@Winterhauch @Attari
Im fahlen Schein einer Lampe, umringt von altem Holz, saßen ein alter Mann und ein Kind auf dessen Schoß. Der Alte streifte seinen Bart, während sein ruhiger Blick dem glimmen der Lampe folgte. Die kleinen Hände des Kindes falteten geschickt ein Blattpapier auf eine solche Weise, dass ein Vogel dabei entstand. Voller Stolz blickte der Kleine auf, als er sein Werk in die Sichtbahn des Alten drängte. Jenen riss das nicht gänzlich weiße Papier aus dem Konzept. Mit einem warmen Lachen lobte er den Jungen für den Vogel. Jener lächelte, während er begann ein Liedchen zu summen und glücklich wippend einen weiteren zu falten.
„Großvater? Was liegt unter dem Wolkenmeer?“
Die unschuldige Stimme durchbrach die Stille. Der Alte nahm seine Arme um das Kind.
„ Weißt du, mein Kleiner, im Inneren von Airth pocht der Kern unserer Welt. Ein gewaltiges Monster. Glühend heiß speit es mit Feuer um sich und fraß das Land von innen auf. Um uns zu schützen, hoben die Götter die Kontinente aus dem Ozean, sodass sie zu schweben begannen… so sagt es jedenfalls die Legende…“, erzählte er dem Kind, welches begeistert und aufmerksam von dem Blatt abgelassen hatte.
„… Wir leben in Sicherheit hier oben und sollten nicht begehren, was unter den Wolken liegt!“ In seiner Stimme klang ein wenig Trauer mit…
„ Wirst du wohl endlich zuhören?!“
Der lauten Stimme folgte der dumpfe Knall der Hand, welche auf der Tischoberfläche aufkam. Han’vë Astriima war auf seinem Stuhl zusammen gezuckt. Seine Schultern blieben alarmiert oben und die Flügel gespannt, als er den Blick von seinen Zetteln nach oben nahm und in die funkelnden Augen seines Lehrmeisters blickte. Jener schüttelte nur seinen Kopf über den frischen Protegé, dessen Aufnahme er in diesem Moment bereute. Entnervt fasste der Mann mit dem langen Haar sich an die Stirn und stieß einen schweren Seufzer von sich.
Der Erumantur Oro’istya Velwë kannte ein solches Verhalten von Schülern eigentlich nicht! In seinen Augen sollten junge Vilyalië sich daran erfreuen Dinge erlernen zu dürfen und Wissen zu erhalten. Gerade der junge Rámaas aus den Sublona war sicherlich nicht auf seinen Kopf gefallen und dennoch schien er sein Privileg nicht zu verstehen. Han’vë sprengte alle Erwartungen des Boten. Seine Aufmerksamkeit für die Inhalte hielt nie länger als ein paar wenige Minuten an, ehe er schon wieder begann seine Zettel zu falten und kleine Figuren und Tiere aus ihnen zu bauen. Falls er dies nicht tat, krakelte er irgendwelche unerkennbaren Bilder auf das Unterrichtsmaterial…
Die scheuen Augen des Jungen lagen auf dem Meister, unter dessen strengen Blick sich die schwarzen Pupillen zu fast unerkennbaren Strichen zusammen zogen. Han’vë rührte sich nicht. Seine Hände hatten von dem Blatt und dem Stift abgelassen und sich langsam unter die Tischfläche verzogen, als der Bote näher trat und ihm das Papier vor der Nase weg nahm. „ Ich entsinne mich nicht, dir die Erlaubnis gegeben zu haben, Bilder zu malen!“ , sprach er entschieden und knallte den Zettel wieder auf das Holz, sodass der Schüler ein weiteres Mal zuckte und seinen Blick bang absenkte. Oben auf dem Zettel waren noch die unsauber ausgeführten Schreibübungen zuerkennen, welche langsam in kleine Bilder und Kringel mutierten, je näher man dem Ende des Papiers kam.
„ Du wirst alles nochmal schreiben!“, erklärte er dann. „ In zwei Stunden will ich deine Arbeit se…“ Seine Augen zuckten. „ Sieh gefälligst auf, wenn man mit dir spricht!“, forderte er den Jüngeren wütend auf. Ein drittes Zucken fuhr durch den schlanken Körper, ehe ein zaghafter Blick sich hob und in die glühenden Augen des Meisters zurückkehrte. „ Besser!“, gab er sich kaum ersichtlich zu frieden. Stille kehrte zwischen den beiden ein, bis der Meister sie ein weiteres Mal durchbrach.
„ Antworte!“
„ Jawohl, Lord Oro’istya!“
Han’vës Stimme war leise. In ihr lag ein leichtes Zittern, welches man wohl seiner Müdigkeit und dem Schock zu schreiben könnte. Der Blick des Boten wurde ein wenig sanfter, als er seine Hand von dem Zettel nahm und einen Schritt zurück nahm. „ Du weißt, was du zu tun hast!“, sagte er mit neutraler Stimme im Gang zur Türe. Er öffnete Jene. Dem leiden knarzen folgte ein ebenso leises metallisches Klirren. Der Schüler senkte seine im Schock erhobenen Flügel wieder ab. Jene faltete er zurück auf den Rücken, während er die vollen Zettel bei Seite schob und den Stift wieder aufnahm. Eine Geräuschkulisse, die den Ohren des Boten gefiel. Mit einem zufriedenen Lächeln ließ er die Tür seiner Kabine zu fallen.
Die Flure des Vilnavis waren schmal und eng im Unterdeck. Das künstliche Licht zog sich in langen geraden Bahnen zur linke und rechten des Boten durch die Wände und erleuchtete seinen Weg. Ihm gefielen diese Reisen nicht. Eine Menge Komfort hatte er auf den Supralona lassen müssen, schon als er die erste Etappe gen Nubisairë antrat. Das Ziel dieser, Forsúl war ein reudiger Ort. Es tummelten sich Gesindel und Diebe an jeder Ecke, sodass man keinen Fuß vor die Türe setzen konnte. Zumal nahm ein unangenehmer Geruch die Hafenstadt ein. Wie alles tiefer Gelegenes, wog auch die Luft hier eine leichte Note von Schwefel und schweren Metallen in sich. Die häufiger auftretenden Brüche in den Wolken ließen immer mal wieder die giftigen Gase aufsteigen, welche in schmaler Dosis zwar nicht gefährlich, aber für feine Nasen unangenehm war. Forsúl hatte ihm bei keinem Aufenthalt ein angenehmes Bild vermittelt und die längere Wartezeit bei diesem Tripp machte es nicht viel angenehmer. Auch wenn ihm dadurch Han’vë untergekommen war…
Der junge Rámaas hatte einst in der Werft gearbeitet und allerlei arbeiteten verrichten müssen. Doch in jeder Interaktion der beiden bewies der Junge einen klugen und gewitzten Kopf… Potenzial, welches der Bote hatte fördern wollen. Zumindest mehr als das verwöhnte Kind, welches er vorher unter den Fittichen hatte. Einmal gehört es solle in die Sublona reisen und schon nie wieder gesehen…
Oro’istya kam auf der Brücke an und warf einen Blick in die Runde von Matrosen, welcher beim Kapitän des Vilnavis endete. Die Frau war erfahren am Steuer, schon mehrfach hatte sie eine solche Reise durchgeführt! Der Blick des Boten glitt hinaus durch die im Halbkreis angeordneten Fenster der Brücke. Davor hatten sich noch gestern feine Wolken aufgetürmt, deren weißer Anblick fast schon lieblich war. Heute waren alles vor den Fenstern tief grau - dreckig von Asche und Schwefel. Das Dimmlicht des Schiffes gab kaum Einsicht in das, was sich dort tummeln mochte.
„ Was ein widerlicher Anblick!“, kommentierte Oro’istya kalt. Er lehnte sich an eine der Konsolen, während der Kapitän an ihn heran trat. „ Nurúcina wird nie hübscher, egal wie oft man es auch anblickt!“, lachte sie zurück und nahm neben dem Boten Platz. „ Die Wolken hängen heute sehr tief, für gewöhnlich sollten wir jetzt schon Sicht auf das Wasser haben…“ in ihrer Stimme lag ein wenig Sorge. Die tiefen Wolken machten die Reise gefährlicher, als sie es ohnehin schon war. Oro’istya lachte leicht auf. „ Wasser?! Ihr nennt diese Suppe raunten tatsächlich Wasser?!“ Er schüttelte seinen Kopf. Wäre es Wasser, wären die Iskra nicht auf sie angewiesen und er könnte sich die Reise schenken.
„ Wie kommt Ihr mit dem Burschen voran?“, fragte der Kapitän dann in lockerer Stimmung und riss den Boten aus seinen Gedanken. Die Frage trieb ihm allerdings nur einen genervten Ausdruck ins Gesicht, ehe er sich wieder von der Konsole erhob und ohne ein weiteres Wort der Antwort abzog. „ Sagt Bescheid, sobald wir die Passage erreichen!“, rief er zurück, während er die Brücke wieder verließ.
Zurück blieb ein leicht schmunzelnder Kapitän und eine Crew, welche es nicht wagte in Anwesenheit des Erumantur zu sprechen. Allein, dass ihr Kapitän solche Fragen stellte, raubte ihnen den Atem.
Es war spät, als die Wolken sich lichteten und man endlich das braune Meer erblickte. Die unendliche Weite Nurúcinas. Schatten dreckiger Ungeheuer tummelten sich, als das Vilnavis über die Oberfläche glitt und sich der Passage nährte. Eine Ansammlung von Bergen, welche das Meer davon abhielt hinab in den Kern zu sickern und ihr Weg in Tiefen ihrer Welt. Dort unten, wo die Iskra lebten.
„ Jemand soll dem Boten Bescheid geben! Wir haben unserer Ziel erreicht!“, rief der Kapitän nach hinten.
Der Bug des Vilnavis hob sich langsam über die ersten Felsen und stieg kontrolliert über das dunkle Gestein, welches sich um die Passage türmte. Ohne Flug gab es kein Entrinnen aus dem Kern und auch keinen Weg hinein… Doch selbst mit war der Eintritt kein einfacher. Stetig stieg heiße Luft aus dem Inneren auf und machte das Manöver nicht leichter!
Während die Crew angestrengt arbeitete, lief ein Matrose durch die schmalen Gänge zur Kabine des Boten. Nach dem Klopfen trat der junge Mann ein und meldete das Erreichen der Passage. Oro’istya blickte von der Arbeit seines Schülers auf und gab mit einem Nicken zu verstehen, dass er es verstanden hatte. Han’vë hatte ebenfalls seinen Blick auf den Matrosen gerichtet. Seine Augen hatten sich ein Stück geweitet, als er hörte, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Der Junge aus Forsúl konnte noch immer kaum glauben, wohin die Reise ging. Er war durchaus ausgefegt sich in den Kern zu begeben, welchen er nur aus Legenden kannte. Sein Kopf war noch gar nicht auf die Idee gekommen, zu hinterfragen, warum ein Erumantur hinab geschickt wurde…
„ Geh es dir schon ansehen!“, sagte Oro’istya auffordernd. Han’vë fuhr herum und nickte seinem Lehrmeister dankend zu. Er sprang auf, drängte sich an dem Matrosen. Des Meisters Blick folgte dem Schüler. Dafür konnte er sich also begeistern, aber für das lernen nicht?
Der junge Rámaas kam auf der Brücke an. Leise schlich er nach vorn und warf seinen erstaunten Blick auf die Spitzen der Berge, welche langsam verschwanden. Sie sanken langsam in die Dunkelheit hinab. Einzig das nun aufgeschaltete Licht ließ sie die Strukturen der Felsen erahnen. Han’vë versuchte sich alles anzugucken. Doch trotzt Erstaunen, stellte er schnell fest, dass der Stein hier genauso aussah, wie unter dem Inseln und Kontinenten… Doch bevor die Ernüchterung über diese Erkenntnis einsetzten konnte, brach die Decke auf. Das Licht traf nicht mehr auf Gestein, sondern verlor sich in der dunklen Ferne. Der Junge klebte förmlich an der Scheibe und versuchte einen guten Blick der Umrisse in der Finsternis zu bekommen.
Inzwischen hatten auch der Matrose und der Bote die Brücke wieder erreicht. Oro’istya warf einen kurzen Blick auf seinen Protegé, dessen Erstaunen er noch immer nicht verstand, aber durchaus angenehm fand. Zumindest einer freute sich darüber diesen widerlichen Ort zu sehen.
Eine ganze Weile glitt das Schiff in Stille durch die Finsternis. Die Brücke hatte sie sicher ins Innere gebracht und navigierte nun zwischen den stützenden Flessäulen gen Ziel. Oro’istya war an Han’vë heran getreten und schickte jenen zurück auf die Kabine. Terra'th Iskra wäre nicht vor dem Morgen zu sehen und der Junge bräuchte den Schlaf…
Über den Wolken graute es zum Morgen - hier unten sagten ihnen nur die Uhren die Zeit an - als das Vilnavis sich dem Landepunkt Terra‘th Iskra nährte. Inzwischen erleuchteten die Lichter der Kernstadt die Umgebung derart, dass man jede Felsstruktur gut erkennen konnte und die Lichter des Schiffes unnötig wurden.
Es hatte eine routinemäßige Reise werden sollen, wie immer… Niemand hatte mit dem gerechnet, was passieren würde…
Die roten Alarmleuchten gingen los und ein schriller Ton versetzte alle an Bord in Bereitschaft. Han’vë kannte diese Lichter und Geräusche. Es waren die selben, die auch ertönten, wenn sich das Nubisairë um Forsúl auftat und Gift spuckte. Doch heute wurde er vor einer Attacke gewarnt.
trotzdem hatte der junge Rámaas seinen Umhang und und die Maske ergriffen und eilte Richtung Deck.
Im fahlen Schein einer Lampe, umringt von altem Holz, saßen ein alter Mann und ein Kind auf dessen Schoß. Der Alte streifte seinen Bart, während sein ruhiger Blick dem glimmen der Lampe folgte. Die kleinen Hände des Kindes falteten geschickt ein Blattpapier auf eine solche Weise, dass ein Vogel dabei entstand. Voller Stolz blickte der Kleine auf, als er sein Werk in die Sichtbahn des Alten drängte. Jenen riss das nicht gänzlich weiße Papier aus dem Konzept. Mit einem warmen Lachen lobte er den Jungen für den Vogel. Jener lächelte, während er begann ein Liedchen zu summen und glücklich wippend einen weiteren zu falten.
„Großvater? Was liegt unter dem Wolkenmeer?“
Die unschuldige Stimme durchbrach die Stille. Der Alte nahm seine Arme um das Kind.
„ Weißt du, mein Kleiner, im Inneren von Airth pocht der Kern unserer Welt. Ein gewaltiges Monster. Glühend heiß speit es mit Feuer um sich und fraß das Land von innen auf. Um uns zu schützen, hoben die Götter die Kontinente aus dem Ozean, sodass sie zu schweben begannen… so sagt es jedenfalls die Legende…“, erzählte er dem Kind, welches begeistert und aufmerksam von dem Blatt abgelassen hatte.
„… Wir leben in Sicherheit hier oben und sollten nicht begehren, was unter den Wolken liegt!“ In seiner Stimme klang ein wenig Trauer mit…
„ Wirst du wohl endlich zuhören?!“
Der lauten Stimme folgte der dumpfe Knall der Hand, welche auf der Tischoberfläche aufkam. Han’vë Astriima war auf seinem Stuhl zusammen gezuckt. Seine Schultern blieben alarmiert oben und die Flügel gespannt, als er den Blick von seinen Zetteln nach oben nahm und in die funkelnden Augen seines Lehrmeisters blickte. Jener schüttelte nur seinen Kopf über den frischen Protegé, dessen Aufnahme er in diesem Moment bereute. Entnervt fasste der Mann mit dem langen Haar sich an die Stirn und stieß einen schweren Seufzer von sich.
Der Erumantur Oro’istya Velwë kannte ein solches Verhalten von Schülern eigentlich nicht! In seinen Augen sollten junge Vilyalië sich daran erfreuen Dinge erlernen zu dürfen und Wissen zu erhalten. Gerade der junge Rámaas aus den Sublona war sicherlich nicht auf seinen Kopf gefallen und dennoch schien er sein Privileg nicht zu verstehen. Han’vë sprengte alle Erwartungen des Boten. Seine Aufmerksamkeit für die Inhalte hielt nie länger als ein paar wenige Minuten an, ehe er schon wieder begann seine Zettel zu falten und kleine Figuren und Tiere aus ihnen zu bauen. Falls er dies nicht tat, krakelte er irgendwelche unerkennbaren Bilder auf das Unterrichtsmaterial…
Die scheuen Augen des Jungen lagen auf dem Meister, unter dessen strengen Blick sich die schwarzen Pupillen zu fast unerkennbaren Strichen zusammen zogen. Han’vë rührte sich nicht. Seine Hände hatten von dem Blatt und dem Stift abgelassen und sich langsam unter die Tischfläche verzogen, als der Bote näher trat und ihm das Papier vor der Nase weg nahm. „ Ich entsinne mich nicht, dir die Erlaubnis gegeben zu haben, Bilder zu malen!“ , sprach er entschieden und knallte den Zettel wieder auf das Holz, sodass der Schüler ein weiteres Mal zuckte und seinen Blick bang absenkte. Oben auf dem Zettel waren noch die unsauber ausgeführten Schreibübungen zuerkennen, welche langsam in kleine Bilder und Kringel mutierten, je näher man dem Ende des Papiers kam.
„ Du wirst alles nochmal schreiben!“, erklärte er dann. „ In zwei Stunden will ich deine Arbeit se…“ Seine Augen zuckten. „ Sieh gefälligst auf, wenn man mit dir spricht!“, forderte er den Jüngeren wütend auf. Ein drittes Zucken fuhr durch den schlanken Körper, ehe ein zaghafter Blick sich hob und in die glühenden Augen des Meisters zurückkehrte. „ Besser!“, gab er sich kaum ersichtlich zu frieden. Stille kehrte zwischen den beiden ein, bis der Meister sie ein weiteres Mal durchbrach.
„ Antworte!“
„ Jawohl, Lord Oro’istya!“
Han’vës Stimme war leise. In ihr lag ein leichtes Zittern, welches man wohl seiner Müdigkeit und dem Schock zu schreiben könnte. Der Blick des Boten wurde ein wenig sanfter, als er seine Hand von dem Zettel nahm und einen Schritt zurück nahm. „ Du weißt, was du zu tun hast!“, sagte er mit neutraler Stimme im Gang zur Türe. Er öffnete Jene. Dem leiden knarzen folgte ein ebenso leises metallisches Klirren. Der Schüler senkte seine im Schock erhobenen Flügel wieder ab. Jene faltete er zurück auf den Rücken, während er die vollen Zettel bei Seite schob und den Stift wieder aufnahm. Eine Geräuschkulisse, die den Ohren des Boten gefiel. Mit einem zufriedenen Lächeln ließ er die Tür seiner Kabine zu fallen.
Die Flure des Vilnavis waren schmal und eng im Unterdeck. Das künstliche Licht zog sich in langen geraden Bahnen zur linke und rechten des Boten durch die Wände und erleuchtete seinen Weg. Ihm gefielen diese Reisen nicht. Eine Menge Komfort hatte er auf den Supralona lassen müssen, schon als er die erste Etappe gen Nubisairë antrat. Das Ziel dieser, Forsúl war ein reudiger Ort. Es tummelten sich Gesindel und Diebe an jeder Ecke, sodass man keinen Fuß vor die Türe setzen konnte. Zumal nahm ein unangenehmer Geruch die Hafenstadt ein. Wie alles tiefer Gelegenes, wog auch die Luft hier eine leichte Note von Schwefel und schweren Metallen in sich. Die häufiger auftretenden Brüche in den Wolken ließen immer mal wieder die giftigen Gase aufsteigen, welche in schmaler Dosis zwar nicht gefährlich, aber für feine Nasen unangenehm war. Forsúl hatte ihm bei keinem Aufenthalt ein angenehmes Bild vermittelt und die längere Wartezeit bei diesem Tripp machte es nicht viel angenehmer. Auch wenn ihm dadurch Han’vë untergekommen war…
Der junge Rámaas hatte einst in der Werft gearbeitet und allerlei arbeiteten verrichten müssen. Doch in jeder Interaktion der beiden bewies der Junge einen klugen und gewitzten Kopf… Potenzial, welches der Bote hatte fördern wollen. Zumindest mehr als das verwöhnte Kind, welches er vorher unter den Fittichen hatte. Einmal gehört es solle in die Sublona reisen und schon nie wieder gesehen…
Oro’istya kam auf der Brücke an und warf einen Blick in die Runde von Matrosen, welcher beim Kapitän des Vilnavis endete. Die Frau war erfahren am Steuer, schon mehrfach hatte sie eine solche Reise durchgeführt! Der Blick des Boten glitt hinaus durch die im Halbkreis angeordneten Fenster der Brücke. Davor hatten sich noch gestern feine Wolken aufgetürmt, deren weißer Anblick fast schon lieblich war. Heute waren alles vor den Fenstern tief grau - dreckig von Asche und Schwefel. Das Dimmlicht des Schiffes gab kaum Einsicht in das, was sich dort tummeln mochte.
„ Was ein widerlicher Anblick!“, kommentierte Oro’istya kalt. Er lehnte sich an eine der Konsolen, während der Kapitän an ihn heran trat. „ Nurúcina wird nie hübscher, egal wie oft man es auch anblickt!“, lachte sie zurück und nahm neben dem Boten Platz. „ Die Wolken hängen heute sehr tief, für gewöhnlich sollten wir jetzt schon Sicht auf das Wasser haben…“ in ihrer Stimme lag ein wenig Sorge. Die tiefen Wolken machten die Reise gefährlicher, als sie es ohnehin schon war. Oro’istya lachte leicht auf. „ Wasser?! Ihr nennt diese Suppe raunten tatsächlich Wasser?!“ Er schüttelte seinen Kopf. Wäre es Wasser, wären die Iskra nicht auf sie angewiesen und er könnte sich die Reise schenken.
„ Wie kommt Ihr mit dem Burschen voran?“, fragte der Kapitän dann in lockerer Stimmung und riss den Boten aus seinen Gedanken. Die Frage trieb ihm allerdings nur einen genervten Ausdruck ins Gesicht, ehe er sich wieder von der Konsole erhob und ohne ein weiteres Wort der Antwort abzog. „ Sagt Bescheid, sobald wir die Passage erreichen!“, rief er zurück, während er die Brücke wieder verließ.
Zurück blieb ein leicht schmunzelnder Kapitän und eine Crew, welche es nicht wagte in Anwesenheit des Erumantur zu sprechen. Allein, dass ihr Kapitän solche Fragen stellte, raubte ihnen den Atem.
Es war spät, als die Wolken sich lichteten und man endlich das braune Meer erblickte. Die unendliche Weite Nurúcinas. Schatten dreckiger Ungeheuer tummelten sich, als das Vilnavis über die Oberfläche glitt und sich der Passage nährte. Eine Ansammlung von Bergen, welche das Meer davon abhielt hinab in den Kern zu sickern und ihr Weg in Tiefen ihrer Welt. Dort unten, wo die Iskra lebten.
„ Jemand soll dem Boten Bescheid geben! Wir haben unserer Ziel erreicht!“, rief der Kapitän nach hinten.
Der Bug des Vilnavis hob sich langsam über die ersten Felsen und stieg kontrolliert über das dunkle Gestein, welches sich um die Passage türmte. Ohne Flug gab es kein Entrinnen aus dem Kern und auch keinen Weg hinein… Doch selbst mit war der Eintritt kein einfacher. Stetig stieg heiße Luft aus dem Inneren auf und machte das Manöver nicht leichter!
Während die Crew angestrengt arbeitete, lief ein Matrose durch die schmalen Gänge zur Kabine des Boten. Nach dem Klopfen trat der junge Mann ein und meldete das Erreichen der Passage. Oro’istya blickte von der Arbeit seines Schülers auf und gab mit einem Nicken zu verstehen, dass er es verstanden hatte. Han’vë hatte ebenfalls seinen Blick auf den Matrosen gerichtet. Seine Augen hatten sich ein Stück geweitet, als er hörte, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Der Junge aus Forsúl konnte noch immer kaum glauben, wohin die Reise ging. Er war durchaus ausgefegt sich in den Kern zu begeben, welchen er nur aus Legenden kannte. Sein Kopf war noch gar nicht auf die Idee gekommen, zu hinterfragen, warum ein Erumantur hinab geschickt wurde…
„ Geh es dir schon ansehen!“, sagte Oro’istya auffordernd. Han’vë fuhr herum und nickte seinem Lehrmeister dankend zu. Er sprang auf, drängte sich an dem Matrosen. Des Meisters Blick folgte dem Schüler. Dafür konnte er sich also begeistern, aber für das lernen nicht?
Der junge Rámaas kam auf der Brücke an. Leise schlich er nach vorn und warf seinen erstaunten Blick auf die Spitzen der Berge, welche langsam verschwanden. Sie sanken langsam in die Dunkelheit hinab. Einzig das nun aufgeschaltete Licht ließ sie die Strukturen der Felsen erahnen. Han’vë versuchte sich alles anzugucken. Doch trotzt Erstaunen, stellte er schnell fest, dass der Stein hier genauso aussah, wie unter dem Inseln und Kontinenten… Doch bevor die Ernüchterung über diese Erkenntnis einsetzten konnte, brach die Decke auf. Das Licht traf nicht mehr auf Gestein, sondern verlor sich in der dunklen Ferne. Der Junge klebte förmlich an der Scheibe und versuchte einen guten Blick der Umrisse in der Finsternis zu bekommen.
Inzwischen hatten auch der Matrose und der Bote die Brücke wieder erreicht. Oro’istya warf einen kurzen Blick auf seinen Protegé, dessen Erstaunen er noch immer nicht verstand, aber durchaus angenehm fand. Zumindest einer freute sich darüber diesen widerlichen Ort zu sehen.
Eine ganze Weile glitt das Schiff in Stille durch die Finsternis. Die Brücke hatte sie sicher ins Innere gebracht und navigierte nun zwischen den stützenden Flessäulen gen Ziel. Oro’istya war an Han’vë heran getreten und schickte jenen zurück auf die Kabine. Terra'th Iskra wäre nicht vor dem Morgen zu sehen und der Junge bräuchte den Schlaf…
Über den Wolken graute es zum Morgen - hier unten sagten ihnen nur die Uhren die Zeit an - als das Vilnavis sich dem Landepunkt Terra‘th Iskra nährte. Inzwischen erleuchteten die Lichter der Kernstadt die Umgebung derart, dass man jede Felsstruktur gut erkennen konnte und die Lichter des Schiffes unnötig wurden.
Es hatte eine routinemäßige Reise werden sollen, wie immer… Niemand hatte mit dem gerechnet, was passieren würde…
Die roten Alarmleuchten gingen los und ein schriller Ton versetzte alle an Bord in Bereitschaft. Han’vë kannte diese Lichter und Geräusche. Es waren die selben, die auch ertönten, wenn sich das Nubisairë um Forsúl auftat und Gift spuckte. Doch heute wurde er vor einer Attacke gewarnt.
trotzdem hatte der junge Rámaas seinen Umhang und und die Maske ergriffen und eilte Richtung Deck.

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