A Dash of Luck [Asuna feat. Pumi]

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    • Dane lachte leise und überschlug die Beine.
      "Wir haben noch nicht einmal einen Handel besprochen, der dich dazu bringen würde, mir weitere Informationen über dich zukommen zu lassen, Ro. Vorerst sind wir hier, um Teile unseres bisher bestehenden Arrangements zu besprechen und um den Rahmen eventueller weiterer Handel abzustecken. Du kannst deiner Paranoia übrigens ausrichten, dass dieses Restaurant ein perfekter Ort für derlei Verhandlungen ist. Schließlich gehört es zu 50% mir."
      Die andere Hälfte teilten sich sein Schwager und die Schwester seiner Schwägerin, aber das tat hier nichts zur Sache.
      "Was mich dazu bringt, dir deine erste Frage zu beantworten."
      Er schlug sein Tablet wieder auf und öffnete das Dokument, das er in den frühen Morgenstunden erhalten hatte. Seine Nachrichten von der Heimfahrt hatten sich also schnell ausgezahlt.
      "Ich habe mir die Gästeliste der gestrigen Veranstaltung besorgt. Noch kann ich nicht wirklich eingrenzen, wer unsere gesuchte Person ist, aber ich konnte bereits die ersten Namen ausschließen."
      Er schob Ro das Gerät zu, damit er einmal drübergucken konnte.
      "Kommt dir einer der Namen bekannt vor?", fragte er.
      Er beobachtete die Reaktionen des jungen Mannes haargenau, um nichts zu verpassen. Einerseits, weil er daraus Schlüssen ziehen konnte, andererseits weil er Ro gern ansah. Er behielt schönes gern im Auge.
      Während er Ro beobachtete, nippte er an seinem Kaffee. Das Ding hatte so viel Wumms, dass die Bitterkeit den meisten zu seltsamen Gesichtsausdrücken verholfen hätte. Dane schmeckte diese Bitterkeit kaum, aber er konnte das Koffein gut gebrauchen. Denn er hatte vor, den Verantwortlichen so schnell wie möglich zu finden, um dieses hübsche, clevere Gesicht, das ihm gegenüber saß, in Sicherheit zu wissen. Wenn ihm das eine weitere schlaflose Nacht einbrachte, sollte es eben so sein, aber er würde sich hüten, dem Ganzen unvorbereitet gegenüber zu treten.
    • Gedanklich schüttelte Ro nur den Kopf. Natürlich besaß Dane Anteile an diesem Lokal. Wieso sonst sollte er ausgerechnet dieses Restaurant auswählen, um seine Geschäftspartner dorthin einzuladen. Wieder einmal bekam der Junge vorgeführt, wie wenig er von der großen weiten Welt kannte.
      Zugegebenermaßen erstaunt war er, als Dane eine Gästeliste auf dem Tablett zu ihm hinüber schob. Dass der Dämon gründlich arbeitete, war grundgegeben. Dass er allerdings so schnell an die vollstände Liste kam, überraschte ihn schon etwas. Seine blauen Augen inspizierten die Liste an Namen, von denen er tatsächlich mehrere vom Hörensagen kannte. Einige von ihnen hatten Kontakt zu ihrer Familie, dessen war sich Ro absolut sicher. Das führte ihn zu dem Schluss, dass diese Personen vermutlich nicht der Auftraggeber waren. Wenn doch, wäre es zu einfach die Spur auf sie zurückzuverfolgen und dann hätten sie einen ziemlich übel gelaunten Drachen am Hals.
      Diese Erkenntnis ließ den Drakin innehalten. Er war nicht bei einem besonderen Namen hängen geblieben, der ihm etwas sagte. Starr verlor sich sein Blick in dem Weiß der Hintergrundfarbe des Tabletts. Was, wenn genau dies ein zündender Punkt war? Ein bitteres flaues Gefühl breitete sich in seiner Magengegend aus. Er konnte seinen Verdacht nicht äußern, ihn nicht in Worte fassen. Aber dass er allein die Option in Betracht zog verdeutlichte ihm, dass ihr Verhältnis mehr als nur gestört war.
      Drakin stellten Blut über alles.
      Ro brauchte dringend etwas zu trinken. Ein vorbeigehender Kellner war schnell auf ein einfaches Glas Wasser angesprochen, das ihm gleich bereitgestellt wurde. Hastig richteten sich Azurite auf Dane - das lenkte ihn von diesen Gedanken ab. "Ich kenne einige Namen auf der Liste. Einige stehen in Kontakt zu meinem Vater. Ich denke nicht, dass sie die Auftraggeber sein könnten. Das wäre so gut wie ein Schuss ins eigene Fleisch."
      Mit einem dumpfen Geräusch stellte der Kellner das Wasserglas neben Ro ab. Er zuckte bei dem Geräusch zusammen. Seine Gedanken hatten ihn dermaßen beschäftigt, dass er den Kellner gar nicht gehört hatte. Das geschah sonst nie. Seine Mundwinkel zuckten leicht, als er das Tablett zu seinem Besitzer zurückschob.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Da war sie wieder, diese Dualität in allem, was Ro tat.
      "Macht dein Mund oft Dinge, die der Rest von dir nicht reflektiert? Wäre schade..."
      Er setzte die Notiz mit den Geschäftspartnern der Familie d'Apchier in den kleinen mentalen Aktenordner, der sich langsam aber sich mit solchen kleinen Bemerkungen füllte. Sein Tablet faltete er wieder zusammen und ließ es dann links liegen. Er brauchte es nicht mehr für dieses Treffen.
      "Du ziehst ein Gesicht, ein hätte dir eine bean sídhe ins Gesicht geschrien. Du musst mir meine Arbeit zur Erfüllung meines Teils unseres Deals nicht leichter machen, indem du mir verrätst, was dir gerade eingefallen ist, aber ich würde es doch sehr begrüßen, wenn du mir deine Theorie mitteilst. Unterhalte mich."
      Dane gab seine entspannte, zurückgelehnte Haltung ein Stück weit auf und lehnte sich vor. Er stützte die Ellenbogen auf den Tisch, verschränkte seine Finger und schenkte all seine Aufmerksamkeit dem jungen Mann vor sich, jetzt nachdem er sicher sein konnte, dass niemand lange Ohren machte oder schlimmeres. Mit einem einfachen Heben seiner Hand orderte er einen Kellner an ihren Tisch und bestellte sich sein übliches Mittagessen, das nicht auf der Karte zu finden war. Man konnte der örtlichen Klientel den Waldbrand, den er so liebte, nicht vorsetzen, ohne Anzeigen wegen Körperverletzung zu riskieren. Er war froh gewesen, als er erfahren hatte, dass sein Schwager das Rezept seiner Vertretung beigebracht hatte, bevor er sich in den Vaterschaftsurlaub für die Drillinge verabschiedet hatte. Dane aß mindestens einmal die Woche hier, nur wegen dieses Gerichts.
      "Dazu eine volle Flasche Wasser für meinen Freund hier. Was willst du essen?"
      Nachdem auch Ro bestellt hatte und sich der Kellner wieder entfernt hatte, heftete sich Danes Blick endgültig auf sein Gegenüber. Er gestattete sich, die Aussicht einen Moment zu genießen. Die sanften Wellen in den Haaren Ro's, die scharfe Kante seines Kiefers. Die unendlich blauen, lebendigen Augen des jungen Mannes. Ein Teil von ihm wollte noch einmal sehen, wie sich die Pupillen zu schlitzen verengten. Er wollte der Grund dafür sein, dass sie das taten.
      "Also, Mr. Christie: Wer wollte den Drachen klauen?"

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    • Unterhalte mich.
      Der junge Drakin wusste besser als jeder andere, dass Dane nichts davon wissen konnte. Unmöglich konnte er wissen, welches Trauma diese beiden Worte in dieser Kombination bei ihm einst ausgelöst hatten. Nun sah man lediglich, dass Ros Gesicht etwas an Farbe verlor und sich seine eine Hand krampfhaft um das Wasserglas schloss. Doch all das reichte nicht völlig bis in seine Augen. Aus ihnen konnte man nur reinen Widerstand erkennen. Er würde kein Wort über dieses Geschehen verlieren.
      Mühsam schüttelte er die Gedanken ab, die sich wie Blei an seinen Geist gehängt hatten. Da erklärte doch lieber seine Vermutung, die ihm leider auch sauer auf der Zunge lag. "Reine Spekulation. Was, wenn doch einer der Bekannten den Auftrag ausgeschrieben hat, aber selbst noch jemanden über sich stehen hat. Was, wenn dahinter doch jemand steckt, um Unliebsames loszuwerden?" Langsam entspannte sich Ros Griff um das Wasserglas, da er Sorge hatte, es würde sonst springen. "Wenn mein Vater zum Beispiel den kranken Zweig loswerden will."
      Im Gegensatz zu Dane wusste Ro, dass sich blutsverwandte Drakin praktisch nie bis auf den Tod bekämpften. Sie mochten Fehden haben, Missverständnisse oder gar den Kontakt untereinander abbrechen. Aber nie kam es vor, dass Verwandte ihr Blut vergossen. Sicher, Drakin von verschiedenen Stämmen bekriegten sich häufiger mal. Aber das war eine ganz andere Nummer. Falls Aimeric wirklich mit dem Gedanken spielte, seinen Sohn loszuwerden, würde er sich ganz sicher nicht die Klauen schmutzig machen. Auf der anderen Seite hätte er allerdings fachmännisches Personal engagiert. Sollte er diese Umwege gehen und diesen Auftrag von seinem seiner Bekannten durchführen lassen, damit es nicht auf ihn zurückfiel, sah es schon ganz anders aus.
      Nachdem Ro den Verdacht geäußert hatte, fiel ihm ein Stück Last von den Schultern. Gesagte Worte konnte er nicht zurücknehmen, jetzt war er nicht mehr ihr einziger Besitzer. Was dazu führte, dass er sich wieder vemehrt auf Dane konzentrieren konnte. Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass der Dämon ihn jetzt gerade nicht nur mit den Augen eines Handelspartners betrachtete. Sachte streckte er seine Wahrnehmung etwas aus. Noch immer waren da keine Spitzen in der Aura seines Gegenübers, nur die Schwere, die sich noch anders als das schwarze Samt von Vampiren anfühlte.

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    • Diese Theorie klang logisch und begründet. Dane hatte keine Ahnung, wie Ro's Vater so drauf war, daher konnte er sich kein eigenes Urteil über diese Unterstellungen bilden. Aber wenn der eigene Sohn ohne großes Zögern derartige Anschuldigungen vorbrachte...
      "Da ist man ja fast froh, keine Familie zu haben, wenn deine so drauf ist", kommentierte Dane.
      Sollte sich dieses Szenario als korrekt erweisen, dann hatte Dane einiges zu tun. An einen Drakin heranzukommen war außerordentlich schwer, wenn man selbst keiner war. Er musste also einen Weg finden, diese Theorie zu beweisen, ohne in Kontakt mit diesem Mann zu treten. Kein unmögliches Vorhaben, aber kompliziert.
      "Ich muss schon sagen, ein so kleiner Deal hat für gewöhnlich nicht so viel Arbeit für mich auf Lager", äußerte Dane seine Gedanken mit einem Lächeln.
      Ihm machte es durchaus Spaß, mal etwas anderes zu tun, als Zahlen hin und her zu schieben. Sich durch Informationen zu wühlen und neue auszubuddeln war sehr viel unterhaltsamer.
      "Sobald ich einen Namen habe, werde ich ihn dir zukommen lassen. Jetzt zu deinem anderen 'Problem': Was genau willst du von mir? Ich weiß genauso viel über deine Art wie der nächste."
      Ein Umstand der ihm durchaus ein Dorn in der Seite war, jetzt wo er es mit potenziell mehr als einem Drakin zu tun hatte. Keine Informationen zu haben hieß üblicherweise, keine Kontrolle zu haben.
    • Ein tiefes Seufzen kämpfte sich aus Ros Kehle hervor. "Wie sagt man, man sucht sich seine Familie nicht aus?"
      Wenn es nach ihm ginge, hätte er längst alle Verbindungen gekappt und wäre ins Exil gegangen. Sich von seinem Clan abzukapseln bedeutete zeitgleich, zum Freiwild zu werden. Kein Clan würde sich seiner annehmen sondern eher als Eindringling in seinem Terretorium erachten. Deswegen gab es nur so wenige Clans auf der Welt. Sie hielten sich selbst unter Kontrollen und vermehrten sich nicht wie die Karnickel.
      Das eigentlich Problem, weshalb Ro hier nun mit Dane saß, war wesentlich pikanter. "Ich meinte ja, es ist ein Möbiusband", erinnerte er den Dämon an seine Worte von gestern. "Und ich sagte auch, dass ich bezweifle, dass Sie mir dabei helfen können. Wenn ich eine Lösung im Verdacht hätte, könnte ich entweder um Hilfe bitten oder ich habe sie schon ausprobiert und es war erfolglos."
      Er nahm einen Schluck aus seinem Wasserglas. "Ich müsste Ihnen viel über unsere Geschichte erzählen, damit Ihnen vielleicht etwas auffällt, dass das Problem auslöst. Das würde aber mehr als ein Essen hier an Zeit brauchen." War das eine Anspielung darauf, dass er Dane wiedersehen wollte? Vielleicht. War das eher die logische Herangehensweise? Definitiv.
      Dann machte sich doch eine Auraspitze in Ros Wahrnehmung bemerkbar. Die Augenbrauen des Drakin hoben sich etwas. "Irgendetwas stört Sie", bemerkte er überrascht. Natürlich konnte er nichts von Danes kleinem Tick wissen.

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    • Danes Augenwinkel zuckten, doch er erlaubte sich nicht, zu lächeln.
      "Du bist sehr aufmerksam, das muss ich dir lassen. Aber du hast meine Frage nicht beantwortet. Was genau willst du von mir? Ich bin mir deines Problems bewusst. Nur weiß ich nicht, was meine Verbindung dazu ist. Willst du, dass ich dir eine Lösung für dein Problem besorge? Willst du, dass ich Familientherapeut spiele? Willst du eine zweite Meinung zu deinem Problem. Du musst mir schon sagen, was du willst, Ro. Ich kann keine Gedanken - oder magische Auren - lesen. Wobei ich eine kleine Geschichtsstunde nicht ausschlagen würde, wenn du der Meinung bist, dass diese Informationen wichtig sind für was auch immer wir heute - oder zu einem anderen Zeitpunkt - beschließen."
      Dane war versucht, sich Deals zu überlegen, die ihm diese Informationen so oder so bescherten, nur um sie zu haben. Was natürlich auch den netten Vorteil hatte, dass er Ro noch einmal treffen würde. Mace wusste wahrscheinlich gar nicht, wie richtig er mit seiner Aussage gestern gelegen hatte. War das schon ein ausgewachsener Crush? Oder konnte er das noch mit bloßem Interesse wegerklären? Unwahrscheinlich. Und Dane hatte sich noch nie gern selbst belogen.
      "Wenn man einen Handel mit einem Dämon einzugehen gedenkt, sollte man wissen, was man will. Kleiner Tipp meinerseits."
      Dane zwinkerte dem jungen Mann beinahe schon verspielt zu.
    • "An den Drakin werden Sie nichts ändern können."
      Eine Feststellung, keine Aussage. Ein Einzelner würde nie etwas an den Grundfesten einer Rasse ändern können. Zumindest nicht bei einer, der mitunter die mächtigste Magie innewohnte.
      "Ich möchte, dass Sie mir helfen, zu meiner Wahren Gestalt zu finden. Nicht nur herausfinden, was der Grund für die Anormalie ist sondern auch eine Lösung zu finden."
      Es war das erste Mal, dass Ro laut aussprach, dass er wirklich nicht zu seiner Wahren Gestalt fand. Es war ein Unding, eigentlich unmöglich, dass man so wider der Natur auf die Erde kam. Was auch immer sein Problem war - Zeit würde es nicht richten. Er spürte tief in sich eine Art Schloss, die sich vor das schob, was er war. Ohne Hilfe würde er nie den Schlüssel finden. Dessen war er sich bewusst.
      In dieser Situation reagierte Ro nicht einmal auf Danes Zwinkern. Dieses Problem machte einen Großteil seiner Existenz aus. So groß, dass er fast schon behaupten würde, so ein Leben sei nicht lebenswert. Er würde alles in Bewegung setzen, um zu sich zu finden. Nicht für seine Familie, Aimeric oder den verkorksten Stolz der Drakin.
      Einzig und allein für sich selbst.

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    • Einem Impuls folgend streckte Dane seine Hand über den Tisch und legte sie dem jungen Mann auf den Arm. Innerlich gab er sich eine schallende Ohrfeige für diese ungeplante Handlung.
      "Hier geblieben", sagte er sanft als er sah, wie sich der Junge in sich selbst und recht dunkle Gedanken verzog, "Kein Grund abzudriften."
      Erst als er sicher war, dass Ro in der Realität blieb, lehnte er sich wieder zurück. Bisher hatte er dieses Thema halbherzig gehandhabt. Aber jetzt sah er, dass es mehr war als beispielsweise nicht die Karriere zu wählen, die die eigenen Eltern erwarteten. Das hier ging tiefer. Es ging dem Jungen gehörig an die Substanz.
      "Dann lass uns mal geschäftlich werden: Du willst, dass ich dir a) dabei helfe, herauszufinden, was bei dir schiefgelaufen ist. Und b) soll ich dir dabei helfen, dich wieder geradezurücken. Habe ich das soweit richtig verstanden?"
      Das würde schwierig werden. Dane war mächtig und er hatte Ressourcen, Kontakte, ja. Aber er konnte nicht einfach den genetischen Code von jemandem umschreiben, sollte es daran liegen. Aber das mussten sie auch erst einmal herausfinden. Ro meinte, er habe schon alles mögliche ausprobiert, was in seiner Macht stand...
      Ein Grinsen breitete sich auf Danes Gesicht aus. Seine Fähigkeiten unterschieden sich doch sehr von dem Bisschen, was er über Drakin wusste.
      "Da sollte sich was machen lassen, allerdings müsste ich auf dein Angebot zurückkommen, mehr über deine Art zu erfahren."
      Das musste er in seinem Handel bedenken. Ebenso musste er sich aktiv daran erinnern, dass er auch noch andere Verpflichtungen zu erfüllen hatte. Eine seiner Regeln war grundsätzlich, keine Zeitlimits einzugehen, wenn er nicht musste. Allerdings wusste er, dass er eine so interessante Angelegenheit nicht einfach würde weglegen können. Für einen Moment ging Dane also seinen gesamten Terminkalender durch, nur um genau zu wissen, wie viel Zeit er für was einplanen musste.
      "Das wirft jetzt eine Frage auf", schloss er endlich. "Ich kann dir nur schwerlich helfen, ohne Bescheid zu wissen, aber dieses Wissen wird von deiner Art gehütet wie ein Fabergé-Ei. Wenn du dieses Wissen also als Teil deiner Gegenleistung benutzen willst, musst du mir alles erzählen, nicht nur die relevanten Teile. Wenn du mir nur die relevanten Teile mitteilen willst, so fürchte ich, kann ich das nicht als Teil deiner Gegenleistung ansehen. Bist du mit diesem Kompromiss einverstanden?"
    • Als Dane auf einmal zu Ro herüber langte und seinen Arm berührte, war es wieder da. Der Moment, wo zwei Auren aufeinander trafen, Magien sich unbeabsichtig berührten und wie Seidentücher übereinander herzogen. Wieder stellten sich seine Härrchen am Körper auf, eine ähnliche Reaktion schien dem Dämon jedoch nicht zu widerfahren. Scheinbar hatten Dämonen tatsächlich ein anderes Gefühl für Auren und Magie als Drakin.
      Als sich Dane wieder zurückzog und sich ein Grinsen breit machte, dass er zuvor noch nicht gesehen hatte, dachte Ro kurz, er habe etwas falsches gesagt. Dem Dämon etwas hingeworfen, was er zu seinem Nutzen drehen und wandeln konnte und würde. Kurz darauf wurde ihm klar, wo sich das Fettnäpfchen befand.
      "Ich werde Ihnen genug berichten können", antwortete Ro unglaublich langsam. Man merkte, dass er versuchte tunlichst darauf zu achten, wie er seine Worte nun wählte. "Aber ich werde Informationen, die die Grundfeste der Drakin attackieren nicht teilen können." Für eine Moment herrschte Schweigen während der junge Drakin seine Worte neu sortierte. "Nicht alle dieser Aspekte treffen auf mich zu. Alles, was zur Lösung meines Problemes führen kann, würde ich offenlegen. Vielleicht könnte man ja sagen, dass man bei Zeiten bestimmte Informationen neu abwägen muss, wenn ich meine, sie sei zu gefährlich?"
      Zu dem jetzigen Zeitpunkte ahnte Ro nicht, welche Fragen er beantworten sollte. Er verstand sowieso nicht, warum seine Rasse aus allem eine Geheimniskrämerei machte. Er kannte gerade mal drei Aspekte, die so pikant waren, dass er sie nicht einfach ausplaudern würde. Der Rest allerdings wa seiner Meinung nach kein Geheimnis.
      "Es gibt auf alle Fälle drei Ausnahmen, die ich nicht offenbahren kann", sprach er an nachdem er sich daran erinnerte, dass der Dämon keine Heimlichtuerei mochte. "Ehrlich gesagt kann ich mir nicht genau vorstellen, was Sie über die Drakin wissen und was nicht. Was Sie als wertvoll einschätzen und was nicht. Sie sind Schatzmeister der Worte und Informationen. Nicht ich." Ros Augen glitzerten wieder. Er hatte sich aus seiner Abwärtsspirale gekämpft.

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    • Dane erlaubte sich ein ehrliches Lachen. Ein paar Blicke huschten zu ihnen herüber angesichts seines kleinen Ausbruchs.
      "Also den Titel behalte ich", kommentierte er.
      Er leerte seinen Kaffee in einen großen Schluck als er sah, wie sich ihr Kellner näherte. Der Mann hatte zwei wundervoll aussehende Gerichte in den Händen, die schnell servierte, bevor er sich wieder davon machte, um seiner Arbeit nachzugehen. Allein der Geruch von Danes Portion trieb den meisten schon Tränen in die Augen.
      "Also wird unser Handel minimalistisch ablaufen, was das angeht", stellte er in der Informationsfrage fest.
      Es wurmte ihn natürlich, nicht das gesamte Bild zu bekommen. Dass Ro spezifisch drei Dinge ausschloss, machte es nicht besser. Verbotene Frucht und dergleichen.
      "Mit der Freigabe der nötigsten Informationen und nicht darüber hinaus bleiben also zwei Handel zu begleichen. Beide deiner Forderungen werden mir viel Zeit rauben und einiges an Arbeit erfordern. Allerdings kann ich keine festen Garantien auf ein Ergebnis geben. Herausfinden, was nicht stimmt ist da noch einfacher zu beantworten. Das Problem zu lösen könnte sich als unmöglich herausstellen, was du als Ergebnis dieses Handels akzeptieren musst. Mein Angebot ist das Folgende: Ich helfe dir, herauszufinden, was mit dir nicht stimmt für einen unbestimmten Gefallen, den ich innerhalb eines von dir festgelegten Zeitraumes einfordere. Dieser Zeitraum darf weder deine, noch meine Lebenspanne überschreiten und kann nicht innerhalb der ersten 48 Stunden nach eingehen des Handels liegen. Der unbestimmte Gefallen ist von dir nach besten Kräften zu erfüllen, sobald ich ihn ausgesprochen habe. Selbstverständlich wird der Wert dieses Gefallens den von mir geleisteten Diensten entsprechen. Zum jetzigen Zeitpunkt werde ich keinen Handel über die Lösung deines Problems mit dir eingehen, da ich nicht abschätzen kann, wie umfangreich ein solcher Handel auszusehen hat und ob ich überhaupt dazu in der Lage bin, einen solchen Handel zu vollenden. Das sind meine Bedingungen."
      Dane beendete seinen kleinen Vortrag damit, dass er sich das wohl schärfste Hühnchen der Welten in den Mund schob.
    • Ein schmächtig wirkendes Lächeln erschien auf Ros Lippen. Danes Lachen klang angenehm normal, eigentlich schon richtig angenehm. Das machte es ein wenig leichter.
      Wobei sein Lächeln einfror, kaum stellte der Kellner ihre Teller vor ihnen ab. Sein eigener sah fantastisch aus. Der Geruch, der allerdings von der Seite des Dämons herüber schwappte, brachte ihn fast um den Verstand. Seine Finger schossen zu seinem unteren Nasenrücken, den er sich intensiv zu reiben begann. "Gott, ist Ihre Zunge komplett taub?", nuschelte der Drakin, sichtlich geneigt seine Nase zu zerquetschen. Es ging nicht um die Schärfe, wobei Wasserdrachen sie weniger schätzten. Vielmehr lag es an einem Gewürz, das der Koch relativ ausgiebig benutzt hatte. Er konnte nur seinen Finger nicht darauf legen. "Womit der Koch es auch gewürzt hat, es gehört da definitiv nicht rein. Und nein, es ist nicht die Schärfe."
      Dann drückte Ro einmal fester zu, rutschte mit seinen Fingern etwas abwärts um dann in einem gleichmäßigen Zug bis hoch zu seiner Nasenwurzel zu streichen. Was auf den ersten Blick seltsam aussah diente dazu, ihre übergereizten Nasen zu beruhigen. Drakin waren ja zu stolz, um einfach zu wegen, wenn ihnen etwas nicht passte. Da dachten sie sich zwangsläufig solche Tricks aus.
      "Um aber auf den Handel zurückzukommen", schloss Ro den Bogen, nachdem er sich auch seinem Gericht gewidmet hatte, "weiß ich, dass es keine Garantie auf eine Lösung gibt. Aber auf die Findung der Ursache. Da bin ich mir sicher." Er musste es sein. Sonst wäre sein ganzes Unterfangen sinnlos. "Was den Gefallen angeht: Wie kann sowas aussehen? Was kann ich mir da vorstellen? Ich denke mal, als Bodyguard werde ich schon mal nicht infrage kommen."
      Bei den Gedanken driftete er ab. Dane hatte erwähnt, dass er nicht nur auf materielles scharf war. Der Gefallen konnte alles sein. Im Deal stand bereits, dass es ein unbestimmter sein würde. Was die Sache nicht weniger heikel machte. Also musste er den Zeitraum eingrenzen. "Ich würde Ihnen zwei Monate nach Findung der Ursache für die Einforderung anbieten."
      Kurz und knackig. Nur für den Fall.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Gegenangebote... Dane fing an Spaß daran zu haben, mit diesem Kerl zu verhandeln. Er sagte nicht einfach Ja und Amen zu allem. Er dachte über das nach, was er wollte und was er im Gegenzug bereit war, zu geben. Das Kribbeln in seinem Nacken stammte mit Sicherheit nicht mehr nur von der Magie des jungen Mannes.
      "Zwei Monate nach Abschließen des Handels, startend nach Ende der 48-stündigen Wartezeit", entgegnete er. "Bodyguard brauche ich keinen und ich bin auch nicht interessiert an Vermögenswerten. Ein von mir eingeforderter Gefallen könnte unter anderem die Form einer Begleitung zu einem bestimmten Event bedeuten. Die Ausführung einer bestimmten Aufgabe wie zum Beispiel spezielle Botengänge. Manchmal lade ich Leute auch einfach auf einen Kaffee ein, um beschäftigt zu wirken, während ich bestimmte Nachforschungen anstelle."
      Dane zuckte mit den Schultern. Was genau er von den Leuten wollte, unterschied sich stark. Nicht nur, weil unterschiedliche Deals unterschiedliche Werte hatten. Er zog auch immer in Betracht, was seine Verhandlungspartner leisten konnten. Sicher, Ro hatte einige Ressourcen zur Hand - theoretisch - aber bei dem jungen Mann setzte er wahrscheinlich eher auf gesellschaftliche Verpflichtungen. Einerseits, weil er durchaus seine Gesellschaft genießen wollte, andererseits aber auch, weil man mit einem hübschen Gesicht an seiner Seite so manche Tür öffnen und so manches Eis brechen konnte. Dazu die überaus präzisen Spürsinne des Drakin, was Magie anging... sehr praktisch für so einiges.
      "Ich kann dir versichern, dass ich nichts verlangen werde, was deine Würde verletzt. Ich bin ein Dämon, kein Monster. Meiner Zunge geht es übrigens hervorragend. Ich mag eben scharfes Essen."
      Zur Bestätigung schob er sich gleich noch eine Gabel in den Mund. Die Schärfe juckte ihn überhaupt nicht. Er nahm sie kaum wahr.
    • "Ich kann dir versichern, dass ich nichts verlangen werde, was deine Würde verletzt. Ich bin ein Dämon, kein Monster."
      Ros Augen hoben sich von seinem Teller und fanden sofort Danes dunkle Seelenfenster. Ein gedehntes Lächeln erschien auf den Lippen des Drakin, das ein Wissen vermuten ließ, das älter als er selbst war.
      "Bislang kenne ich genug andere Wesen, die keine Monster sein wollen, es aber sind." Manchmal bezog er das auf die gewöhnlichen Menschen. Viele von ihnen waren grausamer als die Inlander, die magischen Vertreter der Bevölkerung. Ihre Gier nach Macht und Geld überstieg meist alle Prinzipien, die sich die magische Welt hatte ausdenken können. Wobei der Drakin es manchmal dann doch auf seine Verwandtschaft bezog. Wer einmal einem waschechten gewandelten Drachen gegenüber stand, der hatte ein sehr einschneidendes Erlebnis.
      "Abgemacht."
      Ro sagte das so leichtfertig, als würde er ein Buch ausleigen. Er legte sein Messer aus der linken Hand beiseite um sie über den Tisch gestreckt Dane zu reichen. Mittlerweile kannte er ja das Prozedere.
      "Haben Sie eigentlich schon einmal einen Drachen in seiner Wahren Gestalt getroffen?", hakte er direkt hinterher. Sie mussten ihr Mahl noch hinter sich bringen und soweit er das richtig einschätzte war der Vertrag praktisch unterschrieben. "Je nach Clan sind die Eindrücke auf Nicht-Drachen angeblich anders, hab ich mir sagen lassen."
      In Gedanken fügte er für sich hinzu: Einem Kaffee wäre ich dann auch nicht abgeneigt...

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    • Dane biss sich auf die Zunge, um sich einen Kommentar zu verkneifen, der zu viel über ihn preisgegeben hätte. Er hatte einen Ruf zu wahren. Außerdem, das wusste er ja selbst nur zu gut, waren Informationen Macht. Er würde niemandem die Macht über sich selbst zusprechen. Niemals.
      Stattdessen streckte er ebenfalls die Hand aus, ein vorfreudiges Lächeln auf den Lippen, angesichts der Tatsache, dass er gleich wieder seiner Natur frönen durfte. Die Flammen, die in seinen Pupillen tanzten hätten es auch verraten.
      Wie der erste Handschlag war auch dieser geradezu berauschend und befreiend auf eine Art und Weise, wie es niemand nachvollziehen konnte, der nicht selbst ein Dämon war. Sein gesamter Körper kribbelte noch einige Minuten lang auf diese wohlige Art und Weise.
      "Ich muss dich enttäuschen, Ro. Du bist mein Erster."
      Dane grinste den jungen Mann an, war sich seiner Formulierung durchaus bewusst. Als Dämon wusste man seine Worte zu wählen. Das brachte die Geburt so mit sich.
      "Aber ich bin sehr aufmerksam und lerne schnell. Zum Beispiel kann ich mir schon denken, dass du die Magie anderer Lebewesen so genau lesen kannst, dass du sie sofort einer Spezies zuordnen kannst. Sicher, du musst wissen, was du vor dir hast, aber rein vom Gefühl her kannst du die Arten auseinanderhalten. Außerdem kannst du das auf eine gewisse Entfernung tun. Abgesehen davon weiß ich lediglich, dass deine Leute territorial und elitär sind. Ich will niemanden beleidigen, aber dieses ganze Gequatsche über die Reinheit der Blutlinie ist dann doch ziemlich... nennen wir es antiquiert. Außerdem weiß ich, dass ihr einen Punkt in eurem Leben erreicht, an dem ihr sozusagen flügge werdet. Normalerweise. Da hören meine Informationen aber auch schon auf, abgesehen von dem ein oder anderen Gerücht, aber die gibt es ja über die meisten. Ich erwähnte ja bereits, dass ich keine Seelen esse. Da ist mir zu scharfe Pasta doch viel lieber. Aber genug vom Geschäftlichen. Du erwähntest, dass du bestimmte Dinge nicht in der Öffentlichkeit bereden willst, daher schlage ich vor, dass wir einfach unser Mittagessen genießen."
    • Nun war es an Ro weiterhin zu lächeln in dem Wissen, dass er wenigstens in diesem Bereich der Oberhand hatte. Wäre auch traurig gewesen, wenn ein Dämon mehr über seine eigene Rasse wusste als man selbst.
      "Stimme ich Ihnen zu. Wenn Ihr Terminkalender es hergibt und Sie wieder diesen netten Fahrer von gestern organisieren könnten, dann hätte ich da anschließend einen Ort, wo wir hinfahren könnten."
      Er hatte den Deal an der Angel. Dann konnte er sich nun auch vollends darein stürzen.

      Ro war wenig überrascht gewesen, dass Dane sowohl Zeit als auch einen fahrbaren Untersatz in kürzester Zeit organisieren konnte. Nachdem der Dämon die Rechnung in seinem eigenen Lokal beglichen hatte, waren sie in den schwarzen Lexus von gestern gestiegen. Ro hatte dem Lockenschopf von gestern eher einen Ort als eine Adresse genannt, zu der er sie fahren sollte.
      Das Naturschutzgebiet, das an den Rand der Stadt grenzte.
      Während der Fahrt hatten sie beide geschwiegen. Der Drakin vorzugsweise weil er erst wieder damit klarkommen musste, auf engsten Raum mit dem verbrannten Bernstein eingeschlossen zu sein. Er brauchte immer ein paar Minuten bis er sich an die Umstände gewöhnt hatte. Dane schien parallel wieder an seinem Handy irgendetwas abzuklären - vielleicht bekam er gerade neue Informationen zugespielt oder jemand anderes wünschte seine Dienste.
      Am Waldrand angekommen mussten sie aussteigen. Ro ging leichtfüßig voran wobei er Dane bedeutete ihm zu folgen. In diesem Teil des Naturschutzgebietes gingen um diese Uhrzeit normalerweise weniger Spaziergänger her. Der Weg war weniger gut ausgebaut, es glich eher einem Forstweg, über den Forstwerkzeug manövriert wurde. Aber das war genau das, was der Drakin wollte.
      Das Knacken unter seinen Füßen entlockte ihm schon beinahe ein kindisches Lächeln. Wie alle Drachen waren sie sehr naturverbunden, egal welcher Kategorie sie angehörten. Je weniger Stadt und Mensch in der Nähe war, umso freier fühlten sie sich. Bei den d'Apchiers war dies besonders der Fall, wenn sie ans Meer kamen.
      "Damit Sie Nachforschungen anstellen können, müssen Sie einige Grundlegene Dinge wissen", begann Ro, verlangsamte dabei seine Schritte, damit Dane zu ihm aufschloss und sie auf einer Höhe gingen. "Drakin entwickeln mit der Zeit ihre Fähigkeiten. Bislang war es immer so, dass sie bis zur Vollendung des 21 menschlichen Jahres in ihre Wahre Gestalt wechseln können. Genau das ist bei mir nicht passiert. Meine Nichte hatte ihre erste Wandlung mit sieben Jahren. Sieben." Er spuckte die Zahl schon fast verächtlich aus. "Allerdings trage ich alle Marker. Der Bluttest stimmt, die Augen stimmen, die Aurensicht ist klar. Ich hab' gefühlt alles probiert, was man mir angetragen hat um die Wandlung auszulösen. Nichts hat funktioniert."
      Zwischendurch horchte Ro nach verdächtigen Geräuschen. Das war so ein Ding bei ihnen. Mit der Zeit wurde jeder ein bisschen paranoid. Erst recht, wenn man am Vortag entführt worden war.
      "Wir haben daran gedacht, dass vielleicht irgendein Faktor nicht gegeben war, der die Wandlung auslöst. Aber mein Aurenfluss ist stabil und unauffällig. Ich bin wie meine Vorfahren aufgewachsen. Wobei, mein Vater war ein bisschen arg vorsichtig und hat mich erst recht spät in die Welt rausgelassen." Er tippte sich mit dem Zeigefinger an sein Kinn während er überlegte.
      "Was brennt Ihnen sonst noch auf der Seele diesbezüglich?"

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Dane war in der Hölle gelandet. Einer richtigen Hölle.
      Zum wiederholten Male schlug er sich auf den tätowierten Handrücken, als sich ein Käfer darauf niederließ. Ihm war schon unwohl gewesen, als Ro einen Ort hatte vorschlagen wollen. Das allein wäre nicht so tragisch gewesen, Dane wusste sich an ihm unbekannten Orten zu verhalten, wusste wie er einen Raum für sich einnehmen konnte. Aber ein Wald? Ein verdammter Wald?! Immerhin war es trocken, vielleicht konnte er seine Schuhe also noch retten. Dennoch... Wälder waren absolutes Chaos. Käfer überall, Tiere, die er nicht sehen konnte. Sie könnten jeden Moment auf eine andere Person treffen und Dane hätte keine Ahnung, mit wem er es zu tun hatte. Wälder waren die wahre Hölle.
      Als Ro endlich wieder das Wort ergriff, klammerte sich Dane an jedes Wort wie ein Ertrinkender and einen Rettungsring. Die Stimme des jungen Mannes gab ihm etwas, auf das er sich konzentrieren konnte, während er immer wieder irgendwelche Insekten verscheuchte.
      "Nur die Frage, was wir hier draußen tun", gab Dane zurück und schnickte eine Ameise vom Ärmel seines Jacketts.
      Wenn Ro ihm jetzt sagte, dass er einfach nur einen Spaziergang machen wollte, dann würde Dane wahrscheinlich einfach implodieren. Für so etwas gab es gut organisierte und gut einsehbare Parks.
      Natürlich machte er sich gedankliche Notizen von allem, was Ro ihm bisher mitgeteilt hatte. Drakin waren wirklich besessen von der Reinheit ihres Blutes. Richtig unheimlich. Aber, so fragte sich Dane, hatten sie bei all dem Quatsch auch an die ganz einfachen Schritte gedacht?
      "Was für ein Drakin bist du eigentlich, Ro? Das hast du mir nie verraten. Und wenn es schon Unterschiede in den Erfahrungen einer Begegnung gibt, dann gibt es doch bestimmt noch mehr."
    • Das nächste Mal, als Ro Dane direkt ansah, hatte er ein dermaßen fettes Grinsen im Gesicht, das es unmissverständlich als auslachen kategorisierte. Dass er nicht noch einen akustischen Laut zur Untermalung hinzufügte, war aber auch alles.
      "Dachte ich mir, dass Wälder überhaupt nicht Ihrem Stil entsprechen."
      Es freute ihn mehr als offensichtlich, den sonst so kontrollierten Mann neben sich völlig aus der Rolle zu sehen. Es prickelte nonstop auf Ros Haut, ausgelöst durch Danes Gefühlschaos. Es war in so schneller Abfolge, dass er allerdings keine direkte Emotion herauslesen konnte.
      "Was wir hier machen? Spazieren natürlich." Fast schon intuitiv hüpfte Ro einen Schritt zur Seite, als ihn eine extrem starke Spitze seitens des Dämons erreichte. Diese konnte er hingegen mit Leichtigkeit deuten. "Nein,nein,nein,stop! Natürlich nicht! Sie wollen etwas über Drakins lernen? Dann sollten Sie einen in freier Wildbahn treffen und nicht eingekerkert in den Betonwänden der Städte."
      Der Junge hielt an und zwang somit auch seinen Geschäftspartner zum stoppen. Die Lider des Drakin schlossen sich halb, es sah so aus als ginge er in eine Art Dämmerzustand über. Unter den Lidern flackerte seine Regenbogenhaut auf wie gestern im Auto. Nach ein paar Sekunden hob er den Arm und zeigte in eine Richtung. "Dort in etwa einem halben Kilometer sind Spaziergänger."
      Wieder ein paar Sekunden Stille, dann änderte er die Richtung, in der er zeigte. "In dieser Richtung ist ein Sprung Rotwild."
      Dann öffnete er die Augen. Seine blaue Farbe kehrte zu seinem Ursprungston zurück.
      "Wir können Lebensenergie sowie Auren erkennen und lokalisieren. Um eine Person einer genauen Rasse zuordnen zu können, müssen wir sie aber einmal in ihrer Wahren Gestalt sehen. Deswegen weiß ich von Ihnen, dass Ihre Art nach verbranntem Bernstein riecht. Das bedeutet aber nicht, dass alle mit diesem Geruch für mich automatisch Dämonen sind. Nur wer sein Wahres Wesen zeigt offenbahrt auch die Aurensignatur seiner Art."
      Dann deutete er in einer andere Richtung, etwas abseits des Weges und in gegensätzlicher Richtung zu den Spaziergängern.
      "Und da müssen wir hin. Gehen Sie einfach auf dem Laub und meiden Sie das Moos. Ihre Schuhe überstehen das schon."

      Nach einem kleinen Marsch querwaldein wurden die Bäume lichter. Dann brach das Unterholz auf und gab die Sicht auf einen See frei, der komplett vom Wald umschlossen war. Das Ufer bestand aus Kieselsteinen, keinem Sand, und die Wasseroberfläche war spiegelglatt. Ro marschierte zielsicher darauf zu und achtete nicht darauf, ob Dane ihm weiterhin folgte oder doch lieber am Waldrand stehen blieb. Kurz vor der Wasserlinie blieb er stehen, krempelte sich die Chino bis zu den Knien hoch und zog Schuhe samt Socken aus. Er watete bis zu den Schienbeinen ins Wasser. Erst dann drehte er sich um, stemmte die Hände in die Hüften und sah zu Dane.
      "Die d'Apchiers sind Wasserdrachen. Allesamt gute Schwimmer. Wenn sie mit Gewässern in Kontakt kommen, egal ob stehend oder fließend, können sie am einfachsten eine Wandlung auslösen. Und das auch nur partiell. Manche bekommen dann nur ihre Hörner, andere nur Schuppen oder die Farbe. Aber bei mir", er ließ demonstrativ einen Blick über sich hinab wandern," passiert nichts. Gaaaar nichts."

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Dane's heißgeliebte Kontrolle drohte, ihm aus den Händen zu gleiten. Er erschreckte ihn beinahe, wie nahe er dran war, sie zu verlieren, nur weil dieser kleine, verdammt süße Mistkerl der Meinung war, einen Waldspaziergang machen zu wollen. Er wusste nicht, für wen es besser war, dass Ro seine Aussage sofort revidierte: er oder der Junge.
      Was folgte war mehr als beeindruckend. Er hatte ja schon gesehen, dass Ro die Energien anderer sehr präzise orten konnte, allerdings hätte er nicht erwartet, dass diese Fähigkeit solche Ausmaße annahm. Es warf allerdings auch zwei weitere Fragen für Dane auf. Fragen, die ein wenig persönlicher für ihn waren. Aber er stellte sie nicht, denn sie waren nicht relevant und er wollte so schnell wie möglich aus diesem Wald raus.
      Sehr zu seinem Leidwesen wurde dieser ganze Ausflug erst noch ein ganzes Stück schlimmer für ihn, als sie den angelegten Weg verließen. Die Insekten verdreifachten sich mit jedem Meter, den er durch dieses Dickicht zurücklegte. Bei jedem Rascheln huschte sein Blick umher. Ein paarmal musste er sich aktiv davon abhalten, durch die Gegend zu hüpfen. Und dann kackte ihm auch noch ein Vogel auf den Schuh. Das würde er Ro nie verzeihen. Auch über diesen Ausflug wurden mentale Notizen angefertigt und abgespeichert.
      Schließlich erreichten sie eine keine Lichtung mit eine See. Dane folgte seinem Begleiter auf das Kiesbett hinaus, nur um aus dem Wald herauszukommen, näherte sich dem Wasser aber nicht weiter als nötig.
      "Nichts, was ich sehen könnte, nein. Auch sonst nichts, oder hast du noch nie nachgesehen?"
      Dane deutete auf seinen eigenen Anzug in Anspielung auf Ro's Klamotten. Er glaubte nicht, dass das des Rätsels Lösung war, also sah sich Dane um. Gestern hatte Ro nach Chlor gerochen, also war er in einem Pool gewesen. Jetzt ein See mitten in einem Wald. Süßwasser.
      "Hast du es schon einmal mit Salzwasser versucht? Verschiedene Ozeane? Wenn Drakin so empfindlich auf Energien reagieren und so naturverbunden sind, könnten verschiedene Wasserquellen vielleicht der Schlüssel sein."
      Auch das war nur ein halbherziger Vorschlag. Er hatte einfach nicht genug Daten, um sich ein fruchtbares Urteil zu bilden. Aber es war ein Anfang.
    • "Meinen Sie, ich hab' das noch nicht überprüft?"
      Ro kam ein Stückchen zurück ans Ufer, schälte das Sakko von seinen Schulter und warf es nach vorn auf die Kieselsteine.
      "Es spielt keine Rolle, ob es Süß- oder Salzwasser ist. Wir waren sogar an der Côte d'Azur in der Hoffnung, dass das vielleicht etwas lösen würde. Es gibt keine in Märchen besungene Wasserquelle, die wir nicht ausprobiert haben."
      Dann knöpfte sich der Drakin das Hemd auf, streifte es ab, knüllte es achtlos zu einem Ball und warf es ebenfalls zu dem Sakko ans Ufer. Anschließend zuckte er mit den Schultern und deutete auf sich. "Keine Schuppen, keine Farbe", er drehte den Oberkörper, damit man seinen Rücken sah, "keine Flügel, keine Auswüchse. Gar nichts."
      Er seufzte während sein Blick über die Wasseroberfläche glitt, die durch seine Schritte in Bewegung geraten war. Stillschweigend betrachtete er einfach nur das Wasser, wie es seelig vor ihm die Sonne spiegelte. Dann setzten sich seine Füße in Bewegung, trugen ihn Meter für Meter weiter ins Wasser, bis er bis zur Hüfte im kalten See stand.
      "Wir haben alles Naturgegebene aufgesucht, das als Auslöser fungieren könnte. Bei mir sieht man nur in den Augen, dass überhaupt etwas passiert. Ich habe leicht die Fähigkeiten ausgesprägt, aber bei Weitem nicht das Ausmaß, nachdem man sich gewandelt hat." Ros Worte wurden immer träger, als erinnerte er sich an etwas vor längst vergangener Zeit. "Erwachte Drachen können Lebensformen auf Kilometer lokalisieren. Ich schaffe gerade mal 500 Meter im besten Falle. Warum ich mich nicht gegen die scheiß Kidnapper da gewehrt habe? Weil sogar ein scheiß Vampir mir im Thema Körperkraft überlegen ist solange ich so bleibe wie ich bin. Das hat nichts mehr mit einreden zu tun."
      Seine Worten schallten ungesehen über den See, verloren sich in den Stämmen der angrenzenden Bäume. So verloren wirkten auch die Augen des Drakin, als er sich ohne Vorwarnung einfach nach vorne fallen ließ und mit einem Platschen unter der Wasseroberfläche verschwand.
      Nach ein paar Sekunden tauchte er wieder auf und kehrte zum Ufer zurück. Er strich sich dabei durch das Gesicht, wie wenn man morgens sein müdes Gesicht erst mal frisch machen musste. Die nun platten Haare kämmte er mit seinen Fingern nach hinten. Als seine Füße das Wasser verlassen hatten und er neben seinen Klamotten am Boden stand, warf er Dane einen Seitenblick zu.
      Da war wieder dieser Ausdruck in Ros Augen. Wieder flackerten die Farben in verschiedenen Blautönen auf, dieses Mal wurden sie allerdings heller statt dunkler. Er holte Luft und spannte sich an, nur um die Arme wie in einer abschüttelnden Bewegung von sich zu weisen. Mit dieser Bewegung hatte er praktisch alles Wasser, das sich in wunderbar glitzernden Tropfen auf seinem Körper gesammelt hatte, von sich geschleudert. Inklusive nun wieder trockener Chino sowie Haare, die ihm dafür nun kraus in allen Richtungen abstanden. Als er sich nach seinem Hemd bückte und es sich überwarf, hatten seine Augen ihre normale Farbe angenommen.
      "Ich kann sogar ihre Magie ein stückweit nutzen. Daher die Frage: Was zur Hölle blockiert bitte meine Wandlung? Ich versteh's einfach nicht."

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