A Dash of Luck [Asuna feat. Pumi]

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    • A Dash of Luck [Asuna feat. Pumi]

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      Von seinem Platz in der Ecke aus konnte er die gesamte Veranstaltung gut im Blick behalten. Profiler nannten solche Ecken "Paranoia-Plätze", weil man nicht überrascht werden konnte. Dane würde jetzt nicht unbedingt von sich behaupten, paranoid zu sein - man müsste schon ziemlich blöd sein, um ihn überfallen zu wollen. Er hatte lieber alles im Blick um die Kontrolle zu behalten. Wenn ihn nichts überraschen konnte, konnte er sie auch nicht verlieren. Manchmal ging ihm diese Eigenart seiner selbst gehörig auf den Zeiger. Allerdings war sie auch mit dafür verantwortlich, dass er heute war, wo er war: In einem Raum voller reicher Leute, die alle mit ein bisschen Geld um sich warfen, um ihr Image zu polieren. Mit anderen Worten: Dane war auf seinem Lieblingsspielfeld.
      Er stellte sein leeres Champagnerglas auf das Tablett eines vorbeilaufenden Kellners, ohne den Blick von seiner nächsten Beute zu nehmen. Die Frau war schon ein bisschen in die Jahre gekommen, trug ihr knallrotes Cocktailkleid aber immer noch mit Bravour. Schulterfrei schien ihr allerdings nicht zu schmeicheln, weswegen sie einen fetten, fluffigen Schal aus Straußenfedern um ihren Hals trug. Mit dem Ding spielte sie geradezu Staubwedel bei den alten Herren, die sie umringten - wahrscheinlich mit dem gleichen Ziel, das Dane verfolgte. Die Frau war so reich, dass sie ihr gesamtes Vermögen in drei Lebzeiten nicht hätte ausgeben können. Sie war einer der größten Fische auf dieser Gala. Und Dane hatte vor, sich diesen weißen Wal zu schnappen, bevor es irgendjemand sonst tat.
      Er setzte sein charmantestes Lächeln auf, strich sein maßgeschneidertes Jackett noch einmal glatt, dann durchquerte er den Raum, um sich seinen Fang zu holen. Die älteren Männer teilten sich wie das Meer vor Moses, als er auftauchte und der aufgesetzt höfliche Gesichtsausdruck der Dame wandelte sich in ehrliche Begeisterung, als sie Dane erblickte. Natürlich gehörte sie zu dem Schlag Mensch, die sich gern etwas jüngeres angelten, um ihr eigenes Ego zu polieren. Das war genau der Vorteil, auf den Dane am heutigen Abend setzte.
      "Mrs. Arnold! Schön sie heute hier anzutreffen", begrüßte er die Frau.
      Er ergriff ihre Hand, beugte sich vor, und platzierte einen gezielten, sanften Kuss auf ihren Handrücken. Unter all dem Make-Up, das sie trug, war gerade so noch zu erkennen, dass sie ein bisschen rot wurde. Perfekt.
      "Ach, Dane, mein Guter", grüßte sie zurück und hakte sich direkt bei ihm unter, "Rette mich vor diesen Verehrern."
      "Mit dem größten Vergnügen. Gentlemen."
      Mit einem Nicken verabschiedete sich Dane von den Männern, die er bislang nicht eines Blickes gewürdigt hatte. Er führte Mrs. Arnold zurück zu seinem kleinen Paranoia-Plätzchen und angelte ihnen beiden gleich darauf ein paar frische Champagner-Gläser. Dann startete er die Charmeoffensive, die ihm innerhalb der nächsten Stunde hoffentlich einen Batzen Geld einbringen würde. Geld, das bereits zu einhundert Prozent verplant war. In seinem Büro lagen stapelweise Tabellen herum, in die er nur noch die entsprechenden Zahlen eintragen musste. Das Geld würde in insgesamt vier seiner größeren Projekte fließen, damit er die Bücher sauberhalten konnte, wenn er Geld am anderen Ende dieser Projekte herausnahm, um damit in gleichen Teilen den Harpyien-Fonts zu füllen und das Land des neuen Wolf-Shifter Rudels zu kaufen. Die Aufforstung, die das Rudel betreiben wollte würde wiederum den Lebensraum für einige Dryaden erneuern, die in den letzten Jahren sehr gelitten hatten. Dane hatte sie in einem Park in Sicherheit bringen können. Die Dryaden dort waren so nett gewesen, ihre Schwestern aufzunehmen, aber auf Dauer war das keine Lösung. Dryaden sollten sich nicht um kleine Büsche kümmern. Sie sollten Bäume haben, die sie über Jahrhunderte versorgen konnten! Allein der Gedanke an die Ungerechtigkeit, die so vielen Lebewesen entgegengebracht wurde, nur weil der Mensch die Angewohnheit hatte, alles zu vernichten, was er nicht verstehen konnte, wollte Dane irgendetwas anzünden. Stattdessen beschränkte er sich darauf, den reichsten Menschen so viel Geld aus der Tasche zu ziehen, wie er nur konnte. Er mochte vielleicht ein Dämon sein, aber er hatte seine Prinzipien.
      Er schob die Gedanken an seine vielen Baustellen beiseite und konzentrierte sich voll und ganz auf Mrs. Arnold. Die Frau einzuwickeln war ein Leichtes, er hatte es schon mehrfach getan. So gesehen war sie eine seiner besten Geldgeberinnen. Er hatte keinen Zweifel daran, dass ihm das auch heute gelingen würde.

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    • Es war nicht Ros Tag.
      Seit der junge Mann denken konnte hatte er die Warnungen seines Vaters belächelt. Beschützt und gut gehütet war er abseits allen Bösen aufgewachsen und lernte erst mit fortschreitendem Alter die schlechten Seiten der Gesellschaft kennen. Wer einen jungen Drakin negativen Einflüssen aussetzte riskierte, ihn für den Rest seines Lebens zu verderben. Vielleicht lag es an dieser Art der Erziehung, warum Ro so unbeschwert durch sein Leben spazierte, wie er es tat.
      Bis zu diesem Nachmittag. Ro war morgens ins städtische Hallenbad zu Schwimmen gegangen, jeder in seiner Familie hegte eine Affinität zum kühlen Nass. Er tat dies meist allein - das fast schon stupide Bahnenziehen war für die meisten seiner Freunde schlichtweg zu langweilig. Aber für ihn war es ein Stückchen seiner Natur, brauchte es wie der Mensch die Luft zum Atmen.
      Im Bad waren ihm die Blicke nicht aufgefallen, die man ihm heimlich geschenkt hatte. Erst als er die Einrichtung verlassen hatte und sich auf den Weg nach Hause machte, nahm er sie wahr. Mindestes drei Augenpaare hatten sich an seinen Rücken geheftet und bescherten ihm ein unwohles Gefühl.
      Er war noch nie verfolgt worden.
      Mehrere Male hatte Ro versucht, aus ihren Blickfeldern zu verschwinden, in den Seitengassen abzutauchen. Zu allem Übel musste er durch einen weniger frequentierten Bereich der Stadt, weshalb er nicht einfach in Menschenmengen wie in einer Großstadt untertauchen konnte. Nicht ein Manöver hatte den gewünschten Erfolg gebracht. Durch Zufall erhaschte Ro beim ums Eck biegen einen Blick auf zwei Männer, die dunkel bekleidet waren und ihm folgte. Sie waren nun so nah, dass er ihre Auren, ihre Energie, spüren konnte. Spätestens ab jetzt bekam er wirkliche Panik. Es waren magische Wesen, die ihn verfolgten. Einer von ihnen war ein Vampir, diese Aura konnte er deutlich unterscheiden. Bei der anderen war er sich nicht sicher und wollte es auch gar nicht wissen.
      Ab jetzt sprintete Ro durch die Gassen und Ecken. Er war physisch den Menschen leicht überlegen, bekam aber wegen seiner fehlenden Manifestation Probleme mit Inlandern, also der magischen Bevölkerung. Beim Rennen lotete er konstant aus, wie weit sich die beiden Verfolger hinter ihm befanden. Er hätte nur lieber ebenfalls nach vorne Acht geben sollten.
      Als er um die nächste Ecke bog, erwartete ihn ein heftiger Schlag gegen den Schädel. Taumelnd ging er zu Boden, erkannte aber noch einen sehr kräftigen Mann mit einem Schlagstock in der Hand. Natürlich hatte er ihn nicht beachtet. Er war schließlich nur ein normaler Mensch. Dann wurde alles dunkel um ihn.

      Ro kam langsam zu sich als dumpfe Geräusche an sein Ohr drangen. Man hatte ihm klassisch einen Sack über den Kopf gestülpt und offensichtlich geknidnappt. Er war noch so desorientiert, dass er lediglich merkte, dass man ihn irgendwo hintrug. Er roch nicht mehr den Mief der Straßen, demnach befanden sie sich vermutlich in einem Haus. Dumpfes Stimmengewirr, vielleicht eine Party, war zu hören, scheinbar brachte man ihn irgendeine Treppe hoch. Seine Hände waren auf den Rücken gefesselt, seine Füße allerdings frei. Im Moment konnte er nichts tun als zu warten.
      Irgendwann hörte er eine Tür. Sein Träger und er betraten einen Raum und man legte ihn erstaunlich sanft ab. Zunächst bewegte sich Ro nicht, lauschte und fühlte nach Schritten, die sich aus dem Raum bewegten. Zu seiner Erleichterung war dem auch so und als er die Tür hörte, begann er sofort sich zu bewegen. Er rutschte auf dem Holzboden herum und schaffte es tatsächlich, den lockeren Sack über seinem Kopf abzustreifen. Zu sehen bekam er eine Suite, es sah ein bisschen aus wie ein Hotel, in das man ihn gebracht hatte. Verwirrt und jetzt sichtlich hektisch schoss sein Blick umher in der Hoffnung, etwas wiederzuerkennen. Nichts deutete auf den Besitzer dieses Zimmers hin, das musste es aber auch nicht. Ächzend kam Ro zuerst auf die Knie und dann extrem wackelig auf die Beine. Zum Glück war sein Gleichgewicht wieder halbwegs hergestellt. Er spürte den Schlag noch an seinem Kopf pulsieren und würde sich nicht wundern, wenn er eine Platzwunde hatte.
      Ros Blick ging zur Tür. Er würde die Fesseln nicht losbekommen. Vorhin hatte er etwas wie eine Party gehört. Wenn er es irgendwie dahin schaffte, dann würden seine Verfolger ihn vielleicht in Ruhe lassen. Kopflos entschied der Drakin gegen jeglichen Verstand, einfach die Tür einrennen zu wollen.
      Zu seiner verständlicherweisen Überraschung gelang ihm dies. Ungebremst war Ro in die Tür gerannt, die bei dieser Energie regelrecht aus den Angeln flog. Prompt fiel sein Blick in einen Gang. Links von ihm war sein Träger, einer der Verfolger von vorhin. Der Vampir machte verdutzt kehrt und hechtete umgehend auf Ro zu. Dieser reagierte ebenso schnell und sprintete in die entgegengesetzte Richtung. Nur ein paar Meter weiter führte eine Treppe nach unten.
      Ro sprang sämtliche 18 Stufen auf einmal hinunter. Fast wäre er nach vorne übergefallen, bekam aber gerade so noch die Kontrolle über seinen Schwung zurück. Zu seiner rechten war das dumpfe Stimmengewirr zu lauten Gesprächen angeschwollen. Hinter dieser Doppeltür befand sich ein Salon, in dem es gerade scheinbar etwas wie eine Feier gab.
      Ro war durch die Tür geprescht, da hatte er noch nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet. Er durfte nun nicht stehen bleiben, sonst würden sie ihm mindestens noch einen Schlag überbraten. Was sein Vater dazu wohl sagen würde.
      Just in dem Moment realisierte Ro, dass das hier keine Party war. Es war eine Veranstaltung mit den Schönen und Reichen des ganzen Staates. Ein Kleid, auf das sein flüchtiger Blick viel, war teurer als das nächste. Chamapgnerflöten wurden umhergereicht, gekünsteltes Lachen erklang zwischen den Reihen. Zwischen zu stark geschminkten Damen, fein geputzten Herren in Anzügen und emsigen Kellnern stand Ro, in seinen Straßenklamotten mit Platwunde am Kopf und Fesseln.
      "Wo zum TEUFEL bin ich gelandet?!", schrie er kurz vollends verwirrt auf ehe er einen Blick über die Schulter warf und einen dunklen Schatten in der Doppeltür sah.
      Umgehend setzten sich seine Beine wieder in Bewegung. Er rempelte diverse Leute an, preschte an einem Tisch vorbei, an dem ein Mann mit dunklen Haaren mit weißen Schläfen sowie eine Frau in einem knallroten Cocktailkleid saßen und plauschten. Quer durch den Raum ging seine Flucht ohne dass er merkte, dass seine Verfolger ihn in weiser Voraussicht nicht durch die Veranstaltung verfolgten. Sie wussten bereits, zu welcher Tür er herauskommen musste. Demnach warteten sie einfach darauf, dass Ro durch die andere Doppeltür am anderen Ende des Raumes preschte, um ihn dort abzufangen.
      Der Vampir setzte einen geschmeidigen Hieb in Ros Magengrube an, der ihm prompt alle Luft nahm und ihn in die Knie sacken ließ. Galant schloss der zweite der Männer die Tür, damit die aufgeschreckte Menge nicht mitbekam, dass sie Kopfgeldjäger ihre Beute wieder eingefangen hatten. Ächzend ging Ros Blick nach oben in das leicht angesäuerte Gesicht des Vampirs.
      Es war wahrlich nicht Ros Tag.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Er bemerkte die Aufregung, bevor sie den Saal wirklich erreichte. Am anderen Ende des Saals drehten sich die ersten Köpfe und obwohl er eigentlich alle Aufmerksamkeit seiner reichen Begleitung schenken sollte, wandte auch er sich dieser Störung zu. Dane hatte keine Zeit, sich zu fragen, was da los war, denn schon im nächsten Augenblick preschte ein junger Mann quer durch den ganzen Saal. Offensichtlich wusste er nicht wo er war - oder wo er hinwollte. Dane sah sich um und erkannte auch warum.
      "Mrs. Arnold, bitte entschuldigen Sie mich. Ich gehe mal kurz nachsehen, was dieses Theater soll."
      Er tätschelte der alten, schockierten Dame kurz die Hand, dann seilte er sich ab und folgte durch die Doppeltür, durch die der junge Mann und seine Verfolger verschwunden waren. Dahinter lag die Küche, dem verwirrten Blick einiger Kellner nach zu urteilen. Der Trick war, sich so zu bewegen, als gehöre man an einen Ort - auch wenn man nicht dorthin gehörte.
      "Gentlemen", grüßte er die Gruppe zusammengewürfelter Leute, die ihn in der Küche nicht erwarteten.
      Ein Blick reichte, um die Situation zu sondieren. Drei gegen einen, dem Kribbeln in seinem Nacken nach zu urteilen waren zwei von ihnen Teil seiner Welt, aber nicht besonders mächtig. Der Junge, der sich auf dem Boden krümmte hingegen...
      "Ich muss doch sehr bitten. Ich versuche hier Geschäfte zu machen und ihr drei ruiniert mir gerade den Abend."
      Alle drei drehten sich zu ihm um und gaben ihm den Tough-Guy-Blick. Sie glaubten doch tatsächlich, die schärfsten Krallen und die spitzesten Zähnchen zu haben. Putzig.
      "Und wer bei den Neun Höllen sollst du sein?", fragte der einzige Mensch in der Truppe.
      Aus dem Augenwinkel bemerkte Dane einige Kellner, die sich ängstlich davon trollten. Sollten sie nur, dann hatte er freie Bahn für das, was er gleich tun würde - wenn er denn musste. Er tat das nur sehr ungern.
      "Wollt ihr euren Freund aufklären, oder soll ich das machen?", fragte er die beiden magischen Kopfgeldjäger, die ihn einfach nur anstarrten.
      Sie waren so schwach, dass sie nicht einmal mit Sicherheit sagen konnten, dass Dane einer von ihnen war. Amateure durch und durch.
      Dane seufzte.
      "Bring man euch heutzutage denn gar nichts mehr bei?", fragte er und öffnete die Knöpfe an seinem Jackett, um ein bisschen mehr Bewegungsfreiheit zu haben.
      Als er seinen Blick wieder hob, waren seine Augen gefüllt mit den endlosen, schwarz-weißen Feuern seines Geburtsortes. Als er sprach wirbelten die gleichen Flammen aus seinen Mundwinkeln heraus.
      "Hilft euch das vielleicht auf die Sprünge?", fragte er, seine Stimme dunkel und verzerrt.
      Die beiden magischen Kopfgeldjäger rissen die Augen auf. Endlich begriffen sie, mit wem sie es hier zu tun hatten. Instinktiv stolperten sie ein paar Schritte zurück.
      "Ich schlage vor, ihr verdrückt euch jetzt. Und wenn ich auch nur von einem getöteten oder verletzten Menschen oder Magischen in einem Umkreis von drei Blocks finde, werde ich dafür sorgen, dass das es die letzte Person war, die ihr verletzt habt. Und denkt gar nicht erst daran, jemanden mitzunehmen, der euch nicht persönlich kennt. Husch Husch."
      Die magischen Kopfgeldjäger nickten hastig, griffen sich ihren menschlichen Freund und ergriffen die Flucht. Sobald sie den Raum verlassen hatten, ging Dane neben dem jungen Mann in die Hocke und besah sich die Quelle des Blutes and dessen Schläfe.
      "Halt still", wies er den jungen Mann an, sobald er die Flammen wieder in seinem Inneren eingeschlossen hatte.
      Er hatte keine Ahnung, was der junge Mann war, dafür waren seine Sinne nicht ausgelegt. Aber er war stark, das musste man ihm lassen. Was die Frage aufwarf, warum er sich nicht gewehrt hatte.
      "Das muss versorgt werden", schloss Dane und half dem Jungen auf die Füße.
      Er hielt ihm einen Finger vor die Nase und machte den obligatorischen Test für Gehirnerschütterung und schlimmere Kopfverletzungen.
      "Gute Nachricht: Du scheinst keine tödliche Hirnblutung zu haben. Setz dich, dann kümmere ich mich um die Platzwunde."
      Er manövrierte den Jungen zu einem Hocker, dann suchte er sich erst ein Handtuch, das er anfeuchtete, um damit das Blut loszuwerden.
      "Willst du mir verraten, warum ein Set von Amateur-Kopfgeldjägern hinter dir her ist?", fragte er, nachdem er das Handtuch weggelegt hatte.
      Er betrachtete die kleine Platzwunde eingehend, während er in die Innentasche seines Jacketts griff. Sobald er das Stück Leinen mit der richtigen Rune darauf gefunden hatte, drückte er es vorsichtig gegen die Wunde und sandte seine Energie hinein, um die Magie darin zu aktivieren. Magie manipulieren war sehr viel mehr seine Expertise als das Zuordnen selbiger. Als er die Magie des Jungen berührte, warf es ihn fast um. Wer auch immer dieser attraktive Mann war, er stammte aus einer sehr alten Blutlinie, so viel stand fest. Und er schien gehörig in Schwierigkeiten zu stecken. Vielleicht bekam Dane heute Abend doch noch einen interessanten Deal zustande.

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    • Es war die pure Präsenz, die Ro dazu veranlasste, den Vampir vor ihm nicht mehr zu beachten und den Kopf zu drehen. Er kämpfte massiv gegen den Brechreiz an, den sein Schlag verursacht hatte. Auch der altbekannte Schwindel kehrte wieder zurück, weshalb er sicherheitshalber einen Punkt auf dem Boden der Küche fixierte. Der folgenden Unterhaltung konnte er nicht ganz folgen, allerdings sah er, wie sich seine Fänger plötzlich trollten.
      Ro hob den Blick, als sich sein Retter neben ihn hockte. In dem Gewirr an Menschen hatte er keine Person besonders ausmachen können. Zu viele Menschen trübten seine Aurensicht, dafür war Danes Aura nun fast wie ein Faustschlag für den malträtierten Drakin. Unbeholfen ließ er sich von dem älteren Mann auf die Beine helfen, um anschließend auf einem Hocker wieder Platz zu nehmen. Irgendwie war alles gerade total durcheinander. Es fing als normaler Tag an, dann wurde er warum auch immer gekidnappt, verprügelt und nun von einem Mann verarztet, den er nicht kannte.
      Wobei, was bedeutete schon nicht kennen? Als Dane Ros Platzwunde mit einem Handtuch abtupfte, wurde sein Blick langsam wieder schärfer. Erst jetzt konnte er seinen Retter anständig mustern. Ganze fünf Sekunden benötigte der junge Mann, ehe sich seine Augen in Schock weiteten.
      "Sie sind Mr. Blackwell", stellte Ro überrascht fest und überging einfach die Frage, warum man hinter ihm her war.
      Selbstredend schlug Danes Ruf größte Wellen. So große, dass fast jeder ihresgleichen seinen Namen zumindest einmal gehört hatten. Das galt auch für Ro, der darüber hinaus wusste, dass der Mann vor ihm nichts anderes als ein steinalter Dämon war. Was widerum erklärte, warum der Drakin einen permanenten Geruch von verbranntem Bernstein in der Nase hatte. Er hatte noch keinen Dämon zuvor getroffen, doch dieses Detail brannte sich unverkennbar in seiner Erinnerung ein.
      Noch immer sprachlos beobachtete er Dane, wie er ein Stück Leinen aus seinem Jackett zog und es an seine Platzwunde hielt. Es war nicht der Druck, der ihn umgehend zurückzucken und beinahe vom Hocker fallen ließ. Es war die Magie, die der Dämon in das Stückchen Stoff fließen ließ und dabei seine eigene berührte. Ihm war es eiskalt den Rücken runter gelaufen und er hatte instinktiv an seinen Fesseln gerissen, die ziemlich fachmännisch angebracht worden waren.
      Das brachte ihn zu der Frage von vorher zurück. "Die Typen gerade? Alter, wenn ich das wüsste dann wäre ich jetzt ganz bestimmt nicht hier. Wo sind wir überhaupt? Was war das für eine Veranstaltung? Respekt an den Auftraggeber, der muss ja auch irgendwo hier in der Nähe sein, wenn mich die Kerle in seine Suite tragen." Ros Tonfall triefte vor Verdruss. Weder war er begeistert, dass man ihn so einfach hatte entführen können, noch dass er nun eine Wunde hatte und von einem Dämon versorgt wurde, der anscheinend nichts besseres zu tun hatte.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • "So so, du kommst also aus einer der Suiten."
      Dane konzentrierte sich noch einen Augenblick darauf, die Platzwunde zu schließen. Die Reaktion des jungen Mannes auf seine Identität hatte ihn nicht überrascht. Er war das vielleicht bekannteste magische Wesen des Landes. Die meisten Leute reagierten auf ihn relativ... energiereich.
      "Das lässt darauf schließen, dass dieser ominöse Auftraggeber noch hier ist", schloss er, als er einen Schritt zurück machte und sein Werk begutachtete.
      Die Rune würde den natürlichen Heilungsprozess des Mannes beschleunigen. Die Wunde war nicht besonders groß, daher ging Dane davon aus, dass schon am Morgen nichts mehr davon zu sehen sein würde.
      Zufrieden mit seiner Arbeit schlenderte er zum nächstbesten Spülbecken und wusch sich das Blut des Mannes von den Fingern.
      "Du, mein junger Freund, bis mitten in einen Spendengala geplatzt. Wenn es allein um Geld und Mittel geht, könnte jeder hinter dieser Tür der- oder diejenige sein, die dein hübsches Köpfchen wollen. Diese Küche hat keine weiteren Ausgänge", das hatte er gleich überprüft, sobald die Kopfgeldjäger verschwunden waren, "und auf der Gala wartet mindestens eine Person, die dich besitzen will wie eine teure Vase. Eine Person, die aller Wahrscheinlichkeit nach mit Personenschutz angereist ist, der durchaus in der Lage ist, die Vase zu besorgen, die der schlampige Lieferdienst eben liegen gelassen hat."
      Er trocknete sich die Hände ab und musste sich zurückhalten, um nicht breit zu grinsen wie ein Kind, wenn es Geburtstagsgeschenke öffnen durfte, als er sich wieder zu dem Jungen umdrehte.
      "Du weißt offenkundig wer ich bin, daher werde ich nicht lange um den heißen Brei herumreden oder mich mit wirren Formulierungen aufhalten: Ich kann dir helfen, diese Veranstaltung als freier Mann zu verlassen. Ich kann dir helfen, als freier Mann in dein Zuhause zurückzukehren. Und ich kann dir helfen herauszufinden, wer dich am heutigen Abend entführen lassen wollte. Es steht dir frei, mein Angebot abzulehnen, es in Teilen anzunehmen oder allen Punkten zuzustimmen. Ich muss dir das nicht verraten, um einen Handel bindend zu machen, aber ich trete niemanden, der schon am Boden liegt, daher verrate ich dir, was ich im Gegenzug will: Solltest du meine Hilfe in allen Punkten annehmen, dann werde ich meinerseits zu einem unbestimmten Zeitpunkt einen Gefallen in ähnlicher Größe von dir verlangen, den du nach besten Kräften und Ressourcen erfüllen musst. Solltest du nur einem Punkt zustimmen, verrätst du mir, was du bist. Stimmst du zwei Punkten in freier Kombination zu, verrätst du mir, was du bist und den Namen einer Person, von der du glaubst, sie könnte meine Dienst gebrauchen. Ich weise ebenfalls daraufhin, dass ein Handel mit mir absoluter Diskretion unterliegt - darauf gebe ich dir mein Wort kostenlos."
      Das Wort eines Mannes war für viele nur eine altmodische Floskel, doch wer auch nur eine Hirnzelle besaß wusste, dass es für einen Dämon kaum etwas gab, was bindender war als sein Wort. Darauf basierte Dane's gesamtes Geschäft - sowohl im magischen als auch im nicht-magischen Bereich.
      Er trat wieder auf den jungen Mann zu und nahm seine Rune von dessen Schläfe. Von jetzt an sollte der Prozess allein von statten gehen können. Er faltete das Stück leinen einmal in der Mitte, dann ging es in einer schwarz-weißen Stichflamme auf. Dane legte Wert darauf, dass der Junge das sah - manche Magische reagierten relativ ungehalten darauf, wenn man ihr Blut aufhob. Dann beugte er sich vor und löste die Fesseln auf dem Rücken des Mannes mit einer kleinen, aber gezielten Flamme.
      "Mein Angebot ist befristet. Ich habe nicht vor, heute Abend leer auszugehen. Ich gebe dir", er sah auf die überteuerte Uhr an seinem Handgelenk, "drei Minuten, um deine Optionen zu überdenken. Deine Zeit läuft."

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    • Von dane haarklein aufgeführt zu bekommen, was da hinter der ominösen Doppeltür auf ihn warten mochte, ließ Ro seine Stirn in Falten legen. Dass der Auftraggeber vermutlich vorhin auch gesehen hatte, wie er panisch durch die Menge gepflügt war, würde Konsequenzen mit sich ziehen. Dabei wusste der junge Mann nicht einmal genau, warum man ausgerechnet hinter einem defekten Drakin her sein sollte.
      Noch immer mit gerunzelter Stirn hörte er Danes Erklärung zu und war froh, dass er nicht mehr den ständigen Brummkreisel in seinem Kopf hatte. Das Angebot war ausschweifend - hätte der Dämon es so gewollt, hätte er mit Leichtigkeit Schikanen einfügen können, die Ro gar nicht in seinem Zustand bemerkt hätte.
      Ganz blauäugig war aber selbst er nicht.
      "Ihre Aura verrät das, was Sie in Ihrem Gesicht verbergen möchten", bemerkte Ro schlicht. Er hatte ein freudiges Aufflammen in der Aura seines Gegenübers wahrgenommen. Solche Spitzen konnte er leicht detektieren.
      Trotzdem sah er Dane fast schon anerkennend dabei zu, wie er die Rune, die sein Glücksblut enthielt, in einer Stichflamme aufgehen ließ. Das erzeugte einen schwachen Impuls, der am äußersten Rande von Ros Wahrnehmung kratzte. Der Dämon wusste also nicht, dass er ein Drakin war? Wie konnte das einem so alten Wesen nicht förmlich ins Gesicht springen?
      Ro rieb sich die Handgelenke, nachdem Dane ihn befreit hatte. Er brauchte zwanzig Sekunden, bis er das Wort erhob: "Ich werde dir vermutlich keine Gefallen erweisen können, der mindestens gleichwertig ist. Das liegt an meiner, nennen wir es, misslichen Lage." Er umschiffte das offensichtliche Problem. Dane wollte keinen Namen, sondern nur welche Einheit er verkörperte. Allerdings kannte Ro genug Leute, die den ein oder anderen Deal mit dem Dämon eingehen würden. Ob er sich selbst dazu zählen, wusste er nicht sicher. Man hatte ihm damals nur gesagt, dass in den Geschäften mit Dämonen Worte Alles waren, was sie brauchten. Bevor man nicht wusste, was man sagte, sollte man lieber Stillschweigen.
      Sorgsam wägte Ro seine Optionen ab. Er wusste nicht, ob das Wissen um seinen Umstand wertvoll war. Ihm war bewusst, dass er eine Rarität unter den Raritäten war, und er konnte sich denken, warum man die Kopfgeldjäger auf ihn angesetzt hatte. Man sah den Funken Zorn lediglich in seiner linken Hand, die sich zu einer Faust ballte.
      Dann musterte er Dane eindringlich. Wenn er es richtig betrachtete, dann war dies eine einmalige Situation. Seine Familie würde nie zu unorthodoxen Mitteln greifen um herausfinden, was mit ihrem Sohn nicht ganz richtig war. Bei einem Dämon sah das vielleicht ganz anders aus.
      "Wenn Sie wissen, was ich bin, wird Ihnen klar sein, warum man die Attentäter auf mich angesetzt hat", begann er damit, eine Lüge aufzudecken. Es war zwar nur eine Vermutung, aber höchstwahrscheinlich traf sie zu. "Vermutlich weiß ich daher auch genau, warum es mich getroffen hat. Das ist eine Information, die bisher nicht nach außen gedrungen ist. Die Sache ist", jetzt wurde es heikel, "im Gegensatz zu anderen Personen hätte ich nichts dagegen, mir die Expertise eines alten Dämons anzuhören."
      In Ros Augen lag eine Prise Herausforderung. Seine Worte mussten so gewählt sein, dass sie ihm ein Hintertürchen freihielten, sollte er es benötigen. Im Endeffekt hatte der junge Mann nämlich gar keine Ahnung, was für einen schwerwiegenden Vertrag er hier gerade schließen konnte.
      "Sie haben eine Rarität unter den Raritäten vor sich. Einen Vertreter seiner Art, den es so bisher noch nicht gegeben hat. Ein Tabu. Wenn ich Ihr Angebot annehme, sodass ich heil Zuhause ankomme, wissen Sie mehr als ich. Wenn ich allerdings nur heile das Gebäude verlassen will, hab ich draußen direkt wieder die Schläger am Hals. Ich möchte wetten, Sie brennen auf das Wissen, warum ich keine Gegenwehr ergreife." Er hoffte, dass der Körder ausreichte. "Im Endeffekt hab ich ein Problem, für das es bisher keine Lösung gibt. Meinen Sie, Sie könnten das Ende im Möbiusband finden?"

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Der Junge war clever, das musste Dane ihm lassen. Hatte er ihm gar nicht zugetraut, wenn er sich von ein paar Schwachmaten so einfach einfangen ließ.
      "Ein Gegenangebot? Davon bekomme ich nicht viele", gab er offen zu und erlaubte sich dieses Mal, zu lächeln.
      Der junge Mann hatte ihm ja schon verraten, dass es keinen Grund gab, die eigenen Emotionen zu verstecken. Und die Aussicht auf einen Deal entzückte noch den kleinsten Dämon.
      "Das Warum stand nie zur Auswahl", informierte Dane seinen Verhandlungspartner, "Allerdings verraten mir deine Worte, dass die von mir geforderten Informationen für die von mir erbrachte Sicherheit zu wertvoll sind. Das verstehe ich. Ich möchte an dieser Stelle allerdings darauf hinweisen, dass es nicht klug ist, einen Dämon hinter's Licht führen zu wollen."
      Er ließ das einen Augenblick sacken, während er sich ein neues Angebot zurecht legte. Der Junge wollte offensichtlich einen Deal mit ihm eingehen, nur eben einen komplett anderen. Dane hatte nicht genug Informationen, um sich ein vollständiges Bild von der Situation zu machen. Das nagte an ihm. Er hatte nicht die gewünschte Kontrolle über den zu machenden Deal. Also musste er das ändern.
      "Der Trick mit dem Möbiusband ist, es zu zerschneiden. Ich biete dir sicheres Geleit zu einem Punkt deiner Wahl und den Namen desjenigen, der sich so überaus für dich interessiert für die Antwort auf meine Frage nach deiner Natur. Für den Anfang. Ich bin offen für die meisten Handel daher..."
      Er trat ein weiteres Mal auf den jungen Mann zu. Diesmal kramte er in der anderen Innentasche seines Jacketts herum, bis er eine Karte und einen Kugelschreiber gefunden hatte. Schnell kritzelte er eine Uhrzeit und die Adresse eines Restaurants auf die Rückseite des kleinen Kärtchens, bevor er sie dem jungen Mann überreichte. Es war nichts weiter als seine generische Visitenkarte, abgesehen von seinen schnellen Änderungen.
      "Wenn die Informationen, die ich verlange, tatsächlich so ausschlaggebend sind, wie du sagst und du auch weiterhin Interesse an einer größeren Zusammenarbeit hast, dann komme morgen zu dieser Zeit in dieses Restaurant. Dann können wir darüber reden, wie wir dein kleinen Bändchen entknoten können. Solltest du nicht auftauchen, werte ich das als Ende unserer Transaktion. Einverstanden?"
      Er reichte dem Mann seine Hand und machte keinen Hehl daraus, dass dieser Handschlag ihren Handel besiegeln würde. Schwarze-weiße Flammen zuckten durch seine Pupillen - der einzige Hinweis auf die Magie, die hinter dieser Geste steckte.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Insane Pumpkin ()

    • Das angestrengte Denken über die korrekte Formulierung seiner Worte bescherte Roh nur einen pochenden Schädel. Danes Lächeln jedoch ließ das Pochen kurz in der Hintergrund schwinden. Möglicherweise lag der Charme in seinem Lächeln am Umstand, dass sie gerade einen Handel ausarbeitete, der der Natur eine Sämons entsprach.
      Möglicherweise.
      Dann korrigierte Dane sein Angebot. Ein winziges Lächeln umspielte Ros Lippen als der Dämon ihm eine Visitenkarte reichte, auf die er gesonderte Daten notiert hatte. Flüchtig überflog er die verdammt saubere Handschrift. Das Restaurant kannte er. Vor ihm schob sich eine Hand in sein Sichtfeld. Ros Blick lag ruhig auf der ausgestreckten Hand, die definitiv nach der Hand eines Kaufmannes als die eines Handwerkers aussah. Ob er sich wohl auch mal die Hände schmutzig machte?
      Ros Blick wanderte über Danes Arm, Schulter und dem leicht geöffneten Jackett hoch bis in das Gesicht des Dämons. Die Flammen in seinen Augen wirkten echt und sureal zugleich, eine faszinierende Mischung. Auch das war ein Aspekt, der sich in die gedankliche Karteikarte eines Dämons einbrannte. Langsam ergab sich ein eigenes Bild in der Vorstellung des Drakin, es juckte ihn in den Fingern, die Wahre Gestalt von Dane Blackwell irgendwann einmal zu sehen.
      Kräftiger als er es geplant hatte schlug Ro in den Deal ein. Er spürte einen Abfall im Energielevel zwischen sich, wodurch sich seine Nackenhärrchen aufstellten. Sogleich erhob sich der junge Mann auf seine Füße. Er hatte genug gesessen und seine Sinne wieder vollständig unter Kontrolle.
      "Ich bin ein d'Apchier. Ein Drakin", erklärte Ro wobei er Dane intensiv musterte, um ein Gefühl dafür zu bekommen, ob diese Information es für den Dämon wert gewesen war. Seinen Teil hatte er damit erfüllt. Zu mehr war er nicht gefragt worden.
      "Dann verraten Sie mir, wie wir nun vorgehen. Spazieren wir hier nun einfach wieder raus?"
      Ro löste ruckartig den Händedruck, den er immer noch aufrecht erhalten hatte. Abgelenkt rieb er sich die Inennfläche der Hand. Er konnte immer noch ein leichtes Brennen fühlen, das gar nicht da war.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Das Gefühl zu beschreiben, das ihn durchflutete, wann immer einen Deal abschloss, war schwierig. Auf der einen Seite war es wohl damit zu vergleichen, ein Junkie zu sein, der sich nach Wochen der Abstinenz endlich wieder einen Schuss setzen konnte. Auf der anderen Seite war es so eng mit seinem Wesen verbunden, dass es sich zeitgleich so anfühlte wie das erste Glas Wasser nach einem Treck durch die Wüste Gobi. Es war berauschend und vertraut, lud Batterien wieder auf, von denen er die meiste Zeit gar nichts spürte.
      Es dauerte nur einen kurzen Augenblick, auch wenn der junge Mann seine Hand ein bisschen länger festhielt, als die meisten anderen. Die Leute mochten das Kribbeln nicht, dass ein solcher Handschlag bei ihnen auslöste, und zogen sich daher so schnell wie möglich wieder zurück.
      Seine Bezahlung erhielt er augenblicklich. Auch das musste er dem Jungen zugute halten: die meisten seiner Geschäftspartner erwarteten, dass er seinen Teil der Abmachung zuerst erfüllte.
      Als Dane den Namen hörte, ging er sofort seinen imaginären Rolodex durch. Drakin, d'Apchier... und dann machte es Klick. Viel war über diese Familie nicht bekannt, das lag in der Natur der Drakin. Aber Dane wusste um einen Sprössling der Familie, der dieser Tage eigentlich seine wahre Form annehmen sollte. Er verband diese Informationen augenblicklich mit dem, was er am heutigen Abend hatte beobachten dürfen: Einen Drakin im richtigen Alter, um den ganzen Block zu vernichten, wenn er denn wollte, der sich nicht gegen einen Menschen und zwei schwächliche Magische zu wehren wusste. Der einzige seiner Art, ein Tabu, aber immer noch ein Drakin...
      Dane wusste, was das Problem des jungen Mannes war nur einen Augenblick nachdem dieser seine Hand losgelassen hatte. Ihm lagen so viele Fragen auf der Zunge. Er stellte keine einzige. Die aktuelle Situation ließ dafür keinen Raum. Vielleicht konnte er ja morgen ein paar Antworten erhalten, sollte sich der Drakin dazu entscheiden, weiterhin Geschäfte mit ihm zu machen.
      Dane drückte alle Fragen und alle Freude über einen gelungenen Deal beiseite und konzentrierte sich auf das Problem, das es zu lösen galt.
      "Spazieren wir hier nun einfach wieder raus?"
      "Genau das ist der Plan", antwortete Dane und legte einen Arm um die Hüften des Mannes.
      Mit seiner freien Hand fischte er sein Smartphone aus seiner Jackettasche und rief seinen Fahrer an. Mit dem Drakin im Arm und dem Telefon am Ohr verließ er die Küche. Er machte schnelle, lange Schritte, vermied Augenkontakt mit den Anwesenden und hielt seinen Blick eisern auf die Tür gerichtet. Es war keine Flucht. Mehr ein geschäftig wirkender Abgang. Der Trick lag eben immer darin, so zu tun, als wisse man wo man hin will und als gehöre man wie alle anderen an einen Ort.
      Sie konnten den Saal ohne große Probleme verlassen, woraufhin Dane sein Telefon wieder wegsteckte. Seine Hand nahm er allerdings nicht von dem Drakin. Er wollte, dass jeder der sie beide sah wusste, dass sie - zumindest für den Moment - zusammengehörten. Das war der größte Schutz, den der Drakin aktuell genießen konnte.
      Auch das Gebäude konnten sie verlassen, ohne dass sich ihnen jemand in den Weg stellte. Dane hatte auch niemanden ausmachen können, der sich ihnen mit bestimmten Intentionen genähert hatte.
      Draußen wartete ein onyxschwarzer Lexus LS 500h auf sie. Ein breitschultriger Mann mit gelockten, kupferfarbenen Haaren hielt ihnen bereits die Tür zum Rücksitz auf. Dane schob seinen neuen Geschäftspartner vor sich in den Wagen, bevor er selbst einstieg.
      "Verrate Tiarnán wohin die Reise gehen soll."
      Dane nickte in Richtung seines Fahrers, der sich soeben hinter das Lenkrad klemmte. Er selbst lehnte sich entspannt in den bequemen Ledersitzen zurück und nahm sich das Recht heraus, die obersten zwei Knöpfe seines schwarzen Seidenhemdes zu öffnen. Er vermied es wo immer er konnte, ein Hemd vollständig geschlossen zu tragen. Das engte ihn immer so ein.
      Um der Situation auch weiterhin Herr zu bleiben, ließ Dane seinen Blick über ihre Umgebung wandern. Niemand zu sehen, der sie verfolgen würde. Seine Taktik schien vorerst aufgegangen zu sein. Er würde nachher wohl ein paar Anrufe tätigen müssen, um eine Gästeliste in die Finger zu bekommen. Seine Woche war gerade um einiges aufregender geworden. Und das alles dank eines attraktiven Drachen, der kein Drache war.

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    • Ro hatte den Mund geöffnet um etwas zu erwidern, da schlang sich bereits Danes kräftiger Arm um seine Hüfte. Überrumpelt folgte er dem Dämon wie eine Tänzerin auf die leisen Zeichen ihres Partners reagierte. Er immitierte ihn ein stückweit, indem er ebenfalls die andere Doppeltür fixierte und den Kopf trotz plakativer Wunde an seinem Kopf hoch. Ein wenig Mühe hatte er schon, Schritt zu halten, aber es dauerte nur einen Augenblick, dann waren sie schon aus der Menschenmasse an reichen Pinkeln entkommen. Wie befürchtet hatte Ro ein Augenpaar besonders stechend empfunden. Zwar hatte er sich nicht umgedreht um nach der Quelle zu suchen, aber sie war definitiv unter den Anwesenden.
      Draußen vor dem Gebäude stand bereits ihr Fluchtgefährt. Ro konnte den Wagen gar nicht richtig wertschätzen, da wurde er regelrecht auf die Rückbank geschoben. Direkt hinterher folgte Dane. Emsig rutschte der Drakin weiter durch, um Platz zu machen - man wollte sich ja nicht zu fett machen. Erst jetzt merkte er den qualitativen Unterschied dieser Ledersitze zu anderen. Ein Komfort in einem Fahrzeug, den er eher guten Möbelstücken nachgesagt hätte.
      "Äh, ins Viridenviertel. Elmbrook 8, das weit abgelegene Haus mit dem verschnörkelten Eisenzaun davor", sagte er zu dem Fahrer, der trotz des geräumigen Innenbereichs zu breit für den Fahrersitz erschien.
      Als Ro ein Rascheln vernahm, richtete er seinen Blick auf Dane während er sich anschnallte und sich der Wagen satt in Bewegung setzte. Der Dämon hatte zwei Knöpfe seines Hemdes geöffnet was dazu führte, dass sich der Drakin reflexartig an die Nasenwurzel fasste. Der Geruch nach verbranntem Bernstein hatte sich intensiviert und schien ihm beinahe die Nasenschleimhäute wegzubrennen.
      "Der Auftraggeber war vorhin in dem Raum. Ich hab' seinen Blick gespürt", weihte er seinen neuen Geschäftspartner ein. Seine Aussprache hatte einen leicht nasalen Ton bekommen so als hätte er eine leichte Allergie. Er kannte dieses Phänomen. Als er damals einen Hochelfen in seinem kleinen Waldzimmer getroffen hatte, war seine Magie ebenfalls so erdrückend gewesen.
      Hier in dem Wagen eines fremden Mannes mit dem er gerade einen Deal abgeschlossen hatte, über dessen Ausgang er sich nicht mal sicher war, fühlte sich Ro das erste Mal am heutigen Tage nervös. Sein Adrenalinspiegel war während der Verfolgung dermaßen hoch gewesen, dass sich das Tief erst jetzt zeigte. Wer garantierte ihm eigentlich, dass Dane nicht für wen ganz anders arbeitete und nur deswegen wie durch Zufall zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war?
      Jetzt doch etwas misstrauisch, auch wenn das nun ein bisschen zu spät war, beobachtete er ganz genau, welchen Weg sie gerade einschlugen und ob sie sich seinem Zuhause näherten. Er musste sich noch überlegen, wie er seinem Vater erklären sollte, dass Dane Blackwell ihn gerade vor der Haustür abgesetzt hatte.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Dane speicherte die gehörte Information in einem mentalen Aktenorder ab. Viel brachte sie ihm nicht, aber man konnte ja nie wissen, wann so eine kleine Info einen weiterbrachte.
      "Du weißt, dass Dämonen Angst riechen können?" fragte er nach ein paar Minuten, die er mit Schweigen zubrachte.
      Seine Finger flogen über den Bildschirm seines Smartphones, um ein paar E-Mails zu beantworten und Nachrichten zu verschicken, die ihm später hoffentlich das verschafften, was er für seine kleine Untersuchung brauchte. Er wollte nicht zu viel Zeit verschwenden. Bei einer solchen Klientel musste man immer bedenken, dass sich Personen sehr schnell sehr weit weg bewegen konnten. Zwar hatte er dem kleinen Glücksbringer nur einen Namen versprochen, aber es wäre praktischer, wenn er sich persönlich von der Richtigkeit seiner Ermittlungen überzeugen konnte, bevor er den Namen abgab - er wollte schließlich nicht seinen Teil des Vertrages brechen.
      "Ich habe weder vor, dich zu fressen, noch deine Seele zu verschlingen. Das ist nicht mein Stil."
      Dane schickte die letzte Nachricht ab, dann konnte er nicht mehr tun, als abwarten. Also steckte er sein Telefon weg und wandte sich seinem jungen Geschäftspartner zu. Er musterte ihn einen langen Augenblick. Dass er nicht selbst darauf gekommen war, dass er einen Drakin vor sich hatte. Die Augen hätten es ihm verraten sollen. Solche Klarheit fand man nur selten, selbst unter den Magischen. Dazu die enorme Macht, die der Mann ausstrahlte. Andererseits hatte sich Dane schon immer gern von guten Aussehen blenden lassen. Und bei den Neun Höllen hatte dieser Typ ein schönes Gesicht. Und die Hirnzellen dahinter stimmten auch. In seinem Alter hatte noch niemand so clever einen Deal mit ihm verhandelt.
      "Ich bin neugierig", brach Dane das Schweigen erneut, "Warum glaubst du, du könntest einen von mir geforderten Gefallen nicht erfüllen? Eine ziemlich interessante Annahme, meiner Meinung nach. Und ziemlich schwachsinnig."

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    • Ertappt wich Ro Danes Blick aus. Wenn überhaupt, dann hatte er von dieser Eigenschaft gelesen. Offen gesagt bezweifelte er dies allerdings. Er hatte nie viel über die anderen Wesen gelernt, die man seltener antraf. Sein Vater folgte ebenfalls der Divise, man müsse das Übel erst einmal sehen um es einschätzen zu können.
      "Heißt das, ihr könnt das tatsächlich und das war keine Übertreibung der Menschen?", murmelte er leise wobei der Wagen so geschmeidig und leise auf den Straßen fuhr, dass man jedes Wort verstehen konnte.
      Als Ro dann doch einen Blick zu seinem Sitznachbarn riskierte, hätte er fast wieder den Blick abgewandt. Nun wurde er eingehend gemustert, und das waren nicht unbedingt die Art von Blicken, die er gerne auf sich liegen fühlte. Andererseits... war er die abschätzenden Blicke seiner Familie gewohnt. Wie sie ihn ansahen, Mitleid und Enttäuschung gingen dabei Hand in Hand. Er hasste diese Blicke. Schließlich hatte sich der junge Mann weder ausgesucht in diese Familie geboren zu werden noch das nicht zu erfüllen, was sie ausmachte.
      Folglich entschied sich Ro dazu, Danes Blick doch standhaft zu begegnen. Seine Augen, die im Tageslicht sich etwas intensiver dunkel färbten als üblich, nahmen einen tiefen azurblauen Ton an. Er ahnte, dass sich der Dämon gerade wegen seiner markanten Augenfarbe wunderte, warum er ihn nicht eher als Drakin erkannt hatte. Ro konnte nicht anders als müde zu lächeln. So wenig Drakin strahlte er also auf andere aus.
      Ros Antwort kam umgehend. "Wenn Sie es für nötig halten, einen Deal mit mir einzugehen der Ihnen offenbahrt was eigentlich offensichtlich sein sollte, dann haben Sie Ihre Antwort. Weder besitze ich Rang noch Attribute, die meinerseits von Natur her geschenkt bekommen. Es gibt rein gar nichts, was ich Ihnen anbieten könnte, das Sie nicht schon längst und einfacher von Anderen bekommen könnten."
      In Ros Worten lag eine Überzeugung, wie nur tausende Enttäuschungen sie erzeugen konnte. Man ging davon aus, dass er nie die vollen Eigenschaften seiner Art entwickeln würde. Dass er auf ewig in dieser Art Larvenstatus hängen bleiben würde. Defekt wäre. Ausnahmen wie er führten dazu, dass man kranke Zweige an Bäumen abschnitt, damit der Stamm sehr Kraft nicht unnütz vergeudete. In seiner Familie war Ro nichts anderes als der erste Ast, der an der Substanz des Stammes nagte.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Dane runzelte die Stirn. Ob alle seiner Art so widersprüchlich waren?
      "Du scheinst davon auszugehen, dass alle Gefallen, die ich einfordern könnte, materieller Natur sind. Noch sowas, was die Menschen sich über meinesgleichen ausgedacht haben."
      Er schenkte dem jungen Mann ein leichtes Lächeln. Er war kein besonders großer Freund davon, sich mit anderen Dämonen gleichzusetzen. Eine Eigenart, die teilweise jedem Dämon zu eigen war. Allerdings hatte seine Abneigung gegen "seinesgleichen" auch noch andere Komponenten als sein Ego.
      "Niccolò Paganini musste mir nur hin und wieder eine Privataufführung geben, wenn mir danach war. Im Gegenzug habe ich ihm beigebracht, wie man richtig Violine spielt."
      Dane zuckte mit den Schultern. Und ja, es wurmte ihn, dass dieser Deal dem christlichen Teufel zugesprochen wurde. Diese Idioten konnten ihren Boogeyman ja nicht einmal richtig benennen, geschweige denn begreifen, dass Beelzebub, Satan und Lucifer drei verschiedene Personen waren. Keinen davon wollte man unbedingt in dieser Dimension sehen, aber das war nicht der Punkt. Aus einer sicheren Quelle wusste Dane immerhin, dass die drei genauso angepisst waren, was dieses Desaster mit den Namen anging.
      "Weißt du, was ich noch bei dir wahrnehmen kann? Dass dir ein verdammtes Rückgrat fehlt. Oder zumindest redest du dir das ein. Und diese ganze 'Mind over Matter'-Geschichte beherrschst du auch ziemlich gut. Irgendwie hast du es geschafft, dir einzureden, ein Schwächling zu sein. Ich nehme mal an, dass das damit zusammenhängt, dass du ein Spätzünder bist. Die Sache ist die - und das verrate ich dir kostenlos, weil ich dein Gesicht hübsch finde: Du hast mächtig Eier in der Hose. Du bist wie alt? Mitte zwanzig? Und du machst einem Dämon ein Angebot? Ein Gegenangebot? Das spricht für deine cojones. Du trauerst Schuppen nach, die du nie hattest, anstatt deine Zähne zu schleifen."
      Dane pikste dem Jungen seinen Zeigefinger gegen das Brustbein.
      "So viel Potenzial. Tut mir fast schon weh, daran zu denken, dass du es vergeuden könntest."
      Er lehnte sich wieder zurück und warf einen Blick aus dem Fenster. Er meinte jedes einzelne seiner Worte durchaus ernst. Er starrte das durchsichtige Spiegelbild des jungen Mannes in der Scheibe an. Er wirkte so verloren in dem teuren Fahrzeug, dabei sollte er doch an Reichtum gewöhnt sein. Ein kleiner Funke brannte in Danes Brust auf. Ein Funke der Wut. Wut auf denjenigen, der diesem Mann seine angebliche Wertlosigkeit so ins Hirn gebrannt hatte, dass er seine halbe Persönlichkeit darauf zurückführte.
    • Er hatte ein hübsches Gesicht? Das von einem anderen Mann zu hören, der auch noch Äonen älter als er selbst war, ließ Ro die Stirn runzeln. Selbstverständlich wusste Dane nicht, wie genau sich die Dinge um den jungen Drakin verhielten. Das Gesamtkonstrukt bestand aus vielen kleinen Knoten, die zusammen ein Geflecht ergaben, das sein Leben bis zu diesem Augenblick beschrieb. Vermutlich müsste er dem Dämon einige Dinge erklären, die so von außen betrachtet gar keinen Sinn ergaben.
      "Ich bin nicht schwach. Ich bin nur nicht das, was von mir erwartet wird", korrigierte er seinen Geschäftspartner, der nun aus dem Fenster sah. Zwar glaubte er selbst seinen Worten, aber es kratzte dennoch an seiner Substanz. Ihm fehlte ein Teil seiner Selbst, das nahm er überdeutlich wahr. "Und ich bin 21. In Menschenjahren. Ah, und Sie kennen ja nur meinen Nachnamen. Ich heiße Mireaux, aber Ro klingt besser."
      Ro kratzte sich beiläufig an der Stelle, wo Dane ihn vorhin gepiekt hatte. Wie lang brauchten sie eigentlich noch? Er konnte sich anhand der Straßen hier noch nicht richtig orientieren. Wobei das vielleicht einfach daran lag, dass er seine Aufmerksamkeit lieber Dane schenkte.
      "Wie soll ich eigentlich erklären, dass Sie mich buchstäblich vor der Haustür absetzen? Ich glaube, Sie hatten noch nicht die Ehre mit meinem Vater?", fragte der Junge nach.
      Er war sich ziemlich sicher, dass seine Familie mit einem Dämon namens Blackwell noch nie in Kontakt gestanden hatte. Drakin waren stolz, manchmal sogar so stolz, dass es in eine krankhafte Form umschlug. Sie gaben viel auf ihre Blutlinie, sammelten Reichtümer jeglicher Art und Weise und trugen dennoch nicht viel davon nach außen. Ros Mutter hatte ihm mal erzählt, dass sie mit seinem Vater zusammen an die Côte d'Azur gereist waren und die Unterwasserhöhlen seines Clans besucht hatten. In feinem Sand hatte sein Vater Schätze aus vergangenen Zeiten angesammelt und gehortet. Bei diesem Klischee war seine Mutter in ausgelassenes Lachen ausgebrochen.
      Da Aimeric, sein Vater, diese Eigenart zu auffällig fand, trug er das Scheinbild nach außen, die d'Apchiers seien nur sehr gehobener Mittelstand. Dass sie sich aber eigentlich alles kaufen konnten, was ihr Herz begehrte, stand außer Frage.
      "Drakin haben einfach einen krankhaften Stolz. Man lässt die Dinge lieber so laufen und kehrt sie unter'n Teppich als andere um Rat oder Hilfe zu bitten", fuhr Ro fort. Auch er sah die Spiegelung Danes in der Scheibe und hätte schwören können, er schaute ihn durch die eigene Reflexion an. Fast hätte er weitererzählt, worin das Problem bestand und wo sich der Dämon irrte. Allerdings besann sich der junge Mann eines Besseren. Der Deal war für morgen im Restaurant zugesagt. Er musste drauf achten, dass er nichts preisgab, was er als Tauschmittel nutzen konnte.

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    • Dane grinste.
      "Ich habe dir nie eine Ausrede für deinen Papi zugesichert. Dir wird schon was einfallen."
      Er zwinkerte Ro's Spiegelbild zu, bevor er sich zurücklehnte und die Augen schloss. Dieser Junge war wirklich festgefahren in den Traditionen seiner Familie und seiner Spezies. Das letzte Mal, das Dane mit solchen Sturköpfen zu tun gehabt hatte, hatte ihn einiges an Nerven gekostet - aber am Ende hatte er trotzdem bekommen, was er wollte. Und die Harpyien hatten sich bisher nicht einmal über seine Idee mit dem Trustfonds beschwert, der es ihnen ermöglichte, ihre Traditionen aufrechtzuerhalten, ohne sich der Schande stellen zu müssen, die nur im Kopf dieser Wesen existierte.
      Daran zu denken, wie er einem seiner besten Freunde dabei geholfen hatte, dieses spezielle Problem zu lösen, sorgte dafür, dass sich Dane fragte, ob es einfacher oder schwerer war, die Traditionen der Drakin in ein modernes Leben einzubinden. Sie waren so abgekapselt von der Welt, dass es praktisch keine Informationen über ihre Lebensweisen gab und die, die man finden konnte, waren nur schwer zu verifizieren. Alles, was Dane wusste, könnte eine völlige Fabrikation sein. Bei den Harpyien konnte man sich wenigstens auf die alten Geschichten von Schlachtfeldern beziehen - darauf waren sie zu stolz, um nicht damit anzugeben. Aber Drakin... die waren ein Rätsel. Und ein Teil von Dane wollte dieses Rätsel knacken.
      Er wandte sich wieder dem echten Ro zu.
      "Du bist... interessant. Auf der einen Seite sagst du mir, dass Drakin keine Hilfe annehmen. Auf der anderen Seite hast du nicht gezögert, einen Handel mit mir einzugehen, bei dem ich dir Hilfe angeboten habe", Dane schüttelte den Kopf, "Mit einundzwanzig hast du noch genug Zeit, um aus dem Ei zu schlüpfen, und trotzdem passt du dich bereits an. Du bist nicht weniger Drakin, nur weil andere eine Meinung über dich haben. Wenn du mich fragst..."
      Er rückte ein ganzes Stück näher an den Jungen heran, sodass sich ihre Knie berührten und er in diese unglaublich schönen Augen sehen konnte.
      "...bist du schon auf dem besten Weg, die Zukunft deiner ganzen Art zu beeinflussen. Deine Leute mögen es vielleicht nicht, aber Veränderung ist unausweichlich - ich habe es oft genug miterlebt. Und wenn die Zukunft so aussieht wie du... tja, dann helfe ich gern."
      Er schenkte dem Jungen ein Lächeln, dass seine Freunde gern als unheimlich und verführerisch bezeichneten. Was von beidem es war, hing von der Interpretation des Betrachters ab.

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    • Ro seufzte schwer. Da hatte er den Beweis. Dämon durch und durch der ganz genau nach den Richtlinien handelte, die er für seinen Deal ausgehandelt hatte. Wenn er Glück hatte, würde Aimeric ihn nur einmal mustern und dann wortlos von Dannen ziehen.
      Dann wandte sich Dane Ro wieder zu und ihn beschlich plötzlich ein ungutes Gefühl. Er spürte einen Impuls von Energie, den er nicht wahrnehmen sollte. Er kannte dieses Gefühl. Es entstand, wenn jemand sich entschloss, seinem Gegenüber auf die Pelle zu rücken. Kurz darauf bestätigte sich diese Annahme, als der Dämon zu ihm herüber rutschte bis sich ihre Knie berührten. Abermals schlug ihm diese Welle Bernstein entgegen und hüllte ihn ein. Drakin waren es gewohnt, dass man sich ihnen nicht näherte. Ihre ungeheure Präsenz und die dicke Schicht Magie, die sie umgaben wenn sie sie nicht gezielt unterdrückten, hielten die meisten Wesen instinktiv auf Abstand.
      Dane war ohne zu zögern in diese Blase eingedrungen.
      Ros körperliche Reaktion erfolgte sofort. Seine Natur reagierte automatisch auf diese Verletzung der Privatssphäre, so subtil, dass es nur jemanden auffiel, der wie der Dämon gerade seine Augen eingehend musterte. Seine zuvor noch runden Pupillen verformten sich zu Schlitzen, das erste Indiz für Drakin, wenn sie den Eindruck hatten, sie mussten sich wehren. Das Blau in seiner Regenbogenhaut schien je nach Lichteinfall zum Leben erwacht zu sein und änderte ständig leicht die Intensität wie Wellen auf dem Meer. Ro selbst fiel diese kleine Änderung nicht auf, für ihn sah alles schließlich noch aus wie zuvor.
      "Mein Vater hat auch einen Stock im Arsch", sagte Ro bedächtig während seine Augen an Danes Lippen hingen. Irgendwas ging hier vor sich - er war schlichtweg zu blauäugig, um das zu erkennen. "Ich weiß allerdings nicht, ob die anderen Drakinclans genauso versteift sind."
      Stattdessen wunderte er sich, warum sein Ton plötzlich so leise geworden war. Das ganze Theater darum, dass er nicht wie alle anderen seines Clans war, hatte ihn empfindlichen Erfahrungen beraubt, die er jetzt hätte gut gebrauchen können. Es war leider nicht immer ein Vorteil, abgeschottet von der Welt seine Kindheit zu verbringen.

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    • Dieser Mann war mit Abstand das Interessanteste, das Dane in den letzten zwei Jahrhunderten erlebt hatte. Zugegeben, die Weltkriege waren ein lukratives Geschäft gewesen, aber auf Dauer waren die langweilig geworden. Das Chaos dazwischen war so verworren gewesen, dass er sich nicht hatte einmischen wollen und davor war die Welt auch nicht viel mehr als ein Geflecht von Verträgen und bewaffneten Schwanzvergleichen gewesen. Die Menschen waren so erpicht darauf, sich gegenseitig umzubringen...
      Aber Ro... der war interessant. Auf so viele Arten. Dane konnte den Blick gar nicht von dem Farbspiel in Ro's Augen abwenden. Es war geradezu hypnotisch. Und das Kribbeln in seinem Nacken, dass ihm die Anwesenheit von Magie verriet, machte es nicht besser. Es kam nicht oft vor, dass ihm etwas einen solchen Schauer über den Rücken jagte. Immerhin war er es gewohnt, das mächtigste Wesen im Raum zu sein.
      "Dann frage ich mal so", raunte Dane. "Willst du den Stock nur rausziehen oder in Brand stecken?"
      In diesem Augenblick hielt der Wagen und Tiarnán verkündete, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Dane zog sich sofort zurück auf seine Seite der Rückbank, legte den Kopf auf die Lehne und schloss die Augen wie zuvor, als wäre nichts geschehen.
      Sie standen tatsächlich vor dem verschnörkelten Tor, das Ro beschrieben hatte, allerdings hatte Dane nicht vor, auszusteigen und den jungen Mann bis an die Haustür zu begleiten. Sobald er durch das Tor war, war dieser Teil des Handels beendet, denn Ro stand dann wieder unter dem Schutz seines Vaters und seiner Familie.
      "Ich hoffe doch sehr, dass wir uns morgen wiedersehen", kommentierte Dane, bevor der Junge ausstieg.
      Ein Teil von ihm war noch immer aus auf einen größeren Deal, aber ein anderer Teil wollte einfach nur diese Augen wiedersehen. Er wollte Ro noch einmal dazu bringen, sein wahres Ich zu enthüllen. Wenn er ehrlich war, wollte er jede Seite des Jungen kennenlernen. Ob er ihm eine solch vollkommene Offenheit abringen konnte? Dämonen fraßen keine Seelen. Sie handelten nicht einmal damit. Dennoch, wo wusste Dane, hatten sie alle diesen Drang die absolute, ungefilterte Wahrheit einer Person kennenzulernen. Und der einzige zu sein, dem ein solches Geheimnis offenbart wurde. Und er wollte Ro's Innerstes sehen, mehr als er vielleicht bereit war, zuzugeben.

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    • Danes Tonfall löste den ersten kalten Rückenschauer im Leben des jungen Drakin aus. Kaum merklich versteifte er sich, die Augen noch immer auf die gleiche Stelle fixiert. Dann störte die Stimme des Fahrers die Atmosphäre, riss sie beide gewaltsam aus der Dimension, in der sich nur sie beide befanden hatten. Dane zog sich so schnell zurück, dass Ro den Eindruck hatte, er hätte sich alles eingebildet. Von jetzt auf gleich war diese gewisse Spannung verflogen, es wirkte wieder wie eine normale Autofahrt zwischen zwei Fremden.
      Sichtlich irritiert von diesem plötzlichen Wandel stieg Ro wie von selbst aus dem Wagen aus. Seine Augen waren wieder normal und die frische Luft füllte seine Lungen, da er die gesamte Fahrt über nur flach geatmet hatte. Er reagierte nicht auf den Kommentar des Dämons, für ihn war von vornherein klar gewesen, dass er morgen die Adresse des Restaurant auf der Visitenkarte in seiner Hosentasche aufsuchen würde. Der schwarze geschmeide Wagen setzte sich langsam in Bewegung, kaum hatte Ro das Eisentor durchschritten und hinter sich wieder geschlossen. Für einen Moment sah er dem Fahrzeug hinterher. Vielleicht war heute ja doch sein Tag.
      Als Ro auf sein Familienhaus zuschritt, er musste ein ganzes Stück Weg der Auffahrt laufen, sah er einen Schemen im Fenster des Erdgeschosses. Als hätte er es beschworen sah er kurz das Gesicht seines Vaters hinter der Reflektion ehe er vom Fenster verschwand. Der Junge biss die Zähne zusammen. Das Empfangskommitee wartete bereits.
      Ihm wurde gerade noch gestattet, die Eingangstür hinter sich ins Schloss zu ziehen. Aimeric stand bereits im Flur, ein Buch unter seinen Arm geklemmt. Er brauchte nur Sekunden, um mehr als nur optisch etwas erkennen zu können.
      "Das war Dane Blackwells Auto", stellte er mit nüchterner eisernen Stimme fest.
      "Es gab da einen kleinen Zwischenfall." Der Sohn begegnete seinem Vater mit dem gleichen Sturrsinn.
      "Du stinkst nach verbranntem Bernstein. An deinem Kopf ist eine Wunde. Deine Handgelenke weisen Fesselmarken auf", zählte der alte Drakin auf. Noch immer war seine Stimme kühl, aber genau das war das gefährliche daran.
      Ohne aufgefordert zu werden zeigte Ro ihm die Stelle, wo man ihm eine übergezogen hatte. "Ich bin sonst in Ordnung, danke der Nachfrage."
      Aimeric schwieg einen Moment. Dann sprangen seine runden Pupillen auf Schlitze um. Hätte Ro nicht gewusst, wie sich die erdrückende Magie seines Vaters anfühlte, wäre er nun nach hinten gegen die Tür gestolpert. So blieb er jedoch wie angewurzelt stehen. "Du hast einen Handel mit dem Dämon abgeschlossen. Was hat er dir angeboten? Was dafür gefordert?"
      Nun schwieg Ro. Die reine Präsenz seines Vaters erstickte jegliche Aufbegehrung direkt im Keim. Allerdings bewies er nun, dass er doch Rückrat besitzt. "Ihr seht mich eh nicht als Angehörigen. Also hast du dein Recht verwirkt, dich in meine Angelegenheiten einzumischen."
      Da flammte kurz eine Emotion in den saphirblauen Augen seines Vaters auf. So schnell dies jedoch geschehen war, verschwand es auch wieder. Beide Parteien schwiegen und starrten sich dann. Schlussendlich ließ Aimeric seinen Sohn wortlos im Flur zurück.

      Ro hatte niemanden von seinem Plan am nächsten Tag erzählt. Es war ja auch nicht so, dass er ständig jemanden sagen musste, wohin er ging. Allerdings hatte der Vortag Spuren hinterlassen. Anstelle den ÖPNV zu nehmen, bestellte er sich ein Taxi, um zu vereinbarter Stunde am vereinbarten Ort aufzutauchen. Er wollte nicht riskieren auf dem Weg dahin eine weitere unschöne Überraschung zu erleben.
      Folglich hatte er sich ein bisschen edler angezogen. Dunkle Chino, blassblaues Hemd sowie ein offenes Sakko darüber. Zu seiner Erleichterung kam das Taxi auch heil am Restaurant an ohne nennenswerte Zwischenfälle. Ro zupfte sich sein Sakko zurecht nachdem er ausgestiegen war und das Gebäude betrat. Nun wurde es spannend. Er erinnerte sich an die letzten Minuten im Lexus des Vortages zurück. Er war gespannt, welche Haltung er heute bei Dane Blackwell sehen würde.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Dane hatte sich eigentlich gleich an die Arbeit machen wollen, kaum dass er zuhause ankam. Seine Pläne wurden allerdings durchkreuzt. Kaum war er zur Tür rein, vernahm er schon verräterische Geräusche aus seiner Küche.
      "Mittlerweile zweifle ich ernsthaft an deiner Aussage, du hättest eine eigene Wohnung", begrüßte er einen seiner besten Freunde.
      Mace war das absolute Gegenteil dessen, was Dane war. Wären sie nicht zusammen aufgewachsen und gemeinsam in diese Dimension gekommen, würde Dane niemandem abkaufen, dass Mace ebenfalls ein Dämon war.
      Der sehr viel jünger aussehende Mann war gerade damit beschäftigt, sich durch seinen Kühlschrank zu wühlen. Auf der Kücheninsel standen bereits zwei verschiedene Packungen Eiscreme, ein paar bunte Zuckerstreusel und eine große Schüssel.
      Dane schlüpfte aus seinem Jackett und legte es über die Lehne einer der Barhocker, die an der Kücheninsel standen.
      "Was kann ich denn dafür, wenn du immer das gute Zeug besorgst?", gab Mace zurück und stellte einen Milchkarton neben die anderen Zutaten seines nächtlichen Snacks.
      Mit dem Fuß schloss er die Tür des Kühlschranks. Wie immer schenkte er Dane ein breites Lächeln. Der Dämon wusste genau, dass Dane kein Eis aß. Zumindest nicht in solchen Mengen, wie es sein Freund tat. Diese Packungen waren einzig und allein für Mace, der jetzt damit anfing, die beiden Sorten in die Schüssel zu schaufeln. Doch dann hielt er inne und hob den Kopf. Mace war ein hervorragender Tracker, sein Geruchssinn konnte es mit dem von Wolf-Shiftern auffnehmen.
      "Warum riechst du nach Chlor?", fragte er.
      "Ich habe heute Abend eine interessante Bekanntschaft gemacht", gab Dane trocken zurück.
      "Okaaay. Details?"
      Dane schüttelte den Kopf und hielt Mace seine Hand hin - die Hand, mit der er den Handel abgeschlossen hatte.
      Mace lehnte sich vor und schnupperte, dann wurden seine Augen groß.
      "Du hast einen Deal gemacht? Ich dachte, du wolltest heute nur Geld abschöpfen?"
      Dane zuckte mit den Schultern und sagte: "Was soll ich sagen? Der Partycrasher war interessanter. Und du kennst mich: Ich habe ein Herz für Streuner."
      Mace schüttelte lachend den Kopf und beschäftigte sich wieder mit seiner Schüssel voller Eis. Dane schnappte sich den Löffel und nahm einen voll, bevor Mace alles in Streuseln ertränkte.
      "Ich werde allerdings die Nacht arbeiten müssen, um den Deal zu erfüllen."
      "Zeitlimit?"
      "Nein. Aber mir steht morgen vielleicht ein größerer Deal ins Haus und-"
      "Du triffst dich direkt wieder mit deinem Geschäftspartner?"
      "Ja, das tue ich."
      Mace warf ihm einen vielsagenden Blick zu und wackelte mit den Augenbrauen. Dane rollte mit den Augen, fühlte sich allerdings ein bisschen ertappt. Auf dieser Welt gab es niemanden, der ihn besser kannte als Mace, außer vielleicht sein Halbbruder. Aber der war seit einigen Monaten anderweitig beschäftigt und ließ nur selten von sich hören.
      "Er sieht gut aus, okay?", verteidigte sich Dane, "Und er ist interessant. Und clever. Und-"
      "Schon gut, schon gut", lachte Mace, "Du hast einen Crush, ich kapier's. Aber mach nicht direkt drei Babies auf einmal draus, okay?"
      Die beiden lachten. Auch wenn Dane's Bruder nicht geplant hatte, Vater von Drillingen zu werden, sie alle waren der Meinung, dass es das Beste war, was Asa je widerfahren war.
      "Das sollte kein Problem sein, Mace."
      "Oooh... Okay, verstanden. Und er sieht wirklich gut aus?"
      Dane nickte.

      Die Aussicht, den Rest der Nacht mit Mace über den interessanten Jungen aus der Hotelküche zu quatschen, war sehr viel angenehmer, als sich die Stunden mit Arbeit um die Ohren zu hauen. Aber Dane war nun einmal ein ehrliches Arbeitstier und so verzog er sich dann doch irgendwann in sein Büro. Es war nicht so, dass Dämonen keinen Schlaf brauchten. Aber ein All-Nighter fiel im um einiges leichter als beispielsweise einem Menschen. Wenn er nicht zu viele auf einmal machte, ging es ihm meistens gut nach einer durchgearbeiteten Nacht.
      Selbstverständlich war er als erster an dem vereinbarten Ort im Restaurant. Allein schon deswegen, weil er Ro eine Uhrzeit genannt hatte, die eine halbe Stunde nach seiner Reservierung lag. Dane war ein Stammgast in diesem Laden. Wenn man der Ansprechpartner für unorthodoxe Teile der Gesellschaft war, mussten die einen ja auch irgendwie finden können. Und es gab genug Magische, die der modernen Technik des Telefons oder gar des Internets nicht über den Weg trauten - und sogar einige, die von Natur aus nicht damit umgehen konnten. So ein eigenes Magnetfeld konnte eben doch stören.
      Er hatte sich noch nichts zum Essen bestellt, nur einen starken Kaffee, als Ro das Restaurant betrat. Geschäftsmäßig hob Dane die Hand, um den Jungen auf sich aufmerksam zu machen, und klappte die Hülle seines Tablets zu. Wie gestern trug er einen schwarzen Anzug, wenn auch nicht so teuer wie gestern Abend. Außerdem war sein Hemd heute nicht ganz so protzig - selbstverständlich trug er die oberen Knöpfe offen. Nach all den Malen, die er hierherkam, um sich ein Mittagessen zu gönnen, war das Personal an seine Tätowierungen gewöhnt, aber andere Kunden warfen ihm immer noch seltsame Blicke zu. Tattoos am Hals und auf den Händen ließen für gewöhnlich auf illegale Machenschaften schließen und machten Menschen deshalb nervös. Niemand erwartete den kaltschnäuzigen Geschäftsmann oder den gelegentlichen Gentleman unter all dieser Tinte.
      "Ich bin gut gelaunt, daher spendiere ich dir das Mittagessen", begrüßte Dane seinen jungen Geschäftspartner.
      Er hatte gestern Nacht noch einige Fortschritte erzielen können, auch wenn er noch nicht an dem Punkt angekommen war, an dem er die zweite Hälfte seines Deals erfüllen konnte.
    • Schon von Weitem überflog Roh kurz die Erscheinung von Dane, der ihn mit einer einfachen Geste zu sich winkte. Im Eifer des Gefechts gestern waren ihm die Tattöwierungen auf Händen und am Hals des Dämons gar nicht richtig aufgefallen. Jetzt hingegen schienen sie eine stumme Geschichte zu erzählen, die sich in das Unterbewusstsein des Drakin fraßen.
      "Mag nicht so aussehen, aber ich bin nicht arm dran", erwiderte Ro als er sich setzte. Ob es nun die Rune gewesen war oder die natürliche Regeneration der Drakin - die Platzwunde war nur mehr ein heller Strich auf seiner Haut. "Gut gelaunt weil?"
      Er nahm sich die Karte im Ledereinband und blätterte darin. Seine Aufmerksamkeit lag allerdings auf seinem Gegenüber. Bis jetzt hatte er noch keine abnormalen Spitzen in Danes Aura erfühlen können. So richtig Appetit hatte er auch noch nicht entwickeln können. Zu sehr nagte eine leichte Anspannung an ihm. Die Worte sowohl seines Vaters als auch jene von Dane selbst verunsicherten ihn. Es klang so, als seien Handel mit Dämonen wirklich nicht gut. Bislang hatte er sich dessen aber noch nicht überzeugen können.
      "Da ich schon mal hier bin gehe ich mal davon aus, dass der Handel Bestand hat", warf Ro in den Raum. So richtig wohl fühlte er sich in diesem Ambieten nicht. Die Grundanspannung in seinen Gliedern über den Gedanken, dass er mit einem Dämon handelte und nebenbei einfach in aller Öffentlichkeit was essen sollte, gefiel ihm nicht. Sein Teil des Handels bestand aus Informationen, die er wirklich nicht gern am Tisch ausplaudern mochte, wo gewisse andere Anwesende leicht mithören konnten. Hier in dem Lokal war ein diverser Mix aus Magie in der Luft zu spüren, der sich in einen undeutbaren Cocktail vermischte. Keine eindeutige Variante herauszufühlen passte ihm ebenfalls nicht in den Kram. Oder aber, er musste seine halb-Acht-Stellung etwas herunterfahren.
      Er entschloss sich, diese Bedenken zu äußern: "Meinen Teil des Handels würde ich nur ungern hier einhalten. Hier sind mir eigentlich zu viele empfindliche Ohren anwesend."

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"