei sich haben… Dann wäre ein Zusammenwohnen gar nicht so weit weg. Und dann? Was kam dann? Warteten sie einfach ab wie es sich entwickelte und ließen es einfach laufen? Ging das irgendwie weiter? Wie würde es weitergehen? Wann würde er…
      Ro hüstelte kurz und griff eilig nach seinem Wasser. „Okay, alles klar. Also. Essen wir und dann zeigst du mir den Park bevor ich doch noch implodiere.“
    • Drakin horteten also gern. Gut zu wissen.
      Dane überkam doch tatsächlich der Drang, Ro mit Geschenken zu überhäufen, die dessen Natur entsprachen. Die Tatsache, dass Ro diesen Teil seiner selbst aber gerade erst kennenlernte, ließ ihn sich selbst zurückhalten. Das hielt ihn aber nicht davon ab, Ro unter die Arme zu greifen, wenn er das denn konnte.
      "Verrätst du mir, welches Fachwissen genau? Vielleicht kann man deine Neugierde ja ein bisschen befriedigen. Gerade, wenn das so eine prägnante Eigenschaft von Drakin ist, könnte das in deinem Fall vielleicht sogar helfen, wenn wir deine Natur auf diese Weise ansprechen."
      Das war selbstverständlich nur eine Theorie. Aber Dane hatte schon von verschiedenen Magischen gehört, dass sie die Natur ihres Nachwuchses förderten, um deren Fähigkeiten zu wecken. Eins führte wohl oft zum anderen.
      Dane ließ Ros Hand los, als die Kellnerin von vorhin eine kleine Weile später mit ihrem Essen kam. Sie stellte zwei von Gregs Meisterwerken vor ihnen auf den Tisch. Ro bekam ein Gericht von der Liste, die Greg ihm vorhin gezeigt hatte, und Dane wurde ein Salat vorgesetzt, der überraschend harmlos aussah, wenn man bedachte, welchen Schärfegrad er bevorzugte. Es fanden sich sogar einige getrocknete Shrimps in dem Salat.
      "Ich würde dem 'nicht offiziell zusammenwohnen' übrigens gern widersprechen. Natürlich nur wenn du willst," meinte Dane und schob sich ein paar Streifen unreifer Papaya in den Mund. "Ich habe dich gern um mich, sehr gern, und ich habe dir ja bereits gestanden, dass ich dich nur ungern gehen lassen würde. Wir leben ja praktisch schon zusammen. Warum es also nicht offiziell machen? Ich kann dir leider keinen Schlüssel überreichen, um das Ganze ein bisschen symbolhafter zu machen. Wenn du willst gebe ich dir aber gern ganz feierlich einen kleinen Zettel mit der Nummer zum Zahlenschloss."
    • Ein tiefes Stirnrunzeln war alles, was Ro für Dane zustande brachte. "Mit Fachwissen meine ich das Erkennen von Spezies, denke ich. Soweit ich das einschätzen kann, hab ich mittlerweile sogar mehr Wissen über deine Art als mein Vater jemals kriegen würde. Er hat jetzt nicht so den Spleen für Wissen, aber naja. Ich mach mir halt einen Spaß draus, Marker zu erkennen, die ganz typisch für die jeweilige Art ist."
      Dank Greg würde er fortan nun in der Lage sein, Shifter noch leichter zu identifizieren. Dass seine Frau eine Harpiye war, spielte ihm ebenfalls weiter in die Karten. An diese Art wäre er so vermutlich auch nur selten geraten. Die Kellnerin befreite den Drakin endlich aus seinem Gedankenpalast, als sie das Essen brachte und Ro erstaunt feststellte, dass Dane eine aufregend unaufregenden Salat vorgesetzt bekam. Das kannte er von dem Dämon anders, der üblicherweise immer recht oppulente Gerichte bestellte. Das allein katapulierte den Salat auf der Skala der Verdächtigkeit in abstruse Höhen.
      Bei Danes nächsten Worten hoben sich die tiefblauen Augen von dem Teller vor sich und fixierten den Mann ihm gegenüber. Gerade noch verfolgte er, wie gelbliche Stückchen in dem Mund des Dämons verschwanden, die Züge völlig entspannt und ohne Anzeichen von Schalk. Er meinte es wirklich so. "Ja, ich erinnere mich dran, dass du mich gern bei dir hast. Allerdings erinnere ich mich genauso gut daran, wie du mir nahelegtest, ich solle mir doch eine Wohnung suchen." Ja, den konnte er sich nicht verkneifen, selbst wenn er es mittlerweile besser wusste. Dann begannen seine Mundwinkel seltsam zu zucken, weil er erbärmlich versuchte, das Grinsen zu verkneifen. "Bist du dir echt sicher, dass du dir das Chaos dauerhaft ins Haus holen willst? Wer weiß, ob du mich wieder loswirst, wenn ich einmal einen festen Schlafplatz habe..."