A Dash of Luck [Asuna feat. Pumi]

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    • "Wie könnte ich dich jemals als ein so verdorbenes Wesen bezeichnen? Ich habe von noch keinem Gott gehört, den ich gern kennenlernen würde", gab Dane zurück und schloss die Augen.
      Einen Moment lang schwieg er, ließ seine Gedanken an Problemen und deren Lösung arbeiten. Dann griff er nach Ro's freier Hand. Er spielte ein bisschen mit dessen Fingern, dann legte er die Hand des Drakin auf seine Brust. Er tat das Gegenteil von dem, was er gestern getan hatte. Anstatt seine Magie auszustrecken und einen Blick in Ro's Innere zu bekommen, zog er nun an der Energie des Drakin und zeigte ihm nun einen kleinen Teil dessen, was in ihm schlummerte. Er zeigte Ro das Feuer, das in seinem Inneren brannte. Die schwarz-weißen Flammen zweier unterschiedlicher Welten. Zwei Welten, die nicht unterschiedlicher sein konnten und doch den gleichen Instinkten folgten. Dane nahm Ro mit, zog ihn tiefer. Danes innerstes Wesen verzehrte sich nach Tod und Zerstörung, nach einem Feuer, das alles verzehrte, was es berührte, bis nichts mehr übrig war. Und dann zeigte er Ro noch etwas anderes. Etwas, das Dane als seinen wahren Kern ansah. Einen Ort, an dem das Feuer nicht zerstörte, sondern beschützte. Einen Ort an dem er seine Macht nutzen konnte, um andere zu heilen. Das Feuer, das in seinem Inneren wütete, brannte nun in unendlich vielen Runen, die so viel mehr zu schaffen wussten, als nur zu vernichten. Dies war ein friedlicher Ort in Danes Innerem. Es war der Ort, an den er zurückwollte, aber der Weg aus den Flammen heraus war schwer. Er stand an der Grenze zwischen diesen beiden Welten und er war drauf und dran, sein Gleichgewicht zu verlieren.
      "Bist du dir sicher, dass du das haben willst?", fragte er, als er Ro losließ.
      Es stand dem Drakin frei, sich diese beiden Welten in Danes Innerem anzusehen. Er hatte Ro nicht rausgeschmissen, nur losgelassen.
      "Einen kaputten Dämon? Der nicht anders kann, als anderen zu helfen, anstatt sie zu vernichten?"
    • In seinem ganzen Leben hatte Ro nur ein einziges Mal erlebt, wie sich jemand erdreiste, nach seiner Aura zu greifen. Damals war es eine Banshee gewesen, die sich von ihm magisch angezogen gefühlt hatte. Das eiskalte Gefühl, wie man ihm etwas raubte, das eigentlich unantastbar sein sollte, hatte er nie vergessen können. Damals war er neun Jahre alt gewesen und stand noch unter dem Flügel seines Vaters. Das war jetzt anders.
      Im ersten Moment schrien alle Sirenen in dem Drakin auf. Wehrten sich mit aller Macht gegen die Fremdeinwirkung, die er so gar nicht gewünscht hatte. Doch schon im nächsten Augenblick riss er sich am Riemen und erinnerte sich daran, wer nach seiner Energie griff. Und dass er ihm bereits einmal vollends vertraut hatte. Sein Handeln wurde belohnt, indem er eine Einsicht in Dane bekam, die er niemals für möglich gehalten hatte. Tatsächlich war Schock das nächste Gefühl, was seinen Gemütszustand am besten beschrieb. Live und in Farbe sah er einen Kontrast, der nicht hätte größer sein können. Was ihn jedoch wirklich schockierte war der Umstand, dass er es verstand. Dass er etwas ähnlich in sich sah und eine Verbundenheit zu Dane spürte, die ihm zeitgleich fremd und altbekannt war.
      Ros Blick ging in weite Ferne, so als starre er etwas an, das niemand jemals sehen würde. In seiner Stimme lag ein gewaltiges Unverständnis für das, was er gerade sah. "Wieso kaputt? Es gibt nichts kaputtes, wenn es um Lebewesen geht." Das war vielleicht eine Ansicht, die nur jene teilten, die die Lebensenergien sehen, fühlen, konnten. Die Natur war weder perfekt noch unfehlbar - er selbst war das beste Beispiel. Aber nichts, was die Erde berührte, war kaputt. Vielleicht nur etwas gestört.
      "Wir haben hier einen Dämon, der sich als kaputt bezeichnet weil er wider seiner Natur handeln kann? Und einen Drakin, der quasi in seiner Eierschale feststeckt. In dem Sinne sind wir beide kaputt." Er nahm sich die Zeit, beide Grundbausteine, die Dane als Dämon ausmachten, eingehend zu betrachten. Kaum merklich schüttelte er den Kopf. "Du ist genauso wenig gestört wie ich. Du hast deine Hände praktisch voll mit Möglichkeiten und hast dich eigentlich entschieden, welches Werkzeug du nutzen willst. Dann tu es auch. Ich kann dich gar nicht stigmatisieren - keiner von den drei Dämonen, die ich bisher kennenlernen durfte, scheint mir nach Zerstörung zu rufen. Und allen dreien geht es prima."
      Aber was, wenn dieser Zwiespalt in Dane tatäschlich auch für Ro galt? Wenn er erst einmal erfahren musste, wie grausam seine wahre Gestalt war um zu verstehen, dass er sie ablehnte? Wenn dem so wäre, dann hätte der junge Drakin ein gewaltiges Problem. Sobald er seinen Namen hatte und das erste Mal die Wandlung durchstand, würde er den Drachen in sich nicht einfach wegsperren können. Er wäre ein Teil von ihm. Ohne Kompromisse.
      "Also ja, ich bin mir sicher", schloss Ro den Bogen, um sich selbst von diesen Gedanken abzubringen. "Ich nehme dich so, wie du sein willst. Wie du eigentlich bist."
      Seine funkelnden Augen fokussierten sich wieder im Hier und jetzt. Er lächelte auf Dane hinab als stumme Bestätigung seiner eigenen Worte.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Dane griff nach oben, legte seine Hand an Ro's Hinterkopf und zog ihn zu sich herunter, um ihn küssen zu können. Irgendwo, tief in seinem Verstand wusste er, dass es sich für Asa so angefühlt haben musste. Und das war okay. Dane musste sich nicht gegen diese Erkenntnis wehren, wie es Teenager wohl gern taten. Hatte er damit gerechnet, sich so zu verlieben? Nein. Hatte er einen jungen Drakin erwartet? Auch Nein. Aber Ro fühlte sich zu gut an, um all das hier abzulehnen.
      "Ich nehme dich mit und ohne Eierschale, mir egal", antwortete er, als er Ro wieder losließ. "Und wenn diese Blindschleiche da drin", er tippte Ro gegen das Brustbein, "eine Meinung dazu hat, soll er mir das selbst sagen. Wenn er dazu nicht die Eier soll, soll er sich verziehen und dich in Ruhe lassen."
      So besitzergreifend Ro auch war, Dane war vor allem loyal. Er hatte sich in Ro verliebt, nicht in eine bessere Handtasche. Und er würde alles tun, um diesen Mann zu beschützen, egal vor was und egal, was es ihn kostete.
      "Sieh uns nur an: Ein naiver Drakin und ein dämonischer Dealbreaker haben nur zwei Tage gebraucht, um sich in einen emotionalen Haufen zu verwandeln. Hättest du mir am Anfang des Jahrtausends gesagt, dass ich so enden würde, ich hätte dich ausgelacht."
      Dane kicherte leise. Er hatte sich schon lange nicht mehr so sicher gefühlt wie gerade jetzt. Wenn es nach ihm ging, blieben er und Ro für den Rest ihrer Tage genau hier, zusammen.
    • Ro verlagerte etwas sein Gewicht, achtete jedoch darauf, dass er Dane nicht zu arg durchschüttelte. Der Eindruck von Sicherheit erreichte ihn seitens Dane, der den Drakin sich ebenfalls ein wenig weiter entspannen ließ. Langsam nahmen seine Finger wieder die Streicheleinheiten am Haupt des Dämons auf.
      "Ich weiß nicht, ob ich die Stimme in meinem Kopf als eigenständige Einheit betrachten würde", überlegte Ro laut nachdem ihm aufgefallen war, dass dieser Mentalsport den Mann in seinem Schoß wohl am Besten abzulenken schien. "Ich glaube eher, es ist eine Facette meiner Persönlichkeit, die ich verdrängt hab oder so. Sonst würde ich diese Gedanken gar nicht als meine sehen. Als sie mir vorhin diverse Wünsche genannt hat, fühlten sie sich nach meinen eigenen an, die ich nur noch nicht erkannt hab. Schwierig auszudrücken..."
      Er fuhr sich nachdenklich mit den Fingern seiner freien Hand über die Augenbrauen. Dann legte er seine Fingerspitzen auf Danes Brust ab, um dort beiläufig die unter dem Stoff versteckten Konturen abzutasten.
      "Ich glaub, keiner hat damit gerechnet, dass wir uns so über den Weg laufen. Hättest du da nicht deine Ader, die du als kaputt bezeichnest, hätten sich unsere Wege nie gekreuzt. Dessen bin ich mir sicher. Und ich wäre wer weiß wo gelandet." Darüber wollte sich Ro allerdings gar keine Gedanken machen.
      "Dein Bruder hat eben seinen vollen Namen nicht genannt. Liegt das wirklich an seinem Grund oder ist es was anderes? Und dein Name... wie hießt du vorher? Warum hast du ihn gewechselt?"

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • "Hm."
      Dane ließ sich das durch den Kopf gehen. Er selbst hatte keine Erfahrung damit, etwas in sich zu haben, was so viel Eigenständigkeit hatte, dass es eine eigene Entität darstellte. Er war kein Shifter und die Instinkte seiner innersten Natur waren genau das: Instinkte. Den Drang, regelmäßig etwas anzünden zu wollen, zu unterdrücken, war in etwa wie Menschen, die den Drang unterdrückten, etwas Süßes zu essen. Er brauchte es nicht zum Überleben, aber er musste sich trotzdem aktiv dagegen entscheiden, und das jedes Mal, wenn sich ihm die Möglichkeit bot. Was Ro beschrieb, entsprach auch nicht dem, was er von Shiftern wie Greg gehört hatte, die mit einer anderen Entität in ihrem Inneren lebten. Eine solche Entität hatte einen eigenen Willen, Wünsche und Instinkte und jeder Shifter lernte sein Leben lang, damit umzugehen und die Balance zwischen sich selbst und dem Tier zu finden.
      "Es klingt fast so, als habe dich dieses Abschirmen von Lebenserfahrungen gespalten. Du bist so nahe an der Dualität eines Shifters dran, wie man nur sein kann, ohne als solcher geboren oder zu einem gemacht worden zu sein. So ungern ich das auch sage: Du musst dich damit aktiv auseinandersetzen, um es wieder in dein Selbst einzugliedern. Du musst rausfinden, welche Erfahrungen dir fehlen und dann musst du sie machen."
      Dane seufzte.
      "Du musst einen ganz schön großen Selbstfindungstrip hinlegen, mein Guter. Noch ein Grund mehr, warum ich deinem Vater mal ordentlich den Kopf waschen will..."
      Er schloss die Augen und konzentrierte sich für einen Augenblick auf die Berührungen des anderen. Er spürte die Wärme von Ro's Fingern zwar kaum durch die Sweatjacke, aber er konnte sie sich deutlich genug vorstellen. Beinahe hätte er angefangen zu schnurren.
      "Wenn Asa eins ist, dann der Meister der Halbwahrheit. Sein Name ist wirklich lang und ungelenk. Und er benutzt ihn so gut wie nie. Selbst auf seinen Ausweispapieren hat er seit Jahrzehnten nur Asa King stehen. Du wirst seinen eigentlichen Namen nicht aus ihm rauskriegen und ich werde ihn dir auch nicht verraten. Das ist sein Ding. Ich habe meinen komplett geändert, weil ich... ich weiß nicht. Ich glaube, ich wollte ein paar Brücken abbrennen. Mein Name ist jedenfalls nicht neu, den habe ich auch schon seit einiger Zeit. Bevor ich Dane Amir Blackwell war - und das ist länger her, als du mir glauben würdest - lautete mein Name Damandriel."
    • "Ich bin so nah an meiner Selbstfindung, das glaubst du gar nicht."
      Ro grinste auf Dane hinab. Seitdem er diesen Mann kennengelernt hatte, befand sich seine kleine Welt im ständigen Wandel. Innerhalb so kurzer Zeit hatte er so viele neue Dinge erfahren, die im andernfalls vielleicht entgangen wären. Nicht nur, dass er einen Dämon an der Angel hatte, der ihm dabei half sich zu finden. Vielleicht hatte er da jemanden in seinem Schoß, der mehr sein würde als nur irgendjemand.
      "Ich fürchte, ich muss echt aufpassen, dass du Aimeric niemals über den Weg läufst. Ihr fackelt nachher wirklich die Stadt ab. Und ich hab echt keinen Bock drauf, dass ich der Grund dafür bin." Eine brennende Stadt, nur weil sich Liebhaber und Vater in die Haare bekamen? Nur über seine Leiche. Außerdem hatte er seinen eigenen Vater bisher nur ein einziges Mal in seiner wahren Gestalt gesehen, und da war er noch so klein gewesen, dass selbst diese Erinnerung schwammiger natur war.
      Ursprünglich wollte Ro eine Bemerkung zu Danes Zweitnamen machen, da schob er einen weiteren Namen hinterher. Kaum hatte er ihn ausgesprochen, stockte Ro inmitten seiner Streicheleinheiten. Etwas hatte in ihm geklickt, ganz leise, als hätte man ein winziges Zahnrad wieder an seinen Platz gesteckt und das Uhrwerk wieder zum Laufen gebracht.
      Nach einem Augenblick Verwirrung hatte er seine Bewegungen wieder aufgenommen und wiederholte die Namen mehrmals gedanklich. "Wie ist das bei euch mit den Namen? Sind sie einfach.... da oder gibt man sie euch? Sucht ihr euch die vielleicht selbst aus? Bei uns läufts wie bei den Menschen ab, die Eltern verteilen nach Lust und Laune Namen."
      Beiläufig hatten seine Finger an dem Reißverschluss von Danes Jacke genestelt bis er den Zipper zwischen den Fingern hielt und ihn langsam abwärts zog. Mit einem Rucken löste er die Zähne aus dem Verschluss, streifte den Stoff über Danes Seiten ab und legte seine kühleren Finger auf die deutlich wärmere Haut an seinem Bauch. Wie vorhin begann Ro mit seinen Fingern die Konturen geistesabwesend nachzufahren.

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    • "Unsere Namen fangen in dem Augenblick an, zu existieren, in dem wir das tun", antwortete Dane. "Wir tauchen einfach auf, wie wir immer sein werden. Da macht es nur Sinn, dass wir unsere Namen haben, wenn wir entstehen, findest du nicht? Wir haben aber diese ganze Sache mit Wahren Namen nicht, dass haben sich die Menschen ausgedacht. Ja, man muss den Namen eines Dämons kennen, um ihn hier in diese Dimension zu ziehen, wenn er noch nicht da ist, aber das ist eher vergleichbar mit der Post. Du kannst keinen Brief senden, ohne zu wissen, an wen der gehen soll. Würde jetzt gerade irgendjemand Salomons Schlüssel benutzen, um einen Beschwörungskreis zu zeichnen, und dann meinen Namen dreimal Brüllen, würde ich davon ungefähr so viel mitbekommen wie von dem Tod eines Schmetterlings in Australien."
      Er zuckte mit den Schultern. Namen waren für Dane meistens nur ein Teil von den Deals, die er machte. Er schuldete Ro einen Namen, zum Beispiel. Wenn Ro ihn demnächst aus dem anderen Handel entlassen würde, musste er zwangsläufig seinen Namen nennen, damit die kosmischen Energien oder was auch immer verantwortlich für den bindenden Teil eines dämonischen Handels war, wussten, was Sache ist. Aber an sich waren Namen bedeutungslos für Dämonen. Ihnen ging es immer um den Kern eines Wesens und was man damit alles machen konnte. Ein solcher Kern brauchte keinen Namen. Insbesondere dann nicht, wenn er als Quelle für einen neuen Dämon dienen sollte.
      "Interesse an meinen Tattoos oder Interesse an meinem Körper?", fragte er, ein schelmisches Lächeln im Gesicht.
    • "Mehrere Gründe", wich Ro Dane eiskalt aus bevor er den Kopf im Nacken rollte und mit einem leichten Lächeln bedeutete, dass er ihm doch noch antwortete. Die tiefblauen Augen richteten sich anschließend auf Danes Gesicht. "Zum einen lenkt dich das am Effektivsten ab, denke ich. Zum anderen schien es dir nicht auszureichen wenn ich nur über den Stoff streiche. Dachte mir, du willst lieber ein bisschen frieren."
      Er zuckte mit den Schultern. Er war davon ausgegangen, dass sein Name zeitgleich mit ihm in die Existenz trat. Allein schon die Art, wie er seinen Weg ins Leben fand unterschied sich grundlegend von all dem, wie der Drakin es kannte. Vielleicht war es genau dieser Punkt, der dazu beitrug, dass er sich von Dane so angezogen fühlte.
      "Sag mal, da fällt mir was ein. Ich schulde dir noch einen Tag bedingungsloses Vertrauen. Ist das nicht... irgendwie.... hinfällig jetzt?"
      Zugegeben, der Drakin würde nicht behaupten, dass er dem Dämon kompromisslos vertraute. Aber trotzdem tat er das zu einem so großen Teil, dass der Schritt zur Bedingungslosigkeit lächerlich gering erschien. Nicht, dass er jetzt den Wert seines Einsatzes erhöhen wollte.
      "Ich kann bis heute Abend auf alle Fälle bleiben. Aber spätestens dann sollte ich mal nach Hause, zumindest meine Ma etwas beruhigen. Ich will nicht wissen, wie mein Handy gerade am eskalieren ist."
      Apropos Handy. Wo war das eigentlich abgeblieben? Suchend sah er sich um, nicht sicher, ob es es hier oben oder doch unten in der Küche gelassen hatte. Oder noch schlimmer: Am See, wo es einsam vor sich hin vibrierte mit der Nummer seiner Mutter auf dem Display.
      Wenn es nach ihm ginge, dann würde er auf sein Handy scheißen. Einfach ignorieren, dass seine Eltern, oder eher seine Mutter, sich zerriss um herauszufinden wo ihr Sohn hin verschwunden war. Bei ernsthafter Überlegung fragte sich Ro, warum er überhaupt noch bei seinen Eltern wohnte.
      Weil es einfacher ist.
      Unweigerlich verzog er das Gesicht. Vielleicht sollte er mit den einfachsten Dingen anfangen, wenn ein langer Selbstfindungstrip vor ihm lag. Von Zuhause ausziehen wäre definitiv der einfachste Schritt, den er sich vornehmen konnte.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"

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    • "Da hast du wohl recht", antwortete Dane und kicherte leise.
      Er würde sich sicherlich nicht darüber beschweren, von einem attraktiven jungen Mann ausgezogen zu werden. Insbesondere nicht, wenn es sich bei diesem jungen Mann um Ro handelte.
      "Du wärst ein lausiger Dämon, weißt du das? Unser Handel war nicht nur bedingungsloses Vertrauen. Du hast mir ein leeres Köpfchen versprochen. Ich bekomme von dir einen Tag ohne Drakin-Drama. Und das gebe ich nicht einfach so her, kannst du vergessen. Du bist so eine Kopf-Person, da muss ich mir jede Minute ohne schwer erkämpfen. Außerdem habe ich diesen Tag schon geplant, also kommst du da jetzt sowieso nicht mehr raus."
      Dane setzte sich auf und schlüpfte ganz aus der Sweatjacke raus. Er legte sie schnell zusammen und warf sie auf den Nachttisch. Ro konnte ihn gern so viel betatschen, wie er wollte. Dane selbst war Körperkontakt ja nicht abgeneigt. In den letzten Stunden hatte es nur sehr wenige Momente gegeben, in denen er nicht sofort nach der Hand des Drakin gegriffen hatte, sobald sich die Chance dazu ergab.
      "Mace kann dich nachher nach Hause bringen, das dürfte kein Problem sein. Dauert nicht einmal eine Minute. Und bevor du fragst: Nein, ich kann nicht porten. Asa auch nicht. Das ist Mace's Ding."
      Er legte sich wieder hin, dieses Mal jedoch nicht in Ro's Schoß, sondern neben ihn. Mit einem Blick forderte er den Drakin auf, sich auch hinzulegen. Gleich darauf rutschte Dane wieder in Ro's Arme, gab ihm so viel Platz, seine Tattoos zu erkunden, wie der junge Mann nur wollte.
    • Mit buchstäblich offenen Armen empfing der Drakin den Dämon, kaum hatten sie sich wieder im Bett ausgestreckt. Fast augenblicklich lagen seine Finger wieder auf den dunklen Linien, denen er auch ohne hinzusehen folgen konnte.
      "Ein leerer Kopf war das? Ahja.... na gut, dann wär ich eben ein echt schlechter Dämon, sei's drum." Tatsächlich hatte er nicht mehr richtig auf dem Schirm, was er Dane im exakten Wortlaut versprochen hatte. Machte aber auch nichts, denn er legte absolutes Vertrauen in die Richtigkeit der Worte des Dämons. "Du kannst mich auch einfach nett fragen, ob ich dir so einen Tag schenke. Also das nächste Mal. Als wenn ich so unfassbar kopflastig wär..." Er grummelte die letzten Worte, hörbar pikiert.
      "Was hast du denn Schönes geplant? Gibst du mir wenigstens ein kleines Häppchen? So als... Belohnung?"
      Er blinzelte ein paar Mal plakativ mit seinen langen Wimpern, gefolgt von einem amüsierten Kichern. Er ahnte bereits, dass seine Bitte im Sand verlaufen würde, und dennoch wollte er dem Ganzen ein Versuch geben. Einfach nur, um die nervige Neugierde ein wenig zu besänftigen.
      "Im Übrigen weiß ich, dass du nicht porten kannst. Wie genau ist Mace dabei? Sehr, nehme ich mal an. Wäre bestimmt witzig zu sehen, wenn er direkt vor meiner Mutter aufploppen würde... Ich glaub, die Arme fällt dann komplett vom Glauben ab..."

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    • "Du willst eine Belohnung? Du weißt, dass du dir die erstmal verdienen musst", gab Dane ohne zu zögern zurück.
      Er lehnte seinen Kopf gegen Ro's Schulter und schloss die Augen, genoss die Linien, die Ro mit seinen Fingern über seinen Körper zog. Linien, deren Verlauf Dane im Schlaf noch finden würde. Selbst bevor sie ihren Weg auf seine Haut gefunden hatten, waren sie bereits so tief in seinen Verstand eingebrannt, dass es ihm unmöglich war, sie jemals wieder zu vergessen. Aber durch Ro lernte er sie neu kennen, auf eine bessere Weise als je zuvor.
      "Mace kann in die Tropen reisen und dir dann eine Banane in den Mund porten, wenn er weiß, wo er hin muss. Er hat das Anwesen deiner Eltern noch nie gesehen, daher dürfte das Nervenkostüm deiner Mutter in Sicherheit sein."
      Ihm missfiel der Gedanke daran, dass Ro gehen würde. Nicht so sehr, dass es seine sowieso schon fragile Stimmung ruinierte, aber allein daran zu denken, dass Ro in dieses Haus zurückkehren würde, wo dieser schreckliche Mann seine dämlichen Meinungen hatte... Dass Ro gehen würde, war ein Problem. Damit konnte er umgehen. Aber dass er seinem eigenen Vater begegnen könnte, das machte Dane wahnsinnig.
      "Wie ist deine Mutter so? Vor ihr hast du noch gar nichts erzählt in all der Zeit, die wir miteinander verbracht haben. Diese super lang Zeitspanne, du weißt schon, von zwei Tagen", scherzte Dane.
    • Ro rollte gespielt genervt mit den Augen. Natürlich. Was anderes hatte er auch gar nicht erwarten können.
      "Meine Mutter? Hm, eine der wenigen Personen im Haushalt, die noch alle Latten am Zaun hat würde ich sagen." Dane hatte absolut recht. Fast hatte Ro vergessen, dass die Unwissenheit auf Gegenseitigkeit beruhte. Mit Asa und Mace hatte der Drakin den Luxus gehabt, in der kurzen Zeitspanne auf zwei der wichtigsten Personen im Leben Danes zu treffen. Das galt nicht andersherum.
      "Cecilia ist eigentlich viel zu gut für meinen alten Herren. Im Gegensatz zu ihm ist sie ein totaler Familienmensch. Liebt einen Großteil der d'Apchiers, vergöttert ihre eigene Verwandschaft. Sie war immer diejenige, die sich für mich eingesetzt hat. Versucht hat, Aimerics Ansichten zu kippen. Aber sie hat sich ihr Schicksal nicht ausgesucht, sie wurde leider als leere Linie geboren. Mein Vater hat sie quasi gegen ihren Willen in die Familie gezogen - wie genau hat man mir nie erzählt. Sie scheint nicht wirklich glücklich mit ihrem Leben zu sein, obwohl sie immer sagt, ich hätte es ihr viel einfacher gemacht. Manchmal glaube ich, dass sie ihn nie wirklich geliebt hat."
      Ro wusste es besser. Sein Vater hatte sie bezirzt, sie bekehrt und schließlich mit einem Schwur an den Haushalt gebunden. Als er sie schwängerte, war ihr Schicksal besiegelt gewesen. Ab diesem Moment wurde sie aus ihrer Familie gerissen, eine überstürzte Hochzeit gefeiert und einem Mann zur Seite gestellt, der sie nur wegen ihrer Genetik behielt. Wie ein seltenes Haustier. Diesen Gedanken konnte der junge Drakin nie ertragen. Erst recht nicht wenn er mitansehen musste, wie sich beide Elternteile unterkühlt in einem Raum befanden und sich nur noch mit Blicken verständigten. Es gab bei ihnen das Gefühl der Verliebtheit nur ihrerseits, ganz zu Beginn bevor sie an ihn gebunden worden war.
      "Ich weiß nicht mal, ob sie seinen wahren Namen kennt. Ehrlich gesagt gehe ich stark davon aus, dass sie ihn nicht hat. Er würde sich diese Blöße nicht geben und riskieren, dass eine Frau, die rein gar nichts für ihn übrig hat, solche Macht über ihn hat. Im Endeffekt wartet er vermutlich nur ab bis sie irgendwann eines natürlichen Todes stirbt..."
      Ros Finger waren mittlerweile aufwärts über Danes Brust gewandert. Sanft strichen seine Fingerspitzen über die Stelle, die den Kopf der Bestie markierte. Noch immer umkreiste er dabei den Schwertgriff, etwas warnte ihn davor, ihn zu berühren.
      "Sie ist der einzige Mensch in meiner Familie, der nicht erschrocken zusammenfährt, wenn ein Drakin sich wandelt. Es ist schon eindrucksvoll wenn ein echter Drache plötzlich vor dir steht. Das jagt den meisten einen gehörigen Respekt ein, egal, wie oft sie es sehen. Aber Cecilia ist... echt hart. Keine Ahnung, was die Frau alles mitgemacht hat, aber sie zuckt nicht mal mit der Wimper. Wenn sie es könnte, hätte sie sich schon von meinem Vater losgesagt. Sie tut mir echt leid in dieser Hinsicht..."

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Dane hörte ruhig zu, verarbeitete die Informationen, die er gerade erhielt. Einerseits mit der Verbindung zu Ro und was ihm seine Mutter zu bedeuten schien. Andererseits markierte er gedanklich jede weitere Information, die er über das Leben der Drakin erhielt.
      "Ich habe ja schon viele Kulturen unter den Magischen kennengelernt, auch viele sehr traditionell veranlagte. Aber - und ich hoffe, du verzeihst mir mein Französisch an dieser Stelle - ihr habt doch nicht mehr alle Schuppen auf dem Haupt. Ihr seid immer noch besessen von der Suche nach leeren Linien? Mittlerweile wurde wissenschaftlich bewiesen, dass es die nicht gibt. Ich kenne drei Wissenschaftler, die diese Studien für Magische durchgeführt haben. Ich habe Tee getrunken mit der Frau, die diese Theorie vor Jahrzehnten angezweifelt hat. Und selbst wenn man nicht darauf vertraut: Man kann alle Kriterien einer angeblich leeren Linie mit in vitro Technik simulieren. Hat keiner von deinen Leuten jemals sowas wie Nachrichten gelesen?"
      Dane war ehrlich geschockt. Natürlich waren Drakin nicht die ersten und auch sicherlich nicht die letzten magischen Wesen, die versessen darauf waren, ihre Fähigkeiten nicht mit der nächsten Generation zu verwässern. Und es gab auch genug Spezies, die wirklich anfällig dafür waren, wenn nicht bestimmte genetische Kriterien erfüllt waren. Aber mittlerweile gab es genug Magische in den richtigen Feldern der Forschung, um diese Restriktionen zu umgehen. Die Welt war es, die sich entwickelte, nicht ausschließlich die Menschheit.
      "Deine Mutter tut mir ehrlich leid, Ro. Dein Vater wird sich wohl kaum die 'Blöße' einer Scheidung geben? Warte mal... meinst du mit 'gebunden', dass er dieses einmalige Drakin-Ding gemacht hat? Mit jemandem, den er nicht liebt? Jemandem, die ihn nicht liebt?!"
      Am liebsten hätte Dane seinen Kopf gegen die Wand gehämmert. Natürlich wäre es ohne diese Verbindung nie zu Ro's Existenz gekommen, aber diese bodenlose Dummheit der Drakin war einfach nicht zu glauben. Der Isolationismus der Drakin war es, der sie eines Tages aussterben lassen würde. Es gab genug Möglichkeiten, ihre Art und ihre Macht in die Zukunft zu tragen, ihre Zahl sogar wieder aufzustocken. Dafür müssten sie nur mal ihre schuppigen Hintern aus ihren Banktresoren bewegen und der Welt zuhören.
      "Du wirst nicht drum herum kommen, mir deine Mutter vorzustellen. Wenn ich deinen Vater schon rundmache, dann aber richtig und von allen Seiten. Die Arme Frau... sowas hat sie nicht verdient. Sowas hat niemand verdient. Hat sie wenigstens noch Kontakt zu ihrer Seite der Familie? Hast du ihre Seite der Familie jemals kennengelernt? Oder war der große böse Drache zu stolz, um dich mit deinen menschlichen Verwandten bekannt zu machen?"
    • "Kannst du mich bitte nicht mit den anderen in einen Pott werfen? Weder gehe ich mit deren Ansichten konform noch will diese aufrechterhalten." Es klang gereizter als es sollte, weshalb sich Ro kurz räuspern musste.
      "Der Grund hinter dem ganzen Scheiß mit den leeren Linien ist der zweite Punkt, den ich damals ausgeklammert habe. Klar, die können mir das Blaue vom Himmel erzählt haben. Aber mein Onkel ist einer der Wenigen, der sich nicht so aufführt, als gehöre ihm die Welt. Im Gegensatz zu meinem Vater versteht er als Arzt wovon er spricht. Wir werden recht früh darauf geprägt, dass wir nach den Linien Ausschau halten sollen. Glaubst du ernsthaft, dass ich mich meiner Neugier nicht alles, und damit meine ich auch wirklich alles, nachfrage?"
      Lebhaft erinnerte sich der Drakin an das Gespräch mit seinem Onkel Laurent. Im Gegensatz zu Aimeric war Laurent weder erpicht darauf, seine Blutlinie fortzusetzen noch sich in die Machtverhältnisse einzumischen. Er ließ seinem jüngeren Bruder die Hand als Oberhaupt der d'Apchiers zu agieren und zog sich dafür in seinen Schatten zurück. Ro war damals 14 als er seinen Onkel ohne das Wissen seines Vaters aufgesucht hatte. Bis heute wusste Aimeric nicht, dass sein älterer Bruder dem Sprössling delikate Informationen zukommen ließ.
      "Gebunden? Hab ich so nie in den Mund genommen", erwiderte er während er gedanklich seine Worte nochmals durchging. "Ich weiß nicht genau, wie er sie in der Familie behalten hat. Vielleicht mit einem Blutschwur oder sowas. Wie gesagt, denke nicht, dass er seinen Namen ihr verraten hat."
      Leise seufzte er als er spürte, wie sich eine Spur Zorn von Dane zu dem jungen Mann schlich. Bewusst wies er die Emotion von sich, konzentrierte sich lieber darauf, wie sich Danes warme Haut unter seinen Fingern anfühlte. Wie sich seine generelle Nähe gerade anfühlte.
      "Zu beidem ja. Cecilia kann alles machen, was sie will. So gesehen jedenfalls. Meine Großeltern mütterlicher Seite waren zwar noch nie bei uns im Haus, aber ich hab sie früher häufig mit meiner Ma besucht. Wurde über die Zeit immer etwas weniger, aber sie sehen sich mindestens einmal die Woche. Wahrscheinlich als Ausgleich für die Visage meines Vaters. Also da keine Sorge - ich kenn meine Verwandtschaft in beiden Richtungen. Die wissen halt nur nicht, dass ich eigentlich auch Schuppen haben sollte."

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    • Dane brummte unzufrieden, ließ das Thema aber liegen. Er musste sich bei dieser Familie wohl mit dem absoluten Minimum an Menschlichkeit zufriedengeben. Glücklich war er damit nicht. Kein Wunder, dass Ro so viele Erfahrungen fehlten. Daran würde er schnellstens etwas ändern müssen. Er hatte da schon ein paar Ideen, auch wenn sie eventuell als ein bisschen dämlich rüberkommen würden. Wie gut, dass Dane einen Tag ohne Hinterfragen zur Verfügung hatte.
      Dane folgte einem harmlosen Impuls und rollte sich zur Seite, halb auf Ro drauf. Er ließ sich von den blauen Augen des Drakin hypnotisieren, strich ihm eine verirrte Strähne aus der Stirn. So ätzend Ro's Familienumstände auch waren, sie hatten ihn hier her gebracht. Auf mehr als nur eine Weise. Und dafür war Dane dankbar.
      "Tut mir leid. Ich habe einen Softspot für Familien und mag es einfach nicht, wenn man sowas nicht ehrt. Nenn mich altmodisch."
      Er lehnte sich vor und küsste Ro sanft.
      "Habe ich dir eigentlich jemals gesagt, wie wunderschön du bist?", hauchte er, noch immer völlig eingenommen von Ro's Augen.
      Er wickelte sich eine Strähne von Ro's Haaren um den Finger und sah dabei zu, wie sie von seinem Finger glitt. Er bemerkte den Ansatz und fragte sich, wie der junge Mann mit seiner natürlichen Haarfarbe aussah. Schlechter jedenfalls nicht.
    • "Ist ja auch völlig okay, wenn man einen ausgesprägten Sinn für die Familie hat."
      Zeitgleich ließ es Ro ein wenig stutzen. Wenn Dane wirklich solch eine Wichtigkeit der eigenen Familie anrechnete, warum mied er dann so häufig die Essen? Ro hatte nichts gegen die Beziehung, die man unter den einzelnen Angehörigen aufbauen konnte. Allerdings würde er für einige seiner eigenen Verwandten ganz bestimmt nicht mehr die Hand ins Feuer halten.
      Er konnte ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen nicht unterdrücken als sich Dane auf ihn rollte. Reflexartig schlang er seine Arme um den unteren Rücken des Anderen, gewährte ihm nicht mehr die Freiheit einfach wieder von ihm abzurücken. Er erwiderte den Kuss und folgte ihm ein wenig, nachdem Dane ihre Lippen wieder getrennt hatten.
      "Ich weiß, dass du einen Narren an meinen Augen gefressen hast", grinste er breit während seine blauen Augen Danes Blick folgten. "Ja, ich weiß, der Ansatz ist wieder da. Segen meiner Mutter - die hat mir ihre dunklen Haare vermacht."
      Die d'Apchiers besaßen größtenteils blonde Haare. Nur wenige von ihnen hatten dunkle Haare bekommen und auch wenn Ro seinen Schieferfarbton mochte - er fand die gefärbte Variante noch schöner. Außerdem fielen so die Wellen deutlicher als in seiner dunklen Haarfarbe auf. Er wusste ganz genau, dass die Story mit den leeren Linien nicht ganz korrekt war. Wie in der Welt hätte er sonst diese Haarfarbe bekommen sollen wenn alle anderen seiner Blutlinie blond waren?
      Langsam wanderten Ros Hände auf auf ihren eigenen Pfaden abwärts bis sie sich seitlich knapp an Danes beginnenden Hüftknochen festhielten. Seine Finger tasteten nach den Konturen der Knochen unterhalb der Hose. "Ich hab noch nie jemanden außerhalb meiner Familie getroffen, der so eine Aura ausstrahlt wie du. Das war es, was mir Respekt eingeflößt hat. Wenn du sie nicht bewusst kaschierst hab ich ständig den Geschmack deiner Magie, von Macht, auf meiner Zunge. Aber sie ist nicht... zornerfüllt oder gewaltätig. Eher wie ein Samttuch, das sich über einen legt." Das erklärte auch, warum sich Ro bei Dane immer so verdächtig sicher gefühlt hatte. Es gab nicht einen Augenblick, wo er das Gefühl gehabt hatte, in Gefahr zu schweben. Nicht ein einziges Mal.
      "Ich will nicht, dass jemand anders dich so auf sich liegen hat, wie ich gerade. Niemand soll dich so anfassen", er drückte mit seinen Fingern etwas kräftiger zu, "keiner soll das sehen, was du mir gezeigt hast."
      Er ließ sich ein Stück von der Stimme in seinem Kopf benebeln als er diese Worte sprach. Immer wieder hatte der Dämon ihn aufgefordert, seine Gedanken, seine Wünsche, in Worte zu verpacken. Genau das tat er nun mit einem Nachdruck in der Stimme, die keinen Platz für Zweifel offen ließ.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • "Es sind nicht nur deine Augen, Ro", gab Dane flüsternd zurück.
      Dann ließ er seinen Kopf auf Ro's Brust sinken, schloss die Augen. Er gab sich der Wärme ihrer beider Körper hin und ließ sich einfach gehen. Er entspannte sich, wie er es nur selten tat. Als er Ro's Griff spürte und seine Worte hörte, musste er schmunzeln.
      "Warst du nicht derjenige, der gesagt hat, ich müsste dich irgendwann teilen?", gab er zurück.
      Aber er meinte seine Worte nicht so. Er wusste, dass Ro das aus Pflichtgefühl gesagt hatte. Und wenn er Kinder wollte, eigene Kinder, denen irgendwann auch die wortwörtlichen Schuppen von den Augen fielen, dann sollte es so sein. Das konnten sie bereden, wenn es dazu kam.
      Kurz stutzte Dane über seinen eigenen Gedankengang. Er stellte sich bereits eine komplette Zukunft mit dem jungen Mann vor? Das ging schnell. Es fühlte sich aber auch absolut richtig an, das zu tun. Der Gedanke daran, die nächsten Jahre, Jahrzehnte sogar, mit Ro zu verbringen, war unglaublich selbstverständlich.
      "Vielleicht solltest du dann sicherstellen, dass die Welt weiß, wem ich gehöre?", raunte er gegen Ro's Hals, genau dort, wo Ro's Haut in einem dunklen Violett und Rot schimmerte. Genau dort, wo Dane klargestellt hatte, dass Ro ihm gehörte.
    • Vermutlich ohne es zu wissen tanzte Dane gefährlich nah an dem ersten Knöpfchen in Ro, der ihm den Kontrollverlust ein Stückchen näher brachte. Ein kehliges Kichern erklang bei dem Gedanken daran, was der Dämon mit seinen Worten implizierte.
      "Hm... ich weiß nicht, ob ich deinen labilen Zustand nun ausnutzen sollte."
      Er erschauderte kurz nachdem Danes Stimme so nah an dem Knutschfleck erklang, dass allein die Vibration seiner Stimme Erinnerungen an seine Erschaffung wieder wachrüttelte.
      "Ich kann ja drauf zurückkommen, wenn die obligatorischen 24 Stunden vorbei sind... und du einen etwas klareren Kopf bekommen hast wenn ich mal wieder über Nacht nicht hier bin."
      Der Drakin hatte darauf gepokert, dass seine Worte Dane ein wenig reizten. Die Auraspitze, die er wie erwartet dann abbekam, bestätigte seine Vermutung. Die wahre Grund dahinter war allerdings, dass er sich immer noch nicht wieder gefestigt in seiner eigenen Persona sah. Immer wieder ließ er sich von der Stimme bequatschen und er erinnerte sich lebhaft daran wie es war, als sie ihm zugeschrien hatte, was er tun sollte. Zwar hätte er Dane kein Arm oder Bein ausgerissen, aber.... es wäre vermutlich eine ganze Ecke härter ausgefallen als das, was der Dämon mit dem Drakin an der Kücheninsel veranstaltet hatte.
      "Ich weiß, ich weiß... ist verlockend", murmelte Ro, der seinen Kopf wieder in den Nacken gelegt hatte, um zu verhindern, dass Dane in seinen Augen ablesen konnte, was er eigentlich wollte.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • "Wenn du dich so lange zurückhalten kannst", gab Dane schlicht zurück und machte es sich auf dem Mann bequem.
      Dass sein Bein dabei gezielt zwischen die von Ro rutschte, war natürlich bloßer Zufall. Er hatte Ro's Formulierung durchaus mitbekommen. Wenn er mal wieder über Nacht blieb. Nicht falls. Es schien ganz so, als sei er nicht der Einzige, dem der Gedanke an eine gemeinsame Zukunft leiht fiel.
      "Wenn du alles tun könntest, was die Welt zu bieten hat, wo würdest du anfangen?", fragte Dane leise nach einigen Minuten des Schweigens. Auf irgendwas musste er ja seine Pläne gründen, um Ro all die Erfahrungen zu verschaffen, die er brauchte, um sein Problem lösen zu können. Der Drakin wollte ihn zwar aus ihrem Handel entlassen, aber das hieß nicht, dass Dane einfach so aufhören würde. Und gerade jetzt, wo er endlich wieder den Kopf frei hatte, war es Zeit für ein bisschen Recherchearbeit.
      Er war schon sehr lange nicht mehr so tiefenentspannt, ohne sich dabei zu Tode zu langweilen und einfach einzuschlafen. Aber gerade war er alles andere als müde. Er wollte nicht schlafen, er wollte einfach nur hier liegen, zusammen mit Ro. Hatte er einen solchen Frieden überhaupt schon einmal erlebt? Dane konnte sich nicht erinnern und normalerweise war sein Gedächtnis ziemlich gut - selbst über die vielen Jahrhunderte seiner Existenz verteilt. Sollte Ro tatsächlich die erste Person sein, mit der er so sehr harmonisierte? Der logische, gefasste Teil seiner Selbst, der mit jeder Minute wieder erstarkte, wollte unbedingt herausfinden, warum das so war. Nicht, um es zu replizieren, sondern um es zu verstehen.
    • Ro hatte die Augen geschlossen, schwebte nur in genau diesem Moment mit Danes Gewicht auf seinem Körper. Sie wiegten sich gegenseitig in einen Zustand der totalen Entspannung während sie den Herzschlag des jeweils Anderen spüren konnten. Ein Zustand, der ewig währen sollte, es aber nicht würde.
      "Uff.... schwierige Frage. Ich hab' so noch nie gedacht als fällt mir da spontan eher weniger ein", gab der junge Mann zurück und ließ dabei eine Sache direkt aus.
      Er hatte in Danes Erinnerung den Krieg gesehen. Wie sich die Menschen gegenseitig abschlachteten, das Blutbad und die Schreie, die die Luft erfüllten. In seiner Schulzeit hatte er selbstredend die Aufzeichnungen aus der Geschichte mitbekommen, aber es war etwas anderes eine solch persönliche Erinnerung zu sehen. Es war nicht so, dass Ro sich danach sehnte, selbst im Krieg zu stehen und anderen Lebewesen das Leben zu nehmen. Aber das Gefühl, eine unbändige Kraft loszulassen, sich gehen zu lassen und Chaos um sich herum anzurichten war etwas, dass er zumindest einmal in seinem Leben erleben wollte. Im besten Falle nicht, weil er es gegen jemanden einsetzen musste. Außerdem hatte er die berechtigte Sorge, dass dieser Gedanke Dane nur wieder triggerte.
      "Ich würde mal gern nach Island. Ich bin allgemein nicht viel in der Welt umher gekommen, sehen wir mal von Frankreich und hier ab. Thermalquellen und Eishöhlen reizen mich schon, das mal live zu sehen. Und zum Mariannengraben. Da wollte mich Aimeric nie hinlassen, der Penner."
      Solange wie Ro seine Drachengestalt nicht hatte, war eine Spritztour zum Mariannengraben auch eher sinnfrei. So wie er war könnte er nie so tief abtauchen, wie er es gerne wollte. Der Druck würde vermutlich seinen Körper trotz Magieeinsatz vorher zerquetschen.
      "Aber wenn du überlegst, wie du mir auf meinem Selbstfindungstrip helfen kannst: Im Prinzip hat man drauf geachtet, dass ich keinen schlechten Einflüssen ausgesetzt bin. Oder zumindest nicht wo ich noch jung und beeinflussbar war. Heißt, ich hatte sehr lange Zeit keine Ahnung, dass sich die Menschen bekriegt haben. Deswegen haben mich diese Möchtegern-Kopfgeldjäger so einfach gekriegt. Ich kann nicht kämpfen." Ro lachte leise als er sich vorstellte, wie es ausgesehen haben müsste, hätte er versucht sich zu wehren. "Ich glaub, ich hätte den Typen nicht mal ins Gesicht schlagen können. Vielleicht sollte ich mal einen Selbstverteidigungskurs machen oder so..."
      Ro winkelte sein eines Bein an. Dann kämpfte er sein anderes Bein unter Dane frei und verstärkte seinen Griff an den Hüften des Mannes auf ihm. In einer geschmeidigen Bewegung rollte er sich mit Dane herum und tauschte mit ihm die Positionen. Anschließend richtete er sich auf und begutachtete Dane, wie er ausgestreckt unter ihm lag. Gedehnt seufzte der Drakin, sein Blick schien über jeden Zentimeter von Danes freier Haut zu wandern. Schließlich fing er eine Hand des Anderen ein, um mit etwas Gebastele seinen Arm aus dem Ärmel der Jacke zu befreien.
      "Oder, was mir eben so eingefallen ist, könnte ich auch einfach damit anfangen, Zuhause auszuziehen", überlegte er laut und ließ seine Worte so beiläufig klingen als spräche er über das Wetter. Seine Augen hüpften aber immer wieder zu Danes Gesicht um zu sehen, wie er reagierte. Nachdem er den ersten Arm befreit hatte, widmete er sich dem zweiten. "Ein Stückchen mehr Selbstbestimmtheit kann ja nicht schaden, oder?"

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"